rechtsanwälte Februar 2 0 1 4 Newsletter Autoren: Philipp Groz Raphael Meier INTELLECTUAL PROPERTY LAW / COMPETITION LAW Ambush Marketing Sportliche Grossereignisse wie die Olympiade oder die Fussball-WM werden häufig zu Werbezwecken genutzt, und zwar auch von Unternehmen, die keine Sponsoren sind. Solche Assoziationswerbung (sog. Ambush Marketing) ist in der Schweiz nicht grundsätzlich verboten. Doch gibt es bestimmte Regeln zu beachten, um nicht gegen die Rechte der Sponsoren und Veranstalter zu verstossen. 1 SPORTLICHE GROSSANLÄSSE VERLEITEN ZU AMBUSH MARKETING Die Olympischen Winterspiele in Sotschi und die FussballWeltmeisterschaft in Brasilien dieses Jahr sind sportliche Grossereignisse, welche in der Öffentlichkeit starke Emotionen auslösen und grosses Interesse wecken. Einer ausgewählten Minderheit von Unternehmen bieten die Veranstalter dabei Gelegenheit, sich mit Werbung an und um den Anlass zu präsentieren. Diese offiziellen Sponsoren zahlen erhebliche Summen dafür, dass sie sportliche (oder auch kulturelle) Grossereignisse für ihre Werbezwecke nutzen können. Angesichts der Summen, welche die Sponsoren in ein solches Sportereignis investieren, ist es verständlich, dass sie vor unautorisierter Werbung durch Dritte geschützt werden wollen. Auch für die Veranstalter ist unautorisierte Werbung ein Dorn im Auge, da sie für die Finanzierung der Anlässe auf die Einnahmen aus dem Sponsoring angewiesen sind. Bekanntlich versuchen jedoch immer auch Unternehmen, welche nicht offizielle Partner oder Sponsoren sind, vor und während den Anlässen durch Marketingaktivitäten von der grossen medialen Aufmerksamkeit zu profitieren. Solches Verhalten wird als Ambush Marketing bezeichnet. 2 WAS IST AMBUSH MARKETING? 2 . 1 B egri f f Der Begriff Ambush Marketing stammt aus der Werbebranche und bedeutet so viel wie "Werbung aus dem Hinterhalt". Synonym stehen die Begriffe "Trittbrettfahrer-Marketing", "Schmarotzer-Marketing" und Assoziationswerbung. Diese Begriffe sind teilweise irreführend, denn Ambush Marketing mag zwar aus Sicht der Veranstalter und Sponsoren lästig sein, ist aber nicht in jedem Fall illegal. Durch Ambush Marketing versuchen Unternehmen, die nicht offizielle Sponsoren oder Partner des Events sind, trotzdem eine Assoziation zum Sportanlass herzustellen. Das Unternehmen profitiert so nicht nur von der allgemein erhöhten öffentlichen Wahrnehmung, sondern versucht www.swlegal.ch Newsletter Februar 2014 auch einen Vorteil daraus zu ziehen, dass es mit dem Ereignis und dessen positiven Werten in Verbindung gebracht wird, ohne die hohen Kosten für ein offizielles Sponsoring tragen zu müssen. Ziel der Assoziationswerbung ist also ein Bekanntheits- und Imagegewinn für das werbende Unternehmen. "Durch Ambush Marketing versuchen Unternehmen eine Assoziation zu einem Sportanlass herzustellen, ohne offiziell Sponsor zu sein." 2 . 2 P roblematik Das Problem des Ambush Marketing liegt in den unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten. Die Veranstalter möchten Sponsoren gewinnen, um die kostspieligen Ereignisse finanzieren zu können. Die Sponsoren und Partner beteiligen sich finanziell am Grossanlass, damit sie ihre Marke einem weltweiten Publikum wahrnehmbar machen können. Die Trittbrettfahrer sind häufig Konkurrenten der Sponsoren und nutzen das Ereignis ebenfalls für ihr Marketing, allerdings ohne hierfür entsprechende Beiträge für das Sponsoring zu leisten. Sie berufen sich dafür auf die Wirtschaftsfreiheit und den freien Wettbewerb. Für offizielle Sponsoren kann es dadurch unattraktiv werden, für Werbung im Zusammenhang mit dem Event zu bezahlen, wenn es die Konkurrenz auch ohne Sponsoring schafft, vom Event zu profitieren. Die Veranstalter laufen dadurch Gefahr, ihre finanzielle Unterstützung zu verlieren. 2 . 3 E rscheinungs f ormen Ambush Marketing hat zahlreiche Erscheinungsformen. Ihnen allen gemein ist die Assoziation des Werbers zu einem Sportereignis, ohne vom Veranstalter dazu autorisiert zu sein. Es kann sich dabei um klassische Werbung im Fernsehen, Radio, in Printmedien oder im Internet handeln, aber auch um Verkaufsförderung durch Wettbewerbe oder durch die Organisation von Parallelevents. Auch die Bezugsformen sind vielfältig. So kann sich die Assoziation auf Eventzeichen wie das Eventlogo (z.B. die Olympischen Ringe) oder die Bezeichnung des Events (z.B. WM 2014) beziehen sowie an den Austragungsort (z.B. mittels Bilder der Städte) oder die räumliche Nähe (z.B. durch Werbung im Stadionumfeld) anknüpfen. Eine weitere Methode ist die Werbung mit teilnehmenden Sportlern eines Wettkampfes. Ein Beispiel für Assoziationswerbung durch Anlehnung an Kennzeichen einer Grossveranstaltung war die Werbung eines Tabakunternehmens im Vorfeld der Olympischen Spiele in Athen 2004. Die Werbung hob das ringförmige Designelement von fünf Zigarettenschachteln der entsprechenden Marke hervor und titelte: "Die Ringe sind schon in Athen." Durch räumlichen Bezug assoziierte sich ein irischer Wettanbieter anlässlich der Sommerolympiade 2012 in London: In der Nähe der Veranstaltungsorte schaltete er Plakatwerbung mit der folgenden Aufschrift: "Official Sponsor of the Largest Athletic Event in London this year". Darunter wurde in Klammern festgehalten, dass es sich um eine Eierlauf-Veranstaltung in London, einem kleinen Dorf in Frankreich, handle. Auch ein bekannter Hersteller von Kopfhörern erreichte an den Sommerspielen 2012 grosse Aufmerksamkeit durch Ambush Marketing: Das Unternehmen verteilte im Vorfeld an verschiedene Athleten Kopfhörer, welche dann von einigen öffentlichkeitswirksam vor den Wettbewerben getragen wurden. 3 RECHTSLAGE IN DER SCHWEIZ 3 . 1 Ü berblick Assoziationsmarketing ist in der Schweiz nicht schlechthin verboten. Subtiles Ambush Marketing durch Assoziation mittels Werbung widerspiegelt das Funktionieren des Wettbewerbs und ist grundsätzlich erlaubt. Nicht erlaubt ist dagegen Assoziationswerbung, welche auf täuschendem Verhalten basiert oder welche Immaterialgüterrechte Dritter verletzt. "Ambush Marketing ist in der Schweiz nicht grundsätzlich verboten, es kommt vielmehr auf dessen Ausgestaltung an." Je nach Sachlage sind verschiedene rechtliche Möglichkeiten zu prüfen, gestützt auf welche gegen Ambush Marketing vorgegangen werden kann. In Einzelfällen denkbar ist es, dass das Namens-, das Firmen- oder das Persönlichkeitsrecht Ansatzpunkte für Rechtsschutz gegen Dritte bietet. In Bezug auf die Austragungsorte eines sportlichen Grossanlasses kann auch das sog. Hausrecht des Eigentümers oder Besitzers angerufen werden. Darüber hinaus ist es möglich, durch Vertragsrecht bestimmte Verhaltensweisen von Vertragspartnern (z.B. Käufern von Tickets) als unzulässig zu vereinbaren. Die grösste Bedeutung zum Schutz vor unerwünschtem Ambush Marketing kommt aber dem Immaterialgüterund dem Lauterkeitsrecht zu. Darauf wird im Folgenden näher eingegangen. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Veranstalter von sportlichen Grossanlässen oft versuchen, durch eigene Richtlinien festzulegen, welche Arten des Assoziationsmarketings zulässig sind (z.B. hat die FIFA für die WM 2014 die "FIFA public guidelines for use of FIFA's official marks" erlassen). Solche Richtlinien können zwar der Orientierung dienen, sind aber für Dritte rechtlich nicht verbindlich und gehen teilweise über den gesetzlichen Rechtsschutz hinaus. 3 . 2 I mmaterialgüterrechtlicher S chutz Immaterialgüterrechte sind Rechte an geistigem Eigentum, die es dem Berechtigten grundsätzlich gestatten, andere von der Nutzung oder Verwendung auszuschliessen oder dafür eine Gebühr zu verlangen. Sie geben dem Berechtigten damit einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern. Im Bereich des Ambush Marketing interessiert vor allem der Schutz durch das Urheber- und das Markenrecht. www.swlegal.ch Newsletter Februar 2014 Urheberrecht Damit ein Werk urheberrechtlichen Schutz geniessen kann, muss es sich um eine geistige Schöpfung der Literatur oder Kunst handeln, welche einen individuellen Charakter aufweist. So ist es etwa möglich, gestützt auf Urheberrecht die unerlaubte Verwendung von Eventsongs, –logos oder –maskottchen zu verbieten. "Für Public Viewings braucht es in der Schweiz grundsätzlich nur eine Lizenz der Verwertungsgesellschaft, nicht auch des Veranstalters eines Sportanlasses." Auch für die öffentliche Ausstrahlung eines im Fernsehen übertragenen Sportereignisses (sog. Public Viewing) ist eine Urheberrechtslizenz erforderlich. In der Schweiz unterstehen derartige Public Viewing-Lizenzen der kollektiven Verwertung, welche durch die SUISA als Vertreterin der anderen Verwertungsgesellschaften wahrgenommen wird. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im Jahr 2011, dass neben einer Lizenz der SUISA nicht auch noch eine Lizenz der jeweiligen Rechteinhaber – damals der UEFA – notwendig ist. Daraus folgt auch, dass die Veranstalter (etwa die FIFA) den Organisatoren von Public Viewing-Events nicht einseitig andere als die im Verwertungstarif genannten Bedingungen auferlegen können, so etwa betreffend die Nennung von Sponsoren oder die Verwendung von Logos (vgl. hierzu als Beispiel die "FIFA regulations for public viewing events"). Markenrecht Als Marke schutzfähig sind beispielsweise Wörter, Bilder oder Wort-Bild-Kombinationen. Die Marke darf aber grundsätzlich nicht bloss beschreibend sein. Rein beschreibende Zeichen müssen für alle Wettbewerber frei bleiben und dürfen deshalb nicht monopolisiert werden. Markenschutz ist von grosser Bedeutung bei der Vermarktung grosser Sportanlässe. Im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft 2014 hat die FIFA weltweit zahlreiche Marken eintragen lassen, welche auf diese Veranstaltung hinweisen (sog. Eventmarken). In der Schweiz wurden etwa die Wortmarke "WORLD CUP 2014" sowie das offizielle Logo der Weltmeisterschaft in Brasilien als Marken für diverse Waren und Dienstleistungen eingetragen. Auch der Begriff "SOCHI 2014" wurde vom Internationalen Olympischen Komitee in der Schweiz geschützt. Ob und inwieweit allerdings Eventmarken, welche sich bloss aus Veranstaltungsart (oder –ort) und Veranstaltungsjahr zusammensetzen, tatsächlich Markenschutz zukommt, ist umstritten. "Bei der werbemässigen Bezugnahme auf Grossanlässe sind die Urheber- und Markenrechte der Veranstalter zu beachten." Eine gültige Marke verleiht dem Inhaber das Recht, Dritte von der Benutzung identischer Zeichen auszuschliessen. Auch die Benutzung ähnlicher Zeichen kann verboten wer- den, wenn sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Nicht vom Markenrecht erfasst ist dagegen die nicht kennzeichnungsmässige Verwendung fremder Marken. Darunter fällt etwa die Verwendung fremder Marken zur blossen Information über das eigene Angebot. 3 . 3 L auterkeitsrechtlicher S chutz Das Lauterkeitsrecht ist insbesondere im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Ziel des UWG ist es, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb zu schützen, nicht aber den wirtschaftlichen Erfolg eines Wettbewerbers oder Veranstalters sicherzustellen. Im Vorfeld der UEFA Fussballeuropameisterschaft 2008 in der Schweiz und in Österreich wurde vorgeschlagen, das UWG um den Sondertatbestand eines neuen Art. 3 lit. ebis UWG zu ergänzen. Dieser sah vor, dass unlauter handle, wer ohne hinreichenden Grund in schmarotzerischer Weise Bezug auf Dritte, ihre Waren, Werke oder Dienstleistungen nimmt und dadurch deren Ruf ausnutzt. Aufgrund des negativen Echos in der Vernehmlassung wurde aber auf die Einführung einer solchen Spezialnorm verzichtet. Es besteht daher kein spezifisches Verbot von Ambush Marketing oder der Bezugnahme auf Sportveranstaltungen im UWG. Ob eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliegt, ist vielmehr anhand der allgemeinen Bestimmungen des Lauterkeitsrechts (Generalklausel und Spezialtatbestände) zu prüfen. Für die Beurteilung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, welche eine konkrete Marketinghandlung bei einem durchschnittlich aufmerksamen Adressaten hinterlässt. Gemäss der Generalklausel von Art. 2 UWG sind Marketingaktivitäten unlauter, welche täuschend sind oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen. Gemäss den Spezialtatbeständen des UWG sind insbesondere Werbeaussagen unlauter, welche unrichtig oder irreführend sind (Art. 3 lit. b UWG) oder welche zu Verwechslungen mit den Waren und Dienstleistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen führen könnten (Art. 3 lit. d UWG). Lauterkeitsrechtlich problematisch sind insbesondere Marketingaktivitäten, durch welche das Publikum über die Beziehung des Werbenden zum Sportanlass oder zum Veranstalter (etwa betreffend die Stellung als Sponsor, Partner oder Lieferant) getäuscht wird. Demgegenüber ist das blosse Ausnutzen der mit einem Sportanlass verbundenen erhöhten Aufmerksamkeit nicht unlauter. Es ist einem Unternehmen also lauterkeitsrechtlich grundsätzlich nicht verboten, in der Werbung auf einen Sportanlass Bezug zu nehmen. "Das blosse Ausnutzen der mit einem Sportanlass verbundenen erhöhten Aufmerksamkeit ist nicht unlauter." 3 . 4 R echtsschutz Ein wirkungsvoller Schutz gegen Ambush Marketing kann sich in der Praxis schwierig gestalten. Insbesondere die Abgrenzung zwischen erlaubtem subtilem Ambush Marke- www.swlegal.ch Newsletter Februar 2014 ting und unlauterer Werbung ist oft heikel. Hinzu kommt, dass Ambush Marketing meist nur während kurzer Zeit vor und während Grossveranstaltungen betrieben wird, so dass seitens der Rechteinhaber oder Konkurrenten sehr schnell reagiert werden muss, um rechtswidrige Marketingaktivitäten rechtzeitig zu stoppen. Aus Sicht des werbenden Unternehmens ist zu beachten, dass Verletzungen von Urheber- und Markenrechten sowie unlautere Handlungen nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen können. 4 Z U S A M M E N FA S S U N G Ambush Marketing ist in der Schweiz nach wie vor nicht durch einen Spezialtatbestand gesetzlich geregelt und liegt in einer rechtlichen Grauzone. Grundsätzlich gilt, dass eine Werbung allein durch ihre Bezugnahme auf einen Grossanlass noch nicht rechtswidrig ist. Je nach Ausgestaltung der Werbemassnahme kann aber eine Verletzung von Immaterialgüterrechten oder des Lauterkeitsrechts vorliegen. Wann die Grenzen des rechtlich Erlaubten überschritten werden, ist nicht immer einfach zu beurteilen. Entsprechend ist zu erwarten, dass es auch anlässlich der Winterolympiade in Sotschi und der Fussballweltmeisterschaft in Brasilien zu Auseinandersetzungen über verschiedene Formen von Ambush Marketing kommen wird. Kontakte Der Inhalt dieses Newsletter stellt keine Rechts- oder Steuerauskunft dar und darf nicht als solche verwendet werden. Sollten Sie eine auf Ihre persönlichen Umstände bezogene Beratung wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihre Kontaktperson bei Schellenberg Wittmer oder an eine der folgenden Personen: In Zürich: Philipp Groz In Genf: Philippe Ducor Partner [email protected] Partner [email protected] Raphael Meier Virginie A. Rodieux Rechtsanwalt [email protected] Rechtsanwältin [email protected] Schellenberg Wittmer AG Rechtsanwälte Z ürich Löwenstrasse 19 Postfach 1876 8021 Zürich / Schweiz T +41 44 215 5252 F +41 44 215 5200 [email protected] gen f 15bis, rue des Alpes Postfach 2088 1211 Genf 1 / Schweiz T +41 22 707 8000 F +41 22 707 8001 [email protected] www.swlegal.ch Schellenberg Wittmer Pte Ltd, Singapore: 6 Battery Road, #37-02 / Singapore 049909 /[email protected] / www.swlegal.sg Dieser Newsletter ist auf unserer Website www.swlegal.ch auf deutsch, englisch und französisch verfügbar.