DER ERSTE WELTKRIEG URSACHEN Der 1. Weltkrieg war ein militärischer Konflikt zwischen 1914 bis 1918, der aufgrund einer Mischung aus • gegenseitigen Bündnisverpflichtungen, • übersteigertem Nationalismus, • machtpolitischen und strategischen Erwägungen, • wirtschaftlicher Rivalität und • militärischem Wettrüsten der fünf europäischen Großmächte (Großbritannien, Frankreich, Deutsches Reich, ÖsterreichUngarn und Russland) von einer ursprünglich lokal begrenzten Konfrontation zwischen dem Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn und dem Königreich Serbien zunächst zu einem europäisch und schließlich zu einem global geführten Krieg mit 32 beteiligten Nationen eskalierte. Der 1. Weltkrieg stellt in vielerlei Hinsicht einen historischen Einschnitt von epochaler Bedeutung dar: Das bis dahin unvorstellbare Ausmaß an Zerstörung und Leid durch • moderne Waffentechniken (massiertes Artilleriefeuer, Einsatz von Panzern, Giftgasangriffe, Maschinengewehre, Aufklärungs- und Kampfflugzeuge, • neue Methoden strategischer Kriegsführung, die erstmals auch die Zivilbevölkerung zu unmittelbaren Kriegsopfern werden ließ (Aushungerung durch Blockade der Lebensmittel- und Rohstoffzufuhr, uneingeschränkter U-Boot-Krieg), • sowie eine ganz auf militärische Ziele und Erfordernisse ausgerichtete Umstrukturierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in den meisten der Krieg führenden Länder machten den 1. Weltkrieg zum ersten totalen Krieg in der Geschichte der Menschheit, den der Diplomat und Politikwissenschaftler George Frost Kennan als „die große Urkatastrophe unseres Jahrhunderts" bezeichnet hat. In vielerlei Hinsicht beendete der Erste Weltkrieg das strukturelle Mittelalter in Europa, z.B. die Adelsherrschaften und ihre Bedeutung im modernen Staat. Die Beteiligung außereuropäischer Mächte, insbesondere das Eingreifen der USA in den Krieg, bedeutete die endgültige Verdrängung des europazentrischen Staatensystems durch ein Weltstaatensystem. Das territoriale Gesicht Europas veränderte sich grundlegend, alte Reiche brachen auseinander, zahlreiche neue Staaten entstanden. Die politischen und sozialen Ordnungen der Kaiserreiche Russland und Deutschland sowie der K. u. K. Monarchie lösten sich auf und wurden durch Revolutionen in neue Staatsformen umgewandelt: das Zarenreich in eine sozialistische Räterepublik, das deutschsprachige Rest-Österreich und das Deutsche Reich in parlamentarische Demokratien. Etwa zehn Millionen Kriegstote, mehr als 20 Millionen Verwundete und ungefähr acht Millionen Kriegsgefangene und Vermisste, ein von hoher Staatsverschuldung und kriegsbedingter Inflation zerrüttetes europäisches Finanzsystem, die harten Friedensbedingungen für die Mittelmächte im Versailler Vertrag und den Pariser Vorortverträgen führten über Jahre hinweg zu teilweise bürgerkriegsartigen Richtungskämpfen um die künftige innenpolitische Ordnung zwischen demokratischen, kommunistischen und extrem konservativen Kräften. Diese wirtschaftliche Instabilität und politische Radikalisierung belastete gerade auch die Weimarer Republik von Anfang an stark. KRIEGSZIELE - Erster Imperialer Krieg - Nullsummenspiel: Totaler Sieg oder totale Niederlage - Entgrenzung der Ziele 1 - Entnationalisierung: Die Grenzen im imperialen Zeitalter waren NICHT die Grenzen des eigentlichen Staates KONSEQUENZEN - Entstehung des ersten kommunistischen Staates in Russland (Sowjet-Bolschewismus1) - Monarchische Ordnung in Deutschland, Österreich-Ungarn u. im Osmanischen Reich - ArbeiterInnenschaft etabliert sich als politische Kraft (spiel sogar bei Regierungsbildungen eine entscheidende Rolle) - Hoffnungen auf ein parlamentarisch-demokratische Regierungsformen erfüllen sich nur beschränkt - Viele der kleinen Nationen erhielten staatliche Unabhängigkeit - Verlagerung der Macht von Europa in die USA ZIELE DER FRIEDENSVERTRÄGE - Versailles (Deutschland) - St. Germain (Österreich-Ungarn) ♦ Ausbreitung des Bolschewismus verhindern à Bildung eines Quarantänegürtels um Russland (Finnland, Polen, Ö-U, Rumänien) ♦ Kontrolle der militärischen Macht Deutschlands à Kriegsschuldklausel, nur mehr 100.000 Mann-Heer, unbeschränkte Reparationszahlungen, Verlust der dt. Kolonien, dt. Territorium bleibt weitgehend unberührt ♦ Neuaufteilung der Landkarte à Prinzip der nationalen Selbstbestimmung, Aufteilung des Nahen Osten zwischen F und GB, Briten versprechen den Juden einen eigenen Nationalstaat (Balfourerklärung), ♦ Versuch eine stabile Nachkriegsordnung einzurichten à Gründung des Völkerbunds. ♦ Friedensverträge tragen aber nicht wirklich zur Stabilisierung Europas bei ♦ D und Russland galten als Feinde und wurden nicht als Faktoren in der Nachkriegsordnung berücksichtigt DER SOWJETISCHE BOLSCHEWISMUS - russisches Zarenreich brach als erstes Empire zusammen - 1915/16 Revolution gegen den Zar - Lenin bündelt diese Kräfte und transformiert sie zur bolschewistischen Revolution - Nach Abdanken des Zaren à machtlose Übergangsregierung und eine Unzahl von Sowjets die die regionale Macht in den Händen halten - Zahlreiche Revolutionsparteien: Bolschewiki, Menschewiki,... (in der Bevölkerung weitgehend unbekannt) - Urbane Bewohner fordern Brot, ländliche Bewohner fordern Land, beide fordern Frieden - 7.11.1917: Sturm auf den Winterpalast durch die Bolschewiki à Machtübernahme (Probleme diese zu halten) - Lenin glaubt, es sei nur möglich die Macht zu halten, wenn sich das bolschewistische System auf ganz Europa ausbreitet. - Friedensvertrag von Bresk-Litowsk 1917; Diktatfrieden mit Deutschland - Kontrarevolution: Weiße Armee kämpft gegen Rote Armee im Westen bis 1920; die von Trotzki organisierte Rote Armee blieb auf allen Linien siegreich (fehlende Akzeptanz für die Politik der Weißen Armee seitens der Arbeiter und Bauern) - KP war einziges staatsbildendes Instrument 1 1. Doktrin des leninistischen Marxismus 2. abwertend für Sozialismus, Kommunismus (aus: Langenscheidt Fremdwörterlexikon 2 - Russland war einziges Empire, das sich im I.WK nicht auflöst à Transformation in ein sozialistisches Imperium. Territoriale Einheit Russlands bleibt bis 1991 bestehen Bodenaufteilung In den 20er und 30er Jahren à Verstaatlichung des Landes à Zwangskollektivierung Stalins forderte 100.000e Hungertote Überschwappen der russischen Revolution auf die ganze Welt: - Kubanische Tabakarbeiter bilden Räte - Mexiko-Revolution 1917: Kollektivierung des Bodens - Revolutionäre Studentenbewegungen in Peking und Argentinien - Bayern ist kurzfristig im Frühjahr 1919 eine Räterepublik; so auch Ungarn (jedoch baldiger Sturz) - Etablierung des Bolschewismus in der Sowjetunion - Osten: 1925 Bündnis der Kou-Mintang und der Kommunisten bis 1927, erst dann kündigt Tschian-Kai-Scheck das Bündnis auf - Maos langer Marsch auf Peking - Keine Revolution in China Spaltung der Arbeiterbewegung in Europa: - starke sozialdemokratische Parteien - schwach kommunistische Parteien - in der Zwischenkriegszeit was Deutsch die Sprache der kommunistischen Internationale (Ausdruck der Hoffnung, dass auch im Westen eine Rev. stattfindet) FOLGEN DER REVOLUTIONEN FÜR EUROPA - russ. Revolution trug wesentlich zur Dekolonialisierung bei - provozierte Faschismus - Sozialdemokratie wird zum politischen Faktor - Einbindung der Arbeiterparteien ins politische System Russische Revolution paradoxerweise zur Retterin des liberalen Kapitalismus, weil sie dem Westen den Anstoß gab, den Kapitalismus zu reformieren. ÖKONOMISCHE ENTWICKLUNGEN IN DER ZWISCHENKRIEGZEIT WELTWIRTSCHAFTSKRISE Ursachen Überproduktion und Überinvestition: ungewöhnlich starke Investitionen Ende der 20er Jahre in den wichtigsten Zweigen der Schwerindustrie (Motorenwerke und Maschinenbau) führte zu rasch wachsender Produktion, aber auch zu einer Überkapazität Abflachen der Konjunktur (bereits vor dem Börsenkrach im Oktober 1929), zu niedriger Verbrauch (Unterkonsumption) als Folge der geringen Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten und der Marktübersättigung. Starke Aufblähung des Kreditmarktes als Folge der Spekulationswelle in Börsenpapieren führte bei Rückgang der Konjunktur zu Panikverkäufen und damit verbundenen ungeheuren Kurseinbußen am sogenannten Schwarzen Freitag: Kursverluste von insgesamt rund 30 Milliarden Dollar auf dem New Yorker Börsenmarkt Zusammenbruch des amerikanischen Kreditsystems muss auch die amerikanischen Kredite in Europa in Mitleidenschaft ziehen (die USA waren zum größten Gläubigerland der Erde geworden, sie hatten Kredite in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar nach Europa gegeben). Überwindung der Krise in den USA 1933 Präsident F.D. Roosevelt: New Deal (brain trust) 3 Sozialgesetze: Einführung der Arbeitslosenunterstützung, die es bei uns zu jener Zeit schon gab, in den USA aber bis dahin einfach nicht notwendig war (Vollbeschäftigung). Verminderung der Industrieproduktion, Subventionierung und Entschuldung der Farmer öffentliche Aufträge, Großprojekte: Überprüfung, propagandistische Auswertung (über das neue Massenmedium Radio) Dollarabwertung auf 59,06% zieht Währungsabwertungen in anderen Ländern nach sich, Goldeinlösungspflicht aufgehoben Weltwirtschaftshandeln hat sich von 1880-1913 verdoppelt, danach Stagnation, und von 1948-1971 verfünffacht - Schutz der eigenen Wirtschaft in schlechten Phasen durch die Einführung von hohen Schutzzöllen, was sich wiederum negativ auf die Weltwirtschaft auswirkte - Japan und GB taten alles um eine Deflation herzustellen - WWK machte Europa für den Faschismus bereit Die Oktoberereignisse 1929 Im September hatten die Kurse in New York ihren Höchststand erreicht. Ab 3. Oktober begann die Abschwächung seitdem 14. Oktober gingen die Kurse laufend zurück. Am 24. Oktober kam es zur Panik. Die sollte aufgefangen werden. Doch obwohl die großen Banken eine Interessengemeinschaft bildeten und Aktien angekauft wurden, um die Einbrüche wettzumachen, fielen die Kurse weiter in den "Keller". Die Maklerdarlehen auf Rechnung anderer gingen zurück, um 120 Millionen Dollar. Dadurch wurde die angespannte Lage noch verschärft. Die Zurückziehung der täglich fälligen Gelder vom New Yorker Markt führte zu hohen Verlusten bei den privater Anlegern. Die Ausgaben gingen zurück, dei Hypothekenmarkt wurde erfasst, was zur Zwangsvollstreckung bei vielen Hauseigentümern führte. Immobilienpreise und Bautätigkeit waren rückläufig Soziale Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise • Steigende Arbeitslosigkeit von 1929 -1932; leichtes Abflachen in 1933. • Hinzu kam ein starker Anstieg der Kurzarbeit. • Die langandauende Krise mit Einkommensverlusten für breite Bevölkerungsschichten führte zu sozialem und psychischem Elend und Verzweiflung. Betroffen waren neben der Arbeiterschaft vor allem der Mittelstand (Bauern, Handwerker, Einzelhändler und freie Berufe). Angehörige des Mittelstandes und Arbeitslose mit zuvor höherem Einkommen stellten das Gros des Wählerpotentials der NSDAP. Nazi-Deutschland ... gelang es zwischen 1933 und 1938 die Arbeitslosigkeit zu überwinden, bereits 1935 gab es überhaupt keine Arbeitslosen mehr. - der wirtschaftliche Liberalismus war etwa ein halbes Jahr lang ausgeschaltet - 1933 gab die USA den Bauern sogar Geld, wenn sie nicht produzierten Sowjetunion ...war immun gegen die Krise, es gab keine Arbeitslosen à Wirtschaftsimmigranten (allerdings waren ideologische Immigranten lieber gesehen) Nazi-Deutschland und die SU wiesen beide sehr stark staatlich gelenkte Wirtschaftssysteme auf; sie schafften es als einzige, die WWK zu überwinden; D förderte seine Wirtschaft durch Kriegsproduktion, die SU tätigte Kollektivierungsmaßnahmen 4 Lehren aus der WWK - es gab keine erprobten Strategien, da es keine vergleichbaren Vorläufer für eine derartig große Krise - Nach 1945 nationalstaatliche Wirtschaftspolitik praktiziert à Ausrichtung nicht mehr auf monetäre Stabilisierungspolitik, sondern auf Deficit-Spending - Gründung des modernen Wohlfahrtsstaates - J.M.Keynes: Der Staat muss der WWK aktiv entgegentreten. Da die Konsumnachfrage abfällt, müssen die Zinsen gesenkt werden um das notwendige Kapital billiger zu machen. In Krisenzeiten muss der Staat öffentliche Arbeitsplätze schaffen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. - Soziale Marktwirtschaft: Der gemeinsam erwirtschaftete Reichtum soll gerecht verteilt werden und in Krisenzeiten soll der Staat Arbeit schaffen - Orthodoxer Glaube an die freie Marktwirtschaft verschwindet - Nach 1945 zielt die Wirtschaftspolitik auch auf politische und gesellschaftliche Sicherheit ab DIE JUNGEN DEMOKRATIEN IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT - alle Staaten, die den antikommunistischen Gürtel um die SU bildeten, waren mit den neuesten und liberalsten Verfassungen ausgestattet - diese Demokratien waren allerdings nicht aktiv, sondern reaktiv ausgelegt; die Herrscher waren nur sekundär an demokratischen Maßnahmen und Einrichtungen interessiert. Sie agiert primär demokratisch um antikommunistisch zu regieren UNGARN Eigentlich demokratisch, hieß aber noch Österreich-Ungarn; Staatschef: Admiral Horti ITALIEN Die Liberalen unterstützten die Bildung einer faschistischen Regierung PORTUGAL Seit 1927 eine Diktatur unter Salazar JUGOSLAWIEN Ab 1929: Königsdiktatur In den 30er Jahren sah es so aus, als ob den Parlamenten das gleiche Schicksal wie den Monarchien 1918 blühen würde. Schlüsseldebatten der Politik wurden von den Rechten dominiert. Die Demokratie im Europa der Zwischenkriegszeit war eine Neuheit, ein Experiment. Im Europa der 1930er war die Demokratie die Ausnahme, faschistisch geleitete Regime die Regel. Es gab dynamische, nicht demokratische Alternativen. Autoritäre Regime schienen ökonomisch mehr zu bringen und waren den Europäern nicht fremder. ÖSTERREICHS ENTWICKLUNG VON 1918 – 1933 1910 hat Ö-U 51 Millionen Einwohner, davon leben 28 Mio. in der westlichen Hälfte und 5.5 in den heutigen österreichischen Grenzen. Die politischen Lager sind aus mehreren verschiedenen politischen Gruppierungen zusammengesetzt. Gegen 1880 formierten sich die Parteien als Weltanschauungsparteien. Sie erhoben Anspruch auf das Ganze; Fast jeder Bereich des Lebens war parteipolitisch organisiert; Eine Bildung von Stereotypen und Vorurteilen gegenüber anderen Lagern wurde forciert 5 In Österreich formierten sich 3 politische Lager: - Christlich soziale Partei: Entstand Anfang 1880 und umfasste hauptsächlich Gewerbebetreibende. Anfangs sehr konservativ und ständisch orientiert (zB Einführung der Meisterprüfung und Zwangsmitgliedschaften bei den Zünften) Ihre Ziele waren Antiindustrialisierung und Antikapitalisierung. Es vollzog sich eine ethnische Spaltung: politischer Antisemitismus oder nicht antisemitisch. Christlich-sozial und dt. national waren bis Mitte der 1880er sehr vermischt. Das dt. nationale Lager war das antiklerikale Lager, im christlich-sozialen hatte sich die Klerikalpolitik durchgesetzt. Beide Lager waren antisemitisch. Dr. Karl Lueger war der erste Vertreter des politischen Antisemitismus („Der Antisemitismus wird zu Grunde gehen, aber erst wenn der letzte Jude zu Grunde gegangen ist“). Unter Lueger als Bürgermeister von Wien gab es keinen Beamten der nicht zumindest vorgab christlichsozial zu sein à Patronanzsystem. Ab Ende der 1890er setzte eine Klassenbildung ein, die als Folge das Wachstum der Sozialdemokratie hatte. Immer mehr Besitzende stießen zu den Christlich-sozialen („Hausherrenpartei“), aber auch mehr Arbeiter stießen dazu (christlich-soziale Arbeiterbewegung). Bei den Arbeitern handelte es sich vor allem um Bauern, die in die Stadt gezogen waren. Ideologische Basissäulen: Deutsch-österreichisch, antisemitisch, katholisch - Deutsch-nationales Lager: Spektrum von deutsch-national bis liberal (je mehr Antisemitismus desto weniger liberal). Das Lager entstand auf Grund der raschen Etablierung der slawischen Nationen und des dt. Kaiserreiches à Konfliktfeld. Die Deutschnationalen wollten die Sicherung der Privilegien der Deutschen. Sie waren von einer gottgewollten Überlegenheit der Deutschen überzeugt. Grundkonflikt: Emanzipierte Nicht-Deutsche strebten den Zugang zu Elitepositionen an. 2 Optionen: 1) eine radikale kleine Fraktion wollte die Zerstörung von Ö-U und den Anschluss an D. 2) die andere Fraktion wollte die Monarchie behalten und den Besitzstand gegen die Slawen verteidigen. Radikale dt.nationale sahen Juden nicht als Deutsche, Liberale schon. Die Universitäten waren Hochburgen für die Deutsch-Nationalisten. In Wien „saugten“ die Christlich-sozialen die Deutsch-nationalen auf. In der Provinz nahmen die Deutsch-nationalen in den Bildungsschichten rasch zu. Georg Ritter von Schönerer wurde zur Symbolfigur des Deutsch-Nationalismus. Er bliebt aber nur ein Symbolpolitiker. - das sozialdemokratische Lager Moderner Parteityp. Entwicklung ging von einer Wählerpartei hin zu einer Massenpartei. Zu Beginn des Jahrhunderts war die SP noch eine klassische Mitgliederpartei. Ihr Aufbau war zentralisierend mit einer Hierarchie. Auf urbane Bereiche beschränkt. Im ländlichen Raum eher unbeliebt, weil antiklerikal. Wollten an der Donaumonarchie festhalten. Parteielite: Professionelle Politiker; Enge Kooperation von Partei und Gewerkschaft. Politisches Hauptziel: allgemeines, gleiches und geheimes Wahlrecht. (Einführung 1918) Linzer Programm 1882 von Adler und Schönerer. Versagen der Partei bei Kriegsbeginn, in dem sie sich hinter die Monarchie stellte à kriegstreiberisch! - totalitäre Versuchungen für die Politischen Lager 1918/19 wäre es für das linke Lager ein Leichtes gewesen, eine Räterepublik zu gründen 1933-1938: das Christlich-soziale Lager gibt sich der Versuchung hin und gründet einen autoritären Staat à Austrofaschismus 6 1938: da dt.nationale Lager hat sich für das totalitäre System Hitlers entschieden - Fortsetzung der politischen Lager nach 1945 - Österreich hat nach dem WK II die höchste Parteienorganisation in Österreich, in den 1980ern waren 23% der ÖsterreicherInnen in Parteien organisiert. - „Versäulung der Demokratie“: Sehr wenig Mobilität zwischen den Lagern. Es war oft sehr hilfreich bei einer Partei Mitglied zu sein - Zerfall der alten Hierarchie, Etablierung anderer Werte - Gründung von Selbstschutzverbänden - Gefahr der Gründung einer kommunistischen Republik - Arbeiter- und Soldatenräte wurden von Sozialdemokraten domestiziert - Erheblicher Schub von sozialpolitischen Leistungen (zB Gründung der Arbeiterkammer - Parteienkonstellation zu Beginn der ersten Republik (siehe oben) - Erste Republik war eine Parteiendemokratie. Die 3 politischen Lager Österreichs entwickelten eine massive Verdichtung - Die Gesellschaft war stark in Lager aufgeteilt - Politisches Gewaltmonopol hört auf zu existieren à Wehrverbände - Spaltung zwischen Kapital und Arbeit - Ab 1920 war der Bürger- und Bauernblock an der Macht - Alle wollen und fordern den Anschluss an Deutschland Die Parteienlandschaft während der ersten Republik galt als relativ stabil, d.h. es gab keine merklichen Veränderungen bei den Wahlergebnissen der Nationalratswahlen von 1919 bis 1930 (abgesehen von einer kontinuierlichen Abnahme der Stimmen für die Deutschnationalen) 1919: „linksgerichteter Umbruch“ 1933: „rechtsradikal faschistischer Umbruch“ WWK erreichte Ö, mit einiger Verspätung, 1931 (Zusammenbruch der CA, steigende Zahl an Arbeitslosen). Zur Sanierung: Aufnahme einer Anleihe beim Völkerbund, sowie Anordnung von Sparmaßnahmen (Beamten wurden abgebaut) à Austritt der Großdeutschen aus der Regierung, da sie in den Beamten einen hohen Anteil ihrer Wählerschaft hatten und diesen sichern wollten. Situation im Parlament 1932: Christlichsoziale, Landbund und Heimwehr hatten im Parlament eine knappe Mehrheit (+ eine Stimme) in Hinblick auf die nächsten NR-Wahlen. Als Indiz dafür galten die Landtagswahlen 1932, deren Ergebnis ein rasanter Anstieg der Stimmen für die NSDAP war. Manoschek spricht von einem zur NSDAP in Deutschland zeitverschobenen Werdegang der NSDAP in Österreich. Auf Grund dieser politischen Umstände begannen Überlegungen von Seiten der damaligen Regierung unter Dollfuss zur Verhinderung von Neuwahlen. Zu diesem Zweck umging die Regierung sukzessive das Parlament zur Stärkung ihrer eigenen Macht: - Erlassung von Verordnungen mit Hilfe des „Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes“ (Vgl. Deutschland: Regierung Papen) bis März 1933 - Schuschnigg trat für das Ausschalten des Parlaments und die Errichtung eines autoritären Regimes ein, mit Berufung auf die (ökonomische) Krise in Ö. Der „Geschäftsordnungsvorfall“ im Parlament wurde als willkommener Anlass zur Legitimation verwendet um weitreichende Verordnungen zu erlassen, obwohl die sogenannte Selbstentmachtung des Bundespräsidenten durch Neuwahlen hätte verhindert werden können. (Einschränkung der politischen Freiheiten, der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, Ausschaltung von Nationalrat und Bundesrat, Aussetzung der Wahlen zum Nationalrat und 7 der Landtage, Gleichschaltung der Medien, Internierung politischer Gegner, Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs). Bis 1933 waren die rechtsstaatlichen Grundlagen außer Kraft gesetzt und faschistische Elemente etabliert worden. Der Kampf gegen die Sozialdemokratie wurde ausgebaut (Verbot der1. Mai Demos und des Schutzbundes, Stürmung des Linzer Parteilokals durch Emil Fey, Februarkämpfe 1934) à Radikalisierung der polit. Auseinandersetzungen; Profiteur: NSDAP à Verschränkung von ökonomischer und politischer Krise in europäischen Staaten Aus etlichen Verfassungsbrüchen resultierte letztendlich am 1.Mai 1934 der Beschluss der sogenannten „Maiverfassung“, die zur Sicherung des Machterhaltes der Regierung unter Dollfuss diente, d.h. die politischen Machtträger/Eliten, die das politische System veränderten, änderten sich nicht. 1. Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz – Erlass von Verordnungen mit Umgehung des Nationalrates – Einberufung des Nationalrates ohne die Sozialdemokratie (à statt 165 waren nur 76 Mandatare anwesend; vorgeschriebenes Forum: 83 Mandatare!!) à 64 der Anwesenden stimmten für den Erlass des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes. Die Gesetzgebungsvollmacht wurde auf die Regierung übertragen à SELBSTAUFLÖSUNG des NR. à keine allgem. Wahlen mehr vorgesehen à politische Machthaber werden von der Regierung eingesetzt 2. Als Gegenkonzept zum Parlamentarismus/Pluralismus à Bildung von „Ständen“ angeordnet. ad1) - Formaler Ablauf - im Rahmen der außerordentlichen Gesetzgebung obliegt es ausschließlich der Regierung Gesetze zu erlassen (dieser Weg wurde von der Regierung weitaus öfter gewählt: 200 Gesetze der Regierung „vs.“ 32 Gesetze des Bundesrats im Jahre 1934) ad2) Berufsstände = selbstständige Vertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die ihre Interessen gemeinsam vertreten wollen; Statt einer horizontalen Gliederung (nach Klassen) à vertikale Gliederung der Gesellschaft; Vorgesehen waren folgende Berufsstände: Land- und Forstwirtschaft, Handel und Verkehr, Industrie, Gewerbe, Geld- und Kreditwesen, Freie Berufe, Öffentlicher Dienst. Von diesen wurden allerdings nur die Land- und Forstwirtschaft, sowie der Öffentliche Dienst realisiert, da es hier nicht die klassischen Interessenskonflikte zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen gab. Die Regierung ernannte diese Stände. In dieser Zeit wurden zahlreiche sozialpolitische Gesetze durch den Arbeitgeber gebrochen, die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 700.000 Die politischen Parteien lösten sich auf à Zusammenfindung zur „Vaterländischen Front“, d.h. die traditionellen Parteien verschmolzen, konkrete Zielsetzungen gab es allerdings nicht (für die Organisationsform). Ihre Aufgabe war es „Trägerin des österreichischen Gedankens“ zu sein, deren Dienststellen einem Geheimdienst entsprachen. Die Vaterländische Front hatte rund 2 Mio. Mitglieder, aber keine Funktion. - Die Verfassung trat nie vollständig in Kraft – Erlassung antikonstitutioneller Gesetze - Errichtung autoritärer Strukturen (Bundespräsident, Regierung) – Einschränkung zentraler Grundrechte - Stellung der Regierung im Bezug auf die Stände à undemokratische Einschränkungen des Rechtsstaates DER NATIONALSOZIALISMUS Die Gründung der EWG ist ohne die Niederlage des NS nicht zu verstehen. 1933 – 1938 8 Im Austrofaschismus schwinden zwar viele rechtstaatliche Elemente (Einschränkung der Grundrechte, Beschränkung des Rechtsstaates auf das Formale), aber der Rechtsstaat wird nicht gänzlich zerstört. Bei autoritären Herrschaftsformen ist zu beobachte, dass es zu keinem politischen Elitentausch kommt und dass die Regierung einen sehr geringen Gestaltungs- und Umgestaltungswillen hat. Hauptziel: Erhaltung der bestehenden Verhältnisse à Kontinuität. Der Anschluss Österreichs an Deutschland Zuerst wollte Hitler eine lockere, staatliche Verbindung in Form einer REALUNION. Hitler hätte in beiden Staaten das Staatsoberhaupt sein sollen. Erst der triumphale Empfang in Ö und Fehlen jeglichen Widerstandes im Ausland führten schließlich zum sofortigen Anschluss. (Seys-Inquart: Gesetz zur Wiedervereinigung à völlig undemokratische Volksabstimmung im April 1933) Juli 1934: Der Anschluss von Ö an D war von Beginn an ein Ziel der NS-Außenpolitik, doch der Putschversuch scheiterte. à Hitler beschloss den Anschluss evolutionär durchzuführen: Er begann systematisch wichtige politische Positionen mit österreichischen NS zu besetzen. Auch der einzige Garant für Österreichs Unabhängigkeit, Mussolini, näherte sich immer mehr Hitler an. Schließlich gab Mussolini der austrofaschistischen Regierung den Rat einen MODUS VIVENDI mit D zu finden à 1936 Abkommen zw. Hitler und Schuschnigg. Das austrofaschistische System wurde von innen her immer mehr von den Nazis durchsetzt. In Ö war aber generell ein hohes NS-Potential vorhanden: bis 1938 konnten die NS ihre Anhängerschaft – trotz des Parteiverbots – vergrößern. Wesentlich dazu beigetragen hat die katastrophale Lage wirtschaftliche Lage in Ö und die Tatsache, dass Hitler in D die Arbeitslosigkeit beenden konnte. Der Anschluss im März 1939 war wohl ein „erzwungen-ersehnter“. Bedeutung des Anschluss aus rechtspolitischer Sicht In D waren die NS 1938 bereits 5 Jahre an der Macht. 1933 hatten sie es in D bereits zu Wege gebracht, die wichtigsten Grundrechte außer Kraft zu setzen, da sich die gesamte Legislative in der Hand der NS befand à Ausnützung des Ermächtigungsgesetzes (einfache Verfassungsgesetze können von der Regierung ohne Zustimmung des Parlaments beschlossen werden). In D wurde die föderalistische Struktur aufgehoben, die Länder wurden zu bloßen Verwaltungssprengeln degradiert. Bald kam es zur Auflösung aller Parteien. Bereits 1933 hatte Hitler den Staatsapparat von Nicht-NS- und Nicht-Arischen-Beamten „gesäubert“. Bis 1938 gelang es der NSDAP die dt. Rechtsordnung auf eine rassistische Grundlage zu stellen: „Nürnberger Rassengesetze“ 1935. Durchsetzung des Führerprinzips: Hitler war als Führer nicht nur Reichskanzler, in ihm vereinigten sich alle Funktionen. Hitler war die personifizierte Konzentration aller Gewalten in D. Österreich wurde durch den Anschluss zu einem Verwaltungssprengel in der Ostmark. SeysInquart wurde Reichsstatthalter, ihm war die österreichische Landesregierung (ehemals Bundesregierung) unterstellt. Im Mai 1939 wurde das Ostmarkgesetz beschlossen, in dem das Land Österreich beseitigt und zu einem reichsunmittelbaren Gau (Offizielle Bezeichnung: „Donau- und Alpenreichsgaue“) umgewandelt wird. An der Spitze dieser Gaue stand der „Reichsstatthalter neuen Typs“. Im April 1940 trat das Ostmarkgesetz dann in Kraft. Der Werdegang Nazi-Deutschlands weist 2 charakteristische Züge auf: - Umgestaltung der Rechtsordnung auf einer rassistischen Grundlage - Etablierung des allumfassenden Führerprinzips Ziel: Errichtung eines völkischen Staates 9 à Abkehr von allen Verfassungen, die gesamte dt. Rechtsordnung erfuhr einen grundlegenden Wandel... Das dritte Reich hatte keine Verfassung im formellen Sinn. Das gesatzte Gesetz galt nicht, es trat stattdessen das völkische Naturrecht in Kraft. Dieses war nur eine vom Führer „erschaubare“ Ordnung. Statt Gleichheit aller galt die völkische Ungleichheit. Der Führer und seine Gefolgschaft bildeten die Volksgemeinschaft. Der Wille des Volkes kann nur durch den Führer unverfälscht wiedergegeben und nur durch ihn zum Ausdruck gebracht werden. Hitler war keiner Kontrolle unterworfen. 1942 beschloss der Reichstag, dass der Führer den Gesetzen nicht unterworfen ist; auch die Gewaltenteilung wurde völlig aufgehoben. Im dritten Reich wurde jegliche rechtsstaatliche Ordnung zerstört. Die Konzentrations- und Vernichtungslager ...bilden den „Höhepunkt“ dieser Ordnung des Terrors. Himmler, Chef der SS, war für die Lager zuständig. Die Polizei wurde aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert und mit der SS verschmolzen. Die SS besaß eine eigene Gerichtsbarkeit und ein eigenes Wirtschaftsimperium (vgl. Sklavenarbeit der KZ-Häftlinge). Ab 1944 wurde 1/3 des KZPersonals (unfreiwillig) von der Wehrmacht bestellt. Zum Holocaust gibt es so gute wie keine Analysefrage. Auf die Antwort, wie so etwas in einer hoch zivilisierten Gesellschaft überhaupt möglich ist, werden wir wohl noch warten müssen. (vgl. „Die Täter von Shoa“ von Gerhard Paul) März 1938-1945 – Täter- oder Opferrolle? Österreich war eine Tätergesellschaft. Als Arier waren sie Mitglieder der dt. Herrenrasse. Sofort nach dem Anschluss fingen in Ö spontane Übergriffe auf Juden statt und das OHNE Zutun der NSDAP. In Ö hatte die NSDAP ca. 700.000 Mitglieder, davon waren über 20.000 Mitglieder der SS. Ca 1,2 Mio. Österreicher kämpften in der Wehrmacht. Die Österreicher nutzten die Karrierechancen die in den neu gewonnenen Gebieten entstanden, so z.B. Seys-Inquart, der Reichskommissar in Holland wurde. Auch an der Spitze des Polizeiapparates befanden sich viele Österreicher. Alle Vertreter Himmlers am Balkan waren Österreicher. Es hat sich also um mehr gehandelt als um bloße Kollaboration. DIE BIPOLARE WELTORDNUNG NACH 1945 – KALTER KRIEG Mit dem Ende des WK II haben sich in der Welt 2 Machtblöcke gebildet: - USA à kapitalistisch - Sowjetunion à kommunistisch Diese Bipolare Weltordnung war eine langfristige, dauerhafte Epoche. Deutschland: Teilung Berlins 1948 Teilung Deutschlands 1949 Mit der Öffnung der Grenzen 1989 kam es schlussendlich zum Zusammenbruch des Realsozialismus (der Zerfall des sowjetischen Imperiums war bis 1989 jedoch unvorstellbar) In Europa bedeutete das Zeitalter des Kalten Krieges eine lokale Form der Stabilität, da es zu einer Wiederentstehung der politischen Ordnung und geordneten internationalen Machtverhältnissen kam. Nach der Niederlage des Nationalsozialismus à geteiltes Europa Mit der Auflösung der KommIntern 1943 setzte Stalin das Zeichen, dass die SU den Gedanken einer Weltrevolution aufgegeben hat. 10 Die SU praktizierte eine Politik der Bewahrung und Konsolidierung im eigenen Land. Trotz einiger Aufruhren (in der DDR: Streik gegen das kommunistische Regime, 1956: Umsturzversuch) wurde das Machtgleichgewicht in Europa akzeptiert. Es kam zur Unterwerfung aller Staaten unter eine der beiden Supermächte à keine Internationalisierung mehr, Minderheitenansprüche sekundär à interne Lösungen (Teilung Zyperns, Südtirolfrage,...) Kalter Krieg könnte auch „Kalter Friede“ genannt werden. Politische Stabilität wie nie zuvor à Basis dieser: Atomare Abschreckung, enorme atomare Rüstung à ATOMARES GLEICHGEWICHT DES SCHRECKENS Atombombe als politisches Druckmittel verwendet: USA: Korea, Vietnam SU: Suezkrise, Kubakrise Die politische Situation außerhalb Europas war nicht so klar. China wechselte 1949 die Seiten und wurde kommunistisch. Die politische Orientierung der Postkolonialstaate war nicht so eindeutig. Afrika: Grenzen des kommunistischen Einflusses waren nicht vorhersehbar bzw. ausverhandelt. Die meisten Postkolonialstaaten wechselten jedoch nicht zum Kommunismus; in internationalen Angelegenheiten verhielten sie sich weitgehend blockfrei. (Tigerstaaten eher kommunistisch) Stärkster Konflikt zwischen USA und SU: Vietnam bzw. Afghanistan Kalter Krieg: Permanente rhetorisch propagandistische Provokation 3 große Stellvertreterkriege: - 1950 Korea: Intervention USA - 1965-75 Vietnam: Intervention USA à Verlierer: USA à „Vietnam Trauma“ - Afghanistan: Unterstützung der SU für die afghanische Regierung, USA unterstützt Taliban à Verlierer: SU Nach der Kubakrise 1962 à Phase der Kontrolle und Beschränkung der Atomwaffen: - Rüstungsbeschränkungen - Verträge Diese 10 Jahre der Rüstungsbeschränkung (Entspannungsphase) fanden ihr Ende mit der, durch die OPEC ausgelösten Erdölkrise 1973 à Jom-Kippur-Krieg In den USA entwickelte sich das Bewusstsein, wie viel die Erdölfunde auf sowjetischem Boden wert waren à Angst der USA, die Vormachtstellung in der Welt an die SU zu verlieren (Öl = Blut des Kommunismus) à amerikanisches Trauma: verlorener Vietnamkrieg à Verwundbarkeit der USA zeigte sich; Prestigeverlust Zwischen 1974 und 1979: neue Revolutionswelle v.a. in Afrika und Asien à dortige Regime waren kapitalistisch à durch Rev.: Zuneigung für die SU im jeweiligen Land gesteigert (vgl. Marinestützpunkte) Vietnam-Trauma und die Revolutionswelle führten schließlich zu einer Neuentfachung des Kalten Kriegs à da sich die USA in einer vermeintlichen Schwächeposition befand, betrieben sie ein enormes Aufrüsten (Sozialistisches Imperium wurde später aber ökonomisch, nicht militärisch zerschlagen!!) Technologische Revolution, Globalisierung der Weltwirtschaft à SU verschlief diese Entwicklungen (stellte Planwirtschaft nicht um) à fehlende Anpassung an die neuen Verhältnisse 11 „Kreuzzug gegen das Böse“ (Ronald Reagan) Einleitung des Endes des Kalten Kriegs (Ronald Reagan, Michail Gorbatschow) FRAGE: Hat der Kalte Krieg wirklich den Zusammenbruch des Realsozialismus in der Sowjetunion herbeigeführt? Überlegungen: - Kapitalismus nicht zusammengebrochen - Kommunistische Idee an Konkurrenz mit dem Kapitalismus geknüpft - Kapitalistisches System konnte Schuldenberge (durch Rüstung) absorbieren - Kommunistisches System war dazu nicht in der Lage und erhielt auch keine Hilfe von außen (Rüstungsausgaben SU: ¼ der Ausgaben, USA: 7% des BIP) - Sowjetische Bündnispartner waren auf ökonomische Hilfestellung aus dem „Mutterland“ angewiesen, waren also ökonomisch nicht selbstständig - Technologie: Westen unternahm im Gegensatz zum Osten hier Quantensprünge - In der SU blieb ineffiziente Kommandowirtschaft bestehen à trotz rezessiver Tendenz rechnete niemand mit einer Totalniederlage - Umgekehrter „Dominoeffekt“ in den Satellitenstaaten à Ende des KK - Herrschaft der SU im Osten: Anachronismus, d.h. nicht mehr zeitgemäß - SU war letztes traditionelles Imperium, am Ehesten noch mit den früheren Kolonialmächten (z.B. GB) vergleichbar - Die Auflösung der SU erfolgte beinahe „über Nacht“ - Man kann eher von Politischem Selbstmord anstatt von Politischem Mord sprechen Desillusionierung auf beiden Seiten: Was für die USA das Vietnam-Trauma war, war für die SU das Afghanistan-Trauma Folge des Endes: - alte Konflikte entstanden teilweise neu - Bürgerkriege (v.a. in der Kaukasusregion) Internationale Auswirkungen des KK: - Konflikte wurden a) eliminiert bzw. b) überschattet - Einige Konflikte verschwanden; Gründe: Ende des imperialen Zeitalters, ehemalige Großmächte erlitten einen enormen Machtverlust - Deutschland?: West-Deutschland und Frankreich waren nun beide Teile des westlichen System à Konflikt inexistent - Internationale Lage quasi eingefroren à Provisorium der Nachkriegsordnung (vgl. Deutschland) - Innenpolitik der Bündnisstaaten von der Tatsache 2er großer Machtblöcke beeinflusst - Bis auf China kein politischer „Seitenwechsel“ - Impotente, inkompetente politische System blieben bestehen Thema: Benes-Dekrete und die Vertreibung der Sudetendeutschen Benes-Dekrete = Staatsgründungsdokumente der Tschechoslowakischen Republik nach dem WK II. (Pendant zu den Dekreten: Avnoj-Beschlüsse 1943) seit dem Ansuchen der Tschechischen Republik sind die Benes-Dekrete nicht mehr nur ein innerstaatliches Thema, sondern werden international diskutiert. FPÖ: sprach in der Vergangenheit von einer Veto-Drohung gegen die Ratifizierung des Beitritts der Tschechischen Republik, wenn die Benes-Dekrete nicht aufgehoben werden 12 sollten; vgl. Volksbegehren (die konkrete Position der FPÖ zum augenblicklichen Zeitpunkt ist nicht ganz klar) Warum werden die Benes-Dekrete in dieser VO thematisiert? à weil sie ein aktuelles Beispiel für die Historischen Grundlagen der Politik darstellen; Lösungen zu diesem Thema umspannen das gesamte 20. Jhd. (vom Ende der Monarchie über die Folgen des NS für Minoritäten bis hin zum EU-Beitritt) Kernpunkt der Diskussion: Aufhebung oder Nicht-Aufhebung der Dekrete à um nicht Gefahr zu laufen populistischer Propaganda „zu glauben“, muss eine Auseinandersetzung mit Fakten und den historischen Entwicklungen hin zu den BenesDekreten passieren. Benes: Staatspräsident von 1935-1939 und von 1945-48; in der Zwischenkriegsphase war er ein hochrangiger Politiker Tschechoslowakei war eine Ausnahmeerscheinung in Osteuropa, weil es dort die einzige funktionierende Demokratie war. 1939: Annexion durch das Dt.Reich 1940: Benes organisiert im Exil in London den zukünftigen Wiederaufbau des Landes; à „Dekrete“ und nicht Gesetze: Exilregierung, kein Parlament à dekretale Phase von 1940 bis 1945 (im Oktober 1945: vorläufige Nationalversammlung) Die Exilregierung verfasste in den 5 Jahren 143 Texte zu Dekreten, die Benes zur Unterzeichnung vorgelegt wurden; die Politiker regierten von London aus mit „Notverordnungen“ 1945: Wiedereinsetzung eines Parlaments à Dekrete wurden für rechtsgültig erklärt (vergleichbar mit der Unabhängigkeitserklärung Österreichs 1945) Benes-Dekrete à Umwandlung von NS-Recht und NS-Institutionen; Protektorat Böhmen und Mähren und der Satellitenstaat Slowakei wurden wieder zur Tschechoslowakischen Republik Benes-Dekrete à beinhalten Grundlage der demokratischen Rep. à Annulierung alles NS-Gesetze und –Verträge à Wiederaufbau der Republik à etwa 10 von den 143 beschäftigen sich mit der deutschen und ungarischen Bevölkerung auf tschechoslowakischem Gebiet - bedenklich sind lediglich 3 bzw. 4 der Dekrete; jene die sich mit der entschädigungslosen Enteignung der dt. und ungar. Menschen befassen. Wird oft zu den Dekreten gezählt, ist aber keines: Straffreistellungsgesetz von 1946 im Kontext mit Minderheiten: Generalamnestie für alle mit dem Ziel der Wiedergewinnung der Freiheit Straftaten begangen haben (beinhalten Straftaten im Sinne des Widerstands, sowie jene in Bezug auf die Vertreibung der Sudetendeutschen) à ebenfalls bedenklich Die Vertreibung der Sudetendeutschen wird in den B-D nicht explizit erwähnt, sondern nur deren Enteignung; juristische Grundlage: Potsdamer Konferenz im August 1945 (Konferenz der Alliierten mit dem Ziel der Friedenssicherung à Lösungsweg: ethnische Homogenisierung; d.h. nicht die Tschechoslowakei, sondern die Alliierten legten den Grundstein zur Vertreibung) Die Vertreibung der Ungarn und Sudetendeutschen stellt den Endpunkt eines ungelösten Minderheitenproblems dar, das seinen Anfang 1918 mit dem Ende der Monarchie und dem Beginn der republikanischen Ära findet. Um die Zusammenhänge und die Entwicklungen zu verstehen ist es notwendig ins Jahr 1918 zurückzugehen: 13 Mit dem Ende der Monarchie kam es zum Verlust der dominierenden Rolle der ethnisch Deutschen auf tschechoslowakischem Gebiet (von nun an starke Minderheit im neuen Staatsgebiet) 13,6 Mio. Einwohner: davon 6,8 Mio. Tschechen, 2 Mio. Slowaken, 3,1 Mio. Deutsche (größte Minderheit), 745 000 Ungarn, 460 000 Ukrainer/Russen Die Deutschen forderten im Sinne des Selbstbestimmungsrechts den Verbleib ihrer Heimatgemeinden bei Österreich bzw. Deutschland; die dt. Minderheit betrieb von je her eine Politik gegen die Regierung und den Staat; Die Tschechoslowakei behauptete sich als eine Demokratie in Osteuropa, was zur Folge hatte, dass viele Antifaschisten und österreichische Sozialdemokraten in den 30ern des 20.Jhds dorthin emigrierten und Asyl erhielten. Mitte der 20er Jahre: Stabilisierung des Konflikts, es waren sogar Sudetendeutsche im Parlament vertreten. Mit Hitler 1993 fand diese Stabilisierung ihr Ende à die faschistischen sudetendeutschen Parteien forderten nun die Angliederung ihrer Gebiete an Deutschland; 1935 entstand eine neue faschistische Partei (nachdem die Vorgänger-Parteien verboten worden waren), die finanziell von der NSDAP unterstützt wurde und 1936 bereits stärke sudetendeutsche Partei wurde. Mai 1938: 91% der dt. Stimmen für die Henlein-Partei (Konrad Henlein: sudetendeutscher Politiker) Oktober 1938: Überführung der Partei in die NSDAP (Henlein wurde Gau-Leiter; 527 000 Sudetendeutsche waren Mitglied der NSDAP à größte Parteidichte) Vor der Angliederung 1938 hatte Benes einen Plan, die Sudetendeutschen betreffend ausgearbeitet (der jedoch nie durchgesetzt wurde): 1/3 sollte durch Gebietsabtrennungen an das Dt.Reich ausgegliedert werden; 1/3 sollte entschädigt und ausgesiedelt werden; 1/3 (Demokraten, Sozialisten und Juden) sollten im Land verbleiben; à Grund der Nicht-Verwirklichung: Münchner Vertrag 1938 à Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland beschlossen (à GB und F wollten durch territoriale Zugeständnisse an Deutschland einen Weltkrieg verhindern à Illusion à 1939 Annexion der Rest-Tschechoslowakei an Deutschland) Beginn der Vertreibungen auf der anderen Seite: 200 000 Tschechen wurden in die RestTschechoslowakei vertrieben; Zwischen 1939 und 1945 wurden 36.000 Tschechen ermordet (davon 26.000 Juden); nach dem Widerstandanschlag der Tschechen im Mai 1942 wurden ca. 13.000 Tschechen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Plan der Nazis, bei einem siegreichen Ende des Krieges: - Eindeutschung eines Teils der Tschechen, sofern sie rassisch tauglich sind - Der Rest der Bevölkerung sollte in Richtung Sibirien deportiert und dort zu Sklavenarbeit herangezogen werden. à „Generalplan Ost“ ab 1942: Benes im Londoner Exil; erhielt Zustimmung der Alliierten für ethnische Vertreibungen (bis 1945 galt die Vorstellung, zur Friedenssicherung ethnisch homogene Nationalstaaten zu kreieren) Mai 1945: Wiederherstellung der alten Grenzen; die Sudetendeutschen wurden als 5te Kolonne Hitlers gesehen; 14 3 Phasen der Vertreibung: - Ende des Krieges: freiwillige Flucht aus Angst vor Bestrafung - Mai – August 1945: wilde Säuberungen à spontane Racheakte, Zwangsarbeit, Lager, Armbinden zur Kennzeichnung (à nach NS-Vorbild); 750 000 vertrieben, 40.000 100.000 getötet - Ab dem Potsdamer Abkommen im August 1945: organisierte Vertreibungen à Verfrachtung in Sammellager mit anschließender Abschiebung (50 kg Gepäck und 1000 Reichsmark durften mitgenommen werden); Ziel: alle Deutschen auf tschech. Gebiet nach Deutschland zu vertreiben Rechtlicher Rahmen: Verzicht der Tschechoslowakei auf Entschädigung und Reparationszahlungen aus Deutschland à Güter und finanzielle Ressourcen der Sudetendeutschen als Kompensation konfisziert à Vertreibung; Problematik: je nach Sichtweise ergeben sich unterschiedliche Schlüsse; Sicht der Tschechen: - wurden nie als eigenständige Nation anerkannt - dt. Minorität zeigte keine Loyalität, keine Identifizierung mit dem Staat - Anschlusswille der Deutschen - Terror der Nazis während der Besatzung Sicht der Sudetendeutschen: - Selbstbestimmungsrecht nach 1918 verweigert - Diskriminierung - Kollektivstrafe Jeweils wird nur die eigene Opferrolle gesehen und daraus eine moralische Legimitation abgeleitet; Havel entschuldigte sich 1997 beim dt. Bundeskanzler Kohl; eine umgekehrte Entschuldigung von Vertretern der Sudetendeutschen ist bis heute ausständig; Die Rahmenbedingungen für die Vertreibungen wurden von den europ. Großmächten geschaffen (ethnische Homogenisierung; München 1938; Potsdam 1945) Damals zur Friedenssicherung, heute Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte; Unterschiedliche politisch gängige legitimierte Form der Friedenssicherung à durch Aufkommen der Menschenrecht à Wandel. Die Vertreibungen müssen auch mit dem damaligen Blickwinkel betrachtet werden à hist. Kontext (vgl. EU: Benes-Dekrete stellen kein Hindernis für den Beitritt dar;) Manoschek nennt Vergleich mit österreichischen Altlasten aus der damaligen Zeit zum Zeitpunkt des EU-Beitritt à Österreich hätte demnach auch nicht der EU beitreten dürfen. Problem der Aufhebung der Dekrete: es würde ein Stein ins Rollen gebracht à gegenseitige Forderungen und Reparationszahlungen,... VO: Historische Grundlagen der Politik 23.1.2003 Thema: Benes-Dekrete und die Vertreibung der Sudetendeutschen Benes-Dekrete = Staatsgründungsdokumente der Tschechoslowakischen Republik nach dem WK II. (Pendant zu den Dekreten: Avnoj-Beschlüsse 1943) 15 seit dem Ansuchen der Tschechischen Republik sind die Benes-Dekrete nicht mehr nur ein innerstaatliches Thema, sondern werden international diskutiert. FPÖ: sprach in der Vergangenheit von einer Veto-Drohung gegen die Ratifizierung des Beitritts der Tschechischen Republik, wenn die Benes-Dekrete nicht aufgehoben werden sollten; vgl. Volksbegehren (die konkrete Position der FPÖ zum augenblicklichen Zeitpunkt ist nicht ganz klar) Warum werden die Benes-Dekrete in dieser VO thematisiert? à weil sie ein aktuelles Beispiel für die Historischen Grundlagen der Politik darstellen; Lösungen zu diesem Thema umspannen das gesamte 20. Jhd. (vom Ende der Monarchie über die Folgen des NS für Minoritäten bis hin zum EU-Beitritt) Kernpunkt der Diskussion: Aufhebung oder Nicht-Aufhebung der Dekrete à um nicht Gefahr zu laufen populistischer Propaganda „zu glauben“, muss eine Auseinandersetzung mit Fakten und den historischen Entwicklungen hin zu den BenesDekreten passieren. Benes: Staatspräsident von 1935-1939 und von 1945-48; in der Zwischenkriegsphase war er ein hochrangiger Politiker Tschechoslowakei war eine Ausnahmeerscheinung in Osteuropa, weil es dort die einzige funktionierende Demokratie war. 1939: Annexion durch das Dt.Reich 1940: Benes organisiert im Exil in London den zukünftigen Wiederaufbau des Landes; à „Dekrete“ und nicht Gesetze: Exilregierung, kein Parlament à dekretale Phase von 1940 bis 1945 (im Oktober 1945: vorläufige Nationalversammlung) Die Exilregierung verfasste in den 5 Jahren 143 Texte zu Dekreten, die Benes zur Unterzeichnung vorgelegt wurden; die Politiker regierten von London aus mit „Notverordnungen“ 1945: Wiedereinsetzung eines Parlaments à Dekrete wurden für rechtsgültig erklärt (vergleichbar mit der Unabhängigkeitserklärung Österreichs 1945) Benes-Dekrete à Umwandlung von NS-Recht und NS-Institutionen; Protektorat Böhmen und Mähren und der Satellitenstaat Slowakei wurden wieder zur Tschechoslowakischen Republik Benes-Dekrete à beinhalten Grundlage der demokratischen Rep. à Annulierung alles NS-Gesetze und –Verträge à Wiederaufbau der Republik à etwa 10 von den 143 beschäftigen sich mit der deutschen und ungarischen Bevölkerung auf tschechoslowakischem Gebiet - bedenklich sind lediglich 3 bzw. 4 der Dekrete; jene die sich mit der entschädigungslosen Enteignung der dt. und ungar. Menschen befassen. Wird oft zu den Dekreten gezählt, ist aber keines: Straffreistellungsgesetz von 1946 im Kontext mit Minderheiten: Generalamnestie für alle mit dem Ziel der Wiedergewinnung der Freiheit Straftaten begangen haben (beinhalten Straftaten im Sinne des Widerstands, sowie jene in Bezug auf die Vertreibung der Sudetendeutschen) à ebenfalls bedenklich 16 Die Vertreibung der Sudetendeutschen wird in den B-D nicht explizit erwähnt, sondern nur deren Enteignung; juristische Grundlage: Potsdamer Konferenz im August 1945 (Konferenz der Alliierten mit dem Ziel der Friedenssicherung à Lösungsweg: ethnische Homogenisierung; d.h. nicht die Tschechoslowakei, sondern die Alliierten legten den Grundstein zur Vertreibung) Die Vertreibung der Ungarn und Sudetendeutschen stellt den Endpunkt eines ungelösten Minderheitenproblems dar, das seinen Anfang 1918 mit dem Ende der Monarchie und dem Beginn der republikanischen Ära findet. Um die Zusammenhänge und die Entwicklungen zu verstehen ist es notwendig ins Jahr 1918 zurückzugehen: Mit dem Ende der Monarchie kam es zum Verlust der dominierenden Rolle der ethnisch Deutschen auf tschechoslowakischem Gebiet (von nun an starke Minderheit im neuen Staatsgebiet) 13,6 Mio. Einwohner: davon 6,8 Mio. Tschechen, 2 Mio. Slowaken, 3,1 Mio. Deutsche (größte Minderheit), 745 000 Ungarn, 460 000 Ukrainer/Russen Die Deutschen forderten im Sinne des Selbstbestimmungsrechts den Verbleib ihrer Heimatgemeinden bei Österreich bzw. Deutschland; die dt. Minderheit betrieb von je her eine Politik gegen die Regierung und den Staat; Die Tschechoslowakei behauptete sich als eine Demokratie in Osteuropa, was zur Folge hatte, dass viele Antifaschisten und österreichische Sozialdemokraten in den 30ern des 20.Jhds dorthin emigrierten und Asyl erhielten. Mitte der 20er Jahre: Stabilisierung des Konflikts, es waren sogar Sudetendeutsche im Parlament vertreten. Mit Hitler 1993 fand diese Stabilisierung ihr Ende à die faschistischen sudetendeutschen Parteien forderten nun die Angliederung ihrer Gebiete an Deutschland; 1935 entstand eine neue faschistische Partei (nachdem die Vorgänger-Parteien verboten worden waren), die finanziell von der NSDAP unterstützt wurde und 1936 bereits stärke sudetendeutsche Partei wurde. Mai 1938: 91% der dt. Stimmen für die Henlein-Partei (Konrad Henlein: sudetendeutscher Politiker) Oktober 1938: Überführung der Partei in die NSDAP (Henlein wurde Gau-Leiter; 527 000 Sudetendeutsche waren Mitglied der NSDAP à größte Parteidichte) Vor der Angliederung 1938 hatte Benes einen Plan, die Sudetendeutschen betreffend ausgearbeitet (der jedoch nie durchgesetzt wurde): 1/3 sollte durch Gebietsabtrennungen an das Dt.Reich ausgegliedert werden; 1/3 sollte entschädigt und ausgesiedelt werden; 1/3 (Demokraten, Sozialisten und Juden) sollten im Land verbleiben; à Grund der Nicht-Verwirklichung: Münchner Vertrag 1938 à Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland beschlossen (à GB und F wollten durch territoriale Zugeständnisse an Deutschland einen Weltkrieg verhindern à Illusion à 1939 Annexion der Rest-Tschechoslowakei an Deutschland) 17 Beginn der Vertreibungen auf der anderen Seite: 200 000 Tschechen wurden in die RestTschechoslowakei vertrieben; Zwischen 1939 und 1945 wurden 36.000 Tschechen ermordet (davon 26.000 Juden); nach dem Widerstandanschlag der Tschechen im Mai 1942 wurden ca. 13.000 Tschechen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Plan der Nazis, bei einem siegreichen Ende des Krieges: - Eindeutschung eines Teils der Tschechen, sofern sie rassisch tauglich sind - Der Rest der Bevölkerung sollte in Richtung Sibirien deportiert und dort zu Sklavenarbeit herangezogen werden. à „Generalplan Ost“ ab 1942: Benes im Londoner Exil; erhielt Zustimmung der Alliierten für ethnische Vertreibungen (bis 1945 galt die Vorstellung, zur Friedenssicherung ethnisch homogene Nationalstaaten zu kreieren) Mai 1945: Wiederherstellung der alten Grenzen; die Sudetendeutschen wurden als 5te Kolonne Hitlers gesehen; 3 Phasen der Vertreibung: - Ende des Krieges: freiwillige Flucht aus Angst vor Bestrafung - Mai – August 1945: wilde Säuberungen à spontane Racheakte, Zwangsarbeit, Lager, Armbinden zur Kennzeichnung (à nach NS-Vorbild); 750 000 vertrieben, 40.000 100.000 getötet - Ab dem Potsdamer Abkommen im August 1945: organisierte Vertreibungen à Verfrachtung in Sammellager mit anschließender Abschiebung (50 kg Gepäck und 1000 Reichsmark durften mitgenommen werden); Ziel: alle Deutschen auf tschech. Gebiet nach Deutschland zu vertreiben Rechtlicher Rahmen: Verzicht der Tschechoslowakei auf Entschädigung und Reparationszahlungen aus Deutschland à Güter und finanzielle Ressourcen der Sudetendeutschen als Kompensation konfisziert à Vertreibung; Problematik: je nach Sichtweise ergeben sich unterschiedliche Schlüsse; Sicht der Tschechen: - wurden nie als eigenständige Nation anerkannt - dt. Minorität zeigte keine Loyalität, keine Identifizierung mit dem Staat - Anschlusswille der Deutschen - Terror der Nazis während der Besatzung Sicht der Sudetendeutschen: - Selbstbestimmungsrecht nach 1918 verweigert - Diskriminierung - Kollektivstrafe Jeweils wird nur die eigene Opferrolle gesehen und daraus eine moralische Legimitation abgeleitet; 18 Havel entschuldigte sich 1997 beim dt. Bundeskanzler Kohl; eine umgekehrte Entschuldigung von Vertretern der Sudetendeutschen ist bis heute ausständig; Die Rahmenbedingungen für die Vertreibungen wurden von den europ. Großmächten geschaffen (ethnische Homogenisierung; München 1938; Potsdam 1945) Damals zur Friedenssicherung, heute Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte; Unterschiedliche politisch gängige legitimierte Form der Friedenssicherung à durch Aufkommen der Menschenrecht à Wandel. Die Vertreibungen müssen auch mit dem damaligen Blickwinkel betrachtet werden à hist. Kontext (vgl. EU: Benes-Dekrete stellen kein Hindernis für den Beitritt dar;) Manoschek nennt Vergleich mit österreichischen Altlasten aus der damaligen Zeit zum Zeitpunkt des EU-Beitritt à Österreich hätte demnach auch nicht der EU beitreten dürfen. Problem der Aufhebung der Dekrete: es würde ein Stein ins Rollen gebracht à gegenseitige Forderungen und Reparationszahlungen,... ANMERKUNG: da ich unkonzentriert und krank war, kann es sein, dass die Mitschrift nicht vollkommen vollständig ist und ein paar Aspekte fehlen!! Im Großen und Ganzen entspricht sie aber dem in der VO Gehörtem! 19