Predigt am Sonntag Kantate

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Predigt am Sonntag Kantate, 3. Mai 2015 mit
„Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich“
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft
des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde!
Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder – das ist der Wochenspruch
für diese Woche –
Und eine wunderbare Geschichte hören wir heute als Predigttext.
Da wird in der Apostelgeschichte erzählt, dass Paulus und sein Begleiter Silas in
Philippi waren, in Mazedonien. Auch hier wie sonst meistens gingen sie zur jüdischen
Gemeinde und erzählten dort, brachten den Menschen die gute Nachricht. Eine ließ
sich sofort davon begeistern und taufen: Lydia, eine reiche Geschäftsfrau aus der
Stadt. Dort konnten die beiden auch wohnen in ihrer Zeit in Philippi, d.h. sie hätten
wohnen können, wenn sie nicht im Gefängnis gelandet wären. Wann immer nämlich
sie sich durch die Stadt bewegten lief ihnen eine Frau hinterher, eine Sklavin mit der
Fähigkeit der Weissagung. Zu ihr kamen viele Menschen, die wissen wollten, was
ihnen die Zukunft brachte. Sie sagte es ihnen – und das Geld für diese
Dienstleistung, das bekamen die, denen sie gehörte.
Diese Frau nun lief hinter Paulus und Silas hinterher und rief ständig: Diese
Menschen stehen im Dienst des Höchsten Gottes. Paulsu nervte dieses dauernde
Geschrei, er drehte sich also um und befahl diesem Wahrsagegeist, die Frau zu
verlassen. Das tat der auch – und nun war die Sklavin für ihre Herren nichts mehr
wert. Also zeigten die Paulus und Silas an und die wurden verhaftet und verurteilt.
Und da nun beginnt unser Predigttext für heute:
Apg 16, 23-34
23Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl
dem Aufseher, sie gut zu bewachen.
24Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und
legte ihre Füße in den Block.
25Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und die
Gefangenen hörten sie.
26Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des
Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die
Fesseln ab.
27Als aber der Aufseher aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des
Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er
meinte, die Gefangenen wären entflohen.
28Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier!
29Da forderte der Aufseher ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und
Silas zu Füßen.
30Und er führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich
gerettet werde?
31Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig!
32Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren.
33Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die
Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen
34und führte sie in sein Haus und deckte ihnen den Tisch und freute sich mit seinem
ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.
Eine wunderbare Geschichte – aber was ist hier das Wunder?
Ist das Wunder in der Geschichte das Erdbeben, das die Mauern des Gefängnisses
zum Wanken bringt, so dass die Ketten abfallen und die Türen rausfallen?
Und wie gehen wir mit einem solchen Wunder um?
Erdbeben – das ist etwas furchtbares – so kennen wir das aus den Nachrichten.
Erdbeben hier geschieht nur an einem Punkt, nur das Gefängnis scheint betroffen.
Wie das? Das macht für uns die Schwierigkeit mit solchen Wundergeschichten aus.
Wir gehen davon aus: alles hat seine Ursachen und läuft nach bestimmten Regeln
ab. Und wenn ich mir etwas nicht erklären kann,dann habe ich vielleicht die Regeln
noch nicht verstanden. Ausnahmen lassen wir da nicht zu, auch nicht, dass Gott
eine Ausnahme machen würde.
Dabei erleben auch heute Menschen Wunder: wenn einzelne nach Tagen nach dem
Erdbeben noch lebend aus den Häusern gezogen werden, wenn Menschen plötzlich
und unvermutet gesund werden, wenn ich nicht bekomme, was ich verdient habe, in
dem Sinne, dass mein Handeln eigentlich böse Folgen haben müsste, ja überhaupt
eigentlich imemr dann, wenn Versöhnung geschieht, wenn es plötzlich
Friedensverträge gibt, wenn Waffen schweigen.
Und immer: das alles verändert nicht alles – da sind viele umgekommen bei dem
Erdbeben, nur einige gerettet, ein Friedensvertrag bringt nicht Frieden für die ganze
Welt usw.
Aber – wenn ich das als Wunder betrachte, als Ausnahme, so zeigt mir das doch ,
wohin es geht, welche Richtung wir einhalten könnten, was Gott uns versprochen
hat.
Also: ist die Rettung das Wunder in der Geschichte?
Lied: Die Herrlichkeit des Herrn...
Ist die Rettung das Wunder in der Geschichte?
Oder ist es vielmahr das Wunder, dass die Gefangenen nicht weglaufen? Das ist
mindestens genauso unerklärlich. Nicht nur Paulus und Silas bleiben da, die anderen
auch? Wo gibt es denn so was? Da verzichten Menschen auf ihre Rettung, auf ihren
eigenen Vorteil – das ist tatsächlich ein Wunder.
Vielleicht denken aber auch v iele bei einer solchen Art von Wunder: Schön blöd.
Wer verzichtet denn auf einen so klaren Vorteil für sich selbst? Da hätte doch jeder
Verständnis, wenn die abhauen, sich in Sicherheit bringen – auch wenn das das
Leben des Gefängnisaufsehers beendet hätte. Aber der wird nun vorher auch nicht
gerade zimperlich mit seinen Gefangenen umgegangen sein.
Wie kann man nur so blöd sein – das ist vielleicht eine ungewöhnliche Reaktion auf
ein Wunder. Ein Wunder – das ist etwas, das zu meinem Vortteil geschieht – aber
doch nicht etwas, wo ich auf meinen Vorteil verzichte.
Wer macht denn so was? So was – das können Menschen tun, die für sich das
Gefühl haben, nicht zu kurz zu kommen, die vertrauen darauf, dass auch ein
schwieriger Weg ein guter sein kann,die darauf vertrauen, dass sie bewahrt werden,
dass Gott sie nicht fallen lässt. Ich muss nicht auf meinem Vorteil bestehen, dafür
sorgen, dass ich alles kriege, was mir zusteht, wenn ich mich so bewahrt und
aufgehoben weiß.
Das ist, so glaube ich, der Inhalt der guten Botschaft, die Paulus und Silas
verkünden: Für dich ist gesorgt, hab keine Angst, du wirst nicht fallen gelassen, auch
dann nicht , wenn es richtig dicke kommt.
Und dann können Menschen das tun, was eigentlich unüblich ist – auf den eigenen
Vorteil verzichten, sich völlig anders verhalten , als Menschen das normalerweise
tun, weil sie frei sind von dieser dauernden Angst, es können für sie nicht reichen.
Ein neueres Besipiel ist für mich Dietrich Bonhoeffer, der ebenfalls auf seine
Befreiung verzichtete. Er hätte ausbrechen können, er hatte Helfer, die ihm Zuflucht
und Unterschlupf gewährt hätten, die Verkleidung als Monteur lag schon unter seiner
Matratze – und er tat es nicht, er tat es nicht, wegen der anderen, die er damit
möglicherweise gefährdet hätte und er tat es nicht wegen der Menschen, die ihn
brauchten im Gefängnis. Bonhoeffer hat dafür mit seinem Leben bezahlt – anstatt für
seinen Vorteil zu sorgen. Für Paulus und Silas ging die Geschichte noch weiter – ist
ihr Dableiben das Wunder in dieser Geschichte?
Lied: Die Herrlichkeit des Herrn...
Ist ihr Dableiben das Wunder in dieser Geschichte?
Oder das, was jetzt kommt? Der Gefängniswärter ist erleichtert, er lädt Paulus und
Silas in seine Wohnugn ein, er pflegt sie, er bewirtet sie. Er hört ihnen zu – wie sie
die gute Nachricht verkünden, die Nachricht davon, dass ich es mir leisten kann, auf
meinen Vorteil zu verzichten, darauf zu verzichten mich durchzusetzen, weil ich weiß:
für mich ist gesorgt.
Und dann, nachdem er das gehört hat, lässt er sich taufen.
Und: er und sein ganzes Haus freuen sich darüber. Das klingt lapidar und doch bin
ich darüber gestolpert.
Freuen Sie sich darüber, dass Sie getauft sind? Oder ist das halt nicht irgendetwas,
was Ihnen nun mal so passiert ist. Ist das, dass wir die gute Botschaft gehört haben
und hören dürfen, Grund zur Freude? Freuen wir uns darüber, dass wir noch etwas
anderes hören, als das, was sonst gepredigt wird: Unterm Strich zähl ich, erst mal
muss es mir gut gehen, dann kann ich für die anderen sorgen, jeder ist sich selbst
der Nächste, ich will niemandem zur Last fallen, denn das kann man ja keinem
zumuten?
Freue ich mich über die Taufe – über meine und die Taufen, an denen ich so
teilnehme, in der Familie, im Gottesdienst?
Ist diese Freude über die Taufe das Wunder?
Lied: Die Herrlichkeit des Herrn...
Ist diese Freude über die Taufe das Wunder?
Oder ist dies das Wunder: Da sitzen Paulus und Silas im Gefängnis, angekettet,
mitten im Gebäude, keine Chance auf Flucht nach menschlichem Ermessen –
Und sie beten – ok, das hätte ich auch getan –
Und sie lobten Gott.
Hm, hätte ich das auch getan?
Eine andere Überstezung schreibt: sie sangen zum Lobe Gottes, im Griechischen
steht das etwas von Hymnen für Gott.
Also, wenn ich ehrlich sein soll, ich hätte wohl gebetet, verzweifelt gebeten um Hilfe.
Vielleicht hätte ich auch geklagt und gesagt: warum tust du mir das an? Hörst du
mich? Hilf mir doch. Aber Hymnen zum Lobe Gottes hätte man von mir nicht gehört.
Die Gefangenen rund um Paulus und Silas herum hören genau das: die beiden loben
Gott und singen.
Das ist für mich in jedem Fall ein Wunder. Was ist das? Selbstbeschwörung, singen
gegen die Angst, wie ich das mache, wenn ich in einen dunklen Keller gehe?
Oder einfach nur tiefes Vertrauen – wissen: du Gott lässt mich nicht los, egal, was
jetzt passiert, sich erinnern an all die Schätze und Geschenke, die sie bereits
gesammelt haben in diesem Glauben, ein Lobgesang, weil sie so reich sind an Glück
, an Segen, an wunderbaren Geschichten, an guter Nachricht?
Die gute Nachricht heißt: Du lebst. Das Leben ist dir geschenkt. Du bist gewollt und
geliebt – Jesus hat davon erzählt. Du bist nicht allein – Gott ist da, auch da, wo das
größte Leid ist. Und: der Tod ist nicht das Ende, es gibt einen Weg auch dort
hindurch. So hat Bonhoeffer es kurz vor seiner Hinrichtung gesagt, so wird es
jedenfalls überliefert: Das ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens.
So weit ist es bei Paulus und Silas noch nicht – aber sie loben Gott, sie freuen sich
über diese gute Nachricht, sie beten, sie bitten, sie danken – und sie loben. Und
loben und singen, das ist dann noch mal etwas anderes, das geht über mich als
einzelner Mensch hinaus. Ich lobe Gott, für alles, was da ist, nicht nur für, das was
ich an Gutem erlebt habe, ich freue mich über Gott und das Leben, auch wenn mir
eigentlich nicht nach jubeln ist.
Für mich ist das im Moment das Wunder in dieser Geschichte und gleichzeitig die
Anfrage an mich: Kann ich das noch – absehen von mir – mich freuen am Leben
überhaupt – Gott loben für all das, was da ist?
Wenn ich das kann, dann habe ich die gute Nachricht gehört, dann hat sie mich
erreicht und dann werde ich noch so manches Wunder entdecken.
Von Paulus wird nicht nur in der Apostelgeschichte erzählt – von ihm haben wir auch
Briefe und einen an diese Gemeinde in Philippi, später geschrieben, später als
Paulus mal wieder im Gefängnis ist, mal wieder in schwieriger Lage. Da schreibt er
an die Gemeinde in Philippi:
4Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
5Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
6Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und
Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
7Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen
und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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