Was die Welt im Innersten zusammenhält • Innere und äußere

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Was die Welt im Innersten zusammenhält
Martin Faessler
Department für Physik, LMU
INHALT:
• Innere und äußere Grenze unserer Welt
(The size of things, distances, frontiers)
• Woraus bestehen wir? Von Atomen zu
Elementarteilchen
• Das Innerste und was es zusammenhält:
Elementare Teilchen und Kräfte – Status quo
• Aufbau des Universums aus Elementarteilchen
• Was ist elementar? Was begrenzt den Blick
ins Innere ?
Antwort mit Laserexperiment
• Erwartete Verschiebung der inneren Grenze in
naher Zukunft
-1-
Woraus bestehen wir?
a) Geschichte: Von Elementen zu Atomen
(Ein Rückblick auf die Wiege unserer Kultur,
unserer Begriffe, Namen und Fremdwörter)
Hafen von Abdera, Heimatstadt Demokrits (+Protagoras,Hippokrates)
► Vier „Elemente“ (Lat.) der alten Griechen:
Wasser, Erde, Luft, Feuer
(In China statt Luft: Holz+Metall )
►Atome (= „Unteilbare“), Demokrit, 400 v.Chr.
►Heute über ca 92 Atome, elementare Bausteine der Chemie, jedoch teilbar!
(Dalton, 1800 n.Chr.)
-3-
Woraus bestehen wir?
a) Geschichte: Von Elementen zu Atomen
(Ein Rückblick auf die Wiege unserer Kultur,
unserer Begriffe, Namen und Fremdwörter)
Hafen von Abdera, Heimatstadt Demokrits (+Protagoras,Hippokrates)
► Vier „Elemente“ (Lat.) der alten Griechen:
Wasser, Erde, Luft, Feuer
(In China statt Luft: Holz+Metall )
►Atome (= „Unteilbare“), Demokrit, 400 v.Chr.
►Heute über ca 92 Atome, elementare Bausteine der Chemie, jedoch teilbar!
(Dalton, 1800 n.Chr.)
-3-
b) Von Atomen zu ihren elementaren Teilen
►Atome bestehen aus einer Hülle mit einem oder mehr
Elektronen und einem nahezu punktförmigen Kern.
Das Elektron ist „elementar“, der Kern nicht.
►Der Atomkern enthält Protonen and Neutronen.
Sie
sind beide nicht elementar. Proton und Neutron bestehen aus
Quarks und Gluonen.
Quarks und Gluonen sind „elementar“ aber
“confined”, als freie Teilchen nie beobachtet.
►►Quarks, Gluonen und Elektronen sind punktförmig,
„elementar“! Genauer gesagt: Sie erscheinen uns so. Wir
wissen nur, sie sind kleiner als 10-18m (innere Gre.
Woher?? (Methodische Antwort erfolgt später)
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Das Innerste:
Alle 60 bekannten Elementarteilchen
3 „Familien“ von „Fermionen“ (Spin ½ )
6 Leptonen
1.Familie : Elektron e-, Neutrino νe
2.Familie: Myon µνµ
3.Familie: Tauon τ
ντ
1.Familie:
3 x 6 Quarks 2.Familie:
3.Familie:
up u, down d
charm c, strange s
top t, bottom b
insgesamt 24 verschiedene Teilchen
+ 24 Antiteilchen e+, v e , µ+ , …
u, d, c, s, …
12 „Eich-Bosonen“ (Spin 1)
Photon γ; W+-, W--, ZO- Bosonen; 8 Gluonen
???? Wanted: Graviton (Spin 2), Higgs Boson (Spin 0)
Insges. 6 Eigenschaften der Elementarteilchen:
Spin, Familienzugehörigkeit und (vereinfacht)
Masse („Schwereladung“), elektrische, schwache
und starke Ladung . Die Ladungen sind für die
Wechselwirkungen relevant. Siehe nächste Seite.
-5-
1
..und was es zusammenhält:
Die drei Elementarkräfte
KRAFT
1)Gravitationskraft
STÄRKE / N * REICHWEITE
~ 2· 10 -28
unendlich
unendlich
2) Elektro-
~ 2· 10 +8
schwache Kraft
3) starke Kraft
2 ·10-18 m
-15
~ 1· 10 +10 1· 10 m
* Kraft zwischen 2 Quarks im Abstand r = 10-18 m.
Quarkmasse 1 GeV / c² (≈ Masse eines Nukleons),
elektrische Ladung von up, charm, oder top-Quark.
( Masseinheit der Kraft: 1 N = 1 Newton = Kraft,
um ein Glas Wasser hoch zu heben)
-------------------------------------------------------------------(Die Formel zur Berechnung:
Kraft F = („Ladung“)2 · (ћc / r2) mit ћ = h/2π ;
für r = 10 -18 m ist (ћc/r²) = 3 ·10 10 N )
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Wie sich das Universum aus
Elementarteilchen zusammensetzt
►Bestimmte Kombinationen aus Quarks sind
durch die starke Kraft gebunden:
„Hadronen“:
ca 150 Mesonen , ca 130 Baryonen + 130 Antibaryonen
►Nur 1 Hadron ist stabil, das Proton! (Ein Baryon).
(Antiproton auch stabil).
Das Neutron ist nur im Kern-Verbund stabil.
►Proton besteht aus 2 Up- , 1 Down-Quark + Gluonen,
kleine Anteile von Antiquarks und anderen Flavours.
Neutron analog aus 2 Down-, 1 Up-Quark, Gluonen etc.
►Neutron n und Proton p sind in bestimmten Kombinationen durch die starke Kraft zu Kernen gebunden.
Ca 350 stabile Kerne. Zahl der Protonen pro Kern ist
1 (Wasserstoff) bis 92 (Urankern) . Sichtbare Masse des
Universums besteht zu 75% aus Wasserstoff (1p) , 25%
Helium (2p,2n) , < 1% schwerere Kerne.
(Kohlenstoff, Sauerstoff etc sind rar im Weltall!)
-7-
►Kerne und Elektronen werden durch die
elektromagnetische Kraft zu Atomen gebunden,
gleiche Anzahl Elektronen wie Protonen) .
Atome werden durch elektromagnetische Kräfte zu
Molekülen und komplexeren Substanzen gebunden.
►Grosse Mengen von Materie werden durch die
Schwerkraft zu Planeten, Sternen, Galaxien
gebunden.
Zusammenfassung:
Wir und die ganze Erde bestehen im Wesentlichen
aus Up- und Downquarks, Gluonen, Elektronen
und Photonen. Nimmt man noch die bisher
erforschte Zusammensetzung von und die
Vorgänge in Sternen hinzu, hat es den Anschein
als ob:
Die 1. Familie von Elementarteilchen zusammen
mit den Bosonen γ, W, Z , Gluonen und den
drei elementaren Kräften hätten genügt!
-8-
Arbeitshypothese von Teilchenphysikern:
►Ausgehend von den 60 ElementarteilchenIndividuen, den 3 bekannten Kräften und
wenigen physikalischen Grundgleichungen
und Bauprinzipien (z.B. Pauliprinzip)
►muss sich das ganze Universum im Prinzip
beschreiben lassen,
►bis zur inneren Grenze
von gegenwärtig 10 -18m
►und zurück in die Vergangenheit bis
zu 10 -4 Sekunden nach dem Urknall.
(Zu dieser Zeit entsprach die Temperatur
des Weltalls Teilchenenergien von 10+12eV.)
In der Praxis setzen nur die Komplexität von
Substanzen, die ungeheure Zahl der
Komponenten (Beispiel Gehirn von Menschen
und Tieren) der exakten Beschreibung eine
Grenze.
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Die grossen Fragen der Elementarteilchenphysik – eine persönliche Auswahl
►Warum gibt es 3 Familien mit identischen
„Ladungen“ (abgesehen von Masse)?
►Sind die gegenwärtigen Elementarteilchen
elementar, sind sie Strings, oder bestehen sie aus
noch kleineren Teilchen?
Wie sieht es weiter innen
aus, unterhalb von 10 -18 m .
►Lassen sich die drei fundamentalen Kräfte zu
einer Kraft vereinheitlichen?
►Gibt es das Higgsboson, ein hypothetisches
Teilchen, das von der heutigen Standardtheorie der
elektro-schwachen Wechselwirkung gebraucht wird?
►Wo ist die Antimaterie geblieben, die nach dem
Urknall in gleicher Anzahl wie die Materie erzeugt
wurde, nach unseren Vorstellungen.
►Woraus besteht die Dunkelmaterie und
Dunkelenergie in den Galaxien? Eine neue Spezies von
Elementarteilchen?
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(Alles Fragen, vielleicht sogar beantwortbar, die
bescheiden sind in Anbetracht der unfassbaren
Proliferation von Elementarteilchen, insbesondere von
Photonen, Up- und Down-Quarks und Elektronen in
unserem Universum und der Komplexität
makroskopischer Objekte:
Jeder Mensch enthält ca 10 29 Upquarks...
Die Sonne 2•10 28 mal so viel. Es gibt 1011 Sonnen in
der Galaxis und 1011 Galaxien im Universum. Der
reine Wahnsinn. Warum gibt es so irrwitzig viele
Teilchen? -eine dumme Frage)
-11-
Was ist elementar? Was begrenzt den
Blick ins Innerste der Welt?
Elementarteilchen, notwendige Eigenschaften:
- gemessene Größe verträglich mit Null, d.h.
punktförmig im Raum
(Weitere Eigenschaft:
- Unteilbar – und können dennoch in andere
Elementarteilchen zerfallen, z.B. d→u +e +ν)
Wie misst man die Größe von Objekten?
a) Vergleich mit Referenzmaßstab
b) Wie a), nach Vergrößerung durch Abbildung mit
Instrumenten wie Mikroskop oder Fernrohr
Man benötigt in jedem Fall Strahlen, die an
dem Objekt gestreut, abgelenkt werden, Licht
oder Elektronen oder andere Teilchen.
Man kann zeigen, dass einerseits die Auflösung
optischer Instrumente durch die Wellennatur,
insbesondere die Wellenlänge, des Lichtes und der
Teilchen begrenzt ist (→Wellen-Teilchen-Dualismus)
und andererseits
c)
die Wellenlänge der zur Untersuchung verwendeten
Strahlung als Referenzmaßstab verwendet werden
kann. So macht man es in der subatomaren Physik
Experiment: Beugung einer Welle an einem
kleinen Objekt. Wann erscheint es als
strukturlos, d.h. punktförmig?
Welle im Demonstrationsexperiment:
Licht (elektromagnetische Welle) eines Lasers.
Die Objekte: ein Haar und ein Spalt, letzterer von
variabler Breite.
Beugung der Welle am Objekt führt zu einem
Beugungsmuster mit Minima und Maxima der
Strahlintensität.
Das erste Beugungsminimum befindet sich bei einem
Beugungswinkel θ
1. Min.
sinus (θ) = λ /d
θ Hauptmax.
wobei d = Haardurchmesser bzw Spaltbreite
λ = Wellenlänge des Lichts
Die kleinste Dicke d, für die man noch ein
Minimum sehen kann, ist erreicht, wenn
sinus (θ) = 1
d.h.
d=λ
Jede kleinere Breite erscheint als punktförmig.
-12-
Die Wellenlänge von sichtbarem Licht beträgt
λ
= 400-800 Nanometer
Damit kann man eben noch Strukturen grösser
als 400 Nanometer = 4•10-7 m erkennen.
Die kleinsten gegenwärtig verfügbaren
Wellenlängen für die Untersuchung von
Materiestrukturen sind
λ = 10 -18 m
Damit kann man noch Strukturen grösser als
10 -18 m erkennen.
Dadurch ist die gegenwärtige innere Grenze
unserer Welt bedingt!
Wie die Wellenlänge mit der Energie von
Teilchenstrahlen zusammenhängt, sehen wir
gleich.
Dann wird auch klar, warum
Elementarteilchenphysik =Hochenergiephysik.
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Teilchennatur von Lichtwellen
und Wellennatur von Teilchen
Einsteins Erklärung des
Photoeffekts (1905), Nobelpreis:
Elektromagnetische Wellen (Licht)
bestehen aus Teilchen (Photonen)
mit einem Impuls p:
p=h/λ
wobei
h = Plancksches Wirkungsquantum
λ= Wellenlänge
Wellennatur von Teilchen (de Broglie, 1924)
Teilchen breiten sich wie Wellen im
Raum aus, mit einer Wellenlänge:
λ=h/p
Maximaler Impuls an Teilchenbeschleunigern
12
pmax = 10 eV/c
-6
ergibt (mit hc ≈ 10 eVm) eine minimale
Wellenlänge von
λmin = 10
-14-
-18
m
Expedition zur inneren Grenze, Teil 1
Teilchenbeschleuniger
Bisher größter Beschleuniger:
LEP
Large Electron Positron Collider
am CERN, Genf
Umfang 28 km
0.1 TeV Elektronen auf 0.1 TeV Positronen
(1 TeV = 1012 eV )
Beschleuniger mit der zur Zeit größten Energie
TEVATRON
Collider am Fermilab, Chicago
1 TeV Protonen auf 1 TeV Antiprotonen
Größter Beschleuniger mit höchster Energie (ab 2007):
LHC
Large Hadron Collider
28 km Umfang, am CERN
8 TeV Protonen auf 8 TeV Protonen
LHC wird die innere Grenze von 10-18 auf 10-19 m
verschieben.
Kosten von LHC mit Detektoren:ca 3MilliardenEuro
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Expedition zur inneren Grenze, Teil 2
Detektoren
z.B. Atlas-Detektor:
44 m lang, 22 m Durchmesser, Gewicht wie
Eiffelturm.
Vorbereitungs- und Aufbauzeit pro Detektor:
20 Jahre x 2500 Physiker/innen =
50000Mannjahre !
(Kollaborationen von 2500 Physikern weltweit)
www am CERN erfunden, um Kommunikation
zwischen Physikern zu optimieren
In jeder Beziehung optimierte modernste
Hardware, voller Innovationen.
Beispiel: die Position der meisten Subdetektoren
(einige Millionen) muss auf Haaresbreite
(0.1mm) bekannt sein.
Schnellste Datenauslese und Datenverarbeitung
(Datentransfer-Rate entspricht der des gesamten
Telephonnetzes weltweit)
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Epilog
Die Frage, woraus die Welt im Innersten besteht
und was die Bausteine zusammenhält, ist sicher
eine der fundamentalen Fragen der Menschheit.
Verschiebung der inneren Grenze ist aufwändig.
Kosten für LHC und Experimente gigantisch.
(Bisher nur mit Hubble-Teleskop vergleichbar).
Aber pro einzelnem Wissenschaftler normal!
Kann sich die Menschheit so viele Elementarteilchenphysiker erlauben? (Allgemein: Wieviel
rein erkenntnis-orientierte Grundlagenforschung?)
Grundlagenforschung in den Grenzbereichen ist
Quelle von Innovationen. [Weisskopf: “The
problems at the frontier of science are exactly those that
cannot be resolved with established methods].
Ihre “Spin-offs” dominieren unsere Zivilisation.
Die Kooperation aller Teilchenphysiker der Welt
und die uneingeschränkte Offenheit ihrer
Forschung sind vorbildlich. Motiv war die
Einsicht, dass man nur gemeinsam das
hochgesteckte Ziel erreichen kann.
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