Senerap - HIP HOP in Dakar Hip Hop und Senegal! Das klingt zunächst für viele nach zwei Dingen, die nicht viel miteinander zu tun haben. Umso größer war die Neugier, als wir die Terminankündigung des 3001-Kinos für den Dokumentar-Film „Senerap“ bekamen und wir trafen uns mit dem Regisseur des Ganzen. Freundlich wurden wir von Hans-Jörg Heinrich in seiner Wohnung empfangen. Schnell wurde uns klar, dass dies ein Projekt war, woran er mit Herz gearbeitet hatte. „Ich habe mich eher mit der traditionellen Musik in Afrika beschäftigt, bekam dann aber mit, dass es über 2000 Rapgruppen alleine in Dakar gibt. Mich interessiert die soziale Bewegung. So gut wie alle Rapper haben dort eine politische sozialkritische Aussage in ihren Texten. Sie sind die Reporter der Nation. Mich fasziniert diese Energie und Kraft die von den Gruppen und der Musik ausgeht.“ Im ersten Moment war man schon überrascht, wenn man hörte - und auf dem Video auch sah - welche Popularität der Hip Hop in Senegal hat. Das wird auch daran liegen, dass die Bevölkerung Senegals zu ungefähr 75 % aus unter 25-jährigen besteht. Und vor allen Dingen können sich die Jugendlichen dort mit den Texten identifizieren. Die Texte handeln von Krieg, Korruption, Vergewaltigung und Zwangsheirat. „Es liegt an uns die Situation zu verändern“ ist die Aussage vieler Gruppen. Und diese Macht haben sie wirklich. Vor drei Jahren hat die Rapmusik im Senegal nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass der korrupte damalige Präsident abgewählt wurde. Die Musiker nahmen sogar in Kauf, bedroht zu werden, da sie gegen den amtierenden Präsident propagierten. Natürlich gibt es im Senegal auch Texte die sich mit weniger politischen Themen beschäftigen, wie zum Beispiel Liebe, aber das ist in keiner Weise vorherrschend. Die sehr erfolgreiche Gruppe PBS tourte im großen Stil durch Westafrika und bemerkte, dass Rap in ganz Afrika sehr verbreitet ist. Auch weibliche MCs sind im Senegal kein unbeschriebenes Blatt. So hatte im letzten Jahr die Gruppe ALIF einen viel umjubelten Auftritt in Hamburg/Kampnagel. Einige Gruppen können von ihrer Musik zwischenzeitlich leben, auch wenn die meisten Eltern der Künstler anfangs der Sache eher kritisch gegenüberstanden. Aber da die Arbeitslosigkeit im Senegal sehr hoch ist, zählt es am Ende mehr, dass die Kinder Geld verdienen. Das Projekt „Senerap“ wurde im Senegal selber von den Künstlern positiv angenommen. Man hat den Eindruck, dass es den Gruppen dort sehr wichtig ist, dass der Rest der Welt mitbekommt, dass der Rap dort sehr groß ist. „Mit meinem Film möchte ich dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut werden. Afrika der dunkle Kontinent? So dunkel ist der gar nicht, vielleicht der vergessene Kontinent.“ Es macht wirklich den Anschein, dass die Szene im Senegal absolut unterschätzt wird. Und wenn man sich die Videoausschnitte von den Livekonzerten anschaut, stellt man fest, dass dies vollkommen zu unrecht passiert. Talentierte MCs, Texte mit Aussage, Breakdance-Einlagen, Graffiti an den Stadtmauern – alles vorhanden. Aber an anderen Stellen wiederum merkt man, dass Senegal noch ein Teil der Entwicklung im Hip Hop vor sicht hat: Zum größten Teil werden die Texte auf „geklauten“ Beats gerappt. Nur wenige können sich überhaupt einen Studiotermin leisten. „Den Leuten geht es da weniger um die Musik und die Beats – die Texte stehen im Vordergrund.“ Und natürlich ist der Vertrieb auch noch nicht wirklich „europäisch“. Kaum jemand hat einen CDPlayer. Die meiste Musik wird auf Kassetten aufgenommen und die Läden sind eigentlich nur kleine Holzverschläge, voll gestopft mit tausenden von Tapes, von denen monatlich immer mehr erscheinen. Aber wie soll man hier in Deutschland auch aufmerksam auf HipHop aus Senegal werden? Austausch findet bisher nur eher selten statt. Trotz allem haben einige Künstler aus Westafrika schon Touren um die halbe Welt gemacht. So wurde auch wohl der US-Rapper Supernatural auf die Musik aufmerksam. Er war überwältigt von der Energie, hat sich mit seinen Wurzeln in Afrika beschäftigt und hat seine Eindrücke mit nach Hause genommen und soll auch versucht haben, diese in den Staaten seinen Leuten nahe zu bringen. Eindrucksvoll ist die ganze Sache auf jeden Fall und somit auch jedem ans Herz zu legen, der sich für internationalen Hip Hop interessiert und sowieso für jeden, der glaubt, dass es Rap nur in den Staaten und in Deutschland gibt. Bis jetzt sind zwei Termine im 3001 Kino (Schanzenstraße 75) vorgesehen: Am 04.02.2004 um 21 Uhr und am 11.02.2004 um 19 Uhr. HOCHEXPLOSIV Konzertmitschnitt von ALIF auf Kampnagel in Hamburg am 27.3. 03 Die erste Frauenrapgruppe Senegals - das erste Mal in Europa. ALIF ist die erste Frauenrapgruppe Senegals. in ihren Reimen rappen sie von der Unterdrückung der Frau, von Prostitution, von Missbrauch und der Geschlechterbeziehung im Senegal. Sie gehen Themen an, die sie unmittelbar betreffen und von den männlichen Kollegen ausgespart werden. Rapmusik spielt im Senegal sowohl im politisch-sozialen als auch im musikalischen Kontext eine sehr große Rolle. Vor drei Jahren hat das Engagement der Rapper mit entscheidend zur Ablösung des ehemaligen Präsidenten beigetragen Vor fünf Jahren brachte ALIF ihre erste Kassette heraus. waren damit sehr erfolgreich und verschwanden dann wieder. Jetzt sind sie wieder zurück. Im März 03 tourten sie durch Deutschland, traten in Wien und Prag auf. In Hamburg gaben sie auf Kampnagel ein mitreißendes Konzert. Bestellungen bei: Hans-Jörg Heinrich mail: [email protected] Kosten: Euro 19,90 plus Porto +Verp. Interview by Bettina und Nico Fotos:Sandro Winkler / senerap.org Genaueres zu den Terminen auch im Netz unter: www.3001kino.de