ZCP, KKS-Theorie

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79
5
5.1
Das Z − C − P-Dreieck
Motivation für eine Topologie im Zustandsraum
Wir setzen weiter voraus, daß gegeben ist, was ein Zustand ist und die mögliche Menge der
Zustände, der Zustandsraum Z. Ziel in der Physik ist die Bestimmung des Zustandes eines
physikalischen Systems. Dazu muß man wissen, was der Zustand – die Menge der Freiheitsgrade – für ein gegebenes System überhaupt sein kann. Das ist ein physikalisches Problem, was
nichttrivial sein kann (Beispiele: (v, x)). Wir gehen aber davon aus, daß dieses Problem gelöst
ist und interessieren uns für die Struktur der dualen Räume.
Ist diese Menge Z endlich, ist die Definition und mathematische Untersuchung der dualen
Räume einfach.
Aus den Betrachtungen zu Wahrnehmungen war ersichtlich, daß endlichen Mengen zur Beschreibung der Realität zu wenig sind. Aber auch das Arbeiten mit abzählbaren Mengen – etwa
den rationalen Zahlen – ist nicht ausreichend, da Begriffe wie Grenzwerte, Dichtheit und intuitive Stetigkeit im Rahmen der rationalen Zahlen nicht ausreichend gut definiert werden können.
Damit ist klar, daß es sinnvoll ist, Zustandsräume Z mit der Kardinalität des Kontinuums – wie
etwa Teilmengen im Rn – zuzulassen. Allerdings enthalten solche Teilmengen dichte abzählbare
Mengen.
Wir arbeiten mit Z und 2Z. Bei diesem Übergang ändert sich die Kardinalität. Wenn Z eine
unendliche Menge ist, ändert sich diese Kardinalität prinzipiell. Historisch haben sich beim Versuch, den Begriff des Flächeninhaltes auf allgemeine Mengen zu erweitern, prinzipielle Probleme
beim Arbeiten mit Kontinua und der Menge der Teilmengen von Kontinua gezeigt. Die Lösung
der Probleme war möglich, wenn man anstelle der Menge aller Teilmengen nur ausgewählte
Teilmengen betrachtet.
Die Auswahl einer besonderen Menge an Teilmengen ist typisch in zwei Fällen: 1) Man hebt
besondere Teilmengen heraus indem man eine Topologie in Z definiert – das beschränkt die
Menge der Funktionale auf stetige Funktionen oder 2) man hebt besondere Teilmengen heraus
mit denen man eine σ-Algebra von Teilmengen bildet – das beschränkt die Menge der charakteristischen Funktionen (man definiert charakteristische Funktionen nur für diese Teilmengen).
Um die Mengen kleiner zu machen muß man die Menge Z∗ geeignet einschränken. Das schränkt
automatisch die Menge der Funktionale ein. Je wenige Funktionen wir in Z∗ haben, auf denen
wir Funktionale betrachten, desto weniger können sich auch diese Funktionale unterscheiden.
Bis jetzt haben wir beliebige Funktionen betrachten. das bedeutet, daß wir in Z eine diskrete
Topologie angenommen haben und stetige Funktionen betrachten.
Neben den mathamtischen Gründen für eine Einschränkung der Teilmengen, gibt es noch physikalische Gründe, die mit der Motivation für unsere mathematische Beschreibung der Realität
zu tun haben. Tatsächlich enthalten allgemeine Funktionen keine Information. Wenn wir eine
allgemeine Funktionen auf unseren Zustand anwenden, bekommen wir eine Zahl, mit der wir
nichts anfangen können. Wenn wir z.B. die Funktion auf einen anderen Zustand anwenden, den
wir gut kennen und einen ähnlichen Wert erhalten, können wir daraus im allgemeinen nicht
schließen, daß auch die Zustände ähnlich sind. Das können wir nur, wenn die Funktion die
Ähnlichkeit (besser Nähe) von Zuständen in die Zahlen überträgt. Soetwas macht eine stetige
Funktion.
Das ist insbesondere wichtig, wenn es in Z überabzählbar viele Punkte (Zustände) gibt. Dann
sollte wir einen Zusammenhalt zwischen ihnen haben. Wenn wir z.B. reelle Zahlen als Zuständ
betrachten, dann sollten wir uns daran erinnern, daß reelle Zahlen gedachte Objekte sind, die
80
5 DAS Z − C − P-DREIECK
z.B. aus Grenzübergängen entstanden sind.
Das gibt uns einen Hinweis, wie wir sinnvollerweise eine Topologie in Z definieren können.
Wir nennen Zustände aus Z ähnlich (beieinanderliegend), wenn wir bei jeder Beobachtung, die
uns interessiert, auf die Zustände angewendet, ähnliche Werte erhalten. Damit erhalten wir eine
Möglichkeit, in Z eine Topologie zu induzieren: Es sei C0 (Z) die Menge aller uns interessierenden
Beobachtungen und OR die Menge der offenen Mengen in R. Dann sei
B(Z) = g −1 (U) ∈ 2Z | U ∈ OR
eine Basis für die Topologie in Z. Damit ist O(Z) definiert.
Damit sind automatisch alle Funktionen aus C0 (Z) stetig. Im weiteren werden wir die Bezeichnung C(Z) verwenden, das ist die Bezeichnung für den Banachraum der stetigen Funktionen
auf Z. Das ist der Abschluß von C0 (Z) in einer noch geeignet zu definierenden Norm.
Die so definierte Topologie hat automatisch einige gut Eigenschaften. So ist Z Hausdorff. Desweiteren wird sich herausstellen, daß Z kompakt sein muß. Enthält darüber hinaus C0 (Z) nur
abzählbar viele Funktionen, so ist Z automatisch metrisierbar.
Die Definition einer Topologie in Z spezifiziert einen Teil der Teilmengen in Z als offene Mengen.
Damit ist nicht mehr klar, ob charakteristische Funktionen überhaupt noch stetig sind.
−1
−1
−1
1A ist stetig gdw. 1−1
A (0) und 1A (1) abgeschlossene Mengen sind. Wegen 1A (0) ∪ 1A (1) = Z,
−1
−1
1A (0) = Z \ 1A (1) müssen sie dann auch offen und damit Zusammenhangskomponenten von
Z sein. D.h., charakteristische Funktionen sind nur in Ausnahmefällen stetig.
Die charakteristischen Funktionen als Beobachtungen zu verlieren wäre ein großer Mangel der
Theorie. Zum Glück können sie als verallgemeinerte Beobachtungen in Z∗∗∗ betrachtet werden,
für den Fall, daß A eine Borelmenge ist. Das ist ausreichend, da sich Nicht-Borelmengen nur
mit dem Auswahlaxiom definieren lassen.
Darüber hinaus gibt es noch einen mathematischen Weg, zumindest theoretisch Z zusammen
mit seiner Topologie zu bestimmen. Dieser Weg – die Kakutani-Stone-Theorie – gibt einen
Hinweis, welche Eigenschaften die Topologie haben sollte. Im konkreten, praktischen Fall hilft
aber nur das tatsächliche Verständnis des physikalischen Problems weiter.
Aus praktischer Sicht kann man sich den Unterschied zwischen der diskreten Topologie und
der üblichen Topologie im euklidischen Raum als den Unterschied zwischen Sand und Wasser
vorstellen. Die diskrete Topologie in Rn wäre ein Versuch, Wasser modellieren zu wollen so,
als ob es Sand wäre. Auch wenn man den Sand immer feiner macht, bekommt man dann
letztlich nicht die Eigenschaften von Wasser. Insbesondere wird wohl auch ganz feiner Sand
kein (oder nur ein ganz schwaches) Dipolverhalten zeigen Das unterschiedliche Verhalten von
Wasser und Sand ist auf ein anderes Verständnis von Nähe zurückzuführen. Beeinander liegende
Wasserteilchen haben ein “engeres Verhältnis” als Sandteilchen. Dieses Beispiel deutet auch auf
mögliche Probleme beim Approximieren von Kontinua durch endliche diskrete Räume hin.
5.1.1
Kompaktifizierungen
Meistens besitzt der Zustandsraum bereits eine Topologie. Das ist z.B. der Fall, wenn er ein
Gebiet im Rn ist. Dann ist es sinnvoll, diese Topologie beizubehalten – außer, wenn der Raum
nicht kompakt ist. Dann ist es nötig, den Raum geeignet zu kompaktifizieren.
Theoretisch ist eine Kompaktifizierung stets möglich. Insbesondere die Stone-Cech-Kompaktifizierung. Diese Kompaktifizierung ergibt sich auch automatisch in der Kakutani-Stone-Theorie.
Sie zeigt, daß ein topologischer Raum, der ein physikalischer Zustandsraum sein soll, kompakt
5.1 Motivation für eine Topologie im Zustandsraum
81
sein sollte. Allerdings ist dieser Weg bereits in den einfachsten Fällen nicht konstruktiv (Auswahlaxiom!) in dem Sinne, daß man die Punkte des Raumes und die offenen Mengen nicht mehr
explizit angeben kann.
Deshalb ist es erforderlich, für einen gebebenen nicht-kompakten Zustandsraum eine geeignete,
d.h. physikalisch sinnvolle, Kompaktifizierung durchzuführen. Aus physikalischer Sicht bedeutet
ein nicht-kompakter Zustandsraum häufig eine zu groß gewählte Menge von Beobachtungen.
Eine Kompaktifizierung wäre dann eine geeignete Einschränkung dieser Menge. Dazu muß der
Raum aber lokal kompakt sein. Eine Möglichkeit hierzu ist die
5.1.2
Ein-Punkt-Kompaktifizierung
A general method of practical interest is the compactification by adding some additional points,
for example, the one-point compactification.
Given a non-compact topological space Z0 . We construct a new topological space by adding a
new state z∞ . Thus, Z = Z0 ∪ {z∞ }. The topology is constructed by the following definition of
the set of open sets:
O(Z) = O(Z0 ) ∪ {Z \ {G ∪ {z∞ }|Z \ G is closed and compact}
Physically this means that initially we forget to include some states in the state space. Thus,
a non-compcat space corrsponds to a not a non-complete set of states.
As a consequence of a compactification, the set of continuous functions reduces whereas the set
of probability measures enlarges. For the one-point compactification (similar for other compactifications), the point z∞ generates a new pure state δz∞ .
The simplest example is the one-point compactification of N. A state space N is typical, if the
physical system can be located in discrete but infinitely many states. For example, if a physical
system can contain a number of identical particles which have no further degrees of freedom.
An observable of such a system are continuous functions on N – bounded sequences. Taking
such a set of observables we suppose implicitely that it is equal difficult to count few or many
particles. More physically would be to assume that it is not possible to count the particles
exactely if there number is very high. In other words, physical sensible observable are only
bounded sequences having a limit for large numbers of particles. This reduced set of observable
is pecisely the set of continuous functions on N, the one-point compactification of N, where the
state z∞ = ∞ has to be understood as ∞ many particles. Now, the limit of an observable for
large numbers is well defind functional of the observable, hence a probability measure that was
not contained in the set of probability measures on N.
5.1.3
Bemerkungen
• Das Einschachteln einer Menge geschiet in der Topologie immer von innen mit offenen
Mengen und von
oder kompakten Mengen, wegen der EigenS außen mit abgeschlossenen
T
schaften, daß α Uα ∈ O und α Fα ∈ F. In der Maßtheorie ist es umgekehrt und wird
als Forderung für Regularität verwendet.
• Die rationalen Zahlen Q bilden in R keine abgeschlossene Menge. Aber jede endliche Menge
rationaler Zahlen ist abgeschlossen. Es ist Q = R.
•
•
•
82
5 DAS Z − C − P-DREIECK
5.2
5.2.1
Zustände. Z
Physikalischer Hintergrund
Eigentlich nehmen wir immer nur endlich viel wahr, sowohl im kleinen als auch im großen. Wir
können uns aber vorstellen, daß die Welt unendlich groß in beide Richtungen ist. Zumindest
sollte unsere Vorstellung von der Welt die Möglichkeit eines tieferen Verstehens offenlassen.
Aber diese Unendlichkeit darf nicht zu kompliziert im großen und nicht zu kompliziert im
kleinen sein. Außerdem wollen wir annehmen, daß die Welt prinzipiell erkennbar ist. Aus dieser
Sicht stellt das an den toplogischen Raum drei entscheidende Voraussetzungen. Z muß sein:
• Hausdorff:
Diese Voraussetzung bedeutet, daß man zwei Punkte unterscheiden kann. Diese Eigenschaft ergibt sich automatisch, wenn man ununterscheidbare Zustände als identisch annimmt. Dinge, die ich sowieso nicht ununterscheiden kann, brauche ich auch nicht zu
unterscheiden. Hier gibt es eine Besonderheit. In der Physik gibt es die Begriffe “identische Teilchen” und “nichtunterscheidbare Teilchen”. In der klassischen Physik nimmt
man an, daß sich die Teilchen identisch verhalten können, ich sie aber unterscheiden – z.B.
nummerieren – kann. Diese Annahme ist falsch, wie wir aus der Quantenmechanik wissen.
Der Unterschied kommt z.B. beim Werfen von klassischen oder von “Quantenmünzen”
zum Tragen.
• Kompaktheit: Kompaktheit kann man sich als Endlichkeit im Großen vorstellen.
• 1. Abzählbarkeitsaxiom: Das bedeutet Abzählbarkeit im Kleinen.
Die beiden letzten Eigenschaften bedeuten, daß ich im Prinzip nur abzählbar viele verschiedene
Zustände habe, d.h. es eine dichte Menge von abzählbar vielen verschiedenen Zuständen gibt.
Diese Eigenschaft hängt damit zusammen, daß ich nur von abzählbar viele Beobachtungen
ausgehen kann.
Ist das nicht der Fall, lassen sich viele Beweise nur mit dem Auswahlaxiom führen. Oft wird
aber ein Objekt – z.B. ein Funktional – konkret gebraucht und die reine Existenz so eines
Funktionals reicht nicht.
Die spezielle Metrik eines metrisierbaren Raumes brauchen wir im allgemeinen nicht. Wenn der
Raum ursprünglich sowieso ein kompakter, metrischer Raum war, dann benutzen wir natürlich
die Metrik darin.
Diese Eigenschaften sind eine Gradwanderung. Nur endliche Mengen sind zu wenig und man
erkennt auch nicht das Wesen der Objekte. Insbesondere sieht man der dualen Paarung nicht
an, daß sie extensive Größen (Funktionen von Mengen) und intensive Größen (Funktionen von
Punkten) kombiniert. Nur abzählbar viele Objekte sind auch zu wenig, weil wir dann nicht mit
Grenzwerten arbeiten können. D.h., wir wollen nicht auf die reellen Zahlen verzichten, weil wir
die Vollständigkeit brauchen. Aber mehr muß auch nicht sein.
Das ist gerade wieder der Unterschied zwischen denkbaren Objekten und Objekten, für die wir
eine real existierende Entsprechung in der Natur finden.
Oft hat der Zustandsraum bereits eine natürliche Topologie, etwa wenn Z eine beschränkte,
abgeschlossene Teilmenge des euklidischen Raumes oder die Vereinigungen endlich vieler solcher ist. So eine natürliche Topologie sollte beibehalten werden, wenn sie die drei Eigenschaften
erfüllt. Das betrifft insbesondere die Kompaktheit. Dieses Problem wird in Abschnitt 5.3 besprochen.
83
5.3 Beispiele
5.3
Beispiele
Für ein konkretes Problem bietet sich ein Zustandesraum meistens bereits an, weil sich historisch ein mathematischer Rahmen zur Behandlung dieses Problems etabliert hat. Das ist
typischerweise ein Gebiet Ω ⊂ Rn . In diesem Fall sollte man von Ω und insbesondere von der
Rn-Topologie in Ω ausgehen und Ω nur gegebenfalls dem konkreten Problem anpassen und
modifizieren. Dazu werden im weiteren ein paar Beispiele vorgestellt.
5.3.1
Reaction at interfaces
We consider a particle moving in a domain, consisting of two parts Z1 and Z2 and an interface
between them. We assume that at this interface the particle can change the type. The motion
of the particle in one part, say Z1 , of the domain depends on the type of the particle. Then, it
has to be possible, to distingwish the types of the particle in Z1 . Otherwize it is not possible
to describe the motion of the particle. We have to consider three copies of Z1 . The state space
becomes Z = Z1 ∪ Z1 ∪ Z1 ∪ Z2 .
Z1
5.3.2
Z2
ZZZ111
Z2
Different obsevables at interfaces
We consider a particle, moving in a domain, consisting of different parts, connected by interfaces.
Sometimes it is usefull to consider test functions, having a jump at this interfaces. In the usual
topology such test functions are not continuous ones. To consider such test functions we have
to change the topology to make them continuous. However, the way of changing the topology
depends on the physical situation.
We consider here three typical cases of a diffusing particle (see the illustration below).
• I1 is an interface that separates two parts of the domain with different diffusion coefficients. This changes the motion of the particle but does not change the observability. The
interface does not influence the topology of the state space.
• I2 is an interface that separates two parts of the domain where the particle has different
type, e.g., color. This color can be observed. Thus, it is possible to observe in which part
of the domain is the particle. Observables are sharp (“not continuous”) at the interface.
• I3 : Particle can move along the interface. It is possible to observe the particle at the
interface.
I1
I2 I3
I1 2×I2 3×I3
84
5.3.3
5 DAS Z − C − P-DREIECK
Identical states
Having a compact state space, nevertheless, it may happens that the derivation of a generator,
modeling the problem of concern fails. This can be connected with the required Hausdorffness
of the state space.
A necessary conditions to be the generator of a semigroup is that the domain of the generator
has to be dense in C. Take, for example, the set {g ∈ C : g(z1 ) = g(z2 )}. This is a proper closed
subspace in C. This is in contrast to other functionen spaces like Lebesgue spaces, where such
a subset is dense.
Thus, it turns out that the state space is to large to consider a problem where the interaction
under consideration cannot distingwish the states z1 and z2 . This has to taken into account in
advance.
Identical inner states
Identifying the states z1 and z2 , we have to embed the state space Z in a space with higher
dimension. Now, the open sets are the ...
R2
z2
z1 = z2
z1
R1
Identical boundary states
Points in different parts Z1 and Z2 of a not connected spaces can be not distinguishable for
a given situation. It may happens that the particle is with equal probability in z1 ∈ Z1 and
z2 ∈ Z2 . Any observable have the same value in this point. The points have to be identified.
This can connect the different parts of the state space.
z1
z2
A typical example is making a periodic state space from a non-periodic, identifying boundary
points.
5.4 Beobachtungen. Eigenschaften von C(Z)
5.4
85
Beobachtungen. Eigenschaften von C(Z)
Es sei Z ein kompakter, Hausdorffraum, der das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllt und C(Z) die
Menge aller stetigen beschränkten Funktionen g : Z −
→ R.
Da endliche Linearkombinationen stetiger Funktionen wieder stetig und auch beschränkt sind,
ist C(Z) ein linearer Raum.
Wir beweisen, daß mit geeignet definierter Metrik, Multiplikation und Ordnung C(Z) B-Raum,
B-Algebra und B-Verband ist. Dazu definieren wir die entsprechenden Objekte (Norm, Multiplikation, Ordnung) und beweisen die nötigen Eigenschaften.
5.4.1
C(Z) ist Banachraum
• C(Z) ist linearer Raum, d.h., Summe, Produkt mit Skalar sind auch stetige Funktionen.
• Norm: kgk = supz∈Z |g(z)|
• In dieser Norm ist C(Z) vollständig und damit ein Banachraum.
• Die Norm definiert eine Metrik und damit eine Topologie in C(Z).
• 1 ∈ C(Z) (ist immer stetig)
5.4.2
C(Z) ist kommutative Banachalgebra
• Wir definieren die Operation f ∗ g durch
(f ∗ g)(z) = f (z) · g(z)
• Da das Produkt stetiger Funktionen wieder stetig ist, ist C(Z) abgeschlossen bezüglich
dieser Operation.
• Die Operation ist submultiplikativ (also kf · gk ≤ kf k kgk), daher ist C(Z) eine Banachalgebra.
• 1 ist das Einselement dieser Algebra.
5.4.3
C(Z) ist Banachverband
• Definition der Ordnung: f ≤ g ⇐⇒ f (z) ≤ g(z), z ∈ Z
• Der positive Kegel sind die positiven Funktionen.
• Definition der Verbandsoperationen:
(f ∨ g)(z) = max{f (z), g(z)}, (f ∧ g)(z) = min{f (z), g(z)}
• Beweis der Stetigkeit von f ∨ g und f ∧ g:
Damit ist C(Z) ein Riesz-Raum
• Wegen |f | ≤ |g| =⇒ kf k ≤ kgk ist C(Z) Banachverband.
• 1 ist das Einselement der Ordnung, d.h. , das Element, das die Verbandsordnung definiert,
die äquivalent zur sup-Norm ist.
86
5 DAS Z − C − P-DREIECK
5.4.4
Untermengen und Unterräume. Intervalle und Ideale
Die wichtigste Untermenge in C, die kein lineare Menge, aber konvex ist, ist das Intervall C[a,b]
mit a ≤ b
C[a,b] = {g ∈ C : a1 ≤ g ≤ b1}
Der wichtigste abgeschlossene Unterraum ist das Ideal.
IA = {g ∈ C : g(z) = 0, z ∈ A ∈ F}
Das Ideal ist bezüglich aller Operationen (Algebra und Verband) abgeschlossen. Ein Ideal
enthält nicht die Eins.
Ein abgeschlossener Unterraum, der kein Ideal ist und die Eins enthält, ist z.B. z1 6= z2 ∈ Z,
dann ist
X = {g ∈ C : g(z1 ) = g(z2 )}
ein abgeschlossener Unterraum, der auch eine abgeschlosse Algebra mit Eins ist.
Satz von Stone: Es sei X ein abgeschlossener Unterraum, der auch eine abgeschlosse Algebra
mit Eins ist. Dann gibt es ein Z0 ⊂ Z derart, daß X = C(Z0 ).
Es gibt zwei wichtige Arten von Unterräumen, abgeschlossene und dichte.
Es sei X ∈ C ein Unterraum. Dann ist klar, daß im allgemeinen
X ⊂ C =⇒ C∗ ⊂ X∗
denn Elemente aus X∗ müssen nur auf X Funktionale sein, nicht auf der größeren Menge C. Das
gilt aber nur im allgemeinen. Wenn X ein abgeschlossener Unterraum ist, kann es sein,
Ein Unterraum, der nicht abgeschlossen ist, die Menge aller stetig differenzierbaren Funktionen,
z.B. auf C([0, 1])
Charakteristische Funktionen 1A liegen in C, genau dann, wenn A offen und abgeschlossen, also
eine Zusammenhangskomponente ist. Im ungünstigsten Fall, wenn Z ein zusammenhängender
Raum ist, ist also 1 die einzige charakteristische Funktion in C.
5.4.5
Bemerkungen
• Eine Ordnungsrelation ist mehr als eine Topologie. In einer endlichen Menge gibt es nur
eine sinnvolle Topologie, die diskrete. Eine Ordnungsrelation schafft zusätzliche Struktur.
Die Punkte sind nicht mehr gleichberechtigt. Das macht auch das Umnummerieren der
Punkte sinnvoll. Man kann jede geordnete endliche Menge linear ordnen.
• Macht man aus einer Ordnungsrelation ϕ eine Äquivalenzrelation durch symmetrisieren:
(x, y) ∈ ϕ =⇒ (y, x) ∈ ϕ, dann stimmen die Äquiv.klassen mit Ketten überein.
•
5.5 Der Raum Z∗∗ = C∗ (Z)
5.5
87
Der Raum Z∗∗ = C∗ (Z)
Den Raum C∗ kann man als abstrakten Raum der beschränkten linearen Funktionale auf C
definieren. Für die Anwendung ist es aber sinnvoll, wenn man mehr über die Elemente dieser
Menge weiß. Zum Glück stellt sich heraus, daß C∗ isomorph zum Raum der Radonmaße R(Z)
auf den Borelmengen von Z ist.
5.5.1
C∗ (Z) ist Banachraum
• Norm: kpk = supkgk≤1 hg, pi
• Wie jeder duale Raum ist C∗ (Z) vollständig.
5.5.2
C∗ (Z) ist Banachverband
• Ordnung: p ≥ 0 ⇐⇒ hg, pi ≥ 0 für alle g ≥ 0
• Die Norm positiver Elemente läßt sich auf positiven Eelemnten bestimmen. Daher gilt
kpk = sup hg, pi = h1, pi
g∈C[0,1]
5.5.3
Wahrscheinlichkeitsfunktionale
Wir nennen die folgende Menge Wahrscheinlichkeitsfunktionale oder gemischte Zustände
P = p ∈ C∗ : p ≥ 0, h1, pi = 1
P hat folgende Eigenschaften: Das ist offensichtlich eine konvexe Menge.
• P ist eine konvexe Menge
• p ∈ P ⇐⇒ gmin ≤ hg, pi ≤ gmax (Das heißt, W-funktionale sind mittelnde Funktionale.)
Beweis:
=⇒ Aus gmin1 ≤ g ≤ gmax 1 folgt, wendet man p darauf an gmin ≤ hg, pi ≤ gmax
⇐= Wählt man g = 1, erhält man h1, pi = 1 aus gmin ≤ hg, pi ≤ gmax . Dann folgt aus
gmin ≤ hg, pi
hg, pi−gmin = hg, pi−hgmin1, pi = hg−gmin 1, pi ≥ 0. Hieraus folgt hh, pi ≥ 0 für alle h ∈ C+
(hieraus folgt h ≥ 0. Beweis indirekt: Angenommen, es gibt ein h ≥ 0 mit hh, pi < 0,
dann ist hmin ≥ 0 und damit hh, pi ≥ hmin ≥ 0, ein Widerspruch.
Wir nennen die folgende Menge Punktmaße oder reine Zustände
Pe = δz ∈ C∗ : hg, δz i = g(z)
Es gelten folgende Eigenschaften:
• Pe = DZ ⊂ C∗ (Bild der kanonischen Einbettung)
• Pe ⊂ P
• Pe = extr P
v
• P = Pe
88
5 DAS Z − C − P-DREIECK
• gn −
→w g ⇐⇒ hgn , δz i −
→ hg, δz i, δz ∈ Pe
• p ∈ C∗ , hh · g, pi = hh, pihg, pi ⇐⇒ p ∈ Pe (multiplikative Funktionale, algebraischer
Homomorphismus)
• p ∈ C∗ , |hg, pi| = h|g|, pi ⇐⇒ p ∈ Pe (Verbands-Homomorphismus)
5.5.4
Bemerkungen
• Worin unterscheidet sich ein Wahrscheinlichkeitsfunktional von einem Wahrscheinlichkeitsmaß?
• Welche der charakteristischen Funktionen 1A liegen wo.
5.6
Der Raum C∗∗
In der Wahrscheinlichkeitstheorie hat für ein Wahrscheinlichkeitsmaß p der Ausdruck p(B) für
Mengen au der Mengenalgebra Σ einen Sinn. Er beschreibt die Wahrscheinlichkeit, daß das
Ereignis B stattgefunden hat oder auf physikalischer Sicht, die Wahrscheinlichkeit, daß sich
das physikalische System in einem Zustand aus B befindet.
Dem Ausdruck p(B) kann man auch einen Sinn geben, wenn p ein Wahrscheinlichkeitsfunktional
ist. Und zwar genau dann, wenn wegen
Z
Z
1B (z)p(dz) = h1B , pi
p(B) =
p(dz) =
B
Z
die charakteristische Funktion 1B in einem der Räume C oder C∗∗ liegt.
1B liegt in C genau dann, wenn B Zusammenhangskomponente von Z ist. Das ist der uninteressante Fall. Außerdem liegt 1B in C∗∗ , wenn B ∈ B.
5.7
Topologien in Z, C und P ⊂ C∗
In jedem Raum – außer in Z – gibt es verschiedene Topologien, die starke, schwache und vage
(meistens schwach-* genannt). Davon sind nur einige im weiteren interessant. Das hängt damit
zusammen, daß es für manche Konvergenzen nur uninteressante konvergente Folgen gibt.
Es folgt aus vager Konvergenz die schwache Konvergenz (weil Konvergenz bezüglich einer größeren Menge von Funktianlen getetstet werden muß). Im allgemeinen gilt die Umkehrung nicht.
Ausnahme sind z.B. reflexive Räume, da sind beide Konvergenzen äquivalent, da die Mengen
von Funktionalen identisch sind.
Es folgt aus starker Konvergenz die schwache Konvergenz auf Grund der Hölderschen Ungleichung. Im allgemeinen gilt die Umkehrung nicht. Ausnahme sind z.B. endlichdimensionale
Räume.
Vergleich der Konvergenzen:
Z∗
zn
gn
kgn − gk
g(zn ) −
→ g(z) hgn − g, pi
gn (z)
Z
−
→ z
=
−
→
−
→
−
→
−
→
C
Z∗∗
g
pn
0
kpn − pk
0
hξ, pn − pi
g(z) hg, pn − pi
pn (B)
=
−
→
−
→
−
→
−
→
−
→
C∗
p
0
0
0
p(B)
Z∗∗∗
ξn
= C∗∗
−
→ ξ
stark
schwach
vage
p(Bn ) −
→ p(B)
5.7 Topologien in Z, C und P ⊂ C∗
89
Im weiteren sind nur folgende Konvergenzen von Interesse:
• Starke Konvergenz in C
• Schwache (ist äquivalent zur vagen) Konvergenz in C.
• Vage Konvergenz in P.
Da (siehe Bemerkungen weiter unten) die Konvergenz in Z
5.7.1
Gegenbeispiele
Die Unterschiede zwischen den Konvergenzen erkennt man besonders deutlich durch Gegenbeispiele.
• Die Funktionen gn (z) = z n in C([0, 1]) konvergieren schwach oder – äquivalent – punktweise gegen g = 1{1} , aber natürlich nicht stark, da g 6∈ C. gn konvergiert auch nicht stark
in C∗∗ , da kgn − gk = 1. Aber gn konvergiert gegen g vage (punktweise) in C∗∗ .
• zn −
→ z in Z (im Sinne von: Jede Umgebung von z enthält ∞-viele Punkte aus der Menge
→ δz ? Auf alle
(zn )). Wir nehmen an, daß (zn ) nicht konstant ist. Wann konvergiert δzn −
Fälle vage, weil g(zn ) −
→ g(z) aus der Stetigkeit von g folgt. Da kδzn − δz k = 2, konvergiert
δzn nicht stark und auch nicht schwach, was man zeigt, wenn man z.B. als Testfunktion
1{z} betrachtet.
In diskreten Räumen (oder wenn {z} offen ist) konvergiert nur die konstante Folge, d.h.,
aus zn −
→ z folgt zn = z.
Die Folge 1{zn } konvergiert in C∗∗ in keinem Sinn. Das sieht man daran, daß h1{zn } , δz i = 0
aber h1{z} , δz i = 1. Daß heißt, die Folge konvergiert nicht mal vage.
Hieran sieht man einen wichtigen Unterschied zwischen stetigen Funktionen und Dichten
von Maßen (z.B. bezügl. des Lebesguemaßes in Rn ). Es kann eine Folge von Dichten
durchaus gegen die “Deltafunktion” δ(z) konvergieren.
• Die Folge pn (dz) = (1 + sin(nz))dz in C∗ ([−1, 1]) konvergiert bezüglich aller charakteristischer Funktionen (vermutlich äquivalent zu schwach), aber nicht stark.
5.7.2
Bemerkungen
• Die Konvergenz zn −
→ z in Z (im Sinne von: Jede Umgebung von z enthält ∞-viele Punkte
aus der Menge (zn )) ist äquivalent zur schwachen Konvergenz in Z also zu g(zn ) −
→ g(z).
• Pe ist vage dicht in P. Das bedeutet, daß es für die schwache Konvergenz in C ausreicht,
die Konvergenz auf Punktmaßen zu testen. Das heißt wiederum, daß die punktweise Konvergenz in C – die man als vage Konvergenz bezeichnen kann – zur schwachen Konvergenz
äquivalent ist.
• P ist vage kompakt. (Satz von Alaoglu, Leonidas Alaoglu griechischer Mathematiker, 1914
– 1981, siehe auch Buch von Adam Bobrowski: Functional Analysis for Probability and
Stochastic Processes, S.186)
v
• Abschluß: A = Z =⇒ span{δz |z ∈ A} = Z∗∗
90
5 DAS Z − C − P-DREIECK
5.7.3
Zusammenhang der Konvergenzen in der FunkA und W-Theorie
Die duale Paarung zwischen einer stetigen Funktion g und einem W-Maß p heißt in der WTheorie Erwartungswert oder Mittelwert von g bezüglich p oder g-Moment von p oder nur
Erwartungswert/Moment von g, wenn p durch den W-Raum (Z, B, p) fixiert ist. Der Wert
eines Maßes p auf einer Borelmenge B, also p(B) ist die duale Paarung zwischen p und der
char. Funktion von B, also 1B ∈ C∗∗ .
Da in die Wahrscheinlichkeitstheorie in erster Linie W-Maße in Rn betrachtet werden, orientieren sich die Konvergenzbegriffe daran und unterscheiden insbesondere auch Konvergenz
bezüglich Funktionen mit kompaktem Träger oder ohne.
Während die funktionalanlytischen Begriffe systematisch und allgemeingültig sind, unterscheiden sich die entsprechenden Begriffe in der W-Theorie davon.
Die vage Konvergenz in der Funktionalanalysis heißt schwache Konvergenz in der W-Theorie.
Die starke Konvergenz in der Funktionalanalysis heißt Konvergenz in totaler Variation in der
W-Theorie.
Des weiteren werden Konvergenzen der Art pn (B) −→ p(B) und p(Bn ) −→ p(B) betrachtet.
Aus funktionalanlytischer Sicht sind das Konvergenzen bezüglich der Topologie σ(C∗ , C∗∗ ), da
p(B) = h1B , pi mit 1B ∈ C∗∗ . Die Konvergenzen pn (B) −
→ p(B) wird in der Wahrscheinlichkeitstheorie starke Konvergenz von Maßen genannt (hier schwache).
Die σ(C∗ , C∗∗ )-Topologie ist “sehr diskret”, was dazu führt, daß es kaum konvergente Folgen
gibt. Um trotzdem Aussagen treffen zu können, wann pn (B) −→ p(B) oder p(Bn ) −→ p(B)
stattfindet, werden Spezialfälle betrachtet, wann diese Konvergenzen mit Konvergenzen in der
σ(C∗ , C)-Topologie übereinstimmen.
Dazu gibt es den Portmanteau-Satz (von Alexandrow):
Folgende Konvergenzen sind äquivalent
•
•
•
•
•
pn −
→ p vage
pn −
→ p vage auf C[0,1]
lim supn→∞ pn (F ) ≤ p(F ) für alle F ∈ F
lim inf n→∞ pn (U) ≥ p(U) für alle U ∈ O
limn→∞ pn (B) = p(B) für alle B ∈ B und p(∂B) = 1
Der Beweis des Satzes (die Umkehrung, daß aus der Konvergenz auf Borelmengen die vage
Konvergenz folgt) ist nicht einfach und wird über sogenannte level-sets (Niveaumengen) geführt,
mit denen es möglich ist, anstelle von Lebesgue-Integralen über Z Riemann-Integrale über dem
Wertebereich von g zu betrachten. Nähers hierzu kann im WIAS-Preprint 1896 nachgelesen
werden.
Für die anderen Teile des Beweises werden Folgen von Funktionen gn ∈
C[0,1] betrachtet, mit
T∞
−1
−1
gn (1) = F ∈ F und gn (0) = Z \ Un , Un ∈ O und F ⊂ Un , Un+1 ⊂ Un , n=1 Un = F . Es ist
p(F ) = inf p(Un ) ≥ hgn , pi ≥ p(F )
Un ⊃F
Konvergenzen der Art p(Bn ) −
→ p(B) hängen mit der Regularität von p zusammen:
p(B) = sup p(F ) , p(B) =
F ⊂B∈B
inf p(U)
U ⊃B∈B
Es gilt:
S
→ 1A vage in C∗∗ .
• ∞
i=1 Ai = A =⇒ 1Ai −
S
• An ↑ A =⇒ p(An ) −
→ p(A), An ↑ A bedeutet An ⊂ An+1 , ∞
An = A
Ti=n
∞
• An ↓ A =⇒ p(An ) −
→ p(A), An ↓ A bedeutet An ⊃ An+1 , i=n An = A
5.8 Die Kakutani-Krein-Stone Theorie
5.8
91
Die Kakutani-Krein-Stone Theorie
Normalerweise werden beim Definieren von Funktionen und Wahrscheinlichkeitsmaßen implizit
Vorausetzungen gemacht, die eigentlich zu rechtfertigen sind. Insbesondere wird vorausgesetz,
daß der Zustandsraum Z zusammen mit seiner Topologie gegeben ist, oder, – wie im Abschnitt
5.3 an Beispielen gezeigt – daß zumindest Z als Menge gegeben ist und die Topologie geeignet
angepaßt wird. Tatsächlich entsteht auch die Menge Z selbst zusammen mit einer Topologie
auf natürliche Weise im Rahmen der Kakutani-Krein-Stone Theorie. Bevor sie vorgestellt wird
erinnern wir noch an die verschiedenen Methoden, geeignete Funktionen und Wahrscheinlichkeitsmaße zu definieren:
5.8.1
Verschiedene Methoden, einen mathematischen Rahmen zu finden
Betrachtet man rein deterministische Probleme wie in der Theorie der dynamischen Systeme,
dann spielt nur Z, nicht aber C oder P eine Rolle. Dann ist auch der Zusammenhang dieser
drei Räume unerheblich. Probleme treten auf, wenn Wahrscheinlichkeiten betrachtet werden
müssen. Dazu gibt es folgende Zugänge:
• Der klassische Zugang im euklidischen Raum:
Es sei Z ⊂ Rn gegeben. In Z können jetzt verschiedene Funktionenklassen (beschränkte,
stetige, integrierbare, ∞-oft differenzierbare mit kompaktem Träger, ...) definiert werden. Desweiteren können verschiedene Maße definiert werden, insebsondere W-Maße als
positive normierte Maße.
Diese Theorie ist gut ausgearbeitet und der Standardfall in Anwendungen. Sie ist für einfache Fälle (keine Phasengrenzen, Glattheit, ...) gut geeignet. Sie hat folgende prinzipielle
Nachteile:
– Keine Dualitätstheorie: Es ist nicht klar, wie Funktionen und Maße zusammengehören.
– Es ist nicht klar, wie dieses Konzept verallgemeinert werden soll, wenn der Zustandsraum komplizierter sein muß.
– Es wird nicht deutlich, welche mathematischen Eigenschaften der Zustandsraum
haben sollte.
• Der klassische Zugang für allgemeine topologische Räume:
Es wird Z als topologischer Raum definiert und davon ausgehend werden C und P konstruiert. Wenn Z von Anfang an die richtige Topologie hatte, ist das der richtige Weg.
Nachteile:
– Im allgemeinen keine schöne Dualitätstheorie, wenn Z nicht kompakt ist.
– Der Raum C(Z) erscheint hier nur als Hilfsobjekt um von Z zum bidualen Raum Z∗∗
überzugehen. Die physikalische Rolle als Beobachtungen ist nicht klar.
– W-Maße sind im allgemeinen keine konvexen Kombinationen von Zuständen.
– Es wird nicht deutlich, welche mathematischen Eigenschaften der Zustandsraum
haben sollte und wie man die Definition von Z begründen könnte.
92
5 DAS Z − C − P-DREIECK
• Definition der Topologie ausgehend von den Beobachtungen:
Definition von Z als Menge und Definition einer abzählbaren Menge Beobachtungen (die
Vervollständigung in der sup-Norm ist C). Die Basis der Topologie in Z wird definiert als
die Mengen, die Urbilder offener Mengen der reellen Zahlen für alle Beobachtungen sind.
Das erklärt die Topologie in Z physikalisch: Zustände liegen nahe beieinander, wenn alle
Beobachtungsergebnisse für alle Beobachtungen nahe beieinander liegen. Z ist automatisch Hausdorff und hat das 1.AA. Anschließend werden C und P definiert wie vorgestellt.
Nachteil ist hier, daß Z nicht automatisch kompakt ist.
Weiterhin ist ein Nachteil, daß die Menge Z als gegeben vorausgesetzt wird. Die KakutaniKrein-Stone Theorie zeigt, daß prinzipiell die Menge Z selbst auch Ergebnis von Beobachtungen ist. Allerdings ist dieser Weg in der Realität nicht gangbar. Die Definition
der Menge von Zuständen und einer geeigneten Menge von Beobachtungen bleiben eine
kreative Aufgabe für die Physik.
5.8.2
Die Kakutani-Krein-Stone Theorie
Die Kakutani-Krein-Stone Theorie zeigt einen Weg, wie man ausgehend von einer abstrakten
Menge von Beobachtungen sowohl die Zustände als auch die Wahrscheinlichkeiten automatisch
erzeugen kann. Das ist der natürliche Weg aus metaphysischer Sicht, da auch die Zustände
selbst eigentlich nicht im Voraus gegeben sind sondern erst durch Beobachtung erhalten werden
müssen. Diese Theorie hat vor allem theoretischen Wert, da sie zeigt, daß auch die Zustände
letztlich das Ergebnis von Beobachtungen sind.
Die Konstruktion von Z geht von einer frei gewählten Menge von Beobachtungen aus und
vollzieht sich in folgenden Schritten:
1) Wir definieren eine Menge X von Beobachtungen. Diese Menge muß ein linearer Raum
über den reellen Zahlen mit einer Ordnungsrelation sein – ein Riesz-Raum. Bei der Wahl
dieser Menge sind wir frei. Das ist die Menge an Fragen, die wir der Natur stellen wollen.
Aus mathematischer Sicht sind das Testfunktionen.
2) Wir definieren unter den Beobachtungen eine Einheit 1. So eine Beobachtung solte es
geben. Sie bedeutet physikalisch, daß eigentlich nicht beobachtet wird, d.h., sie liefert
keine Information.
3) Jede Beobachtung g hat ein Minimum gmin und ein Maximum gmax . Das sind reelle Zahlen.
Es gilt gmin 1 ≤ g ≤ gmax 1.
4) Wir definieren eine Verbands-Norm als kgk = max{|gmin|, |gmax |} und vervollständigen X
in dieser Norm. Die Norm macht X zu einem AM-Raum. Die Vervollständigung macht X
zu einem Banach-Raum. Das sei X.
5) Wir betrachten den dualen Raum X∗ und definieren alle mittelnden Funktionale P ⊂ X∗
als physikalische Zustände. Diese Menge wird auch Basis genannt (im englischen “base”,
nicht “basis”).
(Ein Funktional p mittelt, wenn für alle g gilt: gmin ≤ hg, pi ≤ gmax .)
6) Die mittelnden Funktionale P bilden eine konvexe Menge. Diese Menge ist in der vagen Topologie kompakt und Hausdorff (Satz von Banach-Alaoglu, Beweis mit Satz von
Tichonow, Auswahlaxiom!).
5.8 Die Kakutani-Krein-Stone Theorie
93
7) Es sei Pe = extP die Menge der extremalen Elemente der Zustände (heißt in der Mathematik Kakutani-Stone-Raum von X). Pe ist ebenfalls ein kompakt in der vagen Topologie.
Wir nennen die extremalen Elemente Pe “reine Zustände”, den Rest aus P “gemischte
Zustände”. Diese Bezeichnung ist vernünftig, weil sich die extremalen Elemente nicht als
konvexe Kombinationen von Zuständen darstellen lassen (nicht mischen lassen).
Das besondere an dieser Konstruktion ist der folgende fundamentale
Satz: X = C(Pe ).
Das heißt, die ursprünglich definierte Menge X an Beobachtungen (nach Vervollständigung) ist
nicht eine abstrakte Menge sondern läßt sich als Menge von stetigen Funktionen über einem gewissen topologischen Raum Pe betrachten. Dieser Raum ist natürlicherweise als Zustandsraum
zu interpretieren, es ist also Z = Pe zu setzen.
Des weiteren ist P – die Menge der mittelnden Funktionale – identisch mit der Menge der
positiven und normierten Funktionale, die man natürlicherweise nach dem Rieszschen Darstellungssatz als W-Maße interpretieren kann. Es gilt (einfacher Beweis, siehe Punkt 5.5.3)
gmin ≤ hg, pi ≤ gmax , g ∈ C ⇐⇒ p ≥ 0, h1, pi = 1
5.8.3
Bemerkungen. Gegenbeispiele. Anwendung
Interessant ist, was sich für ein Raum Pe ergibt, wenn der Ausgangsraum X keine abstrakte
Menge sondern bereits ein Raum stetiger Funktionen auf einem gegebenen topologischen Raum
Z war, d.h., wie sich Z und Pe zueinander verhalten. Insbesondere wäre die Frage zu klären,
ob man die Konstruktion von Pe benutzen kann, um aus einem gegebenen Raum Z mit einer
“schlechten” Topologie einen mit einer “guten” Topologie zu machen.
• Falls X = C(Z) mit kompaktem Hausdorffraum Z, dann ist Z = Pe .
• Falls Z kompakt ist, dann ist C(Z) separabel genau dann, wenn Z metrisierbar ist.
• Wenn X = C(Z) mit nicht kompaktem Z, dann ist Pe = βZ die Cech-Stone-Kompaktifizierung von Z. Auch in den einfachsten Fällen läßt sie ihre Existenz nur mit dem Auswahlaxiom zeigen. Es können werder die Punkte und erst recht nicht die offenen Mengen
explizit angegeben werden. Außerdem ist βZ im allgemeinen nicht metrisierbar.
• Die Die Kakutani-Krein-Stone Theorie zeigt, daß der Zustandsraum spezielle topologische
Eigenschaften haben sollte, damit die Theorie Z −
→ C−
→ P−
→ Pe geschlossen ist.
• Kompaktheit des Kakutani-Stone Raumes bedeutet, daß es – unabhängig davon, mit
wievielen Beobachtungen ich starte – eigentlich nur endlich viele verschiedene Zustände
gibt (bei gegebener “Genauigkeit”).
• Abzählbarkeit bedeutet, daß das physikalische System nicht zuviele Freiheitsgrade haben
darf, d.h., daß wir nicht zuviele Freiheitsgrade unterscheiden können.
94
5 DAS Z − C − P-DREIECK
• Die Kakutani-Krein-Stone Theorie liefert den Zustandsraum nicht konstruktiv (Auswahlaxiom). Daher ist der aus praktischer Sicht zu gehende Weg der, bei dem Z als Menge
“geraten” wird und die Topologie ausgehend von einer gewählten Menge an Beobachtungen erzeugt wird
– Physikalischer Weg:
Z =⇒ C =⇒ (Z, O) =⇒ Z∗ =⇒ Z∗∗ =⇒ P =⇒ Z = extr (P)
– Kakutani-Krein-Stone Theorie:
C =⇒ C∗ =⇒ P =⇒ Z = extr (P) =⇒ C = C(Z)
5.8.4
Einige Zusammenhänge
• Bei kompaktem Z ist C(Z) separabel gdw. Z metrisierbar ist.
• Z ist metrisierbar, wenn X separabel ist.
• Wenn X nicht norm-vollständig ist, dann ist C(Z) isometrisch zu X.
• X = C({N, ∞}) ⇐⇒ {1, 1/2, 1/3, ..., 0}
• X = C(N) =⇒ Z = β N ist kompakt aber nicht metrisierbar.
N
• |β N| = 22 .
• X kann separabel sein, aber es ist ein C(Z0 ) mit nicht kompaktem Z0 .
5.9 Das Z − C − P-Dreieck. Zusammenfassung
5.9
95
Das Z − C − P-Dreieck. Zusammenfassung
state space (compact, Hausdorff, 1 Axiom of count.)
Z = extr P(Z)
dual
weak*
∗∗
C (Z) ⊃ C(Z)
functions of points
-
P(Z) ⊂ C∗(Z)
weak
functions of sets
continuous functions
intensive values
@
@
bidual
@
@
@
@
Radon measures
hg, pi
extensive values
observables
statistical states
potentials, densities
test functions
probability measures
information
• Wichtig ist, daß der Zusammenhang der Objekte Z −→ C −→ P −→ Pe = Z immer
erhalten bleibt. Dann ist die Theorie anwendbar und viele der Sätze bleiben notwendig
und hinreichend.
Ist z.B. die gewählte Menge an Beobachtungen nicht zufriedenstellen, so kann mann sie
ändern. Das bedeutet unter Umständen, daß man die Topologie ändern muß, damit die
neue Menge an Beobachtungen stetige Funktionen sind. Das wiederum verändert die
Menge an Wahrscheinlichkeitsmaßen.
• Bei der mathematischen Modellierung ist entscheidend, daß man einen mathematischen
Rahmen findet, der einerseits nach Möglichkeit jedes interessierende Problem beeinhaltet
und andererseits eine physikalische Interpretation jedes Objektes des Rahmen ermöglicht.
Das unterscheidet den vorgestellten Zugang von anderen Zugängen, bei denen ein mathematischer Rahmen postuliert wird und Probleme betrachtet werden, die im Rahmen
dieses Rahmens behandelt werden können. Dabei gibt es meistens keinen physikalischen
Grund, warum man gewisse Probleme, die nicht in den Rahmen passen, nicht behandeln
kann.
• Es gibt bei der Beschreibung von Problemen zwei zueinander duale Seiten, einerseits die
physikalische, die unabhängig vom Beobachter existiert und durch Größen wie Wahrscheinlichkeitsdichten und Trajektorien beschrieben werden kann, und andererseits die
Beobachtungsseite, auf der aus den physikalischen Größen Daten abgeleitet werden. Üblicherweise werden an die physikalischen Größen Bedingungen gestellt, die das Problem
einschränken. Das ist unphysikalisch. Die physikalischen Größen sind wie sie sind. Möglich
ist nur eine geeignete Manipulation der Menge der Beobachtungen. Das ist z.B. wichtig
96
5 DAS Z − C − P-DREIECK
bei der Herleitung von makroskopischen Gleichungen aus mikroskopischen und bei der
Entwicklung von Näherungsverfahren.
• Der mathematische Rahmen ist für jedes klassische Problem geeignet. Was das bedeutet,
wird klar, wenn man untersucht, was für Systeme mit diesem mathematischen Rahmen
nicht beschrieben werden können. Solche Systeme sind nicht-klassisch. Das ist z.B. ein
Quantensystem. Zwei entscheidende Eigenschaften eines Quantensystems bewirken, daß
sie in den betrachteten Rahmen nicht passen:
– Zustandraum ist nicht kompakt
Axiomatisch wird ein Quantensystem folgendermaßen beschrieben: Es wird ein Hilbertraum H postuliert. Der Zustand eines Quantensystems ist ein Punkt ψ (genannt
Wellenfunktion) der Einheitssphäre in H. Die Einheitssphäre im Hilbertraum ist im
allgemeinen nicht kompakt in der starken Topologie in H. Die schwache Topologie
ist nicht geeignet, weil man dann keine Evolutionsgleichungen der Form i~ψ̇ = Hψ
(Schrödingergleichung) aufstellen kann. Hier ist H der Hamiltonoperator.
– Beobachtungen kommutieren nicht
Eine Beobachtung wird in der Quantenmechanik definiert durch einen selbstadjungierten Operator A in H. Das Ergebnis der Beobachtung ist (Aψ, ψ). Im allgemeinen
gilt AB 6= BA (Heisenbergsche Unschärferelation) für zwei Beobachtungen A und
B. Die Algebra der Beobachtungen ist nicht kommutativ. Für klassische Systeme
ist die Algebra der Beobachtungen (punktweise Multiplikation stetiger Funktionen)
kommutativ.
Damit erhält man eine Definition, wann ein physikalisches System klassisch ist: Wenn der
Zustandsraum kompakt ist und Beobachtungen kommutieren.
Bemerkung: Beschränkt man sich auf separable Hilberträume und kommutierende Beobachtungen (dann gibt es eine abzählbare Basis Basis (ψi ) bezüglich der alle Beobachtungen diagonalisierbar sind), kann man anstelle der Einheitssphäre einen kompakten Raum
betrachten (der l2 auf (ψi )). In diesem Fall ist auch ein Quantensystem im klassischen
Rahmen beschreibbar.
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