Von Gott angenommen, dem Menschen begegnen Wort des Landesbischofs zur Toleranz „Nehmt einander an, wie Christus Euch angenommen hat zum Lobe Gottes!“ Diesen Vers aus dem Römerbrief (15,7) zitierte Landesbischof July um deutlich zu machen, warum Christen Toleranz üben könnten. Wer von Gott getragen sei, könne den anderen auch ertragen. Dabei stellte er klar, dass wir Christen zwischen Tat-­‐ und Personenebene unterscheiden müssten. Auch wo wir Positionen des anderen nicht mittragen könnten, müsste der Mensch getragen werden. Er nannte verschiedene Themen, bei denen aktuell die Frage nach Toleranz eingefordert würde. So nannte er religionsverschiedene Ehen oder homosexuelle Partnerschaften im Pfarrhaus, die Beschneidungsdebatte und auch die Frage nach unterschiedlicher Gottesdienstgestaltung. Wichtig war, dass er Grenzen der Toleranz ansprach. Er nannte dabei Gewalt, Rassismus, Gleichgültigkeit gegenüber dem Hunger in dieser Welt, Präimplantationsdiagnostik oder Euthanasie. Die „Lebendige Gemeinde“ begrüßte den Bischofsbericht, merkte jedoch an: 1. Toleranz ist ein Begriff, der immer bezogen ist auf einen weiteren Begriff. Wir als Christen könnten z.B. den Begriff „Wahrheit“ hinzufügen. „Toleranz und Wahrheit“ betonen die Wichtigkeit, das Gegenüber anzunehmen; jedoch die Wahrheit, die in Jesus Christus erschienen ist nicht aus dem Blick zu verlieren. So begegnet Jesus Christus dem Menschen und nimmt ihn als Menschen an (isst mit Zöllnern und Sündern, verurteilt die Ehebrecherin nicht, hat bewusst Kontakt zu den Pharisäern), aber er spricht deutlich von den Sünden. Der frühere, kürzlich verstorbene Prälat Rolf Scheffbuch formulierte einmal: Jesus liebt den Sünder, aber er hasst die Sünde. 2. Wenn von Toleranz in Bezug auf Gottesdienstformen die Rede ist, darf die Landeskirche nicht nur an das Pietistenreskript von 1743 oder die Fortschreibung von 1993 denken. Auch heute gilt es neue Gottesdienst-­‐ und Gemeindeformen in ihrer Existenz wahrzunehmen, sie zu beurteilen und in die kirchliche Landschaft zu integrieren. Dabei ist an neue Jugendgemeinden genauso gedacht wie an die Frage, wie die Zeit des Übergangs zwischen einer Gemeinschaft zu einer Gemeinschaftsgemeinde im Einvernehmen mit der örtlichen Kirchengemeinde zu gestalten ist. Auch hier erwartet der Pietismus die Toleranz der Landeskirche zum innerkirchlichen Pietismus. 3. Zum Beispiel bei der Frage nach dem homosexuellen Zusammenleben im Pfarrhaus müssen die Grenzen der Toleranz ins Spiel kommen. Dies gilt auch bei der Frage nach dem „ungeborenen Leben“. Die „Lebendige Gemeinde“ ist dankbar für den Einsatz unserer Landeskirche in Fragen der Abtreibung. Dieser Einsatz wurde auch durch den Bericht des Oberkirchenrats Kaufmann deutlich, der klar Stellung nahm, was die Diakonie und die Landeskirche tut, damit ungeborenes Leben gerettet werden kann. Auch wenn das Wort Gottes, die Bibel, Gott mit den beschreibenden Begriffen Gnade, Geduld, Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit verbindet, kennt die Bibel auch den einen Gott, der unüberhörbar sein „NEIN!“ zu dem sagt, was er Unrecht nennt. Beim Propheten Amos sind es die sozialen Zustände, beim Propheten Elia die Frage nach dem einzigen Gott. Gott erlaubt nicht zu tolerieren, was er verbietet. 4. Daran anknüpfend ist Jesus Christus zu nennen. Er begegnet dem Menschen, nimmt ihn an, aber signalisiert klar die Grenzen. Dies geht sogar so weit, dass ihm Intoleranz vorgeworfen wurde (Joh 6,60 hart = starrsinnig). Überall dort, wo der Absolutheitsanspruch Jesu in Frage gestellt wurde, antwortete Jesus kompromisslos (vgl. die „Ich-­‐bin-­‐Worte“). Dies ist die Linie, die wir als Kirche zu verfolgen haben: Weil wir von Jesus angenommen worden sind, können wir den Menschen annehmen. Weil Jesus der (einzige) Weg, die (einzige) Wahrheit) und das (einzige) Leben zu Gott hin ist, dürfen wir dies nicht der Toleranz opfern. In manchen sittlichen Fragen soll sich jeder seiner Sache gewiss sein, in manchen ethischen Fragen werden unterschiedlichen Positionen nicht ausbleiben, in anderen ethischen Fragen – dies sind besonders auch die sexualethischen Fragen (und dies hat einen schöpfungstheologischen Hintergrund!) – gibt uns Gottes Wort doch deutliche Hinweise, aber in der Frage der Einzigartigkeit Jesu Christi kann die Lebendige Gemeinde und darf die Kirche Jesu Christi in der Sache nicht nachgeben. Dies gehört zum evangelischen Profil unserer Kirche; dies gehört zum Fundament der weltweiten Kirche überhaupt.