Mgr. Ladislav Kačic, PhD. Bratislava, 25. 06. 2011 ANNOTATION ZUR STUDIEN: 1 Wiener Landeskind Joseph Umstadt (1711 – 1762) in der Slowakei Joseph Umstatt und Slowakei (1. Teil) Noch in den 80. Jahren des 20. Jahrhunderts wurde Joseph Umstatt (1711–1762) nur der aus Wien stammende Kapellmeister der Bischöfe von Bamberg bekannt, der vorher als Musiker der Grafen H. von Brühl in Dresden wirkte. Heute weiß man viel mehr über das Laben und Wirken dieses einflußreichen und typischen „mitteleuropäischen“ Komponisten. Als zweites Kind des Wiener Hofmalers Johann Georg Umstatt wurde er am 5.2.1711 in Wien geboren. Weil in den Jahren 1724–1725 sein Vater für die Esherházys in Cseklís (heute Bernolákovo, Slowakei) arbeitete, finden wir den jungen talentierten Musiker zuerst zwischen den Studenten der Jesuiten in der naheliegenden Stadt Trnava/Tyrnau. Dort absolvierte J. Umstatt zwischen 1727–1730 sein Studium in der Klassen der Principisten, Grammatisten und Syntaxisten. Er war offensichtlich ein guter Student, den 1728 finden wir ihn zwischen den preisgekrönnten Studenten. Vom Dezember 1728 bis August 1729 war er zugleich der Musiklehrer („im Orgelschlagen“) des jungen Fürsten Nikolaus Esterházy II. (genannt der „Prachtliebende“), des späteren großen Mäzenen der Kunst und Musik und Arbeitsgebers Joseph Haydn (N. Esterházy studierte ebenfalls in Trnava). Schon in der Zeit seiner Studien bei den Jesuiten war J. Umstatt nicht nur ein ausgezeichneter Organist, sondern komponierte schon (z. B. Musik zum Jesuitendramma Fides in Regem et Patriam, 1727), obwohl die älteste Abschrift einer solchen Musik (Musica Theatralis, 1761) erst aus der späteren Zeit stammt. Wo studierte J. Umstatt Poetik und Rhetorik zwischen 1730 un d 1732, wissen wir nicht, wahrscheinlich bei den Jesuiten in Preßburg, oder in Wien. Im Jahr 1732 finden wir jedoch Joseph Umstatt zwischen den Musiker der ausgezeichneten Kapelle des Fürstprimas und Erzbischofs Emericus Esterházy in Preßburg (Bratislava). Esterházy war nicht nur ein großer Mäzen der Kunst (für ihn arbeiteten solche Künstler wie G. R. Donner oder A. Galli-Bibiena u.v.a.), sondern er hatte auch eine ausgezeichnete Musikkapelle (Komponist J. M. Schenauer, Lautenist W. Bauer, Violinst der Kaiserlichen Hofmusikkapelle J. O. Rossetter, italienische Kastraten, vier Trompeter usw.). Vom Erzbischof bekam J. Umstatt 1734 den Auftrag, ein nicht näher bekannes Libretto „zum komponieren“. In den Esterházyschen Diensten war J. Umstatt mindestens bis 1738. Wo war er 1739– 1740 tätig, weiss man heute noch nicht. Wahrscheinlich hat er sich bemüht, einen Posten in der Kaiserlichen Hofmusikkapelle zu gewinnen. Die Autographe Partitur seiner 6 Violinkonzerte (ca. 1738/39) kann als Probe des jungen Komponisten betrachtet werden. Nach dem Tode des musikliebenden Kaiser Karl VI. (1740) und des Hofkapellmeisters J. J. Fux (1741), wahrscheinlich auch den Musiklehrer Umstatts, war aber eine solche Stellung unrealistisch. Zwischen 1741 und 1748 war Joseph Umstatt in den Dinesten des Grafen J. L. von Dietrichstein in Brünn/Brno, als Musiklehrer und Kapellmeister tätig. Er komponierte weiter fleißig (Oratorien, Kirchenmusik, Instrumentalmusik usw.) und wurde sehr hoch, vor allem als Organist geschätzt („organista virtuosus“). In Brünn hat 1744 Umstatt die um 13 Jahre jüngere Franziska Schräck geheiratet und sind auch seine zwei Kinder geboren. Die weiteren Lebensschicksäle J. Umstatts sind besser bekannt: 1749–1753 hat er in Dresden, in der Kapelle des Sächsischen Premierministers H. von Brühl gewirkt. Damals war er schon ein erfahrener und anerkannter Komponist und Pädagoge. Im Jahre 1752 hat er den höchsten Posten, den seinerzeit ein Musiker gewinnen können, besetzt: er wurde bis zu seinem Tode (24.5.1762) Hofkapellmeister und Hofkomponist der Bischöfe von Bamberg. Seine Musik war in ganz Mitteleuropa (schon seit 1740er Jahre) allgemein bekannt und verbreitet. Seine Cembalomusik ist auch im Druck – beim J. U. Haffner in Nürnberg, und bei J. G. I. Breitkopf in Leipzig – erschienen, noch lange Jahre nach Umstatts Tod hat M. Clementi seine Kompositionen (Voluntary and Fugue) im Lehrbuch Selection of Practical Harmony (1801) übernommen. In der Slowakei war vom breiten und vielseitigen Musikschaffen J. Umstatts seinerzeit vor allem seine hochklassige, qualitätsvolle Cembalomusik bekannt. Der franziskanische Organist und Komponist P. Pantaleon Roškovský (1734–1789) hat in seinen großen Codices Musaeum Pantaleonianum und Cymbalum jubilationis, die u. a. Werke von J. J. Fux, G. F. Händel, Gottlieb Muffat, G. B. Platti, G. Ch. Wagenseil, M. G. Monn, J. A. Štěpán, J. Haydn u. v. a. bedeutenden Komponisten beinhalten, nicht weniger als 8 komplette Partiten für Cembalo Umstatts, einige selbständige Sätze und 3 Orgelpräludien abgeschrieben (eine solche Zahl seiner Cembalowerke ist anderswo nicht zu finden). Die Musik für Cembalo (Partiten, Sonaten, Konzerte) J. Umstatts hatte in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine große Bedeutung in der Entwicklung des neuen Stils, seine Cembalopartiten und -Konzerte sind bestimmt progressiver als z. B. jene von Wagenseil. Die orignale Invention von J. Umstatt äußert sich am besten in seiner Cembalomusik. In seinen Werke verbindet er verschiedene Quellen („giusto Italiano“, französisches Rokoko, gründliche Schulung im Kontrapunkt u. a.) mit seiner bestimmt außergewöhnlichen Fertigkeit als Interpreten zu einer sehr originalen Einheit, seine Musik charakterisiert auch ein großer Raum für Improvisation, eine phantasievolle Motivik, Thematik und Harmonie eines C. Ph. Bach. Umstatt ist bestimmt einer der wichtigsten Komponisten an der Wende vom Barock zur Klassik. 2 Die Musik der Franziskaner im slowakisch–österreichischen Raum (im 17. und 18. Jahrhundert) Einleitung Die Franziskaner haben in Mitteleuropa einen gemeinsamen Kulturraum bewohnt, der im Rahmen der sog. Provinzen organisiert wurde. Eine zentrale Stellung hat zwischen den mitteleuropäischen Franziskanerprovinzen auch in der Musik die Provincia Austriae Sancti Bernardini gehabt. Am stärksten wurde von dieser Provinz (mit ihrem Zentrum Wien) die Musik in der benachbarten Marianischen Provinz (Provincia Sanctae Mariae in Hungaria), die ihr Zentrum in Preßburg hatte, beeinflußt. In der Slowakei wurde schon von der Wende des 16.–17. Jahrhunderts die Musik des besten Musikers und Komponisten der Wiener Provinz des hl. Bernardin – P. Blasius Amon OFM (ca. 1560–1590) bekannt. Seine polyphone Kompositionen wurden jedoch für die Musik der Franziskaner Mitteleuropas im 17. Jahrhundert nicht mehr typisch; es war (neben den traditionellen Gregorianischen Chorals) der neukomponierte einistimmige Gesang mit der für Barockzeit typischen Orgelbegleitung. Solche Werke haben im 17. Jahrhundert viele österreichischen, als auch slowakischen Franziskaner Komponisten verfaßt. Einer der wichtigsten franziskanischen Komponisten solcher Musik war P. Eusebius Schreiner (gest. 1663): zwei von seiner Messen (Missa Viennensis und Missa tubicinalis) wurden in allen mitteleuropäischen Franziskanerprovinzen, inklusive der Slowakei bis Ende des 18. Jahrhunderts musiziert. Einer der besten österreichischen Franziskaner Komponisten an der Wende des 17.–18. Jahrhunderts war P. Quirinus Himmer OFM (1661–1723). Von seiner Hand stammt eine der ältesten, bis vor kurzem unbekannten Quellen aus dem Wiener Franziskanerkloster – das 29 Messen beinhaltende großformatige Chorbuch (1687), das aber außer den Choralmessen auch einige einstimmige Figuralmessen mit improvisierten Trompetenaufzügen beinhaltet. Vom Autor wurden 1995 noch 5 ähnliche, aus dem Wiener Franziskanerkloster stammente Quellen entdeckt. Zu den weiteren wichtigen in Wien wirkenden Komponisten gehörten auch P. Bonaventura Planz OFM (1687–1731), P. Adrianus Damian (1708–1750) und der weltliche Organist des Wiener Franziskanerklosters („organista famosissimus“) Ferdinand Steiner (gest. 1750). Seine Musik war auch in der Slowakei sehr gut bekannt (3 Messen in der Marianischen Provinz). Das aus der Wiener Franziskanerprovinz stammende Repertoire wurde in der Slowakei im 18. Jahrhundert noch stärker als vorher rezipiert. Es sind vor allem viele Messen der österreichischen Franziskaner, oder einfach als „Sacrum Austriacuam“, bzw. „vetus Austriacum“ betitelte Kompositionen in der Slowakei überliefert. Es war Verdienst dreier Musiker und Komponisten der Marianischen Provinz: P. Marcus Repkovič OFM (1694–1758), P. Gaudentius Dettelbach OFM (1739–1818) und vor allem P. Pantaleon Roškovský OFM (1734–1789). Vor allem der letztgenannte hat nicht nur viel Musik der österreichischen Franziskaner in sein Repertoire eingennommen, sondern auch die für die Wiener Provinz typischen liturgischen Gewohnheiten: die im Meßzyklus an Stelle des Offertoriums komponierte Antipest-Antiphone Stella Coeli extirpavit, sowie die zusammen mit den Lauretanischen Litanei als zyklische Komposition vertonte Antiphone Tota pulchra mit Schlußgebet Ave Maria gratia plena. Weniger wurde die Musik der österreichischen Franziskaner in der zweiten Franziskanerprovinz, die ihre Klöster in der Slowakei gewhabt hatte, in der Salvatorianischen Provinz (Provincia Sanctissimi Salvatoris) rezipiert.