Die Befunde neuester wissenschaftlicher Forschungen erschüttern die weit verbreitete Theorie vom Klimawandel Der Mythos der Erderwärmung Von Andreas Unterberger Wie nah ist er wirklich, der Untergang der Welt, der uns ständig prophezeit wird? Wie gefährlich sind die ständig wachsenden CO2-Emissionen einer ständig wachsenden Menschheit tatsächlich? Diese Emissionen eines an sich völlig ungefährlichen Gases gelten ja neuerdings über den Umweg eines Glashauseffektes, der durch vermutete Rückkoppelungseffekte eskaliert, als der sichere Auslöser der Apokalypse. Die Begründungen für diese unheilbringende Kausalität liegen freilich in einer schwarzen Box verborgen, deren Inhalt niemand nachvollziehen kann. Auch die Politiker begreifen diese Kausalität nicht. Was sie aber nicht gehindert hat, die globale Erwärmung zu einer Art globalen Staatsreligion zu machen, die von allen geglaubt werden muss, und der alle Opfer bringen müssen. Die Boulevardzeitungen wie "Bild" oder "Krone" verstehen jene Kausalitäten zweifellos am allerwenigsten; was sie jedoch nicht hindert, als lauteste Verkünder des CO2Weltuntergangs täglich die Minarette der Öffentlichkeit zu besteigen. Gleiches gilt für den ORF, der unter der gegenwärtigen Führung wie eine Außenstelle von Greenpeace & Co agiert, ohne Andersdenkenden Sendezeit zu Darlegungen ihrer Argumente einzuräumen. Wir haben es einfach hinzunehmen: Der Untergang naht durch CO2, weil es Greenpeace, ORF, "Krone" und einige Wissenschafter sagen. Wir haben den CO2-Schock als Wahrheit zu akzeptieren, so wie man in Osteuropa jahrzehntelang die wissenschaftliche Überlegenheit des Marxismus zu glauben hatte, im Nationalsozialismus die Rassenlehre, und in islamischen Ländern den Koran. So wie man unter Maria Theresia zu den katholischen Sakramenten zu gehen hatte, haben wir uns vor dem CO2-Dogma zu verbeugen. Umso dankenswerter ist es, dass eine zunehmende Zahl von Wissenschaftern trotz großen medialen Druckes den Mut hat, kritische (oder überhaupt irgendwelche) Fragen zu stellen. Dass Wissenschafter die Inhalte dieser Black box, die in Wahrheit Computer und deren Programmierung sind, zu überprüfen beginnen. Dass sie es wagen, dabei auch Häresien gegen die neue Emissionsreligion zu begehen. Ein Häretiker Die jüngste Häresie hat der deutsche Universitätsprofessor Horst-Joachim Lüdecke zu Papier gebracht. Der Physiker und Informatiker seziert in einem neuen Buch mit kühlem Kopf und der nüchternen Analysetechnik des Naturwissenschafters die vielen Behauptungen, die rund um die so dominant gewordenen Kohlendioxid-Ängste durch die öffentliche Diskussion und vor allem durch die offiziellen Berichte der UNO schwirren (einer bisher ja nicht als Hort objektiver Weisheit bekannten Institution). Lüdecke schafft dabei den Spagat zwischen den strikten Regeln einer wissenschaftlichen Argumentation auf der einen Seite und der Bewahrung der Verständlichkeit auch für Nichtnaturwissenschafter auf der anderen. Sein Buch sollte zur Pflichtlektüre für alle werden, die mit den von der Politik zum Dogma erklärten UNO-Berichten zu tun haben oder die diese Berichte aus eigener Überzeugung für Zeugnisse unumstößlicher Wahrheit halten. Kein Umweltminister Europas dürfte künftig ohne Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen Lüdeckes bei internationalen Beschlüssen mitmachen. Zumindest dann nicht, wenn er seriös sein will. Der Irrweg der Angst Das Resümee Lüdeckes ist ein sehr klares, aber dennoch differenziertes: Er empfiehlt der Menschheit dringend sparsamsten Umgang mit ihren begrenzten Öl- und Gas-Vorräten (während übrigens die Kohle jedenfalls noch für etliche hundert Jahre hält). Er zeigt aber mit einer ganzen Reihe von Argumenten den Irrweg auf, den die Angst vor CO2-Emissionen und vor einer globalen Erwärmung darstellt. Eindrucksvoll ist dabei der Abdruck der Namenslisten und Resolutionen Hunderter internationaler Wissenschafter, die sich schon öffentlich gegen die CO2-Panik gewandt haben – deren Resolutionen aber in der Öffentlichkeit sofort unter den Tisch gekehrt worden sind. Dadurch wird geschickt der Eindruck erweckt, die wissenschaftliche Welt stünde geschlossen hinter der CO2-Panik, und lediglich nicht ernstzunehmende Einzelgänger seien skeptisch. Es geht aber nicht nur um wissenschaftliche Eitelkeiten. Denn diese Panik verhindert ja auch, dass sich die Menschheit den wirklich wichtigen globalen Herausforderungen zuwendet, wie Krankheiten, Analphabetentum oder der Tatsache, dass noch immer eine Milliarde Menschen über keine ausreichende Wasserversorgung verfügt. Lüdeckes wissenschaftlicher Hauptvorwurf an die CO2-Panik-Computer: Ihre Ergebnisse seien Produkte des weitgehend willkürlichen Inputs der Programmierer und deren Annahmen – eine wissenschaftlich nachprüfbare Faktenbasis etwa durch Messungen hätten sie nicht. Diese Computermodelle, welche die UNO in so große Aufregung versetzen, können nicht einmal die klimatischen Entwicklungen in der Vergangenheit erklären. Wie wollen sie da glaubhaft das Klima in 50 oder 100 Jahren voraussagen? Die Wissenschaft schafft solches Zukunfts-Wissen ja nicht einmal für das Wetter in zwei Wochen (bei allen Erfolgen der Fünftages-Prognosen in letzter Zeit). Politische Abhängigkeit Der zentrale Vorwurf des Autors an die derzeit tonangebenden Klimaforscher: Sie haben sich von der Politik abhängig gemacht und die bewährten Methoden der Naturwissenschaft verlassen, etwa die Nachprüfbarkeit jeder Aussage im Sinne Karl Poppers. Die derzeit tonangebenden Klimaforscher wissen, dass sie nur dann Forschungsgeld und Mitarbeiterposten bekommen, nur dann Karriere machen können, wenn sie bei der gegenwärtigen Modewelle mitmachen. Manche CO2-Skeptiker haben hingegen für ihre Überzeugung sogar ihren Job verloren. Die Produzentin des Al-Gore-Filmes hat ja sogar öffentlich dazu aufgerufen, andersdenkende Wissenschafter nicht mehr zu unterstützen – eine an totalitäre Systeme erinnernde Verhaltensweise. Neben der Abhängigkeit der Wissenschaft von politischen Einflüssen gibt es noch eine Menge weiterer Interessenten, die aus der Klima-Panik Nutzen ziehen: die medialen Panik-Profiteure wie Al Gore, der mit um Objektivität bemühten Filmen zweifellos keinen Erfolg gehabt hätte; die Versicherungen, die heute viel höhere Prämien verlangen und trotzdem viele neue Kunden einfangen können; die Bauern, deren Einkommen durch Biotreibstoffe stark steigt; die staatliche Politik, die plötzlich ein unschlagbares Argument für höhere Steuern in die Hand bekommen hat (was auch schon weidlich ausgenutzt wird); die internationalen Organisationen wie UNO oder EU, die glauben, damit die eigene Bedeutung steigern zu können, welche ja schon irrelevant geworden war; die Regierungen der Dritten Welt, die damit ein neues, finanziell einträgliches Argument gegen den Westen haben; die linken Kapitalismus-Kritiker, die hoffen, der liberalen Marktwirtschaft den entscheidenden Schlag versetzen zu können. Dazu kommt die schon stark angewachsene Industrie, die Windräder oder Solaranlagen erzeugt; auch die Atomindustrie profitiert von der Global-warming-Welle; viele Religionen haben einen natürlichen Hang zu Weltuntergangs-Prophezeiungen; und last not least können die vielen NGOs mit einschlägiger Panikmache ihre wichtigsten Einkunftsquellen am Sprudeln halten: Spenden, staatliche Subventionen und Schutzgelder von Firmen, denen sonst eine spektakuläre Attacke von Umweltschützern droht. Modische Dummheiten Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Wissenschaft von politisch modischen Dummheiten verführen lässt. Man denke an die Zeiten, als – fast – alle "Experten" der Meinung waren oder sein mussten, die Erde wäre eine Scheibe oder der Mittelpunkt des Alls. Noch im 19. Jahrhundert hat in England die Royal Society vor der Elektrifizierung gewarnt: diese wäre zu gefährlich – man solle sich lieber für Gas(!) entscheiden. Mit einer ganzen Reihe von Berechnungen zeigt Lüdecke in seinem Buch, dass weder Fotovoltaik noch Windenergie jemals eine Chance haben können, einen nennenswerten oder gar sinnvollen Beitrag zur weltweiten Energieproduktion zu liefern. Das gelinge nicht einmal dann, wenn man alle Küsten mit Windrotoren zupflastere – unabhängig von den gewaltigen Kosten und den Gefahren von Schiffskollisionen mit diesen Türmen. Dagegen sind geothermische und Gezeiten-Kraftwerke wenigstens marginal sinnvoll, wenn auch keine Gesamtlösung. Besonders scharf geht der Autor mit den Bio-Treibstoffen ins Gericht. Die sind aufgrund der bisher angewendeten Technologie ein absolut kontraproduktiver Beitrag zur Energieproduktion. Eine Erkenntnis, die inzwischen sogar schon die deutsche Politik gewonnen hat – jedoch noch nicht die österreichische oder die der EU. Die CO2-Theoretiker versuchen vor allem mit der Prophezeiung Panik auszulösen, dass die Meere wegen der angeblich vom CO2 ausgelösten Erwärmung ansteigen und riesige Gebiete überfluten werden. In der Tat ist der Meeresspiegel seit 18.000 Jahren – also einer erdgeschichtlich sehr kurzen Zeit – um nicht weniger als 130 Meter gestiegen. Das ist gewaltig, muss aber ganz andere Ursachen haben als das CO2. Denn in den letzten 6000 Jahren und insbesondere in der jüngsten, von menschlicher CO2-Aktivität geprägten Vergangenheit hat es praktisch keinen Anstieg mehr gegeben: in den letzten hundert Jahren nur rund 20 Zentimeter. Auch der oft publizierte Eindruck stark zunehmender Naturkatastrophen ist falsch. Er ist lediglich ein Produkt der globalisierten Informations-Netzwerke und der Katastrophenlust der Medien sowie ihrer Konsumenten. Es wird heute viel intensiver über jedes Erdbeben und Hochwasser, jeden Hurrikan und Tsunami berichtet als noch vor wenigen Jahren. Viele Hochwassermarken an europäischen Flüssen zeugen von viel schlimmeren Wasserfluten in früheren Epochen. Ebenso wenig gibt es tatsächlich eine Zunahme anderer extremer Wetterereignisse wie Hurrikans. Im 14. Jahrhundert hat es etwa in Mitteleuropa zwei Jahre lang ununterbrochen geregnet – was natürlich die wildesten und ebenfalls falschen Kausalitätstheorien ausgelöst hat. An der MythenLust der Menschen ändert sich eben nichts. Wärme oder Kälte? Wie auch Lüdecke bestätigt, gibt es eine geringe Zunahme der Temperaturen auf der Nordhalbkugel: weniger als ein Grad in hundert Jahren. Dafür könnte es eine Vielzahl von Gründen geben, von denen aber keiner wissenschaftlich beweisbar ist (genauso wenig wie die noch viel größeren Temperatur-Schwankungen früherer Epochen bis heute zu erklären sind). Lüdecke hält die unterschiedliche Sonnenaktivität für den wahrscheinlichsten Grund. Allerdings ist die im Verhältnis zu früheren Wärmeperioden oder Eiszeiten recht harmlose Veränderung keine Katastrophe – global gesehen wäre eine Erwärmung durchaus vorteilhaft. Wärme ist für die Lebenschancen der Menschen ebenso positiv wie für die Biodiversität. Kälte wirkt tödlicher als Hitze. Auch die Eisbären werden im übrigen nicht durch das Schmelzen des Eises auf der Nordhalbkugel, sondern durch den Rückgang von Beutetieren bedroht. Viele Hinweise Lüdeckes lassen jedoch eher eine gegenteilige Entwicklung für wahrscheinlich erscheinen: nämlich eine bevorstehende Abkühlung großer Regionen, also die Ankunft einer Zwischeneiszeit. Lüdecke bleibt aber auch da seinen wissenschaftlichen Prinzipien treu und betont: Auch das lasse sich nur vermuten und nicht beweisen. So ist etwa die Wirkung erhöhten Wasserdampfs (d. h. viel mehr Wolken) noch recht unklar. Würde die (laut den von Lüdecke zitierten Forschern als groß einzuschätzende) Wahrscheinlichkeit eintreten, dass eine Änderung der Sonnenaktivität zu einer Abkühlung führt, und würden parallel dazu die Global-Warming-Theorien stimmen (was Lüdecke freilich absolut nicht glaubt), dann müsste man über den kleinen menschlichen Beitrag zu einer Erderwärmung sogar froh sein . . . In der langen Erdgeschichte, das zeigen zumindest die von Lüdecke zitierten Daten, hat es schon achtfach höhere CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre gegeben. Zweifellos sind sie damals ganz ohne menschliches Zutun entstanden. Würden die offiziellen Computermodelle mit ihren Rückkoppelungsannahmen stimmen, hätten diese Mengen schon längst den Wärmetod der Erde bewirken müssen. Erhöhtes CO2 ist, darauf deuten viele Daten hin, eine Folge, nicht eine Ursache wärmerer Zeiten. Noch mutiger als Lüdeckes Kritik an der CO2-Panik ist aber sein Plädoyer für die Kernenergie – obwohl es ja Autoren gibt, die vermuten, die CO2-Panik sei im Gegenteil von der Atomlobby ausgelöst worden, um deren Kraftwerke zu propagieren (womit sie ja auch tatsächlich etlichen Erfolg zu haben scheint). Lüdecke zeigt sich insbesondere von einem neuen Kraftwerkstyp angetan, einem Thorium-Kugelhaufen-Reaktor, bei dem weder eine Kernschmelze möglich sei noch waffenfähiges Material produziert werden könne. Gewiss: Die breite Front der Klimapanik-Anhänger wird sicherlich den einen oder anderen Detailfehler bei Lüdecke finden können. Seine wissenschaftliche Methode und die von ihm zusammengetragenen Daten – die gutteils ja schon von anderen bestätigt worden sind – zu übergehen, wird nicht mehr so leicht sein. Und wenn er in allem Recht haben sollte, dann müssen wir uns in der Tat Klima-Sorgen machen, aber nicht wegen der drohenden Erwärmung der Erde, sondern wegen ihrer Erkältung. Horst-Joachim Lüdecke: CO2 und Klimaschutz – Fakten, Irrtümer, Politik. Bouvier Verlag, Bonn 2008, 228 Seiten, 19, 90 Euro. Freitag, 02. Mai 2008