Übersetzung der Rede

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Religion und Frieden
Vortrag von Prof. Dr. Shouou Okuda an der Ritsumeikan University
am 16. April 2011
Wie in dem Programm beschrieben, ist dies das Jahr, in welchem an die Jubiläen der 150 jährigen
Japanisch-Deutschen Freundschaft und der Gründung des DAAD-Tomonokai vor 25 Jahren erinnert
wird. Es ist einseitig Japan, welches durch diesen Austausch profitierte, durch wohlwollende
Unterstützung die Modernisierung vollziehen konnte und infolgedessen bedeutende
Errungenschaften in Bereichen wie Wissenschaft, Kunst, Sport oder auch Industrie erreichen konnte.
Am 11. März gab es im Nordosten Japans ein Erdbeben, von dem man sagt, dass es nur einmal in
1000 Jahren vorkommt, und die Region wurde von einem stellenweise 37 Meter hohen gigantischen
Tsunami heimgesucht. Städte und Dörfer der Meeresküste wurden vollkommen zerstört und fast
30.000 Menschen verloren ihr Leben oder werden vermisst. Ebenso groß ist die Zahl der Menschen,
die ihr Leben zwar retten konnten, jedoch ihre Wohnungen verloren. Auch wenn diese Menschen in
Notunterkünften unterkommen konnten, ist die Strom- und Gasversorgung unterbrochen, gibt es
kein Benzin, Petroleum und Wasser, keine Transportmittel. Auch die Telefone funktionieren nicht.
Dazu die Kälte in dieser Gegend, die auf dem Niveau der deutschen Wintertemperaturen liegt. Die
Betroffenen können nicht einmal darüber nachdenken, was am besten zu tun sei und sind an ihrer
Ratlosigkeit zerbrochen. In dieser Zeit haben einige Länder ohne zu zögern Rettungskräfte geschickt,
und Deutschland war eines dieser Länder. Wir empfinden das als ermutigend und zugleich mit
Dankbarkeit. Ich möchte hiermit allen anwesenden Deutschen meine Dankbarkeit aussprechen.
Die heute hier Versammelten und auch die nicht anwesenden ehemaligen Stipendiaten sind nach
ihrer Rückkehr nach Japan in ihren jeweiligen Bereichen in Spitzenpositionen tätig. Obgleich es
folgerichtig und ideal gewesen wäre, aus dieser Gruppe die Ausgezeichnetsten auszuwählen, um von
solch einer Person einen Vortrag zu hören und obwohl in Kyoto die Haupttempel aller buddhistischen
Schulen stehen, haben der Präsident des DAAD-Tomonokai Ryûichi Higuchi und die Sekretärin des
DAAD Tomonokai Eiko Seki mich, einen buddhistischen Mönch, ausgewählt und gebeten zu sprechen.
Verehrter Herr Prof. Dr. Higuchi, Präsident des DAAD Tomonokai, verehrte Frau Seki, langjährige
verantwortliche Sekretärin des DAAD Tomonokai, verehrter Herr Dr. Finken, Außenstellenleiter des
DAAD in Tokyo, verehrter Herr Prof. Dr. Huber, Vizepräsident des DAAD, verehrter Herr Dr. Olbrich,
Generalkonsul in Osaka-Kobe, verehrter Herr Prof. Dr. Menkhaus, Präsident des JSPS-Clubs
Deutschland, verehrter Herr Takasugi, Direktor des Internationalen Friedenmuseums der Universität
Ritsumeikan, verehrter Herr Prof. Dr. Kodaira, Leiter des JSPS-Büros in Bonn, verehrter Herr Prof. Dr.
Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, verehrte Frau Dr. Toyka-Fuong, Leiterin
des DAAD Asien-Referats, verehrter Herr Satoru Sunahara, der uns beim heutigen Friedenskonzert
auf dem Flügel vortragen wird, verehrte Stipendiaten aus Deutschland, verehrte ehemalige
japanische Stipendiaten, verehrte Anwesende, es ist mir eine außerordentlich Ehre vor Ihnen allen
sprechen zu können und zugleich empfinde ich gegenüber Prof. Dr. Higuchi sowie Frau Seki
Dankbarkeit, dass sie mir dies ermöglicht haben. .
„Frieden und Religion“ hieß das eigentliche Thema, das mir angetragen wurde, aus
Gedankenlosigkeit ist mir dies aber erst am 12. April aufgefallen – bis dahin hatte ich die ganze Zeit
gedacht, dass das Thema „Religion und Frieden“ hieße. Soweit ich weiß, setzt man sich mit dem
zuletzt genannten Thema auf wissenschaftlichen Konferenzen, die den Buddhismus zum Gegenstand
haben, nur wenig auseinander und auf Konferenzen der einzelnen Schulen noch weniger. Wenn es
jedoch aufgegriffen wird, dann heißt es „Buddhismus und Frieden“ oder „Buddhismus und
Ruhe/Harmonie“; davon irregeführt, zweifelte ich nicht daran, dass das Thema „Religion und
Frieden“ sei.
Daher steht in der Vorbemerkung zu meinem Beitrag, den ich erst kürzlich dem Büro des DAAD
Tomonokai geschickt habe, dass das mir aufgetragene Thema zwar „Religion und Frieden“ sei, ich
jedoch nicht die Kraft hätte, mich zum Frieden der Religion im Allgemeinen zu äußern. Ich habe nicht
den Mut vor den hier anwesenden Deutschen über „Christentum und Religion“ zu sprechen, da
meine Kenntnisse und Erfahrungen schon bezüglich des Themas Christentum und Frieden, im
Vergleich zu den hier anwesenden Deutschen, die seit ihrer Kindheit in die Kirche gehen und von der
Grundschule bis zum Ende der Schulzeit im wöchentlichen Pflichtfach „Religion“ das katholische oder
protestantische Christentum studiert haben, gering und seicht sind.
Glücklicherweise ist heutzutage der Erwerb deutscher Lehrbücher über die verschiedensten Bereiche
nicht schwierig. Ich denke, dass es möglich ist, die einzelnen Frieden(svorstellungen) der Religionen
und die Ausführungen über die „Wege zu diesem Frieden“ kennenzulernen, wenn man nur die
betreffenden Kapitel in den Lehrbüchern der Religionslehre des Katholizismus, Protestantismus,
Judentums, Islams und des Buddhismus liest.
Ich bitte Sie daher mir zu erlauben, auch wenn es ziemlich eigennützig ist, meinen Vortrag auf das
Thema „Buddhismus und Frieden“ zu begrenzen. Darüber hinaus möchte ich mich auch aus
Zeitgründen auf drei Aspekte beschränken: erstens, Ansichten des Shakyamuni, des Shôtoku Taishi
und seines Sohnes, Prinz Yamashiro no Ôe no Ô über Krieg, zweitens, Haltung und Handeln
japanischer religiöser Vertreter während des Zweiten Weltkrieges, und drittens, das auf Frieden
ausgerichtete Handeln gegenwärtiger japanischer Religionsgruppen.
Die Ansichten des Shakyamuni (Buddha), des Shôtoku Taishi und seines
Sohnes Prinz Yamashiro no Ôe no Ô über den Krieg
Welche Ansichten und Einstellungen der Buddhismus gegenüber dem Krieg vertritt, möchte ich
zunächst anhand der Ansichten und Einstellungen des Stifters des Buddhismus, Shakyamuni
(Ehrenname für Buddha), Shôtoku Taishis, den man auch als Stifter des japanischen Buddhismus
bezeichnen kann, und seines Sohnes Yamashiro no Ôe no Ô deutlich machen.
Komme ich zunächst zu Shakyamuni, der die folgenden Lehren vertrat: Man darf kein lebendiges
Wesen töten. Man darf keinen Menschen töten. Ferner darf man es nicht stillschweigend hinnehmen,
wenn Menschen getötet werden. Shakyamuni missbilligte die Teilnahme von Menschen an Kämpfen
und Kriegen und untersagte das Betrachten von Armeen, die in den Krieg ziehen. Auch wenn es sich
nicht vermeiden lassen sollte, zusammen mit einer Truppe an einem Ort zu nächtigen, darf man dies
nicht länger als drei Nächte tun. Darüber hinaus untersagte Shakyamuni das Betrachten von
Schlachten und Armeebewegungen.
Durch die Überlieferungen, die von dem Angriff und der Zerstörung der eigenen Familie des
Shakyamuni durch den König Vidudabha des Königreiches Kosala handeln, kann man erfahren, wie
man sich in dem Fall verhalten soll, wenn man nicht selbst Krieg beginnt und angegriffen werden
sollte.
Shinkan Murakami beschreibt das Wesentliche dieser Überlieferung in sechs Kernpunkten:
1. Der König Pasenadi des Reiches Kosala erhielt von der königlichen Familie der Shakya (der Familie
des Buddha) eine Frau Mahanama und machte sie zu seiner Königin. Es wurde ihm jedoch
verheimlicht, dass diese Frau in Wahrheit die Tochter einer Dienstmagd der Shakya-Familie war.
2. Diese Frau gebar einen Sohn, Vidudabha. Als dieser Kronprinz die Familie der Shakya besuchte,
wurde er kühl empfangen, als Sohn einer Dienstmagd geschmäht und kehrte gedemütigt zurück.
Daraus entwickelte er einen Groll gegen die Familie der Shakya und beschloss Vergeltung zu üben.
3. Als er später den Thron bestieg, wurde er von einem Minister aufgehetzt, dachte an den früheren
Groll zurück und machte sich mit einem Heer auf, um die Shakya-Familie anzugreifen. Zu dieser Zeit
saß der Buddha am Rand der Straße, die der König Vidudabha von der Grenze heranmarschiert kam,
unter einem verdorrten Baum, der nur wenig Schatten bot. Der König drückte dem Buddha (dafür)
seine Hochachtung aus und zog seine Armee einstweilen zurück. Der Buddha wusste jedoch, dass das
Karma der Shakya Familie durch die begangene Missetat nur schwer zu retten sein würde und
beschloss, sich nicht noch einmal in den Weg des Königs zu stellen.
4. Als die Armee des Königs wieder angriff, verließ die Shakya-Familie in ihrem Land Kapilatthu ihr
Schloss und ließ ihre geschickten Bogenschützen aus der Ferne Pfeile abschießen, allein um den
Gegner abzuschrecken und keinesfalls um zu töten.
5. Schließlich drang die Armee des Königs in das Innere des Schlosses von Kapilatthu vor und
metzelte die Familie der Shakya nieder.
6. Als der König von seinem Straffeldzug gegen die Shakya-Familie in das Schloss der Hauptstadt in
sein Land zurückkehrte, wurden er und jeder in seiner Gefolgschaft kurz darauf von einem Wasser
(oder Feuer) heimgesucht und starben.
Beim vierten Punkt streicht Murakami hervor, dass die Shakya-Familie in keinster Weise einen Angriff
durchgeführt hat. Das heißt also, dass die Shakya-Familie auch im Krieg das Gebot des Nicht-Tötens
von Leben geachtet und stattdessen selbst den Weg des Erlöschens gewählt hat.
Komme ich als nächstes zu der Frage, wie wohl Prinz Yamashiro no Ôe no Ô, Sohn des Shôtoku Taishi,
gedacht hat. Da nicht alle der hier versammelten Gäste Shôtoku Taishi kennen, werde ich im
Folgenden seine Verdienste kurz zusammenfassen. Shôtoku Taishi war ein Politiker, der die
Geschicke Japans maßgeblich bestimmt hat. Er war der Sohn des Yômei-Tennô, seine Tante war Suiko,
die als Sessho, Stellvertreterin eines männlichen Regenten, ihre Stellung antrat und 593 Kaiserin
wurde. Seine Verdienste werde ich im Folgenden aufführen:
593, mit 20 Jahren ließ er unverzüglich nach seinem Amtsantritt den Shitennô-Tempel in Osaka
errichten. Dort konnten die Menschen Buddha ehren, anderen Menschen helfen und ihr eigenes
Handeln verbesser. Darüber hinaus wurde der Shitennô-Tempel ein Ort, an welchem es möglich war,
beginnend mit dem Buddhismus eine Vielzahl von Wissenschaften, Handwerken und Fähigkeiten
intensiv zu studieren.
594, erhob er 21-jährig im Namen des Kaisers per kaiserlichem Erlass den Buddhismus zur
Staatsreligion.
595, Shôtoku Taishi war 22 Jahre alt, kamen die Priester Eji und Esô aus den koreanischen Reichen
Goguryeo und Baekje nach Japan.
598, mit 25 Jahren, hielt er Vorlesungen über die Shoman-Sutra und 606, mit 33 Jahren, über die
Lotus-Sutra.
In der Zwischenzeit führte Shôtoku Taishi 603 mit 30 Jahren ein zwölfstufiges Rangsystem für die
Minister und Beamten am Hof ein. Äußerlich wurden der Rang und die Stellung am Hof durch eine
bestimmte Kopfbedeckung widergespiegelt. Diese wurde entsprechend der Leistung des Anwärters
vergeben und durch eine entsprechende Farbe sichtbar gemacht. Dadurch ebnete er den Weg in
Richtung einer Anstellung entsprechend den Fähigkeiten des Kandidaten und reformierte so das
Sippensystem.
Die obersten Ränge des zwölfklassigen Kopfbedeckungs-Rangssystems und damit eine violette
Kopfbedeckung erhielten der „Daitoku“ und der „Shôtoku“, der „Dainin“ und der „Shônin“ erhielten
eine blaue Kopfbedeckung, der „Dairai“ und der „Shôrai“ eine rote, der „Daishi“ und der
„Shôshin“ eine gelbe, der „Daigi“ und der „Shôgi“ eine weiße und der „Daichi“ und der „Shôchi“ eine
schwarze Kopfbedeckung.
604, 31 jährig erließ Shôtoku Taishi die 17-Artikel-Verordnung (Verfassung). Im ersten Artikel steht
der berühmte Satz geschrieben: „Es ist ehrwürdig keinen Streit zu führen (Harmonie soll hoch
geachtet werden)“, und im zweiten Artikel steht „Verehre tief den Buddha, der die Erleuchtung
erfuhr, verehre tief seine Lehre und verehre tief die Mönche, die seine Lehre empfingen und
studierten (verehre tief die drei Schätze (Buddha, Lehre, Mönche))“.
Laut dem offiziellen chinesischen Geschichtswerk „Sui Shu“ entsandt Shôtoko Taishi 607 mit 34
Jahren Ono no Imoko mit einer Schar von Priestern als Gesandten zum chinesischen Kaiserreich der
Sui. Sakamoto Tarô („Shôtoku Taishi“ Yoshikawa Kôbunkan, 1979, Seite 109) meint hierzu, dass zwar
die Lehre des Buddhismus im Zentrum des Interesses von Shôtoku Taishi stand, es jedoch nicht
schwierig sei, sich vorzustellen, dass er auch die Absicht hatte, mehr über die neue Kultur aus China,
also über Politik, Organisation oder auch Kunst in Erfahrung zu bringen.
Im August des Jahres 608 mit 35 Jahren schickte er Ono no Imoko zum zweiten Mal als japanischen
Gesandten nach China, der dabei den chinesischen Gesandten der Sui zurück in dessen Heimatland
begleitete. Ono no Imoko wurde von acht Mönchen, Studenten und Gelehrten begleitet. Diese
Gruppe hat sich durch ihr hartes Studium sehr verdient gemacht und dazu beigetragen, dass
chinesische Kultur aus den verschiedensten Gebieten nach Japan eingeführt werden konnte. Unter
den Mitgliedern der Gruppe waren auch Minamibuchi no Shôan, Sômin und Takamuko no Kuromaro,
die zu den zentralen Köpfen der Taika-Reform wurden. 611, 38-jährig, vollendete er die Shômangyô
Gisho (die kommentierte Fassung der „Srimaladevi Sutra“)
Ab 612, 39-jährig, ließ Shôtoku Taishi Mimashi, der aus Paeckche nach Japan gereist war, Jungen und
Jugendliche in ausländischer Musik und Tanz unterrichten. Nach Sakamoto leistete Shôtoku Taishi
damit einen außerordentlichen Beitrag zur japanischen Musikgeschichte.
613 vollendete er mit 40 Jahren die Yuimagyô Gisho (die kommentierte Fassung der
„Vimalakirtinirdesa“ Sutra). Weiter eröffnet er die Verbindungsstraße von Nanba nach Asuka.
615, 42jährig, vollendete er die Hokekyô Gisho (die kommentierte Fassung der Lotus-Sutra). Shôtoku
Taishis Mentor Eji kehrte in sein Heimatland (Gogureo/Korea) zurück.
618, Shôtoku Taishi war 45 Jahre alt, ging die Sui-Dynastie in China zu Grunde und es kam zur
Staatsgründung der Tang-Dynastie.
620 ließ Shôtoku Taishi mit 47 Jahren die altjapanischen Geschichtsbücher „Tennôki“ und
„Kokki“ aufzeichnen.
622 starben Shôtoku Taishi, 49-jährig, und seine Frau in dem kaiserlichen Palast Ikaruga.
643, 21 Jahre nach dem Tod von Shôtoku Taishi, griff „Soga no Iruka“ „Yamashiro no Ôe“ und dessen
Familie den Ikaruga-Palast an. „Yamashiro no Ô“ floh daraufhin mit den Seinen auf den Berg Ikoma.
Unter diesen waren auch welche, die der Meinung waren, dass man sich dem Kampf gegen die SogaGruppe stellen sollte. So schlug „Miya no Fumiya no Kimi“ vor, heimlich die Flucht zum Bergschloss
Fukakusa anzutreten, und von dort mit dem Pferd in den Osten des Landes zu reiten, wo der
kaiserlichen Familie viele Ländereien gehörten. Ein Sieg sei sicher, wenn man dort Soldaten
versammeln und mit diesen zum Angriff übergehen würde. „Yamashiro no Ô“ anwortete: „Zweifellos
würden wir gewinnen, wenn wir täten, wie ihr sagt. Ich wünsche mir jedoch nicht, dass sich ein
ganzes Volk allein wegen uns quälen muss. Ich wünsche mir weiter auch nicht, dass die Menschen
der kommenden Generationen sagen: „Wegen „Yamanashiro no Ô“ wurden unsere Mütter und Väter
getötet“. Es heißt zwar, dass diejenigen, die im Kampf sterben, mutig sind. Sind aber nicht gerade
diejenigen mutig, die sich aufopfern, um damit ihrem Land Frieden und Ordnung zu bringen?“
Als „Yamashiro no Ôe no Ô“ das Herannahen der Armee des „Soga no Iruka“ an den Berg Ikoma
bemerkte, stieg er vom Berg hinab und begab sich in den Hôryû-Tempel von Ikaruga. Die ganze
Familie der „Jogû Ô ke“ (Brüder und Kinder des Shôtoku Taishi) folgte ihm. Dies wurde von dem
feindlichen Heer bemerkt und die Verfolger näherten sich dem Hôryû-Tempel. Da beauftragte
„Yamashiro no Ôe no Ô“ „Miwano no Fumiyano Kimi“, dem feindlichen Heer das Folgende
auszurichten: „Es besteht kein Zweifel daran, dass ich gegen Iruka gewänne, wenn ich Soldaten
aufstellen und ihn angreifen würde. Obgleich dies so ist, wünsche ich kein Blutvergießen durch die
Bauern. Aus diesem Grund werden wir uns selbst dem Iruka opfern“. Daraufhin wählt er zusammen
mit seiner Familie den Freitod.
Shôtoku Taishi erklärte in seinem “ Shomankyo Gisho”, dass man seinem Leben und Gütern entsagen
muss, um sich die Wahre Lehre aneignen zu können. Und er erklärte weiter, dass das Hingeben des
eigenen Körpers vor die Füße des Tigers, die Aufgabe des eigenen Lebens bedeutet. Es war
Yamashiro no Ôe no Ô, der in eigener Person diesen Geist von Shôtoku Taishi in die Tat umsetzte.
Somit war Yamashiro no Ôe ein Verfechter des Friedens und des Nichtangriffs, der sich für die Lehren
seines Vaters Shotoku Taishi opferte.
Welche Haltungen und Handlungen gab es in der buddhistischen Welt
gegenüber dem Zweiten Weltkrieg?
Die zwei Bände des Buches von Wakatsuki Yasuo „Japans Kriegsverantwortung“, deren Darstellungen
auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen, wurden im letzten Jahr des Pazifischen Krieges (Zweiten
Weltkrieges) geschrieben, als ich die erste Klasse besuchte. Als ich es damals las, war mir das Ausmaß
der Ausführungen noch nicht bewusst.
Wakatsuki zufolge drückte Premierminister Hara 1920, gut ein Jahr nach Ende des Ersten Weltkrieges,
in seiner Regierungserklärung seine Besorgnis über die Gesinnung des Volkes aus, und besonders in
den Jahren zwischen 1924 und dem Jahr des Zwischenfalls an der Marco-Polo-Brücke 1937, haben
sieben von neun Premierministern die folgende Absichtserklärung abgegeben. Zusammengefasst
lautet diese: „Da sich das Volk mit ausländischem Gedankengut ansteckt, sich extremen
Anschauungen zu sehr hingibt, und sich, im Versuch die Nation (Kokutai) zu zerstören, aufsässig und
gesetzwidrig verhält und dadurch die gesellschaftliche Ordnung durcheinander gerät, muss
gleichzeitig mit der Entfernung dieses für die Nation gefährlichen Gedankenguts der Gedanke der
Nation hervorgehoben und die fromme Verehrung des Kaisers zur höchsten Pflicht erklärt werden“.
1937 wurde dieser Absichtserklärung folgend die „Kampagne zur Volksaufklärung“ beschlossen.
Dabei war es das Ziel, „das Volk mit dem nationalen Gedanken zu durchdringen, es dazu zu bringen,
die in- und ausländische Lage mit dem Kaiserreich als Zentrum zu betrachten, und es zum Wohle des
nationalen Gedeihens beitragen zu lassen“.
Mit dem Beginn des Japanisch-Chinesischen Krieges machte diese „Volksaufklärungs-Kampagne“ mit
den Parolen „Nationale Einheit“, „Loyaler Patriotismus“ und „Standhafte Beharrlichkeit“ einer
„Kampagne der allgemeinen Mobilmachung des Volksgeistes“ Platz, und im Herbst 1940 wurde diese
durch die „Taisei Yokusan-Kai“ (Unterstützungsgesellschaft für die Kaiserliche Herrschaft)
übernommen.
Am 8.12.1941, zu Beginn des Krieges im Pazifischen Ozean (dem Kriegsbeginn zwischen Japan und
den USA) wurden die Anweisungen und die Einmischung gegenüber dem Volk vertieft und im Radio
liefen das ganze Jahr hindurch, jeden Tag Moralpredigten, nationale Gedichte und Volkslieder.
Volkslieder, wie „Umi-yukaba“, die Strophen hatten wie „Lasse ich mein Leben in der See, wird mein
Körper von Wellen umspült, lasse ich mein Leben in den Bergen, wird mein Körper von Moos bedeckt,
sterbe ich jedoch für den Kaiser, gibt es kein Bedauern“. Hier und dort hingen Poster auf denen es
hieß: „Luxus ist der Feind“, „Schluss mit der Dauerwelle“ usw. Die Manzai-Künstlerduos
(Possenreißer) predigten dem Publikum von der Bühne über die „Bedeutung der Zeitumstände“,
oder auch über die „Haltung im Alltagsleben“ , und die Vorsitzenden der Gemeinderäte und
Nachbarschaftsvereinigungen bauschten die Dinge, die in den Zeitungen standen, in langem Gerede
auf. Die unter der Leitung der Polizei stehenden Wachtruppen spielten über ihre Feuerwehrfunktion
hinaus eine große Rolle bei der Mobilisierung und Überwachung der Bevölkerung. Auch für die
Bewohner der großen Städte wurde die Kontrolle durch die Nachbarschaft strenger und ihre Lage
schwieriger.
Durch die nationalen Parolen wie „Nationale Einheit“ oder auch „Einhundert Millionen, ein Herz“ war
Kritik gegenüber der Politik des Landes kaum möglich, und wenn man diese auch nur annähernd übte,
war die Gefahr groß, bei der Polizei denunziert zu werden.
Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Filme und Rundfunksendungen wurden alle staatlich kontrolliert,
und eine Haltung gegen den Krieg einzunehmen, auch nur eine passive, wurde in keinster Weise
toleriert. Diese starke Kontrolle wurde nicht nur gegen die Medien angewandt, sondern auch gegen
den Einzelnen. Kritik oder Widerstand gegen die Nation wurde als ein Verbrechen aufgefasst, verfolgt
und hatte eine Bestrafung zur Folge.
Was in dieser Zeit die Religion betrifft, so wurde zu deren Kontrolle 1939 das „Gesetz über religiöse
Gruppen“ erlassen, wonach es von der Gründung und Vermögensverwaltung bis zum Umriss der
Lehre, ihrer öffentlichen Bekanntgabe, der Durchführung von Zeremonien, und
Personalentscheidungen der Zustimmung eines zuständigen Ministers bedurfte.
Der Buddhismus, der durch die anti-buddhistische Bewegung seit Beginn der Meiji-Restauration
(Buddhismus und Shintoismus sollten dabei getrennt werden, der Buddhismus und die Gedanken des
Shakyamuni wurden abgelehnt) und durch die Ausbeutung der Tempel durch den Staat einen
schweren Schlag erlitten hatte, kooperierte während des Krieges mit dem Staat, machte einen Fehler
nach dem anderen und schwieg, mit der Absicht, sich selbst zu schützen. Die japanischen Christen
und neuen Religionen hingegen wurden unterdrückt. Die Anhänger des Christentums galten als
„westlich“ und somit „nicht-japanisch“, was sie in eine missliche Lage versetzte.
So wurden 1939 das geistliche Oberhaupt der japanischen Zeugen Jehovas, Akashi Junzo, und 130
weitere Anhänger dieser christlichen Sekte festgenommen, und Akashi erhielt durch ein
Militärgericht eine Zuchthausstrafe wegen Majestätsbeleidung und Widerstand gegen Verordnungen.
Im darauffolgenden Jahr 1940 wurden der General Uehara und sechs weitere Mitglieder der
japanischen Heilsarmee wegen des Verdachts der Spionage verhört, und die „Heilsarmee“ wurde
gezwungen, sich in „Heilsgruppe“ umzubenennen. Die berühmte christliche Führungspersönlichkeit
Kagawa Toyohiko wurde von der Militärpolizei verhaftet. Im unterworfenen Korea wurden 1941
mehr als 2000 Menschen inhaftiert, über 50 Menschen starben im Gefängnis und über 200 Kirchen
wurden geschlossen.
Schließlich wurde auch das Christentum, das nach besten Kräften standhielt, von der großen Welle
verschlungen. So forderte 1943 der „Christenverband Japans“ die Christen aller Länder der
„Großostasiatischen Wohlstandssphäre“ (besetzte asiatische Gebiete) in einem Brief auf, den
„Großostasiatischen Krieg“ zu unterstützen. Weiter lauteten zwei wesentliche Punkte in den
Richtlinien des „Christenverbandes Japans“ während Kriegszeit für die Ausführung der Missionierung:
„Die Anhänger sollen sich der Pflege des Geistes der loyalen Patriotismus widmen und zu Gläubigen
gemacht werden, die sich für das Gemeinwohl aufopfern. Die Volkssitte der frommen
Ahnenverehrung soll hoch gehalten werden und die Anhänger sollen sich den Vorfahren für die von
diesen erhaltene Gunst dankbar zeigen“. An diesem Punkt angekommen, änderten sich die die
Anweisungen des Kultusministeriums nicht mehr. Dies bedeutete nun auch für die japanischen
Christen das Erleiden einer entwürdigenden Niederlage vor der Tyrannei des Tenno-Systems
(Wakatsuki 2. Teil, S. 201).
Die Unterdrückung der Neuen Religionen war gegenüber den Christen noch strikter, und ihre
Religionsstifter und Führungsmitglieder wurden unterschiedslos wegen Majestätsbeleidigung
festgenommen und die Religionsgruppen aufgelöst. Besonders traf dies für die schintoistische
Oomoto-Sekte zu. So wurden im ganzen Land 3000 ihrer Mitglieder verhaftet, und bevor es ein
Gerichtsurteil gab, zerstörte die Polizei Schreine und andere Einrichtungen mit Dynamit. Anders als
bei den traditionellen Religionen war es wohl im Fall der neuen Religionen so, dass die Regierung es
mit großem Unbehagen sah, wenn die neuen Religionen an ihrer Spitze einen geistigen Führer hatten,
der sich, dem Tenno gleich, als göttlich bezeichnete. Die Regierung räumte den neuen Religionen
auch nicht die Bezeichnung „Religion“ ein, sondern lediglich „religionsähnlich“.
Das auf Frieden ausgerichtete Handeln der japanischen Religionsgruppen
Annähernd alle Religionen beten für die Seelenruhe ihrer Mitglieder und wünschen sich Frieden.
Ungeachtet dessen mangelt es nicht an Beispielen dafür, dass Religion nicht friedlich, sondern mit
Gewalt und Krieg verbunden ist. Dies wird unter anderem deutlich an der Zerstörung von
Heiligenbildern während der islamischen Missionierung, an der christlichen Missionierung infolge der
Expansionspolitik während der Kolonialzeit, am israelisch-palästinensischen-Konflikt, am
Kaschmirkonflikt, am Konflikt in Sri Lanka, wo Buddhisten und Hindus zusammenstoßen, oder auch
am sogenannten radikalislamistischen „Terrorismus“.
Gegenwärtig sind viele Religionen bestrebt Frieden zu schaffen, einzeln oder in Zusammenarbeit mit
anderen. Hier sei als Beispiel die Weltkonferenz der Religionen für Frieden (WCRP, 1970 begonnen),
oder auch dem Hieizan-Religionsgipfel (1987 begonnen) genannt, wo man die Grenzen zwischen den
verschiedenen Religionen und den einzelnen Schulen des Buddhismus überwand und Initiativen
startete, welche die Grenzen zwischen den Religionen überwanden und den „Frieden“ in den
Mittelpunkt stellten. Weiter gibt es verschiedene Initiativen, wie die der buddhistischen Sôtô-Schule,
die sich für die Themen „Menschenrechte, Frieden und Umwelt“ engagiert, oder auch die JôdoshinSchule, die Otani-Schule oder auch die Honganji-Schule, die als Religionsgemeinschaften ihre
vergangene Kriegsverantwortung beleuchten und selbstkritisch „Antikriegs-Aktionen“ durchführen.
Oder auch Initiativen, wie die der buddhistischen Organisation Sôkagakkai, die durch die
Veröffentlichung von Antikriegsliteratur die Stimmen der Atombombenopfer bekannt macht und
Antikriegs- und Antiatomausstellungen organisiert.
Alle diese Initiativen sind richtig und wichtig, und es ist zu erwarten, dass diese Aktivitäten weiter
verstärkt werden (Akira Saito, „Buddhismus und Frieden“ in der Enzyklopädie des japanischen
Buddhismus 2005, S. 380ff). Ich hoffe sehr, dass der Nährboden dieser Anstrengungen von der Farbe
der Aktivitäten der Glaubensgemeinschaften durchtränkt sein werden, sich ein stärker international
ausgerichtetes Engagement entwickelt und dass sich die einzelnen Akteure der aktuellen, wie auch
zukünftiger potenzieller Konfliktzonen zu einem Dialog zusammenfinden.
(übersetzung: Benedikt Heckmann, 2011.08.01)
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