Historische Grundlagen der Politik

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DER ERSTE WELTKRIEG
URSACHEN
Der 1. Weltkrieg war ein militärischer Konflikt zwischen 1914 bis 1918, der aufgrund einer
Mischung aus
• gegenseitigen Bündnisverpflichtungen,
• übersteigertem Nationalismus,
• machtpolitischen und strategischen Erwägungen,
• wirtschaftlicher Rivalität und
• militärischem Wettrüsten
der fünf europäischen Großmächte (Großbritannien, Frankreich, Deutsches Reich, ÖsterreichUngarn und Russland) von einer ursprünglich lokal begrenzten Konfrontation zwischen dem
Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn und dem Königreich Serbien zunächst zu einem
europäisch und schließlich zu einem global geführten Krieg mit 32 beteiligten Nationen
eskalierte.
Der 1. Weltkrieg stellt in vielerlei Hinsicht einen historischen Einschnitt von epochaler
Bedeutung dar: Das bis dahin unvorstellbare Ausmaß an Zerstörung und Leid durch
• moderne Waffentechniken (massiertes Artilleriefeuer, Einsatz von Panzern,
Giftgasangriffe, Maschinengewehre, Aufklärungs- und Kampfflugzeuge,
• neue Methoden strategischer Kriegsführung, die erstmals auch die Zivilbevölkerung
zu unmittelbaren Kriegsopfern werden ließ (Aushungerung durch Blockade der
Lebensmittel- und Rohstoffzufuhr, uneingeschränkter U-Boot-Krieg),
• sowie eine ganz auf militärische Ziele und Erfordernisse ausgerichtete
Umstrukturierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in den meisten der Krieg
führenden Länder
machten den 1. Weltkrieg zum ersten totalen Krieg in der Geschichte der Menschheit, den der
Diplomat und Politikwissenschaftler George Frost Kennan als „die große Urkatastrophe
unseres Jahrhunderts" bezeichnet hat. In vielerlei Hinsicht beendete der Erste Weltkrieg das
strukturelle Mittelalter in Europa, z.B. die Adelsherrschaften und ihre Bedeutung im
modernen Staat.
Die Beteiligung außereuropäischer Mächte, insbesondere das Eingreifen der USA in den
Krieg, bedeutete die endgültige Verdrängung des europazentrischen Staatensystems durch ein
Weltstaatensystem. Das territoriale Gesicht Europas veränderte sich grundlegend, alte Reiche
brachen auseinander, zahlreiche neue Staaten entstanden. Die politischen und sozialen
Ordnungen der Kaiserreiche Russland und Deutschland sowie der K. u. K. Monarchie lösten
sich auf und wurden durch Revolutionen in neue Staatsformen umgewandelt: das Zarenreich
in eine sozialistische Räterepublik, das deutschsprachige Rest-Österreich und das Deutsche
Reich in parlamentarische Demokratien.
Etwa zehn Millionen Kriegstote, mehr als 20 Millionen Verwundete und ungefähr acht
Millionen Kriegsgefangene und Vermisste, ein von hoher Staatsverschuldung und
kriegsbedingter
Inflation
zerrüttetes
europäisches
Finanzsystem,
die
harten
Friedensbedingungen für die Mittelmächte im Versailler Vertrag und den Pariser
Vorortverträgen führten über Jahre hinweg zu teilweise bürgerkriegsartigen
Richtungskämpfen um die künftige innenpolitische Ordnung zwischen demokratischen,
kommunistischen und extrem konservativen Kräften. Diese wirtschaftliche Instabilität und
politische Radikalisierung belastete gerade auch die Weimarer Republik von Anfang an stark.
KRIEGSZIELE
- Erster Imperialer Krieg
- Nullsummenspiel: Totaler Sieg oder totale Niederlage
- Entgrenzung der Ziele
1
-
Entnationalisierung: Die Grenzen im imperialen Zeitalter waren NICHT die Grenzen
des eigentlichen Staates
KONSEQUENZEN
- Entstehung des ersten kommunistischen Staates in Russland (Sowjet-Bolschewismus1)
- Monarchische Ordnung in Deutschland, Österreich-Ungarn u. im Osmanischen Reich
- ArbeiterInnenschaft etabliert sich als politische Kraft (spiel sogar bei
Regierungsbildungen eine entscheidende Rolle)
- Hoffnungen auf ein parlamentarisch-demokratische Regierungsformen erfüllen sich
nur beschränkt
- Viele der kleinen Nationen erhielten staatliche Unabhängigkeit
- Verlagerung der Macht von Europa in die USA
ZIELE DER FRIEDENSVERTRÄGE
- Versailles (Deutschland)
- St. Germain (Österreich-Ungarn)
♦ Ausbreitung des Bolschewismus verhindern à Bildung eines Quarantänegürtels um
Russland (Finnland, Polen, Ö-U, Rumänien)
♦ Kontrolle der militärischen Macht Deutschlands à Kriegsschuldklausel, nur mehr
100.000 Mann-Heer, unbeschränkte Reparationszahlungen, Verlust der dt. Kolonien, dt.
Territorium bleibt weitgehend unberührt
♦ Neuaufteilung der Landkarte à Prinzip der nationalen Selbstbestimmung, Aufteilung
des Nahen Osten zwischen F und GB, Briten versprechen den Juden einen eigenen
Nationalstaat (Balfourerklärung),
♦ Versuch eine stabile Nachkriegsordnung einzurichten à Gründung des Völkerbunds.
♦ Friedensverträge tragen aber nicht wirklich zur Stabilisierung Europas bei
♦ D und Russland galten als Feinde und wurden nicht als Faktoren in der
Nachkriegsordnung berücksichtigt
DER SOWJETISCHE BOLSCHEWISMUS
- russisches Zarenreich brach als erstes Empire zusammen
- 1915/16 Revolution gegen den Zar
- Lenin bündelt diese Kräfte und transformiert sie zur bolschewistischen Revolution
- Nach Abdanken des Zaren à machtlose Übergangsregierung und eine Unzahl von
Sowjets die die regionale Macht in den Händen halten
- Zahlreiche Revolutionsparteien: Bolschewiki, Menschewiki,... (in der Bevölkerung
weitgehend unbekannt)
- Urbane Bewohner fordern Brot, ländliche Bewohner fordern Land, beide fordern
Frieden
- 7.11.1917: Sturm auf den Winterpalast durch die Bolschewiki à Machtübernahme
(Probleme diese zu halten)
- Lenin glaubt, es sei nur möglich die Macht zu halten, wenn sich das bolschewistische
System auf ganz Europa ausbreitet.
- Friedensvertrag von Bresk-Litowsk 1917; Diktatfrieden mit Deutschland
- Kontrarevolution: Weiße Armee kämpft gegen Rote Armee im Westen bis 1920; die
von Trotzki organisierte Rote Armee blieb auf allen Linien siegreich (fehlende
Akzeptanz für die Politik der Weißen Armee seitens der Arbeiter und Bauern)
- KP war einziges staatsbildendes Instrument
1
1. Doktrin des leninistischen Marxismus 2. abwertend für Sozialismus, Kommunismus (aus: Langenscheidt
Fremdwörterlexikon
2
-
Russland war einziges Empire, das sich im I.WK nicht auflöst à Transformation in
ein sozialistisches Imperium.
Territoriale Einheit Russlands bleibt bis 1991 bestehen
Bodenaufteilung
In den 20er und 30er Jahren à Verstaatlichung des Landes à Zwangskollektivierung
Stalins forderte 100.000e Hungertote
Überschwappen der russischen Revolution auf die ganze Welt:
- Kubanische Tabakarbeiter bilden Räte
- Mexiko-Revolution 1917: Kollektivierung des Bodens
- Revolutionäre Studentenbewegungen in Peking und Argentinien
- Bayern ist kurzfristig im Frühjahr 1919 eine Räterepublik; so auch Ungarn (jedoch
baldiger Sturz)
- Etablierung des Bolschewismus in der Sowjetunion
- Osten: 1925 Bündnis der Kou-Mintang und der Kommunisten bis 1927, erst dann
kündigt Tschian-Kai-Scheck das Bündnis auf
- Maos langer Marsch auf Peking
- Keine Revolution in China
Spaltung der Arbeiterbewegung in Europa:
- starke sozialdemokratische Parteien
- schwach kommunistische Parteien
- in der Zwischenkriegszeit was Deutsch die Sprache der kommunistischen
Internationale (Ausdruck der Hoffnung, dass auch im Westen eine Rev. stattfindet)
FOLGEN DER REVOLUTIONEN FÜR EUROPA
- russ. Revolution trug wesentlich zur Dekolonialisierung bei
- provozierte Faschismus
- Sozialdemokratie wird zum politischen Faktor
- Einbindung der Arbeiterparteien ins politische System
Russische Revolution paradoxerweise zur Retterin des liberalen Kapitalismus, weil sie dem
Westen den Anstoß gab, den Kapitalismus zu reformieren.
ÖKONOMISCHE ENTWICKLUNGEN IN DER ZWISCHENKRIEGZEIT
WELTWIRTSCHAFTSKRISE
Ursachen
Überproduktion und Überinvestition: ungewöhnlich starke Investitionen Ende der 20er Jahre
in den wichtigsten Zweigen der Schwerindustrie (Motorenwerke und Maschinenbau) führte
zu rasch wachsender Produktion, aber auch zu einer Überkapazität
Abflachen der Konjunktur (bereits vor dem Börsenkrach im Oktober 1929), zu niedriger
Verbrauch
(Unterkonsumption)
als
Folge
der
geringen
Kaufkraft
breiter
Bevölkerungsschichten und der Marktübersättigung.
Starke Aufblähung des Kreditmarktes als Folge der Spekulationswelle in Börsenpapieren
führte bei Rückgang der Konjunktur zu Panikverkäufen und damit verbundenen ungeheuren
Kurseinbußen am sogenannten Schwarzen Freitag: Kursverluste von insgesamt rund 30
Milliarden Dollar auf dem New Yorker Börsenmarkt
Zusammenbruch des amerikanischen Kreditsystems muss auch die amerikanischen Kredite in
Europa in Mitleidenschaft ziehen (die USA waren zum größten Gläubigerland der Erde
geworden, sie hatten Kredite in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar nach Europa gegeben).
Überwindung der Krise in den USA
1933 Präsident F.D. Roosevelt: New Deal (brain trust)
3
Sozialgesetze: Einführung der Arbeitslosenunterstützung, die es bei uns zu jener Zeit schon
gab, in den USA aber bis dahin einfach nicht notwendig war (Vollbeschäftigung).
Verminderung der Industrieproduktion, Subventionierung und Entschuldung der Farmer
öffentliche Aufträge, Großprojekte: Überprüfung, propagandistische Auswertung (über das
neue Massenmedium Radio)
Dollarabwertung auf 59,06% zieht Währungsabwertungen in anderen Ländern nach sich,
Goldeinlösungspflicht aufgehoben
Weltwirtschaftshandeln hat sich von 1880-1913 verdoppelt, danach Stagnation, und von
1948-1971 verfünffacht
- Schutz der eigenen Wirtschaft in schlechten Phasen durch die Einführung von hohen
Schutzzöllen, was sich wiederum negativ auf die Weltwirtschaft auswirkte
- Japan und GB taten alles um eine Deflation herzustellen
- WWK machte Europa für den Faschismus bereit
Die Oktoberereignisse 1929
Im September hatten die Kurse in New York ihren Höchststand erreicht. Ab 3. Oktober
begann die Abschwächung seitdem 14. Oktober gingen die Kurse laufend zurück. Am 24.
Oktober kam es zur Panik. Die sollte aufgefangen werden. Doch obwohl die großen Banken
eine Interessengemeinschaft bildeten und Aktien angekauft wurden, um die Einbrüche
wettzumachen, fielen die Kurse weiter in den "Keller". Die Maklerdarlehen auf Rechnung
anderer gingen zurück, um 120 Millionen Dollar. Dadurch wurde die angespannte Lage noch
verschärft. Die Zurückziehung der täglich fälligen Gelder vom New Yorker Markt führte zu
hohen Verlusten bei den privater Anlegern. Die Ausgaben gingen zurück, dei
Hypothekenmarkt wurde erfasst, was zur Zwangsvollstreckung bei vielen Hauseigentümern
führte. Immobilienpreise und Bautätigkeit waren rückläufig
Soziale Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise
• Steigende Arbeitslosigkeit von 1929 -1932; leichtes Abflachen in 1933.
• Hinzu kam ein starker Anstieg der Kurzarbeit.
• Die langandauende Krise mit Einkommensverlusten für breite Bevölkerungsschichten
führte zu sozialem und psychischem Elend und Verzweiflung. Betroffen waren neben
der Arbeiterschaft vor allem der Mittelstand (Bauern, Handwerker, Einzelhändler und
freie Berufe). Angehörige des Mittelstandes und Arbeitslose mit zuvor höherem
Einkommen stellten das Gros des Wählerpotentials der NSDAP.
Nazi-Deutschland
... gelang es zwischen 1933 und 1938 die Arbeitslosigkeit zu überwinden, bereits 1935 gab es
überhaupt keine Arbeitslosen mehr.
- der wirtschaftliche Liberalismus war etwa ein halbes Jahr lang ausgeschaltet
- 1933 gab die USA den Bauern sogar Geld, wenn sie nicht produzierten
Sowjetunion
...war immun gegen die Krise, es gab keine Arbeitslosen à Wirtschaftsimmigranten
(allerdings waren ideologische Immigranten lieber gesehen)
Nazi-Deutschland und die SU wiesen beide sehr stark staatlich gelenkte Wirtschaftssysteme
auf; sie schafften es als einzige, die WWK zu überwinden; D förderte seine Wirtschaft durch
Kriegsproduktion, die SU tätigte Kollektivierungsmaßnahmen
4
Lehren aus der WWK
- es gab keine erprobten Strategien, da es keine vergleichbaren Vorläufer für eine
derartig große Krise
- Nach 1945 nationalstaatliche Wirtschaftspolitik praktiziert à Ausrichtung nicht mehr
auf monetäre Stabilisierungspolitik, sondern auf Deficit-Spending
- Gründung des modernen Wohlfahrtsstaates
- J.M.Keynes: Der Staat muss der WWK aktiv entgegentreten. Da die
Konsumnachfrage abfällt, müssen die Zinsen gesenkt werden um das notwendige
Kapital billiger zu machen. In Krisenzeiten muss der Staat öffentliche Arbeitsplätze
schaffen, um die Arbeitslosigkeit zu senken.
- Soziale Marktwirtschaft: Der gemeinsam erwirtschaftete Reichtum soll gerecht verteilt
werden und in Krisenzeiten soll der Staat Arbeit schaffen
- Orthodoxer Glaube an die freie Marktwirtschaft verschwindet
- Nach 1945 zielt die Wirtschaftspolitik auch auf politische und gesellschaftliche
Sicherheit ab
DIE JUNGEN DEMOKRATIEN IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT
- alle Staaten, die den antikommunistischen Gürtel um die SU bildeten, waren mit den
neuesten und liberalsten Verfassungen ausgestattet
- diese Demokratien waren allerdings nicht aktiv, sondern reaktiv ausgelegt; die
Herrscher waren nur sekundär an demokratischen Maßnahmen und Einrichtungen
interessiert. Sie agiert primär demokratisch um antikommunistisch zu regieren
UNGARN
Eigentlich demokratisch, hieß aber noch Österreich-Ungarn; Staatschef: Admiral Horti
ITALIEN
Die Liberalen unterstützten die Bildung einer faschistischen Regierung
PORTUGAL
Seit 1927 eine Diktatur unter Salazar
JUGOSLAWIEN
Ab 1929: Königsdiktatur
In den 30er Jahren sah es so aus, als ob den Parlamenten das gleiche Schicksal wie den
Monarchien 1918 blühen würde. Schlüsseldebatten der Politik wurden von den Rechten
dominiert.
Die Demokratie im Europa der Zwischenkriegszeit war eine Neuheit, ein Experiment. Im
Europa der 1930er war die Demokratie die Ausnahme, faschistisch geleitete Regime die
Regel.
Es gab dynamische, nicht demokratische Alternativen. Autoritäre Regime schienen
ökonomisch mehr zu bringen und waren den Europäern nicht fremder.
ÖSTERREICHS ENTWICKLUNG VON 1918 – 1933
1910 hat Ö-U 51 Millionen Einwohner, davon leben 28 Mio. in der westlichen Hälfte und 5.5
in den heutigen österreichischen Grenzen.
Die politischen Lager sind aus mehreren verschiedenen politischen Gruppierungen
zusammengesetzt.
Gegen 1880 formierten sich die Parteien als Weltanschauungsparteien. Sie erhoben Anspruch
auf das Ganze; Fast jeder Bereich des Lebens war parteipolitisch organisiert; Eine Bildung
von Stereotypen und Vorurteilen gegenüber anderen Lagern wurde forciert
5
In Österreich formierten sich 3 politische Lager:
- Christlich soziale Partei:
Entstand Anfang 1880 und umfasste hauptsächlich Gewerbebetreibende. Anfangs sehr
konservativ und ständisch orientiert (zB Einführung der Meisterprüfung und
Zwangsmitgliedschaften bei den Zünften) Ihre Ziele waren Antiindustrialisierung und
Antikapitalisierung. Es vollzog sich eine ethnische Spaltung: politischer Antisemitismus oder
nicht antisemitisch.
Christlich-sozial und dt. national waren bis Mitte der 1880er sehr vermischt. Das dt. nationale
Lager war das antiklerikale Lager, im christlich-sozialen hatte sich die Klerikalpolitik
durchgesetzt. Beide Lager waren antisemitisch.
Dr. Karl Lueger war der erste Vertreter des politischen Antisemitismus („Der Antisemitismus
wird zu Grunde gehen, aber erst wenn der letzte Jude zu Grunde gegangen ist“). Unter Lueger
als Bürgermeister von Wien gab es keinen Beamten der nicht zumindest vorgab christlichsozial zu sein à Patronanzsystem.
Ab Ende der 1890er setzte eine Klassenbildung ein, die als Folge das Wachstum der
Sozialdemokratie hatte. Immer mehr Besitzende stießen zu den Christlich-sozialen
(„Hausherrenpartei“), aber auch mehr Arbeiter stießen dazu (christlich-soziale
Arbeiterbewegung). Bei den Arbeitern handelte es sich vor allem um Bauern, die in die Stadt
gezogen waren.
Ideologische Basissäulen:
Deutsch-österreichisch, antisemitisch, katholisch
- Deutsch-nationales Lager:
Spektrum von deutsch-national bis liberal (je mehr Antisemitismus desto weniger liberal).
Das Lager entstand auf Grund der raschen Etablierung der slawischen Nationen und des dt.
Kaiserreiches à Konfliktfeld. Die Deutschnationalen wollten die Sicherung der Privilegien
der Deutschen. Sie waren von einer gottgewollten Überlegenheit der Deutschen überzeugt.
Grundkonflikt: Emanzipierte Nicht-Deutsche strebten den Zugang zu Elitepositionen an. 2
Optionen: 1) eine radikale kleine Fraktion wollte die Zerstörung von Ö-U und den Anschluss
an D. 2) die andere Fraktion wollte die Monarchie behalten und den Besitzstand gegen die
Slawen verteidigen.
Radikale dt.nationale sahen Juden nicht als Deutsche, Liberale schon.
Die Universitäten waren Hochburgen für die Deutsch-Nationalisten. In Wien „saugten“ die
Christlich-sozialen die Deutsch-nationalen auf. In der Provinz nahmen die Deutsch-nationalen
in den Bildungsschichten rasch zu.
Georg Ritter von Schönerer wurde zur Symbolfigur des Deutsch-Nationalismus. Er bliebt
aber nur ein Symbolpolitiker.
- das sozialdemokratische Lager
Moderner Parteityp. Entwicklung ging von einer Wählerpartei hin zu einer Massenpartei. Zu
Beginn des Jahrhunderts war die SP noch eine klassische Mitgliederpartei. Ihr Aufbau war
zentralisierend mit einer Hierarchie. Auf urbane Bereiche beschränkt. Im ländlichen Raum
eher unbeliebt, weil antiklerikal. Wollten an der Donaumonarchie festhalten.
Parteielite: Professionelle Politiker;
Enge Kooperation von Partei und Gewerkschaft.
Politisches Hauptziel: allgemeines, gleiches und geheimes Wahlrecht. (Einführung 1918)
Linzer Programm 1882 von Adler und Schönerer.
Versagen der Partei bei Kriegsbeginn, in dem sie sich hinter die Monarchie stellte à
kriegstreiberisch!
- totalitäre Versuchungen für die Politischen Lager
1918/19 wäre es für das linke Lager ein Leichtes gewesen, eine Räterepublik zu gründen
1933-1938: das Christlich-soziale Lager gibt sich der Versuchung hin und gründet einen
autoritären Staat à Austrofaschismus
6
1938: da dt.nationale Lager hat sich für das totalitäre System Hitlers entschieden
- Fortsetzung der politischen Lager nach 1945
- Österreich hat nach dem WK II die höchste Parteienorganisation in Österreich, in den
1980ern waren 23% der ÖsterreicherInnen in Parteien organisiert.
- „Versäulung der Demokratie“: Sehr wenig Mobilität zwischen den Lagern. Es war oft
sehr hilfreich bei einer Partei Mitglied zu sein
- Zerfall der alten Hierarchie, Etablierung anderer Werte
- Gründung von Selbstschutzverbänden
- Gefahr der Gründung einer kommunistischen Republik
- Arbeiter- und Soldatenräte wurden von Sozialdemokraten domestiziert
- Erheblicher Schub von sozialpolitischen Leistungen (zB Gründung der
Arbeiterkammer
- Parteienkonstellation zu Beginn der ersten Republik (siehe oben)
- Erste Republik war eine Parteiendemokratie. Die 3 politischen Lager Österreichs
entwickelten eine massive Verdichtung
- Die Gesellschaft war stark in Lager aufgeteilt
- Politisches Gewaltmonopol hört auf zu existieren à Wehrverbände
- Spaltung zwischen Kapital und Arbeit
- Ab 1920 war der Bürger- und Bauernblock an der Macht
- Alle wollen und fordern den Anschluss an Deutschland
Die Parteienlandschaft während der ersten Republik galt als relativ stabil, d.h. es gab keine
merklichen Veränderungen bei den Wahlergebnissen der Nationalratswahlen von 1919 bis
1930 (abgesehen von einer kontinuierlichen Abnahme der Stimmen für die
Deutschnationalen)
1919: „linksgerichteter Umbruch“
1933: „rechtsradikal faschistischer Umbruch“
WWK erreichte Ö, mit einiger Verspätung, 1931 (Zusammenbruch der CA, steigende Zahl an
Arbeitslosen). Zur Sanierung: Aufnahme einer Anleihe beim Völkerbund, sowie Anordnung
von Sparmaßnahmen (Beamten wurden abgebaut) à Austritt der Großdeutschen aus der
Regierung, da sie in den Beamten einen hohen Anteil ihrer Wählerschaft hatten und diesen
sichern wollten.
Situation im Parlament 1932:
Christlichsoziale, Landbund und Heimwehr hatten im Parlament eine knappe Mehrheit (+
eine Stimme) in Hinblick auf die nächsten NR-Wahlen. Als Indiz dafür galten die
Landtagswahlen 1932, deren Ergebnis ein rasanter Anstieg der Stimmen für die NSDAP war.
Manoschek spricht von einem zur NSDAP in Deutschland zeitverschobenen Werdegang der
NSDAP in Österreich.
Auf Grund dieser politischen Umstände begannen Überlegungen von Seiten der damaligen
Regierung unter Dollfuss zur Verhinderung von Neuwahlen. Zu diesem Zweck umging die
Regierung sukzessive das Parlament zur Stärkung ihrer eigenen Macht:
- Erlassung
von
Verordnungen
mit
Hilfe
des
„Kriegswirtschaftlichen
Ermächtigungsgesetzes“ (Vgl. Deutschland: Regierung Papen) bis März 1933
- Schuschnigg trat für das Ausschalten des Parlaments und die Errichtung eines
autoritären Regimes ein, mit Berufung auf die (ökonomische) Krise in Ö.
Der „Geschäftsordnungsvorfall“ im Parlament wurde als willkommener Anlass zur
Legitimation verwendet um weitreichende Verordnungen zu erlassen, obwohl die sogenannte
Selbstentmachtung des Bundespräsidenten durch Neuwahlen hätte verhindert werden können.
(Einschränkung der politischen Freiheiten, der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit,
Ausschaltung von Nationalrat und Bundesrat, Aussetzung der Wahlen zum Nationalrat und
7
der Landtage, Gleichschaltung der Medien, Internierung politischer Gegner, Ausschaltung des
Verfassungsgerichtshofs).
Bis 1933 waren die rechtsstaatlichen Grundlagen außer Kraft gesetzt und faschistische
Elemente etabliert worden. Der Kampf gegen die Sozialdemokratie wurde ausgebaut (Verbot
der1. Mai Demos und des Schutzbundes, Stürmung des Linzer Parteilokals durch Emil Fey,
Februarkämpfe 1934)
à Radikalisierung der polit. Auseinandersetzungen; Profiteur: NSDAP
à Verschränkung von ökonomischer und politischer Krise in europäischen Staaten
Aus etlichen Verfassungsbrüchen resultierte letztendlich am 1.Mai 1934 der Beschluss der
sogenannten „Maiverfassung“, die zur Sicherung des Machterhaltes der Regierung unter
Dollfuss diente, d.h. die politischen Machtträger/Eliten, die das politische System
veränderten, änderten sich nicht.
1. Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz – Erlass von Verordnungen mit
Umgehung des Nationalrates – Einberufung des Nationalrates ohne die
Sozialdemokratie (à statt 165 waren nur 76 Mandatare anwesend; vorgeschriebenes
Forum: 83 Mandatare!!) à 64 der Anwesenden stimmten für den Erlass des
Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes. Die Gesetzgebungsvollmacht wurde
auf die Regierung übertragen à SELBSTAUFLÖSUNG des NR. à keine allgem.
Wahlen mehr vorgesehen à politische Machthaber werden von der Regierung
eingesetzt
2. Als Gegenkonzept zum Parlamentarismus/Pluralismus à Bildung von „Ständen“
angeordnet.
ad1)
- Formaler Ablauf
- im Rahmen der außerordentlichen Gesetzgebung obliegt es ausschließlich der Regierung
Gesetze zu erlassen (dieser Weg wurde von der Regierung weitaus öfter gewählt: 200 Gesetze
der Regierung „vs.“ 32 Gesetze des Bundesrats im Jahre 1934)
ad2) Berufsstände = selbstständige Vertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die
ihre Interessen gemeinsam vertreten wollen; Statt einer horizontalen Gliederung (nach
Klassen) à vertikale Gliederung der Gesellschaft; Vorgesehen waren folgende Berufsstände:
Land- und Forstwirtschaft, Handel und Verkehr, Industrie, Gewerbe, Geld- und Kreditwesen,
Freie Berufe, Öffentlicher Dienst. Von diesen wurden allerdings nur die Land- und
Forstwirtschaft, sowie der Öffentliche Dienst realisiert, da es hier nicht die klassischen
Interessenskonflikte zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen gab. Die Regierung
ernannte diese Stände. In dieser Zeit wurden zahlreiche sozialpolitische Gesetze durch den
Arbeitgeber gebrochen, die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 700.000
Die politischen Parteien lösten sich auf à Zusammenfindung zur „Vaterländischen Front“,
d.h. die traditionellen Parteien verschmolzen, konkrete Zielsetzungen gab es allerdings nicht
(für die Organisationsform). Ihre Aufgabe war es „Trägerin des österreichischen Gedankens“
zu sein, deren Dienststellen einem Geheimdienst entsprachen. Die Vaterländische Front hatte
rund 2 Mio. Mitglieder, aber keine Funktion.
- Die Verfassung trat nie vollständig in Kraft – Erlassung antikonstitutioneller Gesetze
- Errichtung autoritärer Strukturen (Bundespräsident, Regierung) – Einschränkung
zentraler Grundrechte
- Stellung der Regierung im Bezug auf die Stände
à undemokratische Einschränkungen des Rechtsstaates
DER NATIONALSOZIALISMUS
Die Gründung der EWG ist ohne die Niederlage des NS nicht zu verstehen.
1933 – 1938
8
Im Austrofaschismus schwinden zwar viele rechtstaatliche Elemente (Einschränkung der
Grundrechte, Beschränkung des Rechtsstaates auf das Formale), aber der Rechtsstaat wird
nicht gänzlich zerstört.
Bei autoritären Herrschaftsformen ist zu beobachte, dass es zu keinem politischen
Elitentausch kommt und dass die Regierung einen sehr geringen Gestaltungs- und
Umgestaltungswillen hat. Hauptziel: Erhaltung der bestehenden Verhältnisse à Kontinuität.
Der Anschluss Österreichs an Deutschland
Zuerst wollte Hitler eine lockere, staatliche Verbindung in Form einer REALUNION. Hitler
hätte in beiden Staaten das Staatsoberhaupt sein sollen. Erst der triumphale Empfang in Ö und
Fehlen jeglichen Widerstandes im Ausland führten schließlich zum sofortigen Anschluss.
(Seys-Inquart: Gesetz zur Wiedervereinigung à völlig undemokratische Volksabstimmung
im April 1933)
Juli 1934: Der Anschluss von Ö an D war von Beginn an ein Ziel der NS-Außenpolitik, doch
der Putschversuch scheiterte. à Hitler beschloss den Anschluss evolutionär durchzuführen:
Er begann systematisch wichtige politische Positionen mit österreichischen NS zu besetzen.
Auch der einzige Garant für Österreichs Unabhängigkeit, Mussolini, näherte sich immer mehr
Hitler an. Schließlich gab Mussolini der austrofaschistischen Regierung den Rat einen
MODUS VIVENDI mit D zu finden à 1936 Abkommen zw. Hitler und Schuschnigg. Das
austrofaschistische System wurde von innen her immer mehr von den Nazis durchsetzt.
In Ö war aber generell ein hohes NS-Potential vorhanden: bis 1938 konnten die NS ihre
Anhängerschaft – trotz des Parteiverbots – vergrößern. Wesentlich dazu beigetragen hat die
katastrophale Lage wirtschaftliche Lage in Ö und die Tatsache, dass Hitler in D die
Arbeitslosigkeit beenden konnte.
Der Anschluss im März 1939 war wohl ein „erzwungen-ersehnter“.
Bedeutung des Anschluss aus rechtspolitischer Sicht
In D waren die NS 1938 bereits 5 Jahre an der Macht. 1933 hatten sie es in D bereits zu Wege
gebracht, die wichtigsten Grundrechte außer Kraft zu setzen, da sich die gesamte Legislative
in der Hand der NS befand à Ausnützung des Ermächtigungsgesetzes (einfache
Verfassungsgesetze können von der Regierung ohne Zustimmung des Parlaments beschlossen
werden). In D wurde die föderalistische Struktur aufgehoben, die Länder wurden zu bloßen
Verwaltungssprengeln degradiert. Bald kam es zur Auflösung aller Parteien. Bereits 1933
hatte Hitler den Staatsapparat von Nicht-NS- und Nicht-Arischen-Beamten „gesäubert“. Bis
1938 gelang es der NSDAP die dt. Rechtsordnung auf eine rassistische Grundlage zu stellen:
„Nürnberger Rassengesetze“ 1935.
Durchsetzung des Führerprinzips: Hitler war als Führer nicht nur Reichskanzler, in ihm
vereinigten sich alle Funktionen. Hitler war die personifizierte Konzentration aller Gewalten
in D.
Österreich wurde durch den Anschluss zu einem Verwaltungssprengel in der Ostmark. SeysInquart wurde Reichsstatthalter, ihm war die österreichische Landesregierung (ehemals
Bundesregierung) unterstellt. Im Mai 1939 wurde das Ostmarkgesetz beschlossen, in dem das
Land Österreich beseitigt und zu einem reichsunmittelbaren Gau (Offizielle Bezeichnung:
„Donau- und Alpenreichsgaue“) umgewandelt wird. An der Spitze dieser Gaue stand der
„Reichsstatthalter neuen Typs“. Im April 1940 trat das Ostmarkgesetz dann in Kraft.
Der Werdegang Nazi-Deutschlands weist 2 charakteristische Züge auf:
- Umgestaltung der Rechtsordnung auf einer rassistischen Grundlage
- Etablierung des allumfassenden Führerprinzips
Ziel: Errichtung eines völkischen Staates
9
à Abkehr von allen Verfassungen, die gesamte dt. Rechtsordnung erfuhr einen
grundlegenden Wandel...
Das dritte Reich hatte keine Verfassung im formellen Sinn. Das gesatzte Gesetz galt nicht, es
trat stattdessen das völkische Naturrecht in Kraft. Dieses war nur eine vom Führer
„erschaubare“ Ordnung. Statt Gleichheit aller galt die völkische Ungleichheit.
Der Führer und seine Gefolgschaft bildeten die Volksgemeinschaft. Der Wille des Volkes
kann nur durch den Führer unverfälscht wiedergegeben und nur durch ihn zum Ausdruck
gebracht werden.
Hitler war keiner Kontrolle unterworfen. 1942 beschloss der Reichstag, dass der Führer den
Gesetzen nicht unterworfen ist; auch die Gewaltenteilung wurde völlig aufgehoben. Im dritten
Reich wurde jegliche rechtsstaatliche Ordnung zerstört.
Die Konzentrations- und Vernichtungslager
...bilden den „Höhepunkt“ dieser Ordnung des Terrors. Himmler, Chef der SS, war für die
Lager zuständig. Die Polizei wurde aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert und mit der
SS verschmolzen. Die SS besaß eine eigene Gerichtsbarkeit und ein eigenes
Wirtschaftsimperium (vgl. Sklavenarbeit der KZ-Häftlinge). Ab 1944 wurde 1/3 des KZPersonals (unfreiwillig) von der Wehrmacht bestellt.
Zum Holocaust gibt es so gute wie keine Analysefrage. Auf die Antwort, wie so etwas in
einer hoch zivilisierten Gesellschaft überhaupt möglich ist, werden wir wohl noch warten
müssen. (vgl. „Die Täter von Shoa“ von Gerhard Paul)
März 1938-1945 – Täter- oder Opferrolle?
Österreich war eine Tätergesellschaft. Als Arier waren sie Mitglieder der dt. Herrenrasse.
Sofort nach dem Anschluss fingen in Ö spontane Übergriffe auf Juden statt und das OHNE
Zutun der NSDAP. In Ö hatte die NSDAP ca. 700.000 Mitglieder, davon waren über 20.000
Mitglieder der SS. Ca 1,2 Mio. Österreicher kämpften in der Wehrmacht.
Die Österreicher nutzten die Karrierechancen die in den neu gewonnenen Gebieten
entstanden, so z.B. Seys-Inquart, der Reichskommissar in Holland wurde. Auch an der Spitze
des Polizeiapparates befanden sich viele Österreicher. Alle Vertreter Himmlers am Balkan
waren Österreicher.
Es hat sich also um mehr gehandelt als um bloße Kollaboration.
DIE BIPOLARE WELTORDNUNG NACH 1945 –
KALTER KRIEG
Mit dem Ende des WK II haben sich in der Welt 2 Machtblöcke gebildet:
- USA à kapitalistisch
- Sowjetunion à kommunistisch
Diese Bipolare Weltordnung war eine langfristige, dauerhafte Epoche.
Deutschland:
Teilung Berlins 1948
Teilung Deutschlands 1949
Mit der Öffnung der Grenzen 1989 kam es schlussendlich zum Zusammenbruch des
Realsozialismus (der Zerfall des sowjetischen Imperiums war bis 1989 jedoch unvorstellbar)
In Europa bedeutete das Zeitalter des Kalten Krieges eine lokale Form der Stabilität, da es zu
einer Wiederentstehung der politischen Ordnung und geordneten internationalen
Machtverhältnissen kam.
Nach der Niederlage des Nationalsozialismus à geteiltes Europa
Mit der Auflösung der KommIntern 1943 setzte Stalin das Zeichen, dass die SU den
Gedanken einer Weltrevolution aufgegeben hat.
10
Die SU praktizierte eine Politik der Bewahrung und Konsolidierung im eigenen Land.
Trotz einiger Aufruhren (in der DDR: Streik gegen das kommunistische Regime, 1956:
Umsturzversuch) wurde das Machtgleichgewicht in Europa akzeptiert.
Es kam zur Unterwerfung aller Staaten unter eine der beiden Supermächte à keine
Internationalisierung mehr, Minderheitenansprüche sekundär à interne Lösungen (Teilung
Zyperns, Südtirolfrage,...)
Kalter Krieg könnte auch „Kalter Friede“ genannt werden.
Politische Stabilität wie nie zuvor à Basis dieser: Atomare Abschreckung, enorme atomare
Rüstung à ATOMARES GLEICHGEWICHT DES SCHRECKENS
Atombombe als politisches Druckmittel verwendet:
USA: Korea, Vietnam
SU: Suezkrise, Kubakrise
Die politische Situation außerhalb Europas war nicht so klar. China wechselte 1949 die Seiten
und wurde kommunistisch. Die politische Orientierung der Postkolonialstaate war nicht so
eindeutig. Afrika: Grenzen des kommunistischen Einflusses waren nicht vorhersehbar bzw.
ausverhandelt.
Die meisten Postkolonialstaaten wechselten jedoch nicht zum Kommunismus; in
internationalen Angelegenheiten verhielten sie sich weitgehend blockfrei. (Tigerstaaten eher
kommunistisch)
Stärkster Konflikt zwischen USA und SU: Vietnam bzw. Afghanistan
Kalter Krieg: Permanente rhetorisch propagandistische Provokation
3 große Stellvertreterkriege:
- 1950 Korea: Intervention USA
- 1965-75 Vietnam: Intervention USA à Verlierer: USA à „Vietnam Trauma“
- Afghanistan: Unterstützung der SU für die afghanische Regierung, USA unterstützt
Taliban à Verlierer: SU
Nach der Kubakrise 1962 à Phase der Kontrolle und Beschränkung der Atomwaffen:
- Rüstungsbeschränkungen
- Verträge
Diese 10 Jahre der Rüstungsbeschränkung (Entspannungsphase) fanden ihr Ende mit der,
durch die OPEC ausgelösten Erdölkrise 1973 à Jom-Kippur-Krieg
In den USA entwickelte sich das Bewusstsein, wie viel die Erdölfunde auf sowjetischem
Boden wert waren à Angst der USA, die Vormachtstellung in der Welt an die SU zu
verlieren (Öl = Blut des Kommunismus)
à amerikanisches Trauma: verlorener Vietnamkrieg à Verwundbarkeit der USA zeigte sich;
Prestigeverlust
Zwischen 1974 und 1979: neue Revolutionswelle v.a. in Afrika und Asien à dortige Regime
waren kapitalistisch à durch Rev.: Zuneigung für die SU im jeweiligen Land gesteigert (vgl.
Marinestützpunkte)
Vietnam-Trauma und die Revolutionswelle führten schließlich zu einer Neuentfachung des
Kalten Kriegs
à da sich die USA in einer vermeintlichen Schwächeposition befand, betrieben sie ein
enormes Aufrüsten (Sozialistisches Imperium wurde später aber ökonomisch, nicht
militärisch zerschlagen!!)
Technologische Revolution, Globalisierung der Weltwirtschaft à SU verschlief diese
Entwicklungen (stellte Planwirtschaft nicht um) à fehlende Anpassung an die neuen
Verhältnisse
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„Kreuzzug gegen das Böse“ (Ronald Reagan)
Einleitung des Endes des Kalten Kriegs (Ronald Reagan, Michail Gorbatschow)
FRAGE:
Hat der Kalte Krieg wirklich den Zusammenbruch des Realsozialismus in der
Sowjetunion herbeigeführt?
Überlegungen:
- Kapitalismus nicht zusammengebrochen
- Kommunistische Idee an Konkurrenz mit dem Kapitalismus geknüpft
- Kapitalistisches System konnte Schuldenberge (durch Rüstung) absorbieren
- Kommunistisches System war dazu nicht in der Lage und erhielt auch keine Hilfe von
außen (Rüstungsausgaben SU: ¼ der Ausgaben, USA: 7% des BIP)
- Sowjetische Bündnispartner waren auf ökonomische Hilfestellung aus dem
„Mutterland“ angewiesen, waren also ökonomisch nicht selbstständig
- Technologie: Westen unternahm im Gegensatz zum Osten hier Quantensprünge
- In der SU blieb ineffiziente Kommandowirtschaft bestehen à trotz rezessiver
Tendenz rechnete niemand mit einer Totalniederlage
- Umgekehrter „Dominoeffekt“ in den Satellitenstaaten à Ende des KK
- Herrschaft der SU im Osten: Anachronismus, d.h. nicht mehr zeitgemäß
- SU war letztes traditionelles Imperium, am Ehesten noch mit den früheren
Kolonialmächten (z.B. GB) vergleichbar
- Die Auflösung der SU erfolgte beinahe „über Nacht“
- Man kann eher von Politischem Selbstmord anstatt von Politischem Mord sprechen
Desillusionierung auf beiden Seiten:
Was für die USA das Vietnam-Trauma war, war für die SU das Afghanistan-Trauma
Folge des Endes:
- alte Konflikte entstanden teilweise neu
- Bürgerkriege (v.a. in der Kaukasusregion)
Internationale Auswirkungen des KK:
- Konflikte wurden a) eliminiert bzw. b) überschattet
- Einige Konflikte verschwanden; Gründe: Ende des imperialen Zeitalters, ehemalige
Großmächte erlitten einen enormen Machtverlust
- Deutschland?: West-Deutschland und Frankreich waren nun beide Teile des
westlichen System à Konflikt inexistent
- Internationale Lage quasi eingefroren à Provisorium der Nachkriegsordnung (vgl.
Deutschland)
- Innenpolitik der Bündnisstaaten von der Tatsache 2er großer Machtblöcke beeinflusst
- Bis auf China kein politischer „Seitenwechsel“
- Impotente, inkompetente politische System blieben bestehen
Thema: Benes-Dekrete und die Vertreibung der Sudetendeutschen
Benes-Dekrete = Staatsgründungsdokumente der Tschechoslowakischen Republik nach dem
WK II.
(Pendant zu den Dekreten: Avnoj-Beschlüsse 1943)
seit dem Ansuchen der Tschechischen Republik sind die Benes-Dekrete nicht mehr nur ein
innerstaatliches Thema, sondern werden international diskutiert.
FPÖ: sprach in der Vergangenheit von einer Veto-Drohung gegen die Ratifizierung des
Beitritts der Tschechischen Republik, wenn die Benes-Dekrete nicht aufgehoben werden
12
sollten; vgl. Volksbegehren (die konkrete Position der FPÖ zum augenblicklichen Zeitpunkt
ist nicht ganz klar)
Warum werden die Benes-Dekrete in dieser VO thematisiert?
à weil sie ein aktuelles Beispiel für die Historischen Grundlagen der Politik darstellen;
Lösungen zu diesem Thema umspannen das gesamte 20. Jhd. (vom Ende der Monarchie über
die Folgen des NS für Minoritäten bis hin zum EU-Beitritt)
Kernpunkt der Diskussion: Aufhebung oder Nicht-Aufhebung der Dekrete
à um nicht Gefahr zu laufen populistischer Propaganda „zu glauben“, muss eine
Auseinandersetzung mit Fakten und den historischen Entwicklungen hin zu den BenesDekreten passieren.
Benes: Staatspräsident von 1935-1939 und von 1945-48; in der Zwischenkriegsphase war er
ein hochrangiger Politiker
Tschechoslowakei war eine Ausnahmeerscheinung in Osteuropa, weil es dort die einzige
funktionierende Demokratie war.
1939: Annexion durch das Dt.Reich
1940: Benes organisiert im Exil in London den zukünftigen Wiederaufbau des Landes;
à „Dekrete“ und nicht Gesetze: Exilregierung, kein Parlament à dekretale Phase von 1940
bis 1945 (im Oktober 1945: vorläufige Nationalversammlung)
Die Exilregierung verfasste in den 5 Jahren 143 Texte zu Dekreten, die Benes zur
Unterzeichnung vorgelegt wurden; die Politiker regierten von London aus mit
„Notverordnungen“
1945: Wiedereinsetzung eines Parlaments à Dekrete wurden für rechtsgültig erklärt
(vergleichbar mit der Unabhängigkeitserklärung Österreichs 1945)
Benes-Dekrete à Umwandlung von NS-Recht und NS-Institutionen; Protektorat Böhmen
und Mähren und der Satellitenstaat Slowakei wurden wieder zur Tschechoslowakischen
Republik
Benes-Dekrete
à beinhalten Grundlage der demokratischen Rep.
à Annulierung alles NS-Gesetze und –Verträge
à Wiederaufbau der Republik
à etwa 10 von den 143 beschäftigen sich mit der deutschen
und ungarischen Bevölkerung auf tschechoslowakischem
Gebiet
-
bedenklich sind lediglich 3 bzw. 4 der Dekrete; jene die sich mit der
entschädigungslosen Enteignung der dt. und ungar. Menschen befassen.
Wird oft zu den Dekreten gezählt, ist aber keines: Straffreistellungsgesetz von 1946 im
Kontext mit Minderheiten: Generalamnestie für alle mit dem Ziel der
Wiedergewinnung der Freiheit Straftaten begangen haben (beinhalten Straftaten im
Sinne des Widerstands, sowie jene in Bezug auf die Vertreibung der
Sudetendeutschen) à ebenfalls bedenklich
Die Vertreibung der Sudetendeutschen wird in den B-D nicht explizit erwähnt, sondern nur
deren Enteignung; juristische Grundlage: Potsdamer Konferenz im August 1945 (Konferenz
der Alliierten mit dem Ziel der Friedenssicherung à Lösungsweg: ethnische
Homogenisierung; d.h. nicht die Tschechoslowakei, sondern die Alliierten legten den
Grundstein zur Vertreibung)
Die Vertreibung der Ungarn und Sudetendeutschen stellt den Endpunkt eines ungelösten
Minderheitenproblems dar, das seinen Anfang 1918 mit dem Ende der Monarchie und dem
Beginn der republikanischen Ära findet.
Um die Zusammenhänge und die Entwicklungen zu verstehen ist es notwendig ins Jahr 1918
zurückzugehen:
13
Mit dem Ende der Monarchie kam es zum Verlust der dominierenden Rolle der ethnisch
Deutschen auf tschechoslowakischem Gebiet (von nun an starke Minderheit im neuen
Staatsgebiet)
13,6 Mio. Einwohner: davon 6,8 Mio. Tschechen, 2 Mio. Slowaken, 3,1 Mio. Deutsche
(größte Minderheit), 745 000 Ungarn, 460 000 Ukrainer/Russen
Die Deutschen forderten im Sinne des Selbstbestimmungsrechts den Verbleib ihrer
Heimatgemeinden bei Österreich bzw. Deutschland; die dt. Minderheit betrieb von je her eine
Politik gegen die Regierung und den Staat;
Die Tschechoslowakei behauptete sich als eine Demokratie in Osteuropa, was zur Folge hatte,
dass viele Antifaschisten und österreichische Sozialdemokraten in den 30ern des 20.Jhds
dorthin emigrierten und Asyl erhielten.
Mitte der 20er Jahre: Stabilisierung des Konflikts, es waren sogar Sudetendeutsche im
Parlament vertreten.
Mit Hitler 1993 fand diese Stabilisierung ihr Ende à die faschistischen sudetendeutschen
Parteien forderten nun die Angliederung ihrer Gebiete an Deutschland; 1935 entstand eine
neue faschistische Partei (nachdem die Vorgänger-Parteien verboten worden waren), die
finanziell von der NSDAP unterstützt wurde und 1936 bereits stärke sudetendeutsche Partei
wurde.
Mai 1938: 91% der dt. Stimmen für die Henlein-Partei (Konrad Henlein: sudetendeutscher
Politiker)
Oktober 1938: Überführung der Partei in die NSDAP (Henlein wurde Gau-Leiter; 527 000
Sudetendeutsche waren Mitglied der NSDAP à größte Parteidichte)
Vor der Angliederung 1938 hatte Benes einen Plan, die Sudetendeutschen betreffend
ausgearbeitet (der jedoch nie durchgesetzt wurde):
1/3 sollte durch Gebietsabtrennungen an das Dt.Reich ausgegliedert werden; 1/3 sollte
entschädigt und ausgesiedelt werden; 1/3 (Demokraten, Sozialisten und Juden) sollten im
Land verbleiben;
à Grund der Nicht-Verwirklichung: Münchner Vertrag 1938 à Abtretung der
sudetendeutschen Gebiete an Deutschland beschlossen (à GB und F wollten durch
territoriale Zugeständnisse an Deutschland einen Weltkrieg verhindern à Illusion à 1939
Annexion der Rest-Tschechoslowakei an Deutschland)
Beginn der Vertreibungen auf der anderen Seite: 200 000 Tschechen wurden in die RestTschechoslowakei vertrieben;
Zwischen 1939 und 1945 wurden 36.000 Tschechen ermordet (davon 26.000 Juden); nach
dem Widerstandanschlag der Tschechen im Mai 1942 wurden ca. 13.000 Tschechen zum
Tode verurteilt und hingerichtet.
Plan der Nazis, bei einem siegreichen Ende des Krieges:
- Eindeutschung eines Teils der Tschechen, sofern sie rassisch tauglich sind
- Der Rest der Bevölkerung sollte in Richtung Sibirien deportiert und dort zu
Sklavenarbeit herangezogen werden.
à „Generalplan Ost“
ab 1942: Benes im Londoner Exil; erhielt Zustimmung der Alliierten für ethnische
Vertreibungen
(bis 1945 galt die Vorstellung, zur Friedenssicherung ethnisch homogene Nationalstaaten zu
kreieren)
Mai 1945: Wiederherstellung der alten Grenzen; die Sudetendeutschen wurden als 5te
Kolonne Hitlers gesehen;
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3 Phasen der Vertreibung:
- Ende des Krieges: freiwillige Flucht aus Angst vor Bestrafung
- Mai – August 1945: wilde Säuberungen à spontane Racheakte, Zwangsarbeit, Lager,
Armbinden zur Kennzeichnung (à nach NS-Vorbild); 750 000 vertrieben, 40.000 100.000 getötet
- Ab dem Potsdamer Abkommen im August 1945: organisierte Vertreibungen à
Verfrachtung in Sammellager mit anschließender Abschiebung (50 kg Gepäck und
1000 Reichsmark durften mitgenommen werden); Ziel: alle Deutschen auf tschech.
Gebiet nach Deutschland zu vertreiben
Rechtlicher Rahmen: Verzicht der Tschechoslowakei auf Entschädigung und
Reparationszahlungen aus Deutschland à Güter und finanzielle Ressourcen der
Sudetendeutschen als Kompensation konfisziert à Vertreibung;
Problematik: je nach Sichtweise ergeben sich unterschiedliche Schlüsse;
Sicht der Tschechen:
- wurden nie als eigenständige Nation anerkannt
- dt. Minorität zeigte keine Loyalität, keine Identifizierung mit dem Staat
- Anschlusswille der Deutschen
- Terror der Nazis während der Besatzung
Sicht der Sudetendeutschen:
- Selbstbestimmungsrecht nach 1918 verweigert
- Diskriminierung
- Kollektivstrafe
Jeweils wird nur die eigene Opferrolle gesehen und daraus eine moralische Legimitation
abgeleitet;
Havel entschuldigte sich 1997 beim dt. Bundeskanzler Kohl; eine umgekehrte Entschuldigung
von Vertretern der Sudetendeutschen ist bis heute ausständig;
Die Rahmenbedingungen für die Vertreibungen wurden von den europ. Großmächten
geschaffen (ethnische Homogenisierung; München 1938; Potsdam 1945)
Damals zur Friedenssicherung, heute Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte;
Unterschiedliche politisch gängige legitimierte Form der Friedenssicherung à durch
Aufkommen der Menschenrecht à Wandel.
Die Vertreibungen müssen auch mit dem damaligen Blickwinkel betrachtet werden à hist.
Kontext (vgl. EU: Benes-Dekrete stellen kein Hindernis für den Beitritt dar;)
Manoschek nennt Vergleich mit österreichischen Altlasten aus der damaligen Zeit zum
Zeitpunkt des EU-Beitritt à Österreich hätte demnach auch nicht der EU beitreten dürfen.
Problem der Aufhebung der Dekrete: es würde ein Stein ins Rollen gebracht à gegenseitige
Forderungen und Reparationszahlungen,...
VO: Historische Grundlagen der Politik
23.1.2003
Thema: Benes-Dekrete und die Vertreibung der Sudetendeutschen
Benes-Dekrete = Staatsgründungsdokumente der Tschechoslowakischen Republik nach dem
WK II.
(Pendant zu den Dekreten: Avnoj-Beschlüsse 1943)
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seit dem Ansuchen der Tschechischen Republik sind die Benes-Dekrete nicht mehr nur ein
innerstaatliches Thema, sondern werden international diskutiert.
FPÖ: sprach in der Vergangenheit von einer Veto-Drohung gegen die Ratifizierung des
Beitritts der Tschechischen Republik, wenn die Benes-Dekrete nicht aufgehoben werden
sollten; vgl. Volksbegehren (die konkrete Position der FPÖ zum augenblicklichen Zeitpunkt
ist nicht ganz klar)
Warum werden die Benes-Dekrete in dieser VO thematisiert?
à weil sie ein aktuelles Beispiel für die Historischen Grundlagen der Politik darstellen;
Lösungen zu diesem Thema umspannen das gesamte 20. Jhd. (vom Ende der Monarchie über
die Folgen des NS für Minoritäten bis hin zum EU-Beitritt)
Kernpunkt der Diskussion: Aufhebung oder Nicht-Aufhebung der Dekrete
à um nicht Gefahr zu laufen populistischer Propaganda „zu glauben“, muss eine
Auseinandersetzung mit Fakten und den historischen Entwicklungen hin zu den BenesDekreten passieren.
Benes: Staatspräsident von 1935-1939 und von 1945-48; in der Zwischenkriegsphase war er
ein hochrangiger Politiker
Tschechoslowakei war eine Ausnahmeerscheinung in Osteuropa, weil es dort die einzige
funktionierende Demokratie war.
1939: Annexion durch das Dt.Reich
1940: Benes organisiert im Exil in London den zukünftigen Wiederaufbau des Landes;
à „Dekrete“ und nicht Gesetze: Exilregierung, kein Parlament à dekretale Phase von 1940
bis 1945 (im Oktober 1945: vorläufige Nationalversammlung)
Die Exilregierung verfasste in den 5 Jahren 143 Texte zu Dekreten, die Benes zur
Unterzeichnung vorgelegt wurden; die Politiker regierten von London aus mit
„Notverordnungen“
1945: Wiedereinsetzung eines Parlaments à Dekrete wurden für rechtsgültig erklärt
(vergleichbar mit der Unabhängigkeitserklärung Österreichs 1945)
Benes-Dekrete à Umwandlung von NS-Recht und NS-Institutionen; Protektorat Böhmen
und Mähren und der Satellitenstaat Slowakei wurden wieder zur Tschechoslowakischen
Republik
Benes-Dekrete
à beinhalten Grundlage der demokratischen Rep.
à Annulierung alles NS-Gesetze und –Verträge
à Wiederaufbau der Republik
à etwa 10 von den 143 beschäftigen sich mit der deutschen
und ungarischen Bevölkerung auf tschechoslowakischem
Gebiet
-
bedenklich sind lediglich 3 bzw. 4 der Dekrete; jene die sich mit der
entschädigungslosen Enteignung der dt. und ungar. Menschen befassen.
Wird oft zu den Dekreten gezählt, ist aber keines: Straffreistellungsgesetz von 1946 im
Kontext mit Minderheiten: Generalamnestie für alle mit dem Ziel der
Wiedergewinnung der Freiheit Straftaten begangen haben (beinhalten Straftaten im
Sinne des Widerstands, sowie jene in Bezug auf die Vertreibung der
Sudetendeutschen) à ebenfalls bedenklich
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Die Vertreibung der Sudetendeutschen wird in den B-D nicht explizit erwähnt, sondern nur
deren Enteignung; juristische Grundlage: Potsdamer Konferenz im August 1945 (Konferenz
der Alliierten mit dem Ziel der Friedenssicherung à Lösungsweg: ethnische
Homogenisierung; d.h. nicht die Tschechoslowakei, sondern die Alliierten legten den
Grundstein zur Vertreibung)
Die Vertreibung der Ungarn und Sudetendeutschen stellt den Endpunkt eines ungelösten
Minderheitenproblems dar, das seinen Anfang 1918 mit dem Ende der Monarchie und dem
Beginn der republikanischen Ära findet.
Um die Zusammenhänge und die Entwicklungen zu verstehen ist es notwendig ins Jahr 1918
zurückzugehen:
Mit dem Ende der Monarchie kam es zum Verlust der dominierenden Rolle der ethnisch
Deutschen auf tschechoslowakischem Gebiet (von nun an starke Minderheit im neuen
Staatsgebiet)
13,6 Mio. Einwohner: davon 6,8 Mio. Tschechen, 2 Mio. Slowaken, 3,1 Mio. Deutsche
(größte Minderheit), 745 000 Ungarn, 460 000 Ukrainer/Russen
Die Deutschen forderten im Sinne des Selbstbestimmungsrechts den Verbleib ihrer
Heimatgemeinden bei Österreich bzw. Deutschland; die dt. Minderheit betrieb von je her eine
Politik gegen die Regierung und den Staat;
Die Tschechoslowakei behauptete sich als eine Demokratie in Osteuropa, was zur Folge hatte,
dass viele Antifaschisten und österreichische Sozialdemokraten in den 30ern des 20.Jhds
dorthin emigrierten und Asyl erhielten.
Mitte der 20er Jahre: Stabilisierung des Konflikts, es waren sogar Sudetendeutsche im
Parlament vertreten.
Mit Hitler 1993 fand diese Stabilisierung ihr Ende à die faschistischen sudetendeutschen
Parteien forderten nun die Angliederung ihrer Gebiete an Deutschland; 1935 entstand eine
neue faschistische Partei (nachdem die Vorgänger-Parteien verboten worden waren), die
finanziell von der NSDAP unterstützt wurde und 1936 bereits stärke sudetendeutsche Partei
wurde.
Mai 1938: 91% der dt. Stimmen für die Henlein-Partei (Konrad Henlein: sudetendeutscher
Politiker)
Oktober 1938: Überführung der Partei in die NSDAP (Henlein wurde Gau-Leiter; 527 000
Sudetendeutsche waren Mitglied der NSDAP à größte Parteidichte)
Vor der Angliederung 1938 hatte Benes einen Plan, die Sudetendeutschen betreffend
ausgearbeitet (der jedoch nie durchgesetzt wurde):
1/3 sollte durch Gebietsabtrennungen an das Dt.Reich ausgegliedert werden; 1/3 sollte
entschädigt und ausgesiedelt werden; 1/3 (Demokraten, Sozialisten und Juden) sollten im
Land verbleiben;
à Grund der Nicht-Verwirklichung: Münchner Vertrag 1938 à Abtretung der
sudetendeutschen Gebiete an Deutschland beschlossen (à GB und F wollten durch
territoriale Zugeständnisse an Deutschland einen Weltkrieg verhindern à Illusion à 1939
Annexion der Rest-Tschechoslowakei an Deutschland)
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Beginn der Vertreibungen auf der anderen Seite: 200 000 Tschechen wurden in die RestTschechoslowakei vertrieben;
Zwischen 1939 und 1945 wurden 36.000 Tschechen ermordet (davon 26.000 Juden); nach
dem Widerstandanschlag der Tschechen im Mai 1942 wurden ca. 13.000 Tschechen zum
Tode verurteilt und hingerichtet.
Plan der Nazis, bei einem siegreichen Ende des Krieges:
- Eindeutschung eines Teils der Tschechen, sofern sie rassisch tauglich sind
- Der Rest der Bevölkerung sollte in Richtung Sibirien deportiert und dort zu
Sklavenarbeit herangezogen werden.
à „Generalplan Ost“
ab 1942: Benes im Londoner Exil; erhielt Zustimmung der Alliierten für ethnische
Vertreibungen
(bis 1945 galt die Vorstellung, zur Friedenssicherung ethnisch homogene Nationalstaaten zu
kreieren)
Mai 1945: Wiederherstellung der alten Grenzen; die Sudetendeutschen wurden als 5te
Kolonne Hitlers gesehen;
3 Phasen der Vertreibung:
- Ende des Krieges: freiwillige Flucht aus Angst vor Bestrafung
- Mai – August 1945: wilde Säuberungen à spontane Racheakte, Zwangsarbeit, Lager,
Armbinden zur Kennzeichnung (à nach NS-Vorbild); 750 000 vertrieben, 40.000 100.000 getötet
- Ab dem Potsdamer Abkommen im August 1945: organisierte Vertreibungen à
Verfrachtung in Sammellager mit anschließender Abschiebung (50 kg Gepäck und
1000 Reichsmark durften mitgenommen werden); Ziel: alle Deutschen auf tschech.
Gebiet nach Deutschland zu vertreiben
Rechtlicher Rahmen: Verzicht der Tschechoslowakei auf Entschädigung und
Reparationszahlungen aus Deutschland à Güter und finanzielle Ressourcen der
Sudetendeutschen als Kompensation konfisziert à Vertreibung;
Problematik: je nach Sichtweise ergeben sich unterschiedliche Schlüsse;
Sicht der Tschechen:
- wurden nie als eigenständige Nation anerkannt
- dt. Minorität zeigte keine Loyalität, keine Identifizierung mit dem Staat
- Anschlusswille der Deutschen
- Terror der Nazis während der Besatzung
Sicht der Sudetendeutschen:
- Selbstbestimmungsrecht nach 1918 verweigert
- Diskriminierung
- Kollektivstrafe
Jeweils wird nur die eigene Opferrolle gesehen und daraus eine moralische Legimitation
abgeleitet;
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Havel entschuldigte sich 1997 beim dt. Bundeskanzler Kohl; eine umgekehrte Entschuldigung
von Vertretern der Sudetendeutschen ist bis heute ausständig;
Die Rahmenbedingungen für die Vertreibungen wurden von den europ. Großmächten
geschaffen (ethnische Homogenisierung; München 1938; Potsdam 1945)
Damals zur Friedenssicherung, heute Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte;
Unterschiedliche politisch gängige legitimierte Form der Friedenssicherung à durch
Aufkommen der Menschenrecht à Wandel.
Die Vertreibungen müssen auch mit dem damaligen Blickwinkel betrachtet werden à hist.
Kontext (vgl. EU: Benes-Dekrete stellen kein Hindernis für den Beitritt dar;)
Manoschek nennt Vergleich mit österreichischen Altlasten aus der damaligen Zeit zum
Zeitpunkt des EU-Beitritt à Österreich hätte demnach auch nicht der EU beitreten dürfen.
Problem der Aufhebung der Dekrete: es würde ein Stein ins Rollen gebracht à gegenseitige
Forderungen und Reparationszahlungen,...
ANMERKUNG: da ich unkonzentriert und krank war, kann es sein, dass die Mitschrift nicht
vollkommen vollständig ist und ein paar Aspekte fehlen!! Im Großen und Ganzen entspricht
sie aber dem in der VO Gehörtem!
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