3.1 Ansätze einer Trinitätslehre bei Irenäus und Tertullian Irenäus stammte aus Kleinasien und wurde 177 zum Bischof von Lyon geweiht. Irenäus tat sich besonders als vermittelnder Bruder in innerkirchlichen Streitigkeiten und als unerbittlicher Kämpfer gegen die Gnosis 1hervor. In seinem Kampf zur Abwehr der Gnosis entwickelte er sich zu einem bedeutenden Theologen. Für ihn war Christus der Höhepunkt der Geschichte Gottes mit der Menschheit, dem Heilsplan Gottes. Christus ist der Mensch-gewordene, ewige Sohn Gottes, ist so der Erlöser und vermittelt den Heiligen Geist und so den Zugang zur Vollkommenheit. In der Entfaltung dieses Gedankens formulierte Irenäus zum ersten Mal eine Trinitätslehre. „Irenäus hat keine spekulative Trinitätslehre entfaltet. Er hat aus der Tradition ein kosmologisch-trinitarisches Konzept übernommen, wonach Gott die Schöpfung durch sein Wort (Logos) und seine Weisheit (Sophia) bewerkstelligt hat. Er hat es dadurch mit Christologie und Soteriologie verbunden dass er Logos und Sophia stets als Sohn und Geist Gottes identifiziert hat, jedoch hat er das nicht im Sinne einer immanent-ewigen Trinität reflektiert. Ihm lag nicht an Metaphysik, sondern an der offenbarungsund heilgeschichtlichen Entfaltung Gottes in Abgrenzung gegen gnostischen Emanationsvorstellungen.“2 Kurzum ging es Irenäus zunächst nicht um die Gestaltung eines Trinitätsdogmas, sondern er wollte Irrlehren abwehren. Dass er sich dabei Begrifflichkeiten bediente, die im Nachgang missverständlich waren bzw. von anderen uminterpretiert wurden, konnte er nicht ahnen. Tertullian (160 – ca. 240) war nicht nur der erste, sondern bis Augustinus auch der bedeutendste lateinisch schreibenden christliche Schriftsteller. Seit 197 fing er an zu schreiben und seine Werke lassen auf einen umfassend gebildeten Menschen schließen. Seine Ablehnung der römischen Zivilisation und der Philosophie, sowie seine strengen Moralvorstellung ließen ihn sich den Montanisten 3 1 Das Hauptwerk des Irenäus „Entlarvung und Widerlegung der sog. Gnosis“ ist in einer lateinischen Übersetzung (adversus haereses) erhalten. 2 Wolf-Dieter Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, 12. 3 Die Montanisten (gegr. von Montanus um 172) waren eine Gruppierung, die eine hohe Naherwartung lebten und starke prophetische und asketische Elemente vertraten. Aufgrund starker innerkirchlicher Opposition konnten sie sich nicht als bedeutender Einfluss in der Kirche halten. Siehe auch Punkt 6.1. anschließen, sodass er außerhalb der katholischen Kirche starb. Das erklärt, warum er trotz seiner großen Autorität nicht als Heiliger verehrt wird. Tertullian lehrt, dass das Geheimnis der Heilsgeschichte darin besteht, dass sich Gottes Einheit zur Dreiheit entfaltet. Zunächst betont er die Einheit Christi mit dem Vater und vergleicht ihre Einheit mit der Sonne und dem Sonnenstrahl, der von der Sonne als Teil vom Ganzen ausgeht und nicht deren Substanz (Substantia) verringere. Diese Wortwahl ist entscheidend, gerade auch in der Erweiterung auf den Heiligen Geist. Die drei sind eine Substanz aber unterschieden in ihrer Erscheinungsweise. Auch spricht er nun von Personen und um diese voneinander zu unterscheiden, entwickelt er die Wortneuschöpfung „Trinitas“ (von Tres und Unitas). Der Begriff Trinität ist geboren. Tertullian entwickelt die Lehre von der Dreieinigkeit zwar deutlich weiter und ist seiner Zeit weit voraus, aber dennoch kann der Gedanke des Subordinatianismus entdeckt, indem er feststellt, dass der Vater Quelle und Fülle der Gottheit ist, bzw. die Substantia aus der der Sohn und der Heilige Geist hervorgeht. Das Gefühl entsteht, dass der Sohn und der Heilige Geist doch noch dem Vater untergeordnet sind und somit die Einheit eingeschränkt wird. 3.2 Der arianische Streit Der Presbyter Arius stammte aus Libyen und kam 310 nach Alexandrien, wo sich schnell eine Gemeinde um ihn scharte, zu der auch viele vornehme Frauen gehörten. Im Kern lehrte er, dass Christus nicht Gott sei und auch nicht sein könne, sonst gäbe es zwei Götter. Für ihn war Christus zwar das höchste und Gott am nächsten stehende, aber dennoch nur ein Geschöpf Gottes. Christus ist nicht von gleicher Substanz wie Gott und von Ihm vor der sichtbaren Welt geschaffen worden. Für Arius bestehen klare Abstufungen zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Auch wenn Arius‘ Ziel darin bestanden haben mag, dass er die Einzigartigkeit Gottes betonen wollte, so wird doch Christus zum nachrangigen Geschöpf. Von einer Dreieinigkeit kann nicht mehr die Rede sein. Sein größter Kontrahent ist der Diakon Athanasius, 4 der dafür kämpfte, dass Christus als 4 Athanasius (~295 bis 373) war ab 328 Bischof von Alexandrien. Er war derjenige, der für das Nicänum und gegen den Arianismus kämpfte. Hierfür wurde er insgesamt viermal exiliert, was aber seinen Erfolg nicht behinderte. Für ihn war die Menschwerdung Christi ein Geheimnis, aber Gott zu sehen und mit dem Vater wesenseins sei. Dies ist für ihn zentral, da Jesus selbst nicht erlösungsbedürftiges Geschöpf sein kann, wenn er die Welt gerettet haben soll. „Ihre gefährliche Konsequenz zeigt dabei die arianische Lehre in der Behauptung, dass Christus, da er nicht Gott ist, auch nicht den Vater wirklich erkennt. Darum vermittelt auch die Offenbarung nicht die volle Erkenntnis Gottes. Die unzulängliche Lehre von Gott führt somit zwangsläufig zu einer ganz unzureichenden Lehre von der Offenbarung.“ 5 319 wird Arius von einer Bischofssynode in Alexandria verurteilt und er begibt sich nach Antiochia. In der Folge ergeben sich nun daraus die zwei Hauptlager in dem noch Jahrzehnte andauernden Streit, der nicht nur auf theologischer Ebene, sondern sogar vom Volk auf der Straße geführt wurde. Dies führte soweit, dass Kaiser Konstantin, nach seinem Sieg 324 über Licinius auch im Osten Herrscher, die im Streit liegende Kirche durch ein ökumenisches Konzil in Nicäa einigen wollte. Ihm ging es dabei nicht um die Lösung eines theologischen Prinzips, sondern allein um die Befriedung der Kirche. Denn ihr gedachte er eine entscheidende Rolle in seinem Reich zu geben, sollte sie doch die Bevölkerung zu Zucht und Ordnung anleiten und für die Ausbreitung der reinen Gottesverehrung sorgen. Somit kann gesagt werden, dass zum ersten Mal in der Kirchengeschichte politische Motive der Lösung von geistlichen Fragestellungen zugrunde lagen. Im Moment mag das hilfreich gewesen sein, auf die Dauer war es eine unheilvolle Allianz. Bei den Verhandlungen in Nicäa griff Kaiser Konstantin mehrfach persönlich ein und das entscheidende Stichwort des Nicänum, nämlich das „homousios“ (wesenseins), stammt von niemandem anderen als vom Kaiser persönlich. Die Formulierung, dass die christliche Kirche „an einen Herrn, Jesus Christus, den Sohn Gottes, aus dem Vater gezeugt, den Einziggeborenen, das heißt aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht vom Licht, wahrhaftigen Gott aus wahrhaftigem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“ 6 glaube, sollte natürlich den Arianismus abweisen und hat es auch getan. Nur den Streit hat es nicht beendet, im Gegenteil: zentral für die Erlösung und deshalb unbedingt zu bewahren. 5 Bernhard Lohse, Epochen der Dogmengeschichte, 57. 6 Ausschnitt aus dem sogenannten Nicänum, zitiert in Bernhard Lohse, Epochen der Dogmengeschichte, 59. Die arianerfreundliche Partei unter Führung des Eusebius von Nikomedien gewann Einfluss auf Kaiser Konstantin mit dem Ziel, Arius wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen und seine Lehre zu rehabilitieren. Die Arianer gewannen zwischenzeitlich die Oberhand, so dass der Vertreter der Orthodoxie Athanasius nach Trier verbannt wurde, was wiederum die Westkirche gegen die Arianer aufbrachte. Aus einem Konflikt im Osten wurde ein Streit der gesamten Kirche. Zeitweise sah es sogar nach einem Sieg des Arianismus aus, was alleine durch den Tod des sich mit seiner ganzen Macht einsetzenden Kaisers Konstantius verhindert wurde. Erst das von Kaiser Theodosius nach Konstantinopel berufene 2. Ökumenische Konzil 381 sollte dem Streit ein Ende bereiten und auch einen Schlussstein in das trinitarische Bekenntnis einsetzen: Die Gottheit des Heiligen Geistes.7 Denn auch dieser Sachverhalt war umstritten, wenngleich nicht so heftig. Für die Arianer war konsequenterweise auch der Heilige Geist nicht Gott, sondern ein Geschöpf des Sohnes. Wieder war es Athanasius der in seiner trinitarischen Lehre darauf hinwies, dass die Schrift den Heiligen Geist nie als etwas Erschaffenes beschreibt, sondern ihm immer göttliche Attribute zuweist. Die drei Kappadozier8 haben schlussendlich die Abgrenzung zwischen dem Wesen Gottes und den einzelnen Personen deutlicher gemacht, indem sie den Begriff „Usia“ (Wesen) für alle Personen der Gottheit als gemeinsam betrachteten und den Begriff „Hypostasis“ (Wesenheit, Natur) als Ausdruck ihrer Individualität sahen. Mit Lohse kann gesagt werden: “Mit der Entscheidung von Konstantinopel ist zum ersten Mal in der Kirchengeschichte ein spezielles Problem des christlichen Glaubens in autoritativer Weise abschließend entschieden worden.“ 9 7 Zitat aus den Nicaeno-Constantinopolitanum: „Und an den Heiligen Geist, den Herrn und Geber des Lebens, der von dem Vater ausgeht, mit dem Vater und dem Sohne zusammen verehrt und zusammen verherrlicht wird, der durch die Propheten geredet hat.“ 8 Basilius der Große, Bischof von Cäserea, sein jüngerer Bruder Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz werden als die drei Kappadozier bezeichnet. 9 Bernhard Lohse, Epochen der Dogmengeschichte, 71.