Georg Quaas (Leipzig) Ricardos Modell komparativer Kostenvorteile Lehrmaterial, überarbeitet Dez. 2011 Betrachtet werden zwei Länder, von denen das eine als "das rückständige Land" und das andere als "das entwickelte Land" gilt. Im Beispiel Portugal und England.1 Verglichen werden zwei Produkte, Textilien und Wein, die in beiden Ländern mit unterschiedlicher Produktivität (in Stück pro Arbeitseinheit) hergestellt werden. Basis des Vergleichs ist die dabei aufgewendete Arbeit (Kapitalkosten werden auf Arbeit reduziert oder nicht betrachtet). Hierin zeigt sich die werttheoretische Grundlage jener Theorie.2 Beispiel für das Modell komparativer Kostenvorteile Land Ware Menge q Arbeit l AP: q/l Lohn w Wert: v=W*l Preis p: v/q AE / Stck = l/q England Tex 20 5 4 12 60 3 1/4 England Wein 15 5 3 12 60 4 1/3 Portugal Tex 10 5 2 120 600 60 1/2 Portugal Wein 10 5 2 120 600 60 1/2 Die Produktivitäten in den beiden Ländern sind so gewählt worden, daß England bei beiden Produkten vor Portugal liegt, also klar das "entwickeltere" Land ist. Die Produktivitäten in den Zweigen der beiden verglichenen Ländern werden zeitlich gesehen konstant gesetzt. Als 'kurzfristig' wirkend sollen solche wirtschaftspolitischen Maßnahmen wie Abwertungen bezeichnet werden. 'Mittelfristig' sind in diesem Sinne dagegen schon ihre Auswirkungen auf die Möglichkeit des Handels. Auswirkungen des Handels auf die Produktionsstruktur sind 'langfristiger' Natur. Die Auswirkungen von Handelsbeziehungen auf den Reallohn wird erst klar, wenn das Modell auf langfristige Prozesse erweitert wird. Wie wir unten zeigen werden, läßt sich dies ohne größeren Aufwand realisieren. Wirtschaftspolitisch relevant dürfte auch sein, in diesem Zusammenhang NominallohnVeränderungen zu diskutieren. 1 Bei Ricardo wurde Portugal als das produktivere Land unterstellt. Vgl. David Ricardo: On the Principles of Political Economy and Taxation. London 1817, 161 ff. 2 Die oft nachlesbare Interpretation, dass Ricardo lediglich den Faktor Arbeit berücksichtigt, beruht auf der weitgehenden Unkenntnis der Arbeitswerttheorie. Ricardos Modell gilt auch dann, wenn der Faktor Kapital eine Rolle spielt. Sowohl der Wert der Produkte als auch der Wert des Kapitals wird werttheoretisch in Arbeitseinheiten gemessen. 2 Das Grundprinzip des Handels unter den Bedingungen komparativer Kostenvorteile kann und muß ohne Benutzung des Wechselkurses formuliert und dargestellt werden. Der Wechselkurs ist irrelevant, wenn sich die handeltreibende Nation auf dem Markt des anderen Landes mit Geld versorgt. Anhand des obigen Beispiels sieht dies folgendermaßen aus: Portugal verkauft seinen Wein auf dem englischen Markt - zu dort gängigen Preisen - und kauft Textilien mit den so erworbenen Pfund Sterling. Im folgenden werden also zunächst Import-Export-Agenturen unterstellt, die den Handel abwickeln. Der Einfachheit halber werden die Transaktionskosten vernachlässigt. Gelingt es, den portugiesischen Wein zum Preis englischen Weins zu verkaufen, macht der Händler mit jeder verkauften Einheit Wein einen Verlust von 1/6 Arbeitseinheit, da der englische Weinpreis nur 1/3 Arbeitseinheiten belohnt, der portugiesische aber 1/2 Arbeitseinheit gekostet hat. Der Verlust wird höher sein, wenn es zum Verkauf des portugiesischen Weins notwendig ist, den Preis englischen Weins zu unterbieten. Für jede Einheit verkauften portugiesischen Weins erhält der Händler aber englische Pfd., mit denen er auf dem Textilmarkt einkaufen kann. Günstigstenfalls handelt es sich um 4 Pfd. Sterling je verkaufter Einheit Wein. Dafür bekäme der Händler auf dem englischen Markt 1 1/3 Einheiten Textilien, die auf dem englischen Markt einen Arbeitswert von 4/12 Arbeitseinheiten darstellen. D.h., bei diesem (geldvermittelten) Tauschakt hat der Händler in England zwar keine Verluste gemacht, aber auch keine Gewinne. Auf dem portugiesischen Markt sind die erworbenen Textilien jedoch 80 Escudos wert, oder - anders ausgedrückt - 4/6 Arbeitseinheiten, die dem ursprünglichen Wert von 3/6 Arbeitseinheiten gegenüberstehen. Nach dem ReExport auf den portugiesischen Markt kann der Händler seine Waren mit einem Plus von 1/6 Arbeitseinheit je Stück verkaufen. Der Gewinn fällt geringer aus, wenn der portugiesische Wein auf dem englischen Markt zu einem niedrigeren Preis verkauft werden muß, um das konkurrierende Angebot zu unterbieten, und wenn außerdem die Transportkosten berücksichtigt werden. Die untere Grenze für den Verkauf portugiesischen Weins liegt bei 3 Pfd. Sterling. Bei jedem Preis zwischen 4 Pfd. und 3 Pfd. Sterling für eine Einheit portugiesischen Weins haben beide Handelspartner einen Vorteil, da in England Wein und in Portugal Textilien für einen geringeren Preis angeboten werden können. Der Wechselkurs muß demnach nicht in das Modell eingeführt werden: englische Pfund können direkt durch den Verkauf portugiesischen Weins auf 3 dem englischen Devisenmärkte. Markt erworben werden - unter Ausschaltung der Das Modell mit Wechselkursen Fall 1: Wechselkurs 10 Esc = 1 Pfd. Sterling. Beispiel für das Modell komparativer Kostenvorteile Land Ware Menge q Arbeit l Lohn w Int. Lohnkosten Preis p: v/q England Tex 20 5 12 120 3 England Wein 15 5 12 120 4 Portugal Tex 10 5 120 12 60 Portugal Wein 10 5 120 12 60 Int. Preis 30 40 6 6 Es wird unterstellt, daß die Devisen zum Ankauf ausländischer Waren auf dem Devisenmarkt zu o.g. Kurs erworben werden (müssen). Alle Waren (einschließlich der Arbeit) haben jetzt auch einen Preisausdruck in der jeweils anderen Währung. Der Stückpreis von portugiesischem Wein und portugiesischen Textilien liegt mit jeweils 6 Pfd. über dem der englischen Waren. Dies bedeutet, daß keines dieser Produkte auf dem englischen Markt verkauft werden kann. Dagegen fänden die englischen Waren auf dem portugiesischen Markt reißenden Absatz, da sie unter dem dort gültigen Preis liegen. Eine Abwertung des Escudos kann diese Schieflage ändern. Beispielsweise ergibt eine Abwertung des Escudo um 33 1/3 %: Fall 2: Wechselkurs 15 Esc = 1 Pfd. Sterling. Beispiel für das Modell komparativer Kostenvorteile Land Ware Menge q Arbeit l Lohn w Int. Lohnkosten Preis p: v/q England Tex 20 5 12 180 3 England Wein 15 5 12 180 4 Portugal Tex 10 5 120 8 60 Portugal Wein 10 5 120 8 60 Int. Preis 45 60 4 4 Nach wie vor ist es hier für die Portugiesen günstig, englische Textilien zu kaufen, der englische Wein ist aber bereits genauso teuer wie der einheimische. Ein Export von Portugal nach England findet wohl nicht statt, es sei denn, dass die Engländer zum gleichen Preis lieber portugisischen Wein trinken. Der Wechselkurs entspricht dem Verhältnis der Preise von Wein in Portugal und in England. Eine Abwertung des Escudo um 50% des Falles 1 ergibt dagegen folgende Situation: 4 Fall 3: Wechselkurs 20 Esc = 1 Pfd. Sterling Beispiel für das Modell komparativer Kostenvorteile Land Ware Menge q Arbeit l Lohn w Int. Lohnkosten Preis p: v/q England Tex 20 5 12 240 3 England Wein 15 5 12 240 4 Portugal Tex 10 5 120 6 60 Portugal Wein 10 5 120 6 60 Int. Preis 60 80 3 3 Englische Waren sind jetzt auf dem portugiesischen Markt mindestens so teuer wie einheimische. Für Engländer lohnt es sich, zu Hause portugiesischen Wein zu kaufen. Der Handel ist stellt jetzt eine Einbahnstraße von Portugal nach England dar, es sei denn, die Purtugiesen tragen bei gleichem Preis lieber englische als einheimische Textilien. Der Wechselkurs entspricht dem Verhältnis der Preise von Textilien in Portugal und in England. Für einen ausgeglichenen Tauschhandel ist offenbar ein Wechselkurs zwischen den letzten beiden Fällen notwendig. Dies führt uns auf folgendes Beispiel: Fall 4: Wechselkurs 17,5 Esc = 1 Pfd. Sterling Beispiel für das Modell komparativer Kostenvorteile Land Ware Menge q Arbeit l Lohn w Int. Lohnkosten Preis p: v/q England Tex 20 5 12 210 3 England Wein 15 5 12 210 4 Portugal Tex 10 5 120 6,86 60 Portugal Wein 10 5 120 6,86 60 Int. Preis 52,5 70 3,43 3,43 Portugiesen kaufen jetzt günstig englische Textilien, und Engländer günstig portugiesischen Wein. Ein für beide Länder günstiger Wechselkurs ermöglicht also eine ausgeglichene Handelsbilanz durch wechselseitigen Handel zum gegenseitigen Vorteil. Dieser Wechselkurs erlaubt dem rückständigen Land, das Angebot der produktivsten Zweige des entwickelten Landes zu erwerben, aber nicht die zu teuren Produkte der weniger produktiven Zweige - selbst wenn diese produktiver sind als die im eigenen Land. Umgekehrt kann das Angebot des produktivsten Zweiges des rückständigen Landes exportiert werden. Die Abwertung bewirkt bei den dann exportierbaren Gütern eine Kostensenkung, die ausreicht, um konkurrenzfähig zu werden. Dies ist aber nicht der Fall bei den weniger produktiven Zweigen des rückständigen Landes. Eine weitere Abwertung wird durch die Notwendigkeit verhindert, die Handelsbilanz ausgeglichen zu halten, denn dazu müssen wenigstens die Produkte der am meisten produktiven Zweige der entwickelten Länder von den rückständigen Ländern gekauft werden können. 5 Arbeitskosten Blicken wir zurück auf die obigen Tabellen, sehen wir, daß der Preis der Arbeitseinheit im selben Land konstant bleibt, während er sich in der Währung des jeweils anderen Landes variabel darstellt. Letztere Größe bezeichnen wir als internationale Arbeitskosten: Definition: Internationale Arbeitskosten sind Kosten der Arbeitseinheit, ausgedrückt in der Währung der anderen Nation. Im Modell der komparativen Kostenvorteile werden - selbst bei Einbeziehung der Devisenmärkte - immer nur die Produkte des anderen Landes gekauft und niemals die Arbeit des anderen Landes. Die internationalen Arbeitskosten spielen demnach in diesem Modell in direkter Weise keine Rolle. Um das rational zu erwartende Nachfrage-Verhalten zu erkennen, würde es genügen, sich den internationalen Preis der verschiedenen Produkte im jeweils anderen Land anzuschauen, z.B. den Escudo-Preis der englischen Produkte in Portugal. Der Übersicht halber fügen wir den nationalen Preis der Waren im Ursprungsland in Klammern hinzu. Ansonsten sind in den Tabellenköpfen die Abwertungssätze im Vergleich zu einem Wechselkurs von 10 $/£ enthalten: Der internationale Preis englischer Waren in Escudos Esc Pfd. 0% 33% Text (60) (3) 30 45 Wein (60) (4) 40 60 Arbeit (120) (12) 120 180 1 Pfd. 10 15 50% 60 80 240 20 66% 90 120 360 30 75% 120 160 480 40 Englische Textilien sind demnach in Portugal bis zu einem Abwertungssatz von 50% attraktiv, während die Nachfrage nach englischem Wein bereits bei einem Abwertungssatz von 33% erlischt. Mit Hilfe solcher Vergleiche wie in der obigen Tabelle läßt sich zeigen, was für eine Auswirkung eine Nominallohn-Senkung in England auf den internationalen Preis englischer Produkte hätte. Um die Verhältnisse anschaulicher zu machen, wählen wir eine drastische Nominallohn-Senkung von 50%: Der internationale Preis englischer Waren in Escudos Esc Pfd. 0% Text (60) (1,5) 15 Wein (60) (2) 20 Arbeit (120) (6) 60 1 Pfd. 10 33% 22,5 30 90 15 50% 30 40 120 20 66% 45 60 180 30 75% 60 80 240 40 Englische Textilien sind jetzt bis zu einer Abwertung des Escudo um 75% konkurrenzfähig, während sie es nach der obigen Tabelle nur bis zu 50% sind. D.h., 6 Nominallohn-Senkungen verbreitern den Spielraum für Abwertungen der fremden Währung in umgekehrt proportionalem Verhältnis. Dasgleiche läßt sich am internationalen Preis von englischem Wein demonstrieren. Die folgende Graphik bringt die Abwertungs-Spielräume bei unterschiedlichen Lohnsätzen anschaulich zur Darstellung: 160 140 Reihe1 120 Reihe2 100 80 Reihe3 60 Reihe4 40 Reihe5 20 0 10 15 20 25 30 35 40 Legende: X-Achse=Wechselkurs Esc/Pfd. Y-Achse=Escudo-Preis. Reihe 1 = engl.Textilien bei Nominallohn von 50% Reihe 2 = engl. Wein bei Nominallohn von 50% Reihe 3 = engl. Textilien bei 100% Nominallohn Reihe 4 = engl. Wein bei 100% Nominallohn Reihe 5 = Preis des port. Weins und der port. Textilien Mit der Abwertung des Escudos (X-Achse) wachsen alle Preise und erreichen die Nachfrage-Grenze um so später, je niedriger der Preis anfangs war. Bei entsprechend niedrigerem Nominallohn wird - vermittelt über den Preis - der Spielraum bis zur Erschöpfung der Nachfrage größer. Die folgende Tabelle ist das englische Gegenstück zu den beiden vorangegangenen Tabellen: Der internationale Preis portugisischer Waren in Pfd. Sterling Pfd. Esc 0% 33% Text (3) (60) 6 4 Wein (4) (60) 6 4 Arbeit (12) (120) 12 8 100 Esc 10 6,6 50% 3 3 6 5 66% 2 2 4 3,3 75% 1,5 1,5 2 2,5 Demnach werden portugiesische Textilien bei einer Abwertung des Escudos um mindestens 50 % konkurrenzfähig, während für portugiesischen Wein bereits bei einer Abwertung bei mindestens 33 % eine Nachfrage entstehen kann. 7 Real- und Nominallohn Der Nominallohn für eine Einheit portugiesischer Arbeit sind 120 Escudos. Der Reallohn werde durch eine Einheit Textilien plus einer Einheit Wein repräsentiert, die zusammen den gleichen Wert haben. Der Nominallohn in England ist 12 Pfd. Sterling gegeben. Diese Summe stellt sich in 12/7 des portugiesischen Reallohnes dar, wenn man die gleiche Konsumstruktur unterstellt und annimmt, daß die englischen Arbeitnehmer patriotisch sind, d.h. nur englischen Wein trinken und nur englische Textilien tragen - was ihnen durch den erheblich höheren Preis der ausländischen Produkte bei einem Wechselkurs von 1:10 ziemlich erleichtert wird. Der Produktivitätsunterschied stellt sich unter diesen Bedingungen als um 5/7 höherer Reallohn in England dar. Unterfall 1: Trotz den ungünstigen Wechselkurses können die portugiesischen Arbeitnehmer vom komparativen Kostenvorteil profitieren und dadurch ihren Reallohn steigern. Verzichten die Portugiesen vollständig auf "selbstproduzierten" Wein, kann dieser im Wert von 60 Esc pro Stück in England für 4 Pfd. Sterling (oder etwas weniger) verkauft werden, wofür man auf dem englischen Markt 1 1/3 Stück Textilien bekäme (oder etwas weniger). Der Reallohn bestünde jetzt aus 2 1/3 Stücken Textilien (von Transportkosten sehen wir hier ab) im Werte von 140 Esc. Bedingung für diese Transaktion ist allerdings (i) die Umstrukturierung des Warenkorbs, wobei (ii) das Importgut das exportierte Gut, das dann nicht mehr für den inländischen Konsum zur Verfügung steht, ersetzen können muß. Unterfall 2: Abwertung um 33 1/3 % gegenüber dem Wechselkurs von 10 $/£. 1. Auswirkung auf die englischen Arbeitskräfte Der portugiesische Wein sinkt von 6 auf 4 Pfd. Sterling im Preis und wird so konkurrenzfähig, erhöht aber nicht den Reallohn des englischen Arbeiters, da dieser sowieso nur 4 Pfd. für englischen Wein zahlt. Portugiesische Textilien sind trotz der Abwertung noch immer zu teuer. 8 2. Auswirkung auf die portugiesischen Arbeitskräfte Der englische Wein wird jetzt zu teuer. Eventuelle Reallohnsteigerungen durch den bisher billigeren englischen Wein fallen weg. Durch die Preissteigerung bei Textilien ist der Spielraum für Reallohnsteigerung durch Komparative Kostenvorteile verkleinert. Wir ziehen folgende Schlußfolgerungen: Mittelfristig bedeutet Abwertung für das abwertende Land eine Verminderung desjenigen Teils des Reallohns, der durch komparative Kostenvorteile zustande kam. Insofern diese Vorteile besitzenden Schichten zugute kam, könnte man hierin den Wegfall einer bestimmten Art von Rente sehen. Wenn man nur diesen Punkt betont, übersieht man, daß die Verteilung des Surplus keinem reinen Klassenmodell folgt (Gerhard Huber). Fall 3: Abwertung um 50% 1. Auswirkung auf englische Arbeitskräfte Dieser Fall impliziert die Möglichkeit einer Reallohnsteigerung auf englischer Seite. Interessant ist die Frage, inwieweit der Nominallohn gesenkt werden kann, wenn der Reallohn konstant gehalten wird. Der portugiesische Wein kostet jetzt 3 Pfd. Sterling und kann somit sehr gut mit dem englischen Wein, der 4 Pfd. kostet, konkurrieren. Textilien unterscheiden sich nicht im Preis. Bei gleichbleibender Struktur des Reallohnes (1 Einheit Textilien zu 1 Einheit Wein) erhält der englische Arbeiter jetzt für seinen Nominallohn von 12 Pfd. Sterling 2 Einheiten Textilien und 2 Einheiten Wein, also doppelt so viel wie der portugiesische Arbeitnehmer. Schlußfolgerung: Eine Abwertung der Währung des zurückgebliebenen Landes verbessert und erweitert den Warenkorb der Arbeitnehmer in den entwickelten Ländern. Wir erinnern uns: Vor der Abwertung hatte der englische Arbeiter aufgrund seines Produktivitätsvorsprunges schon 12/7 des Warenkorbs des portugiesischen Arbeitnehmers. Der englische Unternehmer könnte nun der Meinung sein, daß die 12/7 Ausstattung ausreichend ist und nicht noch durch 14/7 ersetzt werden muß. 9 Um den Reallohn wieder auf dieses Niveau zu drücken bzw. von vornherein konstant zu halten ist eine Senkung des Nominallohns angezeigt. Die Höhe bestimmt sich wie folgt: 12 Pfd. : x Pfd = 14/7 : 12/7 14/7 x = 12 12/7 x = 10 2/7 Der Nominallohn kann auf 10 Pfd. 29 Pence (um ca. 14%, auf ca. 86%) gesenkt werden. Daraus läßt sich folgende Kette von Maßnahmen konstruieren: Eine Abwertung des Escudos um 50% bedeutet eine potentielle Erhöhung des Reallohnes, die eine Absenkung des Nominallohnes um ca. 14% erlaubt, ohne daß sich der Reallohn ändert. Dies verbilligt die durch die Abwertung um 50% gestiegenen internationalen Kosten englischer Arbeit um 14% und eröffnet damit einen Spielraum für weitere Abwertungen / Nominallohnsenkungen. Allgemeine Schlußfolgerungen (i) Befinden sich Ex- und Import eines Landes in einer Hand, können komparative Kostenvorteile völlig unabhängig vom Wechselkurs ausgenutzt werden. (ii) Sind Importeure und Exporteure vom Devisenmarkt abhängig, ist ein gegenseitig vorteilhafter Handel nur in den Grenzen eines Wechselkurses möglich, die vom Verhältnis der Preise der beiden Gütern in den beteiligten Ländern getragen werden. (iii) Die internationalen Arbeitskosten sind für das Modell der komparativen Kostenvorteile bedeutungslos, da niemand portugiesische Arbeiter in Portugal mit Pfd. Sterling oder englische Arbeiter in England mit Escudos entlohnen wird. (iv) Für die Profiterwartung sind die im eigenen Land zu bezahlenden Nominallöhne entscheidend. (v) Eine Senkung der Nominallöhne in den entwickelten Ländern erweitert den Spielraum für Abwertungen in den rückständigen Ländern. (vi) Abwertungen in den rückständigen Ländern erhöhen (potentiell) den Reallohn (den Profit) in den entwickelten Ländern und vermindern den 10 Spielraum für das Ausnutzen komparativer Kostenvorteile zur Erhöhung des Reallohns in den abwertenden Ländern. (vii) Konstanter Reallohn ist mit sinkendem Nominallohn vereinbar, wenn Abwertungen in den zurückgebliebenen Ländern Exporte von konkurrenzfähigen Konsumgütern zur Folge haben.