V. Mikulich - TU Bergakademie Freiberg

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Stabilisierung historischer, unterirdischer Bauwerke in
kollabilen Böden
MIKULICH V.
TU Bergakademie Freiberg
Lampadiusstr. 4 D-09596 Freiberg
T:+493731394133, F:+493731394133,
E:[email protected]
Kurzreferat
Es werden denkmalpflegende geotechnische Verfahren betrachtet zur Stabilisierung
unterirdischer Gewölbe in wasserempfindlichem Boden, wenn infolge Durchnässung die
Kohäsion unzureichend geworden ist. Die Idee des Verfahrens besteht darin, ein Tragsystem
im Gewölbe ohne von außen sichtbare Veränderung einzubauen. Das Hauptelement des
Tragsystems ist ein im bestehenden Boden installierter Körper aus anfangs trockenem
Granulat. Vor der Befestigung von geschwächten Gewölbebereichen müssen diese durch
provisorische Stützkonstruktionen gegen Ausbrechen gesichert werden. Durch Lücken in der
Stützkonstruktion werden radiale Bohrungen mit Schnecke oder Schlagwerk in den
Untergrund hergestellt. In diese werden feinkörnige trockene Mineralstoffe und
Bewehrungsstäbe auf mechanisch-pneumatischem Wege eingebaut. Durch Verdichten,
Vorspannen, Entwässern und gegebenenfalls auch Abbinden wird das durch eingebaute
Tragsystem das Gewölbe und der Untergrund stabilisiert. Die Geräte zum Einbau des
Tragsystems sind einfach zu bedienen, auch in beengten Räumen. Eine erste Pilotanwendung
des Verfahrens wurde beim Höhlenkloster in Kiew vorgenommen. Das hier vorgeschlagene
Verfahren zur Stabilisierung ist ein denkmalverträgliches Konzept und kostengünstiger als die
zur Zeit angewandte Verfahren mit Stahlbeton oder Silikatisierung.
1. Einführung
Der Mensch hat im Laufe der Zeit unterirdische Bauten für verschiedene Zwecke eingerichtet.
Es sind viele historische unterirdische Bauten mit relativ kleinen Abmessungen bekannt. Sie
waren als Wohnungen, zur religiösen Nutzung, sowie als Unterschlupf, Lager und als
Verbindungsgänge erbaut worden. Viele dieser unterirdischen Höhlen stellen große
historische Denkmäler der Architektur dar. Heute noch sind sehr alte unterirdische Bauwerke
erhalten, wie z.B. in der Kiewer Lawra. Dort existieren Höhlen, die zwischen dem 11. und 16.
Jahrhundert gebaut worden sind.
Die ersten unterirdischen Höhlen wurden ohne eine unterstützende Konstruktion in lockeren,
kohäsiven Böden wie Löß oder Sandstein gebaut. In solchen Böden hatten die Höhlen infolge
von Luftaustausch ein annehmbares Klima für alle Nutzungsarten. Später, in der Zeit vom
16.~bis 19.~Jahrhundert, wurden die Wände und Gewölbe der Höhlen mit Mauerwerk
eingefasst. Bei einer Erhöhung der Bodenfeuchtigkeit infolge verschiedener Ursachen kam es
dazu, dass die Höhlen nicht mehr stabil waren. Dies ist aus historischen Dokumentationen
und heutigen Berichten bekannt.
Die Ausdehnung historischer Höhlen reicht in Längsrichtung von einigen Metern bis hin zu
einigen Dekametern, in der Breite von 0,7 m bis 3 m (selten bis 10 m) , in der Höhe von 1,5 m
bis 2,5 m (selten bis 7 m). Die Firstüberdeckung beträgt bis zu 10 m.
Oft liegen die unterirdischen Höhlen unter Gebäuden und Straßen so, dass sie bei einer
Änderung der hydrologischen Bedingungen (Klima, alte Wasserleitungen u.a.) und einer
Lastvergrößerung auf den Boden in einen Havariezustand geraten. Sie stellen eine Gefahr für
den Oberbau dar und verursachen außerdem viele technische Probleme. Wegen der
ungleichmäßigen Setzung entstehen in den Gebäuden Risse, stürzen Straßen ein, treten
Leitungsrisse auf, u.a.m.
Früher unbekannte, unterirdische Höhlen werden zur Zeit im Regelfall dadurch erkannt, dass
infolge einer Lasteinwirkung oder intensiver Bodendurchnässung Einstürze stattfinden. In
Deutschland sind einige Städte mit 'unterirdischen Städten' in Form eines Höhlensystems
bekannt, z.B. Oppenheim, Glauchau, Zeitz, Gera, Altenburg, Waldenburg. Die Befestigung
solcher unterirdischer Höhlen stellt ein kompliziertes Problem dar.
Dafür ist es notwendig, die Tragkonstruktion zu ändern, und gleichzeitig die äußere Gestalt
des Architekturdenkmales zu erhalten. Die bis jetzt verwendeten Verfahren zur Stabilisierung
historischer unterirdischer Bauwerke entsprechen nicht den Forderungen des
Denkmalschutzes. Zum Beispiel wurde in der Kiewer Lawra in jüngster Zeit die Stützung der
Gewölbe mit Hilfe einer Stahlbetonauskleidung durchgeführt.
2. Höhlenkloster von Kiew
Das Höhlenkloster von Kiew (Kiewer Lawra) ist heute ein aktives Kloster und ein staatliches
Museum für Geschichte und Kultur. Seit 1051 haben sich in am steilen Ufer des Dneprs
ausgehobenen Höhlen Mönche niedergelassen. 1060 begann man mit dem Bau der
oberirdischen Kirchen. Seit dem 11. Jahrhundert war das Kloster Zentrum der Verbreitung
des Christentums in Alt-Rußland. Jetzt stehen dort fast 100 historische Gebäude. Das
Höhlenkloster in Kiew steht auf der Liste der UNESCO- Kulturdenkmäler.
Das ganze Gelände der Lawra weist in 3 bis 10 m Tiefe ein gut entwickeltes Netz
unterirdischer Gänge und Höhlen auf. In Bild 1 wird nur ein Teil des Höhlensystems gezeigt.
Die Wände und Gewölbe der unterirdischen Gänge sind teilweise ohne Mauerwerk und
teilweise mit Ziegel und Lehmmörtel ausgekleidet. An manchen Stellen ist die Stabilität des
Gewölbes wegen des Wasserzutritts beeinträchtigt. In den Höhlen gibt es folgende ungünstige
Erscheinungen: Abblättern der Stuckschicht, Beulen, Risse, Ausbruch der Gewölbefirste und
der Wände, hohe Luftfeuchtigkeit, Pilze, Aussalzungen, Kondenswasser. Die Ursache der
lokalen Wässerung des Bodens ist das Versickern von Wasser aus Leitungen sowohl im
Inneren als auch außerhalb der Gebäude. Auch die Regenwasserableitungen lassen zu
wünschen übrig. Des Weiteren ist zu bemerken, dass ein Teil der Kiewer Lavra direkt am
Ufer des Dnepr, was zusätzliche Stabilitätsprobleme bei ober- und unterirdischen Bauten
schafft.
Aus Untersuchungen der Höhlen und der Archivdokumente wurde festgestellt, dass die
Stützung der Gewölbe durch eine 15 cm dicke Stahlbetonauskleidung, mit nachfolgender
Restaurierung des Zementmauerwerks, durchgeführt wird (s. Abb. 1b).
An einigen Stellen ohne Mauerwerk wurden Betonrahmen in den Boden eingebaut, und die
Oberfläche wurde mit einem vermörtelten Netz bedeckt (s. Abb. 1c). Für die Erhaltung der
ursprünglichen Abmessungen der Höhle werden die Wände und Firste der Bodenschicht
angeschnitten und durch eine gleichmäßigdicke Stahlbetonschicht ersetzt.
Abbildung 1: Links: Teil des Höhlensystems in der Kiewer Lawra. Rechts: Bisherige
Verfahren zur Befestigung der Gewölbe in der Kiewer Lawra.
Die bisher stellenweise durchgeführte Silikatisierung hat Aussalzungen zur Folge und
verändert die Ansicht der Höhlen. Eine Einzementierung im Lößboden ist technisch
unmöglich und aus der Sicht der Denkmalpflege unerwünscht. Es galt daher, ein Verfahren zu
finden, bei dem die Gewölbe ohne Veränderung ihres äußeren gefestigt werden können.
3. Verfahren zur Stabilisierung von Höhlen durch Einbringen trockenen Granulat
Die Idee des Verfahrens zur Stabilisierung von Höhlen besteht darin, ein Tragsystem im
Gewölbe ohne von außen sichtbare Veränderung einzubauen. Das Hauptelement des
Tragsystems ist ein im bestehenden Boden installierter Körper aus anfangs trockenem
Granulat. Vor der Verfestigung von geschwächten Gewölbebereichen müssen diese durch
provisorische Stützkonstruktionen gegen Ausbrechen gesichert werden. Durch Lücken in der
Stützkonstruktion werden radiale Bohrungen mit Schnecke oder Schlagwerk in den
Untergrund hergestellt. In diese werden feinkörnige trockene Mineralstoffe und
Bewehrungsstäbe auf mechanisch-pneumatischem Wege eingebaut. Durch Verdichten,
Vorspannen, Entwässern und gegebenenfalls auch Abbinden des eingebauten Tragsystems
werden das Gewölbe und der Untergrund stabilisiert.
Abbildung 2: Stabilisierungsverfahren der Gewölbe.
Das Stabilisierungsverfahren der Gewölbe, die ein Mauerwerk aus Ziegeln oder Naturstein
haben, und die Anordnung der tragenden Systemteile sind in den Abb. 2 dargestellt. Hier
besteht das Verfestigungselement des Tragsystems aus Granulatnagel und Granulatkörper Füllung aus trockenem körnigem Material. Dasselbe Verfahren eignet sich auch zur
Sicherung und Schließung größerer durch Ausbruch und/oder Erosion entstandener
Hohlräume neben oder über dem Gewölbe. Fehlende Mauerbereiche an den Seiten werden in
gleicher Bauweise wie deren Umgebung ergänzt und durch Einblasen trockenen Granulats
hinterfüllt. Durch Auswaschen entstandene Hohlräume hinter dem Gewölbe werden durch
Einblasen trockenen Granulats im Schutze einer Hilfsstützung verfüllt. Große
Ausbruchhohlräume über dem ursprünglichen Hohlraum können mittels Hilfsstützung
zugemauert und trocken hinterfüllt werden. Zum Einbau eines Tragsystems haben wir
verschiedene einfache Vorrichtungen entwickelt, die leicht zu bedienen sind.
Für die Realisierung entwickelten neuen Verfahrens zur Stabilisierung von Höhlen in
wasserempfindlichem Boden wurde ein Gerät zum Bauen des Ankers aus trockenem Material
gebaut. Das Gerät wurde in den Höhlen der Kiever Lawra an dem Pilotobjekt geprüft. Bei der
Probeherstellung des Pulverankers am Mauerwerk in den Höhlen wurde gezeigt, dass das
qualitative Bauen des Ankers möglich ist.
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