Zentrum für Medizinische Ethik MEDIZINETHISCHE MATERIALIEN Heft 174 LASSEN SICH REZIPROZITÄTSMODELLE BEI DER GEWEBE- UND ORGANTRANSPLANTATION ETHISCH RECHTFERTIGEN UND PRAKTISCH REALISIEREN? Anhang: Nationaler Ethikrat "Die Zahl der Organspenden erhöhen" Zusammenfassung und Empfehlungen. 2007 Hans-Martin Sass Juli 2007 Hans-Martin Sass ist Professor für Philosophie an der Ruhr Universität, 44780 Bochum, und Senior Research Scholar am Kennedy Institute of Ethics der Georgetown University, Washington DC 20057. – Eine frühere Fassung wurde auf dem ‚Nephrologischen Nachmittag’ der Otto-vonGuericke Universität in Magdeburg zu Ehren von Professor Dr. med. Rita Kielstein aus Anlass ihrer Emeritierung am 13. Juni 2007 vorgetragen, danach am 25. Juni 2007 beim medizinethischen Wissenschaftlichen Kolloquium des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Universität Aachen. 1. ALTRUISMUS UND REZIPROZITÄT ALS ETHISCHE PRINZIPIEN 1 2. RISIKO, REZIPROZITÄT UND REWARD 4 3. ALTRUISTISCHE REZIPROZITÄTSMODELLE 12 4. NICHTALTRUISTISCHE REZIPROZITÄTSMODELLE 17 5. REZIPROZITÄT, ALTRUISMUS, EGOISMUS UND FAIRER HANDEL 23 ANHANG: Nationaler Ethikrat "Die Zahl der Organspenden erhöhen" - Empfehlungen 29 Herausgeber: Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass Prof. Dr. med. Dr. phil. Jochen Vollmann Prof. Dr. med. Michael Zenz Zentrum für Medizinische Ethik Bochum, Ruhr-Universität Bochum, Gebäude GA 3/53,44780 Bochum, TEL +49 234 32-22749/50, FAX +49 234 3214-598 Email: [email protected] Internet: http://www.medizinethik-bochum.de Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge deckt sich nicht immer mit der Auffassung des ZENTRUMS FÜR MEDIZINISCHE ETHIK BOCHUM. Er wird allein von den Autoren verantwortet. Das Copyright liegt beim Autor. ©Hans-Martin Sass 1. Auflage Juli 2007 Schutzgebühr: € 6,00 Bankverbindung: Sparkasse Bochum BLZ: 430 500 00 ISBN: 978-3-931993-55-9 Kto.-Nr. 133 189 035 LASSEN SICH REZIPROZITÄTSMODELLE BEI DER GEWEBE- UND ORGANTRANSPLANTATION ETHISCH RECHTFERTIGEN UND PRAKTISCH REALISIEREN? - Rita Kielstein zur Emeritierung - Hans-Martin Sass 1. ALTRUISMUS UND REZIPROZITÄT ALS ETHISCHE PRINZIPIEN Dem Mitmenschen zu helfen, ist eine hohe Tugend und ein ethisches Prinzip in allen Kulturen und ethischen Traditionen. Die Hilfe dem Bedürftigen und Schwachen gegenüber, insbesondere die Rettung von Menschenleben und die Erleichterung eines beschwerlichen Lebens, gilt als besonders lobenswert und vorbildlich. Der Traum aus der Heiligenlegende der beiden christlichen Ärztebrüder Cosmos und Damian aus dem Mittelalter, Menschenleben durch Transplantation zu retten, ist seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts Realität. Unsere ethischen Intuitionen, Kommunikationen und Kooperationen scheinen jedoch hinter den medizinischen Fortschritten zurückgeblieben zu sein. Wie wäre sonst der bedauerliche Organmangel zu erklären? Die katholische Kirche hatte schon früh mit der Begründung der Rettung von Menschenleben und der Linderung von Leid positiv zur Organtransplantation Stellung genommen; Papst Johannes Paul II bekräftigte dann 1995 in der Enzyklika ‚Evangelium Vitae’, in der er die Organspende wie selbstverständlich in andere Christenpflichten zum Teilen und Geben einschließt: ‚There is an everyday heroism, made up of gestures of sharing, big and small, wich built up an authentic culture of life. A particularly praiseworthy example of such gestures is he donation of organs, performed in an ethically acceptable manner, with a view of offering a chance of health and even of life itself to the sick who otherwise have no hope’ [zit.19:29]. Die christliche Ethik des Teilens und Helfens kann sich auf das Wort Jesu berufen ‘Was Ihr einem unter diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt Ihr mir getan’ [Matth 25:40]. Im Koran gibt es ähnliche Forderungen und der gläubige Jude beruft sich auf das ‚pekuach nefesh’, die rettende Hilfe dem Nächsten gegenüber, die alle anderen Gebote Gottes inklusive des Gebots der Sabbatheiligung und dem Respekt vor dem eigenen Körper als einer zeitweiligen Leihgabe Gottes übertrumpft. Von Buddha wird aus einem seiner früheren Leben in der ‚Sutra vom Goldenen Licht’ berichtet, dass er sich in bioethischer Solidarität vor den Augen einer hungrigen Tigerin und ihren Jungen das leibliche Leben nahm und sie damit altruistisch mit Nahrung 1 versorgte. Nicht jeder wird soweit gehen wie Buddha; nicht jeder glaubt ja auch an die Seelenwanderung; und im Übrigen ist Altruismus unter uns Menschen eine sehr seltene Tugend. Das konkrete Thema der Gewebe- und Organspende ist neu, seit Fortschritte in der Transplantationstechnik und Immunsuppression in den letzten Jahrzehnten die Möglichkeiten der Rettung von Menschenleben oder der Linderung von Krankheiten enorm erweitert haben. Das ethische Thema von Spende, Altruismus, Reziprozität, Solidarität und gerechter Verteilung bei der Organtransplantation wurde vor 12 Jahren auf einem von Professor Rita Kielstein organisierten internationalen Kongress zur ‚Ethik in der Nephrologie’ an der Otto-von-Guericke Universität diskutiert. In dem dort beschlossenen ‚Magdeburger Memorandum’ heißt es: ‚Die Nierenspende ist eine der Möglichkeiten, das Leben von Nierenkranken zu retten. Deshalb hat die Nierenspende einen hohen ethischen Wert und ist Ausdruck mitmenschlicher Solidarität und Nächstenliebe. Alle Bemühungen zur medizinischen und ethischen Aufklärung über die Organspende sollten genutzt werden. Eine Bevorzugung von spendewilligen Personen bzw. Patienten bei der Allokation gespendeter Organe lässt sich nach dem Prinzip der Solidarität und Reziprozität rechtfertigen und könnte die Zahl der potentiellen Spender erhöhen. Die Prinzipien der ethischen Reziprozität zwischen Spendern und Empfängern und die Lebendspende unter Nichtverwandten bedürfen einer erweiterten ethischen Diskussion’ [zit.16:5f]. Unterschrieben wurde das Memorandum von Fred Bonkovsky und Nancy Cummings vom US National Institute of Health, Gilbert Thiel aus Basel und Claude Jacobs aus Paris, Fritz Hartmann aus Hannover, Klaus Thurau aus München und Rita Kielstein und Helmut Klein aus Magdeburg, auch von mir. Seit einer Stellungsnahme des Nationalen Ethikrates zur Organspende vom April dieses Jahres sind nach der Verabschiedung eines Transplantationsgesetzes [TPG] vor 10 Jahren wieder einmal ethische, rechtliche und medizinische Aspekte von Organtransplantation in der aktuellen Diskussion und warten auf Antworten in Einstellungskulturen und Ordnungspolitik zu dem großen Mangel an Organen und Geweben. Der Nationale Ethikrat schlägt vor: ‚dass die Bürger (1) in einem geregelten Verfahren zu einer persönlichen Erklärung darüber aufgefordert werden, ob sie zu einer Organspende bereit sind, und (2) darüber informiert sind, dass die Organentnahme bei unterbliebener Erklärung gesetzlich erlaubt ist, sofern die Angehörigen ihr nicht widersprechen’ [3:5f]. Der Ethikrat schlägt einen Übergang vor von der in der Bundesrepublik gesetzlich geregelten Zustimmungslösung – der potentielle Spender oder nach seinem oder ihrem Tod die Verwandten müssen zustimmen, bzw. dürfen nicht widersprechen – zu einer Widerspruchslösung – Organe dürfen entnommen werden, wenn der potentielle Spender (oder 2 seine Verwandten) nicht widersprochen hat. In anderen Ländern, so in Österreich, Italien oder Spanien, gilt die Widerspruchslösung und ist dort ordnungsethisch akzeptiert. Im Grunde entspricht der Vorschlag des nationalen Ethikrates einem ‚Erklärungsmodell’, das heißt: der Bürger soll sich zu Lebzeiten dazu äußern, ob er im Falle seines Todes post mortem eigene Organe kranken und bedürftigen Mitmenschen abgeben will. Diese Forderung nach ‚Erklärung’ an mündige Bürger zu stellen ist voll und ganz gerechtfertigt, solange über den Sachverhalt aufgeklärt wird und eine solche Erklärung jederzeit vom Verfasser geändert werden kann. Zur Lebensorganspende schweigt sich die Stellungnahme des Ehikrates aus und erwähnt nur in Fußnote 2 „Mit der Lebendorganspende, die stets mit einem gewissen gesundheitlichen Risiko für den Spender verbunden ist, verbinden sich außerdem besondere ethische Probleme [3:5]. Die erste Reaktion der Bundesärztekammer auf den Vorschlag des Ethikrates war negativ, ebenso wie auf das verabschiedete Gewebegesetz [3a], das auch von anderer Seite kritisiert wurde. Deren Präsident Hoppe hatte am 2. Juni 2006 in einer Presseerklärung anlässlich eines ‚Tages der Organspende’ geäußert, ‚die Aufklärung über die Chancen einer Organtransplantation müsse in der Öffentlichkeit intensiviert werden’ und ‚wer einen Organspenderausweis bei sich führt, sagt aus innerer Überzeugung Ja zur Hilfe für schwer Kranke, die ohne eine Organspende keine Überlebenschance haben’. Neuere Diskussionen auf der europäischen Ebene haben wenig diskussionsfähige Erträge gebracht und eher alte Argumente wiederholt [10]. Für die Arztethik aller Traditionen und Kulturen gilt selbstverständlich seit den Tagen des Hippokrates vergleichsweise das ‚aegroti salus suprema lex’, das Wohl des Patienten als höchstes Gebot und Gesetz. Weder Hoppe noch der Ethikrat noch das Transplantationsgesetz äußern sich zu den finanziellen und gesundheitlichen Risiken, die ein Lebendspender eingeht, für den das langfristige direkt oder indirekt durch die Explantation bedingte gesundheitliche Risiko nicht klar abgedeckt ist. Das Transplantationsgesetz (TPG) verpflichtet zwar im Paragraphen 2 zuständige Bundesbehörden, Krankenkassen und Krankenhäuser zur Aufklärung und Information über die Möglichkeit der Organspende, unterlässt aber, die gleichen Institutionen zu verpflichten für eine transparente, rechtlich sichere und langfristige Kostenübernahme direkter oder indirekter Kosten Sorge zu tragen [4]. Dabei wäre es nach einem Vorschlag von Christoph Broelsch angesichts der hohen Kosten einer Transplantation und der eingesparten Kosten beispielsweise bei der Dialyse finanziell ein Leichtes ‚für den (extrem seltenen) Fall des Schadens … als Mindestkompensation eine Versicherungspolice’ bereitzustellen, die den Geber/Spender zumindest finanziell sicherstellt [6:5]. 3 Dass es an Organen und Geweben für Schwerkranke fehlt, das ist in allen verfügbaren Statistiken belegt und bedarf keiner weiteren Diskussion [1; 3; 3a; 17; 25; 27]. Nach einer Statistik von Ely A Friedman erhalten in den USA täglich 74 Personen ein Transplantationsorgan; 17 sterben täglich, weil sie kein Organ bekommen [11:960]. Dem Philosophen und Ethiker fällt als seltsam auf, dass sowohl in den USA wie in der BRD und überall weltweit als einziges ethisches Prinzip für eine Änderung des Zustandes das Prinzip des Altruismus vorgebracht wird und dass dessen weitere Propagierung dazu beitragen soll, Organmangel zu mildern oder zu beseitigen. Friedman stellt mit Recht fest, dass solche Werbekampagnen in der Vergangenheit wenig erfolgreich waren [11]. Andere Modelle werden nicht diskutiert, einige werden ausdrücklich kurz und forsch als indiskutabel abgelehnt, so zum Beispiel die Lebendspende unter Nichtverwandten, der Verzicht auf Einspruch oder Zustimmung von trauernden Verwandten post mortem, Reziprozitätsmodelle, die Organspendern oder –gebern unterschiedliche nichtfinanzielle Anreize geben, schließlich auch der kommerzielle und streng kontrollierte Organhandel. Zu diesen ‚undiskutablen’ Modellen werde ich Beispiele und Argumente aus der neueren ethischen Literatur diskutieren. Die gegenwärtig in der Diskussion befindlichen Risikoparameter für die Transplantation unter Lebenden sind kulturell verzerrt und stimmen deshalb nicht mit anderen Risikomodellen überein, mit denen wir im Alltag vertrauter sind. 2. RISIKO, REZIPROZITÄT UND REWARD Das Leben ist nicht ohne Risiko. Es gibt unterschiedliche Risiken, vermeidbare und unvermeidbare, Risiken, die nur Kosten und Nachteile mit sich bringen, Risiken, deren Eingehen Vorteile in der Selbstfindung, in der Karriere oder im finanziellen Gewinn bringen. Der Boxsport bringt gesundheitliche Risiken mit sich und entsprechende Gewinne; Vertragsspieler der Bundesliga haben geringere gesundheitliche Risiken und verdienen in der Regel mehr Geld als Boxer. Auch in der medizinischen Versorgung und Forschung geschieht nichts ohne Finanzierung und Bezahlung; die immer wieder auftretenden Streitereien im Gesundheitssytem gehen leider immer um Geld; umsonst will keiner arbeiten; das kann und darf ja man auch nicht verlangen. Chefärzte müssen Spitzenleistungen und Verantwortungen erbringen, gehen in Diagnose und Therapie auch nicht selten große Risiken ein, oft beruhend auf unzureichender Informationslage, und verdienen zumeist viel weniger als Bundesligaspieler. Natürlich wird auch bei der Gewebe- und Organtransplantation verdient, von Explanteuren und Implanteuren, von 4 ihren Mitarbeitern, von Krankenhäusern, von Pharmafirmen, auch von Versicherungen, denen beispielsweise ein Transplantierter weniger Geld kostet als eine Dialysepatient, - aber Reziprozität gibt es nicht mit dem Organgeber, ‚Spender’ genannt, nicht einmal einen Orden oder ein Zertifikat. Der post-mortem Spender mag gesundheitliche und palliative Nachteile durch eine unprofessionell gemachte prä-mortale Intensivmedizin haben. Dem sollte durch hohe professionelle Qualitätsnormen verbunden mit einer Aufklärung der Bevölkerung entgegengewirkt werden. Was die Lebendspende betrifft, so ist derzeit die rechtliche und ethische Situation in der Bundesrepublik allerdings völlig unbefriedigend. Nach langem Streit und viel Unklarheit übernimmt seit kurzem die Kasse des Empfängers die direkt mit der Transplantation zusammenhängenden Diagnose-, Transplantations- und unmittelbaren Nachbehandlungskosten des Spenders. Wenn aber der Spender aus dem Krankenhaus entlassen ist, wird er alleingelassen von seiner Krankenkasse und auch von der des Empfängers; allenfalls stehen ihm Ansprüche an die Unfallversicherung der transplantierenden Institution zu. Die rechtliche Situation ist teilweise ungeklärt und ethisch unakzeptabel; konkrete Schritte zur Änderung dieser unethischen, unärztlichen und unanständigen Situation sind nicht in Sicht. Spender sind auch Mitmenschen, Patienten. Welche Sorgfalt wird darauf verwandt, inwieweit sie als Spender infrage kommen und inwieweit unvorhersehbare Risiken behandelt und finanziell abgesichert sind? [14]. Dabei reichen Risiken bei der Nierenspende von Nachblutungen, Infektionen, Lungenentzündungen und Embolien nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bis hin zu späteren Komplikationen bei Narbenbrüchen, Gefühlsstörungen in der Bauchwand und schließlich recht selten auch zu einem Versagen der einzigen verbleibenden Niere [5:30]. Bei der Transplantation von Leberlappen kann es noch relativ lange nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zu unterschiedlichen Komplikationen bei der Leber und umgebenden kleinen Gefäßen kommen, natürlich auch bis zum Leberversagen [5:32]. Die Kosten einer Nierentransplantation entsprechen etwa denen einer einjährigen Dialysebehandlung, - kann es hier nicht zu einer finanziellen Einigung unter Kassen mit oder ohne Hilfe oder Druck des Gesetzgebers kommen, auch zu einer finanziellen Reziprozität mit dem Geber? Wie kann ein Chirurg es arztethisch rechtfertigen, einem gesunden Menschen ein Organ oder Organteil zu entfernen, wenn er nicht ganz sicher ist, dass eventuelle Gesundheitsrisiken zumindest finanziell abgesichert sind? Ordnungspolitik einen solchen Zustand der Unsicherheit zulassen? 5 Wie kann die staatliche Nicht nur bei den gesundheitlichen und ethischen Problemen, sondern auch bei den hiermit verbundenen finanziellen Kosten ist der Spender schmählich alleingelassen von der eigenen Versicherung und der des Empfängers, auch vom Staat als dem Rechts- und Verordnungsgeber, der es versäumt hat, diesen gravierenden unethischen und unsolidarischen rechtlichen Zustand zu beseitigen. Eins ist sicher: Da es sich bei der Organspende nicht um einen Krankheitsfall Im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes handelt, kann der Spender nicht mit einer Lohnfortzahlung über den engeren Rahmen des Krankenhausaufenthaltes rechnen und auch nicht mit einem weiterem Leistungsanspruch an seine Krankenversicherung. Er kann muss sich privat weiterversichern für die Zeit der Berufsunfähigkeit; dabei bleibt aber unklar inwieweit nicht mit der Transplantation unmittelbar zusammenhängenden möglicherweise anfallenden direkten oder indirekten Folgekosten übernommen werden. Muss man daraus den Schluss ziehen, dass Lebendspender entweder unaufgeklärt, unintelligent, oder unverantwortlich sind oder aber extrem unter eigenem oder fremdem Druck stehen? Insgesamt ist die finanzielle Absicherung von direkten oder indirekten Folgekosten einer Organspende für den Spender völlig unübersichtlich, hochrisikoreich und weithin ungeklärt. Hierzu äußern sich das Transplantationsgesetz, die Bundesärztekammer, die Krankenkassen und der Nationale Ethikrat leider nicht. Insgesamt bringt der Vorschlag des Ethikrates für einen Übergang zu einer erweiterten Widerspruchslösung neue Risiken mit sich, ohne die Möglichkeiten der Zustimmungslösung unter Aspekten der Selbstbestimmung und solidarischer Reziprozität genauer zu analysieren; Übergange von einem Modell zu einem anderen stoßen eher auf Misstrauen und Ablehnung als die Optimierung bereits bestehender Modelle. Insbesondere ist verwundernswert, dass der Nationale Ethikrat die ethischen Implikationen der so genannten ‚erweiterten’ Lösungen von Widerspruch oder Zustimmung und die massiven Einschränkungen dieser ansonsten unüblichen ‚Erweiterungen’ gerade bei der Organtransplantation ethisch nicht diskutiert, dergemaess nicht nur der potentielle Spender sondern nach dessen Ableben die Angehörigen ein Einspruchsrecht gegen die Explantation haben sollen. Das soll auch für den vom Nationalen Ethikrat vorgeschlagenen Übergang zu einer Widerspruchslösung gelten [3:6]. Kielstein macht vor allem diese erweiterte Zustimmung bzw. Ablehnung durch Angehörigen mitverantwortlich für den bestehenden Organmangel und weist auch auf die emotionale und ethische Problematik hin, trauernde Angehörige eines Sterbenden überhaupt mit Fragen von Zustimmung oder Widerspruch zu konfrontieren. Deshalb hatte das zitierte Magdeburger Memorandum ausdrücklich 6 auf die ethische Akzeptanz einer Prioritätssetzung in der Solidarität hingewiesen [16:5f]. - In einer Umfrage stellt Kielstein fest, dass Bürger sehr unterschiedliche Meinungen zur Organspende haben, die vom Transplantationsgesetz nicht berücksicht werden [17]. Hoyer hatte schon 1998 auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1979 zur Auslegung der Artikel 2 und 4 des Grundgesetzes hingewiesen, in der es heißt: ‚Die Bestimmung über seine leiblich-seelische Integrität gehört zum ureigensten Bereich des Menschen. In diesem Bereich ist er aus der Sicht des Grundgesetzes frei, seine Massstaebe zu wählen und nach ihnen zu leben und zu entscheiden’. Hoyer kommt zu dem Schluss: ‚Dies gibt jedem Menschen das Recht, einem kranken Mitmenschen durch eine Lebendspende zu helfen. Eine Einschränkung dieser verfassungsrechtlichen Garantien wäre nur denkbar, falls ein sittenwidriges Verhalten vorliegt oder aber der Staat sich auf seine Schutzpflicht für die Gesundheit seiner Bürger beruft.’ [15:198]. Für die post-mortem Spende dürfte der Staat keinerlei sittenwidrige Intention oder Handlung nachweisen können und müsste in Achtung und Durchsetzung der Rechte aus Artikel 2 und 4 GG konsequent jede erweiterte ‚Lösung’ verbieten und auch für die vorgeschlagene eingeschränkte Widerspruchslösung keinen Widerspruch von Angehörigen zulassen dürfen. Was die Lebendspende über den engen Kreis von Angehörigen hinaus betrifft, so dürfte der Staat genügend Möglichkeiten haben, durch Verordnung und Aufsicht Missbrauch zu verhindern. Aber die Selbstbestimmung zu einer altruistischen Organspende über den engeren Kreis der Angehörigen ist im TPG leider gesetzlich verboten. Vier Gründe sind es, welche die aktuelle Stellungnahme des Ethikrates [3] als unzulänglich und wenig nützlich erscheinen lassen: (1) der Verzicht auf die Diskussion von anderen als dem bisherigen altruistischen Verteilungsmodell für die post-mortem Organspende, (2) die unkritische Beibehaltung des Modells der erweiterten Zustimmung inklusive eines späteren Widerspruchs durch Angehörige, (3) die Tabuisierung der Lebendgabe beginnend von einer kritischen Diskussion der bisherigen gesetzlichen Regelung bis hin zu anderen über das Altruismusmodell hinausgehenden Vorschlägen, und schließlich (4) eine fehlende Kritik an der unklaren und unsicheren Finanzierung von direkten und indirekten Folgekosten für den Spender bei der Lebendspende . Eine ethisch faire und offene Diskussion verlangt, auch die kulturellen Risiken mit zu bedenken, die in solchen Reformvorschlägen liegen und die selbst Teil der herrschenden Vorurteilskulturen sind. Vor 20 Jahren habe ich in anderem Zusammenhang Zahlen zusammengetragen, welche die kulturellen Vorurteilsdeterminanten für Risikobegriffe anschaulich zeigen. Damals wurden für 7 die Lebensrettung eines Individuums folgende Summen ausgegeben: 10-20,000 $ mehr für Vorsorgeuntersuchungen zu Brust- und Darmkrebs, 30,000 mehr für mehr oder bessere Ambulanzwagen, über $100.000 jährlich durch Hemodialyse; beim Verkehr $20.000 mehr für bessere Strassen, $34.000 mehr für bessere Beschilderung, $228.000 mehr für Leitplanken, $320.000 für Airbags [20]. Warum geben wir für die Airbagtechnologie soviel mehr aus als für mehr Verbindlichkeit oder Werbung bei Vorsorgeuntersuchungen? Warum zahlen wir jährlich für die Dialyse, was eine einmalige Transplantation kosten würde, verhältnismäßig geringe medikamentöse Folgekosten nicht gerechnet. Diese unterschiedlichen Investitionen und ihre politische und gesellschaftliche Akzeptanz beruhen auf durch die meisten von uns geteilten kulturellen und nichttechnischen Risikobegriffen. Andererseits gibt es Bevorzugungen bestimmter Bevölkerungsgruppen, die politisch oder kulturell motiviert sind: Bundestagsabgeordnete reisen in der Bundesrepublik kostenlos bei Bahn und Flug; Blinde werden in Asien bevorzugt als Masseure ausgebildet und angestellt; Veteranen werden in Kanada bevorzugt Pächter von staatseigenen Alkoholläden; Kriegsversehrte genießen in der Pariser Metro vor anderen Behinderten und vor schwangeren Frauen Anspruch auf einen Sitzplatz; bei gleicher Eignung werden Frauen bei Berufungen auf deutsche Lehrstühle oder anderswo im Berufsleben vorgezogen. Ich gebe vier Beispiele für schlechte Risiko- und Reziprozitätsmodelle in der Medizin, mit denen wir leider offensichtlich gelernt haben zu leben. Beispiel 1: Klinische Prüfung: Seit über einem halben Jahrhundert erfolgt die Prüfung neuer Arzneimittel nach einem 1946 von Bradford Hill erfolgreich angewandten Modell von vier durch Placebo kontrollierten Phasen; frühere Modelle wie Selbstversuche oder Pilotprojekte sind illegal oder werden von den Prüfbehörden nicht anerkannt. In vielen Phase-1 Studien, beispielsweise bei der Erprobung von Cytostatica, geben Patienten zwar ihre Einwilligung, aber vermutlich nur aus Verzweiflung und, weil andere Möglichkeiten aufgebraucht sind. Das ist keine freie und faire Zustimmung, wie sie vom Modell der Autonomie her gefordert wird. Es wird dennoch getan ohne Widerspruch in der Klinik und in der forschenden Pharma; Zulassungs- und Aufsichtsbehörden fragen nicht nach der Qualität der Zustimmung und unternehmen auch keine Anstrengungen, andere Modelle als das alte von Bradford Hill entsprechend dem Fortschritt der statistischen, medizinischen und pharmakologischen Wissenschaften zu erproben.- Beispiel 2: In den letzten 15 Jahren haben wir enorm viel gelernt über die individuelle Metabolisierung von Medikamenten entsprechend der individuellen P450 Cytochrome Veranlagung. Dieses Wissen würde die Entwicklung und 8 Erprobung von Medikamenten für unterschiedliche Gruppen von Metabolizern erlauben, - mit großen Vorteilen für Patienten, möglicherweise geringeren Entwicklungskosten und natürlich mit dem Verzicht auf die generelle Zulassung eines Medikaments für Jedermann/Jedefrau. Weder Prüfbehörden noch Pharmafirmen haben aber offensichtlich ein Interesse an einer effizienteren Medikamentenentwicklung, missachten die Erkenntnisse der modernen Pharmakogenetik und akzeptieren weiterhin hohe Risiken und hohe Kosten bei der Entwicklung und Verabreichung von Medikamenten.- Beispiel 3: Das Transplantationsgesetz erlaubt die 'Spende' durch einen verwandten Nichtentscheidungsfähige, wenn der Vormund das stellvertretend entscheidet; es verbietet aber die freie Spende durch Freunde oder Bekannte eines Kranken. Ich sehe ein hohes ethisches Risiko darin, Nichteinwilligungsfähigen nicht nur dem möglichen gesundheitlichen Risiko sondern vor allem auch den subjektiv empfundenen Unannehmlichkeiten der gesamten Prozedur zu unterwerfen. – (4) Die derzeitige Finanzierung direkter Folgekosten von Explantationen beim Spender durch den gesetzlichen Versicherungsschutz durch Unfallversicherung der Kliniken insinuiert, dass solche Folgekosten regelmäßig auf ärztliche Fehler zurückzuführen sind, eine sachlich unangemessene und ethisch unanständige Unterstellung. Was die Organtransplantation betrifft, so haben wir es unter anderem mit folgenden undiskutierten verzerrten kulturellen und ethischen Risikobilanzierungen zu tun, die ich in 4 Fragen formuliere, die gleichzeitig auf eine Antwortrichtung hinweisen: (1) Warum zahlen wir nicht dem Nachlass eines jeden post-mortem Spenders eine fixe Summe von etwa Euro 10.000 als Dank der Gesellschaft für die altruistische Spende, als Anerkennung für das ethische mitmenschliche Engagement in der Reduktion von Leiden und der Verbesserung von Leben und Lebensqualität und auch als Anerkennung für durch die Organspende eingesparten Solidarkosten für Gesundheit? (2) Warum sichern wir nicht den Lebendspender über eine Risikopolice gegen zusätzliche und anderweitig nicht abgedeckte oder streitfällige direkte und indirekte Folgekosten einer Explantation ab? (3) Warum bekommen Lebendspender nicht ein besonderes gesetzliches Privileg für den Fall, dass sie selbst einmal Organempfänger sein werden? (4) Warum dürfen Freunde und Bekannte nicht innerhalb des ansonsten so hochgelobten Altruismusmodells spenden? 9 2.1 Reziprozitätsmodelle Was ist Reziprozität? Reziprozität ist ein soziales, politisches, kulturelles und ethisches Prinzip und eine persönliche Tugend, hochgeschätzt in allen Kulturen und belobt und dankbar angenommen von zivilisierten und unzivilisierten Menschen gleichermaßen. Solidarität, gegenseitige Achtung und Hilfe, Füreinanderdasein, Teilen und Helfen, auch fairer Handel, gute Ware oder guter Service gegen gute Entlohnung, das sind die Prinzipien und Tugenden, die von allen Religionen, ethischen Traditionen und Kulturen gelehrt und gefordert werden. Betrug, Ausbeutung, informationelle oder finanzielle Manipulation, Unterdrucksetzen, Erpressung und Diffamierung gehören zu den als unethisch und unanständig bezeichneten Lastern. Es ist ein verkürztes Verständnis, wenn wir Reziprozität auf Waren, Dienstleistungen oder Finanzen reduzieren. Es gibt sehr fundamental und essentiell die Reziprozität in ethischen und kulturellen Werten, gegenseitigen Erwartungen und Angeboten, in Verhalten und reziprokem Verhalten, natürlich auch in der Mischung von Werten und Waren in unterschiedlichen Märkten und bei unterschiedlichen Marktanreizen. Allerdings gibt es philosophische Diskussion darüber, ob die Verfügung über den eigenen Körper ähnlich zu behandeln ist wie die Verfügung über Waren, commodities. Kant hat mit Hinweis auf das Beispiel der Kastration von Knaben für die Verwendung als Sopranisten in der Opera Sera oder im kirchlichen Chorgesang die Kommodifizierung des menschlichen Körpers mit der Absicht Geld zu verdienen oder einen höheren sozialen Status zu erreichen kategorisch abgelehnt. Breyer u.a. und der Nationale Ethikrat, ebenso wie die Bundesärztekammer und das Transplantationsgesetz von 1997, betonen die ethischen Vorzüge der Spende zum Wohl des Nächsten [5; 3; 4]. Im Modell der Widerspruchslösung wird diese ‚Spende’ normativ als primäre staatsbürgerliche und mitmenschliche Verpflichtung gesehen, aus der man im Einzelfall ohne Angabe von Gründen aussteigen kann. In der ultrakonservativen Zeitschrift ‚The New Atlantis’ wurde kürzlich die Diskussion um die Kommodifizierung des Körpers oder seiner Organe intensiv zwischen Meilaender, Hippen und Lawler diskutiert. Während Meilaender und Kass kantisch vor einer zunehmenden Kommodifizierung und Kommerzialisierung warnen [19], sieht Hippen als Nephrologe in einer guten Aufklärung und dezentralen lokalen Werbung [13:55] einen ethischen Gewinn in einer Steigerung des Aufkommens zur Entscheidung für die postmortem Spende von bis zu 70% . Lawler, ein Jurist, beurteilt die Entwicklung zu mehr und mehr Kommerzialisierung kritisch, schlägt aber eine Abwägung im Interesse des Respekts vor freier Selbstbestimmung und den Bedürfnissen Schwerkranker vor: ‚Reversing or at least slowing our 10 creeping and sometimes creepy libertarianism by challenging, in the name of human dignity, some basic premises of the modern or ‚capitalist’ idea of liberty. But from kidneys to embryos to everything else, they are facing an uphill climb. The human need for health and the human longing for liberty challenge relentlessly every moral impediment that stands in their way’ [13:72]. Ely A Friedman and A.L. Friedman argumentieren als erfahrene Chirurgen und Ethiker: ‘Strategies to expand the donor pool – public relations campaigns and Driver’s license designation – have been mainly unsuccessful. .. One approach to expanding the pool of kidney donors is to legalize payment of a fair market price of about $40.000 to donors. Establishing a federal agency to manage marketing and purchase of donor kidneys in collaboration with the United network for Organ Sharing might be financially self-sustaining as reduction in costs of dialysis balances the expense of payment to donors’ [11:960]. Diese Vorschlag steht dem später zu diskutierenden Marktmodell von Harris [12] nahe. Was die Abgabe von Blut, Gewebe oder Organen betrifft, so müssten, sofern man grundsätzlich Solidarität und Reziprozität als ethische Prinzipien und Tugenden akzeptiert wie Kant, der Vatikan, Meilaender und Lawler, vergleichbare Argumente gelten, wie sie auch sonst für den individuellen und gesellschaftlichen Ausgleich akzeptiert und praktiziert werden. Wie sollte es denn gerade bei der Organtransplantation ethisch und politisch anders zu rechtfertigen sein? Eine Missachtung des eigenen Körpers und Lebens ist ja auch jedes Übermaß an Arbeit, Genuss, Rauchen, Trinken, Essen, auch Arbeit zum Wohl von anderen ohne Rücksicht auf die Grenzen der eigenen Leiblichkeit, die in all diesen Situationen als Mittel zum Zweck genutzt wird. Grundsätzlich in den Bereich des ethisch Akzeptierten und Geforderten gehören also das Schenken oder faire Handeln, das Tauschen entsprechend den Interesselagen beider Seiten oder den besonderen Bedürfnissen einer Seite. Es hat sich über Jahrtausende als hilfreich erwiesen, wenn Staaten und ihre Rechtssysteme ordnungspolitisch einen Rahmen für Fairness setzen, Extreme bestrafen und im übrigen den freien Ausgleich von Interessen und Bedürfnissen, von Gütern, Werten und Waren nicht behindern, sondern fördern. Insofern gibt es unterschiedliche Modelle des ausgleichenden Handelns unter uns Menschen; Verkaufen, Tauschen, Schenken sind die wichtigsten Grundmodelle, die sich situativ mischen, überlappen und ergänzen können. Ich nenne insgesamt acht Reziprozitätsmodelle für Gewebe- und Organgeber und –empfänger. Dabei versuche ich auch jeweils kurz die ethischen Risiken, Unsicherheiten, Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle zu skizzieren. Faktisch existierende Modelle benutze ich nur zur normativen Differenzierung und Illustration, ohne mich mit Details bestimmter nationaler 11 Regelungen zu befassen. Ich skizziere je vier altruistische Reziprozitätsmodelle und vier andere, die nicht so restriktiv wie die altruistischen Modelle sind, sondern auf anderen weithin akzeptierten, geförderten und bewährten ethischen Prinzipien wie denen des Ausgleichens, Tauschens und Handelns beruhen. 3. ALTRUISTISCHE REZIPROZITÄTSMODELL 3.1. Reziprozität unter Verwandten: Die gesetzliche Regelung der Organspende innerhalb der Familie beruht auf einem Reziprozitätsmodelle, insofern die öffentliche Kultur und Tradition ebenso wie der Gesetzgeber davon ausgehen kann, dass es besondere reziproke Verantwortungen und Pflichten innerhalb einer Familie gibt. Das sieht auch beispielsweise die Sozialgesetzgebung ähnlich, wenn Eltern für die Kosten der Ausbildung ihrer Kinder aufkommen müssen oder Kinder für ihre in Not geratenen Eltern. Allerdings machen die Sozialgesetzgebung und auch das Transplantationsgesetz restriktive Eingrenzungen bezüglich des Verwandtschaftsgrades. Dieses Modell einer moralischen Reziprozitätspflicht und -erwartung beruht auf der Annahme eines latenten oder aktuell praktizierten Kanons von besonderen Verbindlichkeiten innerhalb einer Familie und ist eingebettet in einen weiteren Rahmen von Familienrecht und –ethik. Dieses Reziprozitätsmodell ist jedoch für die Transplantation nicht ohne ethische Probleme, weil die Explantation von Nieren oder Teilen der Leber gewisse akute Risiken, auch Schmerzen und Unannehmlichkeiten mit sich bringt, und auch weil Folgeschäden auftreten können, die zumindest derzeit, wie schon erwähnt, allein dem Spender oder Geber unfairerweise aufgelastet werden. Wer in der Familie sich nicht auf Gewebekompatibilität untersuchen lässt oder wer die Explantation verweigert, kann als unanständig, unethisch, unsolidarisch, unfair oder egoistisch gelten und innerhalb und außerhalb der Familie mit einem Makel stigmatisiert werden; möglicherweise wird er oder sie künftig aus einer bisher selbstverständlichen Reziprozität des gegenseitig füreinander Einstehens ausgeschlossen. Wir haben bei der derzeitigen Regelung der Lebendspende unter Verwandten also ein Reziprozitätsmodell mit erheblichen Risiken und ethischen Schwächen vor uns, von denen einige leicht behebbar wären, wie beispielsweise der Verzicht auf die Einbeziehung von Nichteinwilligungsfähigen, die Einbeziehung langjähriger Freunde nach einem engen Maßstab, und die gesetzliche Regelung der Finanzierung für Krankheitskosten von Gebern oder Spendern als einem ersten Schritt einer ordnungsethisch und ordnungspolitisch verantwortlicheren Regelung. 12 Die Reziprozität innerhalb der Familie bezieht sich in der Regel auf die Lebendspende. Andererseits sind wir durchaus vertraut mit dem Modell des Erbens von Sparbüchern und anderem Besitz innerhalb der Familie; eine Einbeziehung von Organen oder Geweben, auch von DNA-Proben zum Speichern für künftige Nutzung könnte an jahrtausendealte in allen Kulturen als ethisch akzeptierte und praktizierte und gesetzlich geschützte Erbschaftsregelungen anknüpfen. In gewisser gesamtgesellschaftliche Weise solidarische kann sich das Erbengemeinschaft Widerspruchsmodell verstehen, aus als eine der aber jedermann/jedefrau ausbrechen kann ohne weitere Angabe von Gründen. Reziprozität in der Familie ist das ideale Beispiel für eine nichtpekuniäre Reziprozität, eine Reziprozität in der kleinsten menschlichen und sozialen Einheit, die auf gegenseitiger Achtung, Hilfeleistung, Liebe und Solidarität vor und unabhängig von allen rechtlichen und gesellschaftlichen Regelungen und Ansprüchen besteht. 3.2. Reziprozität unter geographischen Nachbarn: Seit einigen Jahren gilt in Spanien die Regelung, dass post-mortem Organe zunächst innerhalb der Provinz oder innerhalb einer anderen kleinen Bevölkerung oder in einem begrenzten geographischen Raum vordringlich verteilt werden. Dieses Modell hat zu einem erstaunlichen Aufkommen von Spenderorganen geführt, weil die konkrete Nähe der Hilfe die Entscheidung zum Spenden steigert; hilfreich kam hinzu, dass die katholische Kirche sich aktiv bei der Werbung für Spenderausweise und die Transplantation eingesetzt hat [14;18:190]. Die nachbarschaftliche Organspende versteht Reziprozität als Bevorzugung des ‚Nächsten’ anderen Mitmenschen gegenüber, die als ‚ferner’ bewertet werden, aber potentiell gleichen Bedarf haben. Ein Reziprozitätsmodell ist es insofern, als eine größere Zahl von verfügbarem Gewebe und Organen in einem bestimmten geographischen oder geographisch-kulturellen Bereich allen potentiellen Empfängern in diesem Kreis zugute kommt, anderen nicht oder nur nachfolgend, wenn in diesem Kreis kein Bedarf besteht. Das Nachbarschaftsmodell der Reziprozität ist deswegen erfolgreicher, weil die ethischen wie die gesundheitlichen Aspekte der Reziprozität leichter einzusehen und zu unterstützen sind als bei der ‚Spende’ an eine unbekannte Person von unbekanntem gesellschaftlichen, religiösen, ethnischen oder kulturellen Hintergrund. Eine solche Restriktion von ethischer und mitmenschlicher Reziprozität in der Solidarität in der ausschließlichen oder bevorzugten Solidarität mit einigen, nicht aber mit allen, ist differentialethisch und kulturell leichter zu vermitteln und in der Praxis erfolgreicher als eine unspezifische gesamtgesellschaftliche Reziprozität. Siegler und Ross haben einen überregionalen 13 Pool von Verwandten und Freunden vorgeschlagen, innerhalb dessen dann nach Gewebekompatibilität ausgewählt werden kann; diese Version von Reziprozität muss sich natürlich mit dem Problem der ‚nicht ganz freiwilligen Spende’ auseinandersetzen [23:190] 3.3. Reziprozität in speziellen Freundeskreisen, Überkreuzspende: In der Schweiz und anderswo sind ‚Freundeskreise’ ins Leben gerufen worden von Paaren, bei denen eine Person ein Spenderorgan benötigt, der Partner auch willig zur Organspende wäre, aber nicht gewebekompatibel ist [15; 22; 25]. Diese ‚Freundeskreise’ sind ein künstliches ethisches Produkt in Reaktion auf restriktive nationale Gesetzgebung im vorgeblichen oder tatsächlichen Schutz des spendewilligen Bürgers vor sich selbst. Innerhalb von Freundeskreisen findet sich leichter eine Kompatibilität für den Empfänger, dann aber auch für den altruistischen Spender, der vermutlich nur aus Liebe zum Partner Mitglied dieses Freundeskreises geworden ist. Dieses auch „Überkreuzspende’ genannte Modell basiert auf dem Prinzip der Reziprozität und restriktiven Fairness innerhalb eines kleinen Kreises und gewinnt durch seine mögliche Attraktivität zusätzliches ethisches Gewicht [4]. Es handelt sich bei der Überkreuzspende, ebenfalls wie bei den beiden anderen Modellen, um altruistische Spenden, in einem kleinen und überschaubaren Raum ohne finanzielle oder andere Vorteile [15; 21]. Außer Organen wird nichts getauscht, keine Partner, kein Geld, keine anderen Vorteile. Es handelt sich um zielorientierte ‚künstliche Solidargruppen’, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Gründen nicht in das Modell der Reziprozität unter Verwandten passen oder sich einfügen wollen oder können und deshalb diesen ‚Umweg’ über die Mitgliedschaft in einer speziellen Solidargruppe wählen müssen oder wollen. Bei den beiden Modellen der Lebendspende innerhalb der Familie oder im Freundeskreismuss muss nicht nur als Ausdruck der Dankbarkeit dem Spender gegenüber gesichert werden, dass nachfolgende direkte und indirekte Kosten im Zusammenhang mit der Explantation lebenslang für den Spender von der Solidargemeinschaft, der Kasse des Empfängers oder einer anderen Solidareinrichtung gezahlt werden. Wünschenswert wäre auch eine besonders großzügige und bevorzugte Behandlung solcher Folgeschäden als Reziprozität und Anerkennung für eine selbstlose Leistung und Risikoübernahme. 3.4. Reziprozität unter moralischen und kulturellen Nachbarn und Freunden: Bestehende restriktive Reziprozitätsmodelle innerhalb von Familien, Nachbarschaften oder Freundeskreisen lassen sich auf andere Modelle übertragen, in denen Religion, Geschlecht, Alter oder Ethnizitaet vom Spender oder Geber als Kriterien für eine bevorzugte oder ausschließliche Vergabe von Geweben oder Organen übertragen werden. Derzeit hat der Geber oder Spender 14 keinen Einfluss auf die Auswahl der Empfänger. Eurotransplant entscheidet nach Gesichtspunkten von Kompatibilität, geographischer Nähe, Wartezeit und Dringlichkeit; es wäre mathematisch kein Problem, ethische Prioritäten des Spenders oder Gebers in das bestehende Punktesystem einzubeziehen. Wer spendet oder gibt, möchte gern wissen, ob die Spende oder Gabe sinnvoll und wertvoll ist, zumal wenn eigene Risiken damit verbunden sind. Geld gibt man für die Aktionen oder Hilfsorganisationen, deren Ziele den eigenen am nächsten liegen und die man für die dringlichsten hält. Warum soll sich nicht jemand dafür entscheiden dürfen, den Angehörigen der eigenen Glaubensgruppe oder ethischen Gemeinschaft oder Jugendlichen vorzugsweise vor Erwachsenen Gewebe oder Organe zu geben. Solche Selektionen in generelle und objektive Kriterien von staatswegen in die Verteilung einzubeziehen scheitern an grundsätzlichen Kriterien für Gerechtigkeit, Solidarität und Nichtdiskriminierung in demokratischen und offenen Gesellschaften; sie würden lang anhaltende und unlösbare politische, rechtliche und ethische Diskurse zur Folge haben, Misstrauen säen und Vertrauen abbauen. Vor dem Gesetz sind alle Buerger gleich. Aber individuelle Entscheidungen aufgrund persönlicher Prioritätssetzungen für soziales und mitmenschliches Engagement ist erwünscht und dessen Akzeptanz und Förderung ordnungspolitische Pflicht. Man mag darüber denken, wie man will, wenn jemand post-morten Organe spendet mit dem Hinweis ‚ausschließlich für Katholiken’ oder ‚bevorzugt für Katholiken, danach für andere Christen’ oder ‚nur für Sunniten, nicht für Schiiten, nicht für Christen’ oder ‚nur für afroamerikanische US Bürger, nicht für kaukasische oder asiatische’ oder ‚bevorzugt für Mitmenschen unter 30 Jahren’ oder ‚nicht für ehemalige Alkoholiker’ oder ‚nur für Frauen’; die Listen lassen sich beliebig nach individuellen Werten und Wünschen modifizieren. Für das Schenken oder Geben von eigenem Gewebe könnten ähnliche Regelungen gelten, die Spendern oder Gebern mehr Motivation geben und Mitsprache sichern [3a]. Sie in die Verteilungskriterien einzuordnen, sollte kein großes mathematisches Problem bei der Punktevergabe sein. In einer Umfrage durch Kuensebeck und andere zur Frage ‚ich möchte den Verbleib meiner Organe selbst bestimmen’ haben 50% der Befragten zugestimmt [5:173]. In den USA wird derzeit an der Auswertung einer Studie der Health Resources and Services Administration zu 300.000 Akten von Transplantation seit 1987 gearbeitet mit dem Ziel Effektivität und Risiko bezüglich der Auswahl nach Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Gesundheit, Body Mass Index, Diagnose und Dialysejahren zu ermitteln und danach gegebenenfalls Organe besser verteilen zu können. Derzeit bekommen in den USA bereits Empfänger unter 18 Jahren Pluspunkte bei der Verteilung 15 [26:A8f]. Insgesamt sind solche Zuteilungen durch Staat, Verteiler oder Finanzierer ethisch höchst bedenklich, werden zu unendlichen unlösbaren Kontroversen über Diskriminierung und Benachteiligung führen und sollten unterbleiben, weil wir unserer Gesellschaft und ihren Vertretern kein Recht einräumen sollten, wer wertvoller oder weniger wertvoll ist, wenn es um Lebensrettung geht. Aber für Spender oder Geber ist eine solche individuell restriktive oder bevorzugende ethische Entscheidung durchaus zu rechtfertigen. Gibt sie doch dem Geber ein ethisches spezifischeres Motiv zu spenden oder zu geben, sowohl post-mortem wie auch unter Lebenden. Ein nicht selten vorkommendes Beispiel: Individuelles Risikoverhalten hat Konsequenzen, auch der risikoreiche Umgang mit der eigenen Gesundheit. Alkoholiker schaden primär sich selbst, indirekt aber auch der Gesellschaft und der solidarischen Versicherung gegen Gesundheitsrisiken. Wenn jemand sich durch gesundheitsschädliches Verhalten beispielsweise dem Risiko eines Leberschadens aussetzt und zum Überleben eine Lebertransplantation benötigt, nimmt er diese in der normalen Priorität jemandem weg, der seine Gesundheit nicht auf gleiche Weise diesem Risiko ausgesetzt hat. Es gibt also nicht nur medizinische Gründe, sondern auch ethische, einem Alkoholiker eine geringere Priorität bei der Lebetransplantation zu geben. Veatch argumentiert: ‚In addition to voluntarily engaging in risky behavior, one also knows that the behavior will put others at risk for not getting a liver and nevertheless engages in it „deliberately or negligently“, with „callous disregard for the well-being of whoever will not receive a liver”, if the alcoholic receives it’ [26]. Es mag für die Solidargemeinschaft schwierig sein, ehemaligen Alkoholikern einen Malus bei der Priorität zu geben, aber Spender haben jedes Recht, individuell entsprechend ihren eigenen Werturteilen solche Prioritäten zu setzen. Wer sich dem Risiko einer Explantation aussetzt, sollte zumindest bei einer Lebendspende auch deren ethische Parameter bestimmen. Natürlich würde auch die post-mortem Spendebereitschaft sich erhöhen, wenn man Menschen aus nahe stehenden ethischen oder anderen Gruppen bevorzugt solidarisch behandeln will und ‚ethische Fremdlinge’ ausschließt oder nur nachrangig in den Genuss der eigenen ethischen Spende kommen lassen will. Man mag diese selektierenden und diskriminierenden Beweggründe der Spender oder Geber ethisch kritisieren oder gar unethisch oder absurd finden; die Spender würden nur von ihrem Recht auf freie Entscheidung für mündige Staatsbürger entsprechend ihrem grundgesetzlichen Rechten Gebrauch machen und das sollte anerkannt und nicht diskriminiert werden. Rechtsstaaten und Verteilungsinstitutionen sollten solche individuellen Werte und Wünsche für die Verteilung 16 rechtlich und organisatorisch unterstützen und möglich machen, in keinem Fall jedoch behindern. Eine Verfassungsklage gegen die derzeit verbotene Organspende über einen engen Kreis von Angehörigen hinaus müsste bei einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eine gute Chance haben [9; 15]. 4. NICHTALTRUISTISCHE REZIPROZITÄTSMODELLE Wir haben bisher nicht vom Geld gesprochen oder vom Organhandel, auch nicht vom Tauschen oder von den Gesetzen freier oder regulierter Märkte, sondern von solidarischen Modellen bei denen der Altruismus und die Solidarität mit dem bedürftigen Mitmenschen einzig ausschlaggebend sind. Veatch hat argumentiert, dass man mit diesen altruistischen Modellen in einer relativ reichen und solidarischen Gesellschaft auskommt, wenn anfallende Kosten oder andere unvorhersehbare Risiken durch die Gesellschaft großzügig kompensiert werden [25:157]. Alle vier Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. Für die real existierenden Modelle wurden einige davon aufgezählt, wobei vor allem der Mangel an aktiver Mit-Selektion des Spenders an der Auswahl des Empfängers eine große Rolle spielt und ethische Entscheidungen und Entschlüsse schwächt und behindert, ebenso die ethisch kaum zu rechtfertigende Einbebziehung von Angehörigen bei vorliegender Entscheidung des möglichen Spenders. Nicht erwähnt wurde bisher, dass diese so genannten altruistischen Modelle sich nicht nur dem Empfänger gegenüber, sondern auch der Krankenversicherung des Empfängers gegenüber altruistisch verhalten. Dieser finanzielle Vorteil der Versicherer ist bisher weder von den Kassen noch von der Gesundheitsund Ordnungspolitik noch Ethikern diskutiert worden. Der gesundes Menschenverstand dürfte davon ausgehen, dass der Spender dem Empfänger ‚etwas Gutes tun’ will aus christlicher oder humanitärer Nächstenliebe und Solidarität, dass er aber nicht die Absicht hat oder hatte, ein geschäftliches Unternehmen, also eine Krankenkasse, von Kosten zu entlasten oder zu Gewinnen zu verhelfen. Altruismus ist ein lobenswertes individualethisches Prinzip und eine seltene Tugend; als ordnungsethisches Prinzip zur Regelung von Solidarität, Gerechtigkeit und Hilfe dem Schwachen oder Sterbenden gegenüber taugt es ordnungspolitisch nicht. Die vier nunmehr zu skizzierenden Reziprozitätsmodelle beruhen ethisch nicht mehr ausschließlich auf dem Prinzip und der Tugend des Altruismus. Vielmehr sind es Austausch-, Handels- und Dankbarkeitsmodelle, die ganz oder teilweise auf anderen Prinzipien als dem Altruismus beruhen, aber durchaus differentialethisch sich mit ihm mischen können [6; 11; 12; 21; 22]. Es war schon erwähnt worden, dass alle anderen Stakeholder bei der Gewebe- und 17 Organtransplantation nicht nach dem Altruismusmodell, sondern nach unterschiedlichen Tauschund Handelsmodellen arbeiten, vom Verkauf von Tabletten bis hin zum Verkauf von Dienstleistungen. Eine Polis-Umfrage von 2002 zur Frage der Finanzierung von Lebendspenden hat für die Bevölkerungsgruppe zwischen 14 und 19 Jähren eine Zustimmung von 59%, für die unter 35-Jaehrigen eine solche von 33%, insgesamt in der Bevölkerung jedoch nur etwa 20% ergeben [5:172]; allerdings muss bei der Interpretation dieser Umfrage der geringe Informationsstand der öffentlichen Diskussion berücksichtig werden. Warum sollen Geber von Organen nicht nach diesen Prinzipien handeln dürfen? Bevorzugungen bestimmter Personengruppen durch staatliche Gesetzgebung oder Verordnungen sind, wie erwähnt, nicht unbekannt und auch mehr oder weniger ethisch begründbar. In der ethischen und medizinischen Literatur zur Organtransplantation wird allerdings, wie schon erwähnt, die Befürchtung geäußert, dass Reziprozitätsmodelle oder Anreizmodelle die Motivation zur altruistischen Spende verringern oder gar verdrängen könnten [8; 5:172]. Sollte man nicht auch über Vorzugsbehandlung für Gewebe- und Organgeber innerhalb dieses unsensationellen ethischen und ordnungspolitischen Rahmens eines gesellschaftlichen Dankbarkeitsmodells nicht ebenfalls nachdenken? Ich habe das vor 10 Jahren einmal als ‚societal gratuity model’ bezeichnet, das in der Lage sein könnte, dem schwarzen Markt des Organhandels das Wasser abzugraben: ‚What might count as a societal gratuity to those who want to donate organs for those in need? Excluding of course money, a list of compensation methods would definitely have to include health benefits such as free and safe organ removal, many ears of follow health care, highest priority on the list of potential recipients of organs based on the principle of reciprocity, and life-long basic health care if such care is not provided to everyone. Other societal expressions of gratuity might include services that are not generally available or are intended for the rich only, such as education for the donor and/or family members and access to loans, property sold by government, and jobs in high demand within a quota reserved for these donors. Becoming a living donor would have to be a highly regulated process requiring a physical examination, determination of competency for prudent and autonomous decision making, and other social and personal requirements. In short, a national government would need to install any safeguards deemed necessary to guarantee that decisions are made freely and out of a sense of solidarity and benevolence. The political and moral community would then react to such acts of benevolence and charity with its own gifts of gratuity and moral recognition’ 18 [21:266f]. Ich will das im einzelnen an folgenden vier unterschiedlichem Gratuity- oder Dankbarkeitsmodellen erläutern: 4.1. Vergütung künftiger Gesundheitskosten: Da der Geber von Gewebe und Organen von sich aus freiwillig etwas gibt und dabei gewisse Risiken, Unsicherheiten und Kosten in kauf nimmt, wäre es nur solidarisch und ethisch reziprok, wenn das entsprechend honoriert würde. Die reziproke Gegenleistung könnte entweder innerhalb der Stakeholder des Gesundheitssystem erfolgen oder durch die Gesellschaft insgesamt vertreten durch den Staat als Gesetz- und Verordnungsgeber oder durch eine Mischung aus beiden. Beim jetzigen Stand der Dinge tragen in den meisten Fällen Transplantation zu Kostensenkungen im Gesundheitswesen bei, natürlich auch zu besserer Lebensqualität und Lebenserwartung. Beides sollte Anlass genug sein, nicht nur aus ethischen Gründen sich solidarisch mit dem Geber zumindest in bezog auf die künftigen Gesundheitskosten zu verhalten. Restriktiv wäre es, solche solidarische Dankbarkeit nur auf die oft im Einzelfall schwierig zu ermittelnden direkten Folgekosten zu beschränken, - aber auch das wäre schon ein erheblicher Fortschritt gemessen an der jetzigen unsolidarischen Regelung. Ich würde eher für eine großzügigere Regelung der Übernahme sämtlicher künftiger Gesundheitskosten, ersatzweise eines festen hohen Prozentsatzes für andere Gesundheitskosten und aller nachweislichen direkten Gesundheitskosten, denken. Bei Propagierung der post- mortem Regelung nach der Widerspruchslösung aus gesellschaftlicher Solidarität mit dem Spender könnte zusätzlich als Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität mit dem Spender angeboten werden die Bestattungskosten oder einen festen Teil davon zu übernehmen. Ethisch akzeptabler aber ist der Vorschlag von Broelsch [6], einen festen Betrag von etwa Euro 10,000 als Dank der Gesellschaft an den Spender undiskutiert und fest in die Transplantationskosten einzuplanen und es im übrigen dem Spender/Geber zu überlassen, wie dieses Geld (dessen Zahlung nur im Fall einer tatsächlich erfolgenden Explantation gesichert wäre) verwendet oder gespendet werden soll. Es stände der Solidargemeinschaft der Versicherten gut an, wenn sie sich zu einer grundsätzlichen und großzügigen Übernahme aller oder vieler künftigen Gesundheitskosten des Lebendspenders oder Gebers entschließen könnte und von Gesetz und Verordnung her dazu ermuntert werden könnte. Diese großzügige Übernahme aller künftigen Gesundheitskosten ist nicht zu verwechseln mit dem von Broelsch vorgeschlagenen Modell angesichts der unsicheren Erstattungslage in der BRD die direkten und indirekten und anderweitig nicht gedeckten Kosten der Explantation durch eine Risikopolice abzusichern, deren Kosten Teil der Transplantationskosten wäre [6]. Eine weitergehende Übernahme von Gesundheitskosten würde 19 auch die Familie und die solidarischen Pflichten und Kosten des Spenders innerhalb der eigenen Familie entlasten und die Reziprozität zwischen Spender, Familie und grösserer Solidargemeinschaft deutlich machen. Zu dieser Art von reziproker Solidarität würde auch gut passen, wenn nicht nur der Geber sondern auch die engeren Mitglieder seiner Familie in einem Punktesytem bei der künftigen Organverteilung eine gestaffelte Bevorzugung bekommen würden, wobei der Geber eine selbstverständliche direkte und vordringliche Priorität erhalten sollte. Für den Staat könnten sich hier interessante direkte oder indirekte ordnungspolitische Weichenstellungen ergeben; Bagheri diskutiert solche ordnungspolitischen Möglichkeiten und Risiken am Beispiel des iranischen Modells eines geregelten Marktes. Ein besonderes Problem scheint die praktische Umsetzung von gerechten Modellen in die gesellschaftliche und klinische Praxis zu sein. Deshalb sind Reziprozitätsmodelle, vor allem solche mit finanziellen Anreizen, mit Erfolg primär in stabilen Rechtssystemen wie in der BRD durchführbar [1] . 4.2. Reziproke Dankbarkeit an die Familie des Gebers: Wenn der Geber oder Spender sich außerhalb der Familie als solidarisch zeigt, dann kann er oder sie mit Recht fragen, was denn für die eigene Familie als die primäre und engere Solidargemeinschaft dabei im Sinne eines fairen Handelns und Verhandelns an Gegengaben aus Dankbarkeit und Anerkennung heraus gegeben werden könnte. Infrage kämen hier vor allem Gegengaben aus dem engeren und schon erwähnten Bereich der Gesundheitsfürsorge und -pflege. Großzügige Modelle würden sicher zu einem nicht altruistischen, sondern solidarischen Reziprozitätsmodell führen, das faktisch den Organmangel enorm reduzieren dürfte und zusätzlich als Nebeneffekt innerhalb der Gesellschaft und bei den Stakeholdern im Gesundheitswesen eine praxisorientierte Diskussion über die Prinzipien und die Tugenden von Solidarität, Empathie und gegenseitiger Fairness initiieren. Die reziproke Dankbarkeit der Familie des Gebers gegenüber muss sich aber nicht unbedingt auf solidarische Übernahme aller oder bestimmter Gesundheitskosten beschränken. Jede familiäre Situation ist anders und damit auch der Bedarf nach solidarischen Hilfen außerhalb der Familienbande. Dieser Bedarf kann in Kosten für die Aus- und Fortbildung des Gebers oder von Mitgliedern der engeren Familie liegen, Bevorzugungen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen oder Arbeitserleichterungen zunächst für den Geber aber warum dann nicht auch für Mitglieder der engeren Familie. Mehr noch als die dankbare Vergütung künftiger Gesundheitskosten des Gebers durch Versicherungen oder andere Stakeholder im Gesundheitswesen würde dieses Modell reziproker Dankbarkeit von einem Markt von Angebot und Nachfrage gestaltet werden 20 können, bei dem auch individuelle Bedürfnisse der Geber in einem kleinen übersichtlichen Katalog von solidarischen Dankbarkeitsgaben einfließen könnten. 4.3. Dankbarkeitsmodelle organisiert durch Dritte: Schließlich wäre auch daran zu denken, dass ethische oder karitative Organisationen den fairen Ausgleich und Handel mit Geweben und Organen organisieren. Kirchen, freie Wohlfahrtsverbände oder zu diesem Zweck zu gründende gemeinnützige Institutionen wären die idealen Partner für Dankbarkeitsmodelle, wenn der Staat nicht selbst solidarische Prinzipien in der Gestaltung und Finanzierung von Solidarität mit Gebern für sich realisieren will. Diese unabhängigen Organisationen müssten innerhalb eines engen durch Gesetz und Verordnung bestimmten Rahmens für gerechte Formen von Ausgleich, Tausch und Handel sorgen. Sie könnten sich durch Stiftungen, Zuwendungen von Versicherungen oder anderen institutionellen Spendern, auch durch staatliche Zuschüsse finanzieren und einen hochgeregelten Markt für Geber und Nachfrager gestalten. Ideal wäre ein an Eurotransplant oder anderen Verteilungsinstitutionen sich orientierendes zentrales Modell mit dezentralen Schwerpunkten und einer durch Punktevergabe an Geber und Empfänger marktausgleichenden Verteilung. Es wäre kein Nachfragemarkt, auch kein Anbietermarkt, sondern ein regulierter Markt, der flexibel zu einem fairen Ausgleich verpflichtet wäre und bei dem die Prioritäten, Interessen und Bedürfnisse von Anbietern und Nachfragern gleichermaßen sich ausgleichen sollten. Dieses Modell würde nichtfinanzielle Produkte, Wertgutscheine and Anrechtsscheine in einer breiten Palette dem Geber anbieten und auf der anderen Seite von Kostenträgern einen fairen Tauschwert abverlangen innerhalb eines Konkurrenzmodells. 4.4. Handeln und Tauschen in einem hoch regulierten Markt: Letztlich sollte noch ein ausschließlich sich am Markt von Anbietern und Nachfragern orientierendes Modell nicht vergessen werden. Dieses Modell müsste durch nationale Gesetzgebung hoch reguliert und beaufsichtigt sein und würde sich verstehen als Konkurrenz vor allem zu einem nicht regulierten oder gar immer noch existierenden schwarzen Markt. Harris und Erin schlagen für ein One-Payer System, wie es das englische Gesundheitssystem [NHS] ist, schlicht und einfach die Beschaffung einer genügend hohen Zahl von Geweben und Organen für die Transplantation durch ein OneBuyer System vor: nur der englische National Health Service soll Organe kaufen dürfen; der Preis regelt sich nach Nachfrage und Angebot. Natürlich würden auch andere Kriterien bei dem ansonsten nicht verordnungsarmen NHS hinzukommen, die sich vor allem mit dem Schutz unvernünftiger Anbieter und den Kriterien für Vergabe befassen müssten [12]. 21 Breyer und andere haben kürzlich für die Bundesrepublik vorgeschlagen ‚Spenderorgane könnten zu staatlich festgelegten, nicht verhandelbaren Preisen entgolten werden, mit einem Ankaufsmonopol des öffentlichen Gesundheitssystems’ [5:233]. Dieser Vorschlag bleibt jedoch wegen der von Gesetzeswegen starren und nicht marktorientierten Preisbildung hinter dem von Harris und Erin vorgeschlagenen flexiblen Marktmodell zurück. Wieso und zu welchem Preis ein Organ bewertet werden soll oder darf, lässt sich nicht durch staatliche ‚nichtverhandelbare’ Festsetzungen bestimmen. Auch der Vorschlag von Friedman [11], einen festen Betrag festzusetzen und die Verteilung durch eine neue Behörde verwalten und finanzieren zu lassen, bleibt hinter dem ethisch gerechteren und transparenteren Vorschlag von Harris zurück. Wo hoher Bedarf vorhanden ist, und wo Handel in jeder Form verboten und kriminalisiert ist, dort werden Manipulatoren, Kriminelle und Betrüger illegale Wege finden, Nachfrage zu befriedigen. Kriminelle werden das tun mit hohen Risikoprämien, so wie damals in den USA zur Zeit der Prohibition illegal bei Alkoholhandel und -produktion; sie werden eine kriminelle Nebenwelt und Schwarzmärkte mit allen damit zusammenhängenden Nachteilen für Anbieter und Nachfrager aufbauen und ausbauen. Wenn nationale Gesetzgebungen und Regelungen die Verfügbarkeit von Organen behindern oder nicht fördern, dann werden diese und andere Websites mehr Zulauf bekommen: matchingdonors.com; joeneedsaliver.com; helpmygrandpa.com. Im Falle des Organhandels hätten Schwarzmarkthändler sogar unter einseitiger und scheinheiliger Berufung auf das Menschenrecht und Lebensrecht der Nachfrager eine höhere Scheinbegründung vorzuweisen als im illegalen Alkohol- oder Drogenhandel. Bevorzugte Ziele für einen Transplantationstourismus in Asien schließen Singapur, Vietnam und bis vor kurzem auch China ein. Ethische Kritik gab und gibt es bezüglich der Herkunft der Organe, nicht so sehr wegen schlechter oder zu teurer medizinischer Versorgung, die für die Spitzenhäuser im Gegenteil als hervorragend und vielen anderen Zentren überlegen beschrieben werden [2]. 5. REZIPROZITÄT, ALTRUISMUS, EGOISMUS UND FAIRER HANDEL Altruismus und Egoismus sind natürlich vorkommende und kulturspezifisch ausgeprägte extreme Prinzipien und Tugenden beziehungsweise Untugenden in allen Kulturen. Wie schon erwähnt, sind beide sehr einseitige extreme für erfolgreiche Handlungen. Reziprozität, Handel, Interessenausgleich, Verteilungsklugheit und –gerechtigkeit spielten und spielen im zwischenmenschlichen und im sozialen und wirtschaftlichen handeln eine viel grosse Rolle als die einseitigen Prinzipien von Egoismus und Altruismus. Man versucht, extremen Egoismus 22 nicht nur ethisch sondern auch erzieherisch und gesetzlich zu verhindern; Altruismus dagegen, nicht nur extremer, kann nicht reguliert oder gefordert werden; man kann ihn fördern, belobigen, Urkunden verleihen oder für später in Not geratende edle Spender eine Dankbarkeitskasse einrichten. Für unterschiedliche reziproke oder solidarische oder gewinnorientierte Märkte gibt es jedoch unterschiedliche ordnungspolitische Steuerungsinstrumente und eine weite Skala von Prinzipien und Tugenden zu ihrer Implementierung. Ordnungsethische Herausforderungen: Es gibt, wie erwähnt, andere hochregulierte Märkte, in der Medizin beispielsweise bei den placebokontrollierten Studien, auf deren Risiken ich eingangs kurz hingewiesen habe, und Vorzugsbehandlungen bei Arbeitsplätzen oder für universale Freifahrscheine für Abgeordnete, Kriegsveteranen oder Blinde. Erwarten wir von Abgeordneten oder Kriegsveteranen altruistische Tugenden, wie das deutsche Transplantationsgesetz sie von Lebendspendern verlangen? Ich bin sicher, dass die nationale Regulierung eines fairen Organhandels, die auch die Verweigerung der Teilnahme einiger Anbieter einschließen würde, jeder Tabuisierung oder Nichtregulierung ethisch, medizinisch und rechtlich überlegen ist. Sie ist wegen eines höheren Aufkommens auf der Anbieterseite auch ethisch dem bisher praktizierten altruistischen Modell mit einer restriktiven Reziprozität innerhalb der engeren Familie überlegen. Die vom Ethikrat vorgeschlagene erweiterte Widerspruchslösung [3] ist ethisch kein Fortschritt gegenüber der geltenden erweiterten Zustimmungslösung; beide widersprechen dem Prinzip freier Selbstbestimmung, solange Verwandte post mortem die ‚Erklärung’ widerrufen können. Reziprozitätsmodelle sind auch deswegen den altruistischen vorzuziehen, weil sie die häufig berichteten Scham- und Schuldgefühle bei Empfängern [5:125f], vor allem nach Abstoßung des gespendeten Organs, reduzieren können; man kann sich ja damit ‚trösten', dass der Spender oder Geber irgendetwas auch als Gegengabe bekommen hat. Anders als bei der klinischen Prüfung, bei der alle Stakeholder mit Ausnahme der Probanden oder Patienten auch finanzielle Vorteile haben, dürften bei einem reinen Marktmodell finanzielle Anreize nicht ausgeschlossen werden. Sie müssen auch gar nicht ausgeschlossen werden, wenn die Regulierung auf hohe Grade von Fairness im Markt und den Schutz der Marktteilnehmer ein besonderes Gewicht legt. Das würde zum Schutz der Gebers beispielsweise bedeuten, dass ein erheblicher Teil einer jeden finanziellen Ausgleichs vorweg mit oder ohne Zustimmung des Anbieters für die Sicherung von zusätzlicher Gesundheitsfinanzierung, Alterssicherung und andere grundlegende soziale Sicherungen verwendet und nicht in bar ausgezahlt würde. 23 Eine konsequente, aber nicht unflexible Ordnungspolitik kann den Gewebe- und Organhandel regulieren und kontrollieren. Danovitsch und Leichtman haben kürzlich das Handelsmodell als trojanisches Pferd für die Transplantation bezeichnet; sie schätzten mit Matas den Marktwert einer verkauften Niere in den USA für das Jahr 2004 auf etwa $90.000: ‚There is a lot at stake. The altruistic impulses of living donors and the families of deceased donors are on the auction block and risk being displaced by the uncertainties of an unfamiliar marketplace [8:1133]. Friedman, der den Marktwert auf etwa $40.000 beziffert, hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass bisherige Kampagnen, den Donor Pool zu erhöhen, wenig erfolgreich waren und dass Bürger ein Recht darauf haben, in sinnvollen Marktmodellen sich als Geber und Empfänger zu bewegen. [11]. Auch der Nationale Ethikrat stellt fest, ‚dass die Aufklärung der Bevölkerung und öffentliche Appelle zur Organspende allein nicht zu einer ausreichenden Deckung des Organbedarfs führen’[3:48], schlägt aber dann doch wieder nur eine neue Aufklärungskampagne vor. Gerade auch zur Verhinderung von kriminellen Machenschaften und zur weiteren Ermunterung von Gebewilligen sind deshalb staatliche Regulierungsbehörden, Gerichte und Gesetzgeber aufgerufen, nicht in einer Vogelstraußpolitik zu beharren angesichts einiger ungetesteter ethischer und rechtlicher Probleme auf der einen und angesichts einer hohen ethischen und medizinischen berechtigten Forderung nach Geweben und Organen zur Erleichterung und Verlängerung von Leben. Im Zuge der Globalisierung wird auch immer wieder nach global vernetzten Märkten gefragt und Angebot und Nachfrage gleichen sich immer mehr international aus. Wegen der erheblichen ethischen Risiken und einer politischen und kulturellen Unsicherheit in der Definition und Einhaltung von Reziprozität eignet sich selbst ein hochregulierter Markt für den Organhandel international nicht. Nur nationale Gesetzgebung, Verordnung und Aufsicht kann das nötige Vertrauen in die Einhaltung von Verträgen und Verantwortungen garantieren; nationale Gesetz- und Verordnungsgeber müssen natürlich auch schnell auf möglichen der tatsächlichen Missbrauch von bestehenden Regelungen reagieren können [2]. Deshalb bieten sich auch für Schwellenländer wegen der enorm hohen Kosten der Dialyse vorsichtig eingeführte reziproke Transplantationsmodelle in internen regulierten und kontrollierten Märkten an, wenn für die Patienten die einzigen Alternativen der schwarze Markt oder der Tod wären. Bei derzeitig großen Unterschieden in den Rechtskulturen eignen sich Reziprozitätsmodelle allerdings heute nicht für einen internationalen Austausch. Es hat in der klinischen Forschung viele Jahrzehnte gebraucht, bis es zu einigermaßen rechtssicheren und ethisch akzeptierbaren und kontrollierten 24 transnationalen Studien, vorzugsweise im europäischen Raum, gekommen ist. Ähnliche Entwicklungen ließen sich in langer Frist auch nach einer erfolgreichen und von breitem Vertrauen getragenen Lösung eines hochregulierten Marktes für Gewebe- und Organhandel nicht ausschließen, beginnend mit Rechts-, Kultur- und Marktmodellen, die den bei uns geltenden vergleichbarer sind als andere. Wie sind gesellschaftlich umstrittene Fragestellungen wie die Lebendspende oder die Diskussion um die Widerspruchs- oder Zustimmungslösung ordnungsethisch zu lösen angesichts der Würde aller Mitmenschen und ihrer Rechte auf Selbstbestimmung? Ich denke, nur solche Lösungen respektieren verfassungsgemäß Menschenwürde und Selbstbestimmung, die das Gewissen in philosophisch entscheidenden Fragen inhaltlich nicht festlegen und die ihm Freiraum für Erarbeitung, Erhärtung und Durchführung einer autonomen Entscheidung schaffen, die mit den je individuellen Wert- und Glaubensvorstellungen vereinbar sind. Es geht auch um den ordnungspolitischen Schutz unterschiedlicher individueller ethischer oder kultureller Werte, Wünsche und Ängste bei den Fragen nach Bedingungen und Grenzen der Leiblichkeit des Menschseins, nach dem Recht und der Grenze der Verfügbarkeit über den eigenen Leib und seine Teile, nach dem optimalen Schutz von Gesundheit, Leib und Leben von Bürgern und nach dem philosophischen, religiösen und ethischen Recht auf Selbstbestimmung bei der Vergabe oder Akzeptanz von Geweben und Organen. Was ist zu tun? Ethisch und ordnungsethisch sollten in der Bundesrepublik bei der dringend erforderlichen Revision von Verordnungen und einem neuen Gewebe- und Organgesetz im Interesse von Kranken und denen, die ihnen helfen, folgende zehn Thesen intensiv und vordringlich diskutiert werden: (1) Reziprozitätsmodelle, wie sie sonst überall üblich sind, sollten auch die Gewebe- und Organgabe einschließen; Altruismus ist eine seltene und nicht einzufordernde Tugend. (2) Zustimmung oder Ablehnung von Organspende oder –gabe ist eine zu respektierende höchstpersönliche Angelegenheit auch innerhalb der Familie; deshalb sollten Zustimmungs- oder Widerspruchslösungen keine Einsprüche Dritter zulassen, auch nicht aus dem Kreis der engeren Familie. (3) Nichteinwilligungsfähige dürfen in der Regel ethisch weder als Geber oder Spender ‚benutzt’ werden, sind aber selbstverständlich ohne Malus in die Verteilungsgerechtigkeit einzubeziehen. 25 (4) Durch Transplantation eingesparte Kosten sollten auch Gebern, Spendern und ihren Familien zugute kommen, bei der post-mortem Spende beispielsweise durch eine feste Summe als Teil der Transplantationskosten. (5) Handelspreise oder andere Vergütungen bei der Lebendgabe können durch ein stark reguliertes und überwachtes Marktmodell ermittelt werden und sollten selbstverständlicher Teil der Transplantationskosten sein. (6) Mitbestimmung des Organgebers bei den Verteilungskriterien muss selbstverständlich werden und wird Solidarität und Reziprozität und das Organaufkommen erhöhen. (7) Wegen zusätzlicher ethischer und medizinischer Risiken bei der Lebendgabe sollten Reziprozitätsmodelle bei der post-mortem Gabe so großzügig gestaltet werden, dass die Lebendgabe von Organen so gering wie möglich gehalten werden kann.. (8) Staaten als Ordnungsgeber und Krankenversicherungen als ethische Marktteilnehmer haben ein Mandat, gerechte und funktionierende Reziprozitätsmodelle zu entwickeln und zu realisieren. (9) Es sollte alles getan werden, um dem ‚schwarzen Markt’ des Gewebe- und Organhandels das Wasser abzugraben. (10) Reine Werbungs- und Informationskampagnen haben in der Vergangenheit wenig gebracht und werden vermutlich weiter erfolglos bleiben, wenn sich der ethische, kulturelle und organisatorisch-finanzielle Rahmen nicht im Sinne von ansonsten allgemein üblichen Reziprozitätsmodellen ändert. Die ethische, medizinische und rechtliche Diskussion von Reziprozitätsmodellen in einem staatlich und zwischenstaatlich geregelten Marktes für menschliche Organe kann viele konzeptionelle und ethische Ungereimtheiten der heutigen ethisch wie medizinisch unbefriedigenden Praxis und ihrer unzulänglichen argumentativen Verteidigung oder Tabuisierung aufzählen und im Interesse Bedürftiger zu praxisnahen solidarischen Änderungen führen. Deshalb sollten wir eine solche Diskussion führen und uns nicht vor ihr davonschleichen. 26 LITERATUR 1. Bagheri A: Compensated Kidney Donation: An Ethical Review of the Iranian Model. Kennedy Inst Ethics J, 2006, 16:269-282 2. Batson A, Oster S: China reconsiders Fairness of ‘Transplant Tourism’. Wallstreet J, A1 and A9 (June 6, 2007) 3. BRD Nationaler Ethikrat: Die Zahl der Organspenden erhöhen. Zu einem drängenden Problem der Transplantationsmedizin in Deutschland. Stellungnahme, 24. April 2007. Berlin: Nationaler Ethikrat [www.ethikrat.org/stellungnahmen] 3a. BRD. Bundestag: Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz). BMG 30. März 2007 [www.bundestag.de/ aktuell / hib/2006/2006_326/01.html] 4. BRD. Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung (Transplantationsgesetz TPG). Bundesgesetzblatt I:2631ff (5. Nov. 1997) von Organen 5. Breyer F, Daele van den W, Engelhard M, Gubernatis G et al: Organmangel. Ist der Tod auf der Warteliste unvermeidbar?. Berlin: Springer 2006 6. Broelsch CE: Zur Notwendigkeit ökonomischer Betrachtungsweisen bei postmortaler Organspende und bei der Lebendspende. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie o.J. 7. Bundesärztekammer, Wissenschaftlicher Beirat: Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes. Deutsches Ärzteblatt 95:A1861-68, 1998 8. Danovitch GM, Leichtman AB: Kidney Vending. The ‚Trojan Horse’ of Organ Transplantation. Clin J Am Soc Nephrol 1:1133-1135 (2006) 9. Emmerich M: Organspende wider Willen? Beschwerde gegen Transplantationsgesetz eingereicht. Frankfurter Rundschau 12. Jan. 1999 10. Erasmus MC: Initiating European Platform: Organ Transplantation. Ethical, Legal and Psychological Aspects. Towards a European Policy. Rotterdam, April 2007 [http://www.elpat.eu] 11. Friedman EA, Friedman AL: Payment for Donor Kidneys: Pros and Cons. Kidney International 69:960-962 (2006) 12. Harris J, Erin C: An Ethically defensible Market in Organs: A Single Buyer like the NHS is the Answer. British Med J 325:114-115 (2002) 13. Hippen B, Lawler: The Commerce of the Body. An Exchange on Organ Markets and American Democracy. The New Atlantis, 14:47-72 (2006) 14. Hove EG: Taking Patient’s Values Seriously. The Journal of Clinical Ethics 18(1):4-11 (2007) 15. Hoyer J: Die altruistische Lebendspende. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 27(4):193-198 (1998) 16. Kielstein R, hg: Ethik in der Nephrologie. Bochum: ZME 1995 17. Kielstein R: Differenzierte Selbstbestimmung bei der Organspende – ethische und rechtliche Konsequenzen bei der Organspende. Weltanschauliche Offenheit in der Bioethik, hg A Brink, AT May, P Schroeder, CS Schutzeichel. Berlin: Duncker & Humblot, 271-290 (2004) 18. McCarrick PM, Darragh M: Incentives for Providing Organs. A Scope Note. Kennedy Inst of Ethics J 13(1):53-64 19. Meilaender G: Organs, Markets and Gifts of the Body. The New Atlantis 13:26-35 (2006) 20. Sass HM: Philosophical and Moral Aspects of Manipulation and Risk. Swiss Biotech 5(2a):50-56 (1987) 21. Sass HM: Ethics of Allocation of Highly Advanced Medical Technologies. Artific Organs 22(3):263-268 (1998) 22. Sass HM: Philosophische und ethische Probleme bei der Organtransplantation. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 27(4):184-192 (1998) 23. Schneider I: Nichtverwandte Lebendspende. Für und Wider aus der Sicht einer Spenderin. Nieren u. Hochdruckkrankheiten 27(4):199-203 (1998) 24. Steinberg D: How much Risk can Medicine allow a willing Altruist? J Clin Ethics 18(1):1217 (2007); Reply to Valapour, ‘Living Donor Transplantation: The perfect Balance of Public Oversight and medical Responsibility’. J Clin Ethics 18(1):21-22 (2007) 25. Veatch RM: Transplantation Ethics. Washington DC: Georgetown U Press 2000 26. Veatch RM: Just Deserts?, Hastings Center Report 37(3):4, 2007 27. Zarembo A: Age is a Troubling Question in Deciding Who Gets a Kidney. Wallstreet Journal May 6, 2007, A7-A8 Zentrum für Medizinische Ethik Medizinethische Materialien Eine vollständige Hefteliste senden wir Ihnen auf Anfrage zu. Heft 89: Sass, Hans-Martin: Die Würde des Gewissens und die Diskussion um Schwangerschaftsabbruch und Hirntodkriterien. 3. Aufl. Juni 1994. Heft 90: Jakobs, Günther: Geschriebenes Recht und wirkliches Recht beim Schwangerschaftsabbruch. März 1994. Heft 91: Sass, Hans-Martin: Ethische und bioethische Herausforderungen molekulargenetischer Prädiktion und Manipulation. 2. Aufl. Juni 1994. Heft 92: Sass, Hans-Martin: Hippokratisches Ethos und Nachhippokratische Ethik. Juni 1994. Heft 93: Koch, Hans-Georg; Sass, Hans-Martin; Meran, Johannes Gobertus: Patientenverfügung und Stellvertretende Entscheidung in rechtlicher, medizinischer und ethischer Sicht. 3. Auflage April 1996. Heft 94: Fuchs, Christoph: Allokation der Mittel im Gesundheitswesen - Rationalisierung versus Rationierung. Juni 1994. Heft 95: Schroeder-Kurth, Traute: Das "Slippery Slope"- Argument in der Medizin und Medizinethik. Dezember 1994. Heft 96: Pohlmeier, Hermann: Selbstmordverhütung - Zur Ethik von Selbstbestimmung und Fremdbestimmung. Dezember 1994. Heft 97: Epplen, Jörg T.; Rieß, Angelika; Rieß, Olaf: DNA-Diagnostik in der Humangenetik: Voraussetzungen und Tendenzen. März 1995. Heft 98: Stotz, Gabriele: Theoretische und ethische Probleme der psychiatrischen Diagnose. März 1995. Heft 99: Vollmann, Jochen: Fürsorgen und Anteilnehmen: Ethics of Care. April 1995. Heft 100: Hinrichsen, Klaus V.; Sass, Hans-Martin: 10 Jahre Zentrum für Medizinische Ethik. Juni 1996. Heft 101: Schreiber, Hans-Ludwig: Die Todesgrenze als juristisches Problem - Wann darf ein Organ entnommen werden? Juli 1995. Heft 102: Hartmann, Fritz: Lebens- und Hilfeleistungen im Sterben. 2. Aufl. Februar 1996. Heft 103: Kielstein, Rita (Hg.): Ethische Aspekte in der Nephrologie. 2. Aufl. Februar 1995. Heft 104: Bernat, Erwin: Antizipierte Erklärungen und das Recht auf einen selbstbestimmten Tod. Januar 1996. Heft 105: Richter, Gerd; Schmid, Roland M.: Ethische Perspektiven der Gentherapie 1995. Januar 1996. Heft 106: Bauer, Axel: Braucht die Medizin Werte? Gedanken über die methodologischen Probleme einer „Bioethik“. März 1996. Heft 107: Tausch, Reinhard: Empirische Untersuchungen zu Sinn-Erfahrungen und Wertauffassungen. Juli 1996. Heft 108: Sass, Hans-Martin: Ethik-Unterricht im Medizinstudium; Methoden, Modelle und Ziele der Integration von Medizinethik in die medizinische Aus- und Fortbildung. August 1996. Heft 109: Meyer, Frank P.: Salus aegroti suprema lex; Probleme klinischer Studien aus der Sicht eines Mitgliedes einer Ethikkommission - Schwerpunkt Onkologie. August 1996. Heft 110: Sass, Hans-Martin: Reform von Gesundheitswesen und Krankenhäusern in verantwortungsethischer Perspektive. August 1996. Heft 111: Sass, Hans-Martin, Kielstein, Rita: Die medizinische Betreuungsverfügung in der Praxis. Vorbereitungsmaterial, Modell einer Betreuungsverfügung, Hinweise für Ärzte, Bevollmächtigte, Geistliche und Anwälte. 7. Auflage Dezember 2000. Heft 112: Spittler, Johann F.: Sterbeprozess und Todeszeitpunkt - Die biologischen Phänomene und ihre Beurteilung aus medizinischer Sicht. August 1996. Heft 113: May, Arnd; Gawrich, Stefan; Stiegel, Katja: Empirische Erfahrungen mit wertanamnestischen Betreuungsverfügungen. 2. Auflage Juli 1997. Heft 114: Biller, Nikola: Der Personbegriff in der Reproduktionsmedizin. September 1997. Heft 115: Kaminsky, Carmen: Gesagt, gemeint, verstanden? Zur Problematik der Validität vorsorglicher Patientenverfügungen. Oktober 1997. Heft 116: Baumann, Eva: Gesellschaftliche Konsensfindung und Humangenetik. Oktober 1997. Heft 117: May, Arnd: Betreuungsrecht und Selbstbestimmung am Lebensende. September 1998. Heft 118: Zülicke, Freddy: Chancen und Risiken von Gentechnik und Reproduktionsmedizin. September 1998. Heft 119: Meyer, Frank P.; Sass, Hans-Martin: Klinische Forschung 2000. Oktober 1998. Heft 120: Grossmann, Wilfried; Maio, Giovanni, Weiberg, Anja: Ethik im Krankenhausalltag Theorie und Praxis. Oktober 1998. Heft 121: Sponholz, Gerlinde; Allert, Gebhard; Keller, Frieder; Meier-Allmendinger, Diana; Baitsch, Helmut: Das Ulmer Modell medizinethischer Lehre. Sequenzierte Falldiskussion für die praxisnahe Vermittlung von medizinethischer Kompetenz (Ethikfähigkeit); Uhl, Andreas; Lensing; Claudia: Perspektiven und Gedanken zur medizinethischen Ausbildung. August 1999. Heft 122: Schmitz, Dagmar; Bauer, Axel W.: Evolutionäre Ethik und ihre Rolle bei der Begründung einer zukünftigen Medizin- und Bioethik. März 2000. Heft 123: Hartmann, Fritz: Chronisch Kranksein als Grenzlage für Kranke und ihre Ärzte. März 2000. Heft 124: Baberg, Henning T.; Kielstein, Rita; Sass, Hans-Martin (Hg.): Der Behandlungsverzicht im Blick des Bochumer Inventars zur medizinischen Ethik (BIME). April 2000. Heft 125: Spittler, Johann F.: Locked-in-Syndrom und Bewusstsein – in dubio pro vita. August 2000. Heft 126: Ilkiliç, Ilhan: Das muslimische Glaubensverständnis von Tod, Gericht, Gottesgnaden und deren Bedeutung für die Medizinethik. September 2000. Heft 127: Maio, Giovanni: Ethik und die Theorie des "minimalen Risikos" in der medizinischen Forschung. September 2000. Heft 128: Zenz, Michael; Illhardt, Franz Josef: Ethik in der Schmerztherapie. November 2000. Heft 129: Godel-Ehrhardt, Petra; May, Arnd T.: Kommunikation und Qualitätssicherung im Betreuungsrecht – Ergebnisse einer Befragung zur Mailingliste [email protected]. März 2001. Heft 130: Dabrock, Peter; Klinnert, Lars: Würde für verwaiste Embryonen? Ein Beitrag zur ethischen Debatte um embryonale Stammzellen. Juli 2001. Heft 131: Meyer, Frank P.: Ethik der Verantwortung. Verkommt »Evidence Based Medicine« zu »Money Based Medicine«? März 2002. Heft 132: Sass, Hans-Martin: Menschliche Ethik im Streit der Kulturen. März 2002. Heft 133: Knoepffler, Nikolaus: Menschenwürde als Konsensprinzip für bioethische Konfliktfälle in einer pluralistischen Gesellschaft. März 2002. Heft 134: Quante, Michael: Präimplantationsdiagnostik, Stammzellforschung und Menschenwürde. März 2002. Heft 135: Köchy, Kristian: Philosophische Grundlagenreflexion in der Bioethik. März 2002. Heft 136: Hengelbrock, Jürgen: Ideengeschichtliche Anmerkungen zu einer Ethik des Sterbens. Juli 2002. Heft 137: Schröder, Peter: Vom Sprechzimmer ins Internetcafé: Medizinische Informationen und ärztliche Beratung im 21. Jahrhundert. Juli 2002. Heft 138: Zühlsdorf, Michael T.; Kuhlmann, Jochen: Klinische und ethische Aspekte der Pharmakogenetik. August 2002. Heft 139: Frey, Christofer; Dabrock, Peter: Tun und Unterlassen beim klinischen Entscheidungskonfliktfall. Perspektiven einer (nicht nur) theologischen Identitätsethik. August 2002. Heft 140: Meyer, Frank P.: Placeboanwendung – die ethischen Perspektiven. März 2003. Heft 141: Putz, Wolfgang; Geißendörfer, Sylke; May, Arnd: Therapieentscheidung am Lebensende - Ein "Fall" für das Vormundschaftsgericht? 2. Auflage August 2003. Heft 142: Neumann, Herbert A.; Hellwig, Andreas: Ethische und praktische Überlegungen zur Einführung der Diagnosis Related Groups für die Finanzierung der Krankenhäuser. Januar 2003. Heft 143: Hartmann, Fritz: Der Beitrag erfahrungsgesicherter Therapie (EBM) zu einer ärztlichen Indikationen-Lehre. August 2003. Heft 144: Strätling, Meinolfus; Sedemund-Adib, Beate; Bax, Sönke; Scharf, Volker Edwin; Fieber, Ulrich; Schmucker, Peter: Entscheidungen am Lebensende in Deutschland. Zivilrechtliche Rahmenbedingungen, disziplinübergreifende Operationalisierung und transparente Umsetzung. August 2003. Heft 145: Hartmann, Fritz: Kranke als Gehilfen ihrer Ärzte. 2. Auflage Dezember 2003. Heft 146: Sass, Hans-Martin: Angewandte Ethik in der Pharmaforschung. Januar 2004. Heft 147: Joung, Phillan: Ethische Probleme der selektiven Abtreibung: Die Diskussion in Südkorea. Januar 2004. Heft 148: May, Arnd T; Brandenburg, Birgitta: Einstellungen medizinischer Laien zu Behandlungsverfügungen. Januar 2004. Heft 149: Hartmann, Fritz: Sterbens-Kunde als ärztliche Menschen-Kunde. Was heißt: In Würde sterben und Sterben-Lassen? Januar 2004. Heft 150: Reiter-Theil, Stella: Ethische Probleme der Beihilfe zum Suizid. Die Situation in der Schweiz im Lichte internationaler Perspektiven. Februar 2004. Heft 151: Sass, Hans-Martin: Ambiguities in Biopolitics of Stem Cell Resarch for Therapy. März 2004. Heft 152: Ilkilic, Ilhan: Gesundheitsverständnis und Gesundheitsmündigkeit in islamischen Traditionen. 3. Auflage März 2005. Heft 153: Omonzejele, Peter F.: African Concepts of Health, Disease and Treatment [A Future for Traditional Medicines and Spiritual Healings? A Postscript on Peter F Omonzeleje by Hans-Martin Sass]. April 2004. Heft 154: Lohmann, Ulrich: Die neuere standesethische und medizinrechtliche Entwicklung in Deutschland – Wandel des Menschenbildes? Mai 2004. Heft 155: Friebel, Henning; Krause, Dieter; Lohmann, Georg und Meyer, Frank P.: Verantwortungsethik. Interessenkonflikte um das Medikament - Wo steht das Medikament? Juni 2004. Heft 156: Kreß, Hartmut: Sterbehilfe - Geltung und Reichweite des Selbstbestimmungsrechts in ethischer und rechtspolitischer Sicht.1. Auflage September 2004, 3. Auflage März 2005. Heft 157: Fröhlich, Günter und Rogler, Gerhard: Das Regensburger Modell zur Ausbildung in klinischer Ethik. Dezember 2004. Heft 158: Ilkilic, Ilhan; Ince, Irfan und Pourgholam-Ernst, Azra: E-Health in muslimischen Kulturen. Dezember 2004. Heft 159: Lenk, Christian; Jakovljevic, Anna-Karina: Ethik und optimierende Eingriffe am Menschen. 2.Auflage Februar 2005. Heft 160: Ilkilic, Ilhan: Begegnung und Umgang mit muslimischen Patienten. Eine Handreichung für die Gesundheitsberufe. 1. Auflage Juli 2003 (Tübingen), 5. Auflage April 2005. Heft 161: Hartmann, Fritz: Vom Diktat der Menschenverachtung 1946 zur "Medizin ohne Menschlichkeit" 1960; Zur frühen Wirkungsgeschichte des Nürnberger Ärzteprozesses. 1. Auflage Februar 2005, 2. Auflage März 2005. Heft 162: Strätling, Meinolfus u.a.: Die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung in Deutschland. Juni 2005. Heft 163: Sass, Hans- Martin: Abwägungsprinzipien zum Cloning menschlicher Zellen. Januar 2006. Heft 164: Vollmann, Jochen: Klinische Ethikkomitees und klinische Ethikberatung im Krankenhaus. Ein Praxisleitfaden über Strukturen, Aufgaben, Modellen und Implementierungsschritte. Januar 2006. Heft 165: Sass, Hans- Martin: Medizinische Ethik bei Notstand, Krieg und Terror. Verantwortungskulturen bei Triage, Endemien und Terror. Februar 2006. Heft 166: Sass, Hans-Martin: Gesundheitskulturen im Internet. E-Health-Möglichkeiten, Leistungen und Risiken. 1. Auflage Februar 2006, 2. Auflage März 2006. Heft 167: May, Arnd T.; Kohnen, Tanja: Körpermodifikation durch Piercing: Normalität, Subkultur oder Modetrend? Mai 2006 Heft 168: Anderweit, Sabine; Ilkilic, Ilhan; Meier-Allmendinger, Diana; Sass, Hans-Martin; Cheng-tek Tai, Michael: Checklisten in der klinisch-ethischen Konsultation. Mai 2006 Heft 169: Kielstein, Rita; Kutzer, Klaus; May, Arnd; Sass, Hans-Martin: Die Patientenver-fügung in der ärztlichen Praxis. April 2006 Heft 170: Brenscheidt, Juliane; May, Arnd T.; May, Burkard; Kohnen, Tanja; Roovers, Anna; Sass, Hans-Martin: Zentrum für Medizinische Ethik Bochum 1986 – 2006. Heft 171: Dabrock, Peter; Schröder, Peter: Public Health Gen-Ethik. 1. Auflage August 2006. Heft 172: Berg, Michael: Lebensbeendende Behandlungsbegrenzung bei Wachkomapatienten – „passiver Suizid“ im Spannungsfeld von pflegerischem Berufsethos und Selbstbestimmungsrecht des Patienten am Beispiel des „Kiefersfeldener-Falles“ 1. Auflage Oktober 2006 Heft 173: Hofheinz, Marco: Apokalyptik im biomedizinethischen Diskurs. Eine theologische Analyse der aktuellen Debatte. Mai 2007 Bestellschein An das Zentrum für Medizinische Ethik Ruhr-Universität Bochum Gebäude GA 3/53 44780 Bochum Tel: (0234) 32 22749 FAX: (0234) 3214 598 Email: [email protected] Homepage: http://www.medizinethik-bochum.de Bankverbindung: Konto Nr. 133 189 035, BLZ 430 500 01 Sparkasse Bochum Name oder Institut: Adresse: ( ) Hiermit abonniere(n) wir/ich die Reihe MEDIZINETHISCHE MATERIALIEN zum Sonderpreis von € 4,00 pro Stück ab Heft Nr.____. Dieser Preis schließt die Portokosten mit ein. ( ) Hiermit bestelle(n) wir/ich die folgenden Einzelhefte der Reihe MEDIZINETHISCHE MATERIALIEN zum Preis von € 6,00 (bei Abnahme von 10 und mehr Exemplaren € 4,00 pro Stück). Hefte Nummer: _____________________________________________ ZUSAMMENFASSUNG Die Begrenzung der Akzeptanz von Gewebe- und Organtransplantationen auf altruistische Spendebereitschaft, teilweise zusätzlich noch mit Einspruchsrechten durch Angehörige belastet, ist voller ethischer Risiken und widersprecht den ansonsten in allen Kulturen vorhandenen und normativ begründbaren Prinzipien und Tugenden von Solidarität und Reziprozität im persönlichen und beruflichen Leben, der Sorge für Hilfsbedürftige und der grundgesetzlich verbürgten Selbstbestimmung. Modelle von Reziprozität im Schenken, Tauschen, Handeln als praktizierte Solidarität in einem ordnungspolitischen Rahmen zum Schutz für Geber und Empfänger tragen dazu bei, mehr Solidarität zu erlauben und den beklagenswerten Organmangel zu verringern. Es werden insgesamt acht Reziprozitätsmodelle und ihre jeweiligen ethischen Risiken, Unsicherheiten und Vorteile skizziert und ihre regulierte und kontrollierte Einführung in vorsichtigen Schritten empfohlen. ABSTRACT To reduce tissue or organ transplantation solely on the principle of altruism is ethically risky and conflicts with culturally well established normative principles and virtues of solidarity and reciprocity in many areas of personal and professional life, in the care for the needy, and the civil right to self-determination. Different models of reciprocity and the ethics of donating, trading, exchanging and practical solidarity within the framework of moral and legal protection for providers and recipients will allow for better solidarity and reciprocity and a reduction in the unfortunate scarcity of needed organs. Eight different models of reciprocity and associated moral risks, uncertainties and benefits are discussed and carefully controlled changes are recommended. ISBN: 978-3-931993-55-9