Die Ökologie des Geistes Liebe Brüder und Freunde, mit der Enzyklika »Laudato sii« hat Papst Franziskus die Aufmerksamkeit von uns und allen Menschen der Erde auf die Notwendigkeit gelenkt, unser Verhältnis zur Schöpfung in den Blick zu nehmen. Der fortgesetzte Missbrauch hat die Schöpfung in den letzten zwei Jahrhunderten so geschädigt, dass eine Zerstörung des gemeinsamen Hauses, in dem die Menschen leben müssen, zu befürchten ist. Negativen Folgen bleiben folglich nicht aus, nicht nur für die Qualität des menschlichen Lebens, sondern auch für zukünftige Generationen. Das Thema könnte im Verhältnis zur Glaubenserfahrung als nebensächlich erscheinen. Der Papst hingegen zeigt auf, wie eine falsche Beziehung zur Schöpfung eine verdorbene Beziehung zu den Menschen und zu Gott wiederspiegelt. Daraus leitet der Papst im Kapitel 6 der Enzyklika die bisher unbekannte Vorstellung einer »ökologischen Spiritualität« ab. Diese soll der Motor einer umfassenden Regeneration des Menschen und der menschlichen Beziehungen sein. Ich möchte mich dieser Idee des Pontifex anschließen und einige Bereiche benennen, die unsere persönliche Verantwortung hinterfragen, die der Papst zwar andeutet aber nicht weiter vertieft. Ich glaube, der erste Schritt zu einer »ökologischen Spiritualität« könnte die Suche nach einer und die Sorge für eine »Ökologie des Geistes« sein. Man könnte das für ein Wortgeplänkel halten, aber in Wirklichkeit sind die Schäden, die wir auf unserem Planeten beobachten, ein Spiegelbild und die Konsequenz der Schäden, die jeder in sich selber trägt. Jesus selbst sagt dies in einer polemischen Auseinandersetzung mit den Pharisäern: » Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.« (Mt 15,11) »Denn wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.« (Mt 12,34) Die innere Unordnung ist der Grund und die Ursache für die Unordnung, die sich in der Welt ausbreitet. Deshalb ist der erste Beitrag, den wir für eine bessere Welt bieten können, die Reinigung unseres Herzens. Aber wovon müssen wir das Herz reinigen? Eine zwar korrekte aber oberflächliche und nichtssagende Antwort wäre: Von der Sünde! Wir wissen aber, dass sich die Sünde in unser Leben unter verschiedenen und tückischen Formen einschleicht, so dass sie manchmal überhaupt nicht widerwärtig erscheint, wenn nicht sogar anziehend. Deshalb ruft uns Jesus auf, die Augen immer offen zu halten und wachsam zu sein. Wir sollen uns vor der Versuchung hüten und davor, kompromissbereit Haltungen und Verhaltensregeln friedlich zu dulden, die dem Evangelium völlig fremd sind. Also schlage ich vor, den Text Gal 5,16-23 wieder in die Hand zu nehmen, in dem der Apostel das Leben aus dem Geist dem Leben aus dem Fleisch gegenüberstellt. Der Text gibt ein paar Beispiele, die sehr nützlich sind, um vom abstrakten Begriff der Sünde zur konkreten Form zu gelangen, in der jeder von uns die Sünde in sich trägt. Begehen wir nicht den Fehler, solche Beispiele plump auf die Ebene der »lässlichen Sünden« zurückzustufen: Ich beziehe mich hier nicht auf die subjektive moralische Verantwortung, woüber letztlich Gott urteilt. Aber jedes dieser Beispiele stellt für sich genommen einen tödlichen Stachel dar, der das von mir gewählte Lebensmodell offenbart: Es ist entweder das Leben nach dem Geist oder es ist das Leben nach dem Fleisch. Und jeder weiß, dass die zwei Modelle ganz und gar unvereinbar sind und sich widersprechen. Was sagen also unsere Haltungen und unser Verhalten über unser Leben aus? Für welches Modell legen wir Zeugnis ab, wenigstens der Absicht nach und in der Spannung (Absichten ohne Spannung sind Illusionen!)? Wir haben den Entschluss gefasst, Christus in der Welt darzustellen. Unsere Welt ist zunächst das Presbyterium, zu dem wir gehören und dann das Umfeld, in dem wir unseren priesterlichen Dienst für das Reich Gottes ausüben. Wir haben die schwere Verantwortung, mit unserem Leben das Charisma zu verkünden, das uns anvertraut wurde. Sicherlich sind wir wie Tongefäße und nicht deshalb ausersehen, weil wir besser wären als die anderen. Aber zusammen mit dem Charisma ist uns die kraftvolle Gnade des Geistes gegeben worden, damit sich das Charisma über unsere persönlichen Fähigkeiten hinaus im Leben jedes einzelnen von uns entfalten kann. Wenn das nicht oder nur teilweise geschieht wird offensichtlich, dass wir uns selber mehr oder weniger bewusst als Hindernisse dem Wirken des Geistes in den Weg legen. Wir werden dann nicht das, wozu wir eigentlich gerufen sind und schaden der Sendung, zu der wir ausgesandt sind. Diese »Ökologie des Geistes« scheint mir eine dringende Aufgabe zu sein, der sich niemand von uns entziehen sollte, gerade in einer Zeit, in der die Frage nach der Authentizität des Lebens immer deutlicher drängt. Die »Ökologie des Geistes« ist eine unbedingte Voraussetzung für die Abschnitte der Bildung, die uns in den nächsten zwei Jahren erwarten und die ausgerichtet sind auf die Suche und die Knüpfung von ganz und gar vom Evangelium geprägten Beziehungen im Presbyterium und im Dienst. Der Herr führe uns, er stehe und auf diesem Weg bei und schenke uns seinen Frieden. Giuliano