Dienst der Frau - Evangelischen Gesellschaft für Deutschland

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Leitlinien zum
Dienst der Frau in der Gemeinde
vorgelegt von
Klaus Riebesehl
Evangelische Gesellschaft für Deutschland
Radevormwald 2004
1. Auflage
1
2
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .......................................................................................................................................................................................................................................... 2
I. Einleitung .............................................................................................................................................................................................................................. 3
II. Zur Hermeneutik....................................................................................................................................................................................................... 3
III. Thesen
A. Das Zueinander von Mann und Frau nach der Schöpfungsordnung ............................................................ 6
B. Dienste der Frau in der Gemeinde nach dem Neuen Testament...................................................................... 6
C. Keine Lehre und Leitung der Gesamtgemeinde................................................................................................................ 7
IV. Überblicke
A. Die Frau im Alten Testament ................................................................................................................................................................. 8
B. Die Stellung der Frau in der römisch-hellenistischen Welt ..................................................................................... 9
C. Die Stellung der jüdischen Frau ..................................................................................................................................................... 10
D. Jesus und die Frauen.................................................................................................................................................................................. 11
E. Die Frau in der Urchristenheit – ein Überblick .............................................................................................................. 13
F. Dienste der Frau in der Gemeinde .............................................................................................................................................. 14
G. Lehre im Neuen Testament.................................................................................................................................................................. 17
H. Urchristliche Prophetie .......................................................................................................................................................................... 19
V. Exegesen
A. 1. Korinther 11,2-16.................................................................................................................................................................................... 20
B. 1. Korinther 14,33b-36 ............................................................................................................................................................................. 28
C. 1.Timotheus 2,9-15 ..................................................................................................................................................................................... 32
D. 1. Mose 1-3 ........................................................................................................................................................................................................... 38
VI. Theologische Umschau
A. Alte Kirche........................................................................................................................................................................................................... 43
B. Reformation ........................................................................................................................................................................................................ 43
C. Pietismus ............................................................................................................................................................................................................... 43
D. Evangelische Positionen ......................................................................................................................................................................... 43
E. Evangelikale Positionen .......................................................................................................................................................................... 44
VII. Schlussfolgerungen für die Praxis in der Gemeinde heute ......................................................................... 46
VIII. Weiterführende Literatur ....................................................................................................................................................................... 48
Vorwort
Der Hauptvorstand der Evangelischen Gesellschaft hat sich seit 2001 die Aufgabe gestellt, zu
theologischen Fragen in unserem Werk Stellung zu beziehen. Nach der „Handreichung zu
Scheidung und Wiederheirat“ liegen hier nun „Leitlinien zum Dienst der Frau in der Gemeinde“
vor.
Wir danken Studienleiter Klaus Riebesehl für die Erarbeitung dieser Orientierung, die nach
mehreren Lesungen im Hauptvorstand am 23.4.2004 verabschiedet wurde.
Wir hoffen, dass diese Leitlinien einen hilfreichen Beitrag zum Dienst der Frauen in unseren
Gemeinden und Gemeinschaften liefern und wünschen allen Lesern eine segensreiche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Volker Heckl
Direktor
3
I. Einleitung
Bisher friedlich plaudernde Christen können in hitzige
Debatten geraten, wenn das Gespräch an das Thema
„Frau in der Gemeinde“ gerät. Viel zu tief berührt es das
Selbstverständnis von Christinnen, als dass man/Mann
leichthin Kommentare abgeben könnte. Sollen Frauen
nun schweigend den Gottesdienst verfolgen, wie manche unter Berufung auf 1Kor 14,34 sagen? Oder gilt für
Christen kein Unterschied der Geschlechter mehr, wie
die anderen mit Bezug auf Gal 3,28 behaupten? „Und
schon sind wir mitten im exegetischen Bürgerkrieg
innerhalb der evangelischen Welt,“ wie Alfred Kuen so
vielsagend andeutet.1
Auch Männer bewegt die „Frauenfrage“. Sie sind ebenso in ihrer Beziehung zu ihrer Frau und zu ihren Glaubensschwestern in der Gemeinde betroffen.
Was erwartet Gott von Frauen und Männern heute?
Eigentlich müsste es auch ein Papier zum Thema „Der
Mann in der Gemeinde“ geben. Doch das ist andernorts
zu leisten.
Vorschnelle Antworten helfen nicht, auch nicht der
pure Hinweis auf zwei oder drei Bibelstellen, die viel-
leicht oberflächlich verstanden wurden. Darum haben
wir uns bemüht, das Thema in seinem biblischen und
geschichtlichen Zusammenhang zu erfassen. Dazu sollen insbesondere die Überblicke in Punkt IV dienen.
Die Kernstellen sind ausführlich in Kapitel V Exegesen
besprochen. Weil die Bibel unseren Maßstab für die
Lehre und auch das Zusammenleben in der Gemeinde
bilden soll, liegt hier auch ein Schwerpunkt der Betrachtung.
Wer eine schnelle Vorstellung von unseren Ergebnissen haben möchte, kann die Thesen (III) und die
Schlussfolgerungen (VII) lesen. Die Fußnoten sind
zum Verständnis nicht nötig, sondern bieten meist weiterführende Gedanken. Sie können getrost übergangen
werden.
Auslegung ist der Versuch, das Wort Gottes zu hören.
Unsere Erkenntnis bleibt Stückwerk. Die Hauptsache
wollen wir im Auge behalten, miteinander dem lebendigen Herrn in Gemeinde und Mission zu dienen, auch
wenn wir an einzelnen Punkten unterschiedlicher Meinung sein mögen.
II. Zur Hermeneutik
1. Definition (Begriffsbestimmung)
Hermeneutik ist die Lehre vom Verstehen. Bei der biblischen Hermeneutik geht es auf der einen Seite um das
Bibelverständnis allgemein, auf der anderen Seite um
Regeln der Auslegung und Anwendung der Bibel. Zur
Hermeneutik gehört auch die Bereitschaft, eigene Vorverständnisse zuzugeben und von der Bibel korrigieren
zu lassen.
2. Inspiration und Autorität
Die ganze Bibel ist von Gott eingegeben (d.h. inspiriert)
und damit Gottes Wort (2Tim 3,16; 2Petr 1,20-21). Deshalb hat sie auch göttliche Autorität in allem, was sie
lehrt. Gott leitete die menschlichen Verfasser der Bibel
so, dass die Schriften, die sie schrieben, ganz menschliches und ganz göttliches Wort sind. Man kann bei der
Exegese (d.h. Auslegung), nicht zwischen menschlich
fehlbaren und göttlich unfehlbaren Bibelstellen unterscheiden.
Für das Thema „Frau in der Gemeinde“ bedeutet dies,
dass alle Schriftaussagen mit dem gebührenden Respekt betrachtet werden. Insbesondere hat die Lehre
der Bibel Vorrang vor allen gemeindlichen Traditionen
und Steckenpferden, ob progressiv oder konservativ.
3. Keine Anpassung an Irrtümer der biblischen
Zeit
Zuweilen wird der Bibel unterstellt, dass Gott seine
Wahrheit an die Irrtümer des antiken Menschen angepasst hätte. Dies heißt mit einem Fachwort Akkomodation („Anpassung“). So würde die Bibel zum Thema
1
4
Kuen, Frau, S. 11.
„Frau“ einfach den antiken Standard der „patriarchalen
Gesellschaft“ (d.h. Männerherrschaft) übernehmen.
Die Aussagen der Bibel zum Selbstverständnis der
Geschlechter wären daher veraltet. Dies widerspricht
jedoch dem Anspruch der Bibel, wahr zu sein. Gottes
Wahrheit und die Irrtümer der Menschen vertragen
sich nicht.
4. Die Einheit der Bibel
Aufgrund ihres einen göttlichen Verfassers bildet die
Bibel trotz unterschiedlicher Umstände und Autoren
aus 15 Jahrhunderten eine Einheit. Die heilige Schrift
lehrt an verschiedenen Stellen zu gewissen Themen.
Diese Stellen ergänzen sich, aber sie widersprechen
sich nicht.
Wir erwarten also, dass die Aussagen der Bibel zu
unserem Thema sich nicht widersprechen und dass
eventuell auftretende Spannungen sich lösen lassen.
Insbesondere weisen wir die Ansicht zurück, dass es
„frauenfreundliche“ und „frauenfeindliche“ Texte in der
Bibel gibt, wie zuweilen behauptet wird.
5. Die Nützlichkeit der Bibel
Weil die Bibel Gottes Wort ist, ist sie auch nützlich
(2Tim 3,16). Sie gibt Lehre und Weisungen für ein gesegnetes und erfülltes Leben.
So sind auch die Lehren zu unserem Thema gegeben,
damit Frauen, Männer und Gemeinden gesegnet und
von Freude erfüllt sind. Den praktischen Nutzen der
Lehre wollen wir also berücksichtigen.
6. Auslegung im Kontext (= Zusammenhang)
Die Bibel hat wie jedes Schriftwerk der Welt Anspruch
darauf, in ihrem geschichtlichen und literarischen Zusammenhang (historischer und literarischer Kontext)
ausgelegt zu werden. Verse, aus dem Zusammenhang
gerissen, taugen als Keule, jedoch nicht zur vernünftigen und geistlichen Argumentation.
7. Schwierige Stellen
Die Bibel insgesamt ist klar verständlich. Dies gilt insbesondere für ihre zentralen Lehren über Gott und die
Rettung des Menschen. Dennoch gibt es auch schwer
verständliche Stellen in der Schrift. Diese müssen mit
besonderer Sorgfalt betrachtet und ausgelegt werden.
Sie sollten im Licht verständlicher Texte verstanden
werden. Wenn eine Stelle jedoch unverständlich bleibt,
gründen wir auf diese keine Lehre und wenden sie
auch nicht an.
8. Allgemeingültige Aussagen
Die Bibel ist Gottes zeitloses Wort („Himmel und Erde
werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen.“ [Mark 13,31]). Darum enthält die Bibel viele
allgemeingültige Aussagen (z.B. „Liebe deinen Nächsten
wie dich selbst.“ [3Mos 19,18]). Diese Aussagen sind
verbindliche Lehre und gelten immer und überall, in
jeder Zeit und in jeder Kultur.
9. Situationsbedingte Aussagen
Dennoch gibt es auch Aussagen in der Bibel, die nur für
einen Moment verfasst oder gesprochen waren (z.B.
2Tim 4,13:Timotheus soll Paulus dessen Mantel und
Bücher mitbringen). Diese Aussagen sind an die einmalige Situation gebunden und werden von uns selbstverständlich nicht angewendet. Sie gehören zum Charakter
der Bibel, wirkliche Menschen aus Fleisch und Blut
anzureden und konkrete menschliche Situationen und
Bedürfnisse anzusprechen. Zu dieser Kategorie gehören
die Stellen über „Frau und Gemeinde“ (1Kor 11; 14;
1Tim 2) nicht, weil sie ein grundsätzliches Thema behandeln, nämlich die Schöpfungsordnung.
10. Von der Situation veranlasste Aussagen
Dies ist die andere Seite der Medaille. Viele Schriften
der Bibel, wenn nicht gar alle sind von bestimmten
Situationen veranlasst worden. Paulus schrieb den 1.
Korintherbrief an die Korinther, weil sie ihm schriftlich Fragen gestellt hatten (1Kor 7,1) und weil er von
Problemen in der Gemeinde gehört hatte (1Kor 1,11).
Die Aussagen in 1Kor sind also durch die Situation in
Korinth veranlasst. Sie sind aber nicht auf die Lage in
Korinth beschränkt. Die Lehre des Paulus erwächst aus
der Lage in der Gemeinde. Sie hat aber allgemeingültigen Charakter. Ansonsten könnte nichts in der Bibel
mehr als verbindlich gelten. Denn auch der Römerbrief
mit seiner Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben ist aus dem Vorhaben des Paulus erwachsen, Rom
zu seiner neuen Missionsbasis zu machen und mit dem
Römerbrief schon einmal vorzutasten (Röm 15,22-24).
Sollten wir darum seine Lehre für situationsbedingt
und überholt betrachten?
Praktisch alle Aussagen in den Briefen zum Thema „Frau
in der Gemeinde“ sind durch eine konkrete Sachlage
vor Ort veranlasst worden. Diesen Hintergrund zu erfassen, hilft, die Lehren besser zu verstehen. Aber der Hintergrund darf nicht dazu herhalten, Lehren vom Tisch
zu wischen.
11. Kulturbezogene Aussagen
Die Bibel entstand in einer Jahrtausende alten Kultur.
Und diese Kultur findet ihren Niederschlag auch in
der Bibel. Christen des 21. Jahrhunderts sollten die
Botschaft der Bibel anwenden, nicht jedoch ihre Kultur. Denn sonst müssten sie beispielsweise auf Hosen,
Hemden, Röcke, Blusen und Strümpfe verzichten, weil
die Bibel diese Dinge nicht kennt. Stattdessen bestünde
ihre Garderobe aus einem Ober- und einem Untergewand, dazu ein Paar Sandalen. Diese Aussagen über
Kleidung sind Teil der Kultur der biblischen Zeit. Sie
formulieren für die ersten Leser anschaulich, was Gott
von ihnen erwartete. Sie sind auf ihre Kultur zugespitzt.
Genauso sollten wir die Anwendungen auf unsere Zeit
heute zuschneiden. Dies können wir jedoch nicht,
indem wir kulturbezogene Aussagen eins zu eins übertragen. Das würde sowohl die Zeit damals als auch die
Zeit heute leugnen. Wir müssen nach dem Grundsatz
suchen, der die Schreiber der Bibel bei ihren Aussagen
jeweils leitete. Diesen Grundsatz sollten wir entsprechend auf unsere Zeit bezogen anwenden. So bleibt der
Grundsatz des Dienens bestehen, auch wenn wir einander nicht die Füße waschen, weil wir heute auch nicht
mehr barfuß in Sandalen auf staubigen Wegen zu einem
Fest gehen (Joh 13).
12. Fazit
Wir können uns also nicht damit zufrieden geben,
Aussagen der Bibel zur Frau in der Gemeinde als situationsbedingt oder kulturbezogen zu bezeichnen. In
sorgfältiger Auslegung muss erarbeitet werden, welches
die bleibende Lehre der Bibel zum Thema ist und wo
kulturbezogene Anweisungen eines bleibenden Prinzips getroffen werden.
5
III. Thesen
Die Thesen fassen die Ergebnisse aus der biblischen Betrachtung zusammen (besonders IV F und V).
Die Schlussfolgerungen für die Gemeindepraxis finden sich unter VII.
A. Das Zueinander von Mann und Frau
nach der Schöpfungsordnung
B. Dienste der Frau in der Gemeinde
nach dem Neuen Testament
1. Gleichwertig
Mann und Frau sind gleichwertig. Gott hat nämlich
beide als seine Ebenbilder geschaffen und ihnen die
Herrschaft über die Schöpfung anvertraut. Die Frau als
Partnerin des Mannes ist seine vollkommene Entsprechung. Deshalb verbietet die Lehre von der Schöpfung
jegliche Abwertung der Frau.
1. Ermutigung für Frauen
Das Neue Testament ermutigt die Frauen, Jesus in Gemeinde und Mission zu dienen. Sie haben vollen Anteil
am Evangelium, und sie haben auch wie die Männer
den Heiligen Geist empfangen, der sie mit Dienstgaben
beschenkt (Apg 2,17-18). Die vielfältigen Dienste von
Frauen, die im Neuen Testament genannt werden, zeigen,
dass Frauen begabt und aufgerufen sind, in der Gemeinde mitzuarbeiten.
2. Verschiedenartig
Die Schöpfung macht auch Unterschiede. Die Menschen sind von Gott bewusst in zwei Geschlechtern
geschaffen. Die Frau ist das Gegenstück zum Mann.
Mann und Frau ergänzen sich.
3. Die Zuordnung von Mann und Frau
Die Schöpfung legt ein klares Zeugnis von den Ordnungen Gottes ab. Diese Ordnungen sind zum Leben gegeben. Zur Schöpfungsordnung gehört auch das Prinzip
der Autorität und Leiterschaft. Diese Herrschaft ist dem
Menschen (Männern wie Frauen) über die Tierwelt
verliehen. Auch zwischen den Geschlechtern hat Gott
eine Ordnung der Leitung gegeben und sie dem Mann
übertragen. Die Frau wurde um des Mannes willen
geschaffen, aus ihm genommen und von ihm benannt.
Darum ist der Mann das Haupt der Frau. Durch dieses
Zueinander legt der Schöpfer Einheit und Ordnung in
die Beziehung von Mann und Frau. Dies bedeutet weder eine Aufwertung des Mannes, noch eine Abwertung
der Frau. So ist auch innerhalb der Gottheit der Sohn
dem Vater untergeordnet ist, obwohl auch er Gott ist
(1Kor 11,3).
2. Praktisch-diakonische Dienste
Die Frau ist eingeladen, diakonisch tätig zu werden. Sie
hat darin in den Diakoninnen und Witwen des Neuen
Testaments ein gutes Vorbild. Insbesondere Gebet, Hausbesuche und Gespräche sind ein Betätigungsfeld für sie.
3. Gastfreundschaft
Frauen (und Männer) sind eingeladen, Gastfreundschaft
als eine missionarische und diakonische Chance zu entdecken. Manche Frauen des Neuen Testaments haben
dadurch viel zum Bau der Gemeinde beigetragen. Die
Häuser könnten wie zu neutestamentlicher Zeit ein dynamisches Mittel der Evangelisation werden.
4. Missionarische Arbeit
Frauen sind ermutigt und aufgefordert, missionarisch
tätig zu sein. Ein Beispiel dafür sind die Mitarbeiterinnen
des Paulus. Dies schließt Gemeindegründung, Evangelisation und Lehre in der persönlichen Begegnung ein.
4. Sünde als Umsturz dieser Ordnung
Die Sünde drang in die Welt und stellte die gute Ordnung auf den Kopf. Die Schlange (das Tier) dominierte
über den Menschen. Letztlich war sie Werkzeug des
Teufels, dem Durcheinanderbringer. Der Mann verzichtete auf seine Führungsrolle und folgte willig dem
schlechten Beispiel seiner Frau. Alle miteinander wollten sie die Autorität des Schöpfers außer Kraft setzen.
So wurde die gute Ordnung Gott – Mann – Frau – Tier
ins Gegenteil verkehrt und Satan dominierte.
5. Gebet im Gottesdienst
Die Frau ist keine stumme Teilnehmerin des Gottesdienstes. Sie ist vom Neuen Testament her ermutigt, sich im
Gebet am Gottesdienst zu beteiligen. Insbesondere 1Kor
14,34 verbietet einer Frau nicht grundsätzlich, dass sie
im Gottesdienst reden dürfe, weil dieser Vers sich auf die
Prüfung der Prophetie bezieht. Eine Frau ist beim Beten
heute auch nicht verpflichtet, ihren Kopf zu bedecken,
weil dies lediglich ein kulturbezogener Ausdruck der
Unterschiedlichkeit von Mann und Frau ist. Die heutige
deutsche Kultur würde eine Kopfbedeckung der Frau
sogar missverstehen.
5. Die Strafordnung als getrübte Schöpfungsordnung
Die Schöpfungsordnungen sind mit dem Sündenfall
nicht außer Kraft gesetzt worden. Nur sind die Beziehungen durch die Sünde in Mitleidenschaft geraten. Die
von Gott gesetzte Unterordnung der Frau unter den
Mann entspricht darum einerseits der guten Schöpfungsordnung, andererseits ist die Ehe keine heile
Beziehung mehr, sondern schließt den Kampf der Geschlechter mit ein. Dies lehrt 1Mose 3,16.
6. Prophetie im Gottesdienst
Prophetie und Lehre sind zwei zu unterscheidende
Phänomene. Die Mitteilungen der Propheten enthalten
keine neuen Lehren. Der Prophet berichtet im Gottesdienst in menschlichen Worten von der göttlichen Offenbarung. Diese Rede soll die Gemeinde anhand der biblischen Lehre prüfen. Auch Frauen dürfen im Gottesdienst
prophetisch reden. Dies besagt insbesondere 1Kor 11,5.
Grundsätzlich sind Frauen dazu eingeladen, die Gemeinde zu erbauen, zu ermahnen und zu trösten.
6
7. Lehre
Die Frau hat ebenso wie der Mann die christliche Lehre zu erfassen, zu beherzigen und weiterzugeben. Die
Lehrgabe wird im Neuen Testament nicht auf Männer
beschränkt. Frauen sind sogar dazu aufgerufen zu lehren. Dies zeigt deutlich Titus 2,3 (vielleicht auch Apg
18,26). Wenn das Neue Testament Frauen verbietet,
Männer zu lehren, dann ist dies keine Aussage über
fehlende geistige Qualitäten oder sonst einer Minderwertigkeit der Frau. Sie ist im gottgewollten Zueinander
von Mann und Frau begründet.
jedoch die Führung. Diese Unterordnung darf also keineswegs als Minderwertigkeit der Frau missverstanden
werden. Sie ist keine Bestimmung des Wertes, sondern
der Verantwortung.
C. Keine Lehre und Leitung der Gesamtgemeinde
4. Keine Lehre im Gottesdienst
Lehre hat bindende Kraft, weil es um richtig oder falsch
geht. Sie weist der Gemeinde den Weg. Im Gottesdienst
sind Männer und Frauen versammelt. Die Lehre ist den
Männern und Frauen der Gemeinde gegenüber eine
Ausübung von Autorität. Darum soll eine Frau im Gottesdienst die Gemeinde nicht lehren, weil dies der
Schöpfungsordnung widerspräche. Insbesondere sagen
dies 1Tim 2,12 und 1Kor 14,34. Damit ist nicht gesagt,
dass eine Frau nicht die Gabe zu lehren hätte. Das Lehrverbot ist auch nicht in einer größeren Versuchlichkeit
der Frau begründet. Sie kann die Lehre ebenso treu bewahren und weitergeben wie der Mann und soll es in
vielen Bereichen einer Gemeinde auch. Entscheidend
für die Einschränkung der Lehrbefugnis ist das Zueinander von Mann und Frau nach der Schöpfungsordnung.
1. Die Schöpfungsordnung
Die Schöpfungsordnung ist in der Gemeinde nicht
aufgehoben. Sie wird auch nicht durch kulturelle
Veränderungen außer Kraft gesetzt, sondern bleibt
als Lebensordnung eine Basis christlichen Verhaltens.
Paulus begründet seine Weisungen über die Stellung
der Frau mit dieser Ordnung (1Kor 11,8-9; 14,34; 1Tim
2,13). Dies schließt auch die Leiterschaft des Mannes
mit ein. Insbesondere der Begriff „Haupt“ (1Kor 11,3)
drückt im Gegensatz zu einigen neueren Meinungen
diese Führungsrolle des Mannes aus. Diese bedeutet für
den Mann auch Liebe und Respekt gegenüber der Frau
(Eph 5,25).
3. Keine Älteste
Aus der Leitungsverantwortung des Mannes folgt, dass
eine Frau nicht Älteste einer Gemeinde sein soll. Dies
würde der Schöpfungsordnung widersprechen. Insbesondere in 1Tim 2,12 weist Paulus dieses Leitungsamt
der Frau zurück. Das Neue Testament kennt in dieser
Position demnach nur Männer.
2. Keine Herrschaft über den Mann
Die Schöpfungsordnung lehrt auch die Unterordnung
der Frau unter den Mann. Sie ist gleichwertige Partnerin des Mannes auch in der Gemeinde, überlässt ihm
7
IV. Überblicke
A. Die Frau im Alten Testament
1. Die Ehefrau
Mittelpunkt der Frau war die Familie. Hier kümmerte
sie sich um Kinder und Haushalt. Das Lob der tüchtigen Hausfrau (Spr 31,10-31) rühmt besonders die
geistlichen, menschlichen und hausfraulichen Qualitäten der Dame des Hauses: Gottesfurcht (V 30), Verlässlichkeit und Liebe (V 11-12), Fleiß und Geschäftssinn
(bis zum Landkauf mit selbsterwirtschaftetem Geld;
V 16), Mildtätigkeit (V 20). Frauen waren kein Besitz
ihrer Männer. Sie wurden als eigene Persönlichkeiten
wahrgenommen. Sie waren manchmal sogar als weise
Ratgeberinnen geschätzt (vgl. Spr 31,1; 31,26: „sie tut
ihren Mund auf mit Weisheit“ oder 1. Sam 25,25-31:
Abigajil).
2. Die Frau als Bundespartnerin Gottes
Die Frauen (und sogar Kinder!) waren beim Bundesschluss im Lande Moab anwesend (5Mose 29,10-12).
Sie waren es auch bei Bundeserneuerungen (2Kön
23,2: „klein und groß“2), sowie bei Lesungen des Gesetzes (5Mose 31,9-13; Neh 8,2). Von ihnen wurde also
auch wie von den Männern Gehorsam erwartet. Frauen
waren vollwertige Bundespartner Gottes.
3. Die Frau bei Fest und Opfer
Sie nahmen wie die Männer an den Pilgerfesten teil
(vgl. 1Sam 1,3-5: Hanna), auch wenn sie (vielleicht
aufgrund von Mutterfreuden) dazu nicht verpflichtet
waren (5Mose 16,16: „alles, was männlich ist.“). Anlässlich eines Wallfahrtsfestes sprach Hanna ihr Gebet und
Gelübde an der Stiftshütte (1Sam 1,9-13). Wenn auch
der Mann als Vertreter der Familie für die Familienopfer
zuständig war, spendete die Frau für persönliche Anliegen eigene Opfer (3Mose 12,6; 15,29). Frauen erlebten
Fest und Freude, sowie die Nähe Gottes in Stiftshütte
und Tempel, wie die Männer auch.
4. Die Frau im Dienst am Heiligtum
Frauen dienten an der Stiftshütte (2Mose 38,8; 1Sam
2,22b). Die genaue Art ihrer Tätigkeit ist unklar. Jedoch
wird der Dienst der Leviten am Heiligtum mit demselben Begriff bezeichnet (4Mose 4,23; 8,24). Den Leviten
oblag die Pflege des Heiligtum (inklusive dessen Transport während der Wüstenwanderung; 4Mose 4). Wahrscheinlich hatten die Frauen auch mit der Wartung des
Heiligtums zu tun.3 Priesterliche Dienste wie opfern,
sowie das Volk lehren (5Mose 33,10; Mal 2,7) und segnen (4Mose 6,22-27; Mal 2,2) waren normalerweise
Männern von den Nachkommen Aarons vorbehalten.
5. Die Frau in Musik und Gesang
Frauen waren im Gottesdienst als Sängerinnen aktiv
(Esra 2,65; Neh 7,67). Hinzu kam das Spielen der Handtrommel (Psalm 68,26; vgl. auch V 12: „Freudenbotin2
3
8
Bezeichnet die Totalität der Einwohner.
Hertzberg, Samuelbücher, S. 23: „Eingang sauber halten“.
nen“) und der Reigentanz (2Mose 15,20f.; Rich 21,21).
Tanz, Musik und Gesang waren Ausdruck der Freude
und Anbetung Gottes (Psalm 149,3; 150,4) und als
solche ein Bestandteil der großen Wallfahrtsfeste (vgl.
Rich 21,19-21). Frauen beteiligten sich an dieser Form
des Gottesdienstes. Mirjam (2Mose 15,20f.) und Debora
(Rich 5,1) stimmten das Gotteslob nach Gottes Großtat
an.
Frauen hatten ihren Platz im gottesdienstlichen Lob,
aber auch in der gottesdienstlichen Klage. Frauen (und
Männer) klagten über den Tod Josias (2Chr 35,25).
Klagelieder von Frauen werden auch in Hes 32,16 und
Rich 11,40 erwähnt.
6. Die Frau im Götzendienst
Frauen konnten ebenso schlechte Nachfolger des
HERRN sein wie ihre Männer. So finden sich auch Zeugnisse von speziell weiblichem Götzendienst.
• 2Kön 23,7: Josia beendete den kanaanäischen
Fruchtbarkeitskult für Aschera und Baal (vgl. V 4-6).
Besonders die Häuser der männlichen (und weiblichen) Kultprostituierten [?] dieser heidnischen
Götter beseitigte er. Dort hatten Frauen Kleider für
Götterstatuen der Aschera gewebt.
• Jer 44,15-19: Die Frauen verehrten die Königin des
Himmels, wohl die mesopotamische Ischtar (die
Venus), die als Himmelskönigin bezeichnet wurde.
• Hes 8,14: Frauen hielten im Tempel von Jerusalem
eine kultische Feier für den mesopotamischen Vegetationsgott Dumuzi (Luther:Tammuz). Jährlich wurde wohl sein Tod rituell beweint, was die Frauen an
dieser Stelle taten.
• Hos 4,14: Hosea nennt Tempelprostituierte [?], die
wohl in Verbindung mit dem Baalsdienst standen
(2,15). Hosea 4,4-19 ist eine Anklage gegen die Priester. Offensichtlich war der kanaanäische Fruchtbarkeitskult mit all seinen Erscheinungsformen sogar
bis zu den geistlichen Leitern vorgedrungen.
Frauen sind wie Männer gefährdet, die Treue zum HERRN
zu brechen.
7. Die Frau als Prophetin
Der Prophet als Verkündiger des Gotteswillens steht in
höchsten Ehren (vgl. 5Mose 18,18f.). Mit dieser Aufgabe
wurden von Gott auch Frauen betraut:
• Mirjam (2Mose 15,20)
• Debora (Rich 4,4)
• Hulda (2Kön 22,14)
• Die Frau Jesajas (Jes 8,3), von der eine prophetische
Wirksamkeit jedoch nicht berichtet wird.
• Außerdem wird eine Prophetin Noadja erwähnt
(Neh 6,14), die allerdings als Widersacherin Nehemias erscheint.
Mirjam lobt Gott (2Mose 15,21). Ihre prophetische Tätigkeit wird in 4Mose 12 noch weiter angedeutet (12,6:
„Gesichte und Träume“). Mirjams hohes Ansehen klingt
noch in Micha 6,4 nach.
Debora teilt Barak einen göttlichen Auftrag mit (Rich
4,6f.) und ermutigt ihn zum Feldzug (Richt 4,9). Auch
ihre Vorhersage des Sieges durch eine Frau tritt ein
(Rich 4,21f.).
Hulda wird im Auftrag König Josias befragt und
gibt eine düstere Vorhersage des Untergangs (2. Kön
22,16f.), der zu Lebzeiten der Söhne Josias eintritt.
Es war offensichtlich normal, dass Gott auch Frauen für
ein prophetisches Amt gebrauchte und ihnen sein Wort
für sein Volk offenbarte.
8. Die Frau als Regentin
Nicht direkt mit gemeindlichen Funktionen verbunden
ist eine Rolle der Frau als Regentin. Dennoch soll sie
hier erwähnt werden, weil sie einen Eindruck davon
vermittelt, welche Positionen Frauen in Israel bekleiden
konnten (Punkte 9-13).
9. Die Richterin Debora (Richter 4 und 5)
Debora ist die einzige uns bekannte Frau des AT, die ein
Richteramt bekleidete. Das hebräische Zeitwort šapat,
welches im deutschen mit „richten“ wiedergegeben
wird, kann sowohl „richten“ als auch „herrschen“ bedeuten. Bei den Richtern des Richterbuchs ist eher die
Bedeutung „herrschen“ anzunehmen (was vielleicht
eine richterliche Tätigkeit mit einschloss). Debora war
jedoch offensichtlich eine Richterin im eigentlichen
Sinne. Dafür sprechen folgende Beobachtungen.
• Sie saß unter der nach ihr benannten Palme.
• Israel ging zu ihr zum Gericht (V 5).
• Sie weigerte sich zunächst, mit Barak in die Schlacht
zu ziehen. Dies wäre ihre Pflicht gewesen, hätte sie
ein Führungsamt inne gehabt.
• Der durch eine Frau (Debora) eingeleitete und
durch eine Frau (Jael) vollbrachte Sieg wird als etwas besonderes gefeiert. Frauen waren normaler
Weise nicht in Kampfhandlungen verstrickt.
Debora wird aufgrund ihrer großen Verdienste für ihr
Volk als Mutter in Israel gepriesen (Rich 5,9).
10. Die Königsgattin Isebel
Isebel, die Frau des nordisraelitischen Königs Ahabs,
war phönizischer Abstammung. Die Ehe hatte vermutlich auch einen politischen Hintergrund, weil sie eine
Königstochter war. Sie wird von der Bibel negativ bewertet. Offensichtlich hatte sie eine besondere Position
inne. Sie verfügte über ein stattliches eigenes Budget,
mit dem sie 850 (!) Menschen versorgen konnte (1Kön
18,19: „die vom Tisch der Isebel essen“). Ihre Befugnisse gingen soweit, dass sie die Propheten des HERRN verfolgen lassen konnte (1Kön 18,4.13) und fast ausrottete
– bis auf ihren persönlichen Feind Elia, den sie mit dem
Tode bedrohte (1Kön 19,1-2). Laut 1Kön 21,8-9 schrieb
sie Briefe mit königlichem Siegel.
11. Die Königin Atalja
Als Tochter Ahabs und Isebels wurde sie mit dem judäischen Thronfolger Joram verheiratet (2Kön 8,18). Offensichtlich förderte sie den Baalsdienst in Jerusalem
(V 27). Nach dem Tod ihres Sohnes Ahasja riss sie mit
Gewalt die Herrschaft an sich, indem sie alle Konkurrenz blutig ausschaltete (2Kön 11,1). So wurde sie die
einzige Frau, die zu alttestamentlicher Zeit den Davidsthron bestieg. Sie fand wie ihre Mutter Isebel ein
gewaltsames Ende (2Kön 11,16; vgl. 9,33).
Mutter und Tochter, Nord- und Südreich – zwei Frauen
mit weitgehenden Regierungsvollmachten. Sie zeigen,
wie weit es Frauen in Israel bringen konnten, und sie
warnen davor, wie weit sie es treiben konnten.
12. Die Königsgattin Ester
Als positives Gegenstück steht Ester, die als persische
Königin ihr Leben einsetzte, um ihr Volk vor dem Untergang zu retten. Sie ist ein Vorbild an Frömmigkeit
und Mut (Ester 4,15f.).
13. Die Königinmutter
An einigen Stellen der Bibel wird die Mutter des regierenden Königs (= Königinmutter) erwähnt. Sie führte
den Titel gebirah („Herrin“). Offensichtlich hatte sie
ein besonderes Amt inne, das ihr gewisse Vollmachten
einräumte. Bathseba, Salomos Mutter, erlangte unter der
Herrschaft ihres Sohnes eine besondere Stellung. Ihr
wurde – anders als zu Zeiten Davids (1Kön 1,15f.) – ein
Thron aufgestellt (1Kön 2,19). Auch Jer 13,18 („Krone“)
deutet auf Regierungsvollmachten hin. In der Regel
wird beim Regierungsantritt der Könige von Juda die
Königinmutter mit erwähnt.
14. Zusammenfassung
Die Frau war vollwertige Bundespartnerin Gottes, die
an Fest und Opfer teilnehmen konnte. Auch gewisse
Dienste am Heiligtum waren ihr zugänglich, wobei ihr
das Priesteramt verwehrt blieb. Als Prophetin, sowie als
Sängerin oder Tänzerin hatte sie eine wichtige Aufgabe
im Gottesdienst Israels. Als Politikerin konnte sie zu
hoher Macht aufsteigen.
B. Die Stellung der Frau in der römischhellenistischen Welt
1. Einleitung
Das römische Reich war ein Vielvölkerstaat. Nicht nur
Römer, Griechen und Juden waren hier zu finden, sondern auch Orientalen, Afrikaner oder Germanen. Darum
sollte man vorsichtig sein, Verhältnisse schnell zu verallgemeinern. Die Möglichkeiten der Frau in Athen waren
wohl sehr eingeschränkt im Gegensatz zur Römerin.
Örtlich konnten die Situationen also deutlich voneinander abweichen.
Mit der Ausbreitung des Hellenismus seit Alexander
dem Großen (ca. 330 v.Chr.) haben sich die Chancen
der Frau wohl verbessert. Das hellenistische Rom oder
Ephesus waren anders als das klassische Athen.
Die meisten Menschen gehörten der Unterschicht an,
für die es kaum Bildungschancen gab. Ein Mittelstand
war begrenzt vorhanden (Handwerker, Kaufleute), die
reiche und einflussreiche Oberschicht dünn. Nur hier
konnten Frauen überhaupt Bildung und Positionen
erwerben.4
4
Vielleicht wirkt deshalb das Bild im Folgenden zu positiv. Es zeigt
aber dennoch, was Frauen erreichen konnten, selbst wenn sie es im
Regelfall nicht erlangten.
9
2. Die Frau im Haus
Für die meisten freien Frauen war das Haus der Mittelpunkt ihres Lebens. Häusliche Tugenden waren sehr
geschätzt.5 Charakterlich wurden von einer Frau ihre
Besonnenheit und Liebe zu ihrem Mann erwartet und
zuweilen auch inschriftlich gerühmt.
3. Bildung und Kultur
Lesen und Schreiben waren kein Allgemeingut, sondern
der Mittel- oder Oberschicht vorbehalten (von Sklaven
als Hauslehrern einmal abgesehen). Die Mehrheit hatte
weder Zeit noch Geld, sich damit zu befassen. In besseren Kreisen waren die Bildungschancen der Mädchen
allerdings gut. In Rom schätzte man die gebildete Frau
schon allein um der Erziehung der Kinder willen. Frauen aus guten Häusern konnten lesen und schreiben. Sie
verfassten zuweilen sogar Gedichte und Romane oder
waren in der griechischen oder römischen Literatur
bewandert.6 Sie nahmen an literarischen Sitzungen teil,
gründeten Frauenvereine oder gingen ins Theater. Manche trieben Sport und nahmen sogar an Wettkämpfen
teil.
4. Haushalt und Wirtschaft
Der eigentliche Lebensbereich der Frau war der Haushalt, den sie zum Teil selbständig führte. Bei größeren
Hofhaltungen gehörte hierzu einiges wirtschaftliche
und organisatorische Geschick. Manche Frauen leiteten
auch Geschäfte7 oder arbeiteten wie Priska mit ihrem
Mann zusammen in einem Betrieb. Andere Frauen hatten ein eigenes Vermögen.8
5. Politik
Politische Ämter waren einer Frau in der Regel verwehrt. Dennoch sind sogar einige wenige weibliche
Magistrate in Städten Kleinasiens (heutige Türkei)
bezeugt.9 Sicherlich konnten reiche Frauen als Stifterinnen oder Wohltäterinnen einigen Einfluss ausüben.
Königinnen wie Kleopatra blieben die Ausnahme.
6. Religion
Griechische, römische oder ägyptische Götter wurden praktisch im ganzen Mittelmeerraum verehrt. Als
Dienerinnen weiblicher Gottheiten wie z.B. Aphrodite,
Selbst von der reichen Römerin wurde erwartet, dass sie noch spinnen und weben beherrschte.
6
Klaus Thraede, Artikel „Frau“ in: Reallexikon für Antike und
Christentum, Sp. 201f. und 222; Pomeroy, Frauenleben, S. 260-266.
Dort (S. 264) findet sich auch das herrliche Beispiel Juvenals, der
sich über eine (ein)gebildete Frau beklagt:
„Zuwider ist mir eine, die die ganze Wissenschaft des (Grammatikers) Palaemon beherrscht und überlegt, die stets die Gesetze
korrekter Ausdrucksweise wahrt, ja so bewandert in der alten
Literatur ist, daß sie Verse behält, die ich nicht kenne, und die
den Gebrauch von Worten, um die sich Männer nicht kümmern,
bei ihrer Freundin als ungebildet tadelt. Falsche Grammatik sei
auch dem Gatten zuweilen gestattet.“
7
Thraede, Frau, Sp. 223: Ärztinnen, Kreditgeschäft, Schiffswerften,
Läden ... ; Pomeroy, Frauenleben, S. 192-197.
8
Thraede, Frau, Sp. 199: „vermögensrechtliche Autonomie“. Pomeroy,
Frauenleben, S. 197.
9
Thraede, Frau, Sp. 198: „... am ausgeprägtesten im Kleinasien der
Kaiserzeit (Übernahme von Liturgien und Magistraten ...)...“. Für
Rom siehe Sp. 213f. Vgl. auch Pomeroy, Frauenleben, S. 190.
5
10
Artemis10 oder Isis waren allerorten auch Frauen zu
finden. Oft waren es auf ein Jahr begrenzte Tätigkeiten
von Jungfrauen im Alter von ca. 12-14 Jahren.11 Ein politischer Einfluss war mit einem solchen Dienst wohl
nicht verbunden.
7. Fazit
Man sollte sich hüten, moderne Bilder zu schnell in
der Antike aufspüren zu wollen. Weder war die Frau
damals ungebildet und deshalb nicht in der Lage, sich
intelligent zu einer Frage zu äußern. Das Gegenteil war
der Fall. Noch gab es die emanzipierten (!) Frauen von
Ephesus. Die normale Welt der Frau war das Haus, an
das sie jedoch nicht sklavisch gefesselt war.
C. Die Stellung der jüdischen Frau
1. Einleitung
Die Juden waren eine bedeutende Bevölkerungsschicht
des römischen Reiches12 mit dem Recht, ihre Religion
frei auszuüben. Sie nahmen einerseits an der römischhellenistischen Kultur teil, andererseits legte ihnen das
väterliche Gesetz auch Grenzen auf.13 Auch für die Stellung der jüdischen Frau sind hellenistische wie besonders jüdische Einflüsse anzunehmen.14
2. Die Frau im Haus
Auch für die jüdische Frau war der angestammte Platz
das Heim, das sie versorgte. Sie war Zierde und Segen
ihres Mannes.15 Hier war sie ganz dem Mann untergeordnet, was bis zum Waschen der Hände und Füße reichen konnte, ging nur verschleiert außer Haus, und das
auch so wenig wie möglich. Ihr Zentrum war also die
Familie. Kinder galten im Unterschied zu Teilen ihrer
Umwelt als Segen (Psalm 127,3).16 Kinder schuldeten
auch ihrer Mutter Respekt. Besonders die Erziehung
der Töchter (wohl im Unterschied zu den Söhnen) war
Aufgabe der Mutter.
Für die Artemis (Diana) von Ephesus vgl. Baugh, Ephesus, S. 44-53.
Ihre Dienerinnen waren Jungfrauen (!), keine Tempelprostituierten
(S. 47).
11
Mädchen heirateten damals gewöhnlich im Teenageralter. Vgl.Thraede, Frau, Sp. 222 (durchschnittlich mit 16) und Baugh, Ephesus,
S. 49.
12
Ca. 5-6 Millionen (Meeks, Urchristentum, S. 74), in Städten 10-15%
der Gesamtbevölkerung (S. 74); Hegermann, Judentum, S. 294: gut
10% der Gesamtbevölkerung. Sie waren praktisch im ganzen römischen Reich verbreitet (Meeks, ebd.; Hegermann, ebd.).
13
Als wichtigste sind zu nennen: Alleinverehrung des HERRN (Monotheismus); Sabbatruhe (im Unterschied zur heidnischen Umwelt,
die keinen wöchentlichen Feiertag kannte); Reinheitsgebote (vgl.
Hegermann, Judentum, S. 299).
14
Für das Judentum einzig von negativen rabbinischen Äußerungen
über die Frau (obwohl es deren auch gute gab!) auszugehen, wie
dies manche (ältere) Arbeiten tun, ist nicht statthaft.
15
„Rabbi Chelbo sagte: Immerdar sei ein Mensch auf die Ehrung
seiner Frau bedacht, denn nur um einer Frau willen waltet Segen
im Haus eines Menschen, denn es heißt: Und er tat Abram Gutes
ihretwegen.“ (1Mose 12,16;Talmud,Traktat Baba mezia, 59a, zitiert
nach: Mayer, Talmud, S. 487).
16
Hegermann, Judentum, S. 295: „Die antike Unsitte der Kindesaussetzung war den Juden ein Greuel. Oft wurden Findlinge von jüdischen Familien aufgezogen. Kinderreichtum wurde ... bejaht.“ Vgl.
auch Pomeroy, Frauenleben, S. 212f.
10
3. Bildungsmöglichkeiten
Die Einstellung zur Ausbildung der Frau war im Judentum unterschiedlich. Es gab ablehnende aber auch bejahende Stimmen. Der Unterricht wurde dem Mädchen,
wenn überhaupt, zuhause erteilt. In der Schule gab es
für sie keinen Platz. In der Diaspora war Bildung für
eine Frau wohl eher möglich. Frauen konnten lesen.17
Manche erhielten Toraunterricht.18 Gesetzesliebe von
Frauen oder sogar Toraunterricht durch den Ehemann
sind bezeugt. Die Gelehrte Berurja ist ein Beispiel einer
besonders gebildeten Frau.19
4. Die Frau in der Öffentlichkeit
In der Öffentlichkeit spielte die Frau (mindestens in
Palästina) eine untergeordnete Rolle. Mit Männern zu
reden war unüblich, öffentliche Ämter zu erlangen ungewöhnlich.20 Als Zeugin vor einem (jüdischen) Gericht
war sie in der Regel nicht zugelassen. So übte sie normalerweise auch keinen eigenständigen Beruf aus. Die
Frau aus der Unterschicht war sicher auch zur außerhäuslichen Arbeit genötigt. Die Frau eines Kaufmanns
oder Händlers unterstützte diesen in seinem Beruf.
5. Die Frau im Gottesdienst21
Im herodianischen Tempel gab es einen Vorhof der
Frauen. Zum Vorhof Israels hatten Frauen gewöhnlich
Von sieben Vorlesern in der Synagoge durfte nach alter Tradition
einer eine Frau sein, was einschließt, dass sie lesen konnte (Riesner,
Jesus als Lehrer, S. 105)
18
Vgl. z.B. das apokryphe Stück zu Daniel Susanna, Vers 3: „Denn sie
hatte fromme Eltern, die sie nach dem Gesetz des Mose unterwiesen (wörtlich: ,gelehrt’) hatten.“
Andere Stimmen fehlten auch nicht: Rabbi Elieser sagte: „Wer
seiner Tochter die Torah lehrt, lehrt sie Ausschweifung.“ (Talmud
Traktat Sota 3,4; zitiert nach Riesner, Jesus als Lehrer, S. 104),
oder: „Lieber möge die Thora in Flammen aufgehen, als daß sie
den Frauen übergeben werde.“ (Talmud Sota 3,4.19a7; zitiert nach
Grundmann, Judentum, S. 174). Berühmt berüchtigt ist der jüdische
Lobpreis des Rabbi Juda Ben Elai:
„Drei Lobpreisungen muß man jeden Tag sprechen: Gepriesen
sei, der mich nicht zum Heiden machte! Gepriesen sei, der
mich nicht zur Frau machte! Gepriesen sei, der mich nicht zum
Unwissenden machte! Gepriesen, der mich nicht zum Heiden
machte: alle Heiden sind wie nichts vor ihm. Gepriesen, der
mich nicht zur Frau machte: denn die Frau ist zu den Geboten
nicht verpflichtet. Gepriesen, der mich nicht zum Ungebildeten
machte: denn der Ungebildete fürchtet die Sünde nicht.“ (Talmud,Traktat Berachot 7,18; zitiert nach Grundmann, Judentum,
S. 174).
Diese Äußerung wird oft als einseitig negativ gegenüber der Frau
verstanden. Es schwingt aber genauso stark der Ton der Liebe zu
den Geboten mit.
19
Vgl. Riesner, Jesus als Lehrer, S. 104. Eine Anekdote illustriert die
ironische Infragestellung der Tradition durch diese berühmte Gelehrte:
„Rabbi Jose, der Galiläer, war einst unterwegs. Da traf er Berurja
und sagte zu ihr: Auf welchem Weg kommen wir nach Lud? Sie
sagte zu ihm: Närrischer Galiläer, sagen die Weisen etwa nicht
so: Mache nicht viel Geschwätz mit einer Frau! Du hättest sagen
sollen: Auf welchem Weg nach Lud?“
(Talmud,Traktat Eruwim, 53b, zitiert nach Mayer, Talmud, S. 279).
20
Ein staatliches Amt forderte die Beteiligung an heidnischen Kulten
und war daher für Juden, die ihrem Glauben treu bleiben wollten,
verwehrt (Hegermann, Judentum, S. 306.).
21
Der Synagogengottesdienst hatte folgende Elemente: Rezitation
der 10 Gebote und des „Höre Israel“ (5Mose 6,4-9), Lobsprüche,
Tora-Lesung, Propheten-Lesung, Psalmenrezitation, Predigt, Segen
(Riesner, Synagoge, S. 1512).
17
keinen Zutritt (außer bei einem Opfer). Wenn auch
nicht grundsätzlich verboten, waren Toralesungen von
Frauen unüblich. Vielleicht saßen sie in der Synagoge sogar abgesondert. Zumindest waren 10 Männer
vonnöten, um einen Gottesdienst halten zu können.22
Umstritten sind die inschriftlich bezeugten „Synagogenvorsteherinnen“. Wahrscheinlich handelt es sich dabei
um einen Ehrentitel für reiche Wohltäterinnen der jüdischen Gemeinde ohne eine amtliche Funktion.
6. Fazit
Die jüdische Frau lebte ähnlich wie ihre römische oder
griechische Zeitgenossin vornehmlich im häuslichen
Bereich. Anders als in der Umwelt kam ihr in der Religionsausübung kaum eine Rolle zu.
D. Jesus und die Frauen
1. Frauen hörten Jesus
Frauen gehörten wie Männer zu den Hörern Jesu. Er
stellte sich auch auf seine weibliche Hörerschaft ein
und wählte zuweilen Anschauungen aus ihrer Lebensund Vorstellungswelt: z.B. Scherflein der Witwe, bittende Witwe, Gleichnis vom Sauerteig und Mehl oder vom
verlorenen Groschen.
2. Jesus heilte Frauen:
• Die Schwiegermutter des Petrus (Mark 1,29-34
und Parallelen) wurde von einem Fieber gesund. Ihr
anschließender Tischdienst ist gleichermaßen eine
Demonstration völliger Genesung wie der Gemeinschaft mit Jesus.23 Jesus überschritt Grenzen der
Gewohnheit, um Menschen die Gottesherrschaft
nahe zu bringen.
• Die blutflüssige Frau (Mark 5,25-34 und Parallelen) wurde nach 12 Jahren Krankheit geheilt. Sie
galt als kultisch unrein (vgl. 3Mose 15,19.25f.28.30)
und war somit vom Tempel und den Festen ausgeschlossen.24 Jesus schreckte nicht vor der Berührung dieser Frau zurück, sondern nannte sie liebevoll Tochter und lobte ihren Glauben.
• Im Anschluss erweckte Jesus die Tochter des
Jairus von den Toten (Mark 5,21-24.35- 43 und
Parallelen).
• Auch bei der syrophönizischen Frau (Mark
7,24-30 und Parallelen) lobte Jesus den Glauben
dieser Heidin, der sich nicht zurückweisen ließ.
• Er heilte eine verkrümmte Frau am Sabbat (Luk
13,10-17), um sie von ihrem 18 Jahre währenden
Los zu befreien. Er nannte sie Tochter Abrahams. Sie
war also ein vollwertiges Mitglied des Gottesvolkes.
Grundmann, Judentum, S. 173f. Vgl. Apg 16,13, wo Lukas nur von
Frauen spricht, die sich am Fluss treffen. Vielleicht waren nicht genügend Männer da, um einen Gottesdienst halten zu können. So trafen
sich die Frauen zum Beten.
23
Juden ließen sich gewöhnlich nicht von einer Frau bei Tisch bedienen. „Man lässt sich nicht von einer Frau bedienen.“ (Talmud,Traktat
Qidduschin, 70a; zitiert nach Billerbeck, Kommentar I, S. 480). Vgl.
Blank, Frauen, S. 14.
24
Pesch, Markus I, S.301. Zudem wurde alles kultisch unrein, was
diese Frau berührte. Vgl. Billerbeck, Kommentar I, S. 520.
22
11
3. Jesus hatte Gemeinschaft mit Frauen
Um auch Frauen die Gemeinschaft des Messias zu
gewähren, überschritt Jesus sogar Grenzen der Kultur,
des bürgerlichen Anstands und der nationalen Identität.
(Punke 4-7)
4. Das Gespräch mit der Samaritanerin (Joh 4)
Jesus redete allein am Brunnen mit einer Samaritanerin (Joh 4). Das Verhältnis von Juden und Samaritanern
war zu Jesu Zeiten feindselig.25 Juden pflegten von
Samaritanern keine Speisen anzunehmen. So war die
Frau mit Recht überrascht, dass Jesus sie um Wasser bat
(V 7). Jesus überwand die Grenzen der Kultur (Samaritaner), des Geschlechts und der Sitte.26 Die Frau scheint
eine Außenseiterin gewesen zu sein.27 Jesus führte sie
zum Glauben, und sie wurde die erste Missionarin in
Samarien. Der Heiland der Welt (V 42) lässt sich durch
Schranken von Kultur und Geschlecht nicht aufhalten,
einer Frau das ewige Leben zu bringen.
5. Die Salbung durch die Sünderin
(Luk 7,36-50)
Jesus ließ sich von einer stadtbekannten Sünderin
salben (Luk 7,36-50).28 Sie war vielleicht eine Prostituierte,29 hatte Jesus in der Stadt gehört und war davon
tief berührt. Ihre ganze Dankbarkeit und Liebe für den
Heiland brachte sie durch die Salbung mit kostbarem
Salböl zum Ausdruck. Sie erreicht Jesus nur am äußersten Ende.30 Das Küssen der Füße ist Gestus tiefer Verehrung. Die Frau überschritt die Grenzen der Sitte: als
Sünderin betrat sie das fromme Haus, als Frau war sie in
der Männergesellschaft, noch dazu löste sie die Haare in
Gegenwart von Männern auf - eigentlich eine Schande.
Im Grunde wurde Jesus als Prophet auf das schlimmste von ihr kompromittiert. Doch er tadelte sie nicht,
sondern lobte sie. Ihre Liebe war deshalb so groß, weil
Jesus ihr so viele Sünden erlassen hatte. Ihr gesellschaftlich unangepasstes Verhalten war durch Liebe gedeckt.
Jesus erhob sie in die Gemeinschaft mit sich, dem Heiland der Sünder.
Vgl. Luk 9,51-55.
Ein Mann redete gewöhnlich nicht mit einer Frau in der Öffentlichkeit. Samaritanische Frauen galten als ständig unrein (Carson, John,
S. 218).
27
Sie ging gegen die Gewohnheit in der Mittagshitze die 1,5 Kilometer zum Brunnen (Riesner, Sychar, S. 1503-1505), und sie lebte mit
ihrem Gefährten in „wilder Ehe“ zusammen (V 18; Schnackenburg,
Johannes I, S. 467f.).
28
Dieses Ereignis ist nicht mit der Salbung in Betanien zu verwechseln (Carson, John, S. 425; Smalley, Maria, S. 926f). Auch gibt es im
Text keinen Hinweis darauf, dass diese Frau Maria Magdalena war
(Smalley, Maria, S. 927; gegen Wenham, Ostern, S. 27-40, ein sonst
hervorragendes Buch).
29
So ist wohl „Sünderin“ (V 37) in diesem Zusammenhang zu verstehen. Vgl. Jeremias, Gleichnisse, S. 126. So auch Schürmann,
Lukas I, S. 431, und Bovon, Lukas I, S.390.
30
Beim Festmahl, um das es hier geht (Jeremias, Gleichnisse, S. 126),
saß man nicht, sondern lag nach hellenistischer Sitte auf Polstern
am Tisch mit nach hinten gestreckten Beinen (Billerbeck, Kommentar II, S. 162).
25
26
12
6. Die Salbung in Betanien
(Mark 14,3-9; Joh 12,1-8)
Die Salbung in Betanien (Mark 14,3-9; Joh 12,18)31 ist ein ähnliches, allerdings weniger dramatisches
Ereignis. Maria (die Schwester von Lazarus und Martha;
Joh 12,3) verschwendet mehr als einen Jahreslohn.32
Jesus ist offensichtlich jede Verschwendung wert. Und
Maria hat ihre einzigartige Liebe zu ihrem Herrn bewiesen.
7. Die Ehebrecherin
Die Ehebrecherin (Joh 7,53-8,11) wurde von Jesus
in Gnaden freigesprochen.33 Er sprach der Frau sein
Vergebungswort zu und befreite sie zu einem neuen
Leben.
8. Jesus hatte Jüngerinnen (Luk 8,1-3)
Unter den Frauen gab es auch Jüngerinnen, die Jesus
nachfolgten. Einige bleiben namenlos, andere sind in
den Evangelien überliefert worden. Während der Evangelisierung Galiläas wurde Jesus von den 12 Jüngern
und auch von Frauen begleitet. Lukas nennt viele Frauen (V 3), drei davon mit Namen.34 Sie hatten Befreiung
und Heilung erlebt und wurden so zu Nachfolgerinnen
des Herrn (V 2).
• Zuerst nennt Lukas Maria Magdalena.35 Ihr Leiden
war besonders schlimm: siebenfache dämonische
Besessenheit. Von Jesus geheilt, wurde sie zu einer
bedeutenden Jüngerin und ersten Zeugin des Auferstandenen (Joh 20; Mark 16,9).
• Weiterhin wird Johanna36, die Frau eines Chuza
genannt. Sie gehörte der Oberschicht an. Ihr Mann
war Verwalter des Königs Herodes, vielleicht der
königlichen Güter.37
Matthäus und Markus einerseits, sowie Johannes andererseits
berichten dasselbe Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln (vgl.
Carson, John, S. 426f. und Smalley, Maria, S. 427).
32
Mark 14,5: „mehr als 300 Denare“. Ein Denar war ein Tageslohn für
einen Arbeiter (Jeremias, Gleichnisse, S. 136; vgl. Billerbeck, Kommentar I, S. 831).
33
Dieser Abschnitt (7,53-8,11) ist nicht ursprünglicher Teil des Johannesevangeliums. Das zeigt die Überlieferung der griechischen
Handschriften. In den ältesten Abschriften des 4. Evangeliums ist
dieser Abschnitt noch nicht zu finden: die Papyri 66 (um 200) und
75 (3. Jahrhundert), die Codizes Vaticanus (Anfang 4. Jahrhundert)
und Sinaiticus (etwas später). Warum der Abschnitt in das Evangelium gelangt ist, ist ungewiss. Einmütigkeit besteht jedoch darüber,
dass dieses Ereignis authentisch ist. Es ist so typisch für Jesus, dass
seine Echtheit nicht bezweifelt werden sollte (Blank, Frauen, S.
83-84; Schnackenburg, Johannes I, S. 161f. zum Text und derselbe,
Johannes II, S. 234f. zur geschichtlichen Zuverlässigkeit).
34
Vgl. Mat 27,55f. und Mark 15.40f.
35
Maria (hebräisch Miriam) war der beliebteste und verbreitetste jüdische Frauenname (allein 6 unterschiedliche Marias im NT!). Magdala war ein Ort am See Genezareth. Maria Magdalena heißt Maria
aus Magdala. Oft wird sie mit der Sünderin aus Lukas 7 identifiziert
(z.B. Wenham, Ostern, S. 27-40). Das NT tut dies nicht. Darum sollten wir es auch lassen (Bovon, Lukas I, S. 399; Schürmann, Lukas I,
S. 446, Fußnote 19; Wiefel, Lukas, S. 158; Smalley, Maria, S. 926f.).
36
Hier und in Luk 24,10 erwähnt, sonst nicht bekannt.
37
Epitropos, Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament
II,1/2. Hg. Horst Balz und Gerhard Schneider. Stuttgart: Kohlhammer, 1980, Sp. 110; Bovon, Lukas I, S. 399f. Vielleicht war Chuza
Nabatäer (vgl. Wenham, Ostern, S. 180).
31
• Susanna ist nur hier namentlich erwähnt. Diese
und andere Frauen dienten Jesus fortwährend38 mit
ihrem Vermögen (V 3). Der Dienst bestand in erster
Linie in der Versorgung und finanziellen Unterstützung.
Jesus nimmt also Frauen in seine Gemeinschaft auf,
empfängt ihren Dienst und beteiligt sie so an der Ausbreitung der Gottesherrschaft.39
9. Maria und Martha (Lukas 10,38-42)
Auf der Reise nach Jerusalem40 kam Jesus nach Betanien und wurde von Martha aufgenommen.41 Zur
gastlichen Aufnahme gehörte natürlich auch die Beköstigung, die Martha übernahm (V 40). Maria hingegen
setzte sich wie eine Schülerin vor einen Rabbi,42 um zu
lernen. Martha wurde zwar nicht getadelt, aber Maria
wurde von Jesus gelobt. Studium des Wortes Gottes ist
auch Frauensache. Auch sie sind Jüngerinnen.43
10. Die Frauen beim Kreuz
Am Ende seines irdischen Lebens erweisen sich die
Frauen als die treuesten Nachfolgerinnen des Herrn.
Alle Evangelisten berichten übereinstimmend, dass am
Ende nicht die Apostel (außer Johannes), sondern die
Frauen bei Jesus waren.44 Es waren viele Frauen (Mat
27,55), namentlich Maria Magdalena, eine Maria, Mutter
von Jakobus und Joseph (= Joses), Maria, die Frau des
Klopas (vielleicht dieselbe Maria), Salome (vielleicht die
Schwester Marias und Tante Jesu) und natürlich Maria,
die Mutter Jesu. Frauen waren es also, die Jesus sterben
sahen und die verfolgten, in welches Grab er gelegt
wurde (Mat 27,61 und Parallelen).
11. Die Frauen als Zeugen der Auferstehung45
Die Evangelisten sind sich ebenfalls darin einig, dass
die Frauen zuerst beim Grab waren.46 Lukas erwähnt
mindestens 5 Frauen, auch Johanna, die uns bereits in
Luk 8,3 begegnete. Frauen waren die Hörer der Engelbotschaft und beauftragt, die Auferstehung den Jüngern
zu berichten. Frauen sahen auch als erste den Auferstandenen selbst (Joh 20,11-18; Mark 16,9; Mat 28,9).47
Griechisch: diakonia (Dienst) und diakoneo (dienen). Die Form
des Zeitworts im Griechischen (Imperfekt) deutet ein fortgesetztes
Handeln an (so auch Bovon, Lukas I, S. 397).
39
„Wie schon der Täufer Frauen gepredigt hatte und Frauen getauft
hatte, so gestaltet Jesus die Sitte bewusst um, wenn er Frauen die
Nachfolge erlaubt.“ (Jeremias, Jerusalem, S. 413 (II B, 250).
40
Vgl. V 38 mit Luk 9,51.
41
Martha und Maria waren Schwestern von Lazarus und wohnten im
Dorf Betanien (Joh 11,1; 3 Kilometer von Jerusalem entfernt). Man
hat den Eindruck, dass alle drei unverheiratet waren.
42
Vgl. Apg 22,3: Saulus vor dem Rabbi Gamaliel (Bovon, Lukas II, S.
105).
43
Griechisch: mathetai = Lernende.
44
Mat 27,55f.; Mark 15,40f.; Luk 23,49; Joh 19,25.
45
Mat 28,1.9; Mark 16,1.9; Luk 24,10; Joh 19,1-18.
46
Dass Paulus in seinem Auferstehungskapitel 1Kor 15 die Frauen
nicht erwähnt, hängt wohl mit dem jüdischen Zeugenrecht zusammen, das (mit Ausnahmen) ein Zeugnis einer Frau nicht anerkannte
(vgl. Jeremias, Jerusalem, S. 411f. [= II B, 248f.]).
47
Dies ist ein starker Hinweis für die Geschichtlichkeit der Berichte.
Bei dem geringen Wert, den die jüdische Umwelt dem Zeugnis von
Frauen beimaß, hätte sich die Urgemeinde einen Bärendienst erwiesen, Frauen zu Zeugen der Auferstehung zu erklären, es sei denn, es
habe sich so verhalten. Genau das berichten die Evangelien.
38
Die ersten Menschen, welche die Botschaft von der
Auferstehung ausrichteten, waren Frauen. Frauen waren
also die letzten beim Kreuz, die ersten am Grab und die
ersten Boten der Auferstehung. Dadurch adelt sie Gott
selbst, an der Verkündigung des Evangeliums von der
Auferstehung Jesu Christi teilzuhaben.
12. Zusammenfassung
Jesus überschritt als Heiland der Welt Grenzen der bürgerlichen Gesellschaft. So kamen Frauen in den Vorzug
der Gemeinschaft mit ihm. Er ließ sie zuhören und
lernen. Er heilte sie und bot ihnen seine Hand. Selbst
kompromittierende Situationen mied er nicht. Frauen
waren ihm wichtig. So beteiligte er Frauen auch am
Dienst für das Evangelium, indem sie ihn als Jüngerinnen unterstützten. Frauen erwiesen Jesus besondere
Liebe und Treue, indem sie als letzte beim Gekreuzigten
ausharrten und als erste am Grab waren. So kennt das
Zeugnis der Evangelien die Frauen als erste Zeuginnen
und Botinnen vom auferstandenen Herrn. Zu Aposteln
allerdings berief Jesus Frauen nicht.
E. Die Frau in der Urchristenheit - ein
Überblick anhand der Apostelgeschichte
1. Einleitung
In diesem Kapitel wollen wir uns hauptsächlich anhand
der Apostelgeschichte des Lukas einen Überblick über
die Bedeutung der Frau im Urchristentum verschaffen.
Frauen zählten von Anfang an als vollwertige Glieder
zur Gemeinde.
2. Die Urgemeinde in Jerusalem
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Urgemeinde in
Jerusalem.
• Frauen zählten mit zu den 120 Menschen
(Apg 1,14), die sich in Jerusalem um die Apostel
zum Gebet trafen und zu denen auch die Herrenmutter Maria gehörte (1,13f.).
• Sie empfingen wie die Männer auch am Pfingsttag
den Heiligen Geist (Apg 2). Somit erfüllte sich die
Joelverheißung von der Geistausgießung auf „alles
Fleisch“. Insbesondere zitiert Petrus neben Söhnen
und Knechten auch die Töchter und Mägde. Männer
und Frauen empfingen den Heiligen Geist also gleichermaßen.
• Saphira gehörte wie ihr Mann zur Gemeinde
(Apg 5).
• Die finanziellen Nöte der zahlreichen Witwen hellenistischer Juden stellten die Gemeinde sogar vor
besondere Nöte (Apg 6).48 Frauen waren offensichtlich zahlreich Glieder der Urgemeinde.
48
Fromme Juden wünschten sich, in Jerusalem zu sterben und begraben zu werden, weil sie meinten, dort begänne die Auferstehung. So
siedelten manche im Alter nach Jerusalem um. Mit den Hellenisten
sind wohl solche ehemaligen Diasporajuden gemeint (Schneider,
Apostelgeschichte I, S. 423; Weiser, Apostelgeschichte I, S.
165). Auch Joseph aus Arimathäa hatte ein Grab in Jerusalem! Die
Witwen solcher Juden hatten in der Fremde (Jerusalem!) ohne
Verwandte wohl einen schweren Stand, weshalb die Urgemeinde
sie unterstützte.
13
• Dies geht auch aus einigen beiläufigen Erwähnungen hervor: eine Menge Männer und Frauen wurde
gläubig (Apg 5,14). Saulus verfolgte Männer und
Frauen (8,3; 22,4).
• Sogar das Haus von Maria, wohl der Mutter des
zweiten Evangelisten Markus, diente als Herberge
der Gemeinde (Apg 12). Dort waren viele beisammen, um für die Befreiung des Petrus zu beten
(12,12).49
3. Andere judenchristliche Gemeinden
Auch in anderen jüdisch-christlichen Gemeinden sind
Frauen bezeugt.
• Paulus wollte auch in Damaskus Frauen verhaften
(Apg 9,2).
• Besondere Erwähnung verdient die Wohltätigkeit
der Tabita in Joppe50, deren Tod darum beweint und
deren Auferweckung umso mehr bejubelt wurde
(Apg 9,36-42).
4. Die Frauen in den paulinischen
Missionsgemeinden
• Aus dem kleinasiatischen Lystra stammte einer der
wichtigsten Mitarbeiter des Paulus: Timotheus. Seine
Mutter war gläubige Jüdin und mit einem Griechen
verheiratet (Apg 16,1). In 2Tim 1,5 erwähnt Paulus
den Namen dieser Frau (Eunike) und die Großmutter des Timotheus Lois. Paulus schätzte ihren ungefärbten Glauben.
• Im mazedonischen Philippi missionierte Paulus
unter einigen Frauen an einer jüdischen Gebetsstätte am Fluss.51 Lydia, eine gottesfürchtige52 Purpurhändlerin53 wurde die erste Christin in der Stadt.
Sie scheint überdies gut situiert gewesen zu sein;
denn Paulus und seine Freunde nahmen dort Quartier (Apg 16,15), sie hatte einen ganzen Haushalt54
(V 15) und stellte ihr Haus der Gemeinde zur Verfügung (V 40).55
• In Thessaloniki kamen viele gottesfürchtige Griechen zum Glauben. Lukas erwähnt eigens die angesehenen Frauen (Apg 17,4).
• In Beröa kamen viele griechische vornehme Männer und Frauen zum Glauben (Apg 17,12).
• Auf dem Areopag in Athen konnte Paulus unter
anderem eine Damaris gewinnen (Apg 17,34).
• In Korinth traf Paulus das judenchristliche Ehepaar
Aquila und Priscilla (Apg 18,2-3), die in seiner Mission eine wichtige Rolle übernehmen sollten.
Sicher deuten das Haus als Versammlungsort für viele (Apg 12,12)
und der Hinweis auf die Sklavin Rhode (12,13) auf einen gewissen
Wohlstand hin, den sie in den Dienst der Gemeinde stellte.
50
Heutiges Jaffa.
51
Wohl keine Synagoge (vgl. Riesner, Philippi, S. 1197), sondern lediglich jüdischer Gebetsplatz.
52
„Gottesfürchtige“ waren Heiden, die aber an den einen Gott glaubten, sogar die wichtigsten Gesetze der Tora hielten, an den Synagogengottesdiensten teilnahmen, aber (noch) nicht voll zum Judentum übergetreten waren (vgl. Balz, „phobeomai“, Sp. 1031f.).
53
Purpur bezeichnet entweder die Farbe oder bereits die gefärbten
Stoffe (zweites wird hier gemeint sein). Lydias Heimatstadt Thyatira
in Lydien (Westtürkei) war berühmt für Purpur (Harris, Lydia, S.
903).
54
Griechisch „oikos“. Der Begriff umfasst Familie, Sklaven und Hausangestellte mit.
55
Das Treffen mit den Brüdern findet bei Lydia statt.
• Auf der Reise nach Jerusalem werden in Tyrus Frauen und Kinder erwähnt (Apg 21,5).
• Der Evangelist Philippus hatte 4 Töchter, die Prophetinnen waren (Apg 21,9).
5. Zusammenfassung
Das Christentum hat Männer und Frauen erreicht. Das
Zeugnis des Lukas von der Beteiligung der Frauen am
Gemeindeleben ist gewaltig, nähmen wir nun noch die
Briefe hinzu, wäre der Befund überwältigend.56 Einige
Frauen haben ihr Haus der Gemeinde zur Verfügung
gestellt oder waren sozial aktiv. Andere stellten ihre
geistlichen Gaben in den Dient der Gemeinde.
F. Dienste der Frau in der Gemeinde
1. Die Diakonin Phöbe (Röm 16,1-2)
Zur neutestamentlichen Zeit gab es weibliche Diakoninnen. Die Erwähnung der Phöbe durch Paulus belegt
dies. Phöbe war Diakonin57 der Gemeinde in Kenchreä.58 War dies ein Amt oder mehr eine allgemeine
Tätigkeit? Beide Möglichkeiten sind vom Wortsinn her
möglich und belegt.59 Die amtliche Bezeichnung Diakonin hat hier die meiste Wahrscheinlichkeit und darum
den Vorrang.
• Phöbe ist Schwester und zudem Diakonin. Durch
das kleine Wörtchen „zudem“ (im griechischen
Text) wird der Begriff Diakon betont.
• Die Art ihrer Tätigkeit wird in V 2 noch einmal mit
einem anderen Begriff herausgehoben: Beistand.
Phöbe ist vielen ein „Beistand“ gewesen (V 2). Kann
man an dieser Stelle vielleicht auch „Vorstand“60 darunter verstehen? War Phöbe also vielleicht eine Älteste?
Der Text schließt diese Bedeutung hier aus.
• Phöbe war für viele eine „prostatis“, nicht für eine
Gemeinde oder einen Hauskreis. Das weist in Richtung Beistand.
• Phöbe war auch für Paulus ein Beistand. Die Bedeutung Vorstand passt hier kaum.
• Diakone sind nach 1Tim 3,8-13 klar von den Ältesten (= Bischöfen) unterschieden.
Paulus bittet die Römer, Phöbe in einer Angelegenheit
beizustehen, weil sie vielen anderen beigestanden hat.
Michel verweist auf den „inneren Zusammenhang“
zwischen beidem.61 Ihr praktischer Dienst an anderen
soll hier praktische Früchte tragen.
49
14
Da viele Stellen anderenorts besprochen werden, wollen wir hier
auf das Zeugnis der Briefe verzichten.
57
Griechisch „diakonos“. Es bedeutet Diener/Dienerin. Wir sollten
hier allerdings nicht „Diakonisse“ übersetzen (Weiser, diakoneo,
Sp.729; Wilckens, Römer III, S. 131); denn über Familienstand der
Diakonin, Dauer und Gelübde in bezug des Dienstes sagt der Begriff nichts aus.
58
Kenchreä war der östliche Hafen von Korinth.
59
„Diakonos“ als Diener im allgemeinen Sinn: 1Kor 3,5; Kol 1,23.25;
1Tim 4,6; als Amtsbezeichnung „Diakon“: Phil 1,1; 1Tim 3,8.12.
60
Diese technische Bedeutung ist von „prostatis“ außerbiblisch
belegt.
61
Michel, Römer, S. 474.
56
2. Diakoninnen in 1Timotheus 3,11?
Für die Neubesetzung von Gemeindeämtern in Ephesus
beschreibt Paulus seinem Mitarbeiter Timotheus Kriterien für die persönliche Eignung von Ältesten62 (1Tim
3,1-7) und Diakonen (1Tim 3,8-13). Mitten in dem Katalog für Diakone ist in Vers 11 von Frauen die Rede.63
Welche Frauen sind gemeint?
• Manche beziehen sie auf die Ehefrauen der Diakone, von denen davor und danach die Rede ist.64
Doch warum werden besondere Forderungen an
die Frauen von Mitarbeitern (Diakonen) gestellt, wo
solche bei den Frauen der Leiter (Bischöfe) fehlen?
• Andere verstehen unter ihnen allgemein die Frauen der Gemeinde. Doch was hätte diese allgemeine Weisung im Ämterkatalog zu suchen?
• Die Frauen könnten Diakoninnen sein. Ihre Qualitäten müssen mit denen ihrer männlichen Kollegen übereinstimmen (vgl. V 11 mit V 8). Da auch in
Röm 16,1 eine Diakonin bezeugt ist, braucht man
dieser Deutung keine grundsätzlichen Bedenken
entgegensetzen. Sie ist darum auch die wahrscheinlichste. Doch können wir die Frage, ob 1Tim 3,11
von Diakoninnen redet, getrost offen lassen.
3. Junia als Apostel (Römer 16,7)
Paulus grüßt in Röm 16,7 Andronikus und Junias (Luther). Bei Junias könnte es sich allerdings auch um den
römischen Frauennamen Junia handeln.65 Die Ausleger
sind geteilter Meinung. Die einen sehen hier einen Männernamen.66 Andere treten für die Interpretation als
Frauenname ein. Die Argumente für die Lesung als Frauenname Junia sind allerdings weitaus die besten.
• Ein Männername Junias ist nirgends belegt. Hier
wäre das einzige Vorkommen, das jedoch recht vage
ist.
• Der Frauenname Junia hingegen war weit verbreitet.
• Die Kirchenväter haben praktisch einhellig unter
Junia eine Frau verstanden.
So sollten wir uns den besten Argumenten fügen und
Junia ebenfalls für eine Frau halten.67 Vermutlich haben
wir es hier mit einem Ehepaar zu tun.68
Bischof (3,1; griechisch „episkopos“) und Ältester („presbyteros“) sind im NT zwei Bezeichnungen für dasselbe Amt und deshalb austauschbar; vgl. Apg 20,17 (Älteste) mit 20,28 (Bischöfe).
63
Luther übersetzt „ihre Frauen“. Das Wörtchen „ihre“ ist nicht Bestandteil des griechischen Textes, sondern sinngemäß hinzugefügt
(vgl. Elberfelder: „ihre“ in Klammern). Im Grundtext steht nur
„Frauen“.
64
Knight, Pastoral Epistles, S. 171, der darauf hinweist, dass man
den Begriff Frau auch einfach als Ehefrau lesen könnte.
65
Der griechische Text erwähnt die Akkusativform Junian. Der dazugehörige Nominativ könnte Junias (Männername, Kurzform von
Junianus) oder Junia (Frauenname) heißen.
66
Z.B. Michel, Römer, S. 475: „Junias ist Abkürzung für Junianus“.
67
So auch die neue Gute Nachricht Bibel; vgl. auch die Erklärung zu
„Junia“ im Anhang bei den Sacherklärungen, S. 377.
68
Wie Priska und Aquila (V3-5).
62
Eine andere Frage ist: Was bedeutet die Wendung „angesehen unter den Aposteln“? Im NT finden wir
einen doppelten Apostelbegriff.69
• Einmal sind damit die 12 von Jesus eingesetzten Jünger gemeint (Luk 6,13). Sie wurden durch Matthias
(Apg 1) und Paulus (Apg 9) ergänzt.
• Zum anderen gibt es auch Gemeindegesandte (2Kor
8,23; Phil 2,25). So wird auch Barnabas, der Missionar der Gemeinde Antiochien als Apostel bezeichnet
(Apg 14,14).
In diesem weiteren Sinne ist auch das Apostolat von
Andronikus und Junia zu verstehen. Sie sind Missionare, die schon mit Paulus zusammengearbeitet haben.
Da sie schon vor Paulus Christen wurden, werden sie
vermutlich aus Palästina stammen und Missionare aus
Jerusalem sein.70 Sie haben mit Paulus sogar Gefängnis
erduldet.
4. Priska und Aquila, die Mitarbeiter des Paulus
Priska und Aquila waren ein judenchristliches Ehepaar,
das Paulus in der Missionsarbeit kräftig unterstützt hat.
Ihre Bedeutung für die urchristliche Mission ist groß.
Paulus lernte sie während der zweiten Missionsreise
in Korinth kennen. Sie waren gerade aus Rom gekommen.71 Sie wurden sogleich Mitarbeiter des Paulus und
unterstützten ihn eineinhalb Jahre in Korinth (Apg
18,2+11). Dies bedeutete auch, die Gastfreundschaft
ihres Hauses in Anspruch zu nehmen (18,3).
Als Paulus dann Korinth verließ, um später nach Ephesus zu gehen, nahm er das Ehepaar mit und ließ sie
schon einmal in Ephesus zurück (Apg 18,18+19), wohl
um den Boden für Paulus vorzubereiten. Dort kümmerten sie sich unterdessen um den Judenchristen Apollos.
Sie nahmen ihn auf72 und unterwiesen ihn in der christ-
Apostel ist ein griechisches Lehnwort von „apostolos“ und bedeutet „Gesandter“.
70
Paulus bekehrte sich etwa zwei Jahre nach der Kreuzigung Jesu,
also vielleicht im Jahr 32 (Morris, Romans, S. 534; vgl. Riesner,
Frühzeit, S. 63). Auf Palästina weist auch die Bezeichnung als
„Stammverwandte“ (vgl. Röm 9,3). So auch Morris, Romans, S. 534
und Michel, Römer, S. 475.
71
Der Grund war ein Edikt aus dem Jahre 49 n.Chr., in dem Kaiser
Claudius die Juden aus Rom verwies, weil es unter ihnen zu Tumulten wegen eines gewissen „Chrestus“ gekommen sei, wie der Historiker Sueton in seiner Vita des Kaisers berichtet. Wahrscheinlich
ist darunter „Christus“ zu verstehen. Das würde bedeuten, dass sich
die Juden Roms um die Messianität Jesu Christi gestritten hätten
(Pesch, Apostelgeschichte II, S. 152f.). Wahrscheinlich waren sie
schon Christen als Paulus sie kennen lernte; vgl. 1Kor 16,15: Haus
des Stephanas als die ersten neuen Christen in Korinth (Haenchen,
Apostelgeschichte, S. 475f., Anmerkung 3).
72
Das griechische Wort „proslambanomai“ deutet eine gastliche
Aufnahme in das Haus an (So auch Pesch, Apostelgeschichte II,
S. 161).
73
Diese Unterweisung des Mannes Apollos ist über beide Ehepartner
gesagt (Mehrzahl). Es würde dem Text Gewalt antun, diese Lehre
nur auf Aquila als Mann zu beschränken. Offensichtlich war es Frauen gestattet, in einer häuslich-privaten Atmosphäre (zumindest im
Zusammenspiel mit ihrem Mann) andere Männer zu unterweisen.
74
Wenn Lukas schreibt, dass in dieser relativ kurzen Zeit das Evangelium in die ganze Provinz Asia (die Westhälfte der Türkei!) erging,
dann ist das kaum anders denkbar, als mit vielen Mitarbeitern, die
Paulus unterstützten.
69
15
lichen Lehre (Apg 18,26).73 Als Paulus später aus Ephesus den 1. Korintherbrief schreibt, richtet er Grüße von
Priska und Aquila aus (1Kor 16,19). Er erwähnt an dieser Stelle auch Grüße von der Gemeinde in ihrem Haus.
Offensichtlich stellten sie ihr Haus auch in Ephesus
in den Dienst der Mission und waren Gastgeber einer
Hausgemeinde. Sie haben die Mission in Ephesus kräftig
vorangetrieben (mehr als 2 Jahre; Apg 19,10).74
Als Paulus einige Jahre später aus Korinth den Römerbrief schreibt, grüßt er Priska und Aquila, die mittlerweile offensichtlich wieder in Rom sind (Röm 16,3-5).
Auch dort sind sie wieder Gastgeber einer Hausgemeinde (V 5). Paulus dankt ihnen sein Leben75 und nennt
sie seine Mitarbeiter. Noch einige Jahre später finden
wir sie wieder in Ephesus, wohin der 2.Timotheusbrief
geht (2Tim 4,19).
Folgende Punkte können wir für unser Thema festhalten:
• Priska arbeitete mit ihrem Mann zusammen im Missionsdienst.
• Sie war mit ihrem Mann zusammen außerordentlich
aktiv.
• Sie beide waren mobil und nahmen dauernde Umzüge gern in Kauf.
• Sie übten Gastfreundschaft.
• Sie beherbergten eine Hausgemeinde.
• Auch ein Lehrdienst im häuslichen Rahmen war
nicht ausgeschlossen.
• Sie setzten sogar ihr Leben für Paulus aufs Spiel.
Priska und Aquila waren vorbildliche Missionare.
5. Frauen als Gastgeberinnen von
Hausgemeinden
Hausgemeinden hatten in der Urchristenheit eine enorme Bedeutung. Die Gemeinde traf sich in der Regel in
privaten Häusern. Eigentliche Kirchengebäude hatten
die Christen in den ersten Jahrhunderten noch nicht.
Frauen dienten der Gemeinde auch auf ganz praktische
Weise, indem sie ihre Häuser öffneten.76 Diese Häuser
waren Treffpunkte der Gemeinde oder boten einer
Hausgemeinde einen Versammlungsort.77
• Maria, die Mutter des (Evangelisten) Markus in Jerusalem. Bei ihr traf sich die Gemeinde zum Beten
(Apg 12,12).
• Die Purpurhändlerin Lydia nahm Paulus und seine
Freunde nach ihrer Bekehrung bei sich auf (Apg
16,14f.). Bald darauf diente ihr Haus auch der Gemeinde als Treffpunkt (16,40).
• Nymphe (oder Nymphas) stellte ihr Haus einer
Hausgemeinde zur Verfügung (Kol 4,15).78
Vielleicht während einer möglichen Gefangenschaft in Ephesus
(Weiser, Akylas, Sp. 135; Ollrog, Paulus, S. 27).
76
Lukas berichtet davon, dass auch angesehene oder gut situierte
Frauen zum Glauben kamen (Apg 16,15: Philippi; 17,4:Thessaloniki;
17,12: Beröa).
77
In 1Kor 1,11 erwähnt Paulus die Leute der Chloe. Es ist aber ganz
unsicher, worum es sich dabei handelt, vielleicht Sklaven (Schrage,
1Korinther I, S. 141f.).
78
Es ist unsicher, ob es sich um einen Frauen- oder Männernamen
handelt. Beide Lesarten sind bezeugt. Der Nestle/Aland-Text liest
„ihr“ Haus, abweichende Lesarten „sein“ Haus. Lohse, Kolosser, S.
245 und Schweizer, Kolosser, S. 178, denken an einen Frauennamen.
Allerdings sollte man die Frauen als Gastgeberinneren
der Hausgemeinden nicht gleich zu deren Leiterinnen
machen. Darüber sagt der Text nichts.
6. Mitarbeiterinnen des Paulus
Paulus war Teamarbeiter. Über 50 seiner Mitarbeiter
werden im NT erwähnt. Etwa 10 von diesen waren
Frauen. Manche haben wir bereits erwähnt, einige wollen wir an dieser Stelle nennen. Besonders die Grußlisten der Paulusbriefe sind hier interessant:79
• Euodia und Syntyche (Phil 4,2f.)
• Maria (Röm 16,6)
• Tryphäna,Tryphosa und Persis (Röm 16,12).
Zwei Begriffe werden für diese Frauen erwähnt:
a. Mitarbeiter (griechisch „synergos“)
b. Arbeiten, sich abmühen (griechisch: „kopiao“).
Zu a.) Mitarbeiter
Paulus selbst versteht sich als Mitarbeiter Gottes (1Kor
3,9). Das will sagen: er tut seine Missionsarbeit für Gott
und in Verantwortung vor Gott. In diese Perspektive
nimmt er auch seine Mitarbeiter mit hinein, die er
ebenfalls als synergos bezeichnet. Auch einige Frauen nennt Paulus seine Mitarbeiter: neben Priska (Röm
16,3) noch Euodia und Syntyche (Phil 4,3). Sie haben
mit Paulus zusammen in der Missionsarbeit gestanden.
Zu b.) Arbeiten, sich abmühen
Das entsprechende griechische Wort bezeichnet eigentlich eine schwere Arbeit. Paulus selbst bezeichnet seine
Missionsarbeit mit diesem Begriff und will damit ausdrücken, dass er sie als Schwerstarbeit versteht. Wenn
Paulus nun allen oben stehenden Frauen auch dasselbe
Zeugnis ausstellt, ist dies höchstes Lob und Anerkennung. Sie haben hart im Missionsdienst gearbeitet und
sich dabei nicht geschont.
7. Frauen als Lehrerinnen von Frauen
(Titus 2,3+4)
Paulus sagt in Tit 2,2-10 ein Wort an verschiedene Gruppen in der Gemeinde. V 3-5 betreffen alte Frauen. Sie
sollen Lehrerinnen von Gutem sein. Vom Zusammenhang her (V 4-5) bezieht sich die Lehre auf die jungen
Frauen. Die älteren Frauen in der Gemeinde sollen die
jüngeren Frauen „zur Vernunft bringen“ (V 4; griechisch
„sophronizo“). Die „Lehre“ in V 4-5 ist also von Frauen an Frauen gerichtet und bezieht sich auf praktische
Dinge des Lebens (Ethik).
75
16
79
Die meisten Informationen über sonst weiter nicht bekannte Mitarbeiter des Paulus erhalten wir sinnigerweise aus den Grußlisten des
Römer- und des Kolosserbriefes. Beide Briefe sind an Gemeinden
gerichtet, die Paulus bis dahin noch gar nicht gesehen hatte. Und
selbst dort gibt es manche, die bereits mit ihm zusammen Missionsarbeit betrieben hatten. Wieviele müssen es dann insgesamt
gewesen sein!
8. Das Witwenamt (1Tim 5,3-16)
In 1Tim 5 richtet Paulus Weisungen für zwei Personenkreise in der Gemeinde aus:
• Alte Männer/Älteste (V 1+17-25)
• Alte Frauen/Witwen (V 2+3-16).
Die beiden einführenden Verse schneiden das Thema
allgemein an (V 1-2), die beiden folgenden Abschnitte
behandeln die angesprochenen Personen (ältere Frauen
und Männer) unter dem Aspekt des Amtes. In beiden
Abschnitten geht es um Versorgung, bzw. Bezahlung
dieser Personen (V 3+18f.).80
Bereits die Urgemeinde kümmerte sich finanziell um
die zahlreichen Witwen in Jerusalem (Apg 6,1-7).81 Diese Versorgung entsprach alttestamentlichem Ethos, wonach der Fromme besondere Rücksicht auf die Witwen
und Waisen nehmen sollte und Gott sich zum Anwalt
der Armen machte.82 Offensichtlich wurde die Versorgung der Witwen allgemeine Praxis in der Urchristenheit. Dafür leistete die Witwe dann im Gegenzug der
Gemeinde gewisse Dienste. Möglich wären folgende:
• Gebet und Fürbitte (V 5)83
• Hausbesuche und Seelsorge (V 13)84
• Diakonische Dienste?
Weitere Dienste sind nicht erwähnt. Vielleicht war mit
der Aufnahme in ein Witwenamt ein Gelübde verbunden, nicht wieder zu heiraten (V 11). Aus diesem Grund
setzt Paulus das Alter auf 60 Jahre fest (V 9).85
Das Witwenamt gewann dann in der alten Kirche enorme Bedeutung.
G. Lehre im Neuen Testament
9. Zusammenfassung
Der Dienst der Frau wird im Neuen Testament sehr
geschätzt. Sie hat Anteil an der Ausbreitung des Reiches
Gottes auf verschiedene Weise. Manche gaben sich der
Aufgaben mit vollem Einsatz hin. Manche legten allein
durch ihre Mobilität schon ein beredtes Zeugnis ab. Sie
waren Diakoninnen von Gemeinden oder leisteten als
Witwe entsprechende Dienste. Sie waren Missionarinnen und mit oder ohne Männer Mitarbeiterinnen des
Paulus. Sie stellten, wenn sie begütert waren, ihre Häuser der Gemeinde zur Verfügung. In privater Umgebung
lehrten sie sogar.
3. Die urchristliche Lehre
Die urchristliche Verkündigung war stark von Lehre
geprägt. So wurden Petrus und Johannes vor den Hohen Rat zitiert, weil sie im Namen Jesu gelehrt hatten
(Apg 4,2+18). Ihre Verkündigung konnte mit dem
Begriff „Lehre“ („didache“) zusammengefasst werden (Apg 2,42; 5,28). Inhalt ihrer Lehre war Christus
(Apg 4,42). Paulus und Barnabas gehörten zu den
Lehrern in Antiochien (Apg 13,1) und lehrten diese
Gemeinde (Apg 11,26; 15,35). Auch im missionarischen
Gemeindebau war die Lehre wesentlich (Apg 18,11). So
gab es feste Lehrstoffe, die Paulus den Gemeinden überlieferte (1Kor 11,2+16; 1Kor 15,1; 1Thess 4,2; 2Thess
2,15; 3,6; 2Tim 2,2; vgl. Röm 6,17). Diese enthielten
Heilslehre sowie ethische Weisungen. Hebr 6,2 nennt
z.B. Bekehrung, Glaube,Taufe, Handauflegung und Auferstehung als Anfangsgründe des Wortes Gottes (5,12).
Die Gemeindelehre musste mit diesem Glaubensgut
übereinstimmen (Röm 12,6f.; 1Tim 6,3) oder sie galt als
andere oder falsche Lehre (z.B. Gal 1,6-9; 1Tim 1,3; 6,3).
Im Grunde ist der Inhalt der urchristlichen Lehre im
wesentlichen im NT dokumentiert. Nachdem die apostolische Lehre schriftlich vorlag (das Neue Testament),
verlor die mündliche Überlieferung an Bedeutung. Heute ist das schriftliche Wort Gottes (die Bibel) einzige
Autorität für die Lehre.
In V 3 und 17 stehen die Begriffe timao/time. Time (V 17) bedeutet Ehre oder Honorar (Bauer/Aland Wörterbuch, Sp. 1629f.).
V 18 macht deutlich, dass es sich dabei um Bezahlung handelt (vgl.
dieselbe Verwendung des Zitats in 1Kor 9,9). Auch bei den Witwen
geht es um Geld (vgl. V 16). So sollten wir auch V 3 übersetzen:
„Besolde die Witwen ...“ (Vgl. zum Ganzen, Roloff, 1Timotheus,
S. 282-307, der in V 3 „besolden“ und in V 17 „doppeltes Honorar“
übersetzt). Dass Älteste tatsächlich für ihre Dienste bezahlt wurden,
machen auch die Warnungen der Briefe deutlich (vgl. 1Petr 5,2).
81
Dieser Dienst war so umfassend, dass er beim starken Wachstum
der Gemeinde von den Aposteln nicht mehr allein geleistet werden
konnte.
82
Vgl. 2Mose 22,21-23; 5Mose 24,17-22.
83
So auch Roloff, 1Timotheus, S. 290: „hauptamtliche Beterin“.
84
Jüngere Witwen würden durch das Witwenamt lernen, von Haus zu
Haus zu laufen. Das könnte darauf hindeuten, dass eben Hausbesuche mit dem Amt verbunden waren (Stählin, chera, S. 446).
85
In 1Kor 7 ermutigt Paulus Witwen, ledig zu bleiben (1Kor 7,8f.),
hier fordert er sie geradezu auf, wieder zu heiraten (1Tim 5,14).
Der Grund für diese gegenteiligen Weisungen ist vielleicht in der
speziellen Situation in Ephesus zu sehen. Es war dort eine Irrlehre
eingedrungen, die in leibfeindlicher Weise die Ehe ablehnte (1Tim
4,3). Auch einige Frauen hatten sich dieser Häresie bereits zugewandt (1Tim 5,15). Paulus wollte dieser nun einen Riegel vorschieben und nicht noch Wasser auf die Mühlen der Häretiker leiten.
80
1. Einleitung
Was ist Lehre? In diesem Kapitel wollen wir dieser
Frage nachgehen. Nun lehrt das Neue Testament auch
selbst über die Lehre und das „Lehren“. Es tut das mit
verschiedenen Begriffen: z.B. Lehre,86 Überlieferung;87
Lehrer88 und lehren.89 Aus dem Neuen Testament erheben wir also, was mit Lehren gemeint ist.
2. Jesus als Lehrer
Jesus war ein großartiger Lehrer, der Tausende von Menschen mit seinen Worten fesseln konnte. Seine Lehre
(Mat 5,2) geschah in besonderer Autorität (Mat 7,29;
Mark 1,22).
Die Bergpredigt (Mat 5-7) ist ein Beispiel der Lehre
Jesu. Sie enthält unter anderem:
• Heilsverkündigung: die Seligpreisungen (Mat 5,3-12).
• Schriftauslegung: die Antithesen (Mat 5,21-48).90
• Anweisungen zur praktischen Frömmigkeit (Mat
6,1- 7,12).
Jesus lehrte zudem über:
• Die Herrschaft Gottes: Gleichnisreden (Mark 4,1f.).
• Seinen Tod und dessen Bedeutung (Mark 8,31).
Jesus lehrte die Menschenmassen (Mat 5,2; Mark 4,1f.)
oder die Jünger besonders (Mark 8,31; 9,31). Und er
trug seinen Jüngern auf, die Lehre weiterzutragen
(Mat 28,20).
Jesus lehrte also mit besonderer Autorität.
Griechisch „didaskalia“; „didache“.
Griechisch „paradosis“.
88
Griechisch „didaskalos“.
89
Griechisch „didasko“.
90
„Ihr habt gehört ... ich aber sage euch.“ Die Rabbinen verstanden
86
87
17
4. Lehre und Begabung
Als Apostel vereinigte Paulus verschiedene Dienste in
sich, unter anderem die Lehre (1Tim 2,7; 2Tim 1,11).
Auch in den Gemeinden gab es Lehrer (Apg 13,1; 1Kor
12,28f.). Nicht jeder Christ hat die Gabe der Lehre.
Sie ist eine wichtige Gnadengabe, die in allen drei Gabenkatalogen erwähnt wird (Röm 12,7; 1Kor 12,28f.;
Eph 4,11; vgl. 2Tim 2,2).
Die Lehrer in den Gemeinden haben eine besondere
Verantwortung, so dass Jakobus vor dem Ehrgeiz, Lehrer
zu werden, warnt (Jak 3,1). Diese Stelle zeigt, welchen
Einfluss Lehre und Lehrer in der Gemeinde hatten.
Die Lehrer sollten geachtet werden (Hebr 13,7).91 Sie
waren andererseits an die Lehre gebunden (Röm 12,7).
Diese Lehre sollte weitergegeben werden (2Tim 2,2).
5. Lehre und Leitung
Zu lehren war auch eine Aufgabe von Ältesten in der
Gemeinde (5,17; vgl. Apg 20,30), auch wenn man Lehre
nicht auf die Ältesten beschränken sollte. Darum sollten die Ältesten in der christlichen Lehre unterwiesen
sein (Tit 1,9) und zudem fähig, diese weiterzugeben
(1Tim 3,2; vgl. 2Tim 2,24). In diesen Zusammenhang
gehört auch Eph 4,11, wo die „Hirten und Lehrer“ eine
von den vier genannten Gruppen bezeichnen: Apostel,
Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer.92
6. Lehre im Gottesdienst
Für den neutestamentlichen Gottesdienst hat die Lehre
eine wichtige Rolle. Dies ergibt sich einerseits aus der
Bedeutung der Lehre überhaupt. Auf der anderen Seite
ist der urchristliche Gottesdienst stark vom Synagogengottesdienst inspiriert.93
Schon die Urgemeinde praktizierte Lehre als erstes
bestimmendes Element (Apg 2,42: Apostellehre). Auch
in den paulinischen Missionsgemeinden ist sie Teil des
Gottesdienstes (1Kor 14,6.26; Kol 3,16: „Wort Christi“,
gefolgt von lehren und ermahnen).
So wird die Gemeinde aufgerufen, sich gegenseitig zu
lehren (Kol 3,16), was ein eher allgemeiner Aufruf und
eine abgeschliffene Bedeutung des Begriffs „lehren“
ist.94
unter „lehren“ die Umsetzung des Gesetzes „in konkrete Anweisungen für das Leben des Einzelnen“. (Rengstorf, didasko, S. 140).
91
Die Elberfelder Bibel übersetzt hier „Führer“. Der Zusammenhang
zeigt, dass es sich um Lehrende handelt.
92
Im griechischen Text sind beide durch einen Artikel zusammengefasst, so dass wir es mit dem Stilmittel Hendiadyoin zu tun haben:
eine Sache wird durch zwei Begriffe bezeichnet. Die Aufgabe
des Hirten war den Ältesten/Bischöfen anbefohlen (Apg 20,28f.;
1Petr 5,2f.).
93
Vgl. Stuhlmacher, Philemon, S. 72f. (Verwandtschaft Hausgemeinde und Haussynagoge); Aune, „Worship, Early Christian“, ABD 6.
S. 973+978. Der Synagogengottesdienst umfasste neben liturgischen
Elementen („Zehn Gebote“; „Höre Israel“ [Das Schema]; „Lobsprüche“; „Gebet“; „Segen“) auch Schriftlesungen aus den Mosebüchern
und den Propheten. Einen wesentlichen Teil machte die Predigt aus
(Vgl. Riesner, „Synagoge“, S. 1512 und Betz, „Synagoge“, S. 1299).
94
Von Kol 3,16 aus auf eine „breite Palette von Bedeutungen“ zu
schließen, wie Kuen, Frau, S. 189, es tut, ist Willkür. Er verzichtet
leider auf jegliches Wortstudium zu diesem Begriff.
18
Das Lehren wird neben Ermahnen und Vorlesen (aus
dem AT) Timotheus als Aufgabe zugewiesen (1Tim 4,13).
Der Zusammenhang mit der „Schrift“ (dem Alten Testament) ist kein Zufall, diente doch das schriftliche Wort
Gottes als ergiebige Quelle der Lehre (2Tim 3,15-17).
Lehre bedeutet also auch Schriftauslegung.
7. Lehre in den Pastoralbriefen95
Besonders in den Briefen an Timotheus und Titus spielt
die Verteidigung der richtigen und gesunden Lehre
eine wesentliche Rolle, weil eine Irrlehre die Gemeinde bedrohte (z.B. 1Tim 1,10; 4,1). Die Irrlehre hatte
sogar Älteste der Gemeinde erfasst (vgl. Apg 20,30 und
1Tim 1,19f.)96, so dass Timotheus wieder neu Älteste
einsetzen musste (1Tim 3,1-7). Timotheus wird nun von
Paulus ermutigt, zu lehren und damit Autorität auszuüben (1Tim 4,6f.11.16; 6,2-5; 2Tim 2,15; 4,2). Mit Lehren
ist also auch das Ausüben von Autorität verbunden, weil
es um Wahrheit und Lüge, richtig und falsch geht.
8. Ergebnis
Lehre ist also nach dem Neuen Testament die Weitergabe einer autoritativen Botschaft. Diese Botschaft
umfasst:
• Auslegung der Schrift
• Heilsverkündigung
• Biblische Ordnungen
• Ethische Mahnungen.
Aufgrund des bindenden Inhalts ist Lehre auch eine
Aufgabe von Ältesten einer Gemeinde. Paulus versteht
nun das Zueinander von Mann und Frau in der „HauptStruktur“ (1Kor 11,3). Diese beinhaltet die Leiterschaft
des Mannes und die Unterordnung der Frau. Somit
schließt das Neue Testament die öffentliche Lehre einer
Gemeinde durch eine Frau aus (1Tim 2,12), weil sie
nicht Autorität über Männer ausüben soll.
Diese Einschränkung des Dienstes der Frau ist nach wie
vor aktuell. Und dies aus mehreren Gründen:
• Die Bibel bedarf auch heute der Zusammenschau
und Auslegung, um zu biblischer Lehre zu gelangen.
Die Lehre liegt nicht einfach handbuchartig vor.
• Die alte biblische Lehre muss auf immer neue Situationen und Herausforderungen der modernen Welt
angewendet werden und Antworten geben.
• Es gilt, von der Bibel her Weisungen für den christlichen Lebenswandel zu geben.
• Diese Ethik muss der veränderten Welt des 21. Jahrhunderts gerecht werden.
95
96
= „Hirtenbriefe“: Timotheusbriefe und Titusbrief.
Fee, 1Timothy, S. 7f.
H. Urchristliche Prophetie
1. Prophetie: Offenbarung und Deutung97
Folgendes Bild der Prophetie ergibt sich aus der Apostelgeschichte:
• Prophetie ist eine Wirkung des Heiligen Geistes
(13,2; 20,23).
• Prophetie beruht auf einer Offenbarung Gottes
(11,27f.).
• Neutestamentliche Gemeindepropheten sind nicht
unfehlbar98 (vgl. 21,10-14)99.
Dieses Bild fügt sich harmonisch mit dem zusammen,
was Paulus schreibt:
• Prophetie ist eine Geistesgabe (1Kor 12,10f.; 12,28;
14,1). Sie ist nicht jedem gegeben, weil der Geist
Gottes unterschiedliche Gaben verleiht.
• Der Prophetie liegt eine Offenbarung zugrunde
(1Kor 13,2; 14,24f.+29f.). Sie ist also (anders als
Lehre) nicht Schriftauslegung. Diese Offenbarung
führt jedoch nicht die apostolische Lehre fort, sondern hat in Übereinstimmung mit ihr zu sein (Röm
12,6).100
• Die Prophetie muss geprüft werden (1Kor 14,29;
1Thess 5,20f.). Dies muss sie, weil sich in der prophetischen Rede die menschliche Deutung mit der
göttlichen Offenbarung verbindet (z.B. bei Visionen). Darum kann eine Prophetie auch keine besondere Autorität für sich beanspruchen. Im Gegenteil!
Der Prophet unterliegt mit seiner Botschaft der Prüfung der ganzen Gemeinde.
2. Die Wirkung der Prophetie
Prophetie ist mehr als Vorhersage. Das war sie schon zu
alttestamentlicher Zeit nur begrenzt und ist sie auch in
neutestamentlicher Zeit nicht in erster Linie. Denn die
Wirkungen der Prophetie sind sehr praktisch.
• Prophetie bewirkt Unterstützung (Apg 11,27-30).
• Prophetie bewirkt Mission (Apg 13,1-2).
• Prophetie bewirkt, dass ein Mensch von seiner Sünde überführt wird (1Kor 14,24f.).
Behandelt wird die Gemeindeprophetie, nicht das Vorkommen
anderer Gebrauchsweisen des griech. Begriffs.
98
Dies gilt natürlich nicht für die Bücher des Alten und Neuen Testaments!
99
Agabus kündigt die Auslieferung des Paulus durch die Juden an. In
Wirklichkeit retteten die Römer Paulus vor den Juden.
100
„Dem Glauben gemäß“ bedeutet hier: „in Übereinstimmung mit
dem Glaubensgut“ (Die Reformatoren nannten dies „fides quae
creditur“ = „der Glaube, der geglaubt wird“). Die neutestamentliche Prophetie verletzt also nicht das reformatorische Schriftprinzip
oder die apostolische Lehrautorität.
• Prophetie bewirkt Erbauung,Tröstung und Ermahnung (1Kor 14,3), ist also zutiefst seelsorgerlich.101
• Prophetie bewirkt, dass Menschen etwas lernen
(1Kor 14,31).
3. Ergebnis
Folgende Ergebnisse können wir aus unserer Untersuchung der neutestamentlichen Prophetie festhalten:
• Prophetie geschieht aufgrund einer Offenbarung
Gottes.
• Der Prophet deutet diese Offenbarung mit eigenen
Worten.
• Darum muss die Prophetie geprüft werden.
• Die Prophetie muss mit der Lehre übereinstimmen
und darf diese nicht weiterführen. Der Prophet untersteht der Lehrautorität der Apostel. Übertragen
heißt das: er untersteht dem Neuen Testament als
apostolischer Lehre.
• Frauen sind als Prophetinnen bezeugt und wirken
als solche im Gottesdienst mit (1Kor 11,5).
Frauen können deshalb als Prophetinnen in der Gemeinde wirken, weil diese Tätigkeit die „Haupt-Struktur“ zwischen Mann und Frau nicht verletzt. Prophetie
ist ja nicht autoritativ, sondern untersteht der Prüfung
der Gemeinde und der Lehre.
4. Lehre und Prophetie
Lehre und Prophetie sind im Neuen Testament zwei zu
unterscheidende Phänomene.
• Lehre ist bindend (wenn sie biblisch ist). Sie gilt für
alle immer und überall. Sie ist mit der Ausübung von
Autorität über die Gemeinde verbunden.
• Prophetie ist nicht bindend. Sie untersteht der Autorität der Gemeinde.
Das Lehrverbot, das Paulus den Frauen gegenüber ausspricht, hängt mit dem Ausüben von Leiterschaft über
Männer zusammen (1Tim 2,12; vgl. die Auslegung). Im
Gottesdienst wird den Frauen nicht jegliches Reden,
sondern das autoritative Reden untersagt. Wenn wir
nun die Begriffe „Lehre“ und „Prophetie“ anwenden,
ist deutlich, dass eine Frau im Gottesdienst sehr wohl
beteiligt ist und sein soll, solange sie damit nicht „LehrAutorität“ über Männer ausübt.
97
101
Man sollte sich nun jedoch vor dem Fehler hüten, und Prophetie
mit Seelsorge gleichsetzen zu wollen oder mit Predigt, nur weil bei
einer Predigt auch Menschen erbaut werden. Erbauung ist hoffentlich auch mit Lehre verbunden!
19
V. Exegesen
A. 1. Korinther 11,2-16
1. Der Zusammenhang (literarischer Kontext)
Paulus antwortet im zweiten Hauptteil des 1Kor auf
einen Brief der Gemeinde von Korinth (7,1). Er behandelt Fragen bezüglich der Ehe (Kap 7), des Götzenopferfleisches (8,1 – 11,1), des Gottesdienstes
(11,2 – 14,40), sowie bezüglich der Auferstehung
(Kap 15).
11,2-16 eröffnet also den großen Abschnitt über den
Gottesdienst. Dieser Abschnitt ist nun folgendermaßen
gestaltet:
• Mann und Frau im Gottesdienst (11,2-16)
• Abendmahl (11,17-34)
• Gaben im Gottesdienst (12-14).
2. Öffentlicher Gottesdienst oder Hausversammlung?
Zwei widerstrebende Situationen sind für den Hintergrund von 1Kor 11,2-16 angenommen worden:
a. Hausversammlung
b. Gemeindegottesdienst.
Zu a.) Hausversammlung
Philipp Bachmann sieht im Hintergrund des Abschnitts
eine Hausversammlung, etwa eine Hausandacht.102 Der
Abschnitt über den Gemeindegottesdienst beginne erst
in V 17. Diese Auslegung hat den Vorteil, dass man auf
einfachem Wege 1Kor 11 und 1 Kor 14 harmonisieren
kann.
Doch sprechen zu viele Gründe dagegen, dass wir es in
1Kor 11 lediglich mit einer Hausandacht zu tun haben:
• Prophetie kommt in beiden Kapiteln und auch anderswo (z.B. Apg 13,1-2) im Gemeindegottesdienst
vor.
• 11,2 und 11,17 ähneln sich sehr. Warum sollte dann
11,2 völlig anders zu verstehen sein als 11,17 (Gemeindegottesdienst)?
• V 16 nennt ausdrücklich die Gemeinden Gottes.
Welchen Sinn hätte die allgemeine Gemeindesitte in
Bezug auf eine Hausandacht?
• Warum sollte Paulus eine solch ausführliche Weisung für den Schleier bei der Hausandacht geben?
Die Kopfbedeckung war gerade Zeichen für den
Anstand der römischen Frau in der Öffentlichkeit,
nicht aber im Hause.
• Der korinthische Gottesdienst war eine öffentliche
Veranstaltung, an der Fremde teilnahmen (14,23).
Daher plädiert Paulus für den öffentlichen Anstand
im Gottesdienst (Kopfbedeckung).
• 1Kor 14,33b-36 meint kein absolutes Schweigen,
sondern lehnt das Beurteilen der Prophetie ab.103 Es
Bachmann, 1Korinther, S. 346-347. Ähnlich Neuer, Mann und
Frau, S. 109, 197f. mit dem Ziel, 1Kor 11 (beten, prophezeien) mit
1Kor 14 (schweigen) zu harmonisieren.
103
Vgl. Auch die Auslegung zu 1Kor 14,35.
ist also unnötig, die prophetische Rede der Frau nur
auf eine Hausandacht zu beziehen.
Zu b.) Gemeindegottesdienst
Allgemein nehmen die Ausleger an, dass der Hintergrund in einem Gemeindegottesdienst besteht.
• Der ganze Zusammenhang von Kap 11-14 deutet
auf Gemeindegottesdienste. Mit der Weisung in
14,40 kommt Paulus an den Ausgangspunkt (11,4-5)
zurück.
• Prophetie und Gebet sind offensichtlich Elemente
des Gemeindegottesdienstes (1Kor 14,3-5+15).104
• Dabei sollte die Prophetie der Erbauung aller dienen (1Kor 14,1-5). Selbst ungläubige Besucher einer
Versammlung konnten durch Prophetie mit Gottes
Willen konfrontiert werden (14,24f.).
3. Kopfbedeckung oder Haarfrisur?
Bestritten wurde weiterhin, ob es in 1Kor 11 überhaupt
um den Gebrauch einer Kopfbedeckung geht oder
nicht. So sind zwei widerstreitende Ansichten vertreten
worden:
a. Haarfrisur
b. Kopfbedeckung.
Zu a.) Haarfrisur
Schrage vertritt die Anschauung, dass griechische Frauen der damaligen Zeit gar nicht zum Tragen des Schleiers verpflichtet waren. Eher wiesen die Weisungen des
Paulus auf die Sitte hin, dass Frauen bei religiösen Festen ihre Haare öffneten.105 Dies habe auch auf den korinthischen Gottesdienst abgefärbt. So verlange Paulus
von den korinthischen Frauen gar nicht, dass sie ihren
Kopf bedeckten, sondern lediglich, dass sie ihr Haar
nicht frei herunterfallen ließen.
• Diese Auslegung kann für sich V 15 geltend machen,
wonach das Haar der Frau als Kopfbedeckung dient.
Ein weiterer „Schleier“ sei nicht nötig.
• Außerdem könnte auf die griechische Sitte verwiesen werden, die von der Frau in der Öffentlichkeit
keinen Schleier forderte.
• Und dann stehe das griechische Wort für „unbedeckt“ (V 5) in 3Mos 13,45106 für „frei flatternde
Haare“.
Doch müssen gegen diese Anschauung erhebliche Einwände erhoben werden.
• Die griechisch-römische Welt kannte den Gebrauch
von Kopfbedeckungen sehr wohl.
• Im Abschnitt ist nicht nur vom „unbedeckten
Haupt“ die Rede (V 5), sondern auch davon, das
Haupt zu bedecken (V 6). Zudem wird V 4 von den
102
20
Zum Gebet speziell siehe 14,15.
Schrage, 1Korinther II, S. 493f.
106
Im Text der griechischen Übersetzung des AT, Septuaginta.
104
105
meisten Auslegern auch auf eine Kopfbedeckung
bezogen.
• Die betreffenden Worte werden nach ihrem natürlichen Sinn auf eine Kopfbedeckung zu beziehen
sein. Wie hätten die Korinther die weit hergeholte
Sonderbedeutung von „unbedeckt“ = „frei flatternd“
verstehen können?
Zu b) Kopfbedeckung
Die überwältigende Mehrheit der Ausleger meint deshalb, dass es in 1Kor 11,2-16 um eine Kopfbedeckung
geht. Zu deutlich sind die Hinweise im Text:
V 4.5.6.10.13.15. Und auch der Hintergrund deutet
in diese Richtung.
4. Exkurs: Zur Sitte der Kopfbedeckung
in Korinth
Für Korinth waren zur Zeit des Paulus eher römische
als griechische Sitten maßgebend.107 Während von der
griechischen Ehefrau nicht erwartet wurde, dass sie in
der Öffentlichkeit eine Kopfbedeckung trug,108 galt anderes für die Römerin: der Schleier drückte Ehrbarkeit
aus.109 Paulus knüpft offensichtlich an die in Korinth
übliche Sitte der Kopfbedeckung für die Frau an, wenn
er die Christinnen in der Gemeinde dazu auffordert.
Die Kopfbedeckung war kein „Kopftuch“, auch war
die Frau nicht „verschleiert“. Ihr Haar war etwa bis zur
Hälfte von hinten her bedeckt, entweder durch das
hochgezogene Gewand oder ein Leinentuch.
Für jüdische Frauen war die Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit moralische Pflicht. Mit entblößtem Haupt in
der Öffentlichkeit zu erscheinen galt als „Schandbares“
(5Mos 24,1) und damit als Scheidungsgrund.110
Römische Männer bedeckten in der Öffentlichkeit üblicherweise ihr Haupt nicht. Anders war es bei Opferungen und Gebet, wo sie einen Teil der Toga über ihren
Kopf zogen und ihn so bedeckten.111
Die Situation in Korinth wird in etwa folgendermaßen gewesen sein: Vermutlich war die Gemeinde
in Korinth von der allgemeinen Sitte abgerückt, dass
Frauen in der Öffentlichkeit ihr Haupt bedeckten, weil
Wolff, 1Korinther, S. 67f., Anmerkung 18. Korinth wurde von Caesar 44 v.Chr. als römische Kolonie wieder aufgebaut. Viele Römer
siedelten dort. Zur Zeit des Paulus war es Gouverneurssitz (vgl.
Riesner, Korinth, S. 816f.). Als Hafen- und Handelsstadt siedelten
Menschen aus aller Herren Länder dort. Die überwiegende Mehrzahl von Inschriften aus der Zeit des Paulus wurde in Lateinisch,
nicht in Griechisch verfasst (vgl.Thiselton First Corinthians, S. 6
und 801; Thompson, Hairstyles, S. 100).
108
So nachdrücklich Schrage, 1Korinther II, S. 491f. mit Hinweis auf
Delling, Stellung, S. 97-101. Vgl. auch Oepke, katakalypto, S. 564.
Nach Delling (anders als nach Schrage) geht es Paulus jedoch um
die Sitte des Schleiers, nicht der Haartracht (ebd.).
109
So berichtet Plutarch gegen Ende des 1. Jahrhunderts von der
römischen Sitte: „Normalerweise treten in der Öffentlichkeit Frauen mit bedecktem Kopf und Männer mit unbedecktem Kopf auf.“
(Zitiert nach Fee, Korintherbriefe, S. 227).
110
Billerbeck, Kommentar III, S. 427. Jüdische Männer bedeckten
zur Zeit des Paulus ihren Kopf wohl noch nicht beim Beten [und
auch nicht in der Öffentlichkeit] (Billerbeck, Kommentar III, S.
424).
111
Münzen und Marmorbilder belegen diese Sitte auch für Korinth
(Thompson, Hairstyles, S. 101-104; vgl.Thiselton, First Corinthians, S. 825).
107
sie die Freiheit und die Erkenntnis des Einzelnen in den
Mittelpunkt gerückt hatte.112 Paulus legt dagegen ebenso Wert auf die Gemeinsamkeit der Christen (V 16), auf
Ehrbarkeit (V 4-6.13) und auf das Zeugnis nach außen
(5,10; 6,1; 14,23). Wenn Christen allgemeine gute Sitten
ignorieren, stehen sie in der Gefahr, sektiererisch zu
werden. Dem will Paulus vorbeugen. Außerdem scheinen die Korinther das Zueinander von Mann und Frau
nicht (mehr) biblisch verstanden zu haben, so dass Paulus ihr Missverständnis ausführlich korrigieren musste
(V 3.7-9.11-12).
5. Kein Schleier in Korinth?
Eine andere Auslegung des Abschnitts vertritt Thomas
Schirrmacher in einem Buch, das den vielsagenden
Titel trägt: Paulus im Kampf gegen den Schleier113.
Paulus argumentiere gar nicht dafür, dass die Frau eine
Kopfbedeckung trage, sondern dagegen. Die für diese
These problematischen Verse 4-9 seien nicht Anweisung des Apostels, sondern ein Zitat der Korinther. Sie
hätten den Schleier aus einem Missverständnis heraus
praktiziert (V 4-9 gäben Zeugnis davon). Paulus jedoch
schaffe ihn wieder ab.
So ehrenvoll Schirrmachers Versuch auch sein mag,114
er scheitert an einer unüberwindlichen Hürde: Ein Zitat
von 6 Versen Länge anzunehmen (V 4-9!), ist reine Spekulation. Und auf Vermutungen kann man keine Thesengebäude errichten, weil sie in sich zusammenfallen.
Die Grundlage ist falsch, oder, was noch schlimmer ist,
nicht vorhanden.115
6. Aufbau
Paulus gibt nicht einfach eine Anweisung aufgrund
seiner Autorität als Apostel und Vater der Gemeinde in
Korinth, sondern er begründet die Ordnung im Gottesdienst ausführlich.
• V 2: Einführung zum Thema Gemeinde (Kap 11-14)
• V 3: Theologischer Grundsatz: „Haupt-Struktur“
• V 4-6: Die Weisung: Mann und Frau im Gottesdienst
• V 7-10: Schöpfungstheologische Begründung für das
Zueinander von Mann und Frau (V 7-9) mit Schlussfolgerung für die Frau (V 10)
• V 11-12: Positive Begründung für das Zueinander
von Mann und Frau
• V 13-15: Die Kopfbedeckung als „natürliches“ Unterscheidungsmerkmal
• V 16: Die Einheit der Kirche Christi.
Vgl. die Zitate oder Anknüpfungen an die Situation in Korinth in
6,12; 8,1; 10,29.
113
Schirrmacher, Paulus im Kampf gegen den Schleier, Bonn,
1993, S. 20-26
114
Schirrmachers Buch hat nachweislich Christen geholfen, mit dem
scheinbaren Kopftuchzwang von 1Kor 11 auf geistliche Weise
fertig zu werden.
115
Zu der von Schirrmacher angenommenen Zitattheorie ist folgendes anzumerken: Selbstverständlich kann man Zitate der Korinther
in 1Kor nicht ausschließen. Die Ausleger gehen z.B. bei 6,12 und
wenigen anderen Versen davon aus. Doch gelten für die Annahme
von Zitaten folgende Regeln: 1. Sie müssen kurz sein (ansonsten
sind sie zu sehr dem persönlichen Geschmack des Auslegers unterworfen, Zitate finden zu wollen oder nicht); 2. Sie müssen typisch
für die Situation sein und 3. Sie sollten mehrmals vorkommen. All
dies trifft für 1Kor 11 nicht zu. Zitate von 6 Versen Länge anzunehmen, öffnet dem Missverständnis jedes Textes Tür und Tor. Vgl.
auch Thiselton, First Corinthians, S. 833: Zitate seien bündig!
112
21
7. Einführung zum Thema Gottesdienst (V 2)
Nachdem Paulus das Thema Götzenopferfleisch abgeschlossen hat (8,1 – 11,1), kommt er nun zum Thema
Gottesdienst. Vermutlich beziehen sich die „Überlieferungen“116 auf Lehren und Weisungen des Apostels in
Bezug auf den Gottesdienst. Sein Lob ist allgemein und
schließt Tadel an der einen oder anderen Stelle nicht
aus (V 17 u.a.).117
8. Der Theologische Grundsatz:
die „Haupt-Struktur“ (V 3)
Vers 3 legt die Grundlage zur Argumentation. Bevor
Paulus das Verhalten von Mann und Frau im Gottesdienst thematisiert, bindet er beide in eine Beziehung
zueinander ein:
• Christus ist das Haupt des Mannes.
• Der Mann ist das Haupt der Frau.
• Gott ist das Haupt Christi.
Paulus begründet also das Zueinander von Mann und
Frau mit einem Blick auf das Zueinander von Christus und dem Vater im Himmel. Die Beziehung in der
Gottheit fungiert gewissermaßen als Modell für die
Beziehung der Geschlechter. Paulus legt diese so weitgehende theologische Grundlage offensichtlich, weil
das Problem nicht lediglich in einer Kleiderordnung
bestand, sondern im tiefen Grunde im Verhältnis von
Mann und Frau. Dieses Zueinander drückt Paulus durch
den Begriff „Haupt“ aus (griechisch kephale). Kephale meint zunächst einfach den Kopf.118 Dann hat es
aber noch weitere übertragene Bedeutungen. Für unseren Abschnitt sind drei Sinnrichtungen vorgeschlagen
worden:
a. Haupt = Oberhaupt119
b. Haupt = Quelle; Ursprung120
c. Haupt = Das Hervorragende121
Weil das Verständnis dieses Begriffes wegweisend für
die Auslegung des ganzen Abschnittes ist, wollen wir
die 3 Vorschläge näher untersuchen (Punkte 9-11).
9. Haupt = Quelle? (im Sinn einer Herkunftsstruktur)
Gordon Fee meint, dass „Quelle“ die einzige Bedeutung
ist, welche die Korinther hätten verstehen können. Dies
sagt er unter dem Hinweis, dass der normale griechische Sprachgebrauch eben nicht Oberhaupt bedeutet
habe.122 Selbst wenn man zugibt, dass die Bedeutung
Der Begriff wird im NT für Überlieferungen verwendet, die Lehre
oder Leben betreffen (2Thess 2,15; 3,5).
117
Paulus muss im Verlauf der Kap 11-14 frappierende Missstände in
Bezug auf weibliche (und männliche) Sitte, auf Abendmahl und
Profilierungssucht im Gottesdienst kritisieren.
118
Paulus benennt also nebenbei auch gleich den „Ort des Geschehens“: Kopfbedeckung – ja oder nein.
119
Wolff, 1Korinther, S. 70: „Herrschaft“, „Ehrerweisung“; Schreiner,
Head Coverings, S. 127-130; Grudem, Kephale, S. 425-468. Vgl.
Schlier, kephale, S. 678.
120
Barrett, 1Korinther, S. 287; Fee, First Corinthians, S. 502-505.
Dieser Bedeutung haben sich auch Marilyn Smith und Ingrid Kern
(Hrsg.) angeschlossen (Ohne Unterschied, S. 76-78).
121
Lindemann, 1Korinther, S. 240; Thiselton, First Corinthians,
S. 816-823.
122
Fee, First Corinthians, S. 503. Die mögliche Bedeutung „Quelle“
belegt er mit einigen Beispielen aus dem außerbiblischen Griechisch. Für unseren Text verweist Fee auf V 8, wo vom Mann als Ursprung der Frau die Rede ist. Zudem unterstützt er sein Argument
mit Verweis auf Kol 1,18.
116
22
„Quelle“ außerbiblisch bezeugt wäre, muss man dies
für das NT ablehnen. Und zwar aus folgenden Gründen:
• Praktisch kein Wörterbuch verzeichnet diese Bedeutung.
• Die Bedeutung Quelle lässt sich insgesamt nur
schwer belegen und ist, wenn überhaupt, spärlich
bezeugt.123
• Vers 8 definiert nicht die Bedeutung von kephale,
sondern begründet die theologischen Aussagen von
V 3-6 insgesamt: Weil der Mann Ursprung der Frau
ist, ist er auch ihr Haupt.
• In Kol 1,18 kann man kephale kaum mit Quelle
übersetzen, weil es um den Vorrang Christi geht,
nicht um den Ursprung der Gemeinde.
10. Haupt = Das Hervorragende?
Nach dieser Auffassung ist mit kephale keine Hierarchie verbunden. Kephale stehe für das „Hervorragende“ oder „Höchste“. Mit dem Begriff sei an dieser Stelle
eher ein partnerschaftliches Verhältnis der Geschlechter, das auf Gegenseitigkeit beruht, gemeint. Diese
Auffassung hat den Vorteil, dass sie im außerbiblischen
Griechisch belegt ist, wo Kephale öfter das Höchste
und Erste oder ähnliches bezeichnen kann. In V 11-12
redet Paulus auch deutlich von keiner Hierarchie. Beide,
Mann und Frau, sind aufeinander angewiesen. Dennoch
muss diese Auslegung zurückgewiesen werden:
• Auch das Verhältnis von Christus und Mann wird
durch „Haupt“ ausgedrückt. Von Gegenseitigkeit wie
bei Mann und Frau kann in der Christusbeziehung
keine Rede sein.
• Verse 11 und 12 sind eine nötige Ergänzung zu
V 7-9. Diese Verse könnten sonst missverstanden
werden. V 11f. also für die Begriffsbestimmung von
kephale heranzuziehen, ist nicht statthaft.
• Die übrigen Belege des NT weisen in eine andere
Richtung (siehe unten!).
• Es ist auch nicht klar, wie sich eigentlich Gegenseitigkeit aus dem Gebrauch von kephale ableiten
lässt. Gegenseitigkeit ist jedenfalls kein Sinn, den
kephale trägt.
11. Haupt = Oberhaupt (im Sinn einer Autoritätsstruktur)
Diese Bedeutung entspricht dem traditionellen Verständnis von 1Kor 11. Christus ist das Oberhaupt des
Mannes, der Mann das Oberhaupt der Frau, der Vater
das Oberhaupt Christi. Obwohl diese Auslegung von
Fee als unmöglich zurückgewiesen wird,124 hat sie die
weitaus besten Argumente auf ihrer Seite:
• Kephale kann auch im außerbiblischen Griechisch
den Sinn von „das Bestimmende“ haben.
• Die griechische Übersetzung des AT (Septuaginta),
die für Juden in der Diaspora maßgeblich war, ver-
Jedenfalls darf man kaum wie Fee übertreibend sagen, dass die
Korinther nur diese Bedeutung hätten verstehen können (Vgl.
Thiselton, First Corinthians, S. 815).
124
Fee, First Corinthians, S. 502f. Vgl. auch Smith/Kern (Hrsg.),
Ohne Unterschied, S. 77.
123
wendet das Wort an mehreren Stellen im Sinne von
„Oberhaupt“, „Leiter“.125
• Die griechischen Wörterbücher zum NT fassen diese Stellen so auf.126
• Der paulinische Sprachgebrauch deutet klar in diese
Richtung. So ist der himmlische Christus nun Herr
aller Mächte und von Gott zum Haupt über alles gemacht (Eph 1,22); er ist Haupt jeder Herrschaft und
Gewalt (Kol 2,10). Er ist Haupt der Gemeinde, die
sich ihm unterordnet (Eph 5,23f.). Deshalb sollen
sich auch die Frauen den Männern als ihrem Haupt
unterordnen (Eph 5,20-22). Man kann hier kephale
nicht anders verstehen denn als Oberhaupt.127
• Die Ablehnung der Bedeutung „Oberhaupt“ im
Hinblick auf die göttliche Vater-Sohn-Beziehung
verfängt nicht. Christus ordnete im irdischen Leben
ständig seinen Willen dem Vater unter (vgl. Phil 2,8:
„Er wurde gehorsam bis zum Tode“[!]). Zudem
wird er am Ende der Zeit sich selbst dem Vater
unterordnen, wie Paulus im selben Brief feststellt
(1Kor 15,28).128
• Paulus lehrt auch anderswo das Hauptsein des Mannes und die Unterordnung der Frau (Eph 5,22-23;
Kol 3,18). Warum sollte in 1Kor 11 auf einmal alles
anders sein?
Wir können also davon ausgehen, mit der Übersetzung
„Oberhaupt“ den Sinn zu treffen, den Paulus dem Wort
kephale geben wollte. Doch was heißt das nun?
12. Die „Haupt-Struktur“ (V 3)
Die Korinther hatten das Zueinander von Mann und
Frau missverstanden. In Christus war für sie die Unterscheidung der Geschlechter hinfällig geworden. Diesen
Irrtum rückt Paulus wieder gerade. Mann und Frau sind
unterschiedlich. Der Mann ist Haupt der Frau. Dies ist
eine Schöpfungsordnung, die durch die Erlösung in
Christus nicht aufgehoben wird.129 In diese Struktur
sollen sich Mann und Frau einordnen.
Der Mann ist das Haupt der Frau – dieser Satz könnte
leicht missverstanden werden. Deshalb federt Paulus
ihn gut ab. Denn Hauptsein bedeutet keinen Despotismus, sondern ist Leitung in Liebe und Fürsorge. Das
zeigt der doppelte Hinweis auf Christus, der diesen
Vgl. Rich 11,11; 2Sam 22,44; Jes 7,8; Kgl 1,5. Diese Stellen gibt
auch Fee zu. Auch Thiselton bestätigt die hohe Bedeutung des
Septuagintagebrauchs für unsere Diskussion (Thiselton, First
Corinthians, S. 812f.).
126
Bauer/Aland, Wörterbuch, S. 875, Nr. 2a: „Oberhaupt“ im „Verhältnis der Überordnung“; ebenso Rehkopf, Wörterbuch, S. 569;
Louw/Nida, Lexicon, S. 739, Nr. 87.51: „Jemand von hohem ... Status, im Blick auf Autorität, Anordnungen zu geben oder Weisungen
zu erteilen.“ (Übersetzung: K.R.). Alle auch mit Blick auf 1Kor 11!
127
So auch Lattke, kephale, Sp. 704, sowie 706f. Wenn Smith und
Kern (Hrsg.) Eph 5,21-33 als eindeutige Definition von kephale
als Lebensquelle [!] bezeichnen, verlassen sie den Boden seriöser
Methodik (Ohne Unterschied, S. 77).
128
Vgl. Schreiner, Head Coverings, S. 128-130: keine wesensmäßige
Unterordnung, sondern eine in Bezug auf Respekt (S. 130).
129
In V 11 argumentiert Paulus mit der Erlösungsordnung: „im Herrn“
(= Jesus Christus).
125
Satz umhüllt. Christus ist als Schöpfungsmittler (vgl. Kol
1,15-17) das Haupt des Mannes geworden.130 Implizit
ist hier schon ein Hinweis auf 1Mos 2 zu finden. Der
Mann ist also nicht selbstherrlich. Er hat ein Haupt über
sich. Er kann nur in Demut Leiterschaft üben.
Als ob das noch nicht genug wäre, folgt in der dritten
Zeile die endgültige Ausräumung aller Missverständnisse. Die Frau soll sich auf keinen Fall minderwertig fühlen. Denn selbst Christus hat ein Haupt über sich, nämlich den Vater. Diesem ordnet er sich nicht unter, weil
er schwächer oder minderwertiger wäre (er ist ja der
Schöpfungsmittler!). Dem Vater ordnet er sich freiwillig
und aus Liebe unter. So ist die Frau also gleichwertig
mit dem Mann wie der Sohn mit dem Vater. Dennoch
akzeptiert sie das Hauptsein des Mannes wie Christus
das Hauptsein des Vaters.131
13. Die Weisung: Mann und Frau im Gottesdienst
(V 4-6)
Paulus spricht nun Männer und Frauen auf ihr Verhalten im Gottesdienst an. Beide werden zunächst auf gleiche Weise angeredet:
• Der Mann betet und prophezeit mit bedecktem
Haupt und schändet so sein Haupt (V 4).132
• Die Frau betet und prophezeit mit unbedecktem
Haupt und schändet so ihr Haupt (V 5).
V 5c und 6 enthalten dann noch eine spezielle Begründung für die Frau. Im Hintergrund aller Verse steht der
Gedanke von Ehre (vgl. zu V 7+8) und Schande. Mann
und Frau sollen tun, was sich gehört und damit ihrem
Haupt keine Schande bereiten.
14. Der Mann im Gottesdienst (V 4)
Beten und prophetisch reden sind zwei Grundäußerungen des urchristlichen Gottesdienstes (vgl. Kap 14).
Beten ist das Reden zu Gott und Prophetie die Rede
zu Menschen. Sie zeigen die beiden Zielrichtungen des
christlichen Gottesdienstes an: Gott und Menschen.
Vom Beten ist hier ganz allgemein die Rede.133 Die Frage ist hier nicht, ob der Mann es tut, sondern wie er es
tut. Er soll sein Haupt beim Beten nicht bedecken.134 DiFee möchte hier eine Erlösungsordnung sehen. (First Corinthians, S. 504; vgl. auch 505: Verhältnis Vater-Sohn). Doch ist nicht
einzusehen, warum Paulus zwischen Erlösungs- und Schöpfungsordnung hin – und herschwenkt. Zudem würde Christus durch die
Erlösung kaum nur das Haupt des Mannes allein, sondern auch der
Frau.
131
Manche meinen, Paulus rede in diesem Abschnitt von Eheleuten.
Doch zum einen spricht der Text vom Gottesdienst, nicht der Ehe,
zweitens wird dieser Gedanke nirgends im Text angedeutet. Und
drittens vertreten die Ausleger in überwältigender Mehrheit eine
andere Sicht.
132
Eine Frage ist, ob Paulus den Mann nur als „Kontrastfolie“ zur Frau
behandelt, ohne dass er denkt, dass Männer tatsächlich beim Beten
ihren Kopf bedecken würden (so Fee, First Corinthians, S. 495f.
und Schrage, 1Korinther II, S. 504, besonders Anmerkung 94)
oder ob die Aussagen die Männer betreffend auch einen tatsächlichen Missstand in der Gemeinde ansprechen (so Thiselton, First
Corinthians, S. 825).
133
Deshalb sollte der Sinn auch nicht willkürlich auf das Sprachengebet verengt werden. Nichts im Text deutet darauf hin.
134
So vom Kontext her der offensichtliche Sinn der etwas ungewöhnlichen griechischen Wendung „kata kephales echon“; so auch
Bauer/Aland, Wörterbuch, Sp. 823: „etwas auf dem Haupte haben“; vgl.Thiselton, First Corinthians, S. 823-825, besonders 825.
130
23
rekt spricht Paulus zwar kein Verbot für den Mann aus,
sein Haupt zu bedecken.Trotzdem ist der Sinn deutlich.
Denn das Bedecken135 würde sein Haupt schänden.136
Wahrscheinlich ist hier Haupt in doppeltem Sinne aufzufassen:137
• Der Mann würde seinen Kopf und damit sich selbst
entehren. Er würde sich Schande bereiten, weil er
den Unterschied der Geschlechter nicht wahrt.
• Damit würde er aber auch Christus als seinem
Haupt, durch den er als Mann geschaffen wurde,
Unehre bereiten.
15. Die Frau im Gottesdienst (V 5)
Auch die Frau beteiligt sich am Gottesdienst. Diese
Praxis setzt Paulus voraus und kritisiert sie auch im
ganzen Abschnitt nicht.138 Dass Paulus also eine aktive
Beteiligung der Frau am Gottesdienst nicht wünscht,
lässt sich von diesem Vers aus nicht halten. Frauen sind
begabt (Prophetie) und eingeladen, den Gottesdienst zu
bereichern. Dennoch sind die Unterschiede zwischen
den Geschlechtern in der Gemeinde nicht aufgehoben.
Sie sind Schöpfungsordnung und werden von der Erlösungsordnung nicht abgeschafft. Deshalb soll die Frau
auch nicht meinen, im Dienst könne sie die Weiblichkeit aufgeben. So fordert Paulus die Frau dazu auf, die
übliche Kopfbedeckung zu tragen.139 Sie war Zeichen
für ihre Ehre als Frau. Darum bereitet sie ihrem Haupt
auch Unehre, wenn sie die Kopfbedeckung weglässt.
Wiederum sind mit dem „Haupt“ wohl zwei Brennpunkte im Blick:
• Sie schändet ihren Kopf. Sie raubt sich selbst als
Frau ihre Ehre, weil sie das Zeichen ihrer Ehre nicht
mehr gebraucht.
• Gleichzeitig bereitet sie ihrem Haupt, nämlich ihrem Mann, Unehre. Denn ihre schöpfungsgemäße
Bestimmung ist, Ehre für den Mann zu sein (V 7;
Luther: „Abglanz“).
Um den Aspekt der Schande noch zu verstärken, fügt
Paulus einen krassen Vergleich hinzu: Ohne Schleier
ist die Frau wie eine Geschorene.140 Damit wäre die
Ehre der Frau dann völlig dahin. Die Frauen sind an der
Dieselbe griechische Ausdrucksweise bezeichnet in Est 6,12 (Septuaginta) eine Kopfbedeckung.
136
Entweder stellt Paulus den Mann nur als hypothetischen Fall vor,
um ein Gleichgewicht zu seiner eigentlichen Weisung an die
Frauen zu schaffen oder er weist die römische Sitte zurück, nach
der sich Männer beim Opfer und Gebet bedeckten. Das erstere ist
wahrscheinlicher: 1. Sonst müssten wir bei den Frauen auch einen
entsprechenden Hintergrund annehmen, die Kopfbedeckung zu
entfernen; 2. Die theologischen Begründungen für das Zueinander
von Mann und Frau wären gegenstandslos (vgl. Anmerkung 57).
137
Anders Schrage: „Die Entehrung kann sich nur auf Christus beziehen.“ (1Korinther, S. 507).
138
Warum sollte Paulus das Wie, die Methode, korrigieren, wenn er
das Was, die Sache, ablehnt? Zur Auslegung von 1Kor 14,34 siehe
zur Stelle.
139
Zur Kopfbedeckung vgl. den Exkurs unter Nr. 4: Zur Kopfbedeckung in Korinth.
140
Oft ist noch die Auslegung zu hören, dass ein geschorener Kopf
damals eine Prostituierte auszeichnete. Diese Ansicht wird von den
Auslegern heute abgelehnt, weil sie schlicht nicht nachweisbar ist
(vgl. Fee, First Corinthians, S. 511, Anmerkung 80). Eher drückt
135
24
Weggabelung (Kopfbedeckung) in die falsche Richtung
gegangen (Männlichkeit). Paulus zeigt ihnen, wohin der
Weg am Ende führt (geschorener Kopf). Die Frau ist als
Frau in die Nachfolge und den Dienst für den Herrn
berufen, wie der Mann als Mann. Sie muss ihre Fraulichkeit nicht ablegen, wenn sie dem Herrn dient. Ja, sie
soll es auch nicht.
16. Haare bedecken oder abschneiden (V 6)
Männer trugen in Korinth einen typisch römischen
Kurzhaarschnitt. Diese Sitte greift Paulus nun auf und
wendet sie in sarkastischer Weise auf die Frauen an,
die ihre Kopfbedeckung abgelegt hatten:141 „Wenn ihr
schon den Kopf wie die Männer entblößt, könnt ihr
Euch auch gleich die entsprechende Frisur zulegen! Ihr
wollt wie Männer sein? Dann aber richtig!“ Damit wäre
dann die Schändung ihres Kopfes auf die Spitze getrieben. Die Attribute ihrer Weiblichkeit wären dahin: keine
Kopfbedeckung mehr als Zeichen ihrer Ehre, keine Haare mehr als Zeichen ihrer Weiblichkeit und das für jedermann sichtbar! Und wie peinlich für den Ehemann!
Es wäre Schande für ihr Haupt im doppelten Sinne. Die
Worte des Paulus müssen bei den Korintherinnen einen
Schock hervorgerufen haben. Wenn es also für eine
Frau schändlich war, einen Kurzhaarschnitt oder eine
Rasur zu haben, sollte sie sich lieber bedecken.
17. Die Schöpfungstheologische Begründung
(V 7-10)
Paulus begründet142 nun seine Weisung, dass nur die
Frau, nicht aber der Mann eine Kopfbedeckung tragen
solle. Und er tut dies mit der Schöpfung.143 Die Frau
handelt nicht unabhängig vom Mann, sondern sie ist
auf den Mann bezogen. Mann und Frau sind unterschiedlich, aber sie sind aufeinander angelegt. So lehren
es die Kapitel 1 und 2 in 1Mose. Beide zieht Paulus hier
heran.
18. Der Mann als Ebenbild Gottes –
die Frau als seine Ehre (V 7)
Mann und Frau sind unterschiedlich – und sie gehören
zusammen. Mit zwei Aussagen macht Paulus dies deutlich:
• Der Mann ist Ebenbild und Ehre für Gott (Abglanz
Gottes).
• Die Frau ist Ehre für den Mann
(Abglanz des Mannes).
der geschorene Kopf einer Frau eine männische Art aus. (ebd., Anmerkung 81). Vielleicht schwingt auch ein negativer Ton aus der
lesbischen Ecke mit, wo ein geschorener Kopf bezeugt ist (ebd.;
Thiselton, First Corinthians, S. 832).Thiselton: Ein geschorener
Kopf stehe für Geschlechtslosigkeit (First Corinthians, S. 832).
Schrage: Ein geschorener Kopf stehe für Verunstaltung (1Korinther II, S. 508, Anmerkung 120).
141
Der erste Wenn-Satz in V 6 bespricht einen realen (nicht hypothetischen) Fall (Schrage, 1Korinther II, S. 508; Blass/Debrunner/
Rehkopf, Grammatik, §428,1).
142
Im griechischen Text steht eine begründende Partikel („gar“). Die
Begründung fehlt leider in der Lutherbibel.
143
Diese schöpfungstheologische Begründung zeigt, dass das Problem
in Korinth nicht nur in einer Haartracht bestand, sondern in einem
tiefgehenden Missverständnis von Mann und Frau.
Paulus argumentiert schöpfungstheologisch. Eine Abwertung der Frau ist mit dieser Aussage nicht verbunden.144 Sie wird damit entsprechend der Zielrichtung
der gesamten Argumentation in diesem Abschnitt auf
den Mann bezogen.
Der Mann ist Gottes Ebenbild. Paulus spielt auf 1Mos
1,27 an:145
„Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde zum
Bilde Gottes schuf er ihn, männlich und weiblich
schuf er sie.“
Paulus wiederholt an dieser Stelle nicht die Ebenbildlichkeit der Frau mit Gott. Dies sollten wir jedoch nicht
als Abwertung der Frau auffassen. Denn 1Mos 1,27 lehrt
deutlich die Gleichwertigkeit von Mann und Frau. Beide sind Ebenbild Gottes. Ebenbild Gottes zu sein ist in
1Mos 1 sehr stark von dem Auftrag an den Menschen
bestimmt, sich die Erde untertan zu machen (1Mos
1,26+28)146 Davon nimmt Paulus auch hier nichts zurück. Ihm geht es jedoch vielmehr um das Zueinander
der Geschlechter. Und darüber lehrt 1Mos 1 nichts.
Dazu muss Paulus 1Mos 2 heranziehen. So ist die zweite Aussage „Ehre/Abglanz“ in 1Mos 1 nicht zu finden.
Auch 1Mos 2 gebraucht zwar den Begriff nicht, bildet
aber den Hintergrund. Auf zweierlei Weise könnten wir
die Aussage übersetzen und interpretieren:
a. Abglanz
• Der Mann ist Gottes Abglanz, weil er direkt von
Gott geschaffen wurde.
• Die Frau ist des Mannes Abglanz, weil sie aus der
Rippe des Mannes geschaffen wurde.
b. Ehre
• Der Mann ist für Gottes Ehre, um Gott zu ehren.
• Die Frau ist für des Mannes Ehre, um den Mann zu
ehren, weil sie seine Hilfe ist.
Zu a.) Abglanz147
Beide Aussagen wären gewaltig. Im ersten Fall wäre im
(ersten) Mann ein Abdruck der Herrlichkeit Gottes vorhanden und in der Frau ein Abdruck des Mannes. Diese
Auslegung betont mehr den Ursprung des Mannes als
der Frau. Auf keinen Fall kann hier Abglanz negativ aufgefasst werden. Sondern es ist eine Ehre, Abglanz zu
sein.
Zu b.) Ehre148
Bei dieser Auslegung ist die Bestimmung von Mann und
Frau ins Auge gefasst. Sie sollen ihrem Haupt Ehre bereiten (V 3), nämlich der Mann Gott und die Frau dem
Mann.
Anders Schrage, der gegenüber 1Mos 1,27 „zweifellos einen erheblichen Rückschritt“ sieht, da der Frau „allenfalls abgeleitete
Ebenbildlichkeit“ zugestanden werde (Schrage, 1Korinther II, S.
509). Er übersetzt darum auch mit Abglanz (ebd., S. 489). Ähnlich
negativ auch Kuhli, eikon, Sp. 945f.
145
Fee sieht eine Anspielung auf diese Stelle, aber keine Auslegung
derselben (First Corinthians, S. 515).
146
Die Ebenbildlichkeit (1Mos 1,27) wird von zwei Versen , die den
Kulturauftrag an den Menschen enthalten, umschlossen.
147
So Bauer/Aland, Wörterbuch, Sp. 410, die mit 2Kor 8,23 jedoch
nur einen weiteren unsicheren Beleg für diese Auffassung anbieten. Rehkopf, Wörterbuch, S. 35, bietet diese Bedeutung nicht
(vgl. auch Louw/Nida, Lexicon II, S. 66).
148
So Fee, First Corinthians, S. 516:“Die Existenz des Einen bringt
dem anderen Ehre.” (Übersetzung K.R.).
144
Es ist schwierig, sich für eine Auslegung zu entscheiden.
Vielleicht besteht auch kein völliger Gegensatz zwischen beiden Auffassungen. Als Ausdruck der Herrlichkeit ihres Hauptes sind Mann und Frau dazu aufgerufen,
ihr Haupt zu ehren.
19. Das Zueinander von Mann und Frau nach der
Schöpfungsordnung (V 8-9)
Die Aussagen von V 7 werden nun in den Versen 8
und 9 begründet. Dazu zieht Paulus 1Mos 2 heran. Die
Schöpfung lehrt die Beziehung von Mann und Frau. In
ihr offenbart Gott seinen Willen als Schöpfer. Paulus
verwendet 1Mos 2, weil er in diesem Kapitel eine
gültige Ordnung findet. So war der heilvolle Zustand
und das beglückende Miteinander von Mann und Frau,
bevor die Sünde einbrach und die Beziehung verletzte
(1Mos 3).149
Zwei Dinge entnimmt Paulus der Schöpfung, um die
„Haupt-Struktur“ von Mann und Frau zu belegen:
• Die Frau ist aus dem Mann geschaffen
(V 8: die Rippe [1Mos 2,21-23]).
• Die Frau ist um des Mannes willen geschaffen (V 9:
die Hilfe [1Mos 2,18]).
Mann und Frau sind verschieden, aber sie sind aufeinander angewiesen. Der Mann ist das Haupt der Frau
(V 3), und die Frau der Ruhm, die Zierde und die Ehre
des Mannes. Paulus lehrt nicht eine Emanzipation der
Geschlechter voneinander, sondern die Gemeinsamkeit
von Mann und Frau, in der Ehe und im Dienst für den
Herrn.
20. Die Schöpfung der Frau aus dem Mann (V 8)
Die Menschenschöpfung wird in 1Mos 1,26-28 sehr
allgemein ausgeführt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf
der Beziehung des Menschen zu Gott und zu seiner
Umwelt. In Kap 2 tritt ein notwendiger Aspekt der Anthropologie150 hinzu: Auch das Zueinander von Mann
und Frau wird entfaltet.
Das erste Argument für die „Haupt-Struktur“ findet
Paulus in der Art der Schöpfung: Die Frau ist aus dem
Manne, nicht der Mann aus der Frau geschaffen.
Zuerst war der Mann da (1Mos 2,7), dann wurde die
Frau geschaffen (1Mos 2,21-23).151 Die Frau wurde
dem Mann quasi (in Form einer Rippe) entnommen. So
ist sie ein Teil von ihm (1Mos 2,23) und damit auf ihn
bezogen. Die Frau findet darum ihre Bestimmung im
Frausein und nicht darin, dem Mann gleich zu werden.
21. Die Schöpfung der Frau um des Mannes
willen (V 9)
Das zweite Argument bezieht Paulus aus dem Ziel der
Schöpfung: Die Frau wurde um des Mannes willen
geschaffen, nicht umgekehrt. Hiermit greift Paulus die
Zielbestimmung Gottes aus 1Mos 2,18 auf: „Es ist nicht
gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe
Man sollte sich davor hüten, 1Mos 1 und 1Mos 2 gegeneinander
auszuspielen. Kap 2 bietet in Großaufnahme eine notwendige
Ergänzung zu Kap 1.
150
Anthropologie = Lehre vom Menschen.
151
Vgl. 1Tim 2,13: Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva.
149
25
machen, die ihm entspricht.“ Die Frau wurde geschaffen, um dem Mann eine Hilfe zu sein. Von Anfang an
sollte sie sich nicht vom Mann emanzipieren, sondern
ihm verbunden bleiben. Ohne sie wäre der Mann hilflos. Sie ist die genaue Entsprechung zum Mann. Dies
ist sie jedoch nur als Frau, nicht indem sie ein QuasiMann wird. Gott wollte die Unterschiedlichkeit von
Mann und Frau, damit die Geschlechter sich ergänzen.
Auch die Heilsordnung der Gemeinde bejaht diese gute
Schöpfungsordnung und erkennt sie als Segen. Sie lässt
sich durch Gott in der Polarität der Geschlechter beschenken und ebnet sie nicht ein.
22. Die Schlussfolgerung: Kontrolle über den
Kopf (V 10)
V 10 zieht die Schlussfolgerung aus der vorangegangenen Ausführung.152 Der Mann darf keine Kopfbedeckung tragen (V 7), aber die Frau soll etwas „auf“
dem Kopf haben (V 10). Allerdings ist dieser Vers sehr
schwer auszulegen. Und dies liegt an zwei Problemen:153
a. Was ist mit Macht gemeint (griech „exousia“)?
b. Was ist mit den Engeln gemeint?
Wir sollten zunächst der Übersicht halber beide Probleme nacheinander behandeln.
23. Was bedeutet „eine Macht auf dem Kopf zu
haben“?
Verschiedene Vorschläge sind gemacht worden, um den
griechischen Begriff „exousia“ (Luther: „Macht“) hier
im Text richtig zu verstehen:
a.) Schleier154 als Sinnbild der Autorität des Mannes
über die Frau.155
b.) In Abwandlung: „Macht“ (griechisch „exousia“) als
Übersetzung eines aramäischen Begriffs, der sowohl Schleier als auch Autorität bedeuten kann.156
c.) Schleier als Zeichen des Rechts oder der Vollmacht der Frau, prophetisch zu reden.157
Griechisch: „dia touto“= deshalb. Anders Schrage: Die Konjunktion weise nach vorn auf die Engel, in etwa: deshalb, wegen der
Engel (Schrage, 1Korinther II, S. 513). Fee versteht die Konjunktion so, dass sie in beide Richtungen deute: nach vorn und hinten
(First Corinthians, S. 518).
153
Beide Probleme für sich genommen sind schon schwierig genug.
Erschwert wird das Ganze noch zusätzlich dadurch, dass Lösungen
vorgeschlagen werden, die beide Aussagen miteinander verknüpfen, was die Auslegungen nicht gerade sicherer macht.
154
Metonymie: abstractum pro concreto, d.h. der abstrakte Begriff
“Macht/Vollmacht” („exousia“) steht für die konkrete Bedeutung
Kopfbedeckung.
155
Louw/Nida, Lexicon, S. 476, Nr 37.37; vehement vorgetragen von
Schreiner, Head Covering, S. 135-136. Sie ist die gängige Auslegung
in der Geschichte der Christenheit gewesen und macht auch im
Zusammenhang Sinn. Schwierig bleibt: der passive Gebrauch von
exousia („Macht über sich haben“) ist sonst nicht bekannt.
156
Eine Variante stammt von Kittel, Macht, S. 17-14, die andere von
Schwarz, Exousia, S. 247. Vgl. Foerster, exousia, S. 571. Beide Auslegungen haben allerdings den Nachteil, dass ein römischer Korinther, der den griechischen Korintherbrief lesen musste, dieses
Wortspiel aus dem Aramäischen wohl kaum verstehen konnte, wo
er doch mit „exousia“ normalerweise ganz andere Dinge verband. Vgl. Schrage, 1Korinther II, S. 513.
157
Barrett, 1Korinther, S. 294; gefolgt von Fee, First Corinthians, S.
520-523. Ähnlich Wolff, 1Korinther, S. 73. Doch redet Paulus im
Zusammenhang von Unterordnung und im Vers sagt er „soll“. Dies
passt schlecht zu Rechten.
152
26
d.) Kopfbedeckung zur Abwehr lüsterner Engel
(nach 1Mos 6,1-4).158
e.) Kontrolle der Frau über ihren Kopf.159
Die Auslegung e.) versteht das Verhältniswort „epi“
(Luther: „auf“) im Vers im Sinne von „über“. Diese Auslegung hat manche Vorteile:
• Sie übersetzt exousia mit seinem natürlichen Sinn
von Autorität, Kontrolle.
• Sie fasst den Sinn von „Macht haben“ aktiv auf, was
der normalen griechischen Grammatik entspricht.
• Sie ist sprachlich gut bezeugt (z.B. Offb 2,26; 20,6).
Sie passt
• in die Argumentation, weil Paulus hiermit den Frauen die Weisung erteilt, ihr Haupt nicht weiter zu
vernachlässigen, weder ihren Kopf durch fehlende
Kopfbedeckung, noch dadurch den Mann durch
fehlende Ehre.
• in den weiteren Kontext, wo Paulus die individuellen Rechte aus dem Evangelium (z.B. Genuss von
Götzenopferfleisch [10,23]) und die Selbstkontrolle
aus Liebe einander gegenüberstellt. Die Frau soll
Kontrolle über ihren Kopf ausüben, d.h. ein Stück
Selbstbeherrschung.
24. Was bedeutet „um der Engel willen“?
Auch hier streiten sich die Ausleger. Ihre Auslegungen
sind mehr oder weniger spekulativ.
a. Gefallene, lüsterne Engel, gegen die die Frauen sich
mit der Kopfbedeckung schützen (1Mose 6,1-4).160
b. Engel als Wächter der Ordnung.161
c. Engel als Vorbilder für die Kopfbedeckung.162
d. Engel als himmlische Gäste im irdischen Gottesdienst.163
Küchler, Schweigen, S. 89ff.; Bauer/Aland, Wörterbuch, Sp. 564.
Diese Auslegung passt nicht zur Lehre vom Gebet sonst in der
Bibel. Vgl. Lindemann, 1Korinther, S. 244. Beim Gebet kommen
wir in die Gegenwart Gottes. Der Satan und seine Helfer müssen
weichen (vgl. Jak 4,7-8).
159
Thiselton, First Corinthians, S. 839, der das Problem im Text in
der fehlenden Kopfbedeckung sieht. Schrage, 1Korinther, S. 514,
der in der Problematik das lose herabfallende Haar der Frauen
erkennen möchte.
160
Vgl. Fußnote 158. 1Mose 6 redet wahrscheinlich von Ehen von
Engeln mit Frauen. Diese Geister warten jetzt allerdings auf Gottes
Gericht (1Petr 3,19-20; 2Petr 2,4-5; Jud 6) und können ihr Unwesen nicht mehr treiben. Somit fällt dieser Hintergrund für unsere
Stelle aus.
161
Lindemann, 1Korinther, S. 244. Vgl. auch daselbst die Belege.
Diese Meinung kann sich auf ein gewisses jüdisches Verständnis
berufen, wie es in den Schriften Qumran bezeugt ist. Danach
überwachen die Engel die Ordnung des Gottesdienstes und achten
besonders auf körperliche Gebrechen. Doch verbietet sich diese
Auslegung schon von 2Kor 12,7-9 her.
162
Diese Auslegung beruft sich auf die Haltung der Engel in Jesaja 6,2,
die sich vor dem heiligen Gott bedecken. Doch scheint dies hier
keine Rolle zu spielen. Denn dann würde die Heiligkeit Gottes ja
ebenso eine Bedeckung des Mannes erfordern. Dies lehnt Paulus
im Gegenteil ab.
163
Nach dieser Auffassung bezieht sich der Hinweis ganz allgemein
auf die Gegenwart der himmlischen Engel im irdischen Gottesdienst. Die Frauen sollen demnach den Anstand wahren, weil nicht
nur Menschen, sondern auch die himmlische Welt im Gottesdienst
der Gemeinde anwesend sind. Diese Auslegung macht einen guten
Sinn. Vgl. Ps 138,1:“Vor den Göttern will ich dir lobsingen.“ Die
Septuaginta übersetzt das Hebräische „elohim“ („Götter“?) mit
„angeloi“ (= Engel). Das ergibt den Sinn: „Vor den Engeln will ich
dir lobsingen.“ (Schrage, 1Korinther II, S. 517). Siehe ferner: 1Kor
158
e. Engel, die die Gebete zu Gott tragen.164
Jedenfalls sollte die irdische Gemeinde wissen, dass die
himmlische Welt an ihrem Gottesdienst Anteil nimmt.
Ihre Lieder und Gebete haben nicht nur eine zwischenmenschliche, sondern auch eine überirdische Dimension.165
25. Positive Begründung für das Zueinander von
Mann und Frau (V 11-12)
Man könnte Paulus dahin missverstehen, dass er das
weibliche Geschlecht gegenüber dem männlichen
abwerten wolle, um seine Forderung nach der Kopfbedeckung der Frau und ihrer Unterordnung unter
den Mann durchzusetzen. Diesem Missverständnis
beugt der Apostel nun in V 11-12 vor. Das Hauptsein
des Mannes bedeutet nämlich keine Minderwertigkeit
der Frau. Beide, Mann und Frau, sind gleichwertig. Sie
haben denselben Herrn, der sie auf dieselbe Weise und
mit demselben Ziel erlöst hat. So benennt Paulus in
Vers 11 diesen ersten Grund für die Gleichwertigkeit
der Geschlechter: im Herrn. Christus hat sie in eine
Beziehung zu sich erlöst, in der beide voll am Evangelium teilhaben (vgl. Gal 3,28). Und damit hat Christus sie
auch in eine neue Beziehung zueinander gestellt, dass
sie ohne einander nichts sind. Die durch den Sündenfall
gestörte Beziehung von Mann und Frau wird durch den
Erlöser geheilt.
V 12 begründet („denn“) den Gedanken der Gleichwertigkeit noch weiter: und zwar mit der Schöpfung.
Paulus nimmt nicht zurück, dass die Frau vom Mann
genommen wurde (ursprüngliche Schöpfung). Hier
knüpft Paulus an V 8 an. Aber er fügt hinzu, dass sich
jeder Mann durch die Geburt auch der Frau verdankt
(permanente Schöpfung). Keines der Geschlechter
wäre ohne das andere da. Und genauso hat es der weise
Gott geordnet. Kein Mann könnte sich hinstellen und
die Frau abwerten, weil er ja der erste auf Gottes Erdboden war, denn er wurde von einer Frau geboren. Und
keine Frau soll sich vom Mann emanzipieren, weil das
weibliche Geschlecht vom Mann genommen wurde.
Beide, Mann und Frau, gehören zusammen. Die Frauen in Korinth und überall sollen nicht das Männliche
anstreben, um ihre wahre Bestimmung zu finden. Ihre
Bestimmung ist ihnen als Frau gegeben, vom Schöpfer
(V 12) und vom Erlöser (V 11).
26. Die Kopfbedeckung als natürliches Unterscheidungsmerkmal (V 13-15)
Paulus hat im Grunde alles gesagt. Nun überlässt er den
Korinthern nach dieser eingehenden Unterweisung das
Urteil: „Urteilt bei euch selbst!“ Zwei Hinweise sollen
die Überlegung der Korinther leiten: der Anstand und
die Natur.
4,9: „Wir sind ein Schauspiel geworden der Welt, den Engeln und
den Menschen.“
164
Die Bibel rechnet mit dem Dienst von Engeln für die Christen
(Hebr 1,14). Auch die Vermittlung der Gebete zu Gott ist belegt
(Offb 8,3). Die Frauen sollten demnach beim Beten den Anstand
wahren, weil Engel ihre Gebete in die Gegenwart Gottes tragen.
Vgl. Schrage, 1Korinther II, S. 517.
165
Der ganze Himmel ist von Freude erfüllt, wenn ein Mensch die
Umkehr findet (Luk 15,7+10).
27. Ein erstes Argument des Anstandes (V 13)
„Geziemt es sich, dass eine Frau unbedeckt zu
Gott betet?“ Erwartete Antwort: Natürlich nicht!166
Paulus appelliert an das Anstandsgefühl. So tut er es mit
denselben Worten auch in 1Tim 2,10: Kleidung und
Eph 5,3: Reden. Die Beterinnen sollen auch Rücksicht
auf ihre Kultur nehmen, die eine Frau mit unbedecktem
Kopf als unanständig empfinden würde. Darum sollen
sie den Kopf bedecken.
28. Ein zweites Argument aus der Natur (V 14-15)
Der Anstand gebietet die Kopfbedeckung. Ein weiteres
Argument führt Paulus aus der Natur an, die dieselbe
Lehre erteilt. Mann und Frau sind unterschiedlich. So
ist es die Naturordnung.167 Die Naturordnung lehrt die
Unterscheidung der Geschlechter.168 Paulus wählt nun
von den Unterschieden das, welches sein Argument
(Kopfbedeckung) stützt: die Haarpracht.169 Männer
und Frauen verkehren die Ordnung, wenn sie die
Haartracht tauschen. Der Mann wird weibisch und die
Frau männisch. Und so bereiten sie sich Schande. Die
erste Schande hat die Frau sich schon mit dem Ablegen
der Kopfbedeckung bereitet, obwohl ihr langes Haar
als eine natürliche Kopfbedeckung nach der üblichen
Kopfbedeckung verlangt. Eine weitere Schande würde
mit der Männerfrisur folgen (vgl. V 6). Mann und Frau
sollen aber beide das sein, was sie sind: ganz Mann und
ganz Frau.
29. Die Einheit der Kirche Christi (V 16)
Paulus hat alles gesagt. Der Fall ist klar. Die Korinther
sollten ihre ungute Praxis wieder aufgeben und die
„Haupt-Struktur“ der Geschlechter auch im Gemeindeleben verwirklichen. Alle Argumente sind auf den Tisch
gekommen. Paulus hat geduldig argumentiert. Wer jetzt
noch weiterdiskutieren will, ist streitsüchtig. Deshalb
beendet Paulus nun die Diskussion und beruft sich auf
eine doppelte Autorität:
• Seine eigene Autorität als Apostel und Gemeindegründer
• Die Praxis der anderen Gemeinden.
Um seine These aufrecht zu halten, versteht Schirrmacher V 13-15
als Aussagesätze und nicht als Fragen (Schirrmacher, Paulus, S. 22).
Natürlich enthielten die griechischen Urschriften keine Satzzeichen, wie er dort feststellt. Doch die Ausleger sind sich an dieser
Stelle auffallend einig, zwei Fragesätze zu sehen. Vgl. nur Barrett,
1Korinther, S. 295f.; Wolff, 1Korinther, S. 66; Schrage, 1Korinther II, S. 490+520; Lindemann, 1Korinther, S. 245.
167
Der griechische Begriff „physis“ wird im NT auf verschiedene
Weise verwendet. Er kann sich auf die aus der Schöpfung folgende
Naturordnung beziehen (Röm 1,26) oder auch auf die Gewohnheit von Geburt an (vgl. Eph 2,3), sowie die Herkunft (Gal 2,15).
In unserem Abschnitt bezeichnet er die Naturordnung, die einen
deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern macht.
168
Allein schon durch die Geschlechtsorgane.
169
An dieser Stelle erkennen wir, dass man Natur nicht immer mit
Schöpfung verwechseln darf. Beiden, Männern wie Frauen, wachsen die Haare, wenn sie nicht geschnitten werden. Haartrachten
waren auch durchaus unterschiedlich (vgl. die alttestamentlichen
Naziräer! Oder die Spartaner mit schulterlangem Haar [Schrage,
1Korinther II, S. 522]). Doch spricht Paulus hier zu einem römisch geprägten Kulturkreis, in dem Männer kurzes und Frauen
langes Haar hatten. Ebenso verhielt es sich bei den Griechen
(Schrage, 1Korinther II, S. 524, Anmerkung 227). „Physis“ meint
hier also eine Mischung aus Schöpfung und Sitte. Die Sitte der
Haartracht wendet die Schöpfungsprinzipien (Mann und Frau sind
unterschiedlich) an.
166
27
Die Korinther sind mit ihrem Verhalten einen Sonderweg gegangen. Doch die Kirche Christi ist ein Leib,
in dem nicht jedes Glied tut, was es will. Um des Zusammenhaltes der Gemeinden willen ist es nötig, dass
einer auf den anderen Rücksicht nimmt. Dies erfordert
Geduld und Demut von den einzelnen Gemeinden mit
ihren Leitern.
Hinzu kommt noch des Paulus Autorität. Er ist der geistliche Vater der Korinther, weil er das Evangelium nach
Korinth brachte (1Kor 4,15). Darum muss sein Wort
den Korinthern viel gelten. Und er ist Apostel Christi
(1,1). Deshalb hat seine Weisung bindende Kraft. Wenn
er diese Praxis (die Kopfbedeckung zu entfernen) in
keiner Gemeinde gelehrt hat, sollten die Korinther sich
nicht einfach das Recht dazu herausnehmen. Ihre neue
Sitte170 gehört wieder abgeschafft.
30. Zusammenfassung
Die Korintherinnen hatten als Zeichen ihrer christlichen Freiheit die in Korinth übliche Kopfbedeckung im
Gottesdienst entfernt. Paulus erinnert die Gemeinde daran, dass die Schöpfungsordnung durch Christus nicht
aufgehoben wurde. Mann und Frau sind gleichwertig,
doch auch verschieden. Diese schöpfungsgemäße Unterschiedlichkeit fand ihren kulturbezogenen Ausdruck
in der Sitte der Kopfbedeckung. Mann und Frau sollten
beides achten: die schöpfungsgemäße Unterschiedlichkeit und das umweltbezogene Empfinden von Anstand
und Würde. Darum musste Paulus von den Christinnen
in Korinth fordern, die Kopfbedeckung wieder einzuführen.
Die Schöpfungsordnung lehrt auch eine Leiterschaft
des Mannes. Diese klare Bedeutung hat der Begriff
„Haupt“. Darum diente die Kopfbedeckung der Frau
auch der Anerkennung der gottgegebenen Autorität
des Mannes. Die Erlösungsordnung hebt die Schöpfungsordnung nicht auf. Sie sollte allerdings Männer
und Frauen befähigen, in der Gemeinde einander mit
Respekt zu begegnen.
31. Die hermeneutische Frage
Sollten Frauen heute im Gottesdienst beim Beten eine
Kopfbedeckung tragen? Die Antwort kann nicht allein
von der Exegese (Auslegung) her gegeben werden. Sie
arbeitet nämlich heraus, was der Text damals bedeutete
und grundsätzlich bedeutet. Was heute angewendet
werden kann, ist eine Frage der Hermeneutik. Diese
befasst sich mit Grundsätzen der Anwendung der Bibel.
Sie vergleicht die Kultur der Bibel mit der heutigen und
stellt praktische Richtlinien für den Schriftgebrauch auf
(Vgl. Kap II).
32. Die Kopfbedeckung damals
Paulus lehrt in 1Kor 11 die Unterordnung der Frau un170
Es wird diskutiert, worauf sich denn „Sitte“ in diesem Vers bezieht.
Einige votieren ernsthaft für die Streitsucht als (schlechte) Sitte
(vgl. z.B. Lindemann, 1Korinther, S. 246). Doch sollte berücksichtigt werden, dass Paulus mit den Korinthern in Kommunikation
steht und er ständig von der falschen Sitte des unbedeckten Kopfes der Frau gesprochen hat. Der natürliche Sinn der Aussage deutet schlicht auf die unterlassene Kopfbedeckung als neuer Sitte hin
(vgl. Barrett, 1Korinther, S. 298).
28
ter ihren Mann als ihrem Haupt. Diese Aussage begründet er mit der Schöpfungsordnung. Weil diese Ordnung
Gottes bleibendem Schöpferwillen entspricht, ist diese
Aussage allgemein und auch heute gültig. Nun spitzt
Paulus die Forderung nach der Unterordnung für die
Korintherinnen zu. Sie sollten ihr Haupt als Zeichen
der Unterordnung bedecken. Normalerweise traten die
korinthischen Frauen in der Öffentlichkeit mit einer
Kopfbedeckung auf. Darum sollten die Christinnen
auch im öffentlichen Gottesdienst weiterhin ihr Haupt
bedecken. Die Kopfbedeckung gehörte ja für die Frau
zum guten Ton. Ansonsten hätte sie sich Unehre bereitet. Paulus argumentiert hier in 1Kor 11 also deutlich
mit der römischen Kultur des ersten Jahrhunderts.
33. Keine Kopfbedeckung heute
Frauen tragen heute in Deutschland normalerweise
keine Kopfbedeckungen. Wenn doch, dann ein Kopftuch. Und dies gehört dann meist einer Muslimin. Auch
als Modestil ist es hier und da im Kommen. Dennoch
ist eine Kopfbedeckung im christlichen Gottesdienst
heute nicht dasselbe wie für die Christinnen in Korinth.
Frauen sind heute nicht mehr aus Anstand verpflichtet,
eine Kopfbedeckung zu tragen. Auch der Hinweis auf
die Engel begründet keine ewig gültige Anweisung, weil
er sich auf die damalige Gottesdienstordnung bezieht.
Ein Kopftuch könnte von unseren Zeitgenossen vielleicht sogar als sektenhaft oder islamisch missverstanden werden. Deshalb dürfen christliche Frauen im Gottesdienst getrost auf Schleier oder Kopftuch verzichten.
Sollte eine Frau aus ihrer Gewissensbindung heraus
lieber mit einer Kopfbedeckung beten, darf sie dies
gern tun. Nur sollte sie dann nicht bei anderen Frauen
ein schlechtes Gewissen erzeugen.
B. 1. Korinther 14,33b-36
1. Der Zusammenhang (literarischer Kontext)
In 1Kor 12-14 spricht Paulus das Thema der geistlichen
Gaben an (12,1). Sicherlich waren in dem Brief der
Korinther an ihn auch Fragen zu diesem Thema gestellt.
Wie in 1Kor üblich gibt Paulus eine ausführliche theologische Begründung mit praktischen Anweisungen.
Unser Abschnitt findet sich schon fast am Ende der ausführlichen Argumentation:
• Kap 12: Die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit
der Gaben in der Gemeinde
• Kap 13: Die Notwendigkeit der Liebe im Gebrauch
der Gaben für die Gemeinde
• Kap 14: Der Vorzug der Prophetie gegenüber dem
Sprachengebet in der Gemeinde.
In Kap 12 legt Paulus den Grund. Die Korinther sollen wissen, dass es ganz unterschiedliche Gaben gibt
(V 7-11+27-30), die in der Gemeinde gleichwertig sind
(V 12-26). Sie alle sind zum Gemeinnutzen gegeben
(V 7).
In Kap 13 zeigt Paulus, wie unverzichtbar die Liebe
ist. Sie soll den dienenden Gebrauch der geistlichen
171
Tatsächlich erwähnt Paulus häufiger in Kap 13 die Geistesgaben:
V 1+2: Sprachengebet und Prophetie; V 8+9: Sprachengebet und
Prophetie. Das Kapitel ist für die Argumentation des Apostels unverzichtbar und an dieser Stelle keineswegs deplaziert.
4. Wie in allen Gemeinden der Heiligen (V 33b)
Dieser Vers bezieht sich auf die folgende Weisung. Gott
ist ja immer und überall ein Gott des Friedens (V 33a).
V 33b auf den Gott des Friedens zu beziehen, wirkt
deshalb sehr gekünstelt. Es leitet also vielmehr die folgende Aussage des Paulus ein.
Paulus möchte, dass die Korinther Rücksicht auf die
anderen Gemeinden nehmen.175
Gaben171 steuern. Die Christen sollen sich mit ihren
Gaben nicht darstellen, sondern dem Nächsten nützen.
Und dazu bedarf es der Liebe.
In Kap 14 wendet Paulus das Prinzip der Liebe an
(14,1). Das bedeutet: die Gaben sollen der Erbauung
der anderen dienen (14,1-5). Die Prophetie hat gegenüber dem Sprachengebet größeren Vorrang, weil sie
verständlich ist und die Besucher des Gottesdienstes
davon profitieren (14,6-25). Sodann regelt Paulus den
Gebrauch der Zungenrede (14,27f.) und der Prophetie
(14,29-38) im Gottesdienst (14,26).
14,33b-36 sind also ein Teil der Anweisung in Bezug
auf die Prophetie und sollten auch als solche ausgelegt
werden.
5. Die Frauen sollen schweigen (V 34):
Unbefriedigende Erklärungen
Nachdem Paulus mit Selbstverständlichkeit erwähnte,
dass die Frau betet und prophetisch redet, mutet dieser
Vers auf den ersten Blick fremd an. Um dieses Problem
zu lösen, sind viele Vorschläge gemacht worden:
a. Privatandacht – Gottesdienst: In 1Kor 11,2-16
redet Paulus von einer privaten Andacht, 1Kor 14
hingegen vom offiziellen Gottesdienst.176
b. Konzession: Paulus redet in 1Kor 11,5 nur allgemein, erst in Kap 14 regelt er die Beteiligung der
Frauen am Gottesdienst, und das bedeutet Schweigen.177
c. Störendes Reden: Paulus verbietet den Frauen ein
Dazwischenreden oder irgendeine andere Störung
des Gottesdienstes wie Plappern, Privatgespräche
oder dergleichen.178
d. Situation: Paulus meint nur die Korintherinnen
(nicht die Gemeinden allgemein), weil sich die
Unordnung in den Gottesdiensten nur in Korinth
ereignete.
e. Zungenreden: „Reden“ meint Zungenreden. Daher untersagt Paulus den Frauen das Zungenreden.
f. Zitat: V 34f. sind gar nicht die Meinung des Paulus,
sondern ein Zitat der Meinung (eines Teils) der
Korinther.
g. Ehefrauen: V 34f. bezieht sich nur auf Ehefrauen.
Ledige und Witwen sind nicht betroffen.
2. Exkurs: Die Echtheit von V 34-35
Die Echtheit der Verse 34 und 35 wird heute in der
kritischen Exegese fast durchweg bestritten.172 Dazu
sind im wesentlichen drei Argumente ins Feld geführt
worden173. Wir sollten jedoch an der Echtheit festhalten. Schwierige Stellen sind kein Indiz gegen deren
Echtheit!
3. Der Aufbau
Im Text sind zwei zu unterscheidende Personengruppen angesprochen:
• V 33b-35: Die Frauen
• V 36: Die gesamte Gemeinde.174
Die Frauen sollen ihre Unterordnung durch Schweigen
bekunden (V33b-35). Die Gemeinde soll nicht selbstherrlich neue Regeln einführen, welche die übrige
Christenheit nicht kennt (V 36).
Vgl. nur die neueren Kommentare: Barrett, 1Korinther, S. 378f.;
Klauck, 1Korinther, S. 104-106; Schrage, 1Korinther III, S. 481487; Lindemann, 1Korinther, S. 316-321; Fee 1Corinthians,
S. 699-705. Conzelmann, 1Korinhter, S. 289f., scheidet gar V 33b36 als „Interpolation“ [Einfügung] aus. Anders Wolff, 1Korinther,
S. 140-143, der an der Echtheit festhält.
173
a.) Textkritik: Einige wenige griechische Handschriften bieten die
V 34f. erst nach V 40 (vgl. Schrage, 1Korinther III, S. 482-487 mit
weiteren [spitzfindigen] Argumenten). Doch bilden V 34f. einen
authentischen Teil des Briefes, wie Paulus ihn schrieb. Und zwar
aus folgenden Gründen:
Es ist keine [!] Handschrift bekannt, welche die betreffenden Verse
überhaupt nicht hätte. Egal an welcher Stelle (ob nach V 33 oder
nach V 40), alle Handschriften haben diesen Text.
Die erdrückende Mehrheit hat diesen Text an der uns bekannten
Stelle nach V 34. Es ist am wahrscheinlichsten, dass der Text nach
V 33 von einigen wenigen als störend empfunden wurde und man
ihn darum an das Ende des Abschnitts nach V 40 setzte (Lindemann, 1Korinther, S. 317).
b.) Widerspruch: V 34f. stehen im Widerspruch zu 1Kor 11,5
(Frau betet und redet prophetisch). So in etwa Schrage, 1Korinther III, S. 484-487; Lindemann, 1Korinther, S. 320. Wenn sich jedoch zeigen lässt, dass 11,5 und 14,34f. sich nicht widersprechen,
wird dieses Argument hinfällig.
Siehe unten unter Nr. 5 und unseren eigenen Vorschlag unter Nr. 6.
Es ist also möglich, den scheinbaren Widerspruch zwischen den
Versen aufzulösen.
c.) Kontext: V 34f. stören den Zusammenhang (Schrage, 1Korinther III, S. 482-484). Wenn sich jedoch zeigen lässt, dass diese Verse
harmonisch in den Kontext eingebunden sind und in diesem Zusammenhang sehr wohl Sinn machen, wird auch dieses Argument
hinfällig. Vgl. unten unter Nr. 6: Eine befriedigende Erklärung.
174
Das Eigenschaftswort (Adjektiv) „allein“ (griechisch „monos“)
hat eine männliche Form. Diese Form wird im Griechischen zur
Bezeichnung einerseits von Männern und andererseits von Männern und Frauen zusammen gebraucht. Da es sich hier um eine
allgemeine Anrede handelt, ist das zweite gemeint: Paulus redet zur
Gemeinde aus Männern und Frauen.
172
Zu a.) Privatandacht - Gottesdienst
Diese Auslegung bietet den scheinbaren Vorteil, den
„Widerspruch“ zwischen 11,5 und 14,34 zu beseitigen.
Doch sie ist zu gekünstelt. Die Prophetie (11,5) ist für
die Gemeinde gegeben und offensichtlich eine Redegabe für den Gottesdienst (1Kor 14).
Zu b.) Konzession
Diese Auslegung behebt den „Widerspruch“ zu 1Kor
11,5. Sie steht aber einigen klaren Aussagen der Schrift
entgegen.
• Die Prophetie wurde von Frauen ausgeübt, sowohl
im AT (z.B. Debora und Hulda), als auch im NT (Apg
21,9: Töchter des Philippus).
• Auch die Frauen sind laut Apg 2,17 mit dem Geist
Gottes begabt und werden deshalb prophetisch
reden.
„Alle Gemeinden der Heiligen“ meint die Christenheit in ihrer
Gesamtheit. Ebenso argumentiert Paulus in 1Kor 11,16.
176
Bachmann, 1Korinther, S. 346f.
177
Schlatter, Bote Jesu, S. 386f.
178
Z.B. Wolff, 1Korinther, S. 142-144.
175
29
Zu c.) Störendes Reden
Auch diese Auslegung beseitigt den „Widerspruch“ zu
11,5. Doch ist sie noch gekünstelter als die vorigen.
• Eine Variante versucht, in „reden“ (griech laleo)
einen negativen Beigeschmack wie plappern zu
finden. Doch das stimmt nicht einmal mit dem Gebrauch dieses Wortes in 1Kor 14 überein. Dort kann
es nämlich sowohl Sprachengebet wie Prophetie
bezeichnen.
• Der nächste Versuch unterstellt manchen Frauen
in Korinth eine grobe Störung des Gottesdienstes,
was sich nirgends nachweisen lässt. Selbst wenn
dem so gewesen wäre, gäbe dies Paulus noch nicht
das Recht, allen Frauen pauschal den Mund zu
verbieten. Außerdem können auch Männer stören.
• Zudem „schwiegen“ die Frauen in allen Gemeinden
(V 33b).
Zu d.) Situation
Auch diese Auslegung beseitigt vordergründig den
„Widerspruch“ zu 11,5, schafft aber erhebliche neue
Probleme.
• Eine Variante meint, die Korintherinnen hätten sich
von den wilden Mysterienkulten zu ähnlich ungezügeltem Verhalten im Gottesdienst verleiten lassen.
Paulus wolle einfach Ruhe haben. Doch zum einen
lässt sich das nicht nachweisen. Zum anderen gab es
auch für Männer genügend Gelegenheit, in den Kulten über die Stränge zu schlagen.
• Die nächste Meinung besagt, dass die Weisung nur
nach Korinth gehöre und nicht übertragen werden
könne. Doch wird damit einfach eine schwierige
Aussage für situationsbedingt erklärt. Dieses Vorgehen öffnet der Willkür Tür und Tor.
Zu e.) Zungenreden
Gegen diese Auffassung muss man sagen:
• Mit laleo kann zwar Zungenreden gemeint sein.
Doch verhält sich das griechische so wie unser
deutsches „reden“. Nur mit dem Zusatz „Zunge“
wird es zum „Zungenreden“.
• Diese Auffassung widerspricht auch dem Kontext,
nach dem es um Prophetie geht.
Zu f.) Zitat
Wie in Kap 11 scheint dieser Lösungsvorschlag an dieser Stelle mit Gewalt ein Problem beseitigen zu wollen.
• Das „Zitat“ ist reine Hypothese und darum ein brüchiger Rohrstab für alle, die sich darauf stützen.
• Methodisch ist anzumerken: Mit einer Zitattheorie
kann man fast alles begründen, was einem passt und
fast alles beiseite tun, was stört.
• Zitate sollten kurz, prägnant und typisch sein, wenn
man sie wirklich annehmen will. Nichts trifft hier
zu.
• Das angebliche „Zitat“ passt überhaupt nicht zum
Geist der Korinther, die Frauen nicht Rechte nehmen wollten, sondern die Frau dem Mann gleichstellen (so der allgemein akzeptierte Hintergrund von
1Kor 11,2-16).
30
Zu g.) Ehefrauen
Nicht allen Frauen sei der Mund verboten, sondern nur
den Ehefrauen.
• Dies ist eine offensichtliche Abwertung der verheirateten Frau.
• Dies wird der Kultur des 1. Jahrhunderts nicht gerecht, wo ledige Frauen keineswegs mehr Freiheiten
hatten als verheiratete.
• Der Hinweis in V 35, die Männer zu fragen, ist eher
allgemein zu verstehen und reicht nicht aus, den
ganzen Abschnitt auf Ehefrauen zu beziehen.
6. Die Frauen sollen schweigen (V 35): Eine befriedigende Erklärung
James Hurley hat eine überzeugende Erklärung dieser
Verse vorgelegt.179 Nach diesem Verständnis ist davon
auszugehen, dass V 33b-36 noch auf die Prophetie bezogen sind.180
In V 29 bringt Paulus einleitend und zusammenfassend
die Anweisung über die Propheten. Diese Anweisung
enthält zwei Elemente:
• V 29a: Die Propheten: zwei oder drei Propheten
dürfen reden.
• V 29b: Die Gemeinde: die anderen sollen die Prophetie beurteilen.181
Diese beiden Aspekte werden dann in den jeweils folgenden Paragraphen nacheinander behandelt:
• V 29a: Reden: in V 30-33a: einer nach dem anderen;
in guter Ordnung.
• V 29b: Beurteilung: in V 33b-35: Frauen sollen bei
der Beurteilung der Prophetie schweigen.
Paulus behandelt demnach beide Themen, die in V 29
angesprochen werden, noch ausführlicher. Bei dem ersten Thema ist dieser Bezug auch offensichtlich. Bei dem
zweiten Thema ergibt sich der Bezug aus dem Kontext.
Dieser Zusammenhang ist allerdings ein sehr starkes
Argument:
• Auch V 36 bis 38 behandeln noch das Thema Prophetie. In irgendeinem Zusammenhang mit Prophetie stehen die Verse über die Frauen also auf jeden
Fall.
• Frauen sind zudem dazu ermutigt, ihre Gabe
der Prophetie in den Gottesdienst einzubringen
(Apg 21,9; 1Kor 11,5). Die Stelle kann ihnen also
kaum die Prophetie an sich verbieten.
Somit legt sich auch vom Zusammenhang her der
Schluss nahe, dass V 33b-35 das Prüfen der Prophetie
thematisiert.
7. Die Bedeutung von „schweigen“
Manche Christen meinen, 1Kor 14,34 untersage den
Frauen generell das Reden im Gottesdienst (auch Be-
Hurley, Man and Woman, S. 188-193. Wir folgen hauptsächlich
der Darstellung von Grudem, Prophetie, S. 214-217. Vgl. auch
Carson, Showing the Spirit, S. 129-131; ders., Silent, S. 151-153.
180
Der Unterabschnitt über den Gebrauch der Prophetie im Gottesdienst geht noch bis V 38 (V 37: Prophet!). V 39 (Zungenrede und
Prophetie) schließt zusammen mit V 40 den gesamten Abschnitt
(Kap 14) ab.
181
Für Prophetie gilt im NT generell die Weisung, dass sie geprüft
werden soll (vgl. Röm 12,6; 1Thess 5,20f.).
179
ten). Sie beziehen sich auf das Schweigegebot des Paulus.182 Nun gibt auch für die Bedeutung des Schweigens
der Kontext eine hinreichende Erklärung. Schweigen
wird nämlich in 1Kor 14 mehrfach geboten:
• 14,28: Der Zungenredner soll schweigen, wenn kein
Übersetzer da ist.
• 14,30: Der erste Prophet soll schweigen, wenn ein
anderer Prophet eine Offenbarung erhält.
• 14,35: Die Frauen sollen schweigen (Kontext: Prüfung der Prophetie).
Bei den ersten beiden Beispielen ist klar, dass dieses
Schweigegebot nicht absolut gemeint ist. Der Zungenredner darf sich durchaus an der Prüfung der Prophetie
beteiligen und der Prophet ein Gebet sprechen. Beide
Schweigegebote sind vom Kontext her auf einen klar
begrenzten Sprechakt bezogen, im ersten Fall Zungenrede, im zweiten Fall Prophetie. In V 35 verbietet Paulus
einen Sprechakt im Kontext der Prophetie. Nicht der
Vers selbst, sondern der Kontext definiert ihn deutlich.
Somit legt sich für V 35 der Schluss nahe, dass Paulus
ein bestimmtes Reden der Frauen untersagt, und das ist
nach dem Aufbau des Abschnittes sehr wahrscheinlich
die Prüfung der Prophetie.
8. Frauen reden und schweigen im
Gottesdienst
Paulus verbietet den Frauen also nicht pauschal den
Mund. V 34 enthält keinen Widerspruch zu 11,5, wie
unsere Analyse gezeigt hat. Beide Verse sind vollständig
in Harmonie. Nach 11,5 ist den Frauen selbstverständlich die prophetische Rede im Gottesdienst gestattet.
Auch sie sind Trägerinnen des Heiligen Geistes und mit
geistlichen Gaben beschenkt. Eine Gemeinde verarmt,
wenn sie auf den Dienst von Frauen verzichtet. Die
Frauen verkümmern, wenn ihnen der Mund verboten
wird. Und das Zeugnis für den Herrn wird unglaubwürdig.
Andererseits hat Paulus ein klares Schweigegebot ausgesprochen. Dies ist allgemein gemeint:
• Es gilt allen Gemeinden (V 33b).
• Es ist Ausdruck der Unterordnung der Frau unter
den Mann.
• Es wird mit dem „Gesetz“ begründet.183
• Es gilt nur in Bezug auf die Prüfung der Prophetie.
Frauen sollen also bei der Prüfung der Prophetie
schweigen und sich nicht zu Herrinnen der Gemeinde aufschwingen. Diese Prüfung der Prophetie wäre
eine Funktion der autoritativen Lehre, die Paulus auch
anderswo den Frauen untersagt (1Tim 2,12). Frauen
sollen nicht im Gottesdienst lehren. Darum sollen sie
auch bei der Prüfung der Prophetie schweigen, d.h. sie
sollen ihre persönliche Prüfung nicht vor der Gemeinde ausbreiten.
9. Die Unterordnung
Mit der Prüfung der Prophetie würden die Frauen Gottes Ordnung durcheinanderbringen. Darum ist das Gegenteil vom Reden hier Unterordnung: „sondern sie
Sie wollen die Bibel so nehmen, wie sie steht. Doch sollte man nie
den Kontext einer Aussage vernachlässigen, weil sonst Auslegung
und Anwendung der Bibel in Schieflage geraten.
183
Nämlich der Schöpfungsordnung, wie wir weiter unten sehen
werden.
182
sollen sich unterordnen“. Folgende Hinweise werfen
ein Licht auf die Bedeutung dieser Aufforderung:
• V 35 spricht das Verhältnis zu den Männern an. Deshalb ist es auch an dieser Stelle wahrscheinlich, dass
dieses Verhältnis gemeint ist.
• Paulus begründet die Forderung mit dem „Gesetz“.184 Nach der Auffassung des Paulus lehren sowohl 1Mos 2 als auch 1Mos 3 die Unterordnung der
Frau unter den Mann (vgl. 1Tim 2,13f.). Mindestens
auf eines der beiden Kapitel spielt er hier an.
• In Kap 11 argumentiert Paulus mit der Schöpfungsordnung: Der Mann ist das Haupt der Frau (11,3).185
Auch dort sprach Paulus vom Zueinander von Mann
und Frau im Gottesdienst (11,2-16).
• In 11,8-9 argumentiert Paulus mit der Schöpfung
(1Mos 2), um das Hauptsein des Mannes und die
Pflicht der Kopfbedeckung für die Frau zu begründen.
Somit legen sich für V 34 folgende Schlüsse nahe:
• Die von Paulus angemahnte Unterordnung bezieht
sich auf die entsprechend begabten Männer (als
Leiter und Lehrer) der Gemeinde.
• Paulus meint mit dem Gesetz 1Mos 2.186
• Die Unterordnung der Frau entspricht der Schöpfungsordnung, nach der der Mann das Haupt der
Frau ist.
• Die Gemeinde (Erlösungsordnung) hebt die Schöpfungsordnung nicht auf. Gott hat gute Strukturen
von Leitung und Führung mit seiner Schöpfung
gewollt (vgl. 1Mos 1,28). Diese Struktur ist auch in
der Gemeinde wirksam.187
10. Keine Hintertür für die Beurteilung der
Prophetie (V 35)
Die Frauen sollen die Prophetie nicht beurteilen. Doch
sie könnten durch eine Hintertür doch noch eine Prophetiebeurteilung vornehmen: indem sie ein paar gezielte Fragen stellen. Sie könnten mit ihren Fragen fast
ebenso deutliche Lehrurteile geben wie mit Aussagen.
Darum verschließt Paulus ihnen diesen Weg. Sie sollen
zuhause die Männer fragen.188 Das Hinterfragen würde
der Frau nicht Ehre, sondern Unehre bereiten vgl. 11,2-16).
Griechisch „nomos“. Dieses Wort bezieht sich entweder auf das
AT insgesamt oder speziell die 5 Bücher Mose (hebräisch Tora =
Gesetz/Weisung, Lehre).
185
Auch an anderen Stellen definiert Paulus das Zueinander von
Mann und Frau mit den Begriffen Haupt, Unterordnung und Liebe
(Eph 5,22-33; Kol 3,18f).
186
Vgl. Carson, Silent, S. 152;Thiselton, First Corinthians, S. 1153f.
Andere beziehen es auf 1Mose 3,16. Doch dies ist eine Fluchordnung und keine rein positive Ordnung für das Zusammenleben
in Ehe oder Gemeinde. 1Mose 3,16 ist einerseits Bewahrung der
Schöpfungsordnung und andererseits eine biblische Basis für den
Geschlechterkampf. Das Wort „Verlangen“ in dem Vers ist nämlich
vom Kontext her negativ zu verstehen (vgl. 1Mose 4,7: dasselbe
Wort!).
187
Ansonsten dürfte es auch keine Gemeindeleitung (Älteste) geben.
Nicht umsonst stärkt das NT die Position von Ältesten und macht
ihnen Mut, Leitungsverantwortung zu übernehmen (vgl. 1Tim 3,1;
5,17; 1Petr 5,2).
188
Man sollte diesen Vers nicht zu pedantisch überstrapazieren und
Paulus mit Fragen infrage stellen: „Was ist mit den Unverheirateten? Was ist mit den Frauen, die ungläubige Männer haben?“ Ist
dies vielleicht die Seuche der Fragen, wie Paulus sie mit diesem
Vers gerade vermeiden möchte? Paulus gibt nur eine allgemeine
Anweisung und keinen Verhaltenskodex für jede beliebige Situation.
184
31
11. Anweisung an die gesamte Gemeinde (V36)
Mit V 36 wendet sich Paulus an die gesamte Gemeinde. Nicht mit den Frauen hat Paulus das eigentliche
Problem, sondern mit einer überheblich gewordenen
Gemeinde:
• Sie meint vom allgemeinen Konsens der Kirche
Christi abweichen zu dürfen (11,16; 14,33b).
• Sie hält sich für besonders geeignet, das Wort Gottes
auszulegen (14,36).
• Darum führt sie respektlos neue Sitten ein, ohne
diese sorgfältig bedacht zu haben (keine Kopfbedeckung [vgl. 11,5]; Frauen beurteilen Prophetie
[14,34]).
Dieser Überheblichkeit möchte Paulus mit V 36 den
Zahn ziehen, indem er ihr Denken infrage stellt: „Haltet
ihr euch ernsthaft für den Mittelpunkt der Welt?“ Die
klare Antwort der Korinther muss sein: „Nein, da haben
wir wohl einen Fehler gemacht!“
12. Zusammenfassung
1Kor 14,33b-36 ist ein umstrittener Text, weil die Forderung des Paulus auf den ersten Blick so harsch wirkt.
Dennoch enthält der Abschnitt eine gesunde Lehre für
die Gemeinde. V 33b-35 beziehen sich nämlich auf die
Prüfung der Prophetie. Daran sollen Frauen sich nicht
beteiligen. Das Schweigegebot ist nicht absolut gemeint, sondern auf die Prüfung der Prophetie bezogen.
Es entspricht der Schöpfungsordnung, wie Paulus sie
auch anderswo lehrt, wonach der Mann das Haupt der
Frau ist. Eine öffentliche Bewertung der Prophetie wäre
autoritative Lehre und würde damit die Schöpfungsordnung unterminieren, nach welcher der Mann das Haupt
der Frau ist.
C. 1. Timotheus 2,8-15189
1. Historischer Hintergrund
Paulus schreibt an Timotheus (1,1-2) in Ephesus (1,3).
Eine wichtige Aufgabe bestand für Timotheus darin,
falsche Lehre wieder zurecht zu rücken (1,3-7). Denn
in die dortige Gemeinde war eine falsche Lehre eingedrungen (1,6-7; 1,19-20; 6,3-5+20). Diese Irrlehre hatte
offensichtlich mit Leibverachtung zu tun (4,3+8) und
konnte auch auf einige Frauen erheblichen Einfluss
gewinnen (1Tim 5,11-15; 2Tim 3,6). Natürlich betraf
die Irrlehre auch Männer und scheint von ihnen ausgegangen zu sein (1Tim 1,20; 2Tim 2,17), wahrscheinlich
sogar einige Älteste (vgl. Apg 20,29-30), so dass Timotheus nun auch neue Älteste einsetzen muss (1Tim
3,1-7). Später fordert Paulus ihn auf, die Lehre anderen
anzuvertrauen und selbst zu kommen (2Tim 2,2; 4,21).
2. Der Zusammenhang (Literarischer Kontext)
In 2,1-2 fordert Paulus zum Gebet für alle Menschen
und besonders für die Obrigkeit auf. Dies entspricht
189
Allgemein werden in der kritischen Theologie die Pastoralbriefe
(Timotheusbriefe;Titusbrief) Paulus abgesprochen. Wir gehen von
paulinischer Verfasserschaft aus (vgl. Schlatter, Kirche der Griechen; Jeremias, Timotheus; Holtz, Pastoralbriefe; Fee, Timothy;
Knight, Pastoral Epistles).
32
der universalen Bedeutung des Heilsangebotes (V 3-4).
Das ruhige und stille Leben (V 2) ist somit kein Selbstzweck, sondern dient der Mission.
Im nachfolgenden Text (3,1-13) gibt Paulus Anweisungen für die Qualifikationen von Gemeindeleitern (Ältesten190) und Gemeindedienern (Diakonen).
2,8-15 fügt sich gut in diesen Zusammenhang ein.
Zunächst wird das Gebet in V 8 wieder aufgegriffen,
dann das ruhige und stille Leben (V 2) in V 11-12. Auch
das Thema Rettung (V 4) findet Erwähnung (V 15).
Besonnenheit wird als Charaktereigenschaft nicht nur
bei den Frauen (2,9+15), sondern auch beim Mann
(3,2) geschätzt. Der Älteste soll Lehrgeschick beweisen
(3,2), die Frau dies jedoch gerade nicht im Gottesdienst
(2,12).
3. Aufbau
Der Abschnitt zerfällt in 2 ungleiche Teile:
• V 8: Männer im Gottesdienst.
• V 9-15: Frauen im Gottesdienst.
Das Hauptgewicht liegt also auf dem Verhalten der
Frauen. Vielleicht war aus der Situation der Gemeinde
ein längeres Wort für die Frauen vonnöten.
Der zweite Abschnitt (V 9-15) gliedert sich dann folgendermaßen
• 2 Weisungen (V 9-12)
• äußerlicher und wahrer Schmuck (V 9-10)
• lernen und lehren (V 11-12)
• 2 Begründungen (V 13-14)
• aus der Schöpfung [1Mos 2] (V 13)
• aus dem Sündenfall [1Mos 3] (V 14)
• 1 Ermutigung (V 15)
4. Männer im Gottesdienst (V 8)
Die Männer werden zum Gebet aufgefordert. „An jedem Ort“ bezieht sich wohl auf die Hauskirchenstruktur der Gemeinde in Ephesus. Überall, wo die Gemeinde sich versammelt, soll so gebetet werden. Natürlich
schließt dies nicht aus, dass auch Frauen in Gottesdiensten beten (vgl. 1Kor 11,5; siehe zur Stelle). Betont sind
bei den Männern die Begleitumstände des Gebetes:191
ohne Zorn und Zweifel. Der Inhalt des Gebetes könnte
ohne weiteres aus V 1-2 ergänzt werden: Fürbitte für
alle Menschen, damit sie gerettet werden.
5. Frauen im Gottesdienst (V 9-15)
Die Länge oder Kürze von Texten zu einem Thema ist in
der Bibel nicht von vornherein eine Wertung. Sie hängt
in der Regel mit den Bedürfnissen der Leser zusammen.
In Ephesus war wohl aufgrund der Irrlehre über die
Ehe (1Tim 4,3) und über die Rolle der Frau (1Tim 5,15)
einige Verwirrung eingetreten. So rückt Paulus hier
Missverständnisse zurecht und entwirft eine konstruktive Sicht von der Frau im Gottesdienst.
Der Rahmen, in dem Paulus spricht, ist der Gemeindegottesdienst und nicht der private Haushalt: Dies geht
aus folgenden Hinweisen hervor:
Zur Gleichsetzung des Begriffs Ältester (presbyteros) und Bischof (episkopos) bei Paulus vgl. Apg 20,17+28.
191
Allgemein hob man zum Gebet die Hände empor. So schon im AT
(vgl. Jes 1,15). So tat es das Judentum und das Heidentum.
190
• Das Wort „desgleichen“ in V 9. Es stellt die Anweisungen für Frauen auf eine Stufe wie die für die
Männer (V 8). Und dort war der Rahmen Gottesdienst (an allen Orten).
• Lernen und Lehren (V 11-12) sind nur im Zusammenhang des Gottesdienstes sinnvoll zu verstehen.
• Grundsätzlich war den Frauen Lehre nicht verboten,
sondern sogar erwünscht (Tit 2,3).
• Männer wie Frauen sind in der Mehrzahl angesprochen. Das macht nur Sinn im öffentlichen Rahmen,
also dem Gottesdienst.
• Die „Aufmachung“, die Paulus kritisiert, sorgte kaum
im stillen Kämmerlein für Aufsehen.
8. Exkurs: Haarfrisuren, Schmuck und Kleidung
Paulus fordert von den Christinnen seiner Zeit keine
besondere Entsagung ihrer Schönheit. Er ist an Tugend
interessiert, für die auch Kleidung ein äußerer Ausdruck
ist. Ähnlich argumentierten in seiner Zeit auch die
Heiden.194 Von der griechischen oder römischen Frau
wurde traditionell Zurückhaltung in Bezug auf Kleidung und Frisur erwartet. Die Mode veränderte sich
erst mit der Kaiserzeit, wo Frauen aufwendige Frisuren
zur Schau stellten.195 Diese Mode breitete sich von Rom
her auch bis Ephesus aus. Paulus möchte hingegen, dass
Frauen auf solche Extravaganzen für ihr Äußeres verzichten.
6. Die erste Weisung: äußerlicher und wahrer
Schmuck (V 9-10)
Die Weisung an die Frauen in V 9 und 10 setzen den
Satz in V 8 fort. Dort sagte Paulus ein deutliches „ich
will“. Damit äußert er keine private Meinung, sondern
spricht mit apostolischer Autorität.192 So stehen auch
die Weisungen über den Schmuck unter der apostolischen Autorität.
Der in V 9 erwähnte Schmuck setzt einen gewissen
Wohlstand voraus. In der Gemeinde in Ephesus waren
durchaus Reiche vorhanden (vgl. 6,17-19). Den Wohlhabenden wird wie den Frauen in V 10 geboten, gute
Werke zu tun (6,18). Auch dem Stolz wehrt Paulus dort
(6,17). So könnten die Verse 9 und 10 vielleicht besonders die reichen Frauen im Blick haben. Statt mit dem
Geld zu prahlen und teuren Schmuck und aufwendige
Garderobe zu präsentieren, könnten sie mit dem Geld
auch gute Werke tun. Eine allgemeine Weisung zur Zurückhaltung finden wir auch in 1Petr 3,3-4.
9. Der wahre Schmuck der Frau (V 10)
Christinnen (wie die Männer der Gemeinde) sollten in
erster Linie auf eine Zierde ihres Charakters bedacht
sein, die durch äußerliches Beiwerk nicht ersetzbar
ist: gute Werke. Diese sind die natürliche Folge der
„Frömmigkeit“ (oder Gottesfurcht; Gottesverehrung).
Sie zeichnen einen christlichen Charakter aus, bei
Frauen (vgl. 1Tim 5,10) und bei Männern (1Tim 6,18).
Darum sollte das Augenmerk der Christen (und hier der
Christinnen) viel mehr auf ihrem Wirken als auf ihrer
äußeren Wirkung liegen.
7. Der äußere Schmuck der Frau (V 9)
Paulus möchte, dass die Frauen sich schmücken.193 Er
betont jedoch hauptsächlich die Art und Weise richtigen Schmuckes. Die Kleidung solle schicklich sein,
d.h. würdig und anständig. Das betonen auch die Worte
„mit Schamgefühl und Besonnenheit“. Eine Frau
soll also darauf achten, dass ihre Kleidung das Gefühl
für Anstand nicht verletzt. Die äußere Kleidung legt
auch ein Zeugnis über ihr inneres Anstandsgefühl ab.
Nicht nur den Frauen, auch den Männern (3,2: der Älteste) wird Anstand ans Herz gelegt.
Als vier Beispiele kostspieligen Schmucks, nach dem
Frauen nicht trachten sollten, nennt Paulus aufwendige Haarfrisuren, Gold- und Perlenschmuck (vgl. 1Petr
3,3), sowie teure Kleidung (vgl. Luk 7,25; 1Petr 3,4).
Gemeint ist ein zeitlich wie finanzieller Aufwand für
die äußeren Werte, der Zurückhaltung und Rücksicht
vermissen lässt. Ansonsten würde die Frau den Gottesdienst schon durch ihr Äußeres stören.
Vgl. 1Tim 5,14;Tit 3,8. Der Hauptbegriff für die paulinischen Weisungen ist „ich ermahne“ (parakaleo): z.B. Röm 12,1; 1Kor 1,10;
Eph 4,1. Er ist von der Form her identisch.
193
Dies ist von manchen Christen und Christinnen immer wieder
überlesen worden. Man argumentierte, dass Paulus und Petrus den
Frauen Schmuck verböten. Doch besagt eindeutig das Zeitwort
(Verb) „schmücken“ das Gegenteil. Die Art des Schmucks scheint
vielmehr eine Frage des guten Geschmacks zu sein. Die Bibel ist
allgemein nicht gegen Schmuck (auch für Frauen!) eingestellt. Vgl.
nur 1Mos 24,53.
192
10. Die zweite Weisung: lernen und lehren
(V 11-12)
Diese Verse sind aus mehreren Gründen heftig umstritten. Einige Anfragen an den Text lauten:
• Sollen Frauen in der Gemeinde ihren Mund halten?
• Werden Frauen als geistig weniger lehrfähig erachtet als die Männer?
• Werden Frauen nicht einfach diskriminiert?
Auslegung heißt auf den Text hören. Und so sollte auch
hier zuerst sorgfältig der Text abgehorcht werden.
Beide Verse gehören aufs Engste zusammen, wie der
Aufbau zeigt. Sie sollten darum auch zusammen gelesen
und ausgelegt werden.
V 11:
V 12:
A Ruhe
B Lernen
C Unterordnung
B’ Nicht lehren
C’ Nicht leiten
A’ Ruhe
„Periktione“:
„Was aber den Körper angeht, so soll die harmonische Frau ihn
in natürlichem Maße mit Kleidung und Nahrung versehen; sie
soll sich baden, die Haare frisieren und Gold und Edelsteine
tragen, soweit dies dem Schmuck dient. ... wenn eine Frau allzu
ausgefallene Kleider trägt, aus Stoffen, die etwa mit Purpur oder
anderer teurer Farbe gefärbt sind, zeugt das von großer Torheit.
... Darum wird die kluge Frau sich keinen Schmuck von Gold
oder indischem Stein umhängen (oder woher er kommen mag);
sie wird sich die Haare nicht zu kunstvoll flechten und ihrer
Salbe keine arabischen Düfte beimischen. Ebenso wenig wird
sie sich das Gesicht weiß oder rot schminken, die Augenbrauen
und Wimpern schwarz färben oder das ergraute Haar in Farbbändern auffrischen.“
(Zitiert nach Pomeroy, Frauenleben, S. 204-205).
195
Juvenal, Satire 6, über Frisuren seiner Zeit: „Schau, wie das hohe
Gebäude auf ihrem Kopf in Terrassen und Stöcken aufsteigt!“
(zitiert nach Baugh, Ephesus, S. 62).
194
33
11. Lernen (V 11)
V 11 enthält zunächst eine positive Aufforderung: Die
Frau soll lernen. Damit ist selbstverständlich die Fähigkeit der Frauen zu lernen eingeschlossen. Auch der
Nutzen der Lehre liegt auf der Hand. Die Frau soll die
Lehre kennen, damit sie dieselbe anwenden und auch
weitergeben kann.
Das Lernen der Frauen wird nun in diesem Vers auf
doppelte Weise qualifiziert:
• in der Stille,
• mit aller Unterordnung.
Wahrscheinlich hängen beide Bestimmungen miteinander zusammen.
12. Die Ruhe (V 11)
Der entsprechende griechische Begriff kann je nach
Zusammenhang mit Ruhe oder Schweigen übersetzt
werden. Darum haben sich verschiedene Auslegungen
ergeben:
a. Völliges Schweigen. Die Frau darf sich am Gemeindegottesdienst nicht beteiligen.196
b. Annäherndes Schweigen: Die Frau darf aber
Rückfragen zur Lehre stellen und beten.197
c. Bezeichnung des allgemeinen Verhaltens der
Frau, ohne dass sie zum Schweigen genötigt sei.198
Die Auslegungen sind nicht einfach zu bewerten, weil
sie je auch ein bestimmtes Frauenbild voraussetzen.
Zu a.) Völliges Schweigen.
Diese Aussage kann kaum richtig sein, weil die Frau
laut 1Kor 11,5 im Gottesdienst betet und prophetisch
redet.199
Zu b.) Annäherndes Schweigen.
Diese Auslegung ist offensichtlich eine Verlegenheitslösung. Da man Stille nicht im allgemeinen Sinn auffassen
möchte, soll die Frau zwar ruhig, aber doch nicht still
sein. Im Grunde gilt ein solches Verhalten, nämlich Besonnenheit, für jeden Christen, Mann wie Frau.
Zu c.) Allgemeines Verhalten der Frau.
Die Erklärung aus der aufgeregten Situation in Ephesus
heraus, welche die Frauen verwirrt hat, macht durchaus
Sinn. Auch der Verweis auf 2,2, wo vom stillen Leben in
allgemeinem Sinn die Rede ist, zeigt, dass Paulus auch
hier nicht ein absolutes Schweigen fordert. Doch allein
auf die Situation abzuheben, wird dem Text (besonders
V 13) nicht gerecht.
Vers 11 gehört mit V 12 zusammen, wie der Aufbau
zeigt. Stille bildet den Rahmen. Die Weisung in V 12
wird mit der Schöpfungsordnung in V 13 begründet.
Somit kann Stille hier auch nicht nur eine vorübergehende Situation bezeichnen. Paulus stellt vielmehr die
gute Ordnung angesichts des Fehlverhaltens mancher
Frauen in Ephesus wieder auf den Leuchter. Ein stiller
Charakter zeichnet die Frau aus. Sie ist nicht rebellisch
gegen Gottes Schöpfungsordnung, wie die Christen
nicht gegen die staatliche Ordnung rebellieren.
13. Weder Lehre noch Autorität über den Mann
(V 12)
„Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch
nicht, dass sie über den Mann Herr sei, sondern
sie sei still.“ Wenige Sätze haben den Apostel Paulus so
in Misskredit gebracht wie dieser. Auch ist dieser Satz
dazu missbraucht worden, Frauen jegliches Mitwirken
am Gemeindegeschehen zu verübeln. V 12 betrifft die
gottesdienstliche Situation. Soviel ist unstrittig.200 Doch
wird heftig gestritten, wie der Vers denn auszulegen sei.
a. Nicht von Paulus
Kritiker machen es sich relativ einfach: Hier
spräche nicht mehr der Paulus von 1Kor 11, der
Frauen erlaube zu beten und zu prophezeien. Auch
1Kor 14,34-35 scheiden sie aus dem paulinischen
Text als spätere Hinzufügung aus. So geht also die
Ablehnung paulinischer Verfasserschaft mit einer
allgemeinen Abwertung des theologischen Inhaltes
einher.201
b. Zeitbedingt
Manche möchten diesen Vers als zeitbedingt
verstehen, weil die Gesellschaft allgemein Frauen
nicht entgegenkam und die Christen diesen gesellschaftlichen Rahmen nicht zu sprengen hätten. So
müsse heute ein anderer Maßstab gelten.202
c. Situationsbedingt
Andere wiederum lesen diesen Vers situationsbedingt, weil Paulus einen Missstand in Ephesus
korrigieren wollte.203
d. Allgemeingültig
Die letzten verstehen unter diesem Vers eine allgemeingültige Weisung für alle Christinnen zu
jeder Zeit. Sie verweisen auf V 13, wo Paulus mit
der Schöpfungsordnung argumentiere.204
Um eine letztgültige Wertung vornehmen zu können,
müssen wir zunächst den Vers betrachten.
14. Nicht lehren (V 12a)
„Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre.“ Wie
in V 8 finden wir auch in V 12 nicht die Privatmeinung
des Paulus, sondern er spricht wie dort mit apostolischer Autorität.205 Diskutiert wird von evangelikaler
Seite nur die Frage, um welche Lehre es sich handelt:
a. Falsche Lehre.
b. Richtige Lehre im Gottesdienst.
Der Hintergrund dieser Weisungen ist ja nach wie vor
der christliche Gottesdienst.
Es wäre unsinnig, diesen Satz verallgemeinern zu wollen. Oder
sollten Frauen grundsätzlich gar nichts mehr sagen?
201
So deutlich Oberlinner, 1Timotheus, S. 93-95 und Roloff, 1Timotheus, S. 147, der kräftig Sachkritik an dieser Weisung übt, um die
Würde der Frau zu schützen, die vom NT insgesamt gelehrt werde.
202
So manche Evangelikale, die sowohl den Text als auch die heutigen
gesellschaftlichen Bedingungen akzeptieren möchten.
203
So scheint es Fee, 1Timothy, S. 73+77, anzudeuten.
204
Schreiner, Interpretation, S. 146.
205
Dies wird so allgemein von den Auslegern anerkannt, auch wenn
das Zeitwort eher unüblich ist.
200
Wohlenberg, Pastoralbriefe, S. 118, mit Verweis auf 1Kor 14,34.
Doch vgl. die Auslegung zur Stelle. Bauer/Aland, Wörterbuch, Sp.
707: „Stillschweigen“.
197
So in etwa Schreiner, Interpretation, S. 140.
198
Fee, 1Timothy, S. 72, mit Verweis auf 2,2. Er meint, dass Paulus
damit die Geschwätzigkeit, die aus 5,13 hervorgeht, zurückweisen
möchte.
199
Vgl. die Auslegung zur Stelle.
196
34
Zu a.) Falsche Lehre
Dass Paulus hier lediglich die falsche Lehre verbietet, ist eine verlockende Variante. Schließlich gab es in
Ephesus ja das Problem mit der Irrlehre und Frauen waren auch irgendwie betroffen. Doch ist diese Auslegung
trotzdem abzulehnen.
• Auch Männer waren in die Häresie verstrickt und
verbreiteten sie sogar (vgl. 1Tim 1,19f.; 2Tim 2,1618). Warum sollte Paulus dann nur Frauen die falsche Lehre verbieten und nicht den Männern gleich
mit?
• „Lehren“ steht ganz allgemein im Text. Als ein solcher Begriff bezeichnet es immer die richtige Lehre
(vgl. 1Tim 2,7; 3,2; 4,6.11.13.16 u.ö.), es sei denn
der Zusammenhang deutet an, dass es als Irrlehre
zu verstehen ist (z.B. in 1Tim 1,3; 2Tim 3,7). Nichts
jedoch im Zusammenhang lässt sich für die Bedeutung Irrlehre heranziehen.
Zu b.) Richtige Lehre
Es muss sich also um richtige Lehre handeln. Als Ort
der Lehre ist der Gemeindegottesdienst vorauszusetzen. Dies wird von folgenden Argumenten unterstützt:
• Der gottesdienstliche Rahmen prägt den ganzen
Abschnitt.
• Lehre in anderen Kontexten bezeugt das Neue Testament den Frauen durchaus:
•
Ältere Frauen lehren jüngere (Tit 2,3).
•
Mutter und Großmutter lehrten Timotheus
(2Tim 1,5; 3,15).
•
Priska und Aquila lehrten privat im Haus
(Apg 18,26).
• Der Begriff „Lehren“ ist an sich positiv, wie oben
gezeigt.
Diesen Befund zusammengenommen, fassen wir am
einfachsten „Lehren“ als richtige Lehre auf. Frauen gestattet der Apostel Paulus nicht, die Gemeinde aus Männern und Frauen im Gottesdienst zu lehren.
15. Autorität über den Mann ausüben (V 12b)
Ich gestatte einer Frau nicht, über einen Mann zu
herrschen (griech. authenteo). Manche Fragen sind
mit dieser Weisung des Paulus verbunden. Das Wort authenteo erscheint nur einmal im Neuen Testament.206
Früher waren ältere Belege aus der griechischen Welt
vor Paulus nicht bekannt.207
a. Die Bedeutung: Was bedeutet das Wort eigentlich?
b. Negativer Beigeschmack? Handelt es sich um
einen neutralen Begriff oder ist das Zeitwort authenteo (Autorität ausüben) negativ belastet?208
Hapax Legomenon. Der allgemeine Sinn kann nur aus dem griechischen Sprachgebrauch außerhalb des Neuen Testaments erschlossen werden. Genau eingrenzen lässt sich die Bedeutung dann vom
Zusammenhang in 1Tim 2 her. Vgl. hierzu Baldwin, Ein schwieriges
Wort, S. 85f.
207
Daraus schlossen ältere Kommentatoren, dass es sich um einen
speziell christlichen Begriff handele (vgl. Weiss, Timotheus, S. 124
und Wohlenberg, Pastoralbriefe, S. 118, Anmerkung 2). Dies ist
längst widerlegt, da vorchristliche Belege des Zeitwortes gefunden
wurden.
208
So z.B. Kuen, Frau, S. 192-195.
206
c. Eine zweite Tätigkeit? Handelt es sich bei authenteo nur um eine Erklärung zu lehren (V 12a)
oder hat der Begriff einen selbständigen Inhalt?
Zu a.) Bedeutung
Das Standardwörterbuch zum Neuen Testament übersetzt mit herrschen.209 Baldwin schlägt nach sorgfältiger Analyse des Begriffes eine Bedeutung vor, die mit
Autorität zusammenhängt.210 Köstenberger präzisiert
den Sinn auf Autorität haben oder ausüben.211
Zu b) Negativer Beigeschmack?
Oft wird angedeutet, dass der Begriff in 1Tim 2,12
einen negativen Beigeschmack habe.212 Dann würde
Paulus den Frauen nicht gestatten, [ihre] Männer zu
dominieren oder gar zu tyrannisieren. Doch steht diese
Interpretation auf tönernen Füßen.
• Zunächst kommt es niemandem zu, andere zu dominieren, auch Männern nicht, egal, wen und in welchem Zusammenhang.
• Außerdem stellt das Bindewort (Konjunktion)
“auch nicht“ (griechisch „oude“) lehren und herrschen unter dasselbe Urteil.213
Autorität ausüben/haben wird als die beste Übersetzung des Begriffes vorgeschlagen. An sich ist Autorität
nicht negativ, den Menschen im Kulturauftrag 1Mos 1,28
sogar als Schöpfungsordnung aufgetragen. Nur sagt
Paulus, dass der Frau nicht Autorität über den Mann
zukommt. Weil dies für das Zueinander von Mann und
Frau grundsätzlich gilt, wird es auch in der Gemeinde
nicht aufgehoben.
Zu c) Eine zweite Tätigkeit?
Beide Begriffe stehen im griechischen Text nicht direkt
nebeneinander. Die Reihenfolge ist folgendermaßen:
„zu lehren gestatte ich einer Frau nicht, auch
nicht zu herrschen über den Mann.“ „Lehren“ und
„herrschen“ stehen also relativ weit auseinander. Dies
lässt in Verbindung mit dem Gebrauch des Bindewortes
„oude“ (= auch nicht) darauf schließen, dass Paulus
zwei getrennte Tätigkeiten untersagt.214 Übersetzungen
wie „autoritär/anmaßend lehren“ sind daher falsch.
Paulus untersagt den Frauen zwei Dinge: 1. Lehren im
Gottesdienst, 2. Autorität über den Mann ausüben.
Bauer/Aland, Wörterbuch Sp. 242.
Baldwin, Ein schwieriges Wort, S. 88. Baldwin untersucht dazu alle
relevanten Passagen griechischer Schriftsteller.
211
Köstenberger, Satzstruktur, S. 113. Köstenberger untersucht gründlich die Satzstruktur von 1Tim 2,12 anhand neutestamentlicher
und anderer griechischer Literatur. Bedeutungen wie „sich selbst
als den Ursprung von jemandem ansehen“ (Kroeger und
Kroeger) oder ähnliche sind eher das Produkt eigener Kreativität
als gewissenhafter Wortanalysen.
212
Z.B. Oberlinner 1Timotheus, S. 96, der sich allerdings die Mühe
einer eigenen Analyse spart. Außerbiblisch ist ein positiver wie ein
negativer Sinn des Begriffes belegt. Der Zusammenhang in 1Tim
2,12 muss also darüber entscheiden, wie der Begriff an der betreffenden Stelle verwendet wird.
213
So Köstenberger, Satzstruktur, S. 89-113, der die betreffenden Stellen im Neuen Testament und der übrigen griechischen Literatur
untersucht. Die nächste grammatikalische Parallele zu 1Tim 2,12
ist Apg 16,21.
214
Folglich liegt hier kein Hendiadys/Hendiadyoin (zwei Begriffe
meinen nur eine Sache) vor, wie Kuen, Frau, S. 196 im Anschluss
an P.B. Payne meint.
209
210
35
16. Frau und Ältestenamt
Die Frau soll also nicht über den Mann herrschen/
Autorität über den Mann ausüben. Dies wird am ehesten auf das Ältestenamt zu beziehen sein, wofür folgende Gründe sprechen.
• Im nachfolgenden Abschnitt ist von Ältesten die
Rede (1Tim 3,1-7).
• Das Ältestenamt ist ein deutlich männliches
(1Tim 3,2: „Mann einer Frau“).
• Dafür spricht auch, dass das NT keine weiblichen
Ältesten kennt, jedoch weibliche Diakone
(Röm 16,1-2; höchstwahrscheinlich 1Tim 3,11).
• Jesus hatte zwar auch Jüngerinnen (Luk 8,2-3), aber
nur männliche Apostel, die späteren Leiter der Gemeinde Jesu.
17. Nochmals Ruhe (V 12c)215
Luther ’84 übersetzt: „sondern sie sei still.“216 Diese
Übersetzung ist unglücklich; denn wörtlich sollte man
eher sagen: „sondern sie sei in der Stille/Ruhe.“
Für ein Schweigegebot hätte sich das Zeitwort (Verb)
„schweigen“ angeboten, das Paulus hier wie in V 11
nicht wählt. Das Hauptwort Stille/Ruhe ist umfassender
und ist in diesem Vers der Gegensatz zu „lehren“ und
„Autorität über den Mann haben“. Wie in V 2 bezeugt
es eine positive Einstellung zu einer Autoritätsstruktur:
dort (V 2) die Obrigkeit, unter der die Christen ein
ruhiges/stilles Leben führen, hier (V 12) die Leitung
der Gemeinde und die Lehrer im Gottesdienst, denen
sich die Frauen unterordnen. Dies tun sie nicht einfach
schweigend, sondern in einer angemessenen Haltung,
die Gottes Ordnung nicht stören will.
18. Die Begründungen (V 13-14)
Paulus gibt, wie häufig nach Weisungen, auch einen
Grund dafür. In V 13 und 14 bietet er eine doppelte
Begründung für das Zueinander von Mann und Frau an:
• V 13: Aus der Schöpfung (1Mose 2).
• V 14: Aus dem Sündenfall (1Mose 3).
Manche beziehen die zweite Begründung (V 14) auf
die erste Weisung bezüglich des Schmuckes der Frau
(V 9-10).217 Doch scheint es angezeigter, beide Begründungen auf V 12 (oder V 11 und 12) zu beziehen.218 Der
Gedankengang ist dann folgender: Die Frau soll nicht
aus der Autoritätsstruktur ausbrechen (indem sie den
Mann lehrt oder Autorität über ihn ausübt). Und dies
aus zwei Gründen:
• Positiv: weil Gott die Ordnung in der Schöpfung
begründet hat (V 13).
• Negativ: weil dieses Ausbrechen aus der Ordnung in
Eva ein schlechtes Vorbild hat (V 14).
19. Der positive Grund aus der Schöpfung (V 13)
In Vers 13 nennt Paulus einen ersten Grund für die Weisung mindestens in V 12: Denn Adam wurde zuerst
gemacht, danach Eva. Deutlich greift Paulus hier auf
1Mose 2 zurück, wo zuerst die Erschaffung Adams und
dann die Erschaffung Evas aus der Rippe des Mannes
berichtet wird. Unterstrichen wird dieser Bezug noch
durch die Wortwahl. Denn die revidierte Elberfelder
übersetzt genauer als Luther ’84 mit „gebildet“ (griechisch „plasso“, das Zeitwort, das die griechische
Übersetzung auch in 1Mose 2,7 verwendet).
Das theologische Gewicht dieser Begründung ist
enorm, wenn Paulus hier tatsächlich eine Schöpfungsordnung lehren will.219
Einige gute Gründe sprechen dafür, dass Paulus hier
von einer Schöpfungsordnung redet.
• Paulus lehrt eine Schöpfungsordnung mit dem
Mann als Haupt der Frau (1Kor 11,3), die das Miteinander von Männern und Frauen beeinflusst.
• Er verweist als Argument ausdrücklich darauf, dass
Adam zeitlich vor Eva geschaffen wurde. Dies ist
mindestens eine zeitliche Ordnung.
• Diese zeitliche Ordnung ist Begründung für die in
V 11-12 angeführte Autoritätsstruktur.
• Für Paulus muss 1Mose 2 also eine Ordnung von
Herrschaft/Leiterschaft beinhalten.220
Fee, 1Timothy, S. 77. Marilyn B. Smith und Ingrid Kern (Hrsg.),
Ohne Unterschied, bestreiten, dass man 1Mos 2 für eine Schöpfungsordnung mit einer „Autoritätsperson“ heranziehen dürfte
(S. 34). Dies sei eine „Vorstellung, die in den Text hineingelesen
wird.“ (S. 34).
220
Smith und Kern ignorieren diesen Sinn einfach (vgl. dies., [Hrsg.],
Ohne Unterschied, S. 99). Sie versteigen sich dort sogar zu der
Aussage, dass „jede Unterordnung bzw. jedes Herrschen ... eine
Konsequenz der Sünde“ sei. Dieser Satz mutet eher marxistisch
als biblisch an! Paulus wolle ihrer Meinung nach die Gnosis mit
ihrer Lehre vom androgynen Urmenschen zurückweisen (S. 100;
übernommen von John Temple Bristow). Hierbei tun sie so, als sei
die gnostische Irrlehre, welche die Gemeinde in Ephesus bedrohte
(Gnosis [= Erkenntnis] in 1Tim 6,20) mit der Irrlehre des 2. Jahrhunderts gleichzusetzen, obwohl nur Quellen aus dem 2. Jahrhundert zur Verfügung stehen. Nicht nur hier, überhaupt, strotzt
das Buch von methodischen Unzulänglichkeiten und einseitiger
Literaturauswahl, die das Anliegen, Frauen zu ihrem (hoffentlich!)
biblischen Recht zu verhelfen, sehr schmälern.
Herrschaft hat nicht von sich aus mit Sünde zu tun (vgl. nur 1Mos
1,28). Christen werden zur Unterordnung unter den Staat aufgefordert (Röm 13; 1Petr 2). Paulus war die Einsetzung einer Gemeindeleitung in Ephesus ein wichtiges Anliegen, zu der geeignete
Männer sorgsam ausgewählt werden sollten (1Tim 3).
219
Siehe auch oben zu V 11.
216
In diesem Sinne verstehen es auch manche Ausleger (z.B. Roloff,
1Timotheus, S. 126: „sich schweigend verhalten“; Oberlinner, 1Timotheus, S. 82: „in Stillschweigen sich verhalten“), die sich dann
auch nicht scheuen, diese restriktive Weisung gegen den wahren
Paulus von 1Kor 11,5 auszuspielen.
217
Somit hätten wir einen spiegelbildlichen Aufbau (Chiasmus) der
Verse 9-14 (vgl. die Dissertationen von Küchler, Schweigen, S. 13;
und Wagner, Ordnung, S. 72):
A
Weisung über den Schmuck (V 9-10)
B
Lehrverbot (V 11-12)
B’ Begründung des Lehrverbotes (V 13)
A’
Begründung des Schmuckverbotes (V 14)
So anziehend kunstvolle literarische Strukturen auch sein mögen:
die Verbindung von V 14 zum Schmuck in V 9-10 wirkt sehr gekünstelt. Oftmals wird einfach ein Verständnis von V 14 (sexuelle
Verführung durch die Schlange) vorausgesetzt, das Paulus nicht im
entferntesten andeutet. Exegese (Auslegung) sollte den einfachsten und natürlichsten Sinn einer Aussage auf den Leuchter stellen.
218
Fee, 1Timothy, S. 73, bezieht V 13-14 insgesamt auf V 9-12. Für ihn
ist der eigentlich für Paulus bedeutende Vers in der Argumentation
nicht V 13, sondern V 14. Eine Begründung dafür gibt Fee nicht,
dass er V 13 nicht berücksichtigt.
215
36
Weil Gott in der Schöpfung schon Autorität geordnet
hat,221 soll diese auch in der Gemeinde anerkannt werden. Die Erlösungsordnung hebt die Schöpfungsordnung nicht auf. Wenn der Mann zum Leiter bestimmt
ist (V 13), soll die Frau in der Gemeinde dies Verhältnis
nicht auf den Kopf stellen (V 12). In Ephesus waren
diese grundlegenden Weisungen nötig geworden, weil
die Irrlehrer auch die Schöpfungsordnungen angriffen
(vgl. 1Tim 4,3: Ehe und Speise) und offensichtlich junge
Frauen damit beeinflussen konnten (5,15).
20. Der negative Grund aus dem Sündenfall
(V 14)
Paulus nennt den zweiten Grund für seine Weisungen
in V 11-12. Diesmal verweist er auf den Sündenfall in
1Mose 3. Die Frau wurde von der Schlange zur Übertretung des Gebotes verführt. Der Begriff „verführen“
(„apateo“; „exapateo“) weist zusätzlich auf 1Mose
3,13: „Die Schlange betrog („apateo“) mich.“ Natürlich will Paulus nicht der Frau die ganze Schuld für die
Sünde anlasten, weil er andernorts die Ursünde und Tod
mit Adam verbindet (Röm 5,12-21; 1 Kor 15,21-22).222
Der Sinn von V 14 wird von den Auslegern jedoch unterschiedlich bewertet.
a. Verführbarkeit der Frau: Frauen sind für die Verführung anfälliger und weniger in der Lage, falsche
Lehre zurückzuweisen.223
b. Der eigentliche Grund: Die Frauen in Ephesus
ließen sich von den Irrlehren verführen wie Eva
von Satan. V 14 ist der eigentliche Grund für die
Zitierung von V 13 und 14.224
Zu a.) Verführbarkeit
Schreiner selbst gibt zu, dass Frauen nicht pauschal als
weniger rational bestimmt angesehen werden dürfen
als Männer.225 Dies ist auch gar nicht das Thema. Paulus
deutet auch nirgends an, dass Eva wegen ihrer besonderen Versuchlichkeit versucht wurde.226 Schreiner liest
in den Text hinein, was weder im Alten noch im Neuen
Testament angedeutet wird: eine größere Versuchlichkeit der Frau.227 Es ist vielmehr so: Frauen können lehren und sollen lehren (Tit 2,3). Diese Anweisung wäre
unsinnig, wenn sie die apostolische Lehre nicht sach-
gerecht verstehen und darstellen könnten.228 Es ist nur
eine Frage, wen und wo sie lehren.
Zu b.) Der eigentliche Grund:
Fee sieht richtig, dass Paulus das Beispiel der Eva als
von Satan Verführter mit Bedacht auf die Situation
in Ephesus gewählt haben wird (vgl. 1Tim 5,15). Die
Frauen haben schon ein schlechtes Beispiel in ihrer
Ahnmutter Eva und sollten nicht noch zusätzlich ihr
eigenes hinzufügen. Doch V 13 einfach zu übergehen,
nimmt der Begründung des Paulus das schöpfungstheologische Gewicht.229
21. Verkehrung der Schöpfungsordnung
In V 11-13 geht es in jedem Vers um eine Ordnung. Sie
hat jeweils etwas mit Autorität zu tun. V 14 liefert einen
weiteren Grund für die Anweisungen in V 11-12. Dann
sollte man auch V 14 als einen Hinweis auf die Autoritätsstruktur sehen. Nur ist sie hier nicht intakt. Eva hat
sich verführen lassen, ist dabei aus dem schöpfungsgemäßen Zueinander von Mann und Frau ausgebrochen,
in Sünde geraten und hat ihren Mann an ihrer Sünde
beteiligt (1Mose 3,6). Diese Auslegung entspricht sowohl V 11-13, V 14, als auch 1Mose 3. Paulus möchte die
Frauen also positiv motivieren, die Ordnung zu bewahren (V 13), als auch negativ warnen, die Ordnung zu
verlassen (V 14).
22. Die Ermutigung zur positiven Platzanweisung
der Frau (V 15)
Der Zusammenhang mit den vorangehenden Versen
liegt sicher stark in der Situation in Ephesus begründet,
wo die Irrlehrer die Ehe ablehnten (1Tim 4,3) und junge Witwen bereits verführt waren (1Tim 5,15). Darum
spricht Paulus die Frauen hier positiv an.230
23. Selig durch Kindergebären? (V 15a)
Da diese Aussage auf den ersten Blick so befremdlich
wirkt, haben sich verschiedene Auslegungen um den
Sinn bemüht:
a. Körperliche Bewahrung durch die Geburt hindurch. 231
b. Rettung durch die Geburt des Messias (Maria).232
Zudem beweisen viele hervorragende Theologinnen der heutigen
Zeit das Gegenteil (egal mit welcher Einstellung man ihren Lehrdienst auch bewerten mag).
229
Dies scheint Fee durchaus ein Anliegen zu sein, wie seine Exegesen auch zu 1Kor 11 und 14 zeigen.
230
Zudem führt auch V 14 mit seinem Verweis auf 1Mose 3,15 zu dem
Gedanken der Mutterschaft (1Mose 3,16).
231
Weiss, Timotheus, S. 128. Das Zeitwort „retten“ (griechisch
„sozo“) kann in manchen Zusammenhängen mit „bewahren“
übersetzt werden. Doch so attraktiv diese Übersetzung hier auch
ist, so scheitert sie dennoch am eindeutigen paulinischen Sprachgebrauch. Paulus meint mit „sozo“ immer retten. Die Pastoralbriefe weisen häufig auf Rettung mit Begriffen der Wortfamilie „sozo“
hin: Retter (1Tim 1,1); Sünder retten (1,15); alle Menschen retten
(2,4); dich selbst und andere retten (4,16) usw. Immer ist von der
ewigen Errettung die Rede.
232
Wohlenberg, Pastoralbriefe, S. 121; Baumert, Antifeminismus,
S.297-298; Knight, Pastoral Epistles, S. 147. Diese Auslegung stellt
einen Zusammenhang zwischen V 15, V 14 und 1Mose 3,15 (dem
sogenannten Protoevangelium [= Urevangelium]) her. Doch auch
gegen diese Auslegung lassen sich Einwände hervorbringen:
Maria wird willkürlich (und wohl auch gegen ihren Willen) in den
228
So auch Roloff, 1Timotheus, S. 138: „Als Erstgeschaffener ist der
Mann der nach Gottes Willen zur Herrschaft Bestimmte.“ Ähnlich
auch Schreiner, Interpretation, der den Vorrang des Mannes vom
alttestamentlichen Erstgeburtsrecht herleitet (S. 159).
222
Vielmehr scheint Paulus für den Sündenfall Adam in der Gegenüberstellung mit Christus zu verwenden und Eva im Vergleich mit
der Gemeinde [2Kor 11,3] (Baumert, Antifeminismus, S. 293).
223
Schreiner, Interpretation, S. 170-172, der diese Auslegung allerdings
nicht als Abwertung des weiblichen Geschlechts verstanden
haben möchte, weil beide, Männer und Frauen, unterschiedliche
Stärken und Schwächen hätten.
224
Fee, 1Timothy, S. 74+77. Andere Auslegungen wie eine sexuelle
Verführung Evas durch die Schlange (im Hebräischen männlich)
sind viel zu weit hergeholt, als dass sie eine ernsthafte Alternative
darstellen.
225
Schreiner, Interpretation, S. 171. Wir distanzieren uns daher von
dieser Auslegung.
226
1Mose 3 übrigens auch nicht. Vgl. die Auslegung zur Stelle.
227
Solchen Gedanken sollte darum der Abschied gegeben werden.
Schon in Ephesus waren Männer genauso von der Irrlehre betroffen wie die Frauen (vgl. 1Tim 1,4-7+19: Männer!).
221
37
c. Rettung durch Kindergebären, wenn der Glaube
an Christus da ist.233
d. Kindergebären als begleitender Umstand, unter
dem sich Rettung durch Christus vollzieht.234
Die letzte Auslegung (d) nimmt beides ernst, den
heilsbedeutsamen Sinn des Zeitwortes „retten“, und
die Grammatik.235 Wir dürfen also Kindergebären als
Begleitumstand der Rettung auffassen. Die Frau wird
durch Kindergebären nicht selig. Gerettet wird sie
durch ihren Glauben an Jesus. Sie ist aber auch in keiner Weise geistlich zurückgestellt, wenn sie sich um
Kinder kümmert. Sie hat das volle Heil auch in ihrer
häuslichen Rolle als Ehefrau und Mutter.
24. Die positive Rolle der Frau (V 21)
Rettung geschieht durch den Glauben, ob eine Frau
nun Kinder bekommt oder nicht. Da die Ehe in Ephesus
grundsätzlich kritisiert wurde (1Tim 4,3), stellt Paulus
sie auch grundsätzlich positiv auf den Leuchter.236 Er
ermahnt jüngere Witwen, wieder zu heiraten (5,11-15),
während er in Korinth Witwen dazu ermutigt, unverheiratet zu bleiben (1Kor 7,8). Offensichtlich möchte
Paulus hier die Frauen zu ihrem gottgegebenen Auftrag
ermutigen, Mutter zu werden und zu sein. Diese Ermutigung war nötig geworden, nachdem die Irrlehrer die
Ehe infrage gestellt hatten.237 Frauen müssen sich nicht
mit aller Macht geistlich über die Gemeinde gegen ihre
Familie profilieren (Männer auch nicht!). Die geistliche
Realität (Gemeinde) hebt die schöpfungsgegebene
Wirklichkeit (Familie) nicht auf. Die verheiratete Frau
darf ganz Frau sein. Sie darf ganz Mutter sein und hat
in all diesen Bezügen vollen Anteil am Heil. Sie ist darin
geistlich den Männern, den Witwen und Alleinstehenden gegenüber in keiner Weise benachteiligt.
25. Zusammenfassung
Paulus bestätigt für die Gemeinde (und Timotheus) die
Schöpfungsordnung, die durch die Irrlehrer in Misskre-
Text hinein getragen. Die Auslegung schafft neue Probleme (Marienlehre!), um alte zu lösen.
233
So in etwa Schlatter, Kirche, S. 91 und Knight, Pastoral Epistles,
S. 147-148. Diese Auslegung nimmt den Bedingungssatz in der
zweiten Vershälfte ernst. Sie hat auch den typischen Sprachgebrauch des Verhältniswortes (Präposition) „dia“ (= durch) auf
ihrer Seite. Doch erhebt sich trotzdem der Einwand, dass Kindergebären ein zu hohes heilsbedeutsames Gewicht erhält. Paulus
redet andernorts (auch in den Pastoralbriefen) deutlich von Gott,
der durch den Glauben rettet.
234
So in etwa Roloff, 1Timotheus, S. 141-142.
235
Die Bedeutung von passivem „sozo“ („sozomai“) gefolgt von
„dia“ ist umstritten. Roloff, 1Timotheus, S. 142, Anmerkung 167,
behauptet, die Präposition habe nie instrumentalen Sinn, wenn sie
auf ein passives Verb folge. Knight, Pastoral Epistles, S. 147, misst
„sozo“ mit „dia“ bei Paulus immer instrumentalen Sinn zu. Roloff
verdreht die Fakten; denn folgende Stellen widersprechen ihm
und geben Knight teilweise recht: Apg 15,11; Röm 5,9; 1Kor 15,2.
Andererseits hat „dia“ verbunden mit „sozo“ nicht immer instrumentalen Sinn, sondern in 1Kor 3,15 und 1Petr 3,20 sogar deutlich
lokalen: Feuer und Wasser.
„Dia“ gefolgt von einem Genitiv kann auch Begleitumstände
bezeichnen; vgl. Bauer/Aland, Wörterbuch, S. 360: Röm 2,27; 8,25;
14,20; 2Kor 2,4.
236
Rettung und Glück wird nicht nur in der Ehe erlebt, sondern in
der Hingabe an den Herrn. Paulus nennt in 1Kor 7,7 sogar eine
Gnadengabe („charisma“) der Ehelosigkeit.
237
Ähnlich argumentiert Paulus auch in Tit 2,4.
38
dit geraten war. Die Irrlehrer stellten unter anderem die
Ehe infrage und damit auch das Zueinander von Mann
und Frau. So ist Gottes Ordnung von Anfang an ein wesentlicher Grund für die Anweisung des Apostels, wie
Vers 13 zeigt.
Daraus leitet sich auch das Selbstverständnis von Mann
und Frau ab. Die Schöpfungsordnung ist der positive
Grund, weshalb Frauen sich den Männern unterordnen. Sie ist nämlich auch der Gemeinde bindend und
segnend gegeben. Sie bedeutet darum konkret, dass die
Frau die Gemeinde (aus Männern und Frauen) nicht
lehrt und damit Autorität über Männer ausübt und dass
sie die Gemeinde nicht leitet. Der Sündenfall bestand
auch darin, diese gute Ordnung auf den Kopf zu stellen.
Die Frau darf ohne geistlichen Verlust die ihr natürlich
gegebene Bestimmung in der Familie ausfüllen.
26. Lehre und Autorität
Sowohl in 1Kor 14 als auch in 1Tim 2 wird den Frauen
die Lehrbeschränkung mit Hinweis auf die Schöpfungsordnung auferlegt. Die Fragestellung Lehre von
Frauen ja oder nein betrifft nicht eigentlich die Lehre
an sich, schon gar nicht die falsche Lehre. Der Punkt
in Bezug auf die Lehre liegt beim Verhältnis von Mann
und Frau. Die Frau soll nach Paulus dort nicht lehren,
wo sie damit eine Autorität über Männer ausübt, die ihr
von der Schöpfungsordnung her nicht zukommt, d.h.
Lehre in einer öffentlichen und bindenden Weise. Die
Leiterschaft des Mannes darf durch den Dienst der Frau
nicht ausgehebelt werden. Die Schöpfungsordnung ist
bleibend und bindend. Umstritten ist, inwieweit diese
Schöpfungsordnung in bezug auf die Lehre der Frau
gilt: 1. Übt die Frau mit der Lehre automatisch Autorität
über den Mann aus?238, oder 2. Ist Lehren nur ein kulturbezogener Ausdruck von Autorität, in unserer heutigen
Kultur aber nicht mehr?239 Auf jeden Fall sind der Frau
Formen und Inhalte der Lehre vorenthalten, welche die
Leiterschaft des Mannes infrage stellen würden. Lehre
ist nach normalem Verständnis eine Ausübung von Autorität. Darum soll eine Frau eine Gemeinde nicht lehren. Man sollte die Weisung des Paulus aber auch nicht
dahingehend überstrapazieren, dass etwaige Äußerungen von Frauen keinerlei lehrhafte Elemente enthalten
dürften. Dies tut das NT auch nicht (vgl. 1Kor 14,31 mit
1Kor 11,5). Es geht um autoritatives Lehren, um Auslegung und Anwendung der Bibel als richtungsweisende
Botschaft.
D. 1. Mose 1-3
1. Vorbemerkung
Wir behandeln die alttestamentlichen Kapitel nach dem
Zeugnis des Paulus. Das mag zunächst verwundern.
Doch es hat auch seine Berechtigung:
• Paulus zieht es immer wieder heran, um seine Weisungen zur Beziehung von Mann und Frau in der
Gemeinde zu begründen.
238
239
z.B. Moo, und Schreiner.
So in etwa John Stott (vgl. Kuen, Frau, S. 251f.).
• Diese Texte stehen in der Gefahr, dass man etwas
in sie hineinliest, was nicht da steht, und dass man
übersieht, was sie sagen. Darum haben wir uns zunächst Orientierung bei den neutestamentlichen
Texten geholt.
2. Der Aufbau von 1Mos 1,1-2,3240
Der Aufbau des Abschnitts insgesamt ist folgender:
a. Einleitung (1,1-2)
b. 6-Tagewerk (1,1-31)
c. 7.Tag: Ruhe (2,1-3)
Innerhalb des 6-Tagewerkes steht die Menschenschöpfung an letzter Stelle. Am 6.Tag schafft Gott erst die
Tiere und dann den Menschen. Der Mensch ist der krönende Abschluss der Schöpfung.
3. Das Ziel von 1Mos 1,1-2,3
Gott macht aus einer Wasserwüste (1,2) einen wunderbaren Lebensraum, in dem jedes Wesen sein ideales
Zuhause findet: Vögel am Himmel, Fische im Meer, Landtiere auf dem trockenen Land. Zu all dem schafft Gott
dann den Menschen und ordnet ihm die ganze Schöpfung unter (1,26+28-29). Er soll sie verwalten und gestalten. Der Mensch wird in Kap 1 in der Beziehung zu
seiner Umwelt geschildert. Er wird in besonderer Weise
aus seiner Umwelt herausgehoben und zur Krone der
Schöpfung gemacht.241 Über die Beziehung von Mann
und Frau zueinander sagt der Text nichts, anders als
Kap 2.
4. Gleichwertigkeit (1Mos 1,26-28)
Gott schafft den Menschen (hebräisch „adam“). Das
Hebräische „adam“ 242 steht an dieser Stelle ganz allgemein für Menschen. Es meint noch nicht einen einzelnen (etwa Adam, den ersten Mann). Dies ist unbestritten und geht aus folgenden Hinweisen hervor:
• Die Herrschaft wird in der Mehrzahl ausgedrückt
(V 26+28).
• Die Menschen werden auch in der Mehrzahl angeredet (V 28).
Viele Hinweise im Text deuten auf eine Gleichwertigkeit der Geschlechter hin:
• V 27 besagt, dass Gott die Menschen als männliches
und weibliches Wesen erschuf.243 Die Menschen
Zuweilen wird der Abschnitt bis V 4a ausgedehnt. Dann fange der
folgende Abschnitt erst mit V 4b an. So sind auch die Einteilungen
der gängigen Bibelübersetzungen (Luther; Elberfelder). Diese
Einteilung beruht jedoch auf Klischees der Literarkritik im Pentateuch und nicht auf Beobachtungen am Text.
241
Neben anderen Elementen adeln den Menschen hier insbesondere: V 26: Schöpfungsbeschluss; V 27: Poesie; Ebenbild Gottes;
Herrschaft über die Welt; letztes Schöpfungswerk und damit Höhepunkt.
242
„Adam“ ist eigentlich kein Eigenname, sondern ein Kollektivbegriff (= Die Form ist Einzahl; die Bedeutung aber Mehrzahl). Er
kommt nur in der Einzahl vor und bezeichnet normalerweise im
Alten Testament die „Menschen“, bzw. die „Menschheit“ (Westermann, adam, Sp. 43). In 1Mose 1 ist er deutlich ein Kollektivbegriff,
der korrekt mit „Menschen“ zu übersetzen ist, in Kap 2 hingegen
bezeichnet er ein Individuum (Adam) und sollte mit „der Mensch“
wiedergegeben werden, wobei es schon einen Nebensinn von
„Mann“ bekommt (zu diesem Sprachgebrauch vgl. Pred 7,28). Als
eigentlicher Eigenname „Adam“ wird es ab Kap 4,25 gebraucht
(im Hebräischen ohne Artikel).
243
In Kap 1 kommen die Begriffe „Mann“ (hebräisch „isch“) und
Frau (hebräisch „ischah“) noch nicht vor, sondern erst in Kap 2.
240
bestehen also aus beiden Geschlechtern.
• Beide Geschlechter werden als Ebenbild Gottes
geschaffen (V 27)244
• Beide Geschlechter werden von Gott gesegnet und
versorgt (V 28f.).
• Und beiden Geschlechtern wird der Kulturauftrag
gegeben: Füllt die Erde und macht sie euch untertan! (V 28).
Alle diese Aussagen finden wir in der Mehrzahl. Sie
beziehen sich also vom Zusammenhang mit Kap 2 her
auf beide Geschlechter und nicht etwa auf mehrere
Männer.
Aus diesem allen folgern wir, dass Mann und Frau
gleichwertig sind. Nichts im Text lässt auf eine Abwertung der Frau gegenüber dem Mann schließen. Zudem
ist die Frau offensichtlich ebenso talentiert wie der
Mann. Wenn ihr mit dem Mann zusammen die Herrschaft über die Tierwelt verliehen wird, sagt dies implizit aus, dass sie auch die entsprechenden Fähigkeiten
dazu hat.
5. Das Verhältnis von Kapitel 1 und 2245
Kap 2 schildert uns den 6. Schöpfungstag in Großaufnahme. Es sagt weniger etwas über die gesamte
Ordnung der Schöpfung (diese ist mit Kap 1 klar), als
vielmehr Ergänzendes zu diesem Gesamtbild:
• Das Verhältnis zur Umwelt allgemein
•
Kap 1: Erde füllen und untertan machen
•
Kap 2: Acker bebauen und bewahren
• Die Versorgung des Menschen
•
Kap 1: Samen und Früchte
•
Kap 2: Früchte (Kap 3: Getreide [3,18f.])
• Das Verhältnis zur Tierwelt
•
Kap 1: Herrschen
•
Kap 2: Benennung der Tiere246
• Das Verhältnis von Mann und Frau
•
Kap 1: Beide Ebenbild Gottes
•
Kap 2: Frau als Hilfe des Mannes und aus seiner
Rippe; Benennung der Frau
Beide Kapitel fügen sich so zu einem harmonischen
Ganzen zusammen.247
In Kap 1 werden die allgemeinen Begriff „männlich“ und „weiblich“ verwendet.
244
In beiden Geschlechtern spiegelt sich also Gottes Wesen wider. Mit
dem „Ebenbild“ Gottes ist höchstwahrscheinlich die Herrschaft
über die von Gott anvertraute Schöpfung gemeint. Dies passt am
besten in den Zusammenhang. Der Begriff ist häufig überinterpretiert worden. Der Mensch ist auch nach dem Fall noch „Ebenbild“
Gottes (vgl. 1Mos 5,1-2; 9,6). Zur vielfältigen Auslegungsgeschichte
dieses Begriffes vgl. Westermann, Genesis, S. 204-214.
245
In der kritischen Wissenschaft werden beide Texte (1,1-2,4a, sowie
2,4b-25) auf verschiedene Quellenschriften verteilt. Kap 1: Priesterschrift; Kap 2: Jahwist. Ganz davon abgesehen, dass die Bibelkritik die mosaische Verfasserschaft dieser Texte ablehnt, kann sie
auch mit dem Zusammenhang beider Kapitel wenig anfangen und
postuliert viele Widersprüche.
246
Die Benennung der Tiere ist Ausdruck der in Kap 1 verliehenen
Herrschaft über die Tierwelt (vgl. Bietenhard, onoma, S. 252). In
Kap 1 benennt der Schöpfer souverän die Dinge, die er geschaffen
hat.
247
Die Versuche, in den beiden Kapiteln unterschiedliche und widersprechende Theologien zu finden, wirken zuweilen sehr gekünstelt und lassen sich bei genauer Beobachtung der Texte nicht
aufrecht erhalten.
39
6. Die Frau als Hilfe und Gegenüber des Mannes
(1,18-20)
Gott schuf für den Mann eine „Hilfe“ (V 18), und Luther schuf mit der „Gehilfin“ ein neues Wort, um den
abstrakten hebräischen Begriff wiederzugeben.248 Im
Hebräischen steht hier „ezer“ („Hilfe“; „Beistand“).249
Dieser Begriff enthält nicht den Beigeschmack der
Unterordnung oder der Minderwertigkeit.250 „Ezer“
ist ein sehr positives Attribut für die Frau. Häufig rufen
die Psalmisten Gott als „Hilfe“ an oder aus.251 Ohne
Gott wären sie hilflos, weil Menschen (Ps 146,3-4) oder
Götzen (Ps 115,4-8) ihnen nicht helfen könnten. Jedoch
kann man nicht soweit gehen, in „ezer“ eine Überordnung zu sehen, weil Gott ja den Betern übergeordnet
sei. Dies führt zu weit.252 Die Frau ist Hilfe des Mannes.
Sie ist auf ihn bezogen und um seinetwillen geschaffen.
Dies kommt auch durch den zweiten Begriff im Text
zum Ausdruck: „Gegenüber“ (hebräisch: „neged“).
Die Lutherbibel übersetzt: „die um ihn sei“, die Elberfelder: „die ihm entspricht“. Man könnte es hier mit
„Gegenüber“, „Gegenstück“ übersetzen. Mann und Frau
entsprechen einander. Doch nicht einfach so, dass sie
identisch wären, sondern in der Weise, dass sie sich ergänzen. Die Frau ist also nicht Spiegelbild des Mannes,
sondern passende Ergänzung zu ihm. Nur so kann die
Einsamkeit des Menschen überwunden werden, wenn
zwei gleichartige und doch verschiedene Personen
zusammenkommen. Die Frau beendet beides: die Einsamkeit und Hilflosigkeit des Mannes. Der Mensch ist
ein geselliges Wesen. Mann und Frau sind für ein Zueinander geschaffen. Die Frau ist auf den Mann bezogen.
7. Die Frau als Verwandte des Mannes (2,21-25)
Die Frau ist nicht nur Gegenüber, sie ist auch ein Teil
vom Mann. Gott macht sie aus der Rippe des Mannes.253 So kann der Mann dann feststellen: „Diese ist
Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem
Fleisch!“(V 23), eine Formulierung, die Verwandtschaft
ausdrückt.254 Mann und Frau gehören darum zusammen. Sie können deshalb (wie Mose kommentiert)
auch eine neue Familie werden (V 24). Sie sind „Mann“
und „Männin“ (V 23; Luther).255 Der Mann begrüßt sie
darum freudig.256 Unschuldig und ohne Distanz leben
Mann und Frau zusammen (V 25).
8. Das Zueinander von Mann und Frau in 1Mose 2
Kapitel 2 enthält wie Kapitel 1 eine einzigartige Würdigung der Frau:
• Sie ist Hilfe des Mannes (V 18).
• Sie ist passendes Gegenüber des Mannes, also in
keiner Weise minderwertig (V 18).
• Sie ist „Rippe“ des Mannes und damit gleichartig.
• Sie ist Gefährtin des Mannes (V 22).
• Sie ist Verwandte des Mannes (V 23).
Auch aus Kap 2 kann man also keine Minderwertigkeit
der Frau gegenüber dem Mann herauslesen. Mann und
Frau sind gleichwertig, aber nicht genau gleich. Sie sind
zwei gleiche und doch verschiedene Wesen, die sich
ergänzen.
9. Unterordnung
Umstritten ist nun,
a. ob eine Unterordnung erst nach dem Sündenfall kam (1Mos 3,16)257 oder
b. ob man in 1Mose 2 auch eine Unterordnung
der Frau unter den Mann finden kann258.
Zu a.) Nach der ersten Sicht wäre sie eine Strafordnung und damit vielleicht jetzt schon durch die Erlösung überwunden. Die Gemeinde als Erlösungsordnung
sollte dann nicht auf die Unterordnung zurückgreifen.
Zu b.) Nach der anderen Sicht wäre dann die Unterordnung eine Schöpfungsordnung und damit auch heute
noch bindend.
Diese Wortschöpfung Luthers machte seitdem eine Bedeutungsveränderung durch. Heute versteht man unter „Gehilfe“/„Gehilfin“
eine Arbeitskraft zweiter Klasse. Es ist nach allgemeinem Sprachgefühl eine gewisse Abwertung darin enthalten. Diese enthält der
hebräische Begriff nicht.
249
Dem Bibelleser bekannt aus dem Ortsnamen „Eben-Ezer“ (= „Stein
der Hilfe“; 1Sam 4,1; 5,1; 7,11).
250
Dies könnte man höchstens aus der deutschen Übersetzung schließen, wenn man so wollte. Das wäre jedoch nicht zulässig.
251
Ps 20,3; 30,20; 70,6; 115,9-11; 121,2; 124,8; 146,5.
252
So andeutungsweise Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied,
S. 35, die allerdings nur falsche Schlussfolgerungen anderer
Ausleger(innen) abschreiben, wie etwa: Es verschöbe sich in
1Mose 2 der „Bedeutungsgehalt dieses Begriffes von der Überlegenheit in Richtung Wesensgleichheit“ (ebd.; übernommen
von Phyllis Trible). Den „Bedeutungsgehalt“ der Überordnung
hat dieses Wort einfach nicht. Die jeweiligen Kontexte müssen
entscheiden, welche Person einer anderen in welcher Weise hilft.
Solche Gedanken sind typische Fehler inkompetenter Wortstudien,
die von einem häufigen Gebrauch eines Wortes auf eine allgemeine Bedeutung schließen. An mindestens zwei weiteren Stellen
bezeichnet „ezer“ nämlich Menschen (Jes 30,5 und Hes 12,14).
In der letzten Stelle sind Minister/Berater des Königs Zedekia
gemeint. Jene sind ihm natürlich untergeordnet. In ähnlichem Sinn
auch Wenham, Genesis I, S. 68.
253
Der Puritaner Matthew Henry hat die „Rippe“ in unübertroffener
Weise kommentiert:
„Nicht aus seinem Kopf gemacht, um ihn zu überragen, nicht aus
seinen Füßen, dass er auf ihr herumtrample, sondern aus seiner
248
40
Etliche Aspekte deuten darauf hin, dass der Text
1Mose 2 selbst eine Unterordnung der Frau unter
den Mann lehrt:
• Die Frau ist auf den Mann bezogen. Sie wird um
seinetwillen geschaffen (2,18). Die Sinnbestimmung
der Frau hat mit dem Mann zu tun.
Seite, um ihm gleich zu sein, unter seinem Arm, um beschützt zu
werden, und nahe zu seinem Herzen, um geliebt zu werden.“
(Übersetzung: K.R.; zitiert nach Wenham, Genesis I, S. 69).
254
1Mose 29,14.
255
Luther gibt hier ein Wortspiel im hebräischen Text wieder: Die
Frau („ischah“) ist vom Mann („isch“) genommen.
256
V 23 ist Poesie und damit ebenso eine Betonung im Erzähltext wie
1,27. In diesen Versen liegen offensichtlich die Höhepunkte der
beiden Kapitel.
257
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 34-38, lehnen eine
Unterordnung ab. Ihr Fazit: „In diesem Kapitel finden wir keinen
einzigen Hinweis auf Hierarchie.“ (S. 38).
258
So z.B. Neuer, Mann und Frau, S. 66-71.
• Die Erschaffung von Mann und Frau ist sehr unterschiedlich: der Mann aus Erde (2,7), die Frau vom
Mann (2,21). Auch hier ist die Frau wieder auf den
Mann bezogen, indem sie von ihm genommen wird
(2,23).259
• Die Frau erhält vom Mann („isch“) ihren Namen:
„ischah“.260 Namensnennung ist im AT häufig ein
Zeichen von Autorität (vgl. z.B. 2Kön 23,24). Mit der
Namensgebung übt der Mann also Autorität über die
Frau aus.261
• Dies wird noch dadurch unterstützt, dass der Mann
eben gerade die Tiere benannt hatte (V 19f.), eine
Ausübung der Herrschaft über die Tiere, die den
Menschen laut 1,26+28 von Gott anvertraut wurde.
„Es ist ein Akt des ... aneignenden Ordnens.“262
• Adam wurde vor Eva geschaffen. Die zeitliche Priorität könnte im Sinne des alttestamentlichen Erstgeburtsrechtes als ein Vorrang verstanden werden.263
• Die Ordnung in Kap 1 wird durch vieles in Kap 2
weiter entfaltet. Herrschaft ist der vollkommenen
Schöpfung nicht fremd, sondern eine gute Ordnung
Gottes (1,26+28).264
• Die Ordnung in Kapitel 3 ist nicht völlig ohne Belang für das Verständnis von Kap 2. Kap 3 ist klar auf
Hierarchie aufgebaut, übernimmt allerdings grundlegende Themen aus Kap 2.265
• Selbst wenn man in 1Mose 2 keine Unterordnung
erkennen möchte, muss man doch zugeben, dass
Paulus sie dort gefunden hat (1Kor 11,8-9; 1Tim 2,13).
10. Das Verhältnis von 1Mos 2 und 3
1Mose 2 und 3 sind eine einheitliche Erzählung von
Schöpfung und Fall. Wichtig für unseren Zusammenhang sind die Bezüge der beiden Kapitel aufeinander.
Marilyn Smith und Ingrid Kern führen 2,24 an (ein Mann wird
seiner Frau „anhangen“) mit dem Hinweis, „dass das Wort ‚anhangen’ im Hebräischen das Anhangen der schwächeren Seite an der
stärkeren bezeichnet.“ (dies. [Hrsg.], Ohne Unterschied, S. 38).
Natürlich kann das Schwächere am Stärkeren hängen, z.B. der
Mensch an Gott (z.B. 5Mose 11,22; 13,5; 30,20 und öfter). Nur sagt
das Wort an sich überhaupt nichts über die Stärke und Schwäche
der jeweiligen Partner aus. In Rut 2 ist es sogar anders herum. Die
freie Rut hält sich an die Mägde des Boas (Rut 2,8.21.23). Und
wenn sich der Hunger an die Menschen hängt (Jer 42,16; Ps 63,9),
dann impliziert dies, dass er stärker als die Menschen ist. Das Wort
„anhangen“ (hebräisch: „dabaq“ = „ankleben“) hat in 1Mose 2,24
vielmehr den Sinn unverbrüchlicher Treue und deutet darauf hin,
dass dieser Vers von der Ehe als Bund spricht. Vgl. Wenham, Genesis I, S. 71.
260
Smith/Kern (Hrsg.) bestreiten mit Verweis auf 3,20, dass es in
Kap 2 um eine Namengebung gehe. Dies ist jedoch ein dürftiges
Argument. Mehrfache Namen sind im AT durchaus üblich.
261
So auch Wenham, Genesis I, S. 70. Hammerstaedt-Löhr, Name, S.
1381: „Die Benennung einer Person oder Sache kann sowohl ein
Zuordnungs- als auch ein Herrschaftsakt sein.“ Adam tut hier beides. Er ordnet sich die Frau zu und er ruft seinen Namen „Mann“
(„isch“) über der „Frau“ („ischah“) aus.
262
Von Rad, 1Mose I, S. 66f.
263
Zum Erstgeburtsrecht vgl. 1Mose 25,23.31-34; 27,36. Das Erstgeburtsrecht beinhaltete neben dem doppelten Erbteil (5Mose
21,15-17), Segen und Ehrenstellung auch die Leitung der Familie
(Selman, Erstgeburt, S. 339.) Der Aspekt der Leitung wäre hier
wirksam. Paulus verwendet dieses Argument in 1Tim 2,13.
264
Die völlige Ablehnung von Hierarchie macht sich verdächtig, einer
mittlerweile schon überwunden geglaubten antiautoritären Philosophie das Wort zu reden.
265
Siehe unten.
259
Hier vergleichen wir insbesondere die Schöpfungsordnung (2,4-25) mit der Strafordnung (3,14-24):
• Das Leben
•
Kap 2: vom Acker genommen (2,7): Leben
•
Kap 3: zum Acker zurückkehren (3,19): Tod
• Die Arbeit
•
Kap 2: Garten bebauen und bewahren (2,15)
•
Kap 3: Dornen und Disteln bekämpfen
(3,3,17f.)
• Die Versorgung
•
Kap 2: Von den Bäumen im Garten (2,16f.)
•
Kap 3: Vom Kraut des Feldes (Getreide); im
Schweiße des Angesichts
• Die Beziehung zu den Tieren
•
Kap 2: Herrschaft und Harmonie (2,19f.)
•
Kap 3: Herrschaft und Feindschaft
(Schlange; 3,15)
• Die Beziehung zwischen Mann und Frau
•
Kap 2: Frau für den Mann und von dem Mann/
Namengebung/Harmonie
•
Kap 3: Aufbegehren der Frau gegen den Mann/
Herrschaft/ Namengebung
Diese Zusammenstellung macht deutlich, dass die
Ordnung in Kap 3 nicht etwas völlig neues ist. Sie ist
vielmehr eine gewisse Aufrechterhaltung der Schöpfungsordnung - allerdings unter negativem Vorzeichen.
Sie wird nicht mehr von Harmonie und Glück erfüllt
sein (Kap 2), sondern von Feindschaft, Frustration und
Schmerz.
Die Sünde stellte die gute Ordnung Gottes auf den
Kopf. Gott stellt sie in der Strafordnung wieder her. Nur
so heilvoll wie früher wird sie nicht mehr sein.
11. Unterordnung (1Mos 3,16b)
In 1Mose 3,14-19 finden wir die drei Strafsprüche
Gottes
• über die Schlange (V 14f.),
• über die Frau (V 16),
• über den Mann (V 17-19).
In 1Mose 3,16 spricht Gott unter anderem zur Frau:
„Dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, er
aber soll dein Herr sein.“ Hiermit wird eine klare
Ordnung angesagt: Der Mann wird über die Frau herrschen. Nur kann man diese Ordnung hier nicht einfach
als gute Ordnung bezeichnen:
• Der Zusammenhang sind Strafsprüche.
• Das Verlangen der Frau nach dem Mann ist negativ
zu bewerten.266
• Der Zusammenhang zwischen Kap 2 und 3 zeigt:
die gute Ordnung aus Kap 2 besteht nur noch verzerrt.
Der Mann wird die Frau beherrschen. Das ist nicht nur
positiv gemeint. Und die Frau begehrt den Mann auch
nicht auf eine rein gute Weise. Sie begehrt auch gegen
266
So auch Hamilton, Genesis I, S. 201f. Beide Zeitworte (Verben)
„verlangen“ und „herrschen“ erscheinen auch in 4,7 wieder: die
Sünde „verlangt“ nach Kain, er möge sie „beherrschen“. Die Sünde
hat unmöglich ein positives Verlangen nach jemandem. Sie ist immer negativ. Somit legt sich dieser negative Beigeschmack auch für
3,16 nahe. Das einzige weitere Vorkommen des hebräischen Verbs
finden wir in Hld 7,11, wo es das positive Verlangen des Mannes
[!] nach der Frau bezeichnet.
41
ihn auf, um ihn ihrerseits zu dominieren, wie die Sünde
es mit Kain versucht (4,7). In 3,16 wird also einerseits
die Leiterschaft des Mannes bestätigt, andererseits aber
auch der Geschlechterkampf begründet. So herrscht
jenseits von Eden Disharmonie nicht nur zwischen
Mensch und Tier (3,15), sondern auch zwischen Mann
und Frau (3,16).267
12. Unterordnung als Schöpfungs- und Strafordnung
Wie wir oben gezeigt haben, hebt die Strafordnung
die Schöpfungsordnung nicht einfach auf. Gott hat die
durch die Schlange inszenierte Umkehrung der guten
Ordnung wieder auf die Füße gestellt.268 Die Schöpfungsordnung kann sogar noch jenseits von Eden wahrgenommen werden, auch wenn sie getrübt ist. Die ursprünglichen Beziehungen von Mensch und Tier, Mann
und Frau, sind nicht abgeschafft. Sie sind auch in der
Strafordnung vorhanden. Nur die Eintracht ist verloren
gegangen. Disharmonie prägt von nun an Beziehungen.
Autorität wird nicht nur positiv ausgeübt. Dennoch ist
auch in der Strafordnung ein Stück der Schöpfungsordnung vorhanden.269
Schöpfung anvertraut. 1Mose 2 sagt dann etwas über
die Beziehung der Geschlechter zueinander. Auch dieses Kapitel betont die Gleichwertigkeit, ja die Wesensverwandtschaft von Mann und Frau. Andererseits lehrt
es auch die Unterschiedlichkeit der Geschlechter, die
auf Ergänzung angelegt ist. Ein Unterschied zwischen
Mann und Frau besteht darin, dass Gott dem Mann die
Führung anvertraut hat. Diese wird im Sündenfall (Kap
3) auf den Kopf gestellt, von Gott dann aber wieder
auf die Füße. Die Strafordnung in 3,16 bewahrt auf der
einen Seite die in der Schöpfung gegebene Leiterschaft
des Mannes, andererseits wird Disharmonie zwischen
den Geschlechtern herrschen.
14. Das Wesen christlicher Leiterschaft
Dem Mann ist in der Schöpfung das Leitungsmandat
anvertraut. Die ist jedoch kein Freibrief, autoritär zu
sein oder entsprechende Bibelstellen zu missbrauchen.
In Eph 5,25-31 wird Leiterschaft vom Charakter Christi
her gefüllt. „Haupt-Sein“ bedeutet nicht Dominanz oder
Bedienungsmentalität, sondern hingebende Dienstbereitschaft (Mat 20,26-28). Wenn Leiterschaft in dieser
Weise ausgeübt wird, sollte es Frauen und Männern
nicht allzu schwer fallen, sich ihrerseits unterzuordnen.
13. Zusammenfassung
Mann und Frau sind gleichwertig. So lehrt es 1Mose 1.
Beiden ist als Ebenbild Gottes die Herrschaft über die
Anders Neuer, Mann und Frau, S. 73f., der das Verhältnis der Geschlechter in 3,16 rein positiv fassen möchte. Er spielt allerdings
den Zusammenhang mit den Strafen herunter und übersieht 4,7
völlig.
268
Im Sündenfall dominierte die Schlange (das Tier) letztlich über den
Menschen, obwohl dem Menschen die Herrschaft über die Tiere
verliehen war (1,26-28; 2,19f.). Dies hat Walsh sehr schön aufgezeigt (Approach, S. 174-177).
269
Marilyn Smith und Ingrid Kern lehnen den Zusammenhang von
Strafordnung und Schöpfungsordnung ab. (dies. [Hrsg.] Ohne
267
42
Unterschied, S. 40-42). Sie versteigen sich dann aber zu der Aussage: „Es ist richtig, dass die Beziehung durch die Sünde zerstört
wurde, aber die Störung bestand ja gerade darin, dass sie zu einer
autoritären Beziehung wurde.“ (S. 41; Hervorhebung im Original).
Und: „Gott beschreibt hier lediglich die Folgen (Konsequenzen),
er ordnet sie nicht als Bestrafung an.“ (S. 41) Dies unterschlägt
die klaren Aussagen im Text: Verflucht (3,17); Staub fressen (3,14).
Offensichtlich ist hier wieder einmal der Wunsch die Mutter der
Gedanken.
VI. Theologische Umschau
A. Alte Kirche
1. Verschiedene Dienste von Frauen
Die Dienste der Frauen in den altkirchlichen Gemeinden setzten im großen und ganzen die Praxis des
Neuen Testaments fort. So finden sich Prophetinnen,
Witwen, Jungfrauen und Diakoninnen mit bestimmten
Diensten, allerdings keine Priesterinnen oder Älteste in
der Gemeinde.270
2. Zurückdrängung von Frauen (und Männern)
Die urchristliche Gemeinde entwickelte sich immer
stärker zur Amtskirche, in der ein einzelner Bischof die
Autorität über die Gemeinde innehatte. Dadurch wurde
die freie Betätigung von Frauen (und Männern) zusehends an den Rand gedrängt.
3. Aufkommende Leibfeindlichkeit
Die bleibende Ehelosigkeit von Witwen und Jungfrauen [!] wurde nicht zuerst wegen der missionarischen
Chancen (wie bei Paulus), sondern zuerst aufgrund einer gewissen unbiblischen Leibfeindlichkeit favorisiert.
Die Ehe galt nämlich als geistlich zweitrangig.
B. Reformation
1. Der Grundsatz: Kein Predigtamt von Frauen
Die Reformatoren schlossen im Gefolge von Paulus und
der kirchlichen Praxis die Frauen grundsätzlich vom
Predigtamt aus: „Predigen und Sakramentspendung
kamen für die Reformatoren nicht in Frage, wenn sie es
auch in Notfällen zulassen wollten.“270a
2. Die Notordnung: Predigen, wenn keine Männer
da sind
Martin LUTHER schränkte seine grundsätzliche Ablehnung der Frau als Lehrerin der Gemeinde ein, wenn
keine Männer zur Verfügung stünden.
Er meinte, „es fordere zwar die Ordnung, Zucht und
Ehre, daß die Weiber schweigen, wenn die Männer
reden: wenn aber kein Mann predige, so wäre es von
nöthen, daß die Weiber predigen.“270b
2. Die Aufnahme der Notordnung Luthers
Gottfried ARNOLD gestattete den Frauen öffentliche Lehre, wenn andere Lehrer fehlten.
3. Die Frau in Lehre und Leitung
Nikolaus Ludwig GRAF ZINZENDORF sprach den Frauen in
der Brüdergemeine die gleichen Dienste und Rechte zu
wie den Männern, auch Leitung und Predigt.271 Einzig
das Bischofsamt wurde davon ausgenommen.
D. Evangelische Positionen
1. Der Streit in der bekennenden Kirche
Durch den Kriegsdienst vieler Pfarrer kam die bekennende Kirche in einen Mitarbeiternotstand. Daraufhin
diskutierte sie die Zulassung von Pfarrvikarinnen
zum Predigtdienst. Es gab befürwortende und ablehnende Stimmen. Schließlich kam es zu einer bedingten
Ordination der Pfarrvikarinnen.
Heinrich JOCHUMS äußerte sich 1941 in einem Brief:
„Die Vikarin kommt für das Predigtamt und für die Leitung der Gemeinde nicht in Frage.“272
2. Die bedingte Zulassung der Frau zum Pfarramt
Helmut THIELICKE plädiert für die grundsätzliche Zulassung der Frau zum Pfarramt. Der Dienst der Frau in
der Wortverkündigung sei schriftgemäß.273 Die paulinischen Stellen dürften nicht gesetzlich als heute bindend aufgefasst werden. Jedoch befürchtet er gleichzeitig eine „Feminisierung der Gottesdienstgemeinden.“274
So plädiert er für eine eingeschränkte Form der Zulassung der Frau zu Pfarramt.275
3. Keine Pfarrerin
Peter BRUNNER stützt die reformatorische Sicht. 1Tim 2
untersage der Frau die öffentliche Lehre, weil dies gegen das Prinzip der Unterordnung verstoße.276
• Darum solle die Frau also nicht im Gemeindegottesdienst predigen oder denselben leiten. Auch das
Abendmahl solle sie nicht verwalten (S. 338).
• Sie könne jedoch unter anderem Bibelstunden
oder Andachten halten und Hausbesuche machen
(S. 337f.).
C. Pietismus
1. Der Ausschluss der Frau von Lehre und Leitung
Philipp Jakob SPENER untersagte den Frauen öffentliche
Lehre mit bezug auf 1Kor 14 und 1Tim 2.
„Seitdem die Frauen nicht mehr reden, ist uns ein Kleinod verloren
gegangen.“
272
Dies war zugleich der Beschluss der Kreissynode Siegen.
273
Thielicke, Theologische Ethik III. (Tübingen: Mohr [Siebeck]),
1964, S. 692.
274
Thielicke, Ethik III, S. 693. Eine Einschätzung, die mittlerweile
volkskirchliche Realität geworden ist.
275
Thielicke, Ethik III, S. 694.
276
Brunner, Hirtenamt, S. 323f.
271
In den ketzerischen Strömungen des Montanismus und der Gnosis
übernahmen zum Teil Frauen wichtige Rollen.
270a
Ludolphy, Frau V, S. 443
270b
Scharffenorth/Reichle, Frau VII, S. 449 (vgl. auch Brunner, Hirtenamt, S. 314f.)
270
43
E. Evangelikale Positionen
1. Vorbemerkung
Die Literatur zur „Frauenfrage“ ist in der evangelikalen
Bewegung immens. Darum sollen im folgenden hauptsächlich Meinungsäußerungen mit repräsentativem
Charakter zur Sprache kommen. Männer und Frauen
sind gleichwertig. Diese Ansicht vertreten praktisch alle
einhellig. Die Verschiedenartigkeit der Geschlechter
hebt in keiner Weise ihre Gleichwertigkeit auf. Inwieweit sich nun diese Verschiedenheit von Mann und
Frau auf den Dienst der Frau (und des Mannes) in der
Gemeinde auswirkt, wird in der Praxis oft sehr unterschiedlich beantwortet.
2. Traditionelle Position: Leiterschaft des
Mannes277
Die Vertreter der traditionellen Position stimmen nicht
in jedem Detail überein. Auch in ihrem Rahmen gibt es
ein Spektrum. Folgende Merkmale einen sie jedoch:
• Gott verlieh dem Mann in der Schöpfung die Leiterschaft in der Beziehung zwischen Mann und Frau
als bleibende Ordnung.
• Die Unterordnung der Frau ist also nicht erst im
Sündenfall (1Mose 3,16), sondern bereits in der
Schöpfung begründet (1Mose 2).
• Diese Ordnung ist auch für den Dienst in der Gemeinde wirksam. Das bedeutet dann in gewisser
Weise die Unterordnung der Frauen.
• Dieses Zueinander findet auch in den paulinischen
Texten 1Kor 14 und 1Tim 2 seinen Ausdruck in
Bezug auf Lehre und Leitung.
• Die entsprechenden Aussagen sind nicht situationsbedingt oder lediglich Teil der antiken Kultur und
damit überholt, sie haben vielmehr allgemeine
Geltung.
• Insbesondere kommt die Leiterschaft des Mannes
im Begriff „Haupt“ (1Kor 11) zum Ausdruck.
Unterschiede bestehen dann aber in der Frage, wie
weit die Einschränkung des Dienstes der Frau in der
Gemeinde geht.
b.) Diakonische Beauftragung
Eine andere Position hebt besonders die schöpfungsgemäße Begabung der Frau zu diakonischen Diensten
hervor.279 So habe die Frau auch für etwaige diakonische und organisatorische Aufgaben eines Gemeinschaftsvorstandes ihren Platz in diesem Gremium. Autoritative Lehre sei der Frau nicht gestattet, allgemeines
Lehren schon.
c.) Verkündigung auf örtlicher Ebene
Eine weitere Position hebt besonders die Berechtigung
der Frau zur Vorstandsarbeit und Verkündigung auf
örtlicher Ebene hervor.280 Das Recht zur Predigt entspreche dem neutestamentlichen Zeugnis, nach dem
die Frau im Sinne der Prophetie verkündigt.281 Leitungs- und Lehrverantwortung im Sinne des biblischen
Ältestenamtes sind nach dieser Auffassung wesentlich
in den Händen der Verbandsleitung oder eines Lehrausschusses.282
3. Neue Position: Mann und Frau gleichberechtigt
im Dienst283
Mit unterschiedlichen Nuancen gehen die Vertreter dieser Position von der Gleichberechtigung von Mann und
Frau im gemeindlichen Dienst aus. Folgende Merkmale
sind allgemein (wenn auch nicht für jeden) kennzeichnend:
• In der Schöpfung (1Mose 1 und 2) findet sich kein
Hinweis auf eine Unterordnung der Frau unter den
Mann. Männer und Frauen seien nach der Schöpfungsordnung gleichberechtigt.284
• Die Unterordnung der Frau beginne erst nach dem
Sündenfall (1Mose 3,16) und sei Kennzeichen
einer gefallenen Welt. Darum könnten sie nicht automatisch Maßstab christlicher Gemeindeordnung
sein.285
Chrischona, S. 28.
Hempelmann, Frau, S. 94.
281
Hempelmann, Frau, S. 87. Hier liegt offensichtlich ein Missverständnis dessen vor, was Prophetie in der neutestamentlichen
Gemeinde bedeutete (vgl. IV H in unserer Schrift).
282
Hempelmann, Frau, S. 93-95. An dieser Stelle ist natürlich das Gemeindeverständnis mit angesprochen. Wenn man stärker von der
Lehr- und Leitungsverantwortung der Ortsgemeinde her denkt, ist
diese Position problematisch, weil den Gemeinden und Gemeinschaften diese Kompetenz beschnitten wird.
283
Für diese Auffassung sind folgende Titel zu nennen:
1.) Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied. Dieses Buch wurde im Auftrag der Kommission für Frauenfragen der Weltweiten
Evangelischen Allianz von Frau Smith verfasst und von Ingrid Kern
und Friedhilde Stricker für den deutschen Leserkreis theologisch
bearbeitet (vgl. S. 8).
2.) Edwin Brandt, Dienst der Frau, 5-12. Edwin Brandt war Direktor
des theologischen Seminars der Baptisten. Ein Jahr später wurde
das Frauenpastorat im Bund der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde eingeführt.
3.) Hörster, Frauen auf die Kanzel?, S. 5-8. Gerhard Hörster war
Direktor des theologischen Seminars der Freien evangelischen
Gemeinden (FeG) in Ewersbach.
284
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 38: „...[kein einziger]
Hinweis auf Hierarchie, Unterordnung, Patriarchat oder auch nur
Gehorsamspflicht“.
285
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 42.
279
a.) Schweigen im Gottesdienst
Eine Position schränkt sogar das Reden und Beten von
Frauen auf Nebenversammlungen der Gemeinde ein.
Das Schweigegebot für Frauen gelte für Gemeindevollversammlungen (Gottesdienste).278
Folgende Stellungnahmen sind hier zu nennen:
1.) Heinzpeter Hempelmann, Gottes Ordnungen zum Leben
– Die Stellung der Frau in der Gemeinde. Bad Liebenzell: VLM,
1997. Dieses „Papier“ ist im Auftrag des Liebenzeller Werkes erarbeitet und im Rahmen von Komitee-Sitzungen besprochen worden
(S. 97f.).
2.) „Arbeitspapier des Vorstandes des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Siegerland und Nachbargebiete e.V. vom Oktober
1988“, in: idea Dokumentation 5 (1992), S. 8-21. Die Vorlage
wurde von Prediger Haymo Müller erstellt.
3.) „Vorläufiges Arbeitspapier der Pilgermission St. Chrischona von
Oktober 1991“, in: idea Dokumentation 5 (1992), S. 21-29.
278
Siegerländer Verband, S. 14f. In manchen Gemeinschaften und in
vielen Brüdergemeinden ist dies gängige Praxis. Sie möchte ernst
mit dem Bibelwort machen, ist jedoch gegenüber der Frau unnötig
restriktiv. Diese Position hatten wir bereits in der Auslegung zu
1Kor 14,34 zurückgewiesen.
277
44
280
• Christus habe diese Struktur überwunden (Gal
3,28). In Christus und damit auch in der Gemeinde
gelte diese Ordnung nach dem Fall nicht mehr.286
Gal 3,28 wird so zu einer Schlüsselstelle in der Argumentation.287
• Ein weiterer Grund für die Gleichstellung von
Männern und Frauen in der Gemeinde ist der gabenorientierte Ansatz: Weil Männer und Frauen
die gleichen geistlichen Gaben empfangen hätten,
kämen ihnen auch gleiche Dienste in der Gemeinde
zu. Nirgends rede das Neue Testament von einer
Einschränkung der Lehr- oder Leitungsbegabung auf
Männer.288
• Die paulinischen Texte 1Kor 14 und 1Tim 2 werden
als situationsbedingt oder kulturell relativ aufgefasst.289
• „Haupt“ wird im Sinne von Quelle verstanden.290
• Somit seien den Frauen in der Gemeinde die gleichen Rechte einzuräumen wie den Männern. Dazu
gehören auch das Predigt- und Leitungsamt.291
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 133+151; Brandt, Frau,
S. 8. Unsere Analyse hat gezeigt, dass Paulus gar nicht von einer
minderen Begabung der Frau für bestimmte Dienste in der Gemeinde her argumentiert. Hier können wir Smith/Kern zustimmen.
Allerdings beruft Paulus sich auf das Haupt-Sein des Mannes als
Schöpfungsordnung, welches in der Gemeinde nicht aufgehoben
ist. An dieser Stelle liegt der Unterschied.
289
Simth/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S.85: zu 1Kor 14,34: „...
jene Stille, die inmitten von Unordnung und Tumult nötig ist.“;
„keine Privatgespräche“ (S. 86) Das allgemeine Prinzip besage nur,
„dass niemand den Gottesdienst stören sollte.“ (S. 87). Ebenso
wird 1Tim 2 lediglich auf dem Hintergrund der Irrlehre, die die
Gemeinde bedrohte, „ausgelegt“. Einen Hinweis in V 13 auf eine
Schöpfungsordnung lehnen sie ab (S. 99). Unsere Exegese der
betreffenden Stellen hat gezeigt, dass Paulus sehr wohl in 1Mose 2
eine Schöpfungsordnung in Bezug auf Unterordnung erkennt.
290
Smith/Kern, Ohne Unterschied, S.76-78. Um zur „einzig möglichen“ [!] Bedeutung „Quelle“ zu gelangen, werden alle Stellen im
Neuen Testament, die dem widersprechen, ausgeklammert. Auf
diese Weise kann man natürlich fast jedes Ergebnis erzielen. Die
Analyse ist daher beliebig und somit wertlos.
291
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 126+133-134. So auch
Edwin Brandt (Brandt, Frau, S. 9). Gerhard Hörster tut sich mit
einer hauptamtlichen verheirateten Pastorin wegen möglicher Kinder schwer (Hörster, Frauen auf die Kanzel?, S. 8).
288
Smith/Kern (Hrsg.), Ohne Unterschied, S. 73: „Alle bisherigen
Unterscheidungen sind jetzt unbedeutend: Religiöse, soziale und
Geschlechtergrenzen sind überwunden.“.
287
Problematisch daran ist, dass Gal 3,28 die ihm zugeschriebene
weitreichende Bedeutung für das Miteinander von Mann und Frau
nicht hat. Vom Zusammenhang her bezieht sich dieser Vers auf die
Stellung der Menschen vor Gott in Christus. Niemand hat aufgrund
seiner Rasse oder Herkunft einen Nachteil vor Gott. Auf der anderen Seite werden mit Gal 3,28 allzu leicht die einschlägigen paulinischen Stellen in 1Kor 14 und 1Tim 2 vom Tisch gewischt.
286
45
VII. Schlussfolgerungen
für die Praxis in der Gemeinde heute
1. Die Einheit der Gemeinde
Die Situationen in den Gemeinden können sehr stark
voneinander abweichen. Wenn wir die biblische Lehre
auf die Gemeindepraxis anwenden, müssen wir auch
immer die Gegebenheiten der Gemeinde berücksichtigen, um keinen Druck auf Frauen und Männer zu erzeugen. Die Einheit der Gemeinde ist im Neuen Testament
ein wichtiges Gut und sollte gewahrt werden. So muss
bei Veränderungen das biblische Ziel einerseits und das
verträgliche Tempo andererseits berücksichtigt werden.
Hier liegt eine wichtige Aufgabe der Ältesten.
2. Die Wertschätzung der Frau
Der Frau wird in der Bibel eine hohe Ehre zuteil. Sie ist
gleicherweise als Ebenbild Gottes geschaffen wie der
Mann. Sie ist durch Christus auf dieselbe Weise erlöst
wie der Mann. Eine Minderbewertung der Frau kann
sich nicht auf die Bibel berufen. In der Gemeinde sollte
den Frauen also Wertschätzung entgegengebracht werden.
3. Wertschätzung der Dienste der Frau
Die Bibel bezeugt vielfältige Dienste der Frau im Reich
Gottes. Frauen haben auch Dienstgaben vom Heiligen
Geist empfangen. Von einer Einschränkung der Begabung redet die Bibel nirgends. Was Gott also offensichtlich gefallen hat, darf die Gemeinde nicht verachten.
Sie steht dem Dienst der Frau für den Herrn in der
Gemeinde positiv gegenüber und sie ermutigt Frauen
dazu, sich in die Gemeinde einzubringen.
4. Das Zueinander von Männern und Frauen
Männer und Frauen sind gleichwertig. Sie sind miteinander und auch füreinander Erlöste. In der Schöpfung
ist dem Mann die Verantwortung in der Beziehung zur
Frau übertragen worden. Die Schöpfungsordnung besteht auch im Gemeindezeitalter fort. Das Zueinander
von Männern und Frauen darf jedoch nicht von Macht,
sondern soll von gegenseitigem Respekt und Liebe geprägt sein. In dieser Harmonie dient die gute Ordnung
Gottes dem Frieden.
5. Männer und Frauen im Team
Paulus ist ein großes Vorbild für Teamarbeit und für die
außerordentliche Wirksamkeit, die gemeinsamer Dienst
für Jesus entfalten kann. So sind Männer und Frauen
gleichermaßen ermutigt und aufgerufen miteinander
dem HERRN in seiner Gemeinde zu dienen. Durch die
speziellen Sichtweisen und Gaben der beiden Geschlechter profitiert die Arbeitsgruppe und damit die
Gemeinde.
6. Vielfältige Dienste für die Frau
Die Bibel kennt viele verschiedene Dienste, die von
Frauen ausgeübt wurden (siehe IV F)::
• Diakonin (Phöbe)
• Missionarin (Junia)
• Mitarbeiterin in der Gemeindegründung (Priska und
andere)
• Gastgeberin (Lydia und andere)
• Lehrerin (Tit 2,3-4)
• Witwenamt (1Tim 5,3-16)
• Beterin (1Kor 11,5)
• Prophetin (1Kor 11,5)
• Geberin (Tabita und andere)
Dieses breite Zeugnis der Bibel eröffnet der Frau vielfältige Dienste in der Gemeinde. Sie hat eine Aufgabe z.B.
in folgenden Bereichen:
• Diakonie
• Hausbesuche
• Seelsorge
• Mission
• Gemeindegründung
• Gastgeberin
• Kinder- und Jugendarbeit
• Frauenarbeit
• Gebetskreise
7. Der urchristliche und der heutige
Gottesdienst
Die Anweisungen des Neuen Testaments für die gottesdienstlichen Veranstaltungen sind nicht leicht anwendbar, weil heutige Gottesdienste vom urchristlichen
zum Teil erheblich abweichen. Es kamen verschiedene
Redner zum Zug. Die Beiträge waren unterschiedlicher
Natur (z.B. Schriftlesung, Lehre, Prophetie, Zungenrede,
Lieder usw.; 1Kor 14,26). Zudem vollzog er sich stärker
im Gespräch als in Monologen wie in unserer Gemeindepraxis.
8. Dienste der Frau im Gottesdienst
Im neutestamentlichen Gottesdienst ist die Frau nicht
stumm.
• Sie beteiligt sich an Gebeten
• Sie beteiligt sich auch am Reden.
Ihre Mitwirkung am Gottesdienst ist also gefragt. Die
Frau darf und soll zu Wort kommen. Untersagt ist der
Frau ja nur zu lehren, nicht jede Form des Redens.
So sind vom neutestamentlichen Zeugnis her z.B. folgende Dienste der Frau im Gottesdienst denkbar:292
• Schriftlesung
• Gebet
• Prophetische Rede
• Zeugnis
• Kindergeschichte
• Gesang; Musik
• Moderation
• Austeilung des Abendmahls.
292
46
Die folgende Auflistung gibt nur Beispiele und könnte leicht
erweitert werden.
9. Die Predigt
Eine Predigt kann unterschiedlichen Charakter haben.
Insofern der Schwerpunkt der Predigt Lehre ist, soll
eine Frau im Gemeindegottesdienst nicht predigen
(1Tim 2,12).
Eine hauptamtliche Gemeindepastorin entspricht nicht
dem biblischen Zeugnis.
10. Bibelstunden und Hauskreise
Die Frauen sind eingeladen und aufgerufen, sich in der
Bibelstunde am Gespräch zu beteiligen und dieses auch
zu moderieren.
Hauskreisleitung befindet sich in Bezug auf die Gemeinde auf der Ebene der Diakonie. Daher kann eine Frau
einen Hauskreis als Diakonin leiten.
11. Evangelisation und Gemeindegründung
Frauen spielten in urchristlicher Zeit eine bedeutende
Rolle in der Gemeindegründung. Hier wäre auch heute
ein weites Betätigungsfeld für Frauen in Deutschland.
Evangelisation ist Verkündigung der guten Nachricht
nach außen.
So haben also evangelistisch begabte Frauen eine wichtige Aufgabe in der Evangelisation und Gemeindegründung.
12. Mission
Mehr Frauen als Männer sind dem Ruf Gottes in die
Mission gefolgt. Gemeinden sind entstanden, wo Frauen
dem Missionsbefehl gehorsam waren. Menschen wurden gerettet, die lange hätten warten müssen, bis Männer gekommen wären. Frauen haben ebenso wie in der
Evangelisation auch eine Aufgabe in der Mission und
können in der Phase der Gemeindegründung lehren,
bis Männer diese Aufgabe übernehmen können.
13. Gemeindeleitung
Für die Gemeinde gilt es insgesamt, die biblische
„Haupt-Struktur“ zu respektieren. Sie ist einerseits von
der Leiterschaft des Mannes und andererseits von gegenseitiger Achtung bestimmt. Dies sollte sich auch auf
die Gemeindeleitung auswirken. Das Neue Testament
unterscheidet zwischen dem Dienst des Ältestenkollegiums und dem praktischen Dienst von Diakonen (vgl.
Apg 6; 1Tim 3). So kann eine Frau durchaus als Diakonin Dienste für die Gesamtgemeinde wahrnehmen,
sollte jedoch nicht als Älteste die geistliche Leitung der
Gemeinde ausüben.
47
VIII. Weiterführende Literatur
Aufgeführt ist nur weitergehende Literatur, hauptsächlich Bücher. Nachschlagewerke und Kommentare
wurden zwar konsultiert, fehlen hier aber, um den Seitenumfang nicht unnötig aufzublähen. In den Fußnoten
sind Bücher fett gedruckt, Aufsätze normal.
A. Bücher zum Thema
Baumert, Norbert. Frau und Mann bei Paulus Überwindung eines Missverständnisses.
Würzburg: Echter Verlag, 1992.
-----------------. Antifeminismus bei Paulus? Forschung zur
Bibel. Würzburg: Echter, 1992.
Böcher, Otto und Haacker, Klaus. Verborum veritas.
Festschrift für Gustav Stählin. Wuppertal,
1970.
Dautzenberg, Gerhard/Merklein, Helmut/ Müller, Karlheinz. (Hrsg.). Die Frau im Urchristentum.
Questiones Disputatae 95 (Sonderausgabe).
Freiburg: Herder, 1992.
Delling, Gerhard. Paulus’ Stellung zu Frau und Ehe.
Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament 4,5. Stuttgart: Kohlhammer, 1931.
Grudem, Wayne. Die Gabe der Prophetie im Neuen
Testament und heute. Übers. von Kathrin
Schleußer, Marlene Schumann und Manfred
Schmidt. Nürnberg: Immanuel Verlagsgesellschaft, 1994.
Hauke, Manfred. Die Problematik um das Frauenpriestertum vor dem Hintergrund der
Schöpfungs - und Erlösungsordnung.
Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien 46. Paderborn, 1982.
Hempelmann, Heinzpeter. Gottes Ordnungen zum
Leben - Stellung der Frau in der Gemeinde. Lahr/Bad Liebenzell: VLM, 1997.
Köstenberger, Andreas J./Schreiner,Thomas R./Baldwin,
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Kuen, Alfred. Die Frau in der Gemeinde. Wuppertal:
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Lees, Shirly (Hrsg.). Gleichwertig oder gleichberechtigt - Die Rolle der Frau. Übers. von Leslie
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Neuer, Werner. Mann und Frau in christlicher Sicht.
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48
Ollrog, Wolf-Henning. Paulus und seine MitarbeiterUntersuchungen zu Theorie und Praxis
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für Gott: Leitungsaufgaben in christlichen Gemeinden und Werken- Eine Herausforderung, die Grundlagen neu zu
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Context of Male Leadership: A Survey of Old
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