Kameraüberwachung bei Wiesenweihen mit Anhang

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Kameraüberwachung von Nestern der Wiesenweihe
zur Abschätzung des Einflusses von Prädatoren*
von Christian Härting & Hubertus Illner
Foto: M. Bunzel-Drüke
D
ie Zahl der Wiesenweihen-Brutpaare im EU-Vogelschutzgebiet
+HOOZHJE|UGHLVWVHLWUFNOlX¿J
(Joest & Illner 2013). Mit Hilfe dieser
8QWHUVXFKXQJ VROO GHU (LQÀXVV YRQ
Beutegreifern (Prädatoren) auf den
Bruterfolg von Wiesenweihen in den
Hellwegbörden abgeschätzt werden,
weil der Bruterfolg ein maßgeblicher
Faktor für den Bestandsverlauf ist.
'DV(UIDVVHQXQG4XDQWL¿]LHUHQGHU
vielen Faktoren, welche den Bruterfolg
YRQ*UHLIY|JHOQEHHLQÀXVVHQN|QQHQ
ist schwierig. Oft kann der Beobachter
in der Brutzeit nur noch das Ergebnis
des Zusammenwirkens verschiedener
Faktoren ermitteln, wie es Eigröße,
Gelegegröße, die Anzahl und QualiWlW DXIZDFKVHQGHU XQG DXVÀLHJHQGHU
Jungvögel sowie Verluste von beiden
darstellen. Mögliche, den Bruterfolg
beeinflussende Faktoren in einer
Population sind die Qualität der Eltern, Beutedichte und –verfügbarkeit,
Nistplatzwahl, Wetter und Witterung,
natürliche Prädation, menschliche
Verfolgung oder Störung sowie Krankheiten und Parasiten (Newton 1997).
Im Schutzprogramm für Wiesenweihen und Rohrweihen in Mittelwestfalen wurden bei regelmäßigen
Nestkontrollen (meist zwei bis drei
pro Brut) durch den Weihenbetreuer
regelmäßig Verluste von Eiern und
Jungvögeln festgestellt (Illner 2008 bis
2013a). Im optimalen Fall waren noch
Eischalen mit Bissmarken (meist von
Marderartigen) im oder um das Nest
KHUXPDXI]X¿QGHQVRGDVV3UlGDWLRQ
als die wahrscheinliche unmittelbare
Verlustursache anzugeben war. Nachdem die Jungvögel geschlüpft waren,
waren nach Brutverlusten vereinzelt
noch die Überreste (Federn, Federkiele,
Skelette) von diesen im Nest oder
Nestumfeld nachzuweisen. Oft wurde
das Nest aber leer vorgefunden, ohne
dass in ihm oder in dessen Umfeld
eindeutige Spuren einer Prädation zu
¿QGHQZDUHQ,OOQHUELVD
Bei der Feststellung einer Entwendung von Eiern oder Jungvögeln durch
einen Beutegreifer muss zwischen
einer scheinbaren und einer tatsächlichen Prädation und den ultimaten
(mittelbaren) und proximaten (unmittelbaren) Ursachen einer Prädation
unterschieden werden. Wenn z.B. ein
Beutegreifer Eier aus einem Nest frisst,
wäre Prädation dann keine originäre
Verlustursache, wenn das Nest vorher schon aus anderen Gründen von
den Altvögeln verlassen wurde. Die
Eiprädation ist nur dann als proximate
Verlustursache einzuordnen, wenn
das Nest zum Zeitpunkt der EientnahPH QRFK DNWLY ZDU %HLP 9RU¿QGHQ
eines eindeutig prädierten Nestes ist
die Prädation zwar die unmittelbare
Verlustursache, jedoch muss es nicht
auch die mittelbare Ursache sein. Sie
wäre auch die ultimate Verlustursache,
wenn das Brut- und Abwehrverhalten und sonstige Umstände normal
waren. Sie wäre nicht ultimat, wenn
z.B. Nahrungsmangel dazu führte,
dass der männliche Brutpartner dem
brütenden Weibchen nicht genügend
Futter bringt, worauf das Weibchen
selbst auf Nahrungssuche gehen würde,
womit die Eier längere Zeit unbedeckt
bzw. unbewacht wären, was die Eiprädation z.B. durch eine Rabenkrähe
ermöglichen könnte. Hier wäre also
Nahrungsmangel die ultimate VerluVWXUVDFKH 'DV ,GHQWL¿]LHUHQ VROFKHU
oft verborgenen ultimaten Ursachen ist
schwierig (Newton 1997). Die Überwachung von Nestern mit Fotofallen
soll helfen, Prädationen als solche
festzustellen sowie proximate und
ultimate Ursachen von Brutverlusten
zu erkennen.
*Gekürzte und geringfügig veränderte Fassung eines gleichnamigen Berichtes, der im Auftrag und mit Förderung des Landesamtes für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz Nordrhein Westfalen im März 2014 erstellt wurde.
ABU info 36-38 (2015)
Foto: M. Bunzel-Drüke
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Ein Paar Wiesenweihen am Brutplatz nach dem Ausfliegen der Jungen.
Material und Methode
Erfassung und Schutzmaßnahmen
Foto: M. Bunzel-Drüke
Das Untersuchungsgebiet wurde
mehrfach auf dem befahrbaren Wegenetz von Mitte April bis Mitte August
mit dem PKW langsam durchfahren,
hierbei wurde nach Weihen Ausschau
gehalten. Die genaue Lage des Nestes
wurde gewöhnlich mittels Kreuzpeilung ermittelt. Nach Absprache mit
dem betroffenen Landwirt wurde das
Nest aufgesucht. Die erste Nestkontrolle fand gewöhnlich statt, wenn
nach Verhaltens-Beobachtungen davon
auszugehen war, dass das Weibchen
ein Gelege dauerhaft bebrütet. Bei
der ersten Nestkontrolle wurden die
Eizahl, der Zustand des Nests, die Art
der Feldfrucht, die Vegetationshöhe
und –dichte im Nestbereich sowie das
Verhalten des Wiesenweihen-Paares
notiert. Beim Gang durch das Getreide
wurden die Halme grundsätzlich mit
einem langen Bambusstab zur Seite
geschoben, so dass beim Fortschreiten
möglichst keine Halme umgeknickt
oder plattgetreten wurden. So ließ
sich die Bildung eines ausgetretenen
Pfades im Getreidebestand weitgehend
vermeiden, der Bodenprädatoren den
Zugang zum Nest erleichtern oder
gar erst ermöglichen würde. Ebenfalls aus Schutzgründen wurden die
Nester überwiegend über die 30 cm
bis 60 cm breiten landwirtschaftlichen
Wiesenweihen
bei der Beuteübergabe; das
Weibchen gibt
Bettelalaute
von sich.
ABU info 36-38 (2015)
Fahrgassen (zur Biozidspritzung und
Düngung von den Bewirtschaftern
befahrene, feststehende Fahrwege)
aufgesucht. Erst einige Dezimeter vor
dem verorteten Neststandort wurde
von der dem Nest nächsten Fahrgasse
aus auf die Linie im Getreidebestand
eingeschwenkt, die senkrecht zu den
Fahrgassen zum Nest verlief. Durch
diese Vorsichtsmaßnahmen wurde
auch vermieden, dass Menschen aus
Neugierde oder aus Verfolgungsabsicht
das Nest leicht ausmachen können.
Aus Schutzgründen wurde bei der
ersten Kontrolle von Getreidenestern
ein Großteil der Ähren im Umkreis
von etwa 50 cm um das Nest herum
abgeschnitten. Dies verhindert, dass
gedüngte Getreidehalme mit schweren
Ähren (vor allem im Milchreifestadium)
bei windigem und regnerischem Wetter
umknicken. Selbst wenn der übrige
Getreidebestand ins Lager gehen sollte,
bleibt dennoch um das Nest ein Kranz
von beschnittenen Halmen stehen, der
weiterhin einen gewissen Sichtschutz
bietet, und das Nest wird nicht durch
umkippende Halme zugedeckt, was
ein Verlassen des Geleges zur Folge
haben kann.
Bei den weiteren zwei bis drei
Nestkontrollen wurde das Gewicht der
Jungvögel ermittelt und mittels Eichkurven das Alter und damit der spätere
$XVÀXJWHUPLQEHVWLPPW(LQLJH7DJH
YRUGHP$XVÀLHJHQGHVlOWHVWHQ-XQJvogels wurden die Jungen beringt: an
einem Bein wurde ein Metallring der
Vogelwarte Helgoland angebracht, an
dem anderen in den meisten Fällen
zusätzlich ein weißer Plastikring mit
eingestanzten blauen zweistelligen
einmaligen Kombinationen aus Zahl/
Zahl oder Großbuchstabe/Zahl. Beim
Verlust von Eiern oder Jungvögeln wurde das Nestumfeld in einem Radius von
5 m bis 10 m um das Nest nach Spuren
oder Hinweisen auf Prädatoren oder
anderen Verlustursachen abgesucht.
:HQQGHUHUUHFKQHWH$XVÀXJVWHUmin des jüngsten Jungvogels vor dem
zu erwartenden Erntetermin lag, wurde
mit dem Landwirt eine Schutzvereinbarung getroffen. Der Bewirtschafter
16
Trendumkehr beim Bestandsrückgang
der Wiesenweihe bewirkt haben“ (Zitat aus Illner 2011). Die Drahtzäune
wurden möglichst schon bei der ersten
Nestkontrolle, also im frühen Gelegestadium, aufgestellt. Dazu wurden
die Getreidereihen mit einem langen
Bambusstab auseinander gedrückt,
dann die vier Zaunelemente vorsichtig
zwischen die Getreidehalme geschoben
und mit Eisenstäben an den Eckpunkten
LP%RGHQ¿[LHUW$QVFKOLH‰HQGZXUGH
das Getreide wieder angedrückt, so dass
der Zaun im noch grünen, meist über
0,7 m hohen Getreidebestand - auch
DXVGHU1lKHEHWUDFKWHWQLFKWDXI¿HO
Es wurde darauf geachtet, dass die
Zaunelemente direkt auf dem Boden
DXÀDJHQ RKQH /FNHQ IUHL]XODVVHQ
durch welche kleinere Prädatoren wie
Hermelin hindurchschlüpfen könnten.
Foto: M. Bunzel-Drüke
YHUSÀLFKWHWHVLFKHLQHP[P
JUR‰H5HVWÀlFKHXPGDV1HVWVRODQJH
stehen zu lassen, bis dass alle Jungvögel
YROOÀXJIlKLJVLQG'HU(UWUDJVDXVIDOO
wurde ihm aus Landesmitteln erstattet.
Zusätzlich zu diesen Schutzmaßnahmen wurden um einige Nester Zäune
mit einer Seitenlänge von 1,7 m bzw.
1,75 m und einer Höhe von 0,7 m aufgestellt. Diese Zäune bestehen aus einem
dünnen Aluminium-Rahmen, der mit
dunkelgrünem, Plastik ummanteltem
Kükendraht bespannt ist. Der Rahmen
wurde grün gestrichen, damit er im
grünen Getreide nicht auffällt. Diese
Zäune sollen die Nester vor Bodenprädatoren schützen (Illner 2011). Dieser
zusätzliche Schutz „soll solange in der
Hellwegbörde praktiziert werden, bis
einzuleitende umfangreiche Lebensraum verbessernde Maßnahmen eine
Männliche Wiesenweihe lässt eine Wühlmaus zum Auffang bereiten Weibchen
herunterfallen.
Dies gelang nicht immer vollständig,
vor allem wenn der Boden trocken
und stark verdichtet war. Da der
Brutbestand 2013 deutlich kleiner
als 2012 war und die Zahl insgesamt
eingesetzter Drahtzäune in beiden
Jahren ähnlich war, war im Jahr 2013
ein deutlich größerer Anteil der Nester
zusätzlich mit einem Zaun geschützt.
Im Jahr 2012 wurden die Schutzzäune
ungesäubert verwendet, die bis auf eine
Ausnahme schon im Jahr 2011 zum
Einsatz gekommen waren. Im Jahr
2013 wurden bis auf eine Ausnahme
alle gebrauchten Schutzzäune vorab
intensiv mit einem mit Wasser betriebenen Hochdruckreiniger gesäubert.
Damit wurden anhaftende Gerüche von
Wiesenweihen oder sonstige Gerüche,
die z.B. von Beuteresten herrührten,
weitgehend entfernt.
Bei Nestprädationen stellt sich die
Frage, ob diese durch menschliche
Gerüche, welche bei Nestkontrollen
YHUWHLOWZHUGHQEHHLQÀXVVWZHUGHQ,P
Jahr 2013 wurde erstmals der Einsatz
von Autan an Wiesenweihen-Nestern
getestet. Autan ist ein Insekten-Abwehrmittel für den menschlichen
Gebrauch, welches erfolgreich zur Säugetierabwehr an Eisvogel-Brutplätzen
eingesetzt wurde (M. Bunzel-Drüke
mündliche Mitteilung). Mit Hilfe des
Mittels sollen menschliche Gerüche,
die bei den Nestkontrollen sowie Zaunund Fotofallenaufbau unvermeidlich
sind, überdeckt werden. Die Fotofallen und die Schutzzäune wurden vor
ihrem Aufbau mit Autan eingesprüht.
Ebenfalls wurde Autan bei den meisten
Nestkontrollen im Nestumfeld (wenige
Meter) im Getreide punktuell versprüht, so dass der Autangeruch auch
vom Menschen am Tag der Ausbringung noch in Entfernungen von 50 bis
100 m vom Nest wahrzunehmen war.
Zusätzlich wurden bei fast allen frühen
und den meisten späten Nestkontrollen
Gummi-Handschuhe getragen, um
möglichst wenige menschliche Gerüche an das Nest, Eier oder Junge abzugeben. Wegen einer noch nicht ausreichenden Datengrundlage wird auf eine
gesonderte Auswertung hinsichtlich
ABU info 36-38 (2015)
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Nachtaufnahmen sind schwarz/weiß,
die Tagaufnahmen farbig. Bei der
von uns gewählten Programmierung
pausiert die Fotofalle für 15 Sekunden
zwischen einzelnen Aufnahmen, ehe
sie auf weitere Bewegung reagiert und
Aufnahmen tätigt. Diese Pause von 15
Sekunden ist die niedrigste zu wählende
Stufe. Mit zwölf neuen 1,5 V Alkali-Batterien funktioniert diese Fotofalle
bei der gewählten Programmierung ca.
zehn Tage, abhängig davon, wie viel
Aktivität und Bewegung
im Nest herrscht.
Die Daten werden auf einer 16 GB
SD-Karte
gespeichert.
Eingesetzt wurde eine Kamera dieses
Modells.
3) Spypoint IR 6, kurz Spypoint
Diese Fotofalle verfügt ebenfalls über
einen Bewegungssensor sowie einen
Infrarotblitz und ist damit in der Lage,
bei sich bewegenden Objekten Tag- und
Nachtaufnahmen zu machen. Auch hier
sind die Aufnahmen nachts schwarz/
weiß und bei Tageslicht farbig. Die
Programmierung wurde so gewählt,
dass die Fotofalle bei Bewegung eine
Aufnahme macht und dann für eine
Minute pausiert, was die niedrigste
Zeiteinstellung ist. Gespeichert werden
die Daten auf einer 16 GB SD-Karte.
Eingesetzt wurde eine Kamera dieses
Modells.
dieses Faktors
verzichtet.
Die Erfassungsmethodik wie auch
Schutzmaßnahmen waren im Übrigen
in den beiden Untersuchungsjahren
2012 und 2013 sehr ähnlich. Das Bestandniveau der Feldmaus, dem wichtigsten Beutetier
der Wiesenweihe in Westfalen, war in
beiden Jahren ähnlich niedrig (Illner
2013a, b).
Nach einer Testphase (Härting & Illner
2012) wurden in den Untersuchungsjahren 2012 und 2013 insgesamt vier
verschiedene, in etwa handgroße Modelle von Fotofallen an Nestern der
Wiesenweihe eingesetzt:
1) Plotwatcher Day6 Outdoors, kurz
Plotwatcher
Diese Fotofalle hat keinen Bewegungssensor und keinen Infrarotblitz; sie
macht nur in zuvor programmierten
Zeitabständen Farbaufnahmen bei Tageslicht. Gespeichert werden die Aufnahmen auf einem 4 GB-Datenstick,
welcher im Gehäuse der Kamera steckt.
Mit vier 1,5 V Alkali-Batterien und
mit der von uns gewählten Programmierung eines Zeitabstandes von 10
Sekunden zwischen zwei Aufnahmen
kann diese Kamera sieben Tage lang
Aufnahmen tätigen. Eingesetzt wurde
eine Kamera dieses Modells.
2) Reconyx HC 500, kurz Reconyx
Diese Fotofalle hat sowohl einen Bewegungssensor als auch einen leistungsstarken Infrarotblitz. Die Kamera ist
somit in der Lage, Aufnahmen von
sich bewegenden Objekten zu machen;
nachts wird die Aufnahme durch einen
kurzen Infrarotblitz belichtet. Die
ABU info 36-38 (2015)
Alle Fotos: M. Bunzel-Drüke
Einsatz von automatischen
Kameras (Fotofallen)
Flügge Wiesenweihe
4) Moultrie M-100 / M-990i, kurz
Moultrie
Die Fotofallen Moultrie M-100 und ihr
nahezu baugleiches Nachfolgemodell
M-990i verfügen über einen Bewegungssensor und Infrarotblitz. Auch
hier werden bei sich bewegenden Objekten farbige Tag- und schwarz/weiße
Nachtaufnahmen gemacht. Zusätzlich
kann der Hybrid-Modus programmiert
werden, d.h. bei Tageslicht werden
in festgelegten Zeitabständen Bilder
gemacht, nachts nur bei Bewegung.
In dieser Untersuchung wurde die Programmierung so gewählt, dass tagsüber
im 15 Sekunden Abstand Bilder aufgenommen und nachts nur bei Bewegung
Aufnahmen gemacht werden, wobei
die Fotofalle nach jeder Aufnahme für
fünf Sekunden pausiert. Die Fotofalle
speichert die Aufnahmen auf einer 32
GB SD-Karte. Die Moultrie Fotofallen
wurden in dieser Untersuchung nicht
wie gewöhnlich über 1,5 VAlkali Batterien mit Energie versorgt, sondern über
Autobatterien (35 Ah, 12 V), welche in
etwa 15 m Abstand zum Nest in einer
wasserdichten Box untergebracht und
mit einem stromführenden Kabel mit
der Fotofalle verbunden wurde. Zusätzlich wurde von der Fotofalle ein 15 m
langes USB-Datenkabel zu dieser Box
unsichtbar zwischen der Vegetation
verlegt. Der gewählte Autobatterietyp
versorgte die Fotofalle etwa 15 bis 16
Tage mit Strom. Über das USB-Kabel
können jederzeit aus der Ferne mit
Foto: M. Bunzel-Drüke
18
Flügge Wiesenweihe
dem Laptop die Aufnahmen der Fotofalle eingesehen und heruntergeladen
werden, ohne das brütende Weibchen
]XP$XIÀLHJHQ]XYHUDQODVVHQ,P-DKU
2012 wurden drei Kameras vom Modell
Moultrie M-100 in der beschriebenen
Weise eingesetzt. Im Jahr 2013 kamen
drei weitere Kameras des Nachfolgermodells in gleicher Weise zum Einsatz.
Beim Aufstellen der Nestkameras
wurde so vorgegangen, dass Brutpaare
möglichst wenig gestört wurden. Die
braun-grünen Gehäuse der Fotofallen
erhielten einen hellgrünen Farbanstrich, damit sie im hellgrünen Getreide
P|JOLFKVWZHQLJDXI¿HOHQ(LQHHEHQfalls hellgrün angestrichene Holzlatte
diente als Halterung für die Fotofalle.
Die Kameras wurden am oberen Ende
der Latte etwa 50 cm bis 60 cm über
dem Erdboden angebracht, so dass sie
nicht über die mindestens 80 cm hohen
*HWUHLGHSÀDQ]HQ KHUDXVUDJWHQ 'LH
Sicht der Kamera auf das Nest bzw.
die Sicht des brütenden Weibchens
auf die Kamera war zunächst durch die
dicht-stehenden Getreidehalme weitgehend versperrt. Allerdings konnten die
ÀLHJHQGHQ:LHVHQZHLKHQGLH.DPHUDV
von oben wahrnehmen. In Versuchen
im Jahr 2011 hatte sich gezeigt, dass offenbar die größte Störwirkung dann von
der neu aufgestellten Kamera ausgeht,
wenn das Weibchen vom Nest aus sofort
nach der Kamera-Aufstellung freien
Blick auf den „Fremdkörper mit einem
Auge“ hat. Deshalb wurden in beiden
Untersuchungsjahren die Kameras
erst nach einer Eingewöhnungsphase
von ein paar Tagen in der Sichtachse
von Getreidehalmen freigeschnitten.
Lediglich bei einem Nest im Raps im
Jahr 2013 bestand ohne Freischneiden
von vornherein fast freie Sicht von
der Kamera auf das Nest, weil die
Rapsstengel generell im viel größeren
Abstand zueinander stehen als es bei
Gerste, Weizen, Roggen und Triticale
der Fall ist.
Bei den mit Alkali-Batterien betriebenen Fotofallen verließen wir
das Brutfeld unverzüglich nach dem
Aufstellen der Kamera. Bei den mit
Autobatterien betriebenen Fotofallen
wurde vorher noch die Box mit der
Autobatterie in 15 m Entfernung zum
Nest, möglichst nah an der nächsten
Fahrgasse, aufgestellt. Die schwarzen
Strom- und USB-Verlängerungskabel
wurden mit Hilfe eines Bambusstabes
LQGDV*HWUHLGHÄHLQJHÀRFKWHQ³VRGDVV
sie bei Draufsicht praktisch unsichtbar
waren. Die schwarze Aufbewahrungsbox wurde mit Getreidehalmen
kaschiert. Die Überwachungskameras
wurden meist bei der ersten Nestkontrolle aufgestellt, also zu Beginn
der Bebrütung, um möglichst auch
Eiprädationen erfassen zu können. In
den meisten Fällen wurde vorab eine
Beuteübergabe des Männchens abgewartet. Erst wenn das Weibchen aufJHÀRJHQZDUGLH%HXWHEHUQRPPHQ
hatte und mit dieser zu einem Fressplatz
in der Umgebung (meist Feldweg,
*UDVVDXPJHÀRJHQZDUVXFKWHQZLU
das Nest auf. So wurde das Weibchen
nicht vom Nest aufgescheucht, somit
weniger gestört. Auch bei späteren
Nestkontrollen wurde möglichst eine
Beuteübergabe abgewartet, bevor das
Nest aufgesucht wurde.
Gewöhnlich kehrten die Weibchen
1 bis 20 Minuten, im Ausnahmefall
erst 1 h, nach der Nestkontrolle bzw.
nach dem Verlassen des Brutfeldes
und dem Aufsuchen des nah geparkten
Autos (das als Versteck dient) aufs Nest
zurück. Die Wiesenweihen-Weibchen
zeigten große individuelle Unterschiede im Verhalten bei bzw. nach
einer Nestkontrolle. Ihr Verhalten
wurde nach der Nestkontrolle aus dem
Auto heraus solange protokolliert,
bis das Weibchen wieder aufs Nest
JHÀRJHQZDU
Bei der nächsten Nestkontrolle
wurde die Kamera freigeschnitten und
genau auf das Nest ausgerichtet. Bei
den Fotofallen mit Autobatterie und
USB-Datenkabel wurden die ersten
Nestkontrollen zur Kameraeinrichtung
gewöhnlich zu zweit vorgenommen,
um die nötigen Aufgaben möglichst
schnell und effektiv durchführen zu
ABU info 36-38 (2015)
können: Einer war am Nest, brachte
die Kamera an bzw. schnitt sie frei
und richtete sie aus, der andere stand
in der Fahrgasse an der Box mit Datenkabel und Autobatterie, wo er mit
einem angeschlossenen Laptop die
Aufnahmen sehen und gegebenenfalls
Anweisungen zur optimalen Ausrichtung der Kamera geben konnte. Bei
den Fotofallen ohne Autobatterie und
USB-Datenkabel musste die richtige
Ausrichtung der Kamera aufs Nest
per Augenschein abgeschätzt werden.
Bei den Nestkameras mit der Stromversorgung über Autobatterien wurden
diese alle 14 Tage gegen eine aufgeladene ausgewechselt. Bei dieser Gelegenheit ließen sich die Aufnahmen per
angeschlossenen Laptop überprüfen.
Wenn nur die Batteriebox aufgesucht
wurde, führte dies in der Regel nicht
]XP $XIÀLHJHQ GHV :HLEFKHQV YRP
Nest, was meist erst bei einer Annäherung von ein bis fünf Metern ans Nest
der Fall ist. Falls durch umgeknickte
Halme oder Umkippen der Kamera
die freie Sicht auf das Nest nicht mehr
gegeben war, musste das Nest kurz
aufgesucht und die Fotofalle wieder
freigestellt werden. In einem Fall
waren die umgekippten Gerstenhalme
so instabil, dass sie mit dünnen Holzstäben gestützt werden mussten, um
nicht in den Aufnahmebereich hinein
zu ragen. Bei notwendigen Arbeiten
an Fotofallen ohne Autobatterie (v.a.
zum Zwecke des Batteriewechsels)
musste jeweils das Nest aufgesucht
werden. In den meisten Fällen geschah
dies nach Beuteübergaben oder bei
ohnehin anstehenden Nestkontrollen.
1DFK GHP$XVÀLHJHQ GHU -XQJY|JHO
oder einem Brutverlust wurden die
Fotofallen meist wieder abgebaut und
falls sinnvoll noch an einem anderen
Nest aufgestellt.
Die Auswahl der Nester für die
Installierung von Fotofallen erfolgte
nach verschiedenen Kriterien. Fast alle
Nester lagen im EU-Vogelschutzgebiet
„Hellwegbörde“. Meist wurde an den
Nestern entweder ein Zaun oder eine
Fotofalle aufgebaut (Tabelle 1). Grund
hierfür war die Annahme, dass Nester
ABU info 36-38 (2015)
Tabelle 1: Anzahl der Nester mit
und ohne Fotofalle oder Zaun in den
Jahren 2012 und 2013.
ohne Zaun
mit Zaun
mit
Fotofalle
10
11
ohne
Fotofalle
16
13
mit Zaun gar nicht oder seltener prädiert
werden. Benachbarte Paare wurden
vorrangig ausgewählt, um einen Versuchsaufbau zu ermöglichen, in dem
ein Nest mit einem Zaun umgeben und
das benachbarte nur mit einer Fotofalle
DXVJHVWDWWHWZDU,QHLQLJHQ)HOGÀXUHQ
brüteten Wiesenweihen jeweils in den
beiden Jahren 2012 und 2013. Auch bei
diesen „reviertreuen“ Paaren wurden
die Fotofallen bevorzugt eingesetzt.
Auch an einigen Nestern mit Zaun
wurden vereinzelt Fotofallen - meist
kurzzeitig - installiert, wenn z.B. ein
Elternvogel farbmarkiert war (um die
Ziffern ablesen zu können) oder wenn
es sich um späte Bruten handelte, weil
dann – nach Verlusten an frühen Bruten
mit Fotofallen – diese zur Verfügung
standen. An einigen Nestern, an
welchen im Laufe der Brut- und Aufzuchtphase keine Fotofalle aufgebaut
worden war, wurden kurz vor dem
$XVÀLHJHQGHU-XQJY|JHO1HVWNDPHUDV
für wenige Tage aufgebaut, um eventuell das Beute eintragende Männchen
aufzunehmen oder um Altvögel auf
Metallringe, Farbringe oder andere
Auffälligkeiten hin zu überprüfen.
Dieser kurzzeitige Einsatz von Fotofallen wird in dieser Untersuchung nicht
berücksichtigt.
Bei fünf zuvor prädierten Nestern
und zwei verlassenen Gelegen wurde
versuchsweise jeweils eine Fotofalle
für einige Tage in der gleichen Art und
Weise wie an noch aktiven Nestern angebracht, um zu sehen, ob und welche
Prädatoren unter solchen Bedingungen
auftreten. Der Nestinhalt dieser Versuchs-Nester bestand entweder aus
meist einzelnen bebrüteten Eiern der
Wiesenweihe desselben Jahres, die
entweder verlassen oder überbrütet waren, oder maximal seit einem Tag toten
Jungvögeln, die von Beutegreifern am
Foto: M. Bunzel-Drüke
19
Männliche Wiesenweihe attackiert
einen Mäusebussard unweit des
Brutplatzes.
selben Nest totgebissen worden waren.
Im Rahmen des Schutzprogrammes
werden an möglichst jedem Nest
einer Wiesenweihe brutbiologische
Daten erfasst. Dazu zählen die Gelegegröße, die Anzahl geschlüpfter und
nicht-geschlüpfter Eier, die Anzahl,
das Gewicht und Maße der Jungvögel
VRZLH GLH DXI¿QGEDUHQ 6SXUHQ HLQHU
Prädation. Diesbezügliche Daten aus
den Jahren 2012 und 2013 gingen in
diese Auswertung ein.
Ergebnisse
Insgesamt wurden die Daten von
50 Nestern aus den beiden Untersuchungsjahren ausgewertet. Drei weitere
Nester mit gänzlich fehlenden Angaben
zur Ei- und Jungenzahl wurden nicht
berücksichtigt. 31 Bruten (25 Erstbruten, sechs Ersatzbruten) fallen auf
das Jahr 2012 und 19 (16 Erstbruten,
drei Ersatzbruten) auf das Jahr 2013.
Die Schicksale der Eier und Jungvögel
wurden getrennt ausgewertet. Innerhalb dieser beiden Gruppen wurde
nochmals unterteilt: in Gruppen mit
und ohne Nestkameras. Man erhält
folglich vier Gruppen: Schicksal von
Eiern mit Fotofalle, Schicksal von Eiern
ohne Fotofalle, Schicksal von Jungvögeln mit Fotofalle und Schicksal von
Jungvögeln ohne Fotofalle. Die Anzahl
von Eiern bzw. Jungvögeln wurde für
20
jede der vier Gruppen ermittelt. Die
Schicksale von Eiern und Jungvögeln
ZXUGHQ]XYRUGH¿QLHUWHQ.DWHJRULHQ
zugeordnet. Anschließend wurde der
prozentuale Anteil jeder Kategorie
an der Anzahl jeder der vier Gruppen
berechnet.
ohne Fotofallen
mit Fotofallen
7,6 %
5,6%
6,7%
58,1%
57,6 %
15,1%
13,2 %
9,1%
Verlustursachen bei Eiern
Bei vier von den insgesamt 50 Nestern
waren die Brutdaten unvollständig; die
fehlenden Ei- oder Jungvogeldaten
wurden bei der Poolung der Daten
durch die entsprechenden Mittelwerte
der jeweiligen Gruppe ersetzt.
• Bei den Eiern wurden insgesamt fünf
Kategorien gebildet:
• Geschlüpft: Eier, aus denen Jungvögel geschlüpft sind.
• Ungeschlüpft: Eier, die trotz ausreichender Bebrütungsdauer von über
28 Tagen nicht schlüpften.
• Prädiert: Eier, die gefressen oder von
Beutegreifern weggeschleppt wurden und Eier (N=2) eines Geleges,
die nach einer Prädation übrig blieben
und wahrscheinlich auf Grund der
Prädation verlassen wurden (Verlassen als sekundäre Verlustursache).
• Sonstige bekannte Verlustursachen:
verlassene Gelege, defekte Eier.
• Unbekannte Verlustursachen: die
genaue Verlustursache war nicht zu
ermitteln.
Die Ergebnisse der gruppenweisen
Auswertung sind in der Abbildung 1
dargestellt. Die Verteilungen der beiden Gruppen unterscheiden sich nicht
wesentlich voneinander, in beiden
überwiegt der Anteil geschlüpfter Eier
und liegt bei rund 58 %. Die Anteile
der Verlustursachen unterscheiden sich
nur geringfügig zwischen den beiden
Gruppen. Der größte Unterschied betrifft die Kategorie „sonstige bekannte
Ursachen“, die mit 15 % bei Gelegen
mit Fotofalle gegenüber 7 % bei solchen
ohne Fotofalle deutlich größer ist.
Verlustursachen bei Jungvögeln
In dieser Gruppe sind nur die Nester
enthalten, in denen jeweils mindestens
ein Jungvogel geschlüpft war (N=35
Nester). Bei einem Nest waren die
16,4 %
10,6 %
N=117
geschlüpft
ungeschlüpft trotz
ausreichender Bebrütung
N=66
prädiert
sonstige bekannte
Verlustursachen
Verlustursache
unbekannt
Abbildung 1: Schicksal von Eiern aus Gelegen der Jahre 2012 und 2013.
mit Fotofallen
ohne Fotofallen
5,8%
14,6 %
57,7%
61,6 %
21,8%
25,0 %
N=52
N=50
ausgeflogen
11,5 %
2,0 %
prädiert
gestorben ohne Fremdeinfuss
Verlustursache unbekannt
Abbildung 2: Schicksal von Jungvögeln in Bruten der Jahre 2012 und 2013.
Brutdaten nicht komplett bekannt; sie
wurden entsprechend durch die Gruppen-Mittelwerte ersetzt.
Die Schicksale der Jungvögel wurden vier Kategorien zugeordnet:
‡ $XVJHÀRJHQ -XQJY|JHO GLH YROO
entwickelt das Nest verlassen haben.
• Prädiert: Jungvögel, die vor dem
$XVÀLHJHQSUlGLHUWZXUGHQ
• Gestorben ohne Feindeinfluss:
Jungvögel, die aufgrund verschiedener Ursachen gestorben sind, z.B.
durch Verhungern oder durch gelben
Kropf (Befall mit Geißeltierchen,
Flagellaten).
• Verlustursache unbekannt: die genaue Verlustursache war nicht zu
ermitteln.
Die gruppenweisen Auswertungen
sind in der Abbildung2 dargestellt. Der
$QWHLO DQ DXVJHÀRJHQHQ -XQJY|JHOQ
wie auch der Anteil an prädierten Jungvögeln ist in beiden Gruppen ähnlich.
Deutlich unterschiedlich ist der Anteil
der unbekannten Verlustursachen: Bei
Bruten, die mit Fotofallen überwacht
wurden, ist der Anteil mit 5,8 % deutlich
kleiner als bei den Bruten, die nicht mit
Fotofallen überwacht wurden (14,6 %).
Durch den Einsatz von Nestkameras
wurden also insgesamt bei den Jungvögeln mehr Verlustursachen aufgeklärt.
Kameraüberwachung an Nestern
nach Brutverlusten
Die Daten und Ergebnisse der sieben
Versuchsnester sind in der Tabelle 2
dargestellt. In allen derartig überwachten Nestern blieben die Nestinhalte
komplett und unverändert erhalten.
Auch zeigten die Kameraaufnahmen
in keinem Fall die Annäherung eines
potenziellen Beutegreifers.
Diskussion
Wie der Vergleich der Nester mit bzw.
ohne Kameraüberwachung zeigt, unterscheiden sich die Schlupfrate und AusABU info 36-38 (2015)
21
Tabelle 2: Kenndaten und Ergebnis der Kameraüberwachung an Nestern nach Brutverlusten (N=7).
Ort
Jahr
Vorherige
Verlustursache
17 A
Störmede
2012
Gelege
prädiert
Verlustzeitpunkt 6.-9.7.
vor 21.5.
Versuchsort
Kunstnest1
Versuchsinhalt
Kameramodell
Versuchsbeginn
Versuchsende
Ergebnis
1
5B
Merklingsen
2012
Gelege
prädiert
prädiertes
Nest
2 Eier
(eigene)
Reconyx
10.7.
12.7.
Inhalt
unverändert
vorhanden
2 Eier
(fremde)
Reconyx
11.6.
15.6.
Inhalt
unverändert
vorhanden
Nest Nr. (A = Erstbrut, B = Ersatzbrut)
17 B
24 A
25 A
Störmede
Thüler Feld Thüler Feld
2012
2012
2012
Gelege
Jungvögel
Gelege
prädiert
prädiert
verlassen
ca. 25.5.16.6.
prädiertes
Nest
1 Ei (fremd)
Spypoint
29.6.
6.7.
Inhalt
unverändert
vorhanden
19./20.7.
31.5.
25 B
Thüler Feld
2012
Jungvögel
prädiert
(Fuchs)
22.7.
prädiertes
Nest
1 Jungvogel
(totgebissen)
Reconyx
21.7.
23.7.
Inhalt
unverändert
vorhanden
verlassenes
Nest
4 Eier
(eigene)
Moultrie
6.6.
11.6.
Inhalt
unverändert
vorhanden
prädiertes
Nest
1 Jungvogel
(totgebissen)
Moultrie
23.7.
24.7.
Inhalt
unverändert
vorhanden
1A
Steinen
2013
Gelege
verlassen
14.6.
verlassenes
Nest
2 Eier
(eigene)
Spypoint
14.6.
2.7.
Inhalt
unverändert
vorhanden
das Kunstnest befand sich in 5 m Entfernung zum zuvor prädierten Nest
ÀXJUDWHVRZLHGLH9HUOXVWXUVDFKHQYRQ
Eiern und Jungvögeln nicht wesentlich
voneinander. Damit ist zunächst festzuhalten, dass der mit großer Vorsicht
ausgeübte Einsatz von Nestkameras
sich nicht negativ auf den Bruterfolg
auswirkte. Es wurde angestrebt, in
HLQHU)HOGÀXUMHZHLOVHLQ1HVWPLWXQG
eins ohne Fotofalle zu versehen. Dadurch wurde wahrscheinlich erreicht,
GDVV (LQÀXVVIDNWRUHQ ZLH Ä3UlGDWLonsdruck“ und Nahrungsangebot bei
Nachbarpaaren möglichst ähnlich waUHQ'LH,GHQWL¿]LHUXQJYRQVRQVWLJHQ
bekannten Verlustursachen von Eiern
gelingt durch die stetige Überwachung
mit Fotofallen besser. Der Anteil der
unbekannten Verlustursachen ist in
Foto: M. Bunzel-Drüke
Weibliche Wiesenweihe
ABU info 36-38 (2015)
den beiden Vergleichsgruppen mit bzw.
ohne Kamerüberwachung gering, was
vor allem daran liegen mag, dass man
bei Verlusten in der Eiphase oft noch
Eischalen oder intakte, verlassene Eier
YRU¿QGHWDXVGHQHQPDQ5FNVFKOVVH
auf die unmittelbare Verlustursache
ziehen kann.
Die beiden Vergleichsgruppen mit
bzw. ohne Kamerüberwachung zeigen
IUGHQ$QWHLOGHUDXVJHÀRJHQHQXQG
prädierten Jungvögel ähnliche Werte.
Im Gegensatz zu den Befunden bei
GHQ (LHUQ JHODQJ GLH ,GHQWL¿]LHUXQJ
von Verlustursachen von Jungvögeln
in Nestern mit Fotofalle deutlich
besser als in Nestern ohne Fotofalle.
Grund hierfür ist, dass bei Jungvo-
JHOYHUOXVWHQ KlX¿J NHLQH hEHUUHVWH
und somit wenige Hinweise auf die
Verlustursache vorhanden sind, da
sowohl Beutegreifer ihre Beute spurlos
wegtragen oder komplett auffressen als
auch Wiesenweihen-Weibchen tote,
verhungerte oder erkrankte Jungvögel
und Überreste dieser aus dem Nest entfernen können. Jedoch ließen sich auch
durch den Einsatz von Fotofallen nicht
alle Verlustursachen (5,8 %) aufklären.
Gründe hierfür war meist eine durch
Vegetation verdeckte Fotofalle oder
auch das durchaus normale Verlassen
des Nestes durch einzelne noch nicht
ÀXJIlKLJH-XQJY|JHOGLHVLFKHLQLJH
Meter vom Nest, außerhalb des Aufnahmebereichs der Fotofalle, aufhalten und
22
Eier
Jungvögel
6,3%
10,1 %
9,8%
57,9 %
59,6 %
6,8%
11,7%
23,5%
14,3%
N=183
ungeschlüpft trotz
ausreichender Bebrütung
sonstige bekannte
Verlustursachen
geschlüpft
prädiert
N=102
ausgeflogen
prädiert
gestorben
ohne Fremdeinfuss
Verlustursache
unbekannt
Verlustursache
unbekannt
Abbildung 3: Schicksal von Eiern und Jungvögeln aller Bruten der Jahre 2013 und
2013 (Zusammenfassung der Abbildung 1 bzw. 2)
prädierten Gelegen, die noch mehrere
Tage mit Kameras weiter überwacht
wurden, wurden niemals Krähenvögel
abgelichtet.
Bei den Jungvögeln wurde knapp
ein Viertel aller Jungvögel prädiert.
Dies ist ein erheblicher Anteil der
Verlustursachen, denn insgesamt wurGHQGHU-XQJY|JHOQLFKWÀJJH
Insgesamt 7 % der Jungvögel kamen
ohne Feindeinfluss um. Immerhin
ÀRJHQDOOHUJHVFKOSIWHQ-XQJvögel aus. Als Beutegreifer wurden
LGHQWL¿]LHUWLQGUHL)lOOHQGHU5RWIXFKV
(Vulpes vulpes) sowie in je einem Fall
ein Mäusebussard (Buteo buteo) und
eine Rohrweihe (Circus aeruginosus).
Säugetiere, insbesondere Füchse,
dürften nach den Ergebnissen im Weihenschutzprogramm von 2006 bis 2011
,OOQHUELVDPKlX¿JVWHQ
Foto: M. Bunzel-Drüke
dort unbeobachtet „verloren gehen“.
Aufgrund der unwesentlichen Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen mit bzw. ohne Fotofallen ist
es vertretbar, die Daten zu poolen. Die
zusammengefassten Ergebnisse sind in
der Abbildung 3 dargestellt.
Die Auswertung zeigt, dass in den
Jahren 2012 und 2013 lediglich 12 %
der Eier auf das Konto von Prädation
gingen, obwohl aus insgesamt 42 %
der Eier keine Jungvögel schlüpften.
Säugetiere, insbesondere Marderartige, dürften nach den Ergebnissen
im Weihenschutzprogramm seit 2006
,OOQHUELVDPKlX¿JVWHQ
für Eiverluste verantwortlich gewesen
sein. Den größten Anteil an den Verlustursachen steuerten ungeschlüpfte
Eier bei. Dass Eier nicht schlüpfen,
kann in der Unfruchtbarkeit oder in
dem Absterben von Embryonen (z.B.
wegen Gifteinwirkung oder zeitweise
zu geringe oder zu hohe Eitemperaturen oder Bakterienbefall) begründet
sein. Einige der ungeschlüpften Eier
wiesen abgestorbene Embryonen auf.
Eiprädation spielte also in den beiden
Untersuchungsjahren eine untergeordnete Rolle für den Schlupferfolg. An
einem Gelege trat wahrscheinlich ein
kleines Säugetier als Nestprädator auf.
Auf keiner Nestaufnahme mit Eiern
wurden Krähenvögel gesichtet, was
nicht überrascht, denn sie werden am
Brutplatz mit Eiern von den Altvögeln
gewöhnlich heftig angegriffen und
vertrieben (H. Illner unveröffentlicht). Auch bei den verlassenen bzw.
Flügge Wiesenweihen
beim Üben der Beuteübergabe in der Luft
für Jungvogel-Prädationen verantwortlich sein. Bei den Prädationen durch
Rohrweihe und Mäusebussard handelt
es sich um seltene Ausnahmen, denn
Greifvogel-Rupfungen von Jungvögeln
in oder an Wiesenweihen-Nestern
wurden 2006 bis 2011 nicht ein einziges Mal gefunden (Illner 2007 bis
2012). Bei den Nestern mit getöteten
Jungvögeln, die noch mehrere Tage mit
Kameras weiter überwacht wurden,
waren keine Säugetiere oder Vögel
(Greif- oder Krähenvögel) als Prädatoren festzustellen.
Wie schon in der Einleitung beschrieben gibt es ultimate (mittelbare)
und proximate (unmittelbare) Ursachen
für eine Prädation. Das Feststellen und
Erkennen solcher gestaltet sich in der
Natur schwierig. Die durch Fotofallen
dokumentierten Prädationsereignisse
sind in der Tabelle 3 zusammengefasst.
Anhand dieser werden die ultimaten
und proximaten Ursachen diskutiert.
Aufgrund der Ergebnisse der Nestkontrollen wurde in allen acht Fällen
von verlustigen Eiern oder Jungen
Prädation als proximate Verlustursache
(Tabelle 3) angenommen. In sechs Fällen wurde diese Vermutung durch die
Aufnahmen der Nestkameras bestätigt.
In einem Fall wurden zwei von drei
Jungvögeln vom Wiesenweihen-Weibchen verfüttert, was einer proximaten
Verlustursache entspricht. In einem
weiteren Fall wurden wahrscheinlich
ABU info 36-38 (2015)
23
ABU info 36-38 (2015)
1 Junges prädiert (ohne
menschlichen Eingriff auch 2.
Junges prädiert)
Prädation
1 von 2
Jungvögeln
ja
28. August
ja
20./31. Juli
Steinen
9
1B
2013
2013
2 Junge wahrscheinlich verhungert
und dann verfüttert
Prädation
Prädation
2 von 2
Jungvögeln
2 von 3
Jungvögeln
nein
17. Juli
2012
Robringhausen
Langeneicke
4A
6
ja
27. Mai
nein
22. Juli
Thüler
2012
Feld
Paradiese 2013
25 B
ja
20. Juni
2012
12
wahrscheinlich Prädation,
mitverursacht durch Lagergetreide
wahrscheinlich Nahrungsmangel,
mitverursacht durch frühes
Abhandenkommen des Männchens
wahrscheinlich Prädation,
mitverursacht durch frühes
Abhandenkommen des Männchens
wahrscheinlich Prädation
2 Eier prädiert, weitere 2 Eier
danach verlassen
2 Junge prädiert
Prädation
3 Jungvögel prädiert
3 Jungvögel und 1 Ei prädiert
wahrscheinlich Prädation,
mitverursacht durch menschlichen
Eingriff
wahrscheinlich Prädation
Prädation
Prädation
4 von 4
Jungvögeln
3 von 3
Jungvögeln,
1 Ei
3 von 3
Jungvögeln
2 von 4 Eiern,
nein
4. Juli
2012
Neuengeseke
Lohner
Warte
8
26.-30. Juni; nein
5./10. Juli
2012
Prädation
wahrscheinlich Prädation
Unklar, wahrscheinlich nicht
Nahrungsmangel, in einem Fall
mglw. Prädation begünstigt durch
Lagerbildung
2 Junge wahrscheinlich nicht
prädiert (natürliche Ursache) und
dann verfüttert, 1 Junges vielleicht
prädiert, mglw. begünstigt durch
Lagerbildung
4 Junge prädiert
Verlustzeitpunkt
Jahr
Zaun
Anzahl
Vermutete
verlustige Eier/ Verlustursache
Jungvögel
anhand Nestkontrollen
3 von 4
Prädation
Jungvögeln
Proximate Verlustursache anhand
Nestfotos
Ultimate Verlustursache
Tabelle 3: Kenndaten und Verlustursachen (scheinbar proximat, proximat,
ultimat; Näheres siehe Text) bei Prädationsereignissen, die mit Fotos von
Nestkameras dokumentiert wurden (N=8).
Nest Nr.
Ort
A = Erstbrut
B=
Ersatzbrut
3
Merklingsen
zwei von vier Jungen ebenfalls verfüttert und ein Junges möglicherweise prädiert; die Vermutung einer Prädation als
Verlustursache zeigte sich anhand der
Befunde aus der Fotoüberwachung als
falsch bzw. zumindest zum Teil falsch.
'LHJHQDXH,GHQWL¿]LHUXQJGHUXOtimaten Verlustursachen gelingt selbst
mit dem Einsatz der Nestaufnahmen
nicht immer. Es können jedoch begründete bzw. plausible Erklärungen
abgegeben werden. In mehreren
Fällen ist Nahrungsmangel eine vermutete oder wahrscheinliche ultimate
Verlustursache. Durch den Mangel an
Nahrung müssen vor allem Wiesenweihen-Weibchen vermehrt Zeit zum Jagen
aufbringen; sie sind folglich seltener am
Nest und können ihre Jungvögel nicht
dauerhaft bewachen. Die Wahrscheinlichkeit einer Prädation wird dadurch
erhöht bzw. mitverursacht. Dies war
bei dem Nest 1 B wahrscheinlich der
Fall. In einem weiteren Fall des wahrscheinlich frühzeitigen (mitten in der
Aufzuchtphase) Verschwindens des
Männchens (Nest 9) kam es zwar zu
keiner Prädation. Allerdings schaffte
das Weibchen allein wohl nicht genug
Beute heran, was die wenigen Beuteeinträge an den beschriebenen Tagen
zeigen. Bei Nest 12 wurde die Prädation
trotz eines Zaunes sehr wahrscheinlich
durch einen freigetretenen Absprungplatz für den Fuchs vor dem Zaun
erleichtert. Bei den Nestern 8, 12, 25
B, 4 A und 6 wird Prädation auch als
entscheidende ultimate Verlustursache
vermutet.
Für die acht mit Kameras überwachten Nester lassen sich überwiegend gesicherte bzw. wahrscheinliche Angaben
zu den proximaten Verlustursachen
machen. Die Klärung der ultimaten
Verlustursachen gelang ebenfalls
besser, als wenn nur die Ergebnisse
der Nestkontrollen zur Verfügung
gestanden hätten. Neben der Prädation waren wahrscheinliche ultimate
(mitbestimmende) Verlustursachen
Nahrungsmangel (aufgrund des Abhandenkommens des Männchens), LagerJHWUHLGHXQGPHQVFKOLFKHU(LQÀXVV
24
Kurz nach dem Freischneiden der Nestkamera kehrt das Weibchen zum Nest
zurück und setzt die Bebrütung seines Geleges fort.
Das Weibchen beim Füttern von fünf jungen Wiesenweihen. In diesem
Altersstadium werden Jungvögel noch mit schnabelgerechten Nahrungsstücken
versorgt. Diese Art der Fütterung macht nur das Weibchen.
In den meisten Fällen von Prädation wurde der Rotfuchs als Beutegreifer
nachgewiesen. Hier schaut ein Rotfuchs durchs Getreide ins Wiesenweihen-Nest,
welches er anschließend plündert.
Die Fotofallen sorgen für eine dauerhafte Überwachung der Aktivitäten
LP1HVWXQGKHOIHQEHLP,GHQWL¿]LHUHQ
von Verlustursachen. Insbesondere bei
verlorenen Jungvögeln ließen sich so
vielfach die Verlustursachen bestimmen. Bei Verlusten in der Eiphase
konnten die Verlustursachen selten geQDXLGHQWL¿]LHUWZHUGHQ'DV$XIEDXHQ
sowie Kontrollieren der Fotofallen ist
für die brütenden Wiesenweihen eine
zusätzliche Störung, die jedoch in der
beschriebenen vorsichtigen Art durchgeführt keinen erkennbar negativen
(LQÀXVVDXIGHQ%UXWHUIROJKDWWH
Ei- und Gelege-Prädationen sind
wahrscheinlich keine wesentliche
Ursache für die negative Entwicklung
der Brutpopulation der Wiesenweihe
in der Hellwegregion vor allem seit
2005. Der Reproduktionserfolg wird
gewöhnlich hauptsächlich durch die
Menge und Verfügbarkeit von NahUXQJEHHLQÀXVVW$UUR\RHWDO
Wenn Prädationsverluste sich auf die
Höhe der Brutpopulation auswirken
sollten, würde man ein Absinken des
Bruterfolges erwarten. Tatsächlich
pendelte der Bruterfolg gemessen an
DXVJHÀRJHQHQ -XQJY|JHOQ SUR %UXWpaar in der Hellwegregion von 1993 bis
2013 um einen Mittelwert und nahm
in den letzten Jahren sogar tendenziell
zu (Illner unveröffentlicht). In den
beiden Untersuchungsjahren betrug der
mittlere Bruterfolg im Jahr 2012 1,5
DXVJHÀRJHQH-XQJY|JHOSUR%UXWSDDU
(N=26 Brutpaare) und im Jahr 2013 1,6
DXVJHÀRJHQH1 ,OOQHUDE
Hierbei muss berücksichtigt werden,
dass es sich um zwei mäusearme Jahre
handelte, in denen der Bruterfolg aus
Nahrungsmangel generell niedrig ist.
In den guten Mäusejahren 2007 und
2010 wurden in der Hellwegregion
erheblich höhere Reproduktionswerte
ermittelt (Illner 2008, 2011). Auch in
Mainfranken wurden mit durchschnittlich 1,8 Jungen pro angefangene Brut
im Jahr 2012 bzw. 1,4 im Jahr 2013
XQWHUGXUFKVFKQLWWOLFKH)RUWSÀDQ]XQJVraten erreicht (Pürckhauer 2013).
Der Einsatz von Schutzzäunen
hatte einen positiven Einfluss auf
ABU info 36-38 (2015)
25
In einem Fall wurde ein Mäusebussard als Prädator einer fast flüggen
Wiesenweihe im Nest nachgewiesen.
Durch den Einsatz der Nestkameras ließ sich die Art der eingetragenen
Beute meist gut bestimmen. Hier verfüttert das Weibchen eine Feldmaus, die
Hauptbeute von Wiesenweihen in der Hellwegregion.
Mit zunehmendem Alter der Jungvögel wird es eng im Nest. In diesem Alter
beginnen auch einzelne oder alle jungen Wiesenweihen sich zu Fuß aus dem
Nest zu entfernen und sich in der umliegenden Vegetation zu verstecken. Alle
fünf Jungvögel in diesem Nest bei Altengeseke flogen aus.
ABU info 36-38 (2015)
den Reproduktionserfolg. Jedoch ist
die Datengrundlage bisher zu klein,
um dazu sichere Aussagen treffen zu
können. Aber selbst wenn in jedem
Jahr alle Nester mit Schutzzäunen
umgeben würden, bedeutet dies nicht
automatisch, dass in den Folgejahren
auch mehr Paare zur Brut schreiten.
Durch eine stärkere Bejagung von
Prädatoren, insbesondere von Füchsen, ist ein positiver Effekt auf die
Wiesenweihen-Reproduktion nicht
sicher vorherzusagen. Eine Reduktion eines Spitzen-Prädators durch
den Menschen kann den Bestand der
jeweils untergeordneten Prädatoren
zunehmen lassen (Prugh et al. 2009).
Für die Hellwegregion ist z.B. denkbar,
dass durch verstärkten Abschuss von
Füchsen Wanderratten zunehmen, die
vor allem Gelege von Weihen vermehrt
plündern könnten. Auch könnte die
Dezimierung zu einer erhöhten Reproduktion des Fuchses führen, wodurch
der Nahrungsbedarf der verstärkt
reproduzierenden Fuchspopulation
und damit auch der „Prädationsdruck“
auf brütende Wiesenweihen in der
Brutperiode der Wiesenweihe sogar
zunehmen könnte.
Grundsätzlich ist festzuhalten,
dass ein guter, ausreichend großer
Lebensraum der beste Garant für hohe
Brutpaar-, Ei- und Jungenzahlen ist,
wodurch Prädationen nicht so stark
ins Gewicht fallen können. Der für die
Brutansiedlung unabdingbare offene
Steppencharakter der Hellwegregion
sollte deshalb erhalten bleiben, d.h.
Siedlungserweiterungen, Straßenneubau, Windenergieanlagen und andere
Formen des Freiflächenverbrauchs
sind hier weitestgehend zu vermeiden.
Auch der für brutwillige und jagende
Wiesenweihen ungeeignete, in der
Hellwegregion zunehmende Maisanbau müsste langfristig reguliert werden,
um den Lebensraum der Wiesenweihe
nicht weiter einzuschränken. Mit dem
Maisanbau könnte auch die Wildschweinpopulation zunehmen (wofür
es in der Hellwegregion Hinweise gibt),
was zu einer erhöhten Prädation von
Wiesenweihenbruten durch Schwarz-
Foto: M. Bunzel-Drüke
26
Weibliche Wiesenweihe
Reptilien und Großinsekten (Terraube
& Arroyo 2011). In den intensiv geQXW]WHQ)HOGÀXUHQGHU+HOOZHJE|UGH
sind aber die Bestände von Feldvögeln
VHLW -DKUHQ VWDUN UFNOlX¿J ,OOQHU
2008/2009, Joest & Illner 2013). Um
die Beutedichte zu erhöhen, müssten
JUR‰ÀlFKLJHXQGODQJIULVWLJJHVLFKHUWH
Nahrungshabitate geschaffen werden,
z.B. in Form von Dauerbrachen. In
Groningen wurden in den vergangenen
Jahren Brachestreifen angelegt, welche
von den Wiesenweihen intensiv genutzt
werden (Trierweiler 2010).
Die Detailbeschreibung der Prädationsereignisse befindet sich im
Downloadbereich der Website
(www.abu-naturschutz.de) unter
ABUinfo 2013-2015.
E-mail-Adresse der Autoren:
[email protected]
[email protected],
Literatur
$උඋඈඒඈ %( -7 *ൺඋർංൺ ๟ 9 %උൾඍൺ඀ඇඈඅඅൾ Conservation of the
Montagu´s harrier (Circus pygargus) in
agricultural areas. Animal Conservation
5: 283-290.
Foto: M. Bunzel-Drüke
wild führen könnte. In Brandenburg
sind vielerorts Wildschweine inzwischen das größte Problem für brütende
Wiesenweihen und deshalb werden dort
massive Schutzzäune verwendet (K.D. Gierach und S. Müller mündliche
Mitteilung).
Nahrung und deren Verfügbarkeit
sind vermutlich die Hauptgründe für
die Ansiedlung und Höhe der Fortpflanzungsrate von Wiesenweihen.
Bei geringer bzw. schlechter Beuteverfügbarkeit schreiten weniger Paare zur
Brut, und auch der Reproduktionserfolg
ist geringer (Arroyo et al. 2002). Bei
gutem Nahrungsangebot bilden sich
regelrechte Brut-Kolonien, in denen
GLH %UXWY|JHO LKUH 1HVWHU HI¿]LHQWHU
gegen Prädatoren verteidigen können
als Einzelpaare (Arroyo et al. 2004). In
den guten Mäusejahren 2007 und 2010
schritten deutlich mehr Wiesenweihen
zur Brut als in den mäusearmen Jahren;
auch die gute Nahrungserreichbarkeit
wirkte sich in diesen Jahren positiv auf
die Brutansiedlung aus (Illner 2008,
2011). In mäusearmen Jahren müssen
die Wiesenweihen vermehrt alternative Beutetiere jagen, dazu zählen vor
allem kleine Feldvögel (Singvögel),
Flügge Wiesenweihe
auf dem Haarstrang
bei Echtrop
$උඋඈඒඈ %( -7 *ൺඋർංൺ ๟ 9 %උൾඍൺ඀ඇඈඅඅൾ Circus pygargus Montagu´s Harrier. BWP Update 6: 41–55.
+ඟඋඍංඇ඀ & ๟ + ,අඅඇൾඋ Fotofallen am Nest im Dienst des Wiesenweihen-Schutzes. ABU info 33-35: 50-51.
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(Hrsg.), Bad Sassendorf-Lohne
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Landbau: eine Chance für gefährdete Feldvogelarten in der Hellwegbörde. ABUinfo
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Wiesenweihen und Rohrweihen in Mittelwestfalen – Jahresbericht 2012. Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz
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für Vogelschutz in Bayern e.V. (Hrsg.),
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7ൾඋඋൺඎൻൾ-๟%$උඋඈඒඈ Factors
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7උංൾඋඐൾංඅൾඋ& The annual cycle
of a migratory raptor, Montagu‘s harrier, in
a modern world. Doctoral thesis, University
of Groningen.
ABU info 36-38 (2015)
A1
Detailbeschreibungen der fotografisch
dokumentierten Prädationsereignisse an Nestern
der Wiesenweihe
Digitaler Anhang zu:
Härting, C. & H. Illner (2015): Kameraüberwachung von Nestern der Wiesenweihe Circus
pygargus zur Abschätzung des Einflusses von Prädatoren. ABUinfo 36-38: 14-26
D
ie einzelnen durch Nestkameras
dokumentierten Prädationsereignisse aus den Jahren 2012 und 2013
werden im Folgenden ausführlich
dargestellt. Die Beschreibung erfolgt
anhand der aufgenommenen Fotos,
ergänzt durch die Beobachtungen bei
den Nestkontrollen. Zuerst werden
jeweils die Beobachtungen detailliert,
möglichst nicht wertend, beschrieben, worauf eine Interpretation der
Geschehnisse erfolgt. Räumliche
Angaben zu den Aufnahmen der Nestkameras wie links und rechts sowie
vorderer und hinterer Nestbereich sind
immer von der Kameraperspektive aus
gesehen gemeint. Die Zeitangaben sind
einheitlich in der Mitteleuropäischen
(Winter-) Uhrzeit angegeben.
Nest Nr. 2012_03 (Merklingsen)
Am 26. Mai 2012 wurde die Fotofalle
ABU I vom Typ Moultrie von 11:45
bis 12:36 Uhr in einer Entfernung von
60 cm zum Nest aufgebaut, in dem
fünf Eier lagen. Die Fotofalle wurde
am 29. Mai von 11:37 bis 11:48 Uhr
freigeschnitten. Bei der Nestkontrolle
am 26. Juni wurden vier Jungvögel
sowie ein Ei mit einem 3 cm langen
Längsriss festgestellt. Bei der nächsten
Kontrolle am 12. Juli wurde nur noch
ein Jungvogel 0,3 m vom Nest entfernt
in westlicher Richtung vorgefunden.
Außerdem wurden im Nest sowie ca.
0,8 m vom Nest entfernt in südöstlicher
Richtung Blutkiele von Schwungfedern einer jungen Wiesenweihe gefunden. Das Roggenfeld war am 12. Juli
zu 2/3 ins Lager gegangen; auch im
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
Nestumfeld lagen bis auf einen Kranz
stehender Halme die meisten Halme am
Boden. Die Aufnahmen der Fotofalle
wurden im Zeitraum 26. Juni bis 12.
Juli auf Prädation hin durchgesehen.
Es gab drei Verlustereignisse:
A) 26. bis 30. Juni
Der Verlust des ersten Jungvogels trug
sich zwischen dem 26. Juni und dem
30. Juni zu. Auf den Aufnahmen vom
26. Juni sind um 18:57 Uhr noch vier
Jungvögel zu sehen. Die Kamera-Aufnahmen stoppten aufgrund fehlender
Stromversorgung am 27. Juni um 2:34
Uhr. Die nächste Aufnahme fand erst
wieder am 30. Juni um 5:27 Uhr statt.
Um 5:46 Uhr sind drei Jungvögel auf
den Fotos zu sehen. Die Ursache für
den Verlust kann nicht ermittelt werden.
B) 4. bis 5. Juli
Der Verlust des zweiten Jungvogels
ereignete sich zwischen dem 4. und 5.
Juli. Im Nest befanden sich am 4. Juli
11:40 Uhr zum Zeitpunkt einer Fütterung drei Jungvögel: ein im Vergleich
zu den Geschwistern deutlich kleineres
Nesthäkchen im Alter von ca. 14 Tagen
sowie zwei größere Jungvögel im Alter
von ca. 16 und 18 Tagen. Bei letzteren
beiden sind die geschlossenen bzw.
gerade aufbrechenden Blutkiele der
Schwungfedern erkennbar. Der dritte
Jungvogel ist das letzte Mal um 16:28
Uhr im vorderen Nestbereich zu sehen,
anschließend nicht mehr. Bei späteren
Fütterungen am 4. Juli (17:02, 18:29,
18:56, 19:14 Uhr) sind nur noch zwei
Jungvögel zu sehen: das Nesthäkchen
sowie der älteste Jungvogel. Das Wiesenweihen-Weibchen huderte 20:46
Uhr ebenfalls nur zwei Jungvögel: das
Nesthäkchen sowie den Ältesten. Die
Aufnahmen in der Nacht vom 4. auf den
5. Juli haben nichts Ungewöhnliches
aufgezeichnet. Am Morgen des 5. Juli
sind um 6:15 Uhr wieder nur die zwei
Jungvögel zu sehen, die am Abend vom
Wiesenweihen-Weibchen gehudert
werden. Die Aufnahmen um 6:14/15
Uhr zeigen das Weibchen, wie es den
Kopf am vorderen Nestrand hebt und
senkt (Beute ist nicht zu erkennen). Es
schaut sich 10:24 Uhr diesen Bereich
wieder an. Fütterungen mit neu eingetragener Beute erfolgten am 5. Juli
9:01, 9:54, 10:23, 10:39 und 10:49 Uhr.
Ab 10:50 Uhr zeigen die Aufnahmen,
wie das Weibchen zunächst den Kopf
wieder am vorderen Nestrand hebt und
senkt: um 10:51, 10:52 und 10:55 Uhr
hält es etwas im Schnabel, was es dann
zu fressen scheint. Um 11:01 Uhr verlässt das Weibchen das Nest. Um 11:04
Uhr ist es ohne Beute im Nest, auf der
nächsten Aufnahme hat das Weibchen
im vorderen Nestbereich einen hellen
Vogel in Drosselgröße in den Fängen
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Größe sowie die Blutkiele lassen darauf
schließen, dass es sich um den zweitältesten Jungvogel der Wiesenweihe
handelt, welcher seit dem Vortag nicht
mehr auf den Aufnahmen zu sehen war.
Der Vogel wird gerupft und Teile von
ihm an die Jungvögel verfüttert. Um
11:10 Uhr hat das Weibchen das Nest
verlassen. Das Wiesenweihen-Männchen hält sich ab 11:12 Uhr an dem
gerupften Jungvogel im Nest auf, hebt
und senkt den Kopf, füttert aber nicht
seine Jungvögel mit dieser Beute. Um
11:21 Uhr ist das Männchen nicht mehr
im Nest; es hat die angefressene junge
Wiesenweihe im vorderen Nestbereich
A2
zurückgelassen. In den Zeiträumen
12:47-59, 13:57-14:07, 14:14-20,
14:24/25, 14:36-40, 15:13-20 (mit
zusätzlicher Vogelbeute) sowie 17:4218:16 Uhr zeigen die Aufnahmen,
wie das Weibchen die tote junge Wiesenweihe an die Jungvögel verfüttert
(Abbildung 2). Um 18:23 sowie 18:59
Uhr entfernt das Weibchen die Reste
GHV YHUIWWHUWHQ -XQJYRJHOV ÀLHJHQG
aus dem Nest. Um 20:36 Uhr trägt das
Weibchen neue Beute ein, die allerdings
nicht verfüttert, sondern zunächst in
der linken Nesthälfte abgelegt wird;
XP8KUÀLHJWGDV:HLEFKHQPLW
der Beute wieder aus dem Nest heraus.
Die beiden Jungvögel haben zu keiner
Zeit versucht, die Beute selbst zu rupfen
oder zu fressen.
C) 10. Juli
Im Nest befanden sich zwei Jungvögel. Die Aufnahme um 8:30 Uhr zeigt
das Nesthäkchen im Dunenkleid mit
gerade aufbrechenden Schwungfederkielen im Alter von ca. 20 Tagen
sowie das deutlich weiter entwickelte
Nestgeschwister, welches zum Großteil
VFKRQ EH¿HGHUW LVW XQG FD 7DJH
alt ist. Beide Jungvögel erkunden die
Umgebung des Nestes; ab 10:26 Uhr
ist das Nesthäkchen nicht mehr im
Nest zu sehen. Das letzte Mal ist es um
12:21 Uhr links vom Nest im Getreide
zu erahnen, danach ist es auf keiner
Aufnahme ab 12:04 Uhr mehr zu sehen.
Interpretation der Beobachtungen
Die Fundumstände am 12. Juli deuteten
zunächst auf eine Prädation hin. Durch
Abbildung 1: Ein Wiesenweihen-Weibchen mit drosselgroßem Beutetier in den
Fängen.
die Aufnahmen der Fotofalle kann dies
teilweise ausgeschlossen werden. Beim
Verlustereignis A) ist eine Prädation
unwahrscheinlich. Die Jungvögel liefen noch nicht im Umfeld des Nestes
herum, sondern hielten sich im Nest
selber auf. Es ist sehr unwahrscheinlich,
dass ein Beutegreifer nur einen der
Jungvögel erbeutet, wenn die anderen
direkt daneben liegen. Hier ist es wahrscheinlicher, dass der Jungvogel aus
einem unbekannten Grund verstarb und
verfüttert wurde. Beim Verlustereignis
B) ist eine unbekannte Verlustursache
außer Prädation oder Verhungern aus
Nahrungsmangel anzunehmen. Die
genaue Todesursache des Jungvogels
ist unbekannt. Nahrungsmangel ist
als Todesursache auszuschließen,
weil am beschriebenen Tag mehrere
Beuteeinträge stattfanden und weil es
sich nicht um das Nesthäkchen (was
bei Nahrungsmangel normalerweise
zuerst verhungert), sondern um einen
älteren Jungvogel handelte. Beim Verlustereignis C) waren die Jungvögel in
einem Alter, in welchem sie sich schon
im Umfeld des Nestes bewegen können.
Nach einem dieser Erkundungsgänge
kehrte nur ein Jungvogel zurück. Der
zweite Jungvogel kehrte nicht wieder zurück und sein Verbleib blieb
ungeklärt. Dieser Vorfall würde am
ehesten für eine Prädation sprechen,
die möglicherweise durch die Lagerbildung von Getreide begünstigt wurde.
Der Jungvogel könnte im Umfeld des
Nestes erbeutet worden sein, während
der andere Jungvogel in einigen Metern
Entfernung unentdeckt blieb. Nicht
ganz auszuschließen ist auch eine andere natürliche Todesursache, worauf
der Jungvogel verfüttert worden sein
könnte. Allerdings zeigen die Aufnahmen einen solchen Vorgang nicht.
Nest Nr. 2012_08 (Neuengeseke)
Abbildung 2: Das Weibchen verfüttert das nur wenige Stunden tote Jungtier an
die Nestgeschwister. Deutlich zu erkennen sind die aus den Kielen brechenden
braunen Federn, welche den Vogel als junge Wiesenweihe kennzeichnen.
Am Nest 2012_08 wurde am 28. Mai
2012 die Fotofalle ABU III vom Typ
Moultrie im Zeitraum 13:24-14:03 Uhr
aufgebaut. Der Abstand der Fotofalle
zum Nest betrug 50 cm. Das Gelege
bestand aus drei Eiern. Aufgrund
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
A3
mehrerer Fehlfunktionen wurde die
Fotofalle am 15. Juli durch das Kameramodell Reconyx ersetzt. Aufgrund
GLHVHV:HFKVHOVXQG]XQlFKVWKlX¿JHU
Funktionskontrollen der Kamera entstand notgedrungen ein relativ breiter
Fußgang bis kurz vor das Nest. Um das
Nest war allerdings noch ein geschlossener Kranz von Getreide vorhanden.
Bei der Kontrolle am 1. Juli wurden vier
Jungvögel festgestellt, der jüngste war
zwei Tage alt. Bei der Kontrolle am 10.
Juli wurde das Nest leer vorgefunden.
Das Nestumfeld wurde dann nach
Prädations-Spuren abgesucht, ohne
Erfolg. Die Aufnahmen der Fotofalle
wurden für den Zeitraum 1. bis 10. Juli
durchgesehen. Die Prädation ereignete
sich in der Nacht des 4. Juli. Die vier
Jungvögel waren zu diesem Zeitpunkt
fünf bis elf Tage alt. Die Aufnahmen um
23:38/39 Uhr zeigen das Wiesenweihen
Weibchen mit ausgestrecktem Kopf
in eine bestimmte Richtung schauend
(Abbildung 3). Die Aufnahme von
23:39 Uhr zeigt das Weibchen zum
letzten Mal im Nest. Die nächste Aufnahme um 23:42 Uhr zeigt im linken
Bildbereich einen der vier Jungvögel
mit geöffnetem Schnabel, im rechten
Bildbereich schaut ca. 0,5 m vom Nest
ein Auge von einem größeren Säugetier
durch die Gerstenhalme, mit dem Kopf
in etwa in Richtung des Nestes (Abbildung 4). Die folgende Aufnahme zeigt
ein leeres Nest. Weitere Bilder wurden
von dem sich näherndem Säugetier
nicht aufgenommen, da der voreingestellte Zeitabstand von 15 Sekunden
zwischen den Aufnahmen offenbar zu
lang für die kurze Anwesenheit des Säugetieres in Nestnähe war. Die vier Jung-
vögel müssen also innerhalb von 15
Sekunden mitgenommen worden sein.
'LH,GHQWL¿]LHUXQJGHV6lXJHWLHUHVDXI
dem Foto als Rotfuchs (Vulpes vulpes)
erfolgte unabhängig voneinander durch
M. Bunzel-Drüke, O. Zimball und H.
Illner. Die Aufnahmen der folgenden
Tage zeigen kein Zurückkehren des
Wiesenweihen-Paares in das Nest.
Interpretation der Beobachtungen
Die Prädation durch einen Fuchs ist
eindeutig. In diesem Fall wurde die
Prädation vielleicht durch den relativ
breiten, durch die Beobachter verursachten Pfad erhöht. Der Rotfuchs wurde
dadurch möglicherweise zum Nest
geleitet. Gegen diese Interpretation
spricht allerdings die Tatsache, dass
der Rotfuchs nicht am Standort der
Fotofalle, zu welcher der Pfad führte,
im Bild auftauchte, sondern weiter von
der Fotofalle und dem Pfad entfernt auf
der gegenüberliegenden Seite, wo sich
die nächste Fahrgasse zum Nest befand.
Nest Nr. 2012_12 (Lohner
Warte) mit Zaun
Abbildung 3: Wiesenweihen-Weibchen steht nachts aufrecht im Nest und schaut
sich um. Anschließend verlässt es das Nest.
Abbildung 4: Wenige Minuten später lässt sich im rechten Bildbereich der Kopf
eines Rotfuchses in Umrissen erkennen. Der Fuchs muss das Nest betreten haben
und sich direkt den Jungvogel (Bildmitte unten) gepackt und weggetragen haben,
da nachfolgend keine durch Bewegung ausgelöste Aufnahmen stattfanden.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
Die Fotofalle vom Typ Plotwatcher
wurde am Nest 2012_12 am 1. Juni von
9:00 bis 9:08 Uhr in einer Entfernung
von 50 cm zum Nest aufgestellt, in dem
vier Eier lagen. Am 7. Juni wurde die
Kamera von 9:01 bis 9:14 Uhr freigeschnitten, als das Gelege weiterhin aus
vier Eiern bestand. Bei der Kontrolle
am 15. Juni war ein Jungvogel frisch
geschlüpft. Am 21. Juni um 11:45 Uhr
wurde das Wiesenweihen-Weibchen
zunächst in Höhe des Nestes am WegUDQGVLW]HQGEHREDFKWHWHVÀRJDXIÀRJ
MHGRFK QLFKW ]XP 1HVW VRQGHUQ ÀRJ
in rund 150 m Entfernung zum Nest
umher. Bei der unmittelbar folgenden
Nestkontrolle wurde ein leeres Nest
vorgefunden. Im Nest lag neben einer
Eischalenhälfte mit einem gezackten
Rand auch Kot mit Kirschkernen. Die
Kotballengröße entsprach der eines
Rotfuchses, hätte aber auch von einem
Waschbär stammen können (Mitteilung
H. Vierhaus). Eine frische Gangspur
eines Menschen führte von der Fahrgasse direkt zum Nest und von dort aus zur
A4
nächsten parallel verlaufenden Fahrgasse, die nicht von uns stammte. In
der Gangspur war ein Schuhabdruck zu
erahnen. Die Aufnahmen der Fotofalle
wurden für den Zeitraum vom 15. bis
21. Juni durchgesehen. Die Prädation
ereignete sich am 20. Juni tagsüber.
Um 7:19 Uhr zeigen die Aufnahmen,
wie das Wiesenweihen-Weibchen
durchnässt im Nest sitzt. Die nächste
Aufnahme um 7:19 Uhr zeigt das Nest
ohne Weibchen, mit einem Jungvogel
im Alter von vier Tagen und einem
Ei inmitten des Nestes sowie einem
weiteren Jungvogel im Alter von
zwei Tagen am hinteren Nestrand. Ein
dritter Jungvogel, welcher am Vortag
noch im Nest war, ist nicht zu sehen,
vermutlich sitzt er für die Kamera
unsichtbar am hinteren Nestrand. Die
Aufnahme um 7:21 Uhr zeigt die Beine
eines durchnässten rot-braun-grauen
Säugetiers im Nest (Abbildung 5). Die
folgenden Aufnahmen zeigen wie sich
das Tier zum hinteren Nestrand bewegt.
Die Aufnahme um 7:22 Uhr zeigt den
Kopf sowie die spitzen Ohren eines
Rotfuchses im rechten Nestbereich.
7:24 Uhr zeigt sich nun der Rotfuchs
in frontaler Ansicht (Abbildung 6). Im
Nest ist ein in zwei Hälften zerteiltes
Ei aber kein Jungvogel mehr zu sehen.
Auf den nächsten beiden Aufnahmen
hockt der Fuchs sich ins Nest und
kotet dort hinein. Auf der nächsten
Aufnahme ist der Rotfuchs nicht im
Nest zu sehen. Um 7:25 Uhr steht er
am linken Nestrand und ist auf den
folgenden Aufnahmen nicht mehr zu
sehen. Der Fuchs zeigt auf den Auf-
nahmen einen intakten Schwanz, was
nach Aussage von H. Vierhaus dagegen
spricht, dass es sich um eine Fähe mit
Jungen handelt, die gewöhnlich die
Schwanzhaare der Mutter zum großen
Teil spielerisch ausreißen. Das Wiesenweihen-Weibchen steht um 7:29 Uhr
im Nest und setzt sich um 7:29 Uhr
auf die Eischalen. Regentropfen fallen
YRPGXUFKQlVVWHQ*H¿HGHU'LH$XInahmen von 8:38 Uhr zeigen, wie das
Weibchen im Nest steht, die Eischalen
bewegt und sich anschließend wieder
auf eine Eischale setzt. Das Weibchen
steht um 8:47 Uhr über einer Eischale
und beäugt diese, um 8:48 Uhr ist keine
Weihe mehr im Nest zu sehen. Um 8:59
Uhr steht das Weibchen erneut im Nest,
betrachtet auf der nächsten Aufnahme
die Eischale und steht dann im Nest.
Regentropfen laufen wieder vom
GXUFKQlVVWHQ *H¿HGHU KHUXQWHU $E
14:14 Uhr ist das Weibchen nicht mehr
im Nest. Am 23. Juni um 16:41 Uhr
steht ein Wiesenweihen-Männchen im
Nest; die auffällige, individuelle Färbung der Flügeloberseite kennzeichnet
ihn als das Wochen zuvor beobachtete
Männchen dieses Brutpaares. Es trägt
Beute ein und lässt es zunächst im Nest
liegen, bis sie ab 17:52 Uhr im Nest
verzehrt wird.
Interpretation der Beobachtungen
Abbildung 5: Der Beutegreifer ist im Nest, zunächst sind nur die rot-braunen
Beine eines durchnässten Säugetieres zu erkennen.
Obwohl an diesem Nest ein Schutzzaun
stand, wurde die Brut vom Fuchs ausgenommen. Sehr wahrscheinlich wurde
die Prädation durch die breite Gangspur
zum Nest (mit-)verursacht, durch die
der Rotfuchs direkt zum Nest geführt
worden sein könnte. Außerdem hatte
er dadurch einen freien Absprungplatz,
um ins Nest zu springen. Dass er diesen
plattgetretenen Platz zum Abspringen
genutzt hat, ist sehr wahrscheinlich,
da der Fuchs zum ersten Mal auf den
Aufnahmen der Fotofalle an dieser
Stelle erschien. Interessant ist hierbei,
dass das Wiesenweihen-Weibchen in
das prädierte Nest zurückkehrte und
sich dort eine Zeitlang aufhielt.
Abbildung 6: Auf den nächsten Aufnahmen zeigt sich der Prädator in
Frontalansicht: Ein Rotfuchs. Vor seinen Füßen liegen im Nest zwei
Eischalenhälften.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
A5
Nest Nr. 2012_25 B (Thüler
Feld) ohne Zaun
Bei dem Nest 2012_25 B handelt es sich
um eine späte Ersatzbrut eines Paares in
einem relativ wenig dicht gewachsenen
Weizenschlag, welches zuvor ca. 200
m entfernt brütete, aber das Nest mit
sechs Eiern aus unbekannten Gründen
verlassen hatte. Die Fotofalle ABU I
vom Typ Moultrie wurde am 20. Juli
von 13:10 bis 13:30 Uhr in einer Entfernung von 60 cm zum Nest aufgebaut,
wo sich zwei größere Jungvögel im
Alter von ca. sieben und neun Tagen
sowie ein kleineres Nesthäkchen im
Alter von ca. fünf Tagen befanden.
Beim Kamera-Freischnitt am 23. Juli
von 14:05 wurde ein Jungvogel tot im
Nest vorgefunden; der Hals war durchgebissen, der Schädel geöffnet, der
Schulterbereich angefressen und es gab
Bisswunden am rechten Oberschenkel.
Ein zweiter Jungvogel lag 1 m vom Nest
entfernt in östlicher Richtung tot im Getreide. Bei ihm konnten Bisswunden im
Schulterbereich, Blut im Rachen sowie
Bissmarken am linken Bein festgestellt
werden. Ein dritter Jungvogel wurde
nicht gefunden. Die Aufnahmen der
Fotofalle wurden im Zeitfenster vom
Aufstellen bis zum Freischnitt der
Kamera durchgesehen. Die Kamera
war noch nicht freigeschnitten und
nicht optimal ausgerichtet, somit war
der Aufnahmebereich nicht optimal
auf das Nest ausgerichtet. Das im Nest
stehende Wiesenweihen-Weibchen
Abbildung 7: Das Wiesenweihen-Weibchen steht aufrecht mit ausgebreiteten
Flügeln im Nest. Auf der Folgeaufnahme ist es nicht mehr im Nest zu sehen.
Links vom Weibchen ist der weiße Kopf eines Jungvogels zu erkennen.
Abbildung 8: Eine Aufnahme wenige Minuten später zeigt einen Rotfuchs,
der frontal in die Nestkamera schaut und sich in Richtung zum Nest mit den
Jungvögeln bewegt.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
sowie die Köpfe der Jungvögel sind
zu erkennen.
Der Verlust ereignete sich am 22.
Juli tagsüber. Die Aufnahmen um
9:26 Uhr zeigen zunächst das Wiesenweihen-Weibchen aufrecht im Nest
stehend, dann steht es mit aufgestellten
Flügeln im Nest (Abbildung 7), dabei
sieht man links vom Weibchen den
Kopf eines Jungvogels, anschließend
hat das Weibchen das Nest verlassen
und der Kopf eines Jungvogels ist
zu sehen. Die folgenden Aufnahmen
um 9:27 Uhr zeigen zunächst das
rötlich-braune Fell eines Säugetieres
im Nestbereich am unteren Bildrand
sowie zum letzten Mal den Kopf
eines Jungvogels. Auf den Aufnahmen
um 9:27 Uhr erkennt man von dem
Säugetier schwarze Ohren, um 9:29
Uhr schaut ein Rotfuchs frontal in
die Kamera (Abbildung 8). Auf den
folgenden Aufnahmen steht der Fuchs
im Nest, schaut dann nach rechts und
verschwindet nach rechts. Um 9:30 Uhr
steht er wieder im Nest und senkt mit
gespitzten Ohren den Kopf zu Boden.
Um 9:31 Uhr schaut er mit aufrechtem
Kopf nach links, dann wieder auf den
Boden und dann nochmals mit aufrechtem Kopf nach links. Um 9:32 Uhr
senkt er wieder den Kopf zu Boden.
Bei den Aufnahmen um 9:33 Uhr hält
sich der Rotfuchs genau im Bereich vor
der Fotofalle auf, ebenfalls den Kopf
zu Boden gesenkt und verschwindet
dann aus dem Blick. Um 9:36 Uhr ist er
letztmals auf einer Aufnahme im Nest
zu sehen. Um 11:29 Uhr hält sich das
Wiesenweihen-Weibchen im Nest auf.
Es steht im Nest, hält zunächst den Kopf
zum Boden gerichtet und schaut sich
dann mit aufrechtem Kopf das Umfeld
an. Bis 12:01 Uhr ist es im Nest. Das
Wiesenweihen-Männchen ist um 13:54
Uhr wieder im Nest, es senkt den Kopf
zu Boden, hält sich für eine Minute
dort auf und verlässt das Nest wieder.
Auf der folgenden Aufnahme steht das
Wiesenweihen-Weibchen im Nest, es
schaut sich die Umgebung an und senkt
auf einigen Aufnahmen ebenfalls den
Kopf zu Boden. Um 14:20 Uhr hat es
das Nest verlassen.
A6
Von 17:48-57 Uhr hält sich das
Wiesenweihen-Weibchen wieder im
Nest auf. Es hebt und senkt den Kopf
über einer zentralen Stelle im Nest. Von
19:12 bis 19:21 Uhr sowie von 19:40
bis 19:45 Uhr hält sich das Wiesenweihen-Männchen im Nest auf. Es hebt und
senkt den Kopf ebenfalls über einer
zentralen Stelle im Nest. Von 19:21
bis 19:25 Uhr ist das Wiesenweihen
Weibchen im Nest, hebt und senkt den
Kopf wie zuvor beschrieben. Auf einer
Aufnahme um 19:23 Uhr sieht man,
wie das Weibchen ein Stück Fleisch
im Schnabel hält.
Interpretation der Beobachtungen
Dieser Verlust wurde bei der Nestkontrolle am 23. Juli als Prädation durch
ein größeres Säugetier (Marderartige)
eingeschätzt. Die Aufnahmen der Fotofalle bestätigen im Prinzip diese Aussage. Interessant ist bei dieser Prädation,
dass man auf der Aufnahme um 9:26
Uhr ein Drohverhalten des Wiesenweihen-Weibchens sieht. Es scheint kurz
vor dem Zugriff schon zu merken, dass
sich ein Feind im Umfeld des Nestes
aufhält. Ebenfalls bemerkenswert ist
die Rückkehr des Weibchens in das
prädierte Nest. Der Rotfuchs hat zwei
Jungvögel totgebissen zurückgelassen;
den dritten Jungvogel hat er vermutlich
dort gefressen oder mitgenommen. Das
Nest wurde mit einem totgebissenen
Jungvogel als Versuchsnest Nr. 25 B
weiter mit einer Fotofalle überwacht.
Ein Beutegreifer tauchte jedoch nicht
(wieder) auf.
Nest Nr. 2013_04 A (Paradiese) mit Zaun
Das Nest 2013_04 A war das Nest mit
dem frühestens Legebeginn im Jahr
2013. Die Fotofalle ABU II vom Typ
Moultrie sowie ein Drahtzaun wurden am 19. Mai von 13:38 bis 14:13
Uhr aufgestellt. Der Abstand von der
Fotofalle zum Nest betrug 40 cm. Im
Nest befanden sich drei Eier. Am 21.
Mai wurde die Fotofalle im Zeitraum
von 9:21-43 Uhr freigeschnitten. Das
Gelege bestand zu diesem Zeitpunkt
aus vier Eiern. Bei der nächsten Kontrolle am 31. Mai von 16:38 bis 17:20
Uhr wurde das Nest ohne Weibchen
vorgefunden. Im Nest befanden sich
zwei intakte Eier sowie im Nest
und Randbereich des Nests mehrere
Eischalenstücke einer Größe von 1
bis 2 cm. Das Nestumfeld wurde dann
nach eventuell vorhandenen Spuren
abgesucht, ohne Erfolg. Anschließend
wurden Zaun und Kamera abgebaut.
Die aufgenommenen Fotos wurden
für den Zeitraum 21. Mai bis 31. Mai
durchgesehen. Die Fotofalle war noch
nicht optimal auf den Nestbereich ausgerichtet, so dass das Nest etwas unterhalb vom Aufnahmebereich lag, so dass
nur Kopf, Flügel und Schwanzfedern
des Weibchens zu sehen sind. Das
Weibchen bebrütet bis zum Morgen des
27. Mai das Gelege, ab 7:41 Uhr steht
das Weibchen im Nest und beobachtet
von verschiedenen Positionen aus die
Umgebung des Nestes, die Augen sind
nicht gegen den Himmel gerichtet, sondern auf das direkte horizontale Umfeld
im Getreide. Um 7:44 Uhr verlässt das
Weibchen das Nest und kehrt um 9:30
Uhr für eine Minute zum Nest zurück;
es steht im Nest und setzt sich nicht
zur Bebrütung hin. Von 11:33-59 Uhr
hält sich das Weibchen im Nest auf,
bearbeitet zunächst mit dem Schnabel
einige Getreidehalme und setzt sich
aufs Nest. 13:21-38 Uhr sowie 14:5215:44 Uhr hält sich das Weibchen
stehend im Nest auf und beobachtet
die Umgebung sowohl horizontal als
auch vertikal. Aufs Nest setzt es sich
nicht. Ab 15:44 Uhr ist es auf keiner
Aufnahme mehr zu sehen.
Interpretation der Beobachtungen
Trotz des Schutzzaunes wurden Eier
in diesem Nest in der frühen Eiphase
prädiert. Die Art des Beutegreifers
ließ sich nicht bestimmen, weil die
Fotofalle (noch) nicht exakt auf den
Nestbereich ausgerichtet war. Jedoch
kann ein größeres Säugetier (Rotfuchs,
Waschbär) oder ein Vogel als Prädator
ausgeschlossen werden, da sie aufgrund ihrer Größe auf den Aufnahmen
der Fotofalle zu sehen sein müssten.
Vermutlich war ein kleines Säugetier
(z.B. Hermelin, Wanderratte) der Verursacher der Eiverluste. Dafür spricht
auch, dass zwei Eier nicht angefressen
wurden. Auch hier kehrte das Weibchen
anfangs nach dem Prädationsereignis
in das prädierte Nest zurück, bebrütete
die verbliebenen Eier aber nicht mehr.
Nest Nr. 2013_06 (Robringhausen)
Am 22. Mai wurde von 16:25 bis
16:33 Uhr die Fotofalle Reconyx in
einer Entfernung von 50 cm zum Nest
aufgestellt, in dem ein Ei lag. Am 27.
Mai erfolgte von 14:51 bis 14:54 Uhr
der Freischnitt der Kamera. Das Gelege
bestand zu diesem Zeitpunkt aus drei
Eiern. Am 3. Juni wurde die vorhandene
Fotofalle durch die Fotofalle Moultrie
mit Kennung ABU III von 11:00 bis
11:11 Uhr ersetzt. Am 6. Juni von 9:33
bis 9:45 Uhr fand nochmals ein Tausch
durch die Fotofalle mit Kennung ABU
IV statt. Aufgrund von Lagergetreidebildung musste die Fotofalle freigeschnitten werden. Um das Nest herum
steht noch ein Kranz aus Halmen mit abgeschnittenen Ähren. Zwei Jungvögel
sind geschlüpft. Am 18. Juli wurde das
Nest zur Beringung aufgesucht, jedoch
konnten nur noch Reste (Federn und
ein Skelett) eines Jungvogels im Nest
sowie Federn des zweiten Jungvogels
am äußeren Rand des Getreidekranzes
gefunden werden. Das Nestumfeld
wurde nach vorhandenen weiteren
Prädations-Spuren abgesucht, ohne
Erfolg. Ein deutlicher Durchlass oder
6FKOXSÀRFKGXUFKGHQ*HWUHLGHNUDQ]
um das Nest wurde nicht festgestellt.
Die aufgenommenen Bilder der Fotofalle wurden im Zeitraum vom 12.
Juli (letzte Kontrolle, als noch beide
Jungvögel sowie ein Ei im Nest waren)
bis 18. Juli durchgesehen. Fütterungen
durch das Wiesenweihen-Weibchen
erfolgten am 17. Juli um 8:22 Uhr und
10:29 Uhr. Die Prädation ereignete sich
vier Stunden nach der letzten Fütterung:
Mehrere Bilder um 14:29/30 Uhr zeigen, wie die beiden Jungvögel im Alter
von ca. 25 und 27 Tagen im Horst stehen
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
A7
und nach oben schauen (Abbildung 9).
Um 14:30 Uhr ist im linken Bilddrittel
eine Verdunklung bzw. ein Schatten
zu erkennen; beide Jungvögel stehen
in der rechten Nesthälfte und schauen
nach rechts oben. Der Jungvogel im
Bildvordergrund sperrt den Schnabel
auf und hebt den hinteren Flügel. Auf
der nächsten Aufnahme sieht man einen Mäusebussard (Buteo buteo) mit
Abbildung 9: Die beiden Jungvögel stehen im Nest und schauen nach oben. Im
nächsten Moment erscheint ein Schatten und …
Abbildung 10: … ein Mäusebussard steht mit leicht angehobenen Flügeln im
Nest, unter ihm ein Jungvogel, rechts im Nestvordergrund der zweite Jungvogel.
Abbildung 11: Der Mäusebussard frisst an dem Jungvogel. Der zweite Jungvogel
hat sich aus dem Nestbereich entfernt und wurde offenbar anschließend
außerhalb des Kamera-Aufnahmebereichs erbeutet, wie spätere Funde von
Rupfungsfedern zeigten.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
leicht angehobenen Flügeln im Horst
sitzen, ein Jungvogel ist unter dem
Mäusebussard, der andere verharrt
mit abgestellten Flügeln im rechten
Bildvordergrund (Abbildung 10). Die
folgenden Bilder zeigen, dass der
Bussard und der gegriffene Jungvogel
mehrmals ihre Position verändern. Um
14:32 Uhr beginnt der Mäusebussard
nun mit angelegten Flügeln den Jungvogel mit dem Schnabel zu bearbeiten;
die Aufnahmen zeigen den Bussard,
wie er den Kopf in verschiedenen
Höhen über dem Jungvogel hält. Ein
Bild zeigt, wie er nach oben schaut.
Wie der Bussard den Jungvogel genau
bearbeitet/frisst ist auf den Bildern
nicht zu sehen, weil der andere Jungvogel nun mit angelegten Flügeln im
rechten Bildbereich verharrt und so den
Blick versperrt. Um 14:37 Uhr steht der
Bussard mit dem erbeuteten Jungvogel
im rechten Bildbereich, und der noch
nicht erbeutete Jungvogel ist im linken
Bildteil zu sehen. Nun ist direkte Blick
auf das weitere Prädationsgeschehen
frei. Der Mäusebussard hebt und senkt
mehrmals den Kopf und hat einzelne
Dunenfedern am Schnabel hängen.
14:39 Uhr schaut der Bussard auf
mehreren Bildern nach oben und hebt
auch in einem Fall leicht die Flügel an.
Die folgenden Aufnahmen zeigen, dass
er Fleischstücke vom erbeuteten Jungvogel im Schnabel hat. Ab 14:46 Uhr
zeigen die Aufnahmen, dass der nicht
erbeute Jungvogel sich aus dem linken
Bildbereich über den Vordergrund
wegbewegt, ab 14:48 Uhr ist er aus
dem Aufnahmebereich verschwunden
(Abbildung 11). Der Mäusebussard
frisst weiter vom erbeuteten Jungvogel und schaut mehrmals zwischen
14:53 und 15:01 Uhr sowie 15:13-17,
15:21, 15:24, 15:32/33 Uhr nach oben.
Das letzte Mal ist der Mäusebussard
um 14:33 Uhr auf den Beuteresten
stehend (der Flügel, Federn und das
Skelett sind zu erkennen) zu sehen.
Bis zur Nestkontrolle am 18. Juli sind
keine weiteren Aktivitäten im Nest zu
erkennen. Den Verbleib des zweiten
Jungvogels geben die Aufnahmen der
Fotofalle nicht wieder.
A8
Interpretation der Beobachtungen
Die Prädation eines Jungvogels durch
den Mäusebussard ist belegt. Der
spätere Fund der Rupfung des zweiten
Jungvogels unweit des Nestes deutet
daraufhin, dass derselbe Mäusebussard auch den zweiten Jungvogel
noch erbeutet und anschließend abtransportiert hat. Die Prädation durch
den Mäusebussard wurde vermutlich
durch die fast freie Sicht auf das Nest
infolge der Lagerbildung des Getreides mitverursacht. Rund ein Drittel
des Getreidebestandes war ins Lager
gegangen, besonders im Radius von
3 m um das Nest herum, wo 3/4 des
*HWUHLGHVÀDFKODJ8PGDV1HVWKHUXP
stand nur noch ein schmaler Kranz
von Getreidehalmen. Auch die nur
70 m vom Nest entfernte Baumhecke
könnte mitverursachend gewesen sein,
weil sie eine geeignete Ansitzwarte
darstellte. Der Mäusebussard könnte
in der Baumhecke gesessen und von
dort die Jungen gesehen haben. Dass
er durch eine vorherige Jungenfütterung auf das Nest aufmerksam wurde,
ist unwahrscheinlich, da die letzten
zwei Fütterungen der Jungvögel mehrere Stunden vorher am Vormittag
stattfanden. Wiesenweihen ruhen an
heißen Mittagen bzw. Nachmittagen
(zum Zeitpunkt der Prädation war es
im Nestbereich 33°C warm), wenn die
Jungen keinen hohen Nahrungsbedarf
haben. Die beiden Jungen dieses
Nestes waren in einem Alter, in dem
sie nur noch wenig Nahrung benötigen, weil das Höchstgewicht erreicht
war, wonach die Jungen wieder etwas
Abbildung 12: Zwei Jungvögel schauen das Weibchen an, das auf dem leblos
wirkenden dritten Jungvogel steht. Der leblos daliegende Jungvogel ist deutlich
kleiner als die beiden stehenden Nestgeschwister.
Abbildung 13: Innerhalb kurzer Zeit ist der vermutlich schon gestorbene Jungvogel an die Nestgeschwister vom Weibchen (mit Flügelmarke) verfüttert worden.
leichter werden, um bei den ersten
Flugversuchen leichter abheben zu
können. Die Umstände sprechen dafür,
dass beide Elternvögel zumindest zu
Anfang der Prädation nicht anwesend
waren. Etwa zehn Minuten nach dem
Zugriff des Bussards ist auf mehreren
Aufnahmen zu sehen, wie er nach oben
schaut. Das könnte bedeuten, dass ein
Elternvogel oder ein anderer Greifvogel
(Nahrungskonkurrent?) aufgetaucht
ist, der womöglich Warn- und/oder
Angriffsverhalten zeigt.
Nest Nr. 2013_09 (Langeneicke) mit Zaun
An diesem Nest wurde die Fotofalle
ABU III vom Typ Moultrie am 17. Juli
von 17:30 bis 17:45 Uhr in einer Entfernung von 40 cm zum Nest aufgestellt,
wo sich drei Jungvögel im Alter von
vier bis acht Tagen befanden. Bei der
Beringung am 3. August konnte nur ein
Jungvogel beringt werden, von einem
weiteren fanden sich nur noch einige
Federn mit Kielen. Das Nestumfeld
wurde nach Prädationsspuren abgesucht, ohne Erfolg. Die Aufnahmen
der Kamera wurden im gesamten Aufnahmezeitraum nach Hinweisen auf die
Ursache für den Verlust durchgesehen.
Es ergaben sich zwei Verlustereignisse
durch das Wiesenweihen-Weibchen:
A) 20. Juli
Auf der Aufnahme vom 19. Juli um
16:37 Uhr sieht man deutliche Größenunterschiede zwischen den drei
Jungvögeln. Bei den Fütterungen am
20. Juli um 6:39 Uhr, 10:08 Uhr und
11:03 Uhr werden die beiden älteren
Jungvögel gefüttert, das Nesthäkchen
bekommt nichts und reagiert nicht auf
das Beute eintragende Weibchen. Während die älteren Jungvögel mehrfach
am Tag ihre Positionen ändern, den
Kopf heben, im Nest herum laufen und
miteinander agieren, ist das Nesthäkchen nicht aktiv und sieht auf manchen
Aufnahmen um 16:06 Uhr leblos aus.
Von 16:32 bis 16:40 Uhr verfüttert das
Weibchen den jüngsten Jungvogel an
die Nestgeschwister (Abbildungen 12
und 13).
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
A9
Ob der Jungvogel um 16:32 Uhr noch
lebte, ist aus den Aufnahmen nicht zu
erkennen.
B) 31. Juli
Die beiden Jungvögel weisen einen
deutlichen Größenunterschied auf. Das
Weibchen ist auf der ersten Aufnahme
des Tages um 4:52 Uhr nicht im Nest,
um ihre Jungvögel zu hudern. Beide
Jungvögel liegen nah beieinander im
Horst. Die Aufnahme um 5:14 Uhr
zeigt, wie der jüngere Jungvogel versucht unter den älteren zu gelangen.
Um 5:54 Uhr erfolgt eine Fütterung,
wobei nur das Größere gefüttert
wird, das Kleinere reagiert nicht. Die
Aufnahme um 6:18 Uhr zeigt, wie
der größere Jungvogel im Nest steht,
während der kleinere Jungvogel ohne
Regung am Boden liegt. 6:21 Uhr zeigt
die Aufnahme, wie der Kleinere auf der
Seite liegt und der Ältere sich mit dem
Schnabel dem Bauch nähert. Von 6:44
Uhr bis 7:31 Uhr zeigen Aufnahmen,
wie der größere Jungvogel sich neben
den kleineren Jungvogel legt, auf der
Aufnahme um 7:00 Uhr hat der kleinere ein Auge auf. Ab 18:14 Uhr stellt
der größere Jungvogel sich auf den
leblosen jüngeren Jungvogel und hebt
und senkt den Schnabel; die Aufnahme von 18:19 zeigt wie er eine Dune
am Schnabel hat. Die Aufnahme von
18:23 Uhr zeigt zwei kleine federfreie
Stellen auf der Oberseite des kleineren,
wohl toten Jungvogels; der Größere
Abbildung 14: Im gleichen Nest (vgl. Abb. 12,13) wurde später das Verfüttern
eines weiteren Nestgeschwisters dokumentiert: Der ältere Jungvogel steht auf
seinem schon seit einigen Stunden leblos wirkenden Nestgeschwister und hat
bereits damit begonnen, ihm einzelne Federn auszureißen.
Abbildung 15: Das Weibchen verfüttert den toten Jungvogel an den einzig
verbliebenen Nestling. Bei der Nestkontrolle wiesen im Nest liegende
Jungvogelfedern auf eine Prädation hin. Erst durch die Aufnahmen der
Nestkamera ließ sich die wahre Verlustursache bestimmen.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
steht über dieser Stelle und hebt und
senkt weiter den Schnabel. Um 18:26
Uhr sieht man offenes Fleisch sowie
größere Federn links von der kleineren Wiesenweihe (Abbildung 14).
Bis 18:58 Uhr bearbeitet der größere
Jungvogel sein Nestgeschwister, man
sieht mehrere offene Wunden. 19:09
Uhr erscheint das Weibchen mit einem
Stück Beute im Schnabel, 19:11 Uhr
halten sich das Weibchen sowie der größere Jungvogel im rechten Bildbereich
auf, das Weibchen hält dem Jungvogel
einen Fleischbrocken hin und füttert
ihn, der kleinere, tote Jungvogel liegt
unverändert im Nest. Ab 19:13 Uhr
steht das Weibchen hinter dem jüngeren
Jungvogel, hebt und senkt den Schnabel
und reißt Fleischstücke heraus. Der
größere Jungvogel steht vor ihm und
hebt den Kopf, eine Fütterung des
Jungvogels durch das Weibchens sieht
man eindeutig nur einmal, um 19:36
Uhr (Abbildung 15). Ab 19:42 Uhr ist
das Weibchen nicht mehr im Nest. Die
Reste (Federkiele, Teile vom Körper)
des verfütterten Jungvogels bleiben
im Nest liegen. Die erste Aufnahme
um 4:41 Uhr des folgenden Tages (1.
August) zeigt, dass das Weibchen die
Reste des toten Jungvogels bis 4:44
Uhr verfüttert. Das Skelett sowie Flügel
werden um 7:07 Uhr sowie 7:33 Uhr
vom Weibchen aus dem Nest entfernt.
Interpretation der Beobachtungen
Das Verfüttern von beiden Jungvögeln
ist keine Prädation durch einen Beutegreifer. Dieser Verlust soll dennoch hier
beschrieben werden, weil der Verlust
von zwei Jungvögeln und die gefundenen Spuren (Federkiele) auf eine
Prädation hindeuten und ohne den Fotobeleg auch so hätten ausgelegt werden
können. Auffallend war der schlechte
Ernährungszustand der Jungvögel,
erkennbar an wenigen Beuteeinträgen
und auch den früh deutlich werdenden
Größenunterschieden zwischen den
Jungvögeln. Nahrungsmangel dürfte
der Grund dafür sein, dass zunächst das
Nesthäkchen inaktiv und nicht mehr
gefüttert wurde, schließlich starb und
vom Weibchen verfüttert wurde. Der
A10
zweite tote Jungvogel war ebenfalls
der kleinere von beiden, der vermutlich ebenfalls inaktiv wurde und nicht
mehr gefüttert wurde, dann verstarb
und vom Weibchen verfüttert wurde.
Bei dem Brutpaar war auffällig, dass
das Männchen zuletzt am 17. Juli in
Nestnähe beobachtet wurde und es
auch auf den Aufnahmen der Fotofallen
nicht zu sehen ist. Das Weibchen war
selten im Nest und wenn, war es das
Weibchen, welches die Beute eintrug,
auch am Ende der Fütterungszeit im
Nest. Es ist zu vermuten, dass das
Wiesenweihen-Männchen entweder
die Brut frühzeitig verlassen hat oder
zu Tode gekommen ist. Das Weibchen
musste wahrscheinlich schon früh die
Beutebeschaffung allein übernehmen,
wodurch es selten im Nest zu sehen
war. Bei einer allgemein schlechten
Nahrungssituation im Umfeld konnte
das Weibchen allein wahrscheinlich
nicht ausreichend Nahrung für drei
Jungvögel erbeuten und heranschaffen.
Der teilweise Verlust von Jungvögeln, gerade bei solchen, die auch
noch einen großen Größenunterschied
aufweisen, darf also nicht vorschnell
als Prädation gewertet werden. Es ist
durchaus möglich, dass die jeweils
kleinsten Geschwister aufgrund einer
schlechten Nahrungsversorgung verhungern und dann von dem Weibchen
verfüttert werden.
Nest Nr. 2013_01 B (Steinen) mit Zaun
Das Nest 2013_01 B war als Nachgelege die späteste Brut im Jahr 2013.
Aufgrund von Lagergetreidebildung
gab das Weibchen des Paares sein
Erstgelege auf und brütete erneut und
zwar knapp 200 m westlich in einem
Weizenfeld. Das Weibchen verhielt sich
allgemein sehr scheu und vorsichtig.
Um das Risiko einer weiteren Nestaufgabe zu minimieren, wurden der
Drahtzaun und die Fotofalle Moultrie
mit der Kennung ABU III erst aufgestellt, als beide Jungvögel geschlüpft
waren. Dies geschah am 5. August
von 8:30 bis 9:30 Uhr. Der Abstand
der Fotofalle zum Nest betrug 50 cm.
Aufgrund der schlechten Nahrungsversorgung der Jungvögel und der sehr
späten Eiablage wurden die Jungvögel
ausnahmsweise von uns zugefüttert.
Alle zwei bis drei Tage wurde das Nest
aufgesucht und die Jungvögel wurden
mit zerkleinerten Mäusen per Hand
gefüttert. Zusätzlich wurden meist
noch einige ausgenommene Mäuse
ins Nest gelegt. Bei einer Kontrolle
am 28. August um 10:02 Uhr wurde
zunächst vom Auto aus beobachtet, wie
das Wiesenweihen-Weibchen ca. zehn
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%HLP*DQJ]XP1HVWÀRJ8KU
ca. 12 m vor Erreichen des Nestes eine
immature weibliche Rohrweihe vom
Nest auf. Das Wiesenweihen-Weibchen attackierte und verfolgte die
Rohrweihe bis 10:15 Uhr 400 m weit
in südwestlicher Richtung in Höhen
bis zu ca. 100 m. Im Nest wurde ein
frisch angefressener und teil gerupfter
weiblicher Jungvogel gefunden. Außerhalb des Nestes und des Schutzzaunes
hockte das viel kleinere junge Wiesenweihen-Männchen. Es hatte oberhalb
am Schnabel eine 0,5 mm breite und
1 cm lange Verletzung sowie unterhalb
des Schnabels einen Hauteinriss von
2 mm Länge. Der lebende Jungvogel
wurde mit Mäuseteilen gefüttert und
um 10:50 Uhr zurück ins Nest gesetzt.
Der tote Jungvogel wurde aus dem
Nest entnommen. Die Aufnahmen der
Fotofalle wurden für diesen Zeitraum
betrachtet:
Um 9:16 Uhr ist ein großer, brauner Greifvogel zu sehen, welcher
einen großen Jungvogel in der linken
Bildhälfte greift. Der Jungvogel liegt
dann auf dem Rücken und hebt einen
Fang gegen den über ihm stehenden
Greifvogel, der zweite Fang greift
den Fang des Greifvogels. Wo sich der
zweite kleinere Jungvogel zu diesem
Zeitpunkt aufhält, ist nicht ersichtlich.
Auf den vorherigen Aufnahmen (9:15
Uhr) sind beide Jungvögel im linken
Bildteil im Getreide und zeigen kein
auffälliges Verhalten. Bis 9:20 Uhr
zeigen die Aufnahmen, dass sich der
Angreifer und der Jungvogel weiter-
hin im linken Bildteil aufhalten und
sich der Greifvogel mehrfach bewegt
und neu auf dem Jungvogel mit den
Fängen positioniert, welcher weiterhin auf dem Rücken liegt. Der zweite
Jungvogel taucht auf einer Aufnahme
um 9:18 Uhr in der rechten Bildhälfte
auf. Von 9:20 bis 9:22 Uhr zeigen die
Aufnahmen, wie der eingedrungene
Greifvogel über dem Jungvogel steht
und seine Flügel über ihn ausbreitet.
Bis 9:24 Uhr verändern Angreifer und
Opfer mehrmals ihre Positionen, der
gegriffene Jungvogel ist dabei immer
auf dem Rücken. Ab 9:24 Uhr ist die
,GHQWL¿]LHUXQJGHVDQJUHLIHQGHQ*UHLIvogels möglich, es handelt sich um
eine weibliche, immature Rohrweihe
(Circus aeruginosus) (Abbildung 16).
Aufgrund der beige-hellen Färbung des
Kopfes sowie der nicht mehr gänzlich
dunkelbraunen Färbung des RumpfJH¿HGHUV LVW VLH DOV ZDKUVFKHLQOLFK
vorjährig einzustufen. Auf der gleichen
und den folgenden sechs Aufnahmen
sieht man, dass der auf dem Rücken
liegende Jungvogel noch weiter mit den
Fängen nach der Rohrweihe greift. Von
9:26 bis 9:31 Uhr breitet die Rohrweihe
die Flügel über dem Jungvogel aus,
welcher weiterhin seine Fänge gegen
den Angreifer richtet. Die Rohrweihe
schaut von 9:31 bis 9:33 Uhr mit zum
Teil ausgestreckten Hals nach oben,
steht aber weiterhin auf dem Jungvogel,
welcher seine Fänge nicht mehr bewegt.
Nun beginnt die Rohrweihe den Kopf
zu heben und senken und rechts vom
erbeuteten Jungvogel werden Deckfedern angehäuft. Von 9:39 bis 9:41 Uhr
zeigen die Aufnahmen, wie die Rohrweihe mit ausgebreiteten Flügeln auf
der Beute steht bzw. sie verdeckt und
nach oben schaut. Bei den Aufnahmen
sieht man die gerupfte Brust des Jungvogels und tiefe Fleischwunden. Die
Rohrweihe legt ihre Flügel wieder an,
schaut aber immer wieder nach oben.
Um 9:42 Uhr duckt sie sich und wirft
sich auf der folgenden Aufnahme mit
ausgebreiteten Flügeln nach hinten. Ab
9:43 Uhr frisst sie weiter an der Beute.
Der Jungvogel wird weiter gerupft
und gefressen. Ab 10:00 Uhr werden
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
A11
größere Federn gerupft und seitlich
angehäuft (Abbildung 17). Um 9:47,
9:55, 9:56, 9:59, 10:04/05 und 10:10
bis 10:12 Uhr zeigen die Aufnahmen,
dass die Rohrweihe mit dem Rupfen/
Fressen stoppt und nach oben schaut.
10:17 Uhr schaut sie auf mehreren Aufnahmen nach oben und verschwindet.
10:33 Uhr erscheinen die Schuhe des
Beobachters auf den Aufnahmen.
Interpretation der Beobachtungen
Diese späte Ersatzbrut wurde von einer
Rohrweihe prädiert. Die Nahrungseinträge reichten für eine normale
Entwicklung der Jungvögel nicht aus.
Außerdem zeigten beide, vor allem das
kleinere Männchen Flagellatenbefall
im Rachen, der unbehandelt zumindest
beim stärker befallenen Männchen
zum Tod geführt hätte. Beide wirkten
schwach und waren unterentwickelt.
Um die Entwicklung der Jungvögel zu
I|UGHUQXQGHLQ$XVÀLHJHQ]XHUP|Jlichen, wurden die beiden Jungen alle
zwei bis drei Tage mit Mäusen versorgt.
Das Wiesenweihen-Männchen war
zuletzt bei der Nestkontrolle am 24. August beobachtet worden, bei folgenden
Nestkontrollen und Beobachtungen
war es abwesend. Folglich musste das
Weibchen wahrscheinlich vermehrt
selbst jagen und war daher seltener im
Nestbereich. Die Jungvögel bettelten
zum Teil so lautstark, dass sie schon
aus 100 m Entfernung zu hören waren.
Abbildung 16: Der Beutegreifer lässt sich als weibliche, immature Rohrweihe
identifizieren. Sie legt ihre Flügel über den gegriffenen Jungvogel (dies wird auch
als Manteln bezeichnet), welcher sich mit seinen Fängen wehrt; ein Bein zeigt
den Metallring des Jungvogels.
Abbildung 17: Die Rohrweihe beginnt nach gut einer halben Stunde den
Jungvogel zu rupfen und zu fressen.
digitaler Anhang zu: ABU info 36-38 (2015)
Beide Umstände dürften die Prädation
mitbedingt und erleichtert haben. Das
Wegducken und auf den Rückenwerfen
der Rohrweihe sprechen dafür, dass
das Wiesenweihen-Weibchen den
Beutegreifer angriff. Auch bei der
Nestkontrolle war das Brut-Weibchen
bei solchen Angriffen zu beobachten,
die minimal bis etwa einen halben
Meter an den Feind heranreichten.
Ohne das Erscheinen des Beobachters
zum Zeitpunkt der Prädation, was
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Vertreibung der Rohrweihe durch das
Wiesenweihen-Weibchen führte, hätte
die Rohrweihe wahrscheinlich auch
den zweiten, männlichen Jungvogel
erbeutet.
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