apoBank Finanzmarktkommentar Analyst: Jakob Fiedler; 18. September 2015 US-Notenbank: Kein Ende der Nullzins-Politik Fed verschiebt die lang erwartete Anhebung des Leitzinses ein weiteres Mal Ausschlaggebend ist zum einen die Abschwächung Chinas, zum anderen liegen auch die heimischen Indikatoren weiterhin unter den Zielvorstellungen der Fed Eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber unwahrscheinlich Leitzins USA (Bandbreitenobergrenze) 10% 8% 06/2006: Letzte Zinsanhebung 6% 4% 12/2008: Beginn der Nullzinsphase 2% 0% 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Quelle: Federal Reserve, apoBank Nullzinspolitik – und kein Ende in Sicht Viele Finanzmarktteilnehmer hatten in den vergangenen Jahren mit einem baldigen Ende der Nullzinspolitik der amerikanischen Fed gerechnet. Noch bis vor kurzem galt eine Anhebung des Leitzinses Mitte diesen Jahres als ausgemachte Sache. Allerdings liefern die anhaltend niedrige Inflationsrate und verschiedene Arbeitsmarktindikatoren bislang keine ausreichende Begründung, die diesen Schritt nötig macht. Eine weitere Entwicklung, die sich verschlechternde Lage der chinesischen Wirtschaft, führte in den vergangenen Wochen dazu, dass die meisten Beobachter nicht mehr von einer Anhebung der Zinsen im September ausgingen. Und so kam es dann auch: Fed-Präsidentin Janet Yellen zeigte sich in der gestrigen Pressekonferenz zur Zinsentscheidung besorgt und vorsichtiger denn je. Ihre wichtigste Botschaft an die Marktteilnehmer war, dass die Fed die Zinsen erst erhöhen werde, wenn sich erstens die Lage in China in positiver Weise geklärt habe und zweitens die Situation in den USA einen Zinsschritt klar erfordere. Überdies unterstrich Yellen ihre Bereitschaft, eher ein mittelfristiges Überschießen der Inflationsrate über 2 % zu tolerieren, als die Zinsen fälschlich zu rasch zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund ist eine Anhebung des Leitzinses bis zum Jahresende zwar weiterhin denkbar, unserer Ansicht nach allerdings unwahrscheinlich. Unsicherheit um China Zum ersten Mal nahm die Fed gestern einen deutlichen Bezug auf die Bedeutung der chinesischen Wirtschaft für die US-Konjunktur. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass sich die chinesische Wirtschaft erstmals seit ihrem rasanten Aufstieg in einer deutlichen Abschwächung befindet. Sollte sich diese Entwicklung verstärken – womit die Fed zumindest rechnen sollte – dann hätte das über eine geringere weltwirtschaftliche Nachfrage und inflationsmindernde Impulse negative Auswirkungen auf die US-Konjunktur. Die hier getroffenen Aussagen beruhen auf Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, aber nicht überprüft haben. Die Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben ist auf grobes Verschulden begrenzt. Nachdruck nur mit Genehmigung. 1/2 apoBank Finanzmarktkommentar Analyst: Jakob Fiedler; 18. September 2015 US-Inflation anhaltend unterhalb der Zielmarke Die US-Notenbank verfolgt mit ihrer Politik insbesondere zwei direkte Ziele. Erstens strebt sie eine Zielinflation von 2 % an und zweitens versucht sie, durch ihre Geldpolitik für Vollbeschäftigung zu sorgen. An diesen Zielen gemessen zeigt sich, dass auch unabhängig von der Entwicklung Chinas eine Erhöhung des Leitzinses derzeit noch nicht angemessen erscheint. Das von der Fed bevorzugte Inflationsmaß – die Inflationsrate der persönlichen Konsumausgaben („PCE Deflator“) – weist aktuell einen Wert von 0,3 % auf. Bereinigt man die Inflationsrate um die schwankungsanfälligen Preise von Energie und Lebensmitteln, dann liegt die Rate mit 1,2 % noch immer deutlich unterhalb der Zielmarke. Im Gegensatz zur Inflationsentwicklung könnte ein erster Blick auf den Arbeitsmarkt dafür sprechen, dass das Ziel der Vollbeschäftigung mehr oder weniger erreicht ist. So liegt die Arbeitslosenquote derzeit mit 5,1 % auf dem Durchschnitt der Vorkrisenzeit (siehe Grafik). Unserer Ansicht nach hat die Arbeitslosenquote allerdings in den letzten Jahren einiges an Aussagekraft eingebüßt. Der Grund dafür liegt darin, dass in den USA nur derjenige als Arbeitslos gilt, der aktiv nach einem Arbeitsplatz sucht. Diejenigen, die die Suche aufgegeben haben, werden nicht gezählt. Unser favorisierter Indikator ist aus diesem Grund die Beschäftigungsquote (Anzahl der Beschäftigten bezogen auf die Bevölkerungszahl). In der Alterskohorte der 25-54-Jährigen zeigte sich bis zum Tiefpunkt der Rezession im Jahr 2010 ein klarer Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsquote und der offiziellen Arbeitslosenquote. Seit diesem Zeitpunkt allerdings hat sich der Gleichlauf deutlich abgeschwächt. Die Beschäftigungsquote hat sich zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert, impliziert aber weiterhin eine tatsächliche Arbeitslosenquote von rund 8 %. Unserer Ansicht nach dürfte dieser Zusammenhang auch der Fed bewusst sein. Wir erwarten deshalb, dass sie trotz der niedrigen Arbeitslosigkeit auch in den nächsten Monaten noch keinen Grund sehen wird, mit einer signifikanten Anhebung des Leitzinses zu beginnen. Arbeitslosenquote zeichnet ein zu optimistisches Bild 11% 74% 10% 75% 9% 76% 8% 77% 7% 78% 6% 79% 5% 80% 4% 81% 3% 1986 82% 1993 Arbeitslosenquote 2000 2007 2014 Beschäftigungsrate 25-54-jährige, rechte Achse (invertiert) Quelle: Bureau of Labor Studies, apoBank Implikationen für die Anlagestrategie Die Entscheidung der Fed zur Beibehaltung der Nullzinspolitik und die damit verbundenen aktuellen Reaktionen der Wertpapiermärkte entsprechen weitgehend dem Bild, das wir seit Jahresbeginn erwartet hatten. Deshalb ergibt sich für uns aktuell kein Anlass einer Anpassung der Anlagestrategie. Da signifikante Inflationstreiber weiterhin nicht erkennbar sind, dürfte das Zinsniveau anhaltend niedrig bleiben. Der Dollar schwächte sich gegenüber dem Euro infolge der gestrigen FedSitzung auf 1,14 ab und liegt damit exakt auf unserer 12-Monatsprognose, die wir im Mai zuletzt angepasst hatten. In Bezug auf Aktien bleiben wir vorerst bei einer neutralen Einschätzung. Auf der einen Seite spricht zwar die anhaltend expansive Geldpolitik für eine Aktienübergewichtung, auf der anderen Seite aber sehen wir momentan trotz der positiven konjunkturellen Entwicklung in den USA und auch Europa nur begrenzte Potenziale hinsichtlich der Gewinnentwicklung. In jedem Fall gilt es derzeit, bei der regionalen und sektoralen Aktienallokation Exponierungen gegenüber der chinesischen Wirtschaft kritisch zu überprüfen. Die hier getroffenen Aussagen beruhen auf Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, aber nicht überprüft haben. Die Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben ist auf grobes Verschulden begrenzt. Nachdruck nur mit Genehmigung. 2/2