2 | Oberaargau Mittwoch, 28. September 2016 Nur interne Stimmen reichen nicht | BZ Wahl Splitter SVP bank-Regionenleiter Jürg Meyer gewählt. Und bei der SP wäre wegen des noch ausstehenden StapiWahlresultats ausgerechnet Reto Müllers Frau Priska Grütter die Wackelkandidatin (und nicht Gerhard Käser) – sie will im Fall von Müllers Wahl bekanntlich aber ohnehin auf ihr Stadtratsmandat verzichten. LANGENTHAL Wer am Sonntag in seiner Partei am stärksten punkten konnte, tat dies in der Regel auch übers eigene Lager hinaus. Das zeigt ein Blick auf die Panaschierstimmen bei den Stadtratswahlen. Es sind in der Regel primär die Vertreter der kleinen Parteien, die im Verhältnis zum eigenen Gesamtresultat jeweils am meisten Stimmen auch von Stammwählern anderer Parteien erhalten: Ganz einfach, weil ihnen grundsätzlich mehr mögliche Wähler anderer Parteien gegenüberstehen. Dass es auch bei den Stadtratswahlen vom vergangenen Sonntag wieder die Kandidaten der kleinen Parteien waren, die vergleichsweise am meisten sogenannter Panaschierstimmen verzeichnen konnten, liegt daher auf der Hand. Und ob der GLPStadtrat und Arzt Christoph Stäger als unangefochtener Spitzenreiter dieser «Panaschierbilanz» auch tatsächlich der beliebteste Politiker überhaupt der Stadt ist, sei deshalb dahingestellt. Interessant ist der Blick auf die Panaschierstimmenbilanz so oder so – aus erwähnten Gründen jedoch vor allem innerhalb eines jeweiligen politischen Lagers. Howald vor Bissegger Dabei wird deutlich, dass die stärksten Vertreter der eigenen Partei nicht zwingend auch bei den Panaschierstimmen am besten abschneiden. Während etwa bei der SVP Stadtrat Patrick Freudiger klar das beste Gesamt- Arzt Christoph Stäger hat erneut zahlreiche Wähler über die eigene Partei hinaus abholen können. zvg resultat aller Kandidierenden erzielt hat, hat sein Parlamentskollege Stefan Grossenbacher bei der «Beliebtheit» die Nase vorn. Mit dem zweitbesten Quotienten aller SVP-Vertreter hat allerdings auch Hardliner Freudiger über die Parteigrenzen hinaus tüchtig punkten können. Bei den Jungliberalen wiederum hat Curlingweltmeisterin Carole Howald im Vergleich zur Gesamtstimmenzahl am meisten Panaschierstimmen von allen Kandidierenden erhalten – allerdings nur knapp vor dem letztlich wiedergewählten Parteipräsidenten Lukas Bissegger. Bei den JLL mit nur einem Sitz hätte eine Wahl nach «Beliebtheit» dem- nach tatsächlich Auswirkungen auf die Besetzung des Mandats gehabt. Und nicht nur bei ihnen wäre die (nach wie vor nicht endgültige) personelle Zusammensetzung anders ausgefallen, als sie dies tatsächlich ist. Leichte Abweichungen zum tatsächlichen Wahlausgang hätte bei einer Ausmarchung nach «Beliebtheit» etwa auch die FDP verzeichnet, wo anstelle von Stadträtin Beatrice Lüthi und Parteipräsident Diego Clavadetscher die nun abgewählte Franziska Zaugg-Streuli und Alt-Pfarrer Werner Sommer ins Parlament einziehen würden. Bei der SVP wäre anstelle von Schreiner Janosch Fankhauser Bernerland- Essenziell bei den Kleinen Die meisten der Gewählten – bei GLP, EVP und Grünen sogar alle – haben im Vergleich zu ihren nicht gewählten Parteikollegen indes auch ausserhalb des eigenen Wählerkreises besser abgeschnitten und wären demnach ebenso allein nach Panaschierstimmen gewählt worden. Verstärkt gilt dies wiederum für die Vertreter der kleinen Parteien, zumal bei ihnen die Stimmen allein aus der eigenen Stammwählerschaft ohnehin nicht zum Sitz reichen würden. So hat etwa bei der mit der EVP verbundenen GLP Christoph Stäger 67 von 100 Stimmen ausserhalb des eigenen Lagers geholt, während es bei Stadtratspräsident Bernhard Marti als «beliebtestem» Vertreter der nun 14-köpfigen SP-/GLFraktion «nur» 24 Stimmen von 100 waren. Gering sind die Abweichungen zwischen «Beliebtheit» und Wahlresultat übrigens auch in umgekehrter Richtung: Wer ausserhalb der eigenen Liste am wenigsten Stimmen generieren konnte, hat letzten Endes auch einen der hintersten Plätze seiner Partei belegt. Kathrin Holzer Freudiger schneidet am besten ab TOP TEN Die Beliebtesten 2016 Anzahl Panaschierstimmen pro 100 Stimmen 1. Christoph Stäger, GLP * 67 2. Renate Niklaus, GLP 49 3. Carole Howald, JLL 45 4. Daniel Steiner, EVP * 44 5. Lukas Bissegger, JLL * 42 6. Rahel Lanz, EVP* 40 7. Daniel Rüegger, EVP ** 39 8. Simone Richner, JLL 36 9. Bruno Habegger, GLP 31 Anita Steiner-Thaler, 10. 31 EVP* * wieder in den Stadtrat gewählt ** neu in den Stadtrat gewählt (bisher Gemeinderat) PARTEIENVERGLEICH Die Beliebtesten pro Liste SP Bernhard Marti (1.) Stefan Grossenbacher SVP (5.) FDP Michael Witschi (1.) JLL Carole Howald (3.) * EVP Daniel Steiner (1.) GL Matthias Wüthrich (1.) GLP Christoph Stäger (1.) Anzahl Panaschierstimmen pro 100 Stimmen 24 28 31 45 44 30 67 * nicht in den Stadtrat gewählt (x): Tatsächlicher Platz auf der jeweiligen Liste BERÜCKSICHTIGTE STIMMEN Als Panaschierstimmen berücksichtigt wurden bei obigen Berechnungen sämtliche Stimmen, die ein Kandidat oder eine Kandidatin nicht von seiner eige­ nen oder einer mit dieser ver­ bundenen Liste erhalten hat. khl Vier Wochen kommt der Bus zum Zug Schon bei den Stadtratswahlen 2012 hatte Patrick Freudiger die meisten Stimmen aller Kandidaten geholt. Dieses Kunststück gelang dem SVP-Stadtrat bei den Wahlen vom Wochenende erneut: Total gingen 1570 Stimmen auf sein Konto. Auf dem zweiten Platz landete der amtierende Stadtratspräsident Bernhard Marti (SP) mit 1546 Stimmen. Das drittbeste Ergebnis erzielte SP-Gemeinderat Pierre Masson mit 1457 Stimmen. Parteiintern überflügelte Patrick Freudiger gar die beiden neu gewählten SVP-Gemeinderäte Helena Morgenthaler (1431 Stimmen) und Roberto Di Nino (1384). paj SVP Um Haaresbreite Lediglich drei Stimmen Unterschied liegen zwischen Janosch Fankhauser (958 Stimmen) und Patrick Fluri (955). Des einen Freud ist des andern Leid: Im Falle der beiden SVP-Kandidaten hat die geringe Differenz über den Einzug ins Parlament entschieden. Stadtrat nennen darf sich künftig Janosch Fankhauser, Inhaber einer Schreinerei und Baubiologe. paj FDP Erfolgreiche Neue Aus dem Stand hat Stefanie Barben-Kohler (FDP) die Wahl in den Stadtrat geschafft. Erfolgreich war die Kultur- und Eventmanagerin auch bei den Gemeinderatswahlen. Von sieben FDPFrauen erzielte sie das beste Resultat, verpasste den Sprung in den Gemeinderat aber klar. paj GLP Sie konnte nur bedingt mobilisieren Seit Samstag fahren zwischen Wiedlisbach und Flumenthal keine Züge mehr. In Attiswil wird unter Hochdruck an der neuen Kreuzungsstelle gearbeitet. ATTISWIL Eine Baustelle zieht sich zurzeit quer durch das ganze Dorf. Die ASM verlegt ein zweites Gleis. Einen Monat lang müssen die Bahnkunden deshalb auf die Strasse ausweichen. In Attiswil wird momentan nicht nur ausserordentlich viel neuer Wohnraum gebaut. Auch der öffentliche Verkehr sorgt für eine Grossbaustelle. 11,5 Millionen Franken werden hier und im benachbarten Flumenthal verbaut. Dutzende von Arbeitern sind dabei, teilweise im Zweischichtbetrieb Gleise, Perrons, Brücken, Strassenübergänge und Fahrleitungsmasten zu erstellen. Offenbar läuft die logistische Meisterleistung nach Plan, der leitende Ingenieur und die Bauleiterin sind jedenfalls ferienhalber nicht erreichbar. Der einmonatige Streckenunterbruch wurde absichtlich in die Ferienzeit gelegt, damit weniger Schüler betroffen sind. Denn die Anschlüsse in Solothurn, Oensingen und Langenthal können mit dem seit Samstag laufenden Bahnersatzbetrieb nicht gewährleistet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Solothurner und Berner Schulen beidseits der grenzübergreifenden Baustelle nicht zur gleichen Zeit Schulferien haben. Mehr Zeit einplanen Die ASM rät allen Passagieren, bis zum 23. Oktober mehr Reisezeit einzuplanen als üblich. Das gilt insbesondere auch für das Umsteigen auf Schnellzüge zu den Flughäfen. Während eines Monats verkehren die ASM-Züge von Oensingen bis Wiedlisbach fahrplanmässig. Von dort bis zum Hauptbahnhof Solothurn fahren Busse. Ab Flumenthal bis Solo- thurn verkehren parallel dazu auch Züge, allerdings nur bis 21 Uhr. Die Haltestelle in Flumenthal wurde provisorisch an den westlichen Ortseingang verlegt. Keine Velos und Rollstühle Velos und Rollstühle können zwischen Wiedlisbach und Solothurn im Moment nicht befördert werden. Reisende mit Handicap müssen sich deshalb am Vortag telefonisch im Reisezentrum Niederbipp melden. Die Dächer von Attiswil werden in diesen Tagen vom Ausleger eines mächtigen Pneukrans überragt. Er steht an der Bachstrasse, wo der Dorfbach durch zwei grosse Röhren fliesst und eine neue Brücke für die Bahn entsteht. Vor dem Bahnhof erfolgen gerade die Tiefbauarbeiten und die Entwässerung der noch zu verlegenden Gleise. Die Perrons werden um 36 Zentimeter erhöht, so verlangen es die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes für Behinderte. Die Masten für die neuen Fahrleitungen stehen bereits. Die zum Kreuzen benötigten zusätzlichen Schienen werden in den nächsten Wochen Richtung Wiedlisbach bis über den Ortsrand hinaus verlegt. Zu diesem Zweck wurden vor einiger Zeit sogar ein Grundstück enteignet und ein Wohnhaus abgerissen (wir berichteten). Die Bauleitung bemüht sich, auf alles Erdenkliche Rücksicht zu nehmen. So wurden beispielsweise die Kabel der Swisscom erst mit Blick auf die Fernsehzuschauer nach der Fussball-EM, aber vor den Olympischen Spielen neu verlegt. Bahnhöfe werden saniert Während der Strassenverkehr in Attiswil von den Bauarbeiten nur am Rande betroffen ist, gibt es in Robert Grogg Flumenthal zeitweise fast gar kein Durchkommen. Dort verlaufen Gleis und Baselstrasse parallel. Die gesamte Ortsdurchfahrt ist hier eine einzige grosse Baustelle. Trotz Verkehrsdienst muss mit längeren Wartezeiten gerechnet werden. Ohne Ziegel und komplett ausgehöhlt zeigt sich das Bahnhofsgebäude Flumenthal. Auch in Wiedlisbach wird der für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigte und im Bauinventar als «erhaltenswert» eingestufte «gefällige» Heimatstilbau von 1918 im Moment baulich saniert. Wie er zukünftig genutzt wird, ist nicht bekannt. Bei der ASM war gestern niemand erreichbar. Seit Monaten ausgiebig gebaut wird auch an der ASM-Strecke in Feldbrunnen. Nach jahrelangem Hin und Her wird dort eine ganze Reihe von ungesicherten Bahnübergängen aufgehoben. rgw In Langenthal ist der Spielraum zwischen dem linken und dem bürgerlichen Lager zugegebenermassen eng. Umso mehr reklamierte die Grünliberale Partei im Vorfeld der Wahlen für sich die Position der «echten Mitte». Die Statements der GLP verfingen beim Stimmvolk aber offenbar zu wenig. Der Wähleranteil schmolz gegenüber den Wahlen 2012 um 0,25 auf 3,64 Prozent. Das reichte gerade mal für die Verteidigung des Stadtratmandats von Arzt Christoph Stäger. Die GLP trat mit nur vier Kandidaten zu den Stadtratswahlen an. Während Bendicht Zürcher und der frühere Parteipräsident Bruno Habegger schon bei den Wahlen 2012 kandidiert hatten, war SpitexMitarbeiterin und LFG-Mitglied Renate Niklaus heuer das erste Mal am Start. Umso mehr erstaunt daher, dass die Kandidatin deutlich mehr Stimmen holte als die beiden Männer und damit parteiintern auf dem zweiten Platz landete. paj DIE HINTEREN PLÄTZE Wenn sich der Name nachteilig auswirkt Schneiden Kandidierende mit Namen, die auf einen Migrationshintergrund schliessen lassen, bei Wahlen weniger gut ab? Diesen Eindruck erhält, wer die Ergebnisse der Stadtratswahlen studiert. Bei SP, SVP und JLL haben entsprechende Kandidaten auffallend wenig Stimmen erhalten. Fraglich ist, ob Wählende in diesem Zusammenhang grundsätzlich Vorurteile hegen – oder ob es daran liegt, dass die Kandidierenden schlichtweg zu wenig bekannt sind. paj