Mathematische Methoden in der Physik

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Mathematische Methoden in der Physik
A. Klumper
Institut fur Theoretische Physik, Universitat zu Koln
Inhaltsverzeichnis
1 Notationen . . . . . . . . . . . . . .
2 Lineare Algebra . . . . . . . . . . .
2.1 Vektorrechnung . . . . . . . . .
2.2 Lineare Abbildungen . . . . . .
3 Dierentialrechnung . . . . . . . . .
4 Integralrechnung . . . . . . . . . . .
5 Gewohnliche Dierentialgleichungen
6 Vektoranalysis . . . . . . . . . . . .
7 Mehrdimensionale Integrale . . . . .
8 Kepler-Problem . . . . . . . . . . .
9 Der starre Korper . . . . . . . . . .
10 Statistik . . . . . . . . . . . . . . . .
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3
4
4
6
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12
16
25
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43
50
56
Mathematische Methoden in der Physik
3
1 Notationen
In der naturwissenschaftlichen Literatur benutzte griechische Symbole:
Alpha , Beta , Gamma , Delta , , Epsilon , Zeta , Eta , Theta ,
, Iota , Kappa , Lambda , , My , Ny , Xi , (Omikron), Pi , ,
Rho , Sigma , , Tau , (Ypsilon), Phi , , Chi , Psi , , Omega !,
4
A. Klumper
2 Lineare Algebra
2.1 Vektorrechnung
Denition: Vektorraum
Ein reeller Vektorraum ist eine Menge V , deren Elemente Vektoren genannt
werden, zusammen mit einer Addition + und einer Multiplikation mit reellen
Zahlen (\skalare Multiplikation") die folgenden Axiomen genugen
v1 + v2 = v2 + v1
(Kommutativgesetz)
v1 + (v2 + v3 ) = (v1 + v2 ) + v3 (Assoziativgesetz)
(2.1)
Es gibt einen \Nullvektor" 0, charakterisiert durch
v+0=0+v =v
(2.2)
Zu jedem Vektor v gibt es einen entgegengesetzten Vektor v, so da
v + ( v) = ( v) + v = 0
(2.3)
Ein solches algebraisches System heit kommutative oder abelsche Gruppe.
Ferner:
r(v1 + v2 ) = (rv1 ) + (rv2 ) r; s 2 IR
(r + s)v = (rv) + (sv)
(rs)v = r(sv)
1v = v
(2.4)
Beispiel: Der Prototyp eines (endlichdimensionalen) Vektorraums ist der
Raum der n-Tupel IRn , d.h. der Menge der \Schemata" (x1 ; :::; xn ) mit xi 2
IR. Alle Operationen elementweise, d.h. (x1 ; :::; xn ) + (y1 ; :::; yn ) = (x1 +
y1 ; :::; xn + yn ), (x1 ; :::; xn ) = (x1 ; :::; xn )
Elemente eines Vektorraums werden haug durch \kleine Buchstaben" a,
b(2 V ), insbesondere mit r fur Ortsvektor, v fur Geschwindigkeitsvektor, gekennzeichnet. Evtl. mit Pfeil ~r, ~v oder auch r, v.
Denition: Basis, Dimension, Lineare (Un-) Abhangigkeit
Ein Vektorraum V heit endlichdimensional, wenn es endlich viele Vektoren
v1 ,...,vn gibt, die V aufspannen in dem Sinne, da zu jedem v 2 V (reelle)
Zahlen 1 ,...,n existieren, so da v = 1 v1 + ::: + n vn .
Jedes Erzeugendensystem v1 ,...,vn mit minimaler Anzahl n heit Basis, n ist
die \Dimension" von V. Eine Basis besteht aus linear unabhangigen Vektoren, d.h. 1 v1 + ::: + n vn = 0 ist nur losbar mit 1 = ::: = n = 0.
Bemerkung: Durch Auszeichnung einer Basis erfolgt die Darstellung von
Vektoren irgendeines Vektorraumes (Menge der Polynome ...) in n-Tupeln.
Mathematische Methoden in der Physik
5
Die Elemente des n-Tupels werden die Komponenten oder Koordinaten eines
Vektors genannt.
Denition: Skalarprodukt (Inneres Produkt)
Positiv denite, symmetrische bilineare Abbildung h:; :i aus V V in IR, d.h.
fur v1 ; v2 ; v 2 V und ; 2 IR gilt
hv1 ; v2 i = hv2 ; v1 i
hv1 + v2 ; vi = hv1 ; vi + hv2 ; vi
hv; vi 0; hv; vi = 0 ) v = 0
(2.5)
Beispiel: Standard-Skalarprodukt Fur n-Tupel ~x = (x1 ; :::; xn), ~y = (y1 ; :::; yn)
h~x; ~yi =
n
X
i=1
xi y i
(2.6)
Beispiel: Ist im IR folgende Form ein Skalarprodukt?
h(x ; x ); (y ; y )i = x y + 2x y + 2x y + 5x y
(2.7)
Antwort: Ja. Positive Denitheit: h(x ; x ); (x ; x )i = (x + 2x ) + x .
Bemerkung:
Fur ~v, w~ 2 V schreibt man auch ~v w~ anstelle hv; wi.
p
Die \Norm" (Lange, Betrag) jvj eines Vektors v ist durch jvj = hv; vi de2
1
2
1
2
1 1
1
1 2
2
1
2 1
2
2 2
1
2
2
2
2
niert.
Wir werden haug die Betrage von Ortsvektoren ~r und Geschwindigkeitsvektoren ~v durch r und v bezeichnen.
Der Winkel zwischen zwei Vektoren ~v, w~ , ist def. durch ~v w~ = jvjjwj cos .
Falls = =2 heien die Vektoren orthogonal.
Zu einem vorgegebenen Vektor ~r denieren wir den \Einheitsvektor r^ in Richtung ~r " durch
r^ = ~rr
(2.8)
Beispiel: Anwendung des Skalarproduktes (Cos-Satz)
Die Vektoren ~a, ~b, ~c = ~a ~b denieren die Seiten eines Dreiecks. Es gilt
~c ~c = (~a ~b) (~a ~b), woraus folgt
a2 + b2 2ab cos a;b = c2
(2.9)
a
c=a-b
θ
b
6
A. Klumper
Denition: Euklidischer Raum, Orthonormale Basis
Ein euklidischer Vektorraum ist ein Vektorraum ausgestattet mit einem Skalarprodukt. Eine orthonormale Basis ~e1 ; :::~en ist wie oben deniert mit der
zusatzlichen Eigenschaft ~ei ~ej = i;j , d.h. gleich 1 fur i = j und 0 sonst.
Bemerkung: Nach Auszeichnung einer orthonormalen Basis und Darstellung von Vektoren durch P
n-Tupel bzgl. dieser Basis nimmt
P das Skalarprodukt
von ~x = (x ; :::; xn ) = ni xi~ei ; ~y P
=n(y ; :::; yn ) ni yi~ei 2 V folgende
Form an: ~x ~y = x y + ::: + xn yn = i xi yi = xi yi , wobei in der letzten
1
1
=1
1 1
=1
=1
Notation die \Einsteinsche Summenkonvention" benutzt wurde.
2.2 Lineare Abbildungen
Denition: Lineare Abbildung
Seien zwei Vektorraume V , W gegeben. Eine Abbildung A : V ! W heit
linear, wenn fur v ; v 2 V und , 2 IR gilt
1
2
A(v1 + v2 ) = Av1 + Av2
(2.10)
Hier ist die ubliche verkurzte Notation Av = A(v) fur lineare Abbildungen
benutzt worden. Beachte: V und W konnen unterschiedlich dimensional sein.
Die Menge aller linearen Abbildungen V ! W bildet selbst einen linearen
Raum (Vektorraum). Dabei ist die Summe zweier Abbildungen A und B
deniert durch die Wirkung auf ein beliebiges v 2 V
(A + B )v = Av + Bv
(2.11)
Analog ist fur 2 IR die Abbildung A deniert, d.h. (A)v = (Av).
Denition: Komposition
Die Komposition oder Verkettung AB von linearen Abbildungen B : V ! V 0
A : V 0 ! V 00 ist durch die Wirkung auf ein beliebiges v 2 V deniert
(AB )v = A(Bv)
(2.12)
Bemerkung: Die Komposition von linearen Abbildungen ist wieder eine lineare Abbildung. Beachte: im allgemeinen macht nur AB (wie oben) Sinn,
nicht jedoch BA. Warum? Beachte: Falls V = V 0 = V 00 , sind BA und AB
deniert, aber im allgemeinen gilt BA 6= AB .
Denition: Matrizen
;r mit r s-vielen Zahlen Ai;j heit r sEin \Rechteckschema" (Ai;j ) ji=1
=1;s
Matrix. Beispiel einer 3 3-Matrix
0A A A 1
11
12
13
A = @ A21 A22 A23 A
(2.13)
A31 A32 A33
Mathematische Methoden in der Physik
7
Die Indizes i und j heien Zeilen- und Spalten-Index.
Beispiel: Einheitsmatrix, Kronecker-Delta fur quadratische Matrizen
Fur r = s = 3 (allg. Fall oensichtlich)
01
(i;j ) = @ 0
1
0 0
1 0A = I
(2.14)
0 0 1
Denition: Produkt zweier Matrizen
Seien A und B Matrizen mit Dimension r s und s t, dann ist das Produkt
AB deniert als r t-Schema, wobei das (i; k)-te Element gegeben ist durch
(AB )i;k =
Beispiel:
a b 3
X
j =1;s
Ai;j Bj;k (= Ai;j Bj;k )
(2.15)
4
3a + b 4a b
(2.16)
c d 1 1 = 3c + d 4c d
0 1 2 1101 1 1 0 1 21
@ 3 1 4 A@0 1A = @ 3 6 A
(2.17)
1 2 0
0 1
1 1
Beachte: Das Produkt von mehr als zwei Matrizen ist in analoger Weise
deniert und es gelten
A(BC ) = (AB )C; A(B + C ) = AB + AC; AB 6= BA (im allgemeinen)
(2.18)
Bemerkung: Das Produkt einer r s-Matrix mit einem s-Tupel ist deniert
im obigen Sinne, wobei das s-Tupel als s 1-Matrix verstanden wird.
Denition: Transposition, Inverse
Fur jede r s Matrix A wird eine s r Matrix AT durch (AT )i;j = Aj;i deniert. Falls eine Inverse zu A existiert, heit A regular, andernfalls singular.
Die Inverse wird durch A 1 bezeichnet und erfullt AA 1 = A 1 A = I .
Bemerkung: Matrizen nden groe Bedeutung als Koordinatendarstellung
von linearen Abbildungen im folgenden Sinn: sei A : V ! V 0 eine lineare
Abbildung wie oben und e1; :::; er eine Basis von V und e01 ; :::; e0r eine Basis
von V 0 . Sei Ai;j deniert als die i-te Komponente von Aej bzgl. e01 ; :::; e0r .
Sei nun v 2 P
V rund das r-Tupel (v1 ; :::; vr )T eine Koordinatendarstellung von
v. Dann ist j=1 Ai;j vj die i-te Komponente von Av!
Die gesamte lineare Algebra kann damit auf Matrizen-Manipulationen reduziert werden!
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A. Klumper
Denition: Determinante von quadratischen Matrizen und linearen Abbildungen V 2 V (\alternierende Multilinearformen der Spaltenvektoren")
Denition fur 2 2 und 3 3-Matrizen
0A
Det @ A
A12
A22
A32
a b a
Det c d = c
1
A A
A
A A = A A
A
A
b = ad bc
d
A
A A
(2.19)
A23 +A A21 A22 21
23
11
12
A33 13 A31 A32 32
33
31
A31
33
(2.20)
Bemerkung: Eine Matrix A ist genau dann regular, wenn DetA 6= 0.
Denition: Kreuzprodukt (im 3-dim euklidischen Raum)
Das Kreuzprodukt zweier Vektoren ~a und ~b in IR3 ist deniert als der Vektor
~c, der
(i) orthogonal zu ~a und ~b steht,
(ii) dessen Lange c dem Flacheninhalt des von ~a und ~b aufgespannten Parallelogramms entspricht (= ab sin a;b ), und
(iii) dessen Vorzeichen sich aus der \Rechte-Hand-Regel" ergibt: ~a, ~b, ~c sind
zueinander wie Daumen, Zeige- und Mittelnger der rechten Hand angeordnet.
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22
23
21
c=axb
b
θ
a
In Formeln (bzgl. orientierter Orthonormalbasis)
0 a2
0 a 1 0 b 1 BB + a3
@ a12 A @ b12 A = BBB aa1
B@ 3
a3
b3
+ aa1
b2 1
b3 C
C
b1 C
C
(2.21)
b3 C
C
b1 A
b2 2
Beachte: aus der ersten Komponente ergeben sich die restlichen durch zyklisches Vertauschen. Das Kreuzprodukt von hoherdimensionalen Vektoren ist
nicht deniert. (Tatsachlich werden Sie in der Analysis im Zusammenhang
von alternierenden Multilinearformen auch das allg. Kreuzprodukt kennenlernen. Dieses bildet jedoch im allg. nicht zwei n-dim. Vektoren auf einen
Mathematische Methoden in der Physik
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weiteren n-Vektor ab!)
Zerlegungssatz etc.:
~a (~b ~c) = ~b(~a~c) ~c(~a~b)
(~a ~b) (~c d~) = (~a ~c)(~b d~) (~a d~)(~b ~c)
(~a ~b) (~c d~) = [~a (~b d~)]~c [~a (~b ~c)]d~
~a [~b (~c d~)] = (~a ~c)(~b d~) (~a d~)(~b ~c)
(2.22)
Denition: Spatprodukt
Fur drei Vektoren ~a, ~b, ~c aus dem 3-dim eukl. Raum denieren wir das Spatprodukt
(~a ~b) ~c = (~b ~c) ~a = (~c ~a) ~b = Det ~a; ~b;~c
(2.23)
Bemerkung: Das Spatprodukt liefert das Volumen des Parallelepipeds, das
durch die drei Vektoren aufgespannt wird. Die Verallgemeinerung auf nDimensionen ist klar!?
Schlubemerkung: Wir haben den Schnelldurchgang der linearen Algebra an
den ublichen Aufbau der Mathematik gehalten. Der Grund war letztendlich von physikalischer Natur: wir haben Vektoren und lineare Abbildungen
eingefuhrt, wobei Vektoren physikalische Observable kodieren und Abbildungen Zusammenhange ausdrucken. Wir haben dann n-Tupel und Matrizen als
Koordinatendarstellungen von Vektoren und lin. Abbildungen eingefuhrt ohne weitere Kommentare.
Vielfach (insbes. in der alteren Literatur) ndet man einen Aufbau, der von
Beginn an n-Tupel und Matrizen in den Mittelpunkt stellt. Der physikalische Gehalt (Unabhangigkeit von speziellen Koordinaten bzw. Basen) wird
dann durch Formulierungen ausgedruckt wie ein Vektor ist ein Zahlentriplet,
das sich bei einem Wechsel des Koordinatensystems so transformiert wie die
Komponenten des Ortsvektors etc. Diese obskure Beschreibung ist bei uns
uberfussig.
Ausblick: Durch eine geeigneten Aufbau konnen Zahlen (Skalare), Vektoren
und lineare Abbildungen als Tensoren 0., 1. und 2. Stufe erklart werden.
Naturlich gibt es Tensoren n. Stufe, die als multilineare Abbildungen eines
Raumes V1 ::: Vn in IR deniert sind, oder in Koordinatendarstellung als
Zahlenschemata mit n Indizes.
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A. Klumper
3 Dierentialrechnung
Wir wollen Funktionen f : V ! Rm betrachten, wobei V gleich Rn ist oder
eine Untermenge davon. Sei ferner x0 ein Punkt aus V .
Denition: f heit dierenzierbar (ableitbar) in x0 , wenn f (x) f (x0 ) bei
x0 durch eine lineare Abbildung A approximiert werden kann
lim jf (x) f (jxx0 ) x Aj (x x0 )j = 0
(3.1)
x!x0
0
Bemerkung: Falls wir es mit skalaren Funktionen zu tun haben (n = m =
(m=1)
∆ f = f(x)-f(x )
0
∆x
x
0
x
(n=1)
1) und auch allgemein fur n = 1 kann die bekannte Formel fur den Dierenzenquotienten formuliert werden. In diesem Fall ist A einfach durch die
Steigung der Tangente an die Funktion f gegeben.
Im allgemeinen heit die lineare Abbildung A das Dierential (Ableitung)
von f in x0 und wird dann mit df gekennzeichnet.
Durch diese Denition wird einer Funktion f eine neue Funktion zugeordnet
uberall dort, wo die Ableitung deniert ist. Fur n = 1 wird die neue Funkdf genannt und liefert die Werte der Tangentensteigung. Fur
tion f 0 oder dx
den allgemeinen Fall wird df deniert, wir werden noch andere Notationen
kennenlernen.
Beispiel: Ableitungen von speziellen Funktionen
d n
n 1
dx x = nx 1 n 1 n 1 1 n 1
d ex = d X x = X n x = X x
x
dx
dx n=0 n! n=1 n! n=1 (n 1)! = e
d
1
dx ln x = x
d
dx sin x = cos x
d cos x = sin x
dx
Mathematische Methoden in der Physik
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d cosh x = sinh x
dx
d
(3.2)
dx sinh x = cosh x
Rechenregeln: Produkt-, Quotienten-, Ketten-Regel
d
0
0
dx [f (x) + g(x)] = f (x) + g (x)
d [f (x)] = f 0 (x)
dx
d [f (x)g(x)] = f 0 (x)g(x) + f (x)g0 (x)
dx
d f (x) = f 0 (x)g(x) f (x)g0 (x)
dx g(x)
g2 (x)
d f [g(x)] = f 0 (g(x))g0 (x)
(3.3)
dx
Beispiel: Ableitungen von Umkehrfunktionen
Sei f 1 die Umkehrfunktion von f , d.h. f 1 (f (x)) = x. Mit y := f (x) (auch
x = f 1 (y)) und Kettenregel folgt (f 1 )0 (y)f 0 (x) = 1, also
(f 1 )0 (y) = f 0 (f 11 (y))
(3.4)
Leichter zu merken:
dx = 1
(3.5)
dy
dy dx
Anwendung: f (x) = ex = y und f 1(y) = ln y = x,
d ln y = 1 = 1 = 1
(3.6)
dy
x y
dy
dx e
Bemerkung: 1. und 2. Ableitungen des Weges ~s nach der Zeit t ergeben
Geschwindigkeit ~v und Beschleunigung ~a
s = ~s_ ; ~a = d2~s = ~s;
(3.7)
~v = d~
dt
dt2
Die auf ein Teilchen mit Masse m wirkende Kraft F~ , die zur Beschleunigung
~s fuhrt ist F~ = m~s.
Beispiel: Schraubenlinie im IR
3
Betrachtet werde der folgende Weg ~s(t) = (R cos !t; R sin !t; vt), der eine
Schraubenlinie mit Radius R um die z -Achse mit (Umlauf-) Winkelgeschwindigkeit ! und Driftgeschwindigkeit v entlang der z Achse.
~s_ = ( !R sin !t; !R cos !t; v)
~s = !2 (R cos !t; R sin !t; 0)
(3.8)
12
A. Klumper
Beispiel: Sei ~r(t) ein Vektor mit zeitlich konstantem Betrag (auf Sphare),
dann gilt
0 = dtd r2 = dtd (~r(t) ~r(t)) = 2~r(t)~r(_t)
(3.9)
Die Ableitung steht ? auf dem Vektor! Wo ist dies bei der Schraubenlinie
gegeben? (Bei \~r = ~s_ ").
Bemerkung: Das Dierential einer Funktion f : Rn ! Rm in einem Punkt
(x ; :::; xn ) ist in Koordinatendarstellung durch eine m n-Matrix gegeben,
1
wobei der j -te Spaltenvektor durch die \partielle Ableitung" gegeben ist
@f =: df @xj dxj alle x1 ;:::;xn
bis auf xj fest
(3.10)
Beachte: fur \praktische" Rechnungen ist hierdurch das allgemeine Dierential auf die Ableitung von \skalaren Funktionen" einer \skalaren" Variablen
zuruckgefuhrt.
Denition: Hohere Ableitungen
Durch f (n) wird die n. Ableitung einer Funktion f : IR ! IRm gekennzeichnet,
die rekursiv durch f (n) = (f (n 1) )0 deniert ist. Alternative Notation
dn f .
dxn
Denition: Stammfunktion
Sei f (x) eine gegebene Funktion, dann heit eine Funktion F (x) Stammfunktion von f , wenn F 0 (x) = f (x). Falls eine Stammfunktion existiert, gibt es
unendlich viele, die sich alle nur durch eine Konstante unterscheiden.
4 Integralrechnung
Wir betrachten hier Funktionen f von IR in IR. Wir werden auch annehmen,
da derartige Funktionen hinreichend \regular" sind, d.h. im wesentlichen
stetig. Derartige Funktionen konnen durch Treppenfunktionen (stuckweise
konstant) approximiert
werden. U ber diesen Umweg kann in naheliegender
R
b
Weise das Integral a f (t)dt als Flache unter dem Graphen zwischen den
Argumenten a und b deniert werden.
In der Mathematik werden Sie einen allgemeineren Integralbegri kennenlernen, den des Riemann- und vor allem des Lebesgue-Integrals, die auch fur
nicht-stetige Funktionen erklart sind.
Wir wollen uns nicht mit Details der Existenz und Eindeutigkeit beschaftigen, sondern direkt den Fundamentalsatz der Analysis:
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f(x)
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+
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a
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b
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a
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b
stetige Funktion f (x) hat eine Stammfunktion, namlich das Integral
R(i)x fJede
(
t
)
dt
.
a
(ii) IstRF eine beliebige Stammfunktion, so ist das Integral von f gegeben
durch b f (t)dt = F (b) F (a)
a
Bemerkung: Wir konnen nicht einen vollstandigen Beweis liefern. Zur Ein-
sicht in die allg. Zusammenhange ist jedoch folgender Physikerbeweis instruktiv.
(a) Wir uberlegen zunachst da fur a, b, c aus dem Denitionsbereich einer
integrablen Funktion f gilt
Zb
a
f (t)dt +
Zc
b
f (t)dt =
Zc
a
f (t)dt;
(4.11)
diese Beziehung gilt auch, wenn in einem der Integrale die \untere Grenze >
obere Grenze" gilt, durch folgende Setzung
Zb
a
R
f (t)dt :=
Za
b
f (t)dt;
(a > b)
(4.12)
und oenbar aa f (t)dt = 0. R
(b) Sei eine Funktion g(x) := ax f (t)dt gegeben. Wir wollen den Dierenzenquotienten berechnen
Zx
g(x) g(x0 ) = f (x);
g(x) g(x0 ) = f (t)dt ' (x x0 )f (x) ) g0 (x) = xlim
!
x
x x0
0
x0
(4.13)
damit ist g eine Stammfunktion von f wie behauptet. Aus dem Physikerbeweis wird ein Mathematikerbeweis, wenn der Mittelwertsatz benutzt wird
und oben im Dierenzenquotienten f (x) durch f (xm ) ersetzt wird, wobei
sich xm zwischen x0 und x bendet und statt ' dann = geschrieben werden
kann.
Beispiel:
Z =
sin(x)dx =
Z b dx
2
0
a
=
b
=
arctan(
x
)
a = arctan(b)
1+x
2
cos(x)0 = 0 ( 1) = 1
2
arctan(a)
14
A. Klumper
Z 1 dx
Z b dx = lim
=
1 1 + x2 ab!!11 a 1 + x2 2
2 =
(4.14)
Bemerkung: Im letzten Beispiel wurde ein \uneigentliches Integral" als
Grenzproze eines \bestimmten Integrals" berechnet.
In der Praxis lauft die Berechnung des Integrals auf das Aufsuchen der
Stammfunktion hinaus. Im Gegensatz zum Dierenzieren, wobei \jede Kombination von elementaren Funktionen" abgeleitet werden kann, stellt man
haug fest, da das Integral selbst von \einfachen Funktionen" nicht in \geschlossener Weise" angegeben werden kann. Ausnahmen:
Z 1
dx = arctan x (+C )
Z 1 1+ x2
p
dx = arcsin x oder arccos x
Z 1 1x2
dx = cot x
Z sin12 x
dx = tan x
Z cos12 x
x
dx
=
ln
tan
2
Z sin x
sinh xdx = cosh x
Z
cosh xdx = sinh x
Z 1
p
p
dx = arcosh x = ln(x + x
Z x1 1
p
p
dx = arsinh x = ln(x + x
Z x 1+ 1
1 ln 1 + x
dx
=
artanh
x
=
2 1 x
Z1 x
tanh xdx = ln cosh x
Z
tan xdx = ln cos x
Z
coth xdx = ln sinh x
Z
cot xdx = ln sin x
Z 1
x
dx
=
ln
tanh
x
2
Z sinh
1 dx = coth x
Z sinh1 x
2
2
2
1)
2
+ 1)
2
2
cosh2 x
dx = tanh x
(4.15)
Mathematische Methoden in der Physik
Rechenregeln
Zb
a
[f1 (t) f2 (t)]dt =
Zb
a
Zb
a
f (t)dt = f1(t)dt Zb
a
Zb
a
f2 (t)
f (t)dt
d Z x f (t)dt = f (x); d Z a f (t)dt = f (x)
dx a
dx x
Substitutionsregel
Z xb
( )
f (x)dx =
x(a)
Zb
a
f (x(t)) dx
dt dt
15
(4.16)
(4.17)
(4.18)
(4.19)
Grund: Sei F (x) die Stammfunktion zu f (x), dann ist die linke Seite F (x(b))
F (x(a)). Ferner ist F (x(t)) Stammfunktion zu f (x(t)) dx
dt und damit ist die
rechte Seite gleich F (x(b)) F (x(a)) und die Identitat bewiesen.
Beispiel:
Z p
1
1
1 x2 dx =
Z = q
2
=2
Partielle Integration
1 sin2 (t) cos(t)dt =
2
=2
cos2 (t)dt
b Z b dg
f dx dx
Z b df
a
Z =
dx g dx = fga
a
(4.20)
(4.21)
Grund: Nach Produktregel der Dierentialrechnung sind die Ableitungen beider Seiten, betrachtet als Funktionen von b, identisch. Ferner liefern beide
Seiten fur b = a das Ergebnis 0. Damit gilt Gleichheit fur alle b.
Beispiel:
Z =
=
cos2 (t)dt = sin(t) cos(t) =2
=2
R
2
R
2
Z =
2
=2
( sin2 (t))dt
(4.22)
Es folgt ==22 cos2 (t)dt = 0 + ==22 sin2 (t)dt. Da sin2 t = 1 cos2 t, folgt
R
R
R
2 ==22 cos2 (t)dt = ==22 1dt = und ferner ==22 cos2 (t)dt = =2.
Logarithmische Integration (Anwendung der Substitutionsregel mit f (x) !
1=x und x(y) ! f (y)
Z
b f 0 (y )
b
dy = ln f (y)a
f
(
y
)
a
(4.23)
16
A. Klumper
5 Gewohnliche Dierentialgleichungen
Denition: Sei f (x; y) : mIR IRm ! IRm eine Funktion (evtl. def. auf oener
Teilmenge D von IR IR ), dann heit
y0 = f (x; y)
(5.24)
(gewohnliche) Dierentialgleichung 1. Ordnung (DGL). Unter einer Losung
versteht man eine Funktion y : IR ! IRm , deren Graph im Denitionsbereich
von f liegt, und ferner erfullt y0 (x) = f (x; y(x)).
Beispiel: DGL y0 = 2xy hat Losung y(x) = exp(x ) mit beliebigem, aber
festem 2 IR.
Denition: Das sog. \Anfangswertproblem" besteht aus DGL und der Vor2
gabe einer Anfangsbedingung (x0 ; y0 ) aus D. Dabei hat eine Losung y(x)
sowohl die DGL als auch y(x0 ) = y0 zu erfullen.
Beispiel: Oenbar ist mit obiger DGL jede Anfangsbedingung eindeutig
erfullbar mit = y0 exp( x20 ).
Die Frage nach Existenz und Eindeutigkeit von Losungen zu Anfangswertproblemen ist interessant. Wir notieren:
(i) Ist f wie oben stetig, so existiert mindestens eine Losung y(x), wobei der
Denitionsbereich von y(x) evtl. ein (kleines) Intervall um x0 ist.
(ii) Ist f (x; y) auerdem nach y stetig partiell dierenzierbar (d.h. @f=@y
existiert und ist eine stetige Funktion von (x; y)), so ist die Losung des Anfangswertproblems eindeutig.
p
Beispiel: DGL y0 = 2 jyj und Anfangsbedingung (0; 0), d.h. Forderung
y(0) = 0, hat unendlich viele Losungen, z.B. y1 (x) = 0 fur alle x und y2 (x)
stuckweise deniert durch
0; x < 0
y(x) = x2 ; 0 x
(5.25)
Wir wollen nun spezielle DGL-Typen besprechen, die haug eine konkrete
Losung erlauben.
Lineare DGL \f (x; y) = a(x)y + g(x)" bzw. \y0 + a(x)y = g(x)"
Ist g(x) = 0 fur alle x, so spricht man auch von \linear homogener", sonst
von \linear inhomogener" DGL.
Wir uberlegen zunachst, da die allgemeine Losung schrittweise gefunden
werden kann:
Mathematische Methoden in der Physik
17
(i) Aunden irgendeiner speziellen Losung ysp zum inhomogenen Problem
y0 + a(x)y = g(x).
(ii) Aunden aller Losungen zum homogenen Problem y0 + a(x)y = 0.
Die allgemeinste Losung der inhomogenen DGL ergibt sich als Summe aus
spezieller Losung und bel. homogener Losung (Superpositionsprinzip).
Ein wichtiger Spezialfall liegt vor mit:
a(x) = a, d.h. konstant, und g(x) = Exponentialfunktion = g0 exp( x).
Losung:
(i) Ansatz fur spezielle Losung:
Exponentialfunktion proportional zur Inhomogenitat ysp (x) = C exp( x).
Einsetzen ( + a)C exp( x) = g0 exp( x), folglich C = g0 =(a ) und
ysp (x) = a g0 exp( x)
(5.26)
(ii) Ansatz fur Losung der homogenen DGL:
Exponentialfunktion exp( x) mit zu bestimmendem Exponenten. Einsetzen in hom. DGL liefert ( + a) exp( x) = 0, also = a.
Die allgemeinste Losung der inhomogenen DGL lautet:
y(x) = ysp (x) + exp( ax) mit beliebigem, aber festem .
Beispiel: Wir wollen eine radioaktive Substanz \I" betrachten, die zur Zeit
t = 0 aus NI Kernen besteht und sich mit der Rate aI in eine Substanz
\II" umwandelt, die selbst mit der Rate aII zerfallt. Wir sind an der Anzahl
NII (t) der Kerne der Substanz \II" als Funktion der Zeit interessiert.
Anzahl NI (t) nach U bungsaufgabe oder wie folgt:
Ratengleichung N_ I (t) = aI NI (t), linear homogen, also Losung NI (t) =
NI exp( aI t) (da N_ I (t) = aI NI exp( aI t) = aI NI (t)). Der Koezient
ist so gewahlt, da die Anfangsbedingung NI (0) = NI erfullt ist.
Ratengleichung fur NII (t):
N_ II (t) = aII NII (t) + aI NI (t) = aII NII (t) + aI NI exp( aI t) (5.27)
Oenbar ist dies eine lineare DGL 1. Ordnung mit konstanten Koezienten
und Inhomogenitat vom Exponentialtyp.
(i) Spezielle Losung der inhomogenen DGL:
Nsp (t) = a aI NIa exp( aI t)
II
I
(ii) Losung der homogenen DGL:
(5.28)
18
A. Klumper
exp( aII t)
(5.29)
Wir wollen nun kurz das Losungsverfahren der allgemeinen linearen DGL
1.Ordnung besprechen.
zu (i): Sei A(x) eine Stammfunktion zu a(x). Ansatz: y(x) = exp( A(x))z (x).
Einsetzen in DGL
[ a(x) exp( A(x))z (x) + exp( A(x))z 0 (x)] + a(x) exp( A(x))z (x) = g(x)
) z 0(x) = exp(A(x))g(x)
(5.30)
Die letzte DGL wird gelost durch bel. Stammfunktion B (x) zu exp(A(x))g(x).
Ergebnis: ysp (x) = B (x) exp( A(x)). Verfahren bekannt als \Variation der
Konstanten".
zu (ii): y0 + a(x)y = 0 wird durch die Fkt. exp( A(x)) mit bel. konst. erfullt.
Bemerkung: In der Terminologie der lin. Algebra stellt der Losungsraum
zum homogenen Problem einen 1-dim. Unterraum des (unendlichdimensionalen) Raumes aller Funktionen IR ! IR dar. Der Losungsraum zum inhomogenen Problem stellt einen 1-dim. anen Unterraum des Raumes aller
Funktionen IR ! IR mit Aufpunkt ysp dar. (Bem.: falls DGL 1. Ordnung fur
m-dim. vektorwertige Funktionen formuliert ist, ist der Losungsraum sogar
m-dimensional.)
DGL mit getrennten Variablen \f (x; y) = g(x)h(y)" (mit h(y0) 6= 0)
Die DGL y0 = f (x; y) kann umgeformt werden in
y0 = g(x) ) Z x dy = Z x g(x)dx
(5.31)
h(y)
y0 h(y )
x0
Dies ergibt eine implizite Bestimmungsgleichung fur y(x), die \nur" Integrationen und Umkehrungen involviert.
Beispiel: Exakte Dierentialgleichungen, integrierender Faktor: spater
Denition: Gewohnliche Dierentialgleichung n. Ordnung
Sei f (x; y ; y ; :::; yn ) : IR IRm ::: IRm ! IRm eine Funktion (evtl. def. auf
oener Teilmenge D von IR IRm ::: IRm ), dann heit
1
2
y(n) = f (x; y; y0 ; :::; y(n 1) )
(gewohnliche) Dierentialgleichung n. Ordnung (DGL).
(5.32)
Beispiel: Sei ~r(t) die Raumkurve eines Punktes mit Masse m und F~ (~r) eine
(ortsabhangige) Kraft, dann gilt nach Newton
Mathematische Methoden in der Physik
19
m~r(t) = F~ (~r(t))
(5.33)
F~ kann prinzipiell auch geschwindigkeits- und zeitabhangig sein, was jedoch
zumindest in fundamentalen Theorien ausgeschlossen wird.
Beispiel: Losung von \mr(t) = F (r(t))" mittels \Energiesatz"
Hier wird zunachst der 1-dimensionale Fall betrachtet. Durch Multiplikation
mit r_ (t) und Benutzung der Stammfunktion U (r) (Potential) zu F (r) folgt
h
i
mr(t)r_ (t) = F (r(t))r_ (t) ) dtd m2 (r_ (t))2 + U (r(t)) = 0
(5.34)
Die letzte Dierentialgleichung wird durch eine Konstante E (Gesamtenergie)
gelost
m (r_ (t))2 + U (r(t)) = E;
(5.35)
2
d.h. Summe aus kinetischer Energie und potentieller Energie ist zeitlich konstant.
Wir werden bald fur den allgemeinen Fall m~r(t) = F~ (~r(t)) das hoherdimensionale Pendant des Potentials U (~r) zu einem Kraftfeld F~ (~r) kennenlernen.
Auch in diesem Fall werden wir schlieen m2 (~r_ (t))2 + U (~r(t)) = E .
Eine explizite Losung mittels Energiesatz ist jedoch nur im 1-dimensionalen
Fall moglich durch Ruckfuhrung von (5.35) auf \getrennte Variable":
r
dr = 2 [E U (r)] ) t t = Z r q dr
0
dt
m
r0 m2 [E U (r)]
(5.36)
Bemerkung: Prinzipiell ist eine DGL n. Ordnung aquivalent zu einer DGL
1. Ordnung fur einen Satz von n Funktionen y1 (x),...,yn (x):
y10 (x) = y2 (x); ::: ; yn0 1 (x) = yn (x); yn0 (x) = f (x; y1 ; y2 ; :::; yn ) (5.37)
Aussagen uber Existenz und Eindeutigkeit von Losungen konnen direkt ubernommen werden.
Beachte: lineare DGL n. Ordnung haben einen n-dimensionalen Losungsraum (falls DGL fur m-dim. vektorwertige Funktionen formuliert ist, ist der
Losungsraum sogar n m-dimensional).
Beispiel: Lineare DGL n. Ordnung mit konstanten Koezienten
an y(n) + an 1 y(n 1) + ::: + a1 y0 + a0 y = g(x)
(5.38)
(i) Spezielle Losung fur g(x) = Exponentialfunktion = g0 exp(x). Achtung:
hier wurde kein Vorzeichen im Exponenten gewahlt. Losung durch Ansatz
ysp (x) = C exp(x)
20
A. Klumper
(an n + an 1 n 1 + ::: + a1 + a0 )C = g0
was oenbar im allgemeinen direkt nach C auosbar ist.
(5.39)
(ii) Losung der homogenen DGL durch Ansatz y(x) = exp(zx) fuhrt auf
Nullstellengleichung eines Polynoms n. Ordnung in z
z n + an 1 z n 1 + ::: + a1 z + a0 = 0
(5.40)
mit im allgemeinen n Losungen, die auch komplex sein konnen/werden. Falls
Nullstellen entartet sind, d.h. von hoherer als 1. Ordnung, so mu der obige
Ansatz modiziert werden [y(x) = Polynom(x) exp(zx)].
Beispiel:
Erzwungene Schwingungen des harmonischen Oszillators mit Reibung
Hier haben wir zwei konkrete Realisierungen
Mechanik
Ein Korper der Masse m sei an einer harmonischen Feder aufgehangt, d.h.
es wirkt eine Ruckstellkraft streng proportional zur Auslenkung x mit Federkonstante k: kx. Ferner erfolge die Bewegung in einem Medium mit
Reibungskonstante r, d.h. es wirkt eine Reibungskraft proportional zur Geschwindigkeit: rx_ . Zu guter letzt kann eine externe Kraft f (t) wirken, so
da nach Newton gilt
mx = Summe aller Krafte = kx rx_ + f (t)
, mx + rx_ + kx = f (t)
(5.41)
Elektrodynamik/Elektronik
Hier betrachten wir eine Reihenschaltung aus Kondensator (Kapazitat C ),
Widerstand (Widerstand R) und Spule (Induktivitat L). Die Kenngroen
drucken einen linearen Zusammenhang aus zwischen individuell am Baustein
anliegender Spannung UC;R;L und: Ladung Q, Strom I , zeitliche Stromanderung I_
Q = C UC
UR = R I
UL = L I_
(5.42)
Bei einem geschlossenen Schaltkreis ist die Summe aller Einzelspannungen 0
bzw. { wenn eine externe Spannungsquelle vorliegt { gleich U (t)
UC + UR + UL = U (t)
(5.43)
Wir leiten diese Gleichung einmal nach t ab und benutzen I = Q_
LI + RI_ + CI = U_ (t)
(5.44)
Mathematische Methoden in der Physik
21
Auch diese Gleichung ist von der Form (5.41).
Allgemeine Losung der homogenen DGL
Ansatz: x(t) = ezt , fuhrt auf
mz 2 + rz + k = 0
z 2 + mr z + mk = 0
r 2
k
r
(5.45)
z1;2 = 2m 2rm
m
Allgemeine Losung:
x(t) = Aez1 t + B ez2 t
(5.46)
Durch Vorgabe der Anfangsbedingung fur x(0) und x_ (0) (zwei fur DGL 2.
Ordnung!) konnen A und B xiert werden.
Wir mussen drei Falle unterscheiden:
Gedampfter Fall (starke Reibung)
r 2
m
k
m
2
>0
Hier gibt es nicht mehr viel zu sagen. Jede Losung der homogenen DGL ist
eine Summe von exponentiell abfallenden Termen.
Schwingungs-Fall (schwache Reibung)
r 2
m
2
k
m
<0
Hier sehen wir \ein Problem in der Quadratwurzel". Tatsachlich konnen wir
mit Quadratwurzeln aus negativen (reellen) Zahlen arbeiten, wobei wir i mit
i ip= 1 einfuhren. Die Gleichung z 2 = r, r positiv, hat dann die Losungen
i r. Wir schreiben also um
r
wobei
z1;2 = 2rm i mk
r
2m
r
2
= 1 i
(5.47)
r 2
(5.48)
:= mk
1= := 2rm ;
2m
Den Ansatz schreiben wir:
x(t) = Ae t= ei
t + B e t= e i
t
(5.49)
Wir sehen wieder, da A und B eindeutig durch die Anfangsbedingungen
bestimmt werden konnen (evtl. komplex). In jedem Fall ergibt sich fur reelle Anfangswerte eine reelle Losungsfunktion! Zur Deutung beachte (siehe
U bungen):
ei
t = cos(
t) + i sin(
t)
(5.50)
22
A. Klumper
Also beschreibt die gefundene Losung eine gedampfte Schwingung mit Kreisfrequenz und Relaxationszeit .
Aperiodischer Grenz-Fall
r 2
m
2
k
m =0
Hier beschreibt der rein exponentielle Ansatz nicht mehr alle Losungen, da
z1 = z2 = 2rm =: z . Es \fehlt eine Losung". Wir machen den Ansatz
tezt
(5.51)
mit z = 2rm wie schon bestimmt. Wir sehen
mx + rx_ + kx = (mz 2 + rz + k)tezt + (2mz + r)ezt = 0 + 0 = 0 (5.52)
da die erste Klammer aufgrund des ursprunglichen Ansatzes 0 ist und die
zweite Klammer aufgrund der Bedingung des aperiodischen Grenzfalles!
Dieser Fall hat in der Technik (Stodampfer etc.) eine ausgezeichnete Bedeutung, da unter dieser Bedingung Energie schnellstmoglich dissipiert wird!
Spezielle Losung der inhomogenen DGL
a) Harmonische Kraft
Wir wollen nun eine spezielle Losung zu (5.41) im Falle einer periodischen
externen Kraft mit Winkelfrequenz ! bestimmen
f (t) = f0 ei!t
(5.53)
Beachte, da ei!t = cos(!t) + i sin(!t). M.a.W.: Wir sind nur an dem RealTeil interessiert, arbeiten aber mit der um den Imaginarteil vervollstandigten
\einfacheren" Exponentialfunktion.
Wir setzen an x(t) = x0 ei!t und erhalten
x0 = m!2 +f0ir! + k
(5.54)
Zerlegung nach Betrag und Phase:
(5.55)
ei ; wobei tan = m!r!
x0 = p 2 f0 2
2
2
k
(m! k) + (r!)
Dies bedeutet, da eine harmonische externe Kraft mit Starke f0 zu einer
Schwingung mit Amplitude jx0 j (Betrag) und Phasenverschiebung (Phase)
fuhrt.
Bemerkung: Im Falle des elektronischen Schaltkreises tragt der Koezient,
der die Strom-Spannungs-Beziehung vermittelt den Namen Impedanz (Z ).
Aus (5.44) folgt analog zum mechanischen Fall
Mathematische Methoden in der Physik
(i!)2 L + i!R + C1 I0 = i!U0
23
(5.56)
Also gilt fur Z := U0 =I0
1
Z = i!L + R + i!C
(5.57)
d.h. die Elemente Spule, ohmscher Widerstand, Kondensator besitzen individuell (komplexe) Widerstande i!L, R, 1=i!C , die sich bei Reihenschaltung
addieren.
b) Kraftsto
Im Gegensatz zum obigen Fall (\dauernd wirkende Kraft") wollen wir hier
eine Kraft betrachten, die nur zum Zeitpunkt t = 0 wirkt im folgenden Sinne
a fur t 2 [ a; a]
(5.58)
0 sonst
R
wobei wir an a > 0 im Limes a ! 0 interessiert sind. Beachte 11 fa (t)dt = 1
fur alle a. Wir wollen nun eine spezielle Losung im Limes a ! 0 suchen,
fur die der Oszillator bei t < 0 in Ruhe ist x(t) = 0. Wir sehen, da bei
t = 0 augenblicklich ein Kraftsto = Impuls =1 ubertragen wird. M.a.W.:
die Geschwindigkeit x_ springt bei t = 0 von x_ (0 ) = 0 auf x_ (0+) = 1=m.
Nun bestimmen wir eine spezielle Losung zur inhomogenen DGL in folgender
Weise:
n
ur t < 0
x(t) = 0Aez1 t + B ez2 t f
(5.59)
fur t > 0
Die DGL ist fur t 6= 0 erfullt. Nun mussen wir die Stetigkeit von x(t) und
den Sprung von x_ (t) bei t = 0 erzwingen:
fa(t) =
1
2
0 = x(0 ) = x(0+) = A + B
1 = m[x_ (0+) x_ (0 )] = Az1 + Bz2
(5.60)
Diese Gleichungen sind eindeutig durch A = B = [m(z 1 z 2)] 1 losbar.
Wir halten fest: fur einen Kraftstoss bei t = 0 von der Starke 1 wird durch
(5.59) eine spezielle Losung gegeben. Diese wird auch mit G(t) bezeichnet
und heit \retardierte Green-Funktion"
(0
fur t < 0
(5.61)
G(t) = ez1 t ez2 t fur t > 0
m(z z )
1
2
Als Anwendung wollen wir notieren: fur eine beliebige Kraft f (t) lat sich eine
spezielle Losung xsp (t) der inhomogenen DGL in folgender Form angeben
xsp (t) =
Z1
1
G(t )f ( )d
(5.62)
24
A. Klumper
weitere Losungsmethoden: Fourier-Transformation (spater)
Schlubemerkung: wir werden an geeigneter Stelle partielle Dierentialgleichungen untersuchen; dies sind Gleichungen fur Funktionen von \mehreren Veranderlichen" und ihren (partiellen) Ableitungen.
Mathematische Methoden in der Physik
25
6 Vektoranalysis
Wegintegrale
Wir wollen uns mit der Newton'schen Bewegungsgleichung m~r = F~ (~r) in
drei (beliebigen) Dimensionen befassen: Bahnkurve eines Teilchens unter dem
Einu einer ortsabhangigen Kraft F~ (~r). Hier ist F~ eine Funktion, die fur
Vektoren ~r aus dem IR3 (oder einem Teil) deniert ist. Dies ist ein Beispiel einer vektorwertigen Funktion und wird Vektorfeld, im konkreten Fall Kraftfeld
genannt.
Die erste Frage, die wir uns stellen, ist: welches ist die am Teilchen auf der
Bahn ~r(t) geleistete Arbeit? Dies fuhrt uns auf das Weg- oder Kurvenintegral:
W=
Z ~rB
~rA
F~ (~r) d~r =
Z tB
tA
F~ (~r) ~r_ dt
(6.1)
wobei ~rA;B = ~r(tA;B ).
Motivation: Der Weg sei in kleine Stucke zerlegt mit zugehorigen Zeiten tA =
t1 < t2 < ::: < tN = tB und Raumpunkten ~r(tj ) =: ~rj . Dann ist die zwischen
den Zeiten tj und tj+1 geleistete Arbeit (approximativ)
Wj = F~ (~rj ) (~rj+1 ~rj )
(6.2)
wobei durch das Skalarprodukt \" gewahrleistet ist, da die Parallelkomponente der Kraft mit dem Weg multipliziert wird. Im Limes N ! 1
NX1
j =1
Wj =
=
NX1
j =1
NX1
j =1
F~ (~rj ) (~rj+1 ~rj )
F~ (~r(tj )) ~r_ (tj )(tj ) !
Z tB
tA
F~ (~r) ~r_ dt
(6.3)
rB
rA
rj
Beispiel 1: Sei F~ (~r) = ~r gegeben (radialsymmetrisch). Der Massenpunkt
m durchlaufe folgende Bahn (nicht notwendigerweise gema Newton) ~r1 (t) =
(t; t; t), die von Zeit t = 0 bis t = 1 verfolgt wird. In dieser Zeit wird folgende
Arbeit geleistet
26
A. Klumper
Beispiel 1
W1 =
Z
1
0
Beispiel 2
F~ (~r1 )~r_1 dt =
Z
1
0
(t; t; t)(1; 1; 1)dt = 3
Z
0
1
1
tdt = 23 t2 0 = 3=2 (6.4)
Wir konnen andere Wege von (0; 0; 0) nach (1; 1; 1) betrachten, z.B. ~r2 (t) =
(t=2; t=2; t2=4), mit Anfangs- und Endzeitpunkt 0 und 2
Z
Z
_
~
W = F (~r ) ~r dt = (t=2; t=2; t =4) (1=2; 1=2; t=2)dt
Z
= (t=2 + t =8)dt = (t =4 + t =32) = 1 + 1=2 = 3=2
2
2
0
2
2
2
2
2
0
3
2
4
2
0
0
(6.5)
Beide Wege (mit identischen Anfangs- und Endpunkten) liefern identische
Ergebnisse.
Bemerkung: Wir haben oben eine Notation fur Kurvenintegrale benutzt,
die explizit eine Parametrisierung des Weges ~r(t) benutzte. Haug wird auch
einfach
Z
F~ (~r) d~r
(6.6)
c
geschrieben, wobei mit c : t ! ~r(t) die Kurve bzw.R Contour speziziert wird.
Oft wird auch \" in der Notation fallengelassen: c F~ (~r)d~r. Wir werden jetzt
ein Beispiel mit Weg- (Contour)-abhangigen Integralen kennenlernen.
Beispiel 2: Sei F~ (x; y) = ( y; x) ein 2-dim Kraftfeld auf einer 2-dim Geometrie. Wir wollen den Kreisweg ~r1 (t) = R(cos t; sin t) in der Zeit von 0 bis 2
und Anfags- gleich Endpunkt ~r1 (0) = ~r1 (2) = (R; 0) betrachten. Auerdem
wollen wir den trivialen Weg ~r2 (t) = (R; 0) fur alle t betrachten.
W1 =
=
Z Z
F~ (~r ) ~r_ dt =
Z 2
0
0
1
2
1
0
2
( R sin t; R cos t) ( R sin t; R cos t)dt
R2 (sin2 t + cos2 t)dt =
Z
2
0
R2dt = 2R2
W2 =
Mathematische Methoden in der Physik
Z
2
0
F~ (~r2 ) ~r_2 dt = 0
27
(6.7)
Die Integrale sind nicht gleich!
Denition: Ein Kraftfeld F~ fur das alle Integrationswege mit gleichen Anfangs-
und Endpunkten denselben Wert des Wegintegrals liefern wird konservativ
genannt. Insbes. geschlossene Wege liefern 0. Grund fur Terminologie: in konservativen Kraftfeldern gilt Energieerhaltung (genaueres spater). Wir haben
oben ein Beispiel eines nichtkonservativen Feldes gesehen. In einem derartigen
Feld kann ein Proze durchgefuhrt werden mit Energiegewinn und Restaurierung des Anfangszustandes.
Potential
Charakterisierung:
Konservative Felder sind genau solche, die ein Potential besitzen.
Denition: Sei F~ : IRn ! IRn ein Feld, dann heit U : IRn ! IR Potential
zu F~ , wenn gilt
~U
F~ = r
(6.8)
~ U , \Nabla U ", der Gradient von U ist, deniert als der Spaltenwobei r
vektor des Dierentials zu U , konkret der Spaltenvektor aus allen partiellen
Ableitungen
0 @U 1
r~ U := @
@x: 1
: A
@U:
@xn
(6.9)
Oenbar sind Potentiale (sofern sie uberhaupt existieren) nur bis auf eine
additive Konstante deniert.
Beispiel: Das Kraftfeld F~ (~r) = ~r wie oben hat das Potential U (~r) =
denn
~r ,
1 2
2
1 @ 2 2 2
@U
(6.10)
@xj = 2 @xj (x1 + x2 + x3 ) = xj
(A) Wir zeigen nun: jedes Feld der Gestalt F~ = r~ U ist konservativ!
Beweis: Wir haben die Kettenregel fur hoherdimensionale Funktionen d(f g) = df dg
d
_
~
(6.11)
dt U (~r(t)) = rU (~r(t)) ~r(t)
Daher folgt fur das Wegintegral
Z tB d
Z tB
( U (~r))dt
F~ (~r) ~r_ dt =
tA dt
tA
= U (~r(tA )) U (~r(tB ))
(6.12)
28
A. Klumper
(B) Nun wollen wir zeigen, da fur jede konservative Kraft ein Potential
existiert. Idee: deniere zu F~ eine Funktion U , die obige Beziehung erfullt.
Zeichne irgendeinen Startpunkt ~r0 aus und integriere F~ von ~r0 bis ~r, dabei
hangt das Ergebnis nicht von der konkreten Wahl des Weges ab (\Wohldeniertheit")
Z ~r
F~ (~r)d~r
(6.13)
U (~r) :=
~r0
~ U = F~ . Wir wollen die partielle Ableitung nach
Nun mussen wir zeigen r
xj berechnen:
@U = U (~r + ~ej ) U (~r) = 1 Z ~r+~ej F~ (~r)d~r ' Fj (~r) = F (~r)
j
@xj
~r
(6.14)
alles im Limes ! 0 zu verstehen.
r+ δ ej
r
r0
Bemerkung: Der Gradient gibt die Richtung und den Betrag des starksten
Anstiegs einer Funktion an.
Beispiel: Die Funktion f (~r) = ~a ~r mit konstantem Vektor ~a hat Gradienten
r~ f (~r) = ~a
(6.15)
da @x@ j f = aj .
Beispiel: Die Gravitationskraft
hat als Potential
F~ (~r) = G Mm
r2 r^
(6.16)
(6.17)
U (~r) = G Mm
r
Ganz allgemein hat eine radialsymmetrische Kraft (Betrag nur abhangig vom
Abstand, und Richtung radial bzgl. Aufpunkt)
F~ (~r) = (r)^r
(6.18)
als Potential
U (~r) = (r)
(6.19)
Mathematische Methoden in der Physik
29
wobei (r) eine Stammfunktion von (r) ist (im Sinne der Funktionen einer
Veranderlichen).
Beweis:
@ (r) = d (r) @ r(x ; :::; x )
n
@xj
dr @xj 1
(6.20)
Nun gilt
xj
@ r(x ; :::; x ) = @ qx2 + ::: + x2 = p 2xj
n
n 2 x2 + ::: + x2 = r
@xj 1
@xj 1
n
1
Also
@
0 xj
0
~
@xj (r) = (r) r ) r(r) = (r)^r
Elementare Rechenregeln des Gradienten
r~ ( + ) = r~ + r~
r~ ( ) = r~ + r~ Rotation r~ (6.21)
(6.22)
(6.23)
dierentieller Stokesscher Satz
Wir wollen uns nun der Frage zuwenden, wie man das Abweichen eines Kraftfeldes von der Eigenschaft \konservativ" quantizieren kann. Insbesondere
suchen wir ein einfaches \lokales" Kriterium, das das umstandliche IntegralKriterium ersetzt durch \einfachere" Dierential-Ausdrucke.
Dazu betrachten wir ein beliebiges vorgegebenes Kraftfeld F~ und integrieren
dies uber einen kleinen geschlossenen Weg, der Quadratform haben moge mit
Kantenlangen 1 und 2 entlang der Richtungsvektoren ~e1 und ~e2 .
r+ δ2 e2
11
00
00
11
11
00
00
11
00
11
11
00
00
11
00
11
11
00
00
11
r
" Z
2
r+ δ1 e1 + δ2 e2
F~ (~r)d~r = F1 ~r + 21 ~e1
r+ δ1 e1
F1 ~r + 21 ~e1 + 2~e2
+ F2 ~r + 1~e1 + 22 ~e2
F2 ~r + 22 ~e2
#
(6.24)
30
A. Klumper
Nun linearisieren wie die auftretenden Terme, d.h. Ausdrucke f (x + ) f (x)
ersetzen wir durch f 0 (x). Dies ist nur eine Approximation, der entstehende
Fehler ist jedoch \von hoherer Ordnung als ". Allgemein sagt man, daein Fehler \von hoherer Ordnung als n " ist, wenn die Dierenz zwischen
\gewunschtem" und approximiertem Term dividiert durch n gegen 0 geht
im Limes ! 0. Wir erhalten in \fuhrender" Ordnung
Z
~F (~r)d~r = 1 2 @ F2 (~r) @ F1 (~r)
(6.25)
@x1
@x2
2
Moral: Das Wegintegral um das Quadrat hat als Wert den Flacheninhalt des
Quadrates multipliziert mit dem Ausdruck [:::].
Bemerkung: Die vorgefuhrte Rechnung liefert das richtige Ergebnis, wird
aber nicht den Kriterien eines strengen Beweises gerecht. Wir werden spater
im Zusammenhang mit der Taylor-Entwicklung Methoden kennenlernen, die
diese Lucke zu stopfen gestatten.
Denition: Wir denieren fur ein beliebiges (3-dimensionales) Kraftfeld F~
~ F~ ", in Komponenten
die sogenannte Rotation \rot F~ = r
0 @ 1 0 F 1 0 @F
@x
@x
r~ F~ = @ @x@ A @ F A = @ @F
@x
1
1
3
2
1
3
2
1
@F2 1
@x
@F33 A
@x
@F11
@x2
(6.26)
2
@F
F3
@x
Mit der Denition der Rotation lat sich unser obiger Befund kompakter und
allgemeiner formulieren
@2
@x3
Z
~ F~ (~r) dA~
F~ (~r)d~r = r
(innitesimaler Stokesscher Satz)
(6.27)
wobei c eine \kleine" (innitesimale) Flache umschliet und dA~ der FlachenVektor ist, d.h. senkrecht zur Flache mit Betrag gleich dem Inhalt der von c
umlaufenen Flache. Ferner soll der Umlaufsinn von c bzgl. dA~ einer RechtenHand-Regel folgen.
inf. Kurve c
Fur eine beliebige \endliche" Kurve c gilt der Stokessche Satz
Z
F~ (~r)d~r =
Z
r~ F~ (~r) dA~
(6.28)
Kurve c
Flache
wobei das Integral auf der rechten Seite uber eine (beliebige) von c eingespannte Flache zu nehmen ist. Eine systematische Denition und Behandlung
von Flachen- und hoherdimensionalen Integralen erfolgt im nachsten Kapitel.
Wir sind jedoch schon in der Lage folgende Charakterisierung vorzunehmen:
Mathematische Methoden in der Physik
31
~ F~ = 0.
Eine Kraft F~ ist konservativ genau dann, wenn r
Bemerkung: \)" gilt immer, \(" gilt, wenn die zugrunde liegende Geometrie einfach zusammenhangend ist, d.h. in einem gewissen Sinne keine Locher
aufweist.
Beispiel 1: Sei F~ (~r) = ~r
@ y @ x; @ x @ z; @ y @ x) = (0; 0; 0)
r~ F~ = ( @x
@y @z @x @x @y
Beispiel 2: Sei F~ (x; y; z) = ( y; x; 0)
@ x @ ( y)) = (0; 0; 2)
r~ F~ = (0; 0; @x
@y
(6.29)
(6.30)
Bemerkung: In den U bungen wird ausgehend von den Newton'schen Gleichungen
m~r = F~ (~r)
(6.31)
fur konservative Krafte F~ mit Potential U (~r) die Energieerhaltung, d.h.
m ~r_ 2 + U (~r) = zeitlich konstant = E
(6.32)
2
gezeigt.
Divergenz r~ dierentieller Gau'scher Satz
Wir wollen den \Flu" eines Vektorfeldes F~ \aus" einen \kleinen" Quader
mit Kantenlangen dx, dy, dz berechnen. Konkret ist damit das Oberachenintegral
Z
F~ dA~
(6.33)
Oberache
gemeint. Fur einen \innitesimalen" Quader ist dies elementar
dz
Laenge= dy dz
dy
dx
Z
Oberache
F~ dA~ =
X ~
F (Flachenmitte) dA~
Flachen
32
A. Klumper
= F1 (x + dx; y; z )dydz F1 (x; y; z )dydz
+ F2 (x; y + dy; z )dxdz F2 (x; y; z )dxdz
+ F3 (x; y; z + dz )dxdy F3 (x; y; z )dxdy
@ F + @ F + @ F dxdydz
= @x
(6.34)
1
@y 2 @z 3
Denition: Wir denieren fur eine beliebiges Vektorfeldes F~ die Divergenz
~ F~ " durch
\div F~ = r
r~ F~ = @x@ F + ::: + @x@ Fn
(6.35)
1
1
n
~ F~ eine reellwertige Funktion (\skalar=einkomponentig").
Insbesondere ist r
Mit der Denition der Divergenz lat sich unser obiger Befund kompakter
und allgemeiner formulieren
Z
~ F~ (~r) dV
(innitesimaler Gau'scher Satz)
inf. geschloss. F~ (~r)dA~ = r
Flache
(6.36)
wobei dV das von der geschlossenen Flache umfate Volumen ist.
Rechenregeln:
r~ (a~b) = ar~ ~b + ~br~ a
~r (a~b) = ar
~ ~b + (r
~ a) ~b
~r (r
~ a) = 0
r~ (r~ ~a) = 0
~r (r
~ ~a) = r
~ (r
~ ~a) (r
~ r
~ )~a
(6.37)
~ r
~ (=: ) der sogenannte Laplace-Operator, deniert durch
dabei ist r
@2
2
@
~
~
(6.38)
f := r r = @x2 + ::: + @x2 f
n
1
In ~a mu der Laplace-Operator auf jede Komponente von ~a angewandt
werden.
Mathematische Methoden in der Physik
33
7 Mehrdimensionale Integrale
Wir wollen uns jetzt mit mehrdimensionalen Integralen beschaftigen. Diese
werden uns haug in der Physik begegnen, angefangen mit den Volumina
ausgedehnter Korper, der Gesamtmasse, die im Falle inhomogener Dichten
auf das Integral uber die Dichtefunktion fuhrt, etc.
Wir betrachten hier Funktionen f von IRn in IR. Wir werden wieder annehmen, da derartige Funktionen hinreichend \regular" sind, d.h. im wesentlichen stetig. Derartige Funktionen konnen durch Stufenfunktionen (konstant
auf \kleinen" n dimensionalen Quadern) approximiertRwerden. U ber diesen
Umweg kann wieder in naheliegender Weise das Integral V f (~r)dn r der Funktion f uber das n dimensionale Volumen V deniert werden.
Wir wollen fur den n = 2 dimensionalen Fall konkreter sein. Das 2 dimensionale Volumen heit naturlich Flache und wird mit A bezeichnet.
Z
A
f (~r)d2 r =
X
i
f (~ri )Ai
(7.1)
im Limes immer feinerer Diskretisierung.
etc.
Wenn wir ein regelmaiges Gitter unterlegen, konnen wir die Summation uber
zwei Indizes i, j durchfuhren, die die x und y Achsen separat diskretisieren
Z
A
f (~r)d2 r =
XX
j
k
f (xj ; yk )xj yk
(7.2)
Hier sehen wir,
R da die Summe uber k im Limes feinerer Diskretisierung gegen
das Integral dy uber y bei festem xj geht.R Die Summe uber j im Limes
feinerer Diskretisierung gegen das Integral dx uber x. Das Endergebnis
lautet
Z
Z Z
f (~r)d2 r =
f (x; y)dy dx:
(7.3)
A
Das 2 dimensionale und allgemeiner das n dimensionale Integral fuhrt daher auf auf ein Mehrfachintegral, d.h. einer sukzessiven Auswertung von ublichen 1 dimensionalen Integralen.
Beispiel 1: f : [0; a] [0; b] ! IR konstant vom Wert 1 (A = [0; a] [0; b])
Z
A
f (~r)d2 r =
Z aZ b
0
0
1dydx =
Za
0
bdx = ab
(7.4)
34
A. Klumper
Das Ergebnis entspricht gerade der Flache des rechteckigen Denitionsbereichs.
Beispiel 2: f : [0; a] [0; b] ! IR mit f (x; y) = xy + y2 (A = [0; a] [0; b])
Z aZ b
f (~r)d r =
(xy + y )dydx
A
Z a y y b Z a b b =
x +
dx
x +
dx =
b 2 b 3 a a b ab 2 3
= 4x + 3x = 4 + 3
Z
2
2
0
0
0
2
2
3
2
0
3
2
2 2
0
3
3
0
(7.5)
Beispiel 3: f : [ R; R] [ R; R] ! IR deniert durch
j~rj R
f (~r) = 10;; falls
sonst
(7.6)
also gleich 1 innerhalb der Kreisscheibe mit Radius R, 0 auerhalb. Das
Integral uber A = [ R; R] [ R; R] wird denitionsgema den Flacheninhalt
der Kreisscheibe liefern
Z
A
f (~r)d r =
2
ZRZR
f (x; y)dydx =
Z RR pR
=
2 R x dx
RZ
p
2
= 2R2
1
1
Z R Z pR
2
R
x2
pR2 x2 1dydx
2
1 s2 ds = 2R2 2 = R2
(7.7)
die (vor-)letzte Beziehung nach (4.20,22).
In dem letzten Beispiel wurde insbes. gezeigt, wie mit nichtrechteckigen Geometrien verfahren wird.
Wichtige Spezialfalle:
Radialsymmetrie
Integration von Funktionen, die nur von r = j~rj abhangen, uber Flachen (Volumina), deren Grenzen ebenfalls nur von r abhangen. Wir stellen uns jetzt
vor, der Raum werde durch radialsymmetrische Schalen der Dicke dr uberdeckt, d.h. durch in 2-Dimensionen durch Ringe vom Radius r und Flache
2rdr (in 3-Dimensionen Volumen 4r2 dr).
Mathematische Methoden in der Physik
11111111111111111
00000000000000000
00000000000000000
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00000000000000000
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r
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
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00000000000000000
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00000000000000000
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00000000000000000
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00000000000000000
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00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
dr
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
00000000000000000
11111111111111111
Wir erhalten die Ersetzung
Z
ZrR
rR
35
f (r)d r =
2
f (r)d3 r =
ZR
ZR
0
0
f (r)2rdr
f (r)4r2 dr
(7.8)
Beispiel: Wir rechnen schnell das Beispiel 3 von oben:
Z
Faktorisierung
A
f (~r)d2 r =
ZR
0
R
1 2rdr = r2 0 = R2
Wenn f (x1 ; :::; xn ) = f1 (x1 ):::fn (xn ), dann gilt
Z
Z
(7.9)
Z
f (~r)dn r = f1 (x1 )dx1 ::: fn (xn )dxn
(7.10)
Die Faktorisierung liegt selten vor. Weiter unten werden wir Funktionen mit
speziellen Symmetrien kennenlernen, die in geeigneten Koordinaten auf Faktorisierung hinauslaufen. Hier konstruieren wir ein Beispiel, das uns die Berechnung des Gau-Integrals erlaubt.
Beispiel: Integriere f (~r) = exp( r ) uber die gesamte 2-dimensionale Ebe2
ne.
Berechnung als radialsymmetrisches Integral:
Z
f (~r)d r =
2
2
IR
Z1
0
1
exp( r2 ) 2rdr = exp( r2 )0 = (7.11)
Berechnung als faktorisierendes Integral
Z
f (~r)d2 r =
2
IR
=
=
Z
exp( x y )dxdy
Z 1
Z 1
2
IR2
Z 11
1
2
exp( x2 )dx exp( x )dx
2
2
1
exp( y2 )dy
(7.12)
36
A. Klumper
Konkreter geht an dieser Stelle die Auswertung nicht, da wir keinen elementaren Ausdruck fur die Stammfunktion von exp( x2 ) haben. Aus der Gleichheit
der Ergebnisse mu aber fur das (uneigentliche) Integral folgen
Z1
1
p
exp( x2 )dx = (7.13)
Wir wollen nun die letzte U berlegung auf den allgemeinen n dimensionalen
Fall ausdehnen. Wir gehen aus von dem bekannten Integral (7.13) und fragen
uns, wie gro die Oberache einer n dimensionalen Kugel vom Radius r ist.
Wir wissen/setzen voraus, da
Sn (r) = On rn 1
(7.14)
Hiermit reduziert sich das n dimensionale radialsymmetrische Integral zu
einem 1 dimensionalen
Z
exp( r2 )dn r =
n
IR
Z1
Z1
exp( r )Sn (r)dr = On
exp( r )rn dr
On Z 1
On Z 1
2
2
0
0
= 2
exp( r2 )rn 2 dr2 = 2
0
= O2n (n=2)
1
xn=2 1 exp( x)dx
0
(7.15)
wobei fur z > 0 die Gammafunktion (z ) eingefuhrt wurde mit der Denition
(z ) =
Z1
0
xz 1 exp( x)dx
(7.16)
Nun gilt aber auch Faktorisierung des Integrals
Z
IR
n
exp( r
2
)dn r =
Z
[exp( x ) ::: exp( xn )]dx :::dxn
Z
Z
2
1
2
1
=
exp( x )dx1 ::: exp( xn )dxn
= n=2
(7.17)
Aus der Gleichheit der Ergebnisse folgt
n=2
On = 2 (n=2)
(7.18)
Wir wissen, O1 = 2 (warum!?) und O2 = 2, also
p
(1=2) = (1) = 1
(7.19)
Wir wollen nun eine Rekursionsbeziehung fur die Gammafunktion herleiten,
die es gestattet, in einfacher Weise die Funktionswerte von ganz- und halbzahligen Argumenten zu berechnen. Partielle Integration liefert (fur z > 1
verschwindet der \Oberachenterm")
2
1
2
(z ) =
Z1
Mathematische Methoden in der Physik
xz 1 exp( x)dx
1
= xz 1 exp( x)0 + (z 1)
= (z 1) (z 1)
0
Nun folgt
p
(3=2) = 21 p
(5=2) = 34 Z1
0
xz 2 exp( x)dx
(2) = 1
(3) = 2
37
(7.20)
(7.21)
Insbesondere sehen wir: (n) = (n 1)!.
Damit gilt fur die Flachen der 3 und 4 dimensionalen Kugeln
O3 = 4
O4 = 22
(7.22)
Nun berechnen wir das Volumen einer n dimensionalen Kugel mit Radius R
Z
ZR
ZR
n R
rn 1 dr = On rn 0 = Onn Rn
rR
0
0
(7.23)
Man sieht, wie die vertrauten Falle n 3 sich einfugen.
Vn (R) =
1dn r =
Sn (r)dr = On
Spezielle Koordinatensysteme
Wir haben schon den wichtigen Spezialfall der radialsymmetrischen Funktionen kennengelernt und eine Methode, das Mehrfachintegral auf ein einfaches 1 dimensionales Integral zuruckzufuhren. Manchmal zeigen Funktionen
nur teilweise Symmetrien, die in geeigneten Koordinaten bzw. Parametrisierungen immer noch zu Vereinfachungen fuhren. Mathematisch entspricht
die Einfuhrung geeigneter Koordinaten zur Berechnung von Integralen einer
hoherdimensionalen Substitutionsregel.
2-Dim: Polarkoordinaten
Wir parametrisieren die beiden Koordinaten ~r = (x; y) durch
x = r cos ;
y = r sin ;
wobei 0 r < 1;
0 < 2
(7.24)
Nun mussen wir uns Gedanken uber das Volumen der Flache machen, die
von ~r(r; ) uberstrichen wird, wenn r und um \kleine" dr und d variieren. Man mache sich an Hand der Skizzen klar, da kleine Rechtecke mit
Kantenlangen dr und rd aufgespannt werden, die eine Flache r dr d haben.
38
A. Klumper
y
y
r dφ
dy
dφ
dx
dr
φ
x
x
Z
Also gilt
Z
f (x; y)dxdy = f (r cos ; r sin )rdrd
(7.25)
Beispiel 1: Bei der Berechnung des Tragheitsmomentes der Kreisscheibe
bzgl. der y Achse werden Sie auf das Integral von x2 uber die Scheibe stoen,
d.h.
Z
p x2
y R
+ 2
x dxdy =
2
Z RZ
ZR
0
2
0
(r cos )2 rdrd
! Z
4
cos2 d = R4 (7.26)
0
0
Machen Sie sich klar, da die Vereinfachung darin bestand, da in den neuen
Koordinaten eine Faktorisierung vorliegt!
=
r dr
3
2
Beispiel 2: Wir hatten oben schon Funktionen behandelt, die nur von r =
j~rj abhangen, wollen aber diesen Fall nochmals schnell in Polarkoordinaten
abhandeln
Z
rR
f (r)d2 r =
Z RZ
0
0
2
f (r)rdrd =
Z
2
0
d
3-Dim: Kugelkoordinaten
ZR
0
f (r)rdr = 2
ZR
0
f (r)rdr
(7.27)
Wir parametrisieren die drei Koordinaten ~r = (x; y; z ) mittels Abstand r,
geographischer Lange 0 2 und geographischer Breite 0 durch
θ
r
φ
Mathematische Methoden in der Physik
x = r sin cos ;
y = r sin sin ;
z = r cos ;
39
(7.28)
Nun mussen wir uns Gedanken uber das Volumen der Flache machen, die
von ~r(r; ; ) uberstrichen wird, wenn r, und um \kleine" dr, d und
variieren. Wie bei den Polarkoordinaten stehen die partiellen Ableitungen
von ~r(r; ; ) nach r, und orthogonal aufeinander. Die Kantenlangen
des innitesimalen Quaders sind dr r sin d rd. Also ist das 3-dim.
Volumenelement d3 r = sin ddr2 dr. Damit gilt fur die Integration einer
Funktion f (~r) uber eine Kugel vom Radius R
Z
f (~r)d r =
Z RZ Z 2
f (r sin cos ; r sin sin ; r cos ) sin ddr2 dr
(7.29)
Im Vergleich zu den Polarkoordinaten ist die \Theta-Integration" hinzu gekommen. Hier kann haug mit Gewinn von der Integrationsvariablen auf
:= cos transformiert werden
3
Z
0
0
0
0
( ) sin d =
Z
1
1
( ) [ d(cos )] =
Z
1
1
( )d
(7.30)
Beispiel 3: Wir hatten oben schon Funktionen behandelt, die nur von r =
j~rj abhangen, wollen aber diesen Fall nochmals schnell in Polarkoordinaten
abhandeln
Z
rR
f (r)d r =
3
Z RZ Z 2
ZR
0
=
0
= 4
f (r) sin ddr2 dr
f (r)r dr
ZR
0
0
0
2
! Z
1
1
d
Z
0
2
d
f (r)r2 dr
(7.31)
Beispiel 4: Bei der Berechnung des Tragheitsmomentes einer homogenen
Kugel bzgl. der z Achse stoen Sie auf das Integral
Z
rR
(x2 + y2 )d3 r =
=
Z
(r sin )2 d3 r
rR
ZR
r r dr
2 2
! Z
1
sin2 d cos Z
2
d
Z1
1
3
5
5
R
= 5 2 (1 2 )d = R5 2 3 1
1
5
R
4
= 5 2 3 = 52 V R2
(7.32)
0
1
0
40
A. Klumper
Die Vereinfachung bei Benutzung der Kugelkoordinaten bestand darin, da
in den neuen Koordinaten eine Faktorisierung stattfand!
3-Dim: Zylinderkoordinaten
Wir parametrisieren die drei Koordinaten ~r = (x; y; z ) mittels Abstand von
z (Zylinder){Achse, Winkel 0 2 und Hohe z durch
z
y
φ
ρ
x
x = cos ;
y = sin ;
(z = z )
(7.33)
In gewisser Weise haben wir hier eine Kombination der 2-dim. Polarkoordinaten und einer restlichen kartesischen Koordinate. Wie oben stehen die
partiellen Ableitungen von ~r(; ; z ) nach , und z orthogonal aufeinander.
Die Kantenlangen des innitesimalen Quaders sind d d dz . Also ist das
3-dim. Volumenelement d3 r = (d)(d)(dz ). Damit gilt fur die Integration
einer Funktion f (~r) uber einen Zylinder vom Radius R und Hohe H
Z
f (~r)d3 r =
Z RZ Z H
2
0
0
0
f ( cos ; sin ; z )dddz
(7.34)
Beispiel 5: Bei der Berechnung des Tragheitsmomentes eines homogenen
Zylinders bzgl. der z Achse stoen Sie auf das Integral
Z
Zylinder
(x + y )d r =
2
2
3
Z
d r=
2 3
d
3
Z
R
= 2H 4 = 2 R H = 21 V R
Zylinder
4
0
4
0
Integralsatze
ZR
2
0
2
d
ZH
0
dz
(7.35)
Wir hatten schon im letzten Kapitel die innitesimalen Versionen der Integralsatze nach Stokes und Gau kennengelernt. Nach diesen Satzen lassen sich
Integrale von Vektorfeldern uber geschlossene Wege in Integrale der Rotationen uber die eingeschlossenen Flachen umschreiben (Stokes). Analog gehen
Mathematische Methoden in der Physik
41
Integrale von Vektorfeldern uber geschlossene Flachen in Integrale der Divergenzen uber die eingeschlossenen Volumina uber (Gau).
Die soeben formulierten Satze wurden fur innitesimale Geometrien \bewiesen". Da endliche Geometrien in geeigneter Weise diskretisiert werden
konnen, liefert die Anwendung der Integralsatze auf die innitesimalen Rechtecke und Quader die gewunschte Aussage fur die endlichen Geometrien! Beachte: die Beitrage von aneinander stoenden Kanten bzw. Flachen zum Wegbzw. Flachenintegral heben sich paarweise auf!
Z
Z
~ F~ (~r) dA~
geschl. F~ (~r)d~r = eingeschl. r
Z Flache
Z Weg
~ F~ (~r) dV
geschloss. F~ (~r)dA~ = eingeschl. r
Volumen
Flache
(Stokes)
(Gau)
(7.36)
Bemerkung: Bevor wir Beispiele angehen, soll noch auf eine anschauliche
Deutung des Gau'schen Satzes hingewiesen werden. Das Flachenintegral eines Vektorfeldes hat die Bedeutung eines Flu' aus dem umschlossenen Volumen durch die begrenzende Oberache. Nach Gau ist dieses Integral gleich
dem Volumenintegral der Divergenz des Vektorfeldes, diese charakterisiert
nach Gau die Quellen des Vektorfeldes. Daher auch der Name \Divergenz".
Beispiel Stokes: Das Vektorfeld F~ (x; y; z) = ( y; x; 0) integriert uber den
Kreis mit Radius R um den Ursprung in der xy-Ebene liefert 2R2 , siehe
~ F = (0; 0; 2),
Beispiel 2 (S.25) in Kapitel 6. Nach Beispiel 2 (S.30) ist r
~
also konstant. Hier liefert die Integration von r F uber die umrandete
Kreisscheibe (Flachenvektor (0; 0; R2) direkt R2 2. Man sieht die Gleichheit!
Beispiel Gau: Betrachte F~ (~r) = rn r^. Es gilt
@ (rn 1 x) + @ (rn 1 y) + @ (rn 1 z )
r~ F~ = @x
@y
@z
= rn 1 + (n 1)rn 2 xr x + :::
2
(7.37)
= 3rn 1 + (n 1)rn 2 rr = (n + 2)rn 1
Integral uber Kugelache
Z
Flache
F~ (~r)dA~ = 4R2 Rn = 4Rn+2
(7.38)
42
A. Klumper
Integral der Divergenz uber Kugel (sinnvoll fur n > 2)
Z
Kugel
Identitat!
r~ F~ (~r)dV = 4
ZR
0
(n + 2)rn 1 r2 dr
R
= 4rn+2 0 = 4Rn+2
(7.39)
Mathematische Methoden in der Physik
43
8 Kepler-Problem
Wir wollen nun die Bewegungsgleichung fur ein Teilchen (Planet...) der Masse
m im Gravitationsfeld
F~ (~r) = G Mm
(8.1)
r2 r^
behandeln. Zu der obigen Zentralkraft gehort das Potential
U (~r) = G Mm
(8.2)
r
Zunachst sehen wir davon ab, da wir ein 2-Korperproblem zu losen haben.
Wir nehmen an, da die Masse M des zentralen Korpers (Sonne) viel groer
als m ist, so da der zentrale Korper ruht. Wir werden jedoch noch verstehen, da jedes 2-Korperproblem durch Einfuhren der sog. reduzierten Masse
auf ein eektives 1-Korperproblem reduziert werden kann. Unsere Naherung
stellt somit keine wirkliche Einschrankung dar.
Wir notieren zwei Erhaltungssatze:
1) Energieerhaltung
2) Drehimpulserhaltung
m ~r_ 2 + U (~r) = E
2
(8.3)
L~ := ~r ~p
(8.4)
Die Energieerhaltung wurde schon aus den Newton'schen Bewegungsgleichungen abgeleitet. Hier ist noch die Erhaltung des Drehimpulses zu begrunden:
L~_ = ~r_ ~p + ~r p~_ = mp~ p~ + ~r F~ = 0 + 0;
(8.5)
die letzten beiden Ausdrucke werten sich zu 0 aus, da u.a. F~ und ~r kollinear
(parallel) sind.
Wir uberlegen weiter, da die Bewegung in einem Zentralpotential immer
in eine Ebene erfolgt, die durch Anfangsbedingungen festgelegt ist, namlich
durch Orts- und Geschwindigkeits-Vektor zur Zeit t0 . Da die Kraft radialsymmetrisch ist, liegen alle Kraftvektoren und somit auch die Beschleunigungsvektoren in der Ebene, die folglich nie verlassen wird. (Dies folgt auch
aus der Drehimpulserhaltung. Alle Orts- und Impulsvektoren mussen zu allen
Zeiten senkrecht auf L~ stehen.)
In der Ebene fuhren wir Polarkoordinaten ein:
0 cos 1
0 cos 1 0 sin 1
~r = r@ sin A; ~r_ = r_@ sin A + r_ @ cos A
(8.6)
0
0
0
44
A. Klumper
Hier stellen r und zeitabhangige Funktionen dar: r(t), (t). Fur ~r_ treten
zwei Summanden auf, die orthogonal zueinander stehen!
Berechnung des Drehimpulses mittels (8.6)
0 cos 1 0
L~ = ~r p~ = m~r ~r_ = mrr_ @ sin A @
0
1
0 1
sin 0
cos A = mr2 _ @ 0 A (8.7)
0
1
Wir sehen, da nur die dritte Komponente von Null verschieden ist, diese
nennen wir L (und fuhren auch l = L=m ein):
L = r2 _
(8.8)
l := m
L := mr2 ;_
Sowohl L als auch l sind zeitlich konstant.
Zur Energieerhaltung:
(8.9)
~r_ 2 = r_2 + r2 _ 2
Einsetzen von (8.8) liefert mit (8.3)
m r_2 + r2 _ 2 + U (r) = E
2 m r_2 + l2 + U (r) = E
(8.10)
2
r2
Im Prinzip ist das Problem nun gelost. Mit der letzten Gleichung kann eine DGL erster Ordnung fur r(t) mit getrennten Variablen hergeleitet werden r_ = f (r). Diese kann auntegriert werden mit dem Ergebnis t = t(r).
Invertieren liefert r = r(t). Danach lat sich auch (8.8) auntegrieren, da
_ (t) = l=r2 (t). Leider kann dieses Programm nur numerisch durchgefuhrt
werden, da keines der beiden Integrale \tabelliert ist".
Es gibt einen Trick, wie zumindest teilweise analytisch weitergerechnet werden kann und eine \geschlossene" Form fur die Bahnkurve R() in Polarkoordinaten hergeleitet werden kann. Wir werden sehr schnell die Gleichungen
fur Kegelschnitte nden.
Wir schreiben
r(t) = R((t));
r_ = R0 ()_ = R0 () l2 =
R
1 0 l;
R()
(8.11)
wobei 0 die Ableitung nach bezeichnet. Damit folgt 1
1
In analoger Weise lat sich jedes beliebige Zentralpotential U (r) behandeln. Man
sieht, dafur ein geeignetes 1=r2 Potential und E = 0 als Bahn eine logarithmische
Spiralbahn ergibt, d.h. R() = R0 exp( ).
Mathematische Methoden in der Physik
" 0# 1
1
2
R
+ R
2GM 1 = 2E
l2 R ml2
2
45
(8.12)
Quadratische Erganzung
" 0# 1
+ 1 GM
2
R
R
2E + GM
= ml
2
l2
2
l2
2
(8.13)
Wir konnen hier die Losung in geschlossener Form angeben, da das mathematische Problem vom harmonischen Oszillator bekannt ist
1
R
s
GM = 2E + GM
l2
ml2
l2
2
cos (8.14)
oder mit den Abkurzungen (p Parameter, e Exzentrizitat)
l2 ;
p = GM
r
El2
e = 1 + G22 mM
2
(8.15)
lautet die Bahnkurve
p = 1 + e cos (8.16)
R()
Eine trivial scheinende Beobachtung ist, da R() eine 2-periodische Funktion ist. Dies ist alles andere als trivial, da die physikalische Bedeutung ist,
da alle endlichen Bahnen geschlossen sind!
Mit einem Blick zu (8.13) erkennen wir, da die Paramter p und e unabhangig
voneinander alle beliebigen Werte aus IR+ annehmen konnen. Wir diskutieren die einzelnen Falle.
Kreis e = 0
a
Oenbar wir durch e = 0 eine Bahn mit konstantem Radius p beschrieben.
46
A. Klumper
Ellipse 0 < e < 1
p
p/(1-e)
p/(1+e)
ae
Hier wird eine geschlossene Bahn beschrieben mit Perihel und Aphel (dem
Zentrum nachstgelegenen bzw. entferntesten Punkt) bei = 0 und = mit
Werten
(8.17)
Rmin = 1 +p e ; Rmax = 1 p e
Das arithmetische Mittel, die sog. groe Halbachse a ist
(8.18)
a = 1 p e2 = GmM
2E
Der Abstand des Ellipsenmittelpunktes vom Gravitationszentrum ist
1
pe
p
1
p
(8.19)
a 1 + e = 2 1 e 1 + e = 1 e2 = ae
Nach bekannten Formeln der analytischen Geometrie (siehe auch U bungen)
ist die kleine Halbachse b
b= p p 2
(8.20)
1 e
Parabel e = 1
Hier liegt eine unbeschrankte Bahn vor, da R() mit ! gegen 1 geht.
Hyperbel e > 1
φ
0
pe/(e2-1)
Mathematische Methoden in der Physik
47
Hier liegen ebenfalls unbeschrankte Bahn vor, da R() mit ! 0 gegen
1 geht. Dabei ist =2 < 0 < und gegeben durch
cos 0 = 1e
(8.21)
Mit einem Blick zu (8.15) stellen wir fest, da die endlichen (oder gebundenen) Bahnen, d.h. Kreis und Ellipse, bei negativer Gesamtenergie E < 0
auftreten. Unbeschrankte (oder ungebundene) bahnen liegen in den Fallen
der Parabel und der Hyperbel vor mit Gesamtenergie E = 0 bzw. E > 0.
Bemerkung: Das Argument der Wurzel in (8.15) kann nie negativ werden!
Warum?
Wir konnen nun die Keplerschen Gesetze zusammenfassen:
1. Gesetz (Geometrie der Bahnkurven)
Die Bahnkurven sind Kegelschnitte, im speziellen Fall der gebundenen Bahnen (negative Gesamtenergie) Ellipsen und Kreise.
2. Gesetz (Flachensatz)
Der Ortsvektor (Zentrum{Planet) uberstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flachen.
Dies folgt aus der Drehimpulserhaltung
2
(8.22)
dA = 12 r rd =) A_ = r2 _ = 2l
Wir konnen diese Beziehung sogar uber einen Umlauf mit Umlaufzeit (Periode) T auntegrieren und erhalten
Ages = 2l T
(8.23)
Wir setzen ein
(8.24)
Ages: = ab = p ap 2
1 e
und quadrieren die resultierende Beziehung
2 a2 p2 = l2 T 2
(8.25)
1 e2 4
Mit (8.18) und (8.15) folgt dann
p2 = ap = al2
(8.26)
1 e2
GM
und ferner
48
also:
A. Klumper
2 a3 = T 2 ) T 2 = 42
GM 4
a3 GM
(8.27)
3. Gesetz (Beziehung Periode{groe Halbachse)
Das Verhaltnis aus Quadrat der Umlaufzeit zur dritten Potenz der groen
Halbachse ist konstant.
Das Zwei-Korper-Problem und die reduzierte Masse
Hier wollen wir die angekundigte Reduzierung des Zwei-Korper- auf ein EinKorper-Problem durchziehen. Wir benennen die Ortsvektoren der Korper mit
Massen M und m mit ~rM und ~rm . Die Bewegungsgleichungen lauten
M ~rM = F~ (~rM ~rm ); m~rm = F~ (~rM ~rm )
(8.28)
Summieren liefert fur den Schwerpunkt
m~rm
(8.29)
~rS = M~rMM ++ m
des Systems ~rS = 0 also eine gleichmaige unbeschleunigte Bewegung. Fur
die Dierenzkoordinate ~r = ~rM ~rm folgt
~r = 1 + 1 F~ (~r)
(8.30)
M m
also die bekannte Bewegungsgleichung mit einer eektiven, der sog. reduzierten Masse , die durch
1 1 1
(8.31)
=M +m
deniert ist.
Wir konnen nun alle Formeln wie oben angegeben ubernehmen, wobei wir im
wesentlichen m durch zu ersetzen haben, auer in der Kombination GMm.
Wir sehen, da die ersten beiden Kepler Gesetze unverandert gelten. Fur das
3. Kepler Gesetz erhalten wir jedoch
T 2 = 42 = 42
(8.32)
a3
GMm G(M + m)
Wir sehen, da fur ein gegebenes Zentrum mit Masse M und zwei Planeten
mit Massen m1 , m2 , sowie Bahnparametern T1 , T2 und a1 , a2 gilt:
a31 = T12 M + m1
(8.33)
a32 T22 M + m2
Mathematische Methoden in der Physik
49
Periheldrehung
Wir hatten schon auf eine wichtige Eigenschaft der gebundenen Bahnen im
1=r Potential hingewiesen: Geschlossenheit (bzw. 2{Periodizitat). Diese Eigenschaft ist nicht selbstverstandlich, da sie im Falle von 1=rn {Potentialen
nur fur n = 1 und n = 2 gilt.
Abweichungen vom Fall n = 1 sind nicht unrealistisch, so gibt es in einer
relativistischen Behandlung des Keplerproblems einen Energiesatz wie (8.10),
mit einer Korrektur zum Potential U (r) wie
2 2
G
U (r) > U (r) 34 mM
(8.34)
2
2
rc
Es ergibt sich hier eine Periheldrehung (nach ordentlicher relativistischer
Rechnung) von
= 3MG
(8.35)
2
rc2
wobei r der mittlere Sonnenabstand ist. Bei Merkur ist die durch relativistische Eekte bedingte Periheldrehung am starksten und betragt 0:103800 pro
Umlauf bzw. 43:11 0:4500 pro Erdjahrhundert.
50
A. Klumper
9 Der starre Korper
Wir notieren zunachst die bekannten Erhaltungssatze, Energie, Drehimpuls,
Impuls. Diese Erhaltungsgroen gelten fur 1-, 2-,...N {Korpersysteme, falls
die Teilchen-Teilchen-Wechselwirkung eine konservative Zwei-Teilchenkraft
ist, die radialsymmetrisch ist und (naturlich) dem 3. Newton'schen Gesetz
(Actio=Reactio) genugt.
Die Energie ist die Summe der kinetischen Energien der einzelnen Teilchen
plus potentielle Energie, die die Summe aller Zwei-Teilchen-Potentiale ist.
Bei der Kraftausubung zwischen den Teilchen wird Drehimpuls ubertragen,
aber paarweise bleibt dieser erhalten (siehe U bungen). Analoges gilt fur den
Impuls.
Wir wollen nun ein spezielles N {Teilchensystem (Atome) betrachten, bei dem
die 2-Teilchen-Krafte einen festen Abstand xieren. Oenbar gelten hier die
drei Erhaltungssatze. Die Freiheitsgrade der vielen Teilchen sind aber soweit reduziert, da nur 6 ubrig bleiben: 3 Translations- und 3-RotationsFreiheitsgrade. Generell ist jede Bewegung, die ein starrer Korper ausfuhren
kann eine Rotation um eine geeignet zu wahlende Achse (evtl. auerhalb des
Korpers). Alternativ kann diese Bewegung als U berlagerung aus Translation
des Schwerpunktes und Eigenrotation um eine Achse durch den Schwerpunkt
beschrieben werden.
Zentral ist der Begri der Winkelgeschwindigkeit ~!. Fur starre Drehung um
Achse durch Ursprung mit Richtung ~!^ und Winkelgeschwindigkeit j~!j hat
ein Punkt mit Ortsvektor ~r die Geschwindigkeit ~v
~v = ~! ~r
(9.1)
Liegt eine Drehung um eine Achse ~! durch einen Punkt R~ vor, dann ist der
Zusammenhang zwischen ~r und ~v naturlich
~v = ~! (~r R~ )
(9.2)
Der Deutlichkeit wegen spricht man auch von momentaner Drehachse, um
u.a. auf die zeitliche A nderung der Drehachse hinzuweisen.
Impuls
Bei einer reinen Rotation um ~! durch R~ ist der Impuls durch die Gesamtmasse M gegeben:
X
X
P~ = m~v = m~! (~r R~ ) = M~! (~rS R~ )
(9.3)
Hier wurde benutzt
X
m = M;
X
m~r = M~rS
(9.4)
Mathematische Methoden in der Physik
51
Drehimpuls
Hier wollen wir fur den Fall der reinen Rotation um eine Achse durch den
Ursprung eine kompakte
P Formel fur den Drehimpuls des starren Korpers
durch Summation ( m:::) uber die einzelnen Teilchen (Atome,...) herleiten.
Mit (2.22) gilt
X
X
X
L~ = m~r0 ~v = m~r1 (~! ~r) =0 m[r2 ~! ~r(~r~!)] 1
X @ r2 2 A X @ x1 x1 x1 x2 x1x3 A
= m
r
~!
m x2 x1 x2 x2 x2 x3 !~
r2
x3 x1 x3 x2 x3 x3
= I !~
(9.5)
hierbei wurde der Tragheitstensor benutzt:
0 P m(x + x ) P mx x
P mx x 1
P
P
P
I = @ P mx x
(9.6)
mP(x + x ) P mx x A
m(x + x )
mx x
mx x
P
Fur kontinuierliche
Massenverteilungen wird die Summe m durch das InR
R
tegral dm bzw. dr (~r) ersetzt, wobei (~r) die Massendichte ist.
2
2
2
3
2
1
2 1
3 1
1 2
2
3
2
1
3 2
1
3
2
3
2
2
3
Beispiel: Betrachte die Anordnungen von Massenpunkten (jeweils gleiche
Masse m) wie in der Figur. Die Tragheitstensoren lauten
0 3=2 0 0 1
I = m @ 0 3=2 0 A ;
1
0
0
3
0
I = m@
2
1
2
1 0
1 1 0A
0 0 3
(9.7)
I1 ist diagonal, ferner sind die ersten beiden Diagonalelemente identisch. Interpretation: ist die Winkelgeschwindigkeit parallel zur z -Achse, oder liegt sie
in der x y-Ebene, so sind Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit kollinear.
(Haupttragheitsachsen bzw. Eigenvektoren von I!). Bei Abwesenheit auerer Krafte ist die Rotation um Haupttragheitsachsen leicht zu beschreiben:
Drehachse und Drehimpulsachse sind zeitlich konstant. Ist eine (momentane)
Drehachse nicht identisch mit einer Haupttragheitsachse, so beschreibt der
starre Korper eine Rotation um die (momentane) Drehachse, die selbst um
die (zeitlich koonstante) Drehimpulsachse prazediert.
x
x
2
2
1
-
1
✓3 /2
✓3 /2
1
x
x
1
−1/2
-1
1
52
A. Klumper
Im Fall I2 ist die Matrix nichtdiagonal. Liegt hier die Winkelgeschwindigkeit
parallel zur x-Achse, so ist der Drehimpuls nicht parallel! Es lassen sich aber
bei allen symmetrischen reellen Matrizen orthogonale Eigenvektoren nden.
Man prufe, da fur I2 folgende Vektoren
0
@(
1
1p
1 + 5)=2 A;
0
0
@(
1
1p
1 5)=2 A;
0
p
Eigenvektoren zu den Eigenwerten (3 + 5)=2, (3
Haupttragheitsachsen denieren.
p
001
@0A
1
(9.8)
5)=2, 3 sind und damit
Bemerkung: (i) Der Drehimpuls ist abhangig vom Aufpunkt!
(ii) Oben wurde angenommen, da die Drehachse durch den Koordinatenursprung laufe. Falls die Drehachse ~! durch R~ laufe, gilt fur den Drehimpuls
bezgl. des Koordinatenursprungs
X
X
X
L~ = m~r ~v = mR~ ~v + m(~r R~ ) ~v = R~ P~ + L~ R (9.9)
wobei L~ R = IR ~! den Drehimpuls bzgl. R~ bezeichnet bzw. IR der Tragheitstensor des starren Korpers bzgl. R~ .
Da die Drehachse eines starren Korpers sich allgemein bei der Bewegung
andert, ist es sinnvoll von der Beschreibung der Bewegung als reine Rotation
um die momentane Drehachse abzurucken und die Bewegung als Translation
des Schwerpunktes mit gleichzeitiger Rotation um Achse durch den Schwerpunkt mit Winkelgeschwindigkeit ~! zu behandeln.
Sei die Geschwindigkeit des Schwerpunktes ~rS gleich ~vS , dann ist die Geschwindigkeit ~v eines beliebigen Punktes mit Ortsvektor ~r
~v = ~vS + ~! (~r ~rS )
(9.10)
Der Drehimpuls ist gleich
X
X
L~ = m~r ~v = m~r (~vS + ~! (~r ~rS ))
X
= M~rS ~vS + m~r (~! (~r ~rS ))
X
X
= M~rS ~vS + m~rS (~! (~r ~rS )) + m(~r ~rS ) (~! (~r ~rS ))
= ~rS P~ + 0 + L~ S
(9.11)
erfullt also eine Beziehung analog zu (9.9). Worin besteht der Unterschied?
Kinetische Energie
Die kinetische Energie stellt sich wieder als einfacher Ausdruck bei Benutzung
des Tragheitstensors dar. Mit (2.22) folgt
Mathematische Methoden in der Physik
53
X
X
X
Ekin = 21 m~v2 = 21 m(~! ~r)2 = 12 m[~!2~r2 (~!~r)2 ] = 21 !~ T I~!
(9.12)
Liegt eine Rotation um eine Achse durch R~ vor, so ist oben in den Formeln
~r durch ~r R~ zu ersetzen, bzw. I durch IR , den Tragheitstensor bzgl. R~
Ekin = 12 ~!T IR ~!
(9.13)
Sei nun wieder die allgemeine Bewegung als U berlagerung aus Translation
des Schwerpunktes ~rS und Rotation um Achse durch ~rS beschrieben, dann
gilt
X
X
Ekin = 21 m~v2 = 12 m(~vS + ~! (~r ~rS ))2
X
X
X
= 21 m~vS2 + m~vS (~! (~r ~rS )) + 21 m(~! (~r ~rS ))2
1 ~!T I !~
2
=M
~
v
+
0
+
(9.14)
S
2
2 S
Aus der letzten Beziehung folgt der Satz von Steiner, siehe auch U bungen.
Bewegungsgleichungen
Die Aufspaltung der Bewegung in Translation und Eigenrotation ist die
Grundlage zur Behandlung der Bewegung des starrenPKorpers bei Einwirken von aueren
Kraften F~i an Punkten ~ri . Sei F~ = F~i die Gesamtkraft
P
~
und M = (~ri ~rS ) F~i das Gesamtdrehmoment bzgl. des Schwerpunktes.
Dann gilt
~
P~_ = M~rS = F;
L~_ = M~
(9.15)
(Achtung: hier gilt L~_ = I ~!_ nur ausnahmsweise. I_ = 0 gilt naturlich immer
fur vollstandig symmetrische Kreisel.)
Beispiel: Es rolle eine Kugel mit Masse m und Tragheitsmoment I (isotrop)
eine schiefe Ebene mit Neigungswinkel hinunter, siehe Figur. Die Haftreibung sei hinreichend starke, so da kein \Schlupf" vorliege, d.h. die relative
Geschwindigkeit zwischen Kugeloberache und Unterlage sei null. Die Ebene
ubt am Kontaktpunkt eine Kraft mit Vertikal- und Horizontalkomponenten
F1 und F2 aus. Die Schwerkraft hat Komponenten mg cos und mg sin .
R
F1
x
mg
F2
α
54
A. Klumper
Translationsfreiheitsgrad
Die Vertikalkomponenten kompensieren sich, die Horizontalkomponenten sind
Ursache der Beschleunigung x parallel zur Ebene:
F1 + mg cos = 0
F2 + mg sin = mx
(9.16)
Rotationsfreiheitsgrad
Das Drehmoment bezogen auf den Schwerpunkt ist M = R F2 . Die Winkelbeschleunigung (zeitl. Ableitung der Winkelgeschwindigkeit) ist x=R, da
kein Schlupf vorhanden. Gleichsetzen von M und L_ = I x=R:
F = I x
(9.17)
2
Eliminieren von F2 :
R2
mg sin = m + RI2 x
(9.18)
Beispiel: Kraftefreier symmetrischer Kreisel
Wir betrachten nun einen starren Korper mit einer Rotations-Symmetrieachse
(\Figurenachse"), d.h. einen Korper mit zwei gleichen Haupttragheitsmomenten I1 = I2 und einem i.a. verschiedenen I3 . Siehe hierzu das Beispiel 1 dieses
Kapitels. Wir uberlegen uns zunachst, da bei einer Rotation um eine momentane Drehachse ~! durch den Schwerpunkt (die Schwerpunktsbewegung
werde als abgespalten betrachtet), die momentane Drehachse ~!, die Figurenachse und die Drehimpulsachse in einer Ebene liegen. Dazu gehe in ein
momentanes Bezugssystem, das als x3 -Achse die Figurenachse habe, als x1 Achse eine dazu senkrechte Achse, die in der Ebene aus L~ und Figurenachse
liege. Die x2 -Achse sei senkrecht zu den x1 , x3 -Achsen.
Die Winkelgeschwindigkeit ist in diesen Koordinaten (=Haupttragheitsachsen) ~! = (!1 ; !2 ; !3 ) und L~ = I~! = (I1 !1 ; I1 !2; I3 !3 ). Andererseits gilt
L~ = (L1 ; 0; L3), also folgt !2 = 0, d.h. die Behauptung.
ω
L
ω
pr
x3
x1
Da die Drehimpulsachse i.a. nicht mit der Figurenachse zusammenfallt, besteht die Gesamtrotation aus einer Rotation um die Figurenachse mit uberlagerter Drehung bzw. Prazession der Figurenachse. Um die beiden Anteile zu
Mathematische Methoden in der Physik
55
bestimmen, zerlegen wir ~! in zwei linear unabhangige (aber nicht notwendig
orthogonale) Komponenten bzgl. L~ und der Figurenachse:
0I ! 1 001
0! 1
1
@ 0 A = L~ + x^3 = @ 10 1 A + @ 0 A
(9.19)
I 3 !3
!3
1
Es mu = 1=I1 sein! Also ist
0! 1
1
(9.20)
~!pr = L~ =I1 = @ 0 A
I3 !3
I1
Unter der weiteren Bewegung bleibt L~ zeitlich konstant, nicht jedoch die
Figurenachse und die momentane Drehachse !~ . Unverandert wird die Anordnung in einer gemeinsamen Ebene mit den gleichen Winkeln zwischen L~ ,
Figurenachse und ~! sein. (Keine Nutations-Bewegung.) Grund: die Prazession bewegt die Figurenachse senkrecht aus der augenblicklichen gemeinsamen
Ebene heraus.
56
A. Klumper
10 Statistik
Wahrscheinlichkeit, Mittelwert
Eine Variable A nehme Werte aus einer vorgegebenen Menge fa1 ; :::; ag an.
Man denke an Messungen einer physikalischen Groe. Es seien N Messungen
durchgefuhrt worden mit Ergebnissen A(1) , A(2) , ..., A(N ) , wobei nk mal der
Wert ak gemessen wurde (k = 1, 2, 3, ..., ). Wir sind im allgemeinen nicht
an den einzelnen Mewerten interessiert, sondern an geeigneten Mittelwerten
(Erwartungswerten), so z.B.
N
X
X
X
A = N1 nk A(i) = N1 nk ak = nNk ak
i=1
k=1
k=1
(10.1)
wobei im Limes N ! 1 die Wahrscheinlichkeit des Mewertes ak deniert
wird
nk
(10.2)
wk := Nlim
!1 N
Bemerkung: Wahrscheinlichkeitsverteilungen erfullen oensichtlich
X
0 wk 1;
wk = 1
(10.3)
k
Die Mewerte fa1 ; :::; a g mit Wahrscheinlichkeiten wk denieren eine Ereignisreihe.
Beispiel 1: Wurfel
Hier sind die \Meergebnisse" die Zahlen 1,2,3,4,5,6 mit den Wahrscheinlichkeiten wk = 1=6 fur k = 1,...,6.
Beispiel 2: Modizierter Wurfel mit Beschriftung 1,2,3,4,(4,4)
Hier lauten die Wahrscheinlichkeiten wk = 1=6 fur k = 1,...,3 und w4 =
3=6 = 1=2.
Denition: Allgemeine Mittelwerte
Sei f eine Funktion. Bisher wurde betrachtet f (A) = A, A2 . Aber auch
allgemeiner fur f (A) = An oder jede andere Funktion (f (A) = sin A) wird
deniert
X
f (A) = wk f (ak )
(10.4)
k
Oenbar gilt Linearitat unter der Mittelung
f (A) = f (A); f (A) + g(A) = f (A) + g(A)
falls konstant ist.
(10.5)
Mathematische Methoden in der Physik
57
Schwankung
Wir wollen ein Ma fur die Abweichungen der Einzelwerte vom Mittelwert
denieren. Ein geeignetes Ma ist die mittlere quadratische Abweichung
(A A)2 =
X
k
wk (Ak A)2 0
(10.6)
Oensichtlich gilt folgende Identitat
(A A)2 = A2 2AA + A2 = A2 2AA + A2 = A2 A2
(10.7)
Denition: Die Standardabweichung ist deniertq durch die Quadratwurzel
der mittleren quadratischen Abweichung A := (A A)2 .
Denition: Relative Schwankung A
A
Unabhangige Ereignisse
Sei neben einer Ereignisreihe ak eine zweite Ereignisreihe bl gegeben. Unabhangigkeit der Ereignisse soll bedeuten, da die Wahrscheinlichkeit fur eine
Messung von (A; B ) mit Ergebnis (ak ; bl ) einfach durch das Produkt
ab = wa wb
wk;l
(10.8)
k l
mit geeigneten Einzelwahrscheinlichkeiten wka und wlb gegeben ist.
Beispiel: Zwei Wurfel
Die Wahrscheinlichkeit das Ergebnis k mit dem ersten Wurfel gleichzeitig l
mit dem zweiten zu erzielen ist 16 16 = 361 .
Fur unabhangige Ereignisse A und B lassen sich Mittelwerte von Produkten
wie folgt behandeln
f (A) g(B ) =
=
X
k;l
ab f (ak )g (bl ) =
wk;l
X
k
X
! X k;l
b
wka f (ak )
l
wka f (ak )wlb g(bl )
!
wl g(bl ) = f (A) g(B ) (10.9)
wobei z.B. f (A) bzgl. wab oder auch wa verstanden werden kann.
In analoger Weise deniert man die Unabhangigkeit von beliebig vielen Ereignisreihen. Ebenso ist die Verallgemeinerung der letzten Rechenregeln klar.
Wir wollen diese U berlegungen auf Ensembles anwenden.
Denition: Ensemble: Menge von n vielen gleichartigen Objekten, uber die
Aussagen gemacht werden oder an denen Messungen vorgenommen werden
sollen.
58
A. Klumper
Beispiel 1: Ensemble von Molekulen eines Gases in einem Behalter. Mittlere Energie der Molekule entspricht der Warme.
Beispiel 2: Das Ausfuhren von n-maligen Messungen an der gleichen Meapparatur kann als Ensemble aufgefat werden.
Wir wollen nun an den n gleichartigen Objekten die gleichen Messungen
(simultan) durchfuhren und erhalten die Mewerte zu den Variablen A1 ,
A2 ,...,An . Im weiteren wollen wir annehmen, da die Ergebnisse dieser Einzelmessungen unabhangig voneinander sind, aber der gleichen Wahrscheinlichkeitsverteilung genugen mit Mittelwert a und Standardabweichung a.
Schatzwerte
Wir denieren als Schatzwert fur den Mittelwert des einzelnen Ereignisses
Aj (mit in der Praxis unbekanntem a) das arithmetische Mittel
A = A1 + A2 n+ ::: + An ;
(10.10)
das selbst eine Variable ist mit eigener Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Achtung: Formelmaig scheint es sich hier um eine Duplizierung des oben Gesagten zu handeln. Der Unterschied ist durchaus subtil, wird aber dadurch
klarer, da wir uns uberlegen, die n-vielen Einzelmessungen als \groe" Gesamtmessung vorstellen, die beliebig haug wiederholt wird. Der Erwartungswert von A ist dann
X
X
X
(10.11)
A = n1 Ai = n1 Ai = n1 a = a
Die Standardabweichung von A ist jedoch nicht gleich a, sondern viel kleiner
X
X
A2 = n12 Ai Aj = n12 Ai Aj
(10.12)
i;j
i;j
Hier uberlegen wir, da Ai Aj unterschiedliche Ergebnisse liefert, je nachdem
ob i = j (A2i = (a)2 + a2 ) oder i 6= j (Ai Aj = Ai Aj = a a = a2 ) ist. Also
A2 = n12 n[(a)2 + a2 ] + (n2 n)a2 = n12 n(a)2 + n2 a2 = n1 (a)2 +a2
(10.13)
Ferner
(A)2 = A2 A2 = A2 a2 = n1 (a)2
(10.14)
p
p
Damit ist die Standardabweichung A = a= n um einen Faktor n kleiner!
Mathematische Methoden in der Physik
59
Wiederum gehen wir pragmatisch vor und stellen fest, da die Standardabweichung weder von einzelnen Ereignissen Ai noch von dem arithmetischen
Mittel bekannt ist. Als Schatzwert fur (a)2 mag man die Varianz
P
P Ai 2
2
i
V = inAi
n
ansehen. Der Erwartungswert der Varianz ist jedoch
1
2
2
2
V = (a) + a A = 1 n (a)2
und damit gilt
r n
a = n 1 V
(10.15)
(10.16)
(10.17)
Binomialverteilung
Von N vorgegebenen Platzen seien n besetzt (und N n unbesetzt). Die
Anzahl aller derartiger Kombinationen ist der Binomialkoezient
N ! =: N
(10.18)
n
n!(N n)!
Falls jeder der einzelnen Platze unabhangig mit der Wahrscheinlichkeit p besetzt wird (und mit der Wahrscheinlichkeit q = 1 p unbesetzt bleibt), ist
die Wahrscheinlichkeit zu einer vorgegebenen Konguration von n besetzten
und N n unbesetzten Platzen gerade pn qN n. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwelche n Platze besetzt und die verbliebenen N n unbesetzt zu haben,
ist
N wn = n pn qN n :
(10.19)
Oenbar gilt 0 wn 1 und
N
X
i=0
wn =
N X
N
i=0
n N n
N
N
n p q = (p + q) = 1 = 1
(10.20)
Beispiel: Krankheitsanfalligkeit einzelner Menschen mit Wahrscheinlichkeit
p fuhrt zu einer Binomialverteilung im Krankheitsbild einer Gruppe (Gesellschaft).
Wir wollen nun allgemeine Mittelwerte (Momente) nm berechnen, also Mittelwerte der m: Potenz der Gesamtzahl besetzter Platze
N @ m
N N
X
X
X
N p
N
m
n
N
n
m
pn q N n
n pq =
wn n =
n
n
@p
i=0
i=0
i=0 @ m X
N N pn qN n = p @ m (p + q)N (10.21)
= p @p
@p
i=0 n
60
A. Klumper
hier gehen wir von unabhangigen p und q aus und setzen erst nach dem
Ableiten p + q = 1. Es folgt
n = pN (p + q)N 1 = pN
(10.22)
und
n2 = pN (p + q)N 1 + p2 N (N 1)(p + q)N 2 = pN + p2 N (N 1) (10.23)
Also
(n)2 = n2 n2 = p(1 p)N = pqN
(10.24)
Index
N {Korpersysteme 50
n-Tupel 4
n. Ableitung 12
n dimensionalen Kugel 36
abelsche Gruppe 4
ableitbar 10
Ableitung 10
aner Unterraum 18
Amplitude 22
Anfangswertproblem 16
Aperiodischer Grenz-Fall 22
Aphel 46
Arbeit 25
Basis 4
Beschleunigung 11
bestimmtes Integral 14
Betrag 5
bilinear 5
Binomialverteilung 59
Contour 26
Determinante 8
DGL 16
Dierential 10
dierenzierbar 10
Dimension 4
~ 31
Divergenz r
Drehimpuls 51
Eigenrotation 50
Eigenvektoren 51
einfach zusammenhangend 31
Einheitsmatrix 7
Einheitsvektor 5
Einsteinsche Summenkonvention 6
Ellipse 45
Energiesatz 19
Ensemble 57
entartet 20
Ereignisreihe 56
Erhaltungssatze 50
Erwartungswerte 56
Erzeugendensystem 4
Erzwungene Schwingung 20
Euklidischer Raum 6
Existenz und Eindeutigkeit 16
Faktorisierung 35
Flacheninhalt 8
Flachensatz 47
Freiheitsgrade 50
Fundamentalsatz der Analysis 12
Gammafunktion
36
Gau 41
Gau'scher Satz 31
Gau-Integral 35
gedampfter Fall 21
geschlossen 45
Geschlossenheit 48
Geschwindigkeit 11
getrennte Variable 18
Gewohnliche Dierentialgleichung n.
Ordnung 18
Gewohnliche Dierentialgleichungen
16
Gradient 27
Gravitationskraft 28
Green-Funktion 23
Halbachse; groe, kleine
Harmonische Kraft 22
46
62
A. Klumper
harmonischer Oszillator 20
Haupttragheitsachsen 51
Hyperbel 46
Impedanz 22
Impuls 50
inneres Produkt 5
Integral 12, 33
Inverse 7
Kegelschnitte 47
Kepler-Problem 43
Keplersche Gesetze 47
kinetische Energie 52
Komponenten 5
Komposition 6
konservativ 27
konstante Koezienten 19
Koordinaten 5
Kraftsto 23
Kreis 45
Kreuzprodukt 8
Kronecker-Delta 7
Kugelkoordinaten 38
Kurvenintegral 25
Lange 5
Lebesgue 12
linear homogen 16
lineare (Un-) Abhangigkeit 4
lineare Abbildung 6
lineare DGL 16
Linearisieren 30
logarithmische Integration 15
Matrizen 6
Mehrdimensionale Integrale 33
Mittelwert 56
momentane Drehachse 50
Nabla r 27
Norm 5
Nullstellengleichung 20
Ordnung 30
orientierte Orthonormalbasis 8
orthogonal 5
orthonormale Basis 6
Parabel 46
partielle Integration 15
Perihel 46
Periheldrehung 48
Phasenverschiebung 22
Polarkoordinaten 37
positiv denit 5
Potential 19, 27
Prazession 54
Produkt zweier Matrizen 7
quadratische Abweichung 57
Radialsymmetrie 34
radialsymmetrische Kraft 28
Ratengleichung 17
Rechte-Hand-Regel 8
reduzierte Masse 48
regular 7
Reihenschaltung 20
Rekursionsbeziehung 36
Relative Schwankung 57
relativistische Eekte 49
Riemann 12
Rotation 50
~ 29, 30
Rotation r
Satz von Steiner 53
Schatzwerte 58
Schaltkreis 20
Schwankung 56
Schwerpunkt 50
Schwingungs-Fall 21
singular 7
Skalar 9
Skalarprodukt 5
Spatprodukt 9
spezielle Koordinatensysteme 37
spezielle Losung 19
Stammfunktion 12
Standard-Skalarprodukt 5
Standardabweichung 57
starrer Korper 50
Statistik 56
Stokesscher Satz 29, 30
Stokes 41
Substitutionsregel 15
Superpositionsprinzip 17
symmetrisch 5
symmetrischer Kreisel 54
Mathematische Methoden in der Physik
Tangentensteigung 10
Tensor 9
Tragheitstensor 51
Translation 50
Transposition 7
Umlaufzeit 47
unabhangige Ereignisse 57
uneigentliches Integral 14
Unterraum 18
Varianz 59
Variation der Konstanten 18
Vektoren 4
Vektorraum 4
Verkettung 6
Volumen 9
Wahrscheinlichkeit 56
Winkel 5
Winkelgeschwindigkeit ! 50
Zerlegungssatz 9
Zylinderkoordinaten 40
63
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