Theoretische Chemie II Prof. Bernhard Dick Christian Neiß Uni Regensburg WS 2003/2004 Übungen am Computer 2. Übungsaufgabe: Geometrieoptimierung, Verwendung der Z-Matrix A. Vorbemerkungen: Angabe der Molekülgeometrie Wiederholung: Kartesische Koordinaten Eine Möglichkeit, ein Molekül im Gaussian 03-Input zu beschreiben, ist es, die kartesischen Koordinaten der einzelnen Atome anzugeben. Im folgenden ist als Beispiel ein Inputfile für das Ethanmolekül gegeben: [FILE:] /temp/gak23726/uII/bsp1.com ---------------------------------------#T RHF/STO-3G SP Ethane Single Point H(6) 0 C C H H H H H H 1 0.00 0.00 1.02 -0.51 -0.51 -1.02 0.51 0.51 0.00 0.00 0.00 -0.88 0.88 0.00 -0.88 0.88 H(5) 0.00 1.52 -0.39 -0.39 -0.39 1.92 1.92 1.92 C(2) H(8) H(4) C(1) H(7) H(3) ---------------------------------------Schon bei diesem kleinen Molekül ist es fast unmöglich, die Molekülstruktur beim Lesen bzw. Schreiben des Inputs nachzuvollziehen. Z-Matrix Eine “intuitivere” Möglichkeit, die Struktur eines Moleküls festzulegen, ist die ZMatrix. Hierbei wird die Atomposition eines Atoms im Molekül durch interne Koordinaten festgelegt. Eine einzelne Inputzeile einer Z-Matrix, die die Position eines Atoms angibt, sieht normalerweise so aus: <Elementsymbol> <Atom1> <Bindungslänge> <Atom2> <Bindungswinkel> <Atom3> <Diederwinkel> Es gilt dabei folgendes: <Elementsymbol> ist entweder das chemische Symbol des Atoms (z. B. C) oder seine Ordnungszahl (z. B. 6). Wird das chemische Symbol benutzt, können Zahlen oder Buchstaben an dieses angehängt werden, um eine eindeutige Bezeichnung für genau dieses Atom festzulegen. 1 <Atom1>, <Atom2> und <Atom3> sind Bezeichnungen für bereits definierte Atome, relativ zu denen die Atomposition festgelegt wird (C1, C2, ...). Alternativ kann hier auch die Zeilennummer des <AtomX> innerhalb der Z-Matrix angegeben werden. <Bindungslänge> ist der Abstand des Atoms zu <Atom1> . <Bindungswinkel> ist der Winkel der Bindung zwischen dem Atom und <Atom1> und der Bindung zwischen dem <Atom1> und <Atom2>, dabei muss der angegebene Winkel zwischen 0 und 180 Grad liegen. <Diederwinkel> bezeichnet den Diederwinkel zwischen der Fläche in der <Atom1>, <Atom2> und <Atom3> liegen, und der Fläche in der das Atom, <Atom1> und <Atom2> liegen. Dieser Winkel entspricht dem Winkel, den Sie zwischen der Bindung <Atom2>-<Atom3> und der Bindung zwischen Atom<Atom1> “sehen”, wenn Sie entlang der Bindungachse <Atom1>-<Atom2> “schauen” (entgegen dem Uhrzeigersinn ist positiv). Alternativ kann auch ein zweiter Bindungswinkel zur Festlegung der Position des Atoms benutzt werden, nämlich der durch das Atom, <Atom1> und <Atom3> gebildete. Dann muss “<Atom3> <Diederwinkel>” durch “<Atom3> <Bindungswinkel> 1” ausgetauscht werden. Die 1 ist der optionale Formatcodeparameter, der anzeigt, dass hier ein Bindungswinkel benutzt wird. Beispiele Nun wiederum Ethan, diesmal durch eine Z-Matrix beschrieben. C1 C2 H3 H4 H5 H6 H7 H8 C1 C1 C1 C1 C2 C2 C2 1.5 1.1 1.1 1.1 1.1 1.1 1.1 C2 C2 C2 C1 C1 C1 111.2 111.2 111.2 111.2 111.2 111.2 H3 H3 H3 H6 H6 120. -120. 180. 120. -120. Man sieht, dass die ersten 3 Zeilen von der oben gegebenen Definition abweichen. Die erste Zeile der Z-Matrix legt nur den Typ eines Atoms fest, sozusagen den Ursprung. Die Position des zweiten Atoms ist nur durch die Bindungslänge zum ersten Atom definiert. Dies ist zwingend, da bisher erst ein Atom definiert wurde. Analog ist das dritte Atom nur durch einen Bindungswinkel und -abstand definiert. Alle folgenden Zeilen sind in der oben beschriebenen Weise angegeben. Ein großer Vorteil der Z-Matrix ist die Möglichkeit, Variablen und Konstanten interner Koordinaten zu verwenden. Diese werden direkt nach der Z-Matrix z. B. folgendermaßen angegeben: Variables: RCC 1.3 Constants: RCH 1.0 2 Hierbei können die Zeilen “Variables:” und “Constants:” auch durch Leerzeilen ersetzt werden. Allerdings müssen immer zuerst die variablen und dann die konstanten Größen angegeben werden. Damit läßt sich die Z-Matrix für Ethan so schreiben: C1 C2 H3 H4 H5 H6 H7 H8 C1 RCC C1 RCH C1 RCH C1 RCH C2 RCH C2 RCH C2 RCH Variables: RCC = 1.5 RCH = 1.1 ACCH = 111.2 C2 C2 C2 C1 C1 C1 ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH H3 H3 H3 H6 H6 120 -120 180 120 -120 Man kann also sein “chemisches Wissen” über ein Molekül zum Aufstellen der ZMatrix verwenden. Hier z. B. die Tatsache, dass aus Symmetriegründen die Bindungsabstände und Bindungswinkel der H-Atome identisch sind. Häufig ist die Benutzung sogenannter Dummyatome sehr vorteilhaft. Ein Dummyatom definiert dabei eine Position in internen Koordinaten relativ zu der dann die Positionen anderer Atome definiert werden können. Dies ist oft einfacher als nur die tatsächlich im Molekül vorhandenen Atome zu benutzen. Das Dummyatom hat dabei keinerlei Einfluss auf das Ergebnis einer Rechnung. Als <Elementsymbol> für ein Dummyatom wird X verwendet. Als Beispiel die Z-Matrix für das Ammoniakmolekül: N1 X 1 1. H2 1 nh 2 hnx H3 1 nh 2 hnx 3 dd H4 1 nh 2 hnx 3 -dd Variables: nh 1.0 hnx 110.0 Constants: dd 120. N(1) H(3) H(2) H(4) 3 Es besteht weiterhin die Möglichkeit, kartesische Koordinaten gleichzeitig mit internen Koordinaten zu verwenden. Die ist z. B. bei der Wechselwirkung zwischen Molekülen und Clustern vorteilhaft. Hier als Beispiel Ammoniak auf einem Cu5 Cluster: Cu1 0 0. 0. 0. Cu2 0 aCu 0. 0. Cu3 0 -aCu 0. 0. Cu4 0 0. aCu 0. Cu5 0 0. -aCu 0. N6 Cu1 NRCu Cu2 90. H7 N1 nh Cu1 hncu H8 N1 nh Cu1 hncu H9 N1 nh Cu1 hncu Variables: nh 1.0 hncu 110.0 dd 120. aCu 3.415 NRCu 2.5 H(8) Cu4 90. Cu4 90. H1 dd H1 -dd Cu(3) H(9) N(6) H(7) Cu(5) Cu(1) Cu(4) Cu(2) Vorteile Nun einige Beispiele, um die Vorteile der Z-Matrix weiter zu verdeutlichen. 1. Konformere: Die oben aufgestellte Z-Matrix für Ethan beschreibt das gestaffelte Konformer des Ethans. Das ekliptische Konformer läßt sich in einer (geschickt aufgestellten) Z-Matrix durch den Austausch einer einzigen Zahl erzeugen. In Zeile 6 wird der Diederwinkel von 180 auf 120 Grad gesetzt. Dies ist deshalb möglich, da die Z-Matrix so aufgestellt wurde, dass die gesamte Orientierung der Methlygruppe bezüglich der Rotation um die Bindungsachse durch H6 gegeben ist ! C1 C2 H3 H4 H5 H6 H7 H8 C1 RCC C1 RCH C1 RCH C1 RCH C2 RCH C2 RCH C2 RCH Variables: RCC = 1.5 RCH = 1.1 ACCH = 111.2 C2 C2 C2 C1 C1 C1 ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH H3 H3 H3 H6 H6 120. -120. 120. 120. -120. H(5) H(6) H(3) H(8) C(2) H(7) C(1) H(4) 2. Potentialenergie-Scans Man kann mit einer solchen Z-Matrix z. B. auch sehr leicht die (eindimensionale) Potentialenergiefläche für die Rotation der Methylgruppe um die C-C Bindung berechnen. Das Keyword hierfür ist SCAN. Dazu wird der Diederwinkel in Zeile 6 als Variable definiert (AH3H6). Die Angabe AH3H6 = 60. 3 20. bedeutet 4 AH3H6 soll in der ersten Rechnung 60 Grad sein und dann in 3 weiteren Rechnungen jeweils um 20 Grad inkrementiert werden. Dabei ändert sich die Punktgruppe des Moleküls von D3d über D3 nach D3h ! Daher muss man G03 durch das Keyword NOSYMM anzeigen, dass keine Symmetrie bei diesen Rechnungen benutzt werden soll. [FILE:] /temp/gak23726/uII/bsp2.com ---------------------------------------#T RHF/STO-3G SCAN NOSYMM Ethane SCAN 0 C1 C2 H3 H4 H5 H6 H7 H8 1 C1 RCC C1 RCH C2 C1 RCH C2 C1 RCH C2 C2 RCH C1 C2 RCH C1 C2 RCH C1 Variables: RCC = 1.5 RCH = 1.1 ACCH = 111.2 AH3H6 = 60. 3 20. ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH ACCH H3 H3 H3 H6 H6 120. -120. AH3H6 120. -120. ---------------------------------------- 3. Geometrieoptimierungen in internen Koordinaten Bei Geometrieoptimierungen (Keyword OPT=Z-MAT) kann man bestimmte innere Freiheitsgrade einfrieren, indem man die entsprechenden Größen nicht als “Variables” sondern als “Constants” definiert. Dies ist nützlich zum Berechnen z. B. von relaxierten Potentialflächen oder Übergangszuständen. Als Beispiel die Optimierung des N-H Bindungsabstandes für den planaren Übergangszustand der Inversion des Ammoniaks. [FILE:] /temp/gak23726/uII/bsp3.com ---------------------------------------#T RHF/STO-3G OPT=Z-MAT NH3 0 N X H H Optimierung 1 1 1. 1 nh 2 hnx 1 nh 2 hnx 3 dd 5 H 1 nh 2 hnx 3 -dd Variables: nh 1.0 Constants: hnx 90.0 dd 120. ---------------------------------------- Output einer Geometrieoptimierung Gaussian erzeugt bei einer Geometrieoptimierung natürlich zusätzlichen Output, der kurz besprochen werden soll (am Beispiel von bsp3): Nach der Wiederholung des Inputs folgen Angaben zur Geometrieoptimierung: GradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGrad Initialization pass. ---------------------------! Initial Parameters ! ! (Angstroms and Degrees) ! ------------------------------------------! Name Value Derivative information (Atomic Units) ! -----------------------------------------------------------------------! nh 1.0 estimate D2E/DX2 ! ! hnx 90.0 Frozen ! ! dd 120.0 Frozen ! -----------------------------------------------------------------------Number of steps in this run= 20 maximum allowed number of steps= 100. GradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGrad Bei jedem Schritt der Geometrieoptimierung gibt G03 Informationen über Geometrieänderungen und die Konvergenzkriterien aus: GradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGrad Step number 2 out of a maximum of 20 All quantities printed in internal units (Hartrees-Bohrs-Radians) Trust test= 6.83D-01 RLast= 1.36D-02 DXMaxT set to 3.00D-01 Eigenvalues --1.872211000.000001000.00000 Quartic linear search produced a step of -0.23940. Variable Old X -DE/DX Delta X Delta X Delta X New X (Linear) (Quad) (Total) nh 1.90334 -0.00601 -0.00326 0.00000 -0.00326 1.90008 hnx 1.57080 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 1.57080 dd 2.09440 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 2.09440 Item Value Threshold Converged? Maximum Force 0.006008 0.000450 NO RMS Force 0.006008 0.000300 NO Maximum Displacement 0.003259 0.001800 NO RMS Displacement 0.001882 0.001200 NO GradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGradGrad Dann erfolgt die Ausgabe der neuen Geometrie und der SCF-Prozedur bei dieser Geometrie. Wenn schließlich ein stationärer Punkt (Gradient = 0 im Rahmen der Rechengenauigkeit) gefunden wurde, schreibt G03 6 -- Stationary point found. ---------------------------! Optimized Parameters ! ! (Angstroms and Degrees) ! ------------------------------------------! Name Value Derivative information (Atomic Units) ! -----------------------------------------------------------------------! nh 1.0055 -DE/DX = 0.0 ! ! hnx 90.0 -DE/DX = 0.0 ! ! dd 120.0 -DE/DX = 0.0 ! ------------------------------------------------------------------------ 7 B. Übungsaufgabe: Geometrieoptimierung H H F C C F H H 1. Optimieren Sie die Geometrie von 1,2-Difluorethan (siehe Abb.) für das AntiKonformer in internen Koordinaten (Keyword OPT=Z-MAT ). Benutzen Sie als Methode RHF und einen STO-3G Basissatz. Gehen Sie dabei von einer C2h Symmetrie des Moleküls aus. Das bedeutet, alle C-F und C-H Bindungslängen sind gleich. Außerdem haben die C-C-F ↔ C-C-H Diederwinkel alle den gleichen Betrag. Der Diederwinkel F-C-C ↔ C-C-F ist für das Anti-Konformer 180◦ . Benutzen Sie als Startwerte: • RC−C = 1.5 Å • RC−F = 1.4 Å • RC−H = 1.1 Å • AC−C−H = 110. ◦ • AC−C−F = 111. ◦ • |D C−C−F ↔C−C−H | = 122. ◦ 2. Bestimmen Sie durch eine Optimierung das zweite Minimum bezüglich der Rotation um die C-C Bindungsachse (“Syn-Konformer”). Frieren Sie dabei alle anderen Freiheitsgrade in dem unter 1. ermittelten Wert ein. Benutzen Sie den Diederwinkel F-C-C ↔ C-C-F als Variable für diese Optimierung. Welchen Anfangswert muss man nun benutzen? 3. Wiederholen Sie Aufgabe 1. und 2. analog für einen 6-31G* Basissatz. 4. Vergleichen Sie die Ergebnisse für die STO-3G und 6-31G* Rechnungen (Experimentell ist die Antiform stabiler), insbesondere die Energieunterschiede der beiden Minima. Was schließen sie daraus? Machen Sie das experimentelle Ergebniss mit Hilfe eines einfachen elektrostatischen Modells plausibel (Welche Partialladungen haben die Atome?). 8