17-04-23 Quasimodogeniti Johannes 21,1

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Predigt über Joh 21, 1-14 (Qüasimodogeniti)
Liebe Gemeinde,
der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im
Johannesevangelium im Nachtragskapitel 21. Ich lese den Text
auf drei Teile verteilt. Zunächst die Verse 1 - 3:
Predigttext I
1
2
3
Später zeigte sich Jesus seinen Jüngern
noch einmal am See von Tiberias.
Das geschah so:
Simon Petrus, Thomas, der Didymus genannt wird,
Natanaël aus Kana in Galiläa,
die Söhne des Zebedäus sowie zwei weitere Jünger
waren dort am See beieinander.
Simon Petrus sagte zu den anderen: »Ich gehe fischen!«
Sie antworteten ihm: »Wir kommen mit.«
Sie gingen zum See und stiegen ins Boot.
Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
Die Tage danach
Petrus stützt seinen Kopf in die Handfläche. Es ist noch immer
schwer zu verstehen, was sich in den letzten Tagen abgespielt
hatte. Zuerst Jesus - am Kreuz. Dann das leere Grab. Was hat
das alles zu bedeuten?
Am Abend jenes Tages sahen sie ihn, in Jerusalem. Er
stand einfach im Zimmer. Tatsächlich und wahrhaftig
auferstanden. Was Jesus zu ihnen sagte, geht Petrus
immer wieder durch den Kopf: „Wie mich der Vater
gesandt hat, so sende ich euch“ (20,21), „so sende ich
euch…“. Wie geht es jetzt weiter?
Langsam bricht die Abenddämmerung über dem See von
Tiberias herein. Doch schlafen kann Petrus jetzt nicht.
Das Geschehene lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Da
steht er auf und sagt zu seinen Freunden: „Ich gehe
fischen!“. Etwas Alltägliches, Gewohntes tun. Auf andere
Gedanken kommen. Als hätten sie auf einen solchen
Vorschlag gewartet, antworten die anderen erleichtert:
„Wir kommen mit.“ Schweigend bereiten sie ihr Boot zur
Abfahrt vor, jeder mit den gewohnten Handgriffen. Als
sie ablegen, ist es dunkel. Nächtliche Stille umgibt sie.
Nur am Bug hört man kleine Wellen glucksen. Und den
sanften Wind, der die Segel streift. Draußen auf dem See
werfen sie die Netze aus. Schon als sie die Netze wieder
hereinziehen, merken sie, dass sie viel zu leicht für einen
nennenswerten Fang sind. Nur ein einziger mickriger
Fisch zappelt im Netz. Petrus wirft ihn zurück ins Wasser.
Wieder und wieder werfen sie in dieser Nacht die Netze
aus. Doch der Fang bleibt aus.
1
Nach solchen Nächten wünscht man sich den Morgen herbei.
Dass die Schwere der Nacht aufhöre und etwas Neues beginne.
Ich lese den zweiten Teil des Predigttextes.
Predigttext II
4
5
6
7
8
Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer.
Die Jünger wussten aber nicht, dass es Jesus war.
Jesus fragte sie: »Kinder, habt ihr nichts zu essen?«
Sie antworteten ihm: »Nein!«
Da sagte er zu ihnen:
»Werft das Netz an der rechten Bootsseite aus.
Dann werdet ihr finden!«
Sie warfen das Netz aus.
Aber dann konnten sie es nicht wieder einholen,
so voll war es mit Fischen.
Der Jünger, den Jesus besonders liebte, sagte zu Petrus:
»Es ist der Herr!«
Als Simon Petrus hörte,
dass es der Herr war, warf er sich seinen Mantel über
und band ihn hoch. Er trug nämlich nur ein Hemd.
Dann warf er sich ins Wasser.
Die anderen Jünger folgten im Boot
und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.
Sie waren nicht mehr weit vom Ufer entfernt,
nur etwa zweihundert Ellen.
Jesus steht schon da. Das Schwere hat eine Grenze.
Liebe Gemeinde! Der Auferstandene selbst steht da in
der Morgendämmerung am Ufer. Nach der erfolglosen
Nacht ist er es, der die Jünger erwartet. An einem neuen
Morgen zeigt er sich. Ja, Gottes Sein und Wirken ist wie
ein neuer Morgen.
So heißt es in unseren Kirchenliedern: All Morgen ist
ganz frisch und neu; Morgenglanz der Ewigkeit, Licht vom
unerschaffnen Lichte; deiner Güte Morgentau;
Morgenlicht leuchtet rein wie am Anfang.
Der neue Tag steht unbeschrieben, klar und rein vor
einem. Das Beschwerliche des vorigen Tages verblasst
hinter dem Leuchten des neuen Anfangs.
In der Morgendämmerung steht der Auferstandene also
da am Ufer. Petrus und seine Freunde denken, sie seien
ganz allein in dieser vergeblichen Nacht auf dem See,
aber Jesus ist schon lange da. Er steht am Ufer. Er lässt
sie nicht allein. Und: er weiß, dass sie nichts gefangen
haben.
Diese Ostererzählung ist wie ein Transparent auch für
unser Leben. Ein Transparent mit mindestens 4
Botschaften.
2
Das ist die erste Botschaft: Die, die mit leeren Händen und
traurigem Herzen kommen, werden von Jesus erwartet. Denn
Jesus steht am Ufer. Das Schwere in unserem Leben ufert nicht
aus. Es hat in Jesus eine Grenze. Jesu Präsenz wirft einen
Morgenstrahl auf die mühsame Nacht, auf unsere
Vergeblichkeit, auch: auf die letzte Nacht, die ein jeder von uns
noch durchschreiten muss – die Nacht des Todes. Wir gehen
anders in diese Nacht, wenn wir wissen, dass Jesus am Ufer
steht. Und dann kommt etwas Neues, ein neuer Morgen – frisch
und neu.
Doch woher wissen die Jünger, dass es Jesus ist, der da am Ufer
steht? Es braucht noch den Beweis dafür. Darum sagt Jesus zu
ihnen: »Werft das Netz an der rechten Bootsseite aus. Dann
werdet ihr finden!« Wie schon einmal folgen die Jünger diesem
Ratschlag, ohne zu wissen, ob dieser Fremde am Ufer
überhaupt irgendeine Ahnung von ihrem Handwerk hat. Als das
Netz sich rasch füllt, und so prall ist, dass sie es nicht einholen
können, ist es der Lieblingsjünger, der als Erster erkennt: »Es ist
der Herr!« Nun versteht auch Petrus. Voller Übermut wirft er
sich ins Wasser. Wie ein junger Welpe, der sein Herrchen sieht
und mit jeder Körperbewegung die Freude darüber zum
Ausdruck bringt, schwimmt er seinem Herrn entgegen.
Das ist die zweite Botschaft, liebe Gemeinde:
Dass wir unsere Netze immer wieder auswerfen, auch
wenn es zunächst vergeblich erscheint. Das ist die
Konkretion des „Wie mich der Vater gesandt hat, so
sende ich euch“. Werft die Netze erneut aus! Probiert’s!
Gebt nicht auf! Das ist auch unser Auftrag.
Und: dass wir uns trauen, uns wie Petrus mutig und
leidenschaftlich auch mal ins kalte Wasser zu werfen, in
der Gewissheit, dass Jesus da ist.
Die Erzählung ist noch nicht zu Ende. Ich lese den dritten
Teil:
Predigttext III
9
10
11
12
Als sie an Land kamen,
sahen sie dort ein Holzkohlenfeuer brennen.
Darauf brieten Fische und Brot lag dabei.
Jesus sagte zu ihnen:
»Bringt ein paar von den Fischen, die ihr gerade gefangen
habt.«
Simon Petrus ging zum Ufer und zog das Netz an Land.
Es war voll mit großen Fischen – genau 153 Stück.
Und das Netz zerriss nicht, obwohl es so viele waren.
Da sagte Jesus zu ihnen: »Kommt! Und haltet das Mahl!«
Keiner der Jünger wagte es, ihn zu fragen: »Wer bist du?«
3
13
14
Sie wussten doch, dass er der Herr war.
Jesus trat zu ihnen, nahm das Brot und gab ihnen davon.
Genauso machte er es mit dem Fisch.
Das war nun schon das dritte Mal,
dass Jesus sich den Jüngern zeigte,
nachdem er vom Tod auferstanden war.
Wir geben, was wir können. Jesu Gabe stärkt uns.
Der Auferstandene ist keine abgehobene Lichtgestalt an jenem
Morgen am See von Tiberias. Dieses Mal geht Jesus nicht durch
verschlossene Türen. Er offenbart sich ganz alltäglich, indem er
ein Feuer macht und Frühstück für seine Jünger zubereitet. Was
gibt es Schöneres als ein neuer Morgen, an dem jemand, den du
gern hast, für Dich Frühstück macht?
Die Jünger legen ein paar von den eben gefangenen Fischen
dazu. Ganz oben steht hier die Gemeinschaft, an der jeder
gleichermaßen Anteil hat. Es ist kein Wellnessprogramm, das
Jesus da für seine Jünger auflegt, sondern ein
gemeinschaftliches Essen in Freundschaft und Verbundenheit.
Dabei legt Jesus Wert auf das, was wir zu geben vermögen. Er
bittet uns sogar darum: „Bringt es!“ Doch er überfordert uns
nicht. Wir bringen ihm, was er schon mitgebracht hat. Brot und
Fisch liegen bereits auf dem Feuer. Und dennoch legen wir
unseres dazu. Im Licht dieses österlichen Morgens zeigt sich:
Wir geben, was wir können. Doch Jesu Gabe geht voraus.
Das ist die dritte Botschaft: Wir geben, was wir können.
Und Jesus hat schon gegeben. Er bittet nur um das, für
was er selbst schon gesorgt hat. Er stärkt uns. Er stärkt
uns mit dem, was wir kennen. Mit dem, was uns guttut.
Netze knüpfen, die nicht reißen.
Als die Jünger die übervollen Netze an Land ziehen,
reißen diese erstaunlicherweise nicht. Ganz anders als
beim ersten wunderbaren Fischfang zu Beginn von Jesu
Wirken: da beginnen die Netze von der schweren Last zu
reißen. Jetzt haben wir es mit dem Auferstandenen zu
tun. Eine deutliche Steigerung. Zugleich haben die Jünger
stabile Netze geknüpft. Eben Netze, die nicht so schnell
reißen.
Und das, liebe Gemeinde ist die vierte Botschaft: Lasst
uns Netze knüpfen, die nicht reißen! Netze und
Netzwerke, die stabil sind, die eine Last aushalten
können. Lasst uns Fäden spinnen, doppelt und dreifach.
So, dass verbindliche Beziehungen entstehen.
4
Land in Sicht
Wie mag es Petrus am Ende dieses österlichen Morgens, nach
der Begegnung mit dem Auferstandenen am See von Tiberias
gegangen sein? Ich versuche, mir einen modernen Simon Petrus
vorzustellen. Was geht ihm nach einem solchen Morgen durch
den Kopf? Mir fiel ein Liedtext von Rio Reiser ein. Er beschreibt
in seinem Lied „Land in Sicht“ einen neuen Morgen, eine
Befreiung, man könnte sagen: ein Ostererlebnis.
Ich lese den Text im Rhythmus des Liedes:
Land in Sicht, singt der Wind in mein Herz.
Die lange Reise ist vorbei.
Morgenlicht weckt meine Seele auf.
Ich lebe wieder und bin frei.
Und die Tränen von gestern wird die Sonne trocknen,
die Spuren der Verzweiflung wird der Wind verweh'n.
Die durstigen Lippen wird der Regen trösten
und die längst verlor'n Geglaubten
werden von den Toten aufersteh'n.
Ich seh die Wälder meiner Sehnsucht,
den weiten sonnengelben Strand.
Der Himmel leuchtet wie Unendlichkeit,
die bösen Träume sind verbannt.
Und die Tränen von gestern wird die Sonne trocknen,
die Spuren der Verzweiflung wird der Wind verweh'n.
Die durstigen Lippen wird der Regen trösten
und die längst verlor'n Geglaubten
werden von den Toten aufersteh'n.
Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir je ganz
verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in
Christus Jesus. AMEN.
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