Qualitätssicherung und Ethik in der Pflegeforschung – Stand und Entwicklung in Österreich Hanna Mayer Pflegewissenschaft kann in Österreich als neue, aufstrebende Wissenschaft bezeichnet werden. Nach einer Phase des „Übergangs“ in der sie sich als Wissenschaft ihren Platz erobern musste und der Augemerk vor allem in der Entwicklung und Etablierung von Studiengängen, in der Lehre und auf der „Akademisierung“ in Funktionsbereichen, wie Pflegepädagogik und Management lagen, ist sie nun in eine Phase der Normalisierung eingetreten. Diese ist unter anderem auch dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur die Anzahl der Studiengänge steigt, sondern auch prinzipiell eine erhöhte Forschungsaktivität zu verzeichnen ist. Die Etablierung universitärer und außeruniversitärer Forschungsinstitute ist ebenso wie die Etablierung der Pflegeforschung im klinischen Bereich (Forschungsstellen) ist zu verzeichnen. Das heißt: die Anzahl pflegwissenschaftlicher Forschungsarbeiten sowohl universitär, in den Spitälern, auf der Ebene drittmittelgeförderter Arbeiten, als auch auf der Ebene der Qualifizierungsarbeiten (im Master und Doktoratsbereich) steigt stetig. Die Frage nach verbindlichen Regelungen zur Einhaltung forschungsethischer Grundsätze wird somit vakant. Zum einen weil Pflegewissenschaft nicht nur eine Humanwissenschaft ist, sondern auch zu den so genannten Praxiswissenschaften zählt. Forschung geschieht nicht oder selten im Labor, sondern ist immer in einem Forschungsfeld verankert, in dem alle Personen grundsätzlich unter den Vulnerabilitätsbegriff fallen und daher ethische Prinzipien die Forschung leiten müssen Zum andern ist es international Standard, dass jede pflegewissenschaftliche Forschungsarbeit, die im Praxisfeld durchgeführt wird, einer ethischen Begutachtung unterzogen wird und in internationalen Journals ist dies eine Voraussetzung für eine Publikation. Auch in der österreichischen pflegewissenschaftlichen community hat sich das Bewusstsein entwickelt, dass eine ethische Begutachtung der Forschungsarbeiten zum Schutz des einzelnen Menschen und zur Sicherung und Steigerung der Qualität pflegewissenschaftlicher Forschung sowie für die internationale Anbindung dringend notwendig ist. Die österreichische Situation gestaltet sich aber momentan diesbezüglich noch schwierig. Die Gesetzliche Regelung ist unbefriedigend, die öffentlichen Ethikkommissionen haben keinen Auftrag zur Begutachtung pflegewissenschaftlicher Arbeiten und sind bislang kaum mit der Thematik und Methodik pflegewissenschaftlicher Forschung konfrontiert worden, die erforderliche pflegewissenschaftliche Expertise ist in den Gremien nicht vorhanden. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich nicht nur dort, wo Pflegewissenschaft an medizinischen Fakultäten angesiedelt ist (durch inhaltliche und methodische Differenzen), sondern in erster Linie dort, wo sie abseits dieser an der Universität oder auch außeruniversitär (im Bereich der Fachhochschulen) angesiedelt ist: dort fällt sie aus den Zuständigkeitsbereichen aller Ethikkommissionen hinaus. Über die Diskussion um gesetzliche Regelungen und Zuständigkeiten „offizieller“ Ethikkommissionen hinaus, muss auch die grundsätzliche danach Frage Platz haben, wie der forschungsethische Diskurs und das Einhalten ethischer Standards pflegewissenschaftlicher Forschung allgemein gefördert und institutionalisiert werden kann. Zentral stellt ist dabei die Frage, ob es Forschungsarbeiten im Bereich der Pflegewissenschaft als Human- und Praxiswissenschaft geben kann, die man aus diesem ethischen Diskurs und der Notwendigkeit eines ethischen Clearings enthebt. In weitere Folge muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie eine sonnvolle gesetzliche Regelung lauten kann/soll, sowie mit der Funktion der „öffentlichen“ Ethikkommissionen und der Frage nach möglichen Alternativen oder Ergänzungen von ethischen Gremien aus dem universitären Bereich.