Christa und Enno Springmann Stiftung - Kantorei Barmen

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Laudatio aus Anlass der Verleihung des Preises der
„Christa und Enno Springmann Stiftung“ 2013
Liebes Ehepaar Springmann, meine sehr geehrten Damen und Herren,
lieber Wolfgang Kläsener!
Als ich hörte, dass Du in diesem Jahr eine der mit dem Springmann-Preis
Ausgezeichneten Persönlichkeiten sein wirst, habe ich mich sehr gefreut. Nicht nur,
weil uns beide eine mittlerweile langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit
verbindet, sondern auch, weil Du für mich zu den im Wuppertaler Kulturleben
Engagiertesten und Ünermüdlichsten gehörst, zu einer Gruppe von Personen also,
die sich um das Kulturleben in unserer Stadt verdient machen. Und das tust Du,
seitdem Du 1993 zum künstlerischen Leiter der Kantorei Barmen Gemarke berufen
wurdest. Die aufmerksamen Rechner unter uns werden registrieren, dass Du den
Springmann-Preis also „just in time“ zum 20jährigen Jubiläum als Leiter dieses
bedeutenden Traditionschors in unserer Stadt erhältst. Das ist ein wunderbares
Zusammentreffen.
Wie sieht der Lebensweg eines Menschen aus, der so agil und aktiv ist wie Wolfgang
Kläsener, dabei stets positiv in der Ausstrahlung und mit einem gutgelaunten Habitus
ausgestattet. Diese Eigenschaften, das sei gewissermaßen in Klammern gesagt,
braucht man allerdings heute auch dringend, wenn man etwas voranbringen möchte
in der Kultur.
1962 als viertes von sieben Kindern in Dortmund geboren, vereinigen sich in
Wolfgang Kläsener die Hintergründe eines westfälisch-katholisches Elternhauses mit
einem Hang zur rheinischen Gelassenheit in kirchlichen Dingen. Viele von Ihnen
wissen, dass der rheinische Katholizismus zu einer gewissen Fröhlichkeit tendiert,
die ihn stets sehr nah an den Menschen sein lässt. Und diese gehört auch zu
Kläseners hervorstechenden Eigenschaften. Zusammen mit seiner ihm in dieser
Hinsicht ähnlichen Frau Elisabeth hat er drei Kinder, die auch musikalische
Interessen haben, die sich freilich bisweilen von denen der Eltern sehr
unterscheiden.
In seinem musikliebenden Elternhaus entwickelte sich sein musikalisches Interesse
stärker und rascher als das der Geschwister. 1970 erhielt Wolfgang den ersten
Klavierunterricht, 1975 kam die Orgel hinzu. 1978 erweiterte die Bratsche den
Aktionsradius auf den Streicherbereich und 1981 ergänzte das Cembalo als drittes
Tasteninstrument die Reihe. Dabei mag von den genannten Instrumenten die Orgel
früh das attraktivste gewesen sein, eröffnete sie doch durch sonntägliches Spiel die
Möglichkeit zum frühen einfachen Geldverdienen, etwas, was für heranwachsende
Jugendliche und ihren finanziellen Bedarf sehr hilfreich sein kann. So stellt sich
Wolfgangs Weg zum Berufsmusiker auch eher „unaufgeregt“ dar. Er war das
Ergebnis einer allmählich-natürliche Entwicklung hin zur Musik als Beruf.
Natürlich waren Menschen an dieser Entwicklung ebenso beteiligt wie
herausragende künstlerisch-spirituelle Erlebnisse. Großen Eindruck machte auf den
Gymnasiasten Wolfgang die erste Opern-Schulaufführung im Burggymnasium
Essen. Sie entfaltete die ganzen Aura und Wirkung des „Theaters durch Musik“ vor
den Augen und Ohren des jungen Wolfgang. Aber vielleicht mögen die sonn- und
feiertäglichen Hochämter der Heimatgemeinde mit ihrer natürlichen Steigerung der
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spirituellen Wirkung durch Chor- und Orgelmusik einen noch tieferen Eindruck
hinterlassen haben. Wir alle wissen und haben das schon erlebt, wie sehr man in
dem glücklichen Moment, in dem das Spirituelle mit dem Musikalischen zu einer
Einheit verschmilzt, im wahrsten Sinne des Wortes „erhoben“ werden kann.
Als wichtige Personen nennt Wolfgang Kläsener den Musiklehrer am
Burggymnasium Manfred Welsandt, der in den Sechziger Jahren ein geschätztes
Mitglied der Wuppertaler Jazzszene als Pianist war und der vielleicht mit dafür
verantwortlich ist, dass musikalischer Dogmatismus in Wolfgang Kläseners Denken
keine Rolle spielt. So gehört der Jazz nach wie vor zu seinen bevorzugten
Musikrichtungen gehört. In eine ganz andere Richtung wies der erste Orgellehrer
Siegfried Scheytt an der Kreuzeskirche in Essen: Er erschloss ihm Welt der
evangelischen Kirchenmusik mit ihrer großen Wertschätzung der Musik als
eigenständige Verkünderin. Und das gehört zu den Dingen, die Kläsener in
besonderer Weise für das qualifizieren, was er heute tut: Musik ist nicht nur
Konzertzweck, sondern hat immer auch den christlichen Verkündungsaspekt.
Gisbert Schneider, der Orgelprofessor an der Folkwanghochschule, an der Kläsener
Kirchenmusik studierte, brachte ihm ein weit gefächertes Repertoire nahe und
vermittelte ihm das sprechende Spiel auf der Orgel. Daniel Roth, einer der
prominentesten Organisten der Gegenwart, in Paris wirkend, brachte ihm die
französische Orgelwelt mit ihren faszinierenden Farben und ihrer Virtuosität näher.
Natürlich liebt Kläsener nicht nur den Jazz, sondern auch scheinbar so
unterschiedliche Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Francis Poulenc und
Olivier Messiaen. Aber es gibt etwas, was diese Komponisten miteinander verbindet:
Bei allen ist die musikalisch Rede durch den Intellekt entfacht und mit emotionaler
Klangwelt verbunden. Das gilt im Übrigen ja auch für den Jazz und erklärt, warum
dieser zu den musikalischen Vorlieben gehört.
Was tut ein so für die Musik rastlos wirkender Mensch, wenn er eine Pause und
Erholung braucht? Er arbeitet im Garten. Wie für manch anderen auch ist diese so
musikferne Tätigkeit für Kläsener eine Möglichkeit zu entspannen und Abstand zu
gewinnen. Und anders als bei der Musik, die ja die flüchtigste aller Künste ist, gehört
die Arbeit im Garten zu den Tätigkeiten, denen man das Ergebnis – zumindest für
eine gewisse Zeit – ansieht.
Zu den herausragenden Qualitäten eines Wolfgang Kläsener gehört seine große
Fähigkeit zur Kommunikation. Sie geht über die Anwendung in den streng
nutzenorientierten Situationen das Alltagsgeschäfts wie z.B. in der Organisation und
der Probenarbeit, weit hinaus und findet ihre für mich schönste Form da, wo
Wolfgang Kläsener über Musik redet. Da spürt man das Feuer des Künstlers, der
über den Gegenstand spricht, der ihm so wichtig ist und sein Leben beherrscht. Die
Kommunikation ist aber auch da so wertvoll, wo es darum geht, den vielfältigen
Aufgaben gerecht zu werden, die Wolfgang Kläsener im Laufe der Jahre
übernommen hat. So ist er neben seiner Tätigkeit als Leiter der Kantorei Barmen
Gemarke seit 2006 künstlerischer Leiter der Wuppertaler Orgeltage und auch das
von ihm gegründete „Kettwiger Bach-Ensemble“ dirigiert er nach wie vor. Der
pädagogisch-vermittelnde Aspekt äußert sich in einer engagierten Vermittlungsarbeit
mit Kindern und Jugendlichen und einer Lehrtätigkeit an der Musikhochschule in
Wuppertal. Das sind wir also außerdem Kollegen.
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Als Musiker fühlt sich Wolfgang Kläsener ebenso als Anwalt der Musik der
Vergangenheit wie auch der Gegenwart. Viele Komponisten sind ihm dadurch
verbunden, dass er neue Werke in Auftrag gibt und sie auch aufführt. Und auch der
heutige Laudator darf sich zu den Glücklichen zählen, die davon profitiert haben. Ich
konnte da an Wolfgang Kläsener die Seite entdecken, die einen akribisch
arbeitenden Interpreten zeigt, dem die Arbeit für das Werk des Komponisten
wichtiger ist als die heute so häufig anzutreffende Selbstdarstellung.
Kläsener stellt sich immer „in den Dienst von“ und „benutzt“ die Musik nicht für sich.
Davon profitieren im Übrigen auch Komponisten, die schon lange nicht mehr unter
uns weilen.
Ein kommunikativer Mensch isst und trinkt in aller Regel gerne, nicht zuletzt, weil das
gepflegte Mahl ja auch die Basis gepflegter Konversation sein kann. Vor dem
Hintergrund dessen kristallisiert sich folgerichtig weniger ein Lieblingsessen heraus
als vielmehr ein anderer Aspekt des Beisammenseins: Kläsener liebt das Essen mit
freundlichen, aufgeschlossenen Zeitgenossen, das einen regen Austausch
ermöglicht, oder umgangssprachlich: die gesellige Runde.
Ja, und der liebste Urlaubsort? Hier wird es – anders als beim Thema Essen – ein
wenig „sophisticated“. Sie alle kennen die berühmten „Hängenden Gärten von
Babylon“, eines der sieben Weltwunder der Antike. Der französische Komponist
Jehain Alain hat ein Orgelstück geschrieben, das den Titel „Der hängende Garten“
trägt. Es beschreibt keinen konkreten, sondern einen imaginären Ort, einen Ort, der
für den Künstler eine unzugängliche und unverletzbare Zuflucht darstellt.
Dieser Ort der Ruhe ist für den Künstler unerlässlich, um neue Inspiration zu
bekommen.
Diesen liebsten Urlaubsort wünschen wir Dir, lieber Wolfgang mindestens einmal im
Jahr. In diesem Sinne:
Herzlichen Glückwunsch zur Verleihung des Springmann Preises 2013 und weiterhin
viel Kraft, Energie und Kreativität für Deine so engagierte Arbeit, für die Menschen in
unserer Stadt und für die Musik.
(Lutz-Werner Hesse)
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