Zusammenfassung: Teilchen-Antiteilchen-Oszillation von Marcel Willig, vorgetragen am 06.01.2015 Neutrinos können sich in Neutrinos anderer Familien um- und wieder zurückwandeln. Dieses Phänomen wird als Neutrinooszillation bezeichnet. Jedoch kann Teilchenumwandlung auch in bestimmen Systemen von Mesonen beobachtet werden. Diese Systeme oszillieren zwischen Teilchen-Antiteilchen-Zuständen. Dieser Artikel soll den entsprechenden Vortrag kurz zusammenfassen. Zuerst soll erörtert werden, welche Teilchen überhaupt dazu in der Lage sind, TeilchenAntiteilchen-Oszillation zu zeigen. Damit ein Teilchen zu seinem Antiteilchen werden kann, darf das Teilchen keine Ladung besitzen, da eine Umwandlung zu einer Verletzung der Ladungserhaltung führen würde. Aufgrund der Leptonenzahlerhaltung können ebenfalls Neutrinos nicht zu ihren entsprechenden Antineutrinos werden. Übrig bleiben Hadronen, von welchen auch nur Mesonen betrachtet werden, da Baryonen aufgrund der Baryonenzahlerhaltung nicht zu ihren Antiteilchen werden können. Teilchen und Antiteilchen müssen unterscheidbar sein und in Anbetracht der Tatsache, dass das top-Quark aufgrund seiner großen Masse keine Bindungszustände eingeht, bleiben vier Systeme übrig, in welchen Teilchen-Antiteilchen-Oszillation beobachtet werden kann: ¯ • Kaon K 0 = ds̄ und Antikaon sd, ¯ • B-Meson B 0 = db̄ und Antiteilchen bd, • B-Meson mit strange-Quark Bs0 = sb̄ und Antiteilchen bs̄, • C-Meson C 0 = cū und Antiteilchen uc̄. Von diesen Systemen wird im Folgenden K 0 − K̄ 0 als Beispiel betrachtet. Kaonen werden über die starke Wechselwirkung erzeugt, können aufgrund ihrer strangeness allerdings nicht über diese zerfallen. Der Zerfall findet über die schwache Wechselwirkung statt. Kaonen und ihre Antiteilchen können über semileptonische Zerfallskanäle in unterscheidbare Zustände zerfallen, z.B. K 0 → π − e+ νe und K̄ 0 → π + e− ν̄e , allerdings können beide auch zu π + π − zerfallen. Wie in Abbildung 1 dargestellt, kann ein Antiteilchen durch zweimaligen W-BosonenAustausch zum entsprechenden Teilchen werden und umgekehrt. Dies wird in einem sogenannten Box-Diagramm dargestellt. Bei geeigneter Phasenwahl lässt sich schreiben ĈP̂ |K 0 i = |K̄ 0 i und dementsprechend ĈP̂ |K̄ 0 i = |K 0 i. Nimmt man nun an, dass CP tatsächlich erhalten ist, entsprechende Eigenzustände somit auch Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung sein können, dann lassen sich mit den Zuständen |K 0 i und |K̄ 0 i Eigenzustände des Operators ĈP̂ zusammenbauen. Diese stellen die Summe bzw. die Differenz der Zustände dar: 1 |K10 i = √ |K 0 i + |K̄ 0 i (1) 2 1 Abbildung 1: Kaon-Teilchen-Antiteilchen-Oszillation im Box-Diagramm[1] 1 |K20 i = √ |K 0 i − |K̄ 0 i . 2 (2) K10 und K20 sind die physikalisch beobachtbaren Teilchen, mit CP = 1 bzw. CP = −1. Da CP erhalten ist, kann K10 nur in Zustände mit zwei Pionen zerfallen, K20 nur in solche mit drei Pionen. Der kleinere Phasenraum des Zerfalls von K20 sorgt für eine viel längere Lebensdauer (51,16±0,21 ns) [2], im Vergleich zur Lebensdauer von K10 (89,54±0,04 ps). Das System K 0 − K̄ 0 ist ein quantenphysikalisches 2-Niveau-System in welchem Zerfall stattfinden kann. Als solches kann man es durch eine nicht hermitesche Hamiltonmatrix H beschreiben: i Γ11 Γ12 M11 M12 − H= . (3) ∗ M11 M12 2 Γ∗12 Γ11 Die erste Matrix beschreibt hierbei Massen mj , die zweite die Zerfallsraten Γj . Die Zeitentwicklung der physikalischen Zustände |K10 i und |K20 i ist hierbei durch |Kj0 (τ )i = e−imj − Γj τ 2 |Kj0 (0)i (4) gegeben. Erzeugt man zur Zeit τ0 = 0 ein Kaon, ist die Wahrscheinlichkeit ein Kaon (ein Antikaon) zur Zeit τ zu finden Γ τ 1 −im1 − Γ1 τ −im2 − 22 2 + e hK 0 |Ψ(τ )i = e (5) 2 beziehungsweise Γ τ 1 −im1 − Γ1 τ −im2 − 22 2 − e e . (6) 2 K10 und K20 werden wegen ihrer unterschiedlichen Lebensdauern auch als KS und KL bezeichnet, wobei S für short und L für long stehen. Abbildung 2 stellt den Zerfall eines zur Zeit τ0 = 0 erzeugten Kaons dar, beziehungsweise die Ladungsasymmetrie der Zerfälle. Befinden sich die Messpunkte über der x-Achse, so werden mehr Teilchenzerfälle gemessen, befinden sie sich darunter, so sind dies hauptsächlich Antiteilchenzerfälle. Es ist deutlich zu erkennen, dass nach einiger Zeit mehrheitlich Antikaonenzerfälle stattfinden, obwohl anfangs nur Kaonen vorhanden waren. Diese wandeln sich ihrerseits hK̄ 0 |Ψ(τ )i = 2 Abbildung 2: Zerfall eines Kaons in π − e+ νe und π + e− ν̄e [3] ebenfalls wieder zu Kaonen um. Dies ist eine direkte Beobachtung des Phänomens der Teilchen-Antiteilchen-Oszillation. Auch ist zu sehen, dass die Asymmetrie nach langer Zeit nicht auf Null fällt. Dies liegt an der CP -Verletzung. Der langlebige Zustand |KL i und der kurzlebige Zustand |KS i sind, wie 1964 beobachtet, keine reinen ĈP̂ -Eigenzustände, sondern sind aus diesen zusammengesetzt: 1 |K10 i + |K20 i , 1 + 2 1 |K20 i + |K10 i . |KL i = √ 2 1+ |KS i = √ (7) (8) Ein weiterer Effekt, welcher genannt sein sollte, ist die Regeneration. Da nach einiger Zeit alle KS zerfallen sind, sind nur noch KL vorhanden. Durchdringt ein reiner KL -Strahl Materie, so gewinnen die K 0 - und K̄ 0 -Anteile, da diese unterschiedlich mit dem Material reagieren, unterschiedliche Phasen hinzu. Diese unterschiedlichen Phasen sorgen dafür, dass der Strahl nach Verlassen des Materials wieder KS enthält. Die Menge des regenerierten KS hängt dabei vom Material und dessen Dicke ab. Abbildung 3 stellt die Regeneration von KS in einem reinen KL -Strahl beim Durchdringen von Stahlplatten der Dicken 1,500 (a) oder 600 (b) dar. Die kombinierten Daten (c) sind ebenfalls angegeben. Abbildung 3: Regeneration von KS . [4] Mit θ wird der Winkel zwischen der Flugrichtung des erzeugten KS und dem KL -Strahl bezeichnet. Die verschiedenen Meson-Systeme, in welchen Teilchen-Antiteilchen-Oszillation beob∆Γ achtbar ist, unterscheiden sich durch die Parameter x = ∆m Γ und y = 2Γ . Hierbei bezeichnet ∆m den Massenunterschied der Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung, ∆Γ den Unterschied der Zerfallskonstanten und Γ die mittlere Zerfallskonstante. 3 1 0.6 0.4 0.6 0.4 0.2 0.2 00 1 1 2 3 4 5 00 1 6 t/ τ Asymmetrie Asymmetrie 0 D0 - D x = 0.010 y = 0.010 0.8 I / I0 I / I0 1 0 K0 - K x = 0.945 y = -0.996 0.8 0.5 0 −0.5 −1 1 2 3 4 5 6 t/ τ 0.5 0 −0.5 −1 0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 6 t/ τ t/ τ (a) Oszillation K 0 1 1 0 B0 - B x = 0.776 y = 0.005 0.8 0.6 0.4 2 3 4 5 00 1 6 t/ τ Asymmetrie Asymmetrie 0.2 1 0.5 0 −0.5 −1 0 0.6 0.4 0.2 00 1 0 Bs 0 - Bs x = 26.100 y = 0.035 0.8 I / I0 I / I0 (b) Oszillation D0 1 2 3 4 5 6 t/ τ 0.5 0 −0.5 −1 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 t/ τ 6 t/ τ (c) Oszillation B 0 (d) Oszillation Bs0 Durch geschicktes Ausnutzen dieses Phänomens ist es möglich die CP -verletzenden Eigenschaften der schwachen Wechselwirkung zu vermessen. Auch konnte durch die Beobachtung von B-Mesonen die Masse des t-Quarks auf mindestens 50 GeV abgeschätzt werden. [5] Literatur [1] http://en.wikipedia.org/wiki/Kaon#mediaviewer/File: Kaon-box-diagram-with-bar.svg (Letzter Aufruf: 05.01.2015). [2] http://pdg8.lbl.gov/rpp2014v1/pdgLive/ParticleGroup.action?node= MXXX020 (Letzter Aufruf: 05.01.2015). [3] S. Gjesdal et al.,“A Measurement of the KL -KS Mass Difference from the Charge Asymmetry in Semi-Leptonic Kaon Decays” Phys.Lett. 52B, 113 (1974). [4] F. Muller et al., “Regeneration and Mass Difference of Neutral K Mesons.” Phys. Rev. Lett., 4, 418 (1960). [5] W. Schmidt-Parzefall, “Oszillationen zwischen Teilchen und Antiteilchen bei BMesonen.” Naturwissenschaften Bd. 76, S.52-56 (1989). 4