Wie viele Kopien sollten erlaubt sein? Preisbildung für digitale Güter unter Berücksichtigung von Digital Rights Management E. Kremer, J. Strube Fachgebiet Information Systems Technische Universität Darmstadt Hochschulstr. 1 64289 Darmstadt {kremer|strube}@is.tu-darmstadt.de Abstract: Ein liberales Digital Rights Management ermöglicht im Gegensatz zum klassischen Kopierschutz, eine festgelegte Anzahl Kopien eines digitalen Gutes anzufertigen. Wir zeigen, dass ein Anbieter digitaler Güter seine Erlöse durch das Zulassen von Kopien steigern kann, sofern die Konsumenten weiteren Kopien einen Nutzen beimessen. Dazu entwickeln wir ein Modell zur Ermittlung der gewinnmaximalen Preis-MengenKombination unter Berücksichtigung der optimalen Anzahl legaler Kopien. 1 Einleitung Digital Rights Management (DRM) ermöglicht die Verwaltung und Durchsetzung der Urheber- und Nutzungsrechte an digitalen Gütern. Die Umsetzung wird durch so genannte Digital Rights Management Systeme (DRMS) unterstützt. Diese stellen in der Regel Verfahren für die Zugangs- und Nutzungskontrolle, die Verfolgung der Verbreitung von Kopien bei Rechtsverletzungen sowie Abrechnungsfunktionen für Informationsgüter zur Verfügung [Ge04]. Im Gegensatz zum klassischen Kopierschutz, der jegliche Kopien zu unterbinden versucht, erlauben DRMS dem Konsumenten, eine festgelegte Anzahl von Kopien eines digitalen Gutes anzufertigen. So ermöglicht beispielsweise das von Apple eingesetzte DRMS „FairPlay“, im iTunes Music Store erworbene Stücke auf bis zu fünf Rechner zu übertragen. Vor diesem Hintergrund wollen wir untersuchen, in wie weit die erlaubte Anzahl von Kopien Einfluss auf die Erlöse eines Anbieters digitaler Güter hat. Dazu entwickeln wir ein Modell für die Preissetzung unter Berücksichtigung der Möglichkeit, legale Kopien zuzulassen. Die Grundannahme dabei ist, dass erlaubte Kopien zwar den Absatz verringern, aber die Zahlungsbereitschaften der Konsumenten erhöhen. In der Literatur gibt es zahlreiche Publikationen, die sich mit den durch DRMS gegebenen Nutzungsrestriktionen und damit verbundenen Effekten beschäftigen. Ünlü und Hess entwickeln ein mathematisches Modell, um den optimalen Grad an Restriktivität des DRM zu bestimmen [ÜH03]. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass der optimale Schutzgrad hochwertiger Güter höher ist als bei geringwertigeren Produkten. Die Autoren zeigen weiterhin, dass ein hoher Schutz des Gutes insbesondere dann notwendig ist, wenn der Qualitätsunterschied zwischen Original und Kopie gering ist. Im entgegen gesetzten Fall kann es für einen Anbieter von Vorteil sein, die Nutzungseinschränkungen zu lockern oder sogar ganz fallen zu lassen. Hess und Ünlü gehen davon aus, dass sich der Grad der Restriktivität in der Wahrscheinlichkeit äußert, mit welcher der Kopierschutz überwunden werden kann. Gehrke, Burghardt und Schumann präsentieren ein Modell, welches die Entwicklung der Marktanteile von Raubkopien und verkauften Originalen im zeitlichen Verlauf darstellt [Ge02]. Hierauf basierend leiten sie eine Preis-AbsatzFunktion ab, die für normative Aussagen über die optimale Preisstrategie herangezogen werden kann. Im Gegensatz zu diesen Überlegungen zu illegalen Kopien möchten wir im Folgenden die Auswirkungen legaler Kopien betrachten. Ben-Shahar und Jacob sehen bei der Vermarktung von Software in einem liberalen DRM, welches Kopien zulässt, die Möglichkeit, aufgrund des entstehenden Preisverfalls in Submärkten Markteintrittsbarrieren gegenüber potenziellen zukünftigen Konkurrenten aufzubauen [BJ01]. Einen ähnlichen Ansatz vertreten Shy und Thisse [ST99]. Sie sehen in einem liberalen DRM für Softwareanbieter die Möglichkeit, die Attraktivität ihres Produktes gegenüber Konkurrenzprodukten zu erhöhen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn starke Netzwerkeffekte vorliegen. Es sei darauf hingewiesen, dass wir aus Gründen der Komplexitätsreduktion in diesem Artikel auf die Berücksichtigung von Netzeffekten verzichten. Eine Reihe von Autoren beschäftigt sich mit Aspekten der Qualität von Informationsprodukten und deren Kopien: Alvisi, Argentesi und Carbonara zeigen, dass Produktdifferenzierung im Hinblick auf die Qualität eines Informationsgutes genutzt werden kann, um Raubkopien zu verhindern [Al03]. Sundararajan untersucht den optimalen Schutzgrad von digitalen Gütern im Zusammenhang mit Preisdiskriminierung [Su04]. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung des maximalen technologischen Schutzes nur dann eine optimale Strategie des Anbieters ist, wenn dieser keine Preisdiskriminierung verfolgen kann. Wenn jedoch die Möglichkeit einer Preisdiskriminierung besteht, ist für den Anbieter immer ein geringerer Schutzgrad optimal. Sundararajan geht davon aus, dass durch den Schutz eines digitalen Gutes die Qualität der Kopien gegenüber dem Original geringer ist. Daher versteht er unter dem maximal technologischen Schutz das Schutzlevel, welches die Differenz zwischen der Qualität des Originals und der Kopie maximiert. Auch Belleflamme sieht in Kopien eine qualitativ minderwertigere Version des Originals [Be02]. Er zeigt, dass der Wettbewerb zwischen Original und Raubkopie zwar die volkswirtschaftliche Gesamtwohlfahrt erhöht, dies aber zu Lasten des Produzenten eines digitalen Gutes geht: Eventuell reichen die erzielten Einnahmen nicht aus, um die Fixkosten der Erstellung des Gutes zu decken. Da wir in unserem Modell jedoch von autorisierten Kopien ausgehen, nehmen wir im Gegensatz zu den genannten Autoren an, dass die Qualität einer Kopie genau der des Originals entspricht. Harbaugh und Khemka stellen in ihrer Arbeit ein für alle Konsumenten einheitliches DRM einem nach Zahlungsbereitschaften differenzierten, zielgerichteten Rechtemanagement gegenüber [HK01]. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass der gewinnmaximale Monopolpreis höher ist, wenn Restriktionen bezüglich der Anfertigung von Kopien gezielt bei Konsumenten mit hoher Zahlungsbereitschaft durchgesetzt werden. Da es in der Praxis schwierig ist, die Zahlungsbereitschaften einzelner Konsumenten festzustellen, gehen wir in unserem Modell davon an, dass für sämtliche Nutzer die gleichen Rechte gelten. Die bisherige Literatur betont überwiegend den Aspekt der illegalen Kopie. Demgegenüber untersuchen wir, ob es aus Anbietersicht sinnvoll sein kann, Kopien in einem DRMS zuzulassen. Abschnitt 2 beschreibt zunächst, welche Rolle legale Kopien im Digital Rights Management spielen, und erläutert die Grundannahmen unseres Modells. In Abschnitt 3 wird eine Preis-Absatz-Funktion für digitale Güter hergeleitet, welche zunächst einzeln um die Aspekte des Absatzrückgangs und der steigenden Zahlungsbereitschaften durch Kopien erweitert wird. Die resultierende PreisAbsatz-Funktion beschreibt den Trade-Off zwischen diesen beiden Aspekten und dient als Grundlage für die Erlösmaximierung, welche in Abschnitt 4 betrachtet wird. Der Artikel schließt mit einem Fazit und einem Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf. 2 Legale Kopien als Ausprägung des Digital Rights Managements Dieser Artikel untersucht die Festlegung der Anzahl erlaubter Kopien als eine spezielle Ausprägung des DRM. Dieser Aspekt ist von besonderem Interesse, da sich Kopien nicht nur auf das Kaufverhalten des betrachteten potentiellen Käufers, sondern auch auf das Kaufverhalten anderer Konsumenten auswirken können. Auch in der Praxis ist die Thematik relevant: Digitalisierte Medien können sehr leicht kopiert und verbreitet werden. Vertreter der Medienwirtschaft sehen darin eine Gefährdung des Marktes. Daher wird zum Teil eine völlige Unterbindung oder zumindest eine Einschränkung von Kopien verfolgt. Unter einer legalen Kopie verstehen wir im Folgenden verallgemeinernd die legale Übertragung eines digitalen Gutes auf ein beliebiges Speichermedium. Daneben muss festgelegt werden, welche Nutzungsrechte ein Nachfrager an den Kopien hat. Für diesen Artikel sind lediglich Nutzungsrechte, welche die Verbreitung der angefertigten Kopien betreffen, relevant. Einem Nutzer können diesbezüglich unterschiedliche Rechte eingeräumt werden, etwa die Weitergabe an beliebige Personen oder andere Haushaltsmitglieder. Im Folgenden nehmen wir an, dass Kopien an beliebige Personen weitergegeben werden können. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass Kopien nur verschenkt, also nicht gewerblich vertrieben werden dürfen. Bezüglich des DRM besteht grundsätzlich ein Interessenkonflikt zwischen Anbieter und Nachfrager [SV99]. Der Anbieter möchte häufig ein möglichst striktes Rechtemanagement, da er so die Anzahl der Kopien kontrollieren kann. Durch die Beschränkung der Zahl der Kopien kann das Absatzvolumen gesteigert werden, da die Nachfrage nach dem Produkt vermehrt durch legal erworbene Exemplare befriedigt werden muss. Demzufolge müssten der Absatz und somit die Einnahmen maximal sein, wenn keinerlei Kopien zulässig sind. Bei dieser Sichtweise wird allerdings nicht die Interessenlage des Konsumenten berücksichtigt. Dieser möchte so viele Rechte wie möglich an dem Produkt erhalten, um seinen Nutzen zu maximieren. Dieser Nutzen wirkt sich auf die Zahlungsbereitschaft und somit unmittelbar auf die Preis-Absatz-Funktion des Anbieters aus. Ein liberaleres Rechtemanagement kann eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden bewirken, welche sich dann positiv auf die Einnahmen des Anbieters auswirkt. Um seine Einnahmen zu maximieren, muss der Anbieter demzufolge den Trade-Off zwischen dem Grad an Kontrolle und dem Nutzen der Konsumenten berücksichtigen [SV99]. 3 Eine einfache Preis-Absatz-Funktion für digitale Güter Die Preis-Absatz-Funktion eines Gutes kann aus der Verteilung der produktspezifischen Zahlungsbereitschaft der Nachfrager abgeleitet werden. In dieser Arbeit wird vereinfachend angenommen, dass die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager in stetig gleichverteilter Form vorliegt. Gleichung (3.1) stellt die entsprechende Verteilungsfunktion dar. ⎧0 ⎪ ⎪ ⎪ p F ( p) = ⎨ ⎪ p max ⎪ ⎪ 1 ⎩ , für p < 0 , für 0 ≤ p ≤ p max (3.1) , für p > p max . Die Verteilungsfunktion F(p)=p/pmax drückt aus, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Nachfrager bereit ist, einen Preis zu zahlen, der kleiner oder gleich dem Preis p ist, also P(X<p). Der Ausdruck 1-F(p)=P(X≥p) entspricht somit der Wahrscheinlichkeit, dass jemand bereit ist, einen höheren Preis als den Preis p zu zahlen. Die Gesamtheit der Nachfrager wird im Folgenden mit N bezeichnet. Der Ausdruck N·(1-F(p)) berechnet daher die Anzahl der Personen, die bei einem Preis p sich für einen Kauf entscheiden würden. Für Preise zwischen null und pmax erhält man folgende lineare Preis-Absatz-Funktion: q ( p ) = N (1 − F ( p)) = N − p ⋅ N , p max (3.2) beziehungsweise wenn der Preis in Abhängigkeit von der Menge ausgedrückt wird p (q ) = p max − q ⋅ p max . N (3.3) Diese Preis-Absatz-Funktion macht deutlich, dass die Absatzmenge q entweder durch die Zunahme der Personenzahl N, die Senkung des Angebotspreises p oder die Erhöhung der maximalen Zahlungsbereitschaft pmax steigen kann. 3.1 Auswirkungen von Kopien auf die Absatzmenge Wird dem Käufer das Recht auf eine bestimmte Anzahl an Kopien c eingeräumt, so wirkt sich dies negativ auf den Absatz aus, wenn er die Kopien nicht als Privatkopie behält, sondern an andere Personen weitergibt, die ansonsten ein Original gekauft hätten. Um diesen Sachverhalt zu modellieren, ist es notwendig, zwischen beiden Gruppen „Käufer“ und „potentielle Käufer“ zu unterscheiden. In unserem Modell werden solche Personen als potentielle Käufer bezeichnet, die bereit sind, zum betrachteten Preis das Gut zu kaufen. Potentielle Käufer werden nur dann zu Käufern, wenn sie keine Kopie des entsprechenden Gutes erhalten können. Um die Anzahl der Käufer zu bestimmen, muss daher festgelegt werden, in welcher Menge Kopien an potentielle Käufer weitergegeben werden. Angenommen, ρPK sei die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Käufer eine Kopie an einen potentiellen Käufer weitergibt. Weiterhin bezeichnet ρNK die Wahrscheinlichkeit für einen Nichtkäufer, eine Kopie zu erhalten. Dementsprechend würde ein Käufer mit der verbleibenden Wahrscheinlichkeit ρK =1-(ρPK + ρNK) eine Kopie für sich behalten. Wenn q(p,c) die Anzahl der Käufer bezeichnet, welche zu einem bestimmten Preis p und bei einer bestimmten Anzahl erlaubter Kopien c ein Informationsgut kaufen, dann kann die Gesamtzahl an Kopien für potentielle Käufer ohne Original #cPK wie folgt berechnet werden: # c PK = q( p, c) ⋅ c ⋅ ρ PK (3.4) Unter diesen Annahmen berechnet sich die Absatzmenge q(p,c) aus der Anzahl der potentiellen Käufer q(p) abzüglich jener potentiellen Käufer, die eine Kopie erhalten haben und deshalb kein Original mehr kaufen. Anders ausgedrückt kauft nur noch jeder potentielle Käufer, der keine Kopie erhalten hat, ein Original. q( p, c) = q( p)−# c PK = q ( p) − q( p, c) ⋅ c ⋅ ρ PK Als neue Preis-Absatz-Funktion ergibt sich: (3.5) q ( p, c ) = q( p) N ( pmax − p ) . = 1 + c ⋅ ρ PK pmax (1 + c ⋅ ρ PK ) (3.6) Die Wahrscheinlichkeit ρPK kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. So könnte beispielsweise die relative Größe der Personengruppen einen Einfluss haben. Wenn es sehr viele Nichtkäufer und nur wenige potentielle Käufer gibt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein beliebiger Nichtkäufer eine Kopie erhält, wesentlich größer als die Wahrscheinlichkeit, dass ein potentieller Käufer eine Kopie erhält. Ein weiterer möglicher Faktor ist die Motivation einer Person eine Kopie zu erhalten. So ist denkbar, dass gerade potentielle Käufer motiviert sind eine Kopie zu erhalten, da sie so den Kaufpreis einsparen können. 3.2 Auswirkungen von Kopien auf die Zahlungsbereitschaft Im vorangegangenen Abschnitt wurden die negativen Auswirkungen der Zulassung von Kopien – rückläufige Absatzmengen - aufgezeigt. In diesem Abschnitt sollen die positiven Effekte dargestellt werden: höhere Zahlungsbereitschaften der Konsumenten. Durch Kopien entsteht dem Käufer ein zusätzlicher Nutzen, der sich unmittelbar auf die Zahlungsbereitschaft auswirkt. Angenommen ein Käufer ist bereit, maximal einen bestimmten Preis p zu zahlen. Weiterhin hat sein Zusatznutzen in Abhängigkeit von der Anzahl der Kopien einen Wert pz(c). Dann würde sich auch die maximale Zahlungsbereitschaft erhöhen: pmax(c)= pmax + pz(c). Wir nehmen im Folgenden an, dass sich der maximale Preis aller Konsumenten pmax durch den Zusatznutzen erhöht und alle Zahlungsbereitschaften bis zu dieser maximalen Zahlungsbereitschaft vorhanden sind. Die Wahrscheinlichkeitsdichte der Zahlungsbereitschaft ergibt sich unter Berücksichtigung der neuen maximalen Zahlungsbereitschaft wie folgt: ⎧ 1 ⎪ p (c ) ⎪ max f ( p) = ⎨ ⎪0 ⎪ ⎩ , für 0 ≤ p ≤ p max (c) . (3.7) , sonst Es stellt sich nunmehr die Frage, wie die Funktion pmax(c) beziehungsweise pz(c) berechnen lassen. Da der Preis pz(c) den Mehrnutzen widerspiegelt, den die legalen Kopien dem Käufer eines Originals bringen, können die Annahmen der Mikroökonomie über den Verlauf einer Nutzenfunktion direkt übertragen werden. In der Regel wird davon ausgegangen, dass eine Nutzenfunktion U stets eine positive Steigung aufweist, jedoch konkav verläuft (vgl. z.B. [Fe04]). Formell ausgedrückt bedeuten diese beiden Annahmen übertragen auf den Nutzen in Abhängigkeit von c: ∂U ∂ 2U >0 ∧ <0. ∂c ∂ 2c (3.8) Da keine empirischen Daten zur Ermittlung der Nutzenfunktion vorliegen, wird im Weiteren vereinfachend von folgender Nutzenfunktion ausgegangen, welche die Eigenschaften gemäß den Bedingungen aus (3.8) aufweist: U (c ) = Θ ⋅ c . (3.9) Der Nutzen hängt somit von der Anzahl der Kopien und einem Parameter Θ ab. Θ ist ein „Genussparameter“ und spiegelt die monetäre Bewertung des Nutzenniveaus der Kopien wider. Da der Nutzen einer Kopie nicht negativ, aber auch nicht höher als der Nutzen eines Originals ohne Kopien sein kann, muss Θ einen Wert zwischen null und pmax annehmen. Wird in der Wahrscheinlichkeitsdichtenfunktion für die Zahlungsbereitschaft der Preis pz durch die Nutzenfunktion (3.9) ersetzt, ergibt sich als neue Dichtefunktion 1 ⎧ ⎪ ⎪⎪ p max + Θ ⋅ c f ( p) = ⎨ ⎪0 ⎪ ⎪⎩ , für 0 < p < p max + Θ ⋅ c . (3.10) , sonst Anhand der Wahrscheinlichkeitsdichte kann eine neue Preis-Absatz-Funktion hergeleitet werden, welche die von der Anzahl der Kopien abhängige höhere Zahlungsbereitschaft berücksichtigt: q ( p, c ) = N − p ⋅ N pmax + Θ ⋅ c . (3.11) 3.3 Trade-Off zwischen Umsatzrückgang und steigender Zahlungsbereitschaft Wir wollen nun eine Preis-Absatz-Funktion herleiten, die sowohl den Rückgang der Absatzmenge als auch die Zunahme der Zahlungsbereitschaft berücksichtigt. Ausgangsgleichung ist die Preis-Absatz-Funktion unter Berücksichtigung der steigenden Zahlungsbereitschaft aus Gleichung (3.11). Damit neben der steigenden Zahlungsbereitschaft zusätzlich der Absatzrückgang berücksichtigt wird, muss die Zahl der Verkäufe q(p,c) um einen entsprechenden Faktor reduziert werden. Dieser ist entsprechend Gleichung (3.6) 1/(1+c·ρPK). Es ergibt sich somit folgende Preis-Absatz-Funktion: N N − p⋅ q ( p, c ) = 1 + c ⋅ ρ PK ( pmax + Θ ⋅ c ) ⋅ (1 + c ⋅ ρ PK ) (3.12) bzw. nach Umformung p (q, c) = pmax + Θ ⋅ c − q (1 + c ⋅ ρ PK )(pmax + Θ ⋅ N c ) . (3.13) In Abbildung 3.1 wird der Verlauf der hergeleiteten Preis-Absatz-Funktion veranschaulicht. Durch eine Kurvenschar wird die Abhängigkeit der Funktion von einer steigenden Kopienzahl deutlich: die Absatzmenge sinkt, der Preis steigt. Da sich die sinkende Absatzmenge negativ und der steigende Preis positiv auf den Erlös auswirken, kann an dieser Stellen noch keine Aussage darüber getroffen werden, ob sich die Möglichkeit legaler Kopien positiv oder negativ auf den Erlös auswirken. Absatzmenge q 100 80 c=0 c=1 c=2 c=3 c=4 60 40 20 0 0 5 10 15 20 25 Preis p Abbildung 3.1: Mit steigender Kopienzahl steigt die Zahlungsbereitschaft, die Absatzmenge nimmt jedoch ab. (N=100, pmax=10, Θ=5, ρPK=0,5) 4 Gewinnmaximierung unter Berücksichtigung des Digital Rights Managements In diesem Abschnitt werden die gewinnmaximale Angebotsmenge und der gewinnmaximale Angebotspreis durch Maximierung des Erlöses ermittelt. Der Preis und die Menge im Erlösmaximum entsprechen dem Preis und der Menge im Gewinnmaximum, da annahmegemäß keine Grenzkosten vorliegen. Zunächst wird die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination ohne Berücksichtigung von Kopien ermittelt. Anschließend wird auf die Veränderungen unter Berücksichtigung von Kopien eingegangen. 4.1 Gewinnmaximierung ohne Berücksichtigung von Kopien Entsprechend den Annahmen über digitale Güter wird davon ausgegangen, dass bei der Reproduktion des Gutes keine Grenzkosten entstehen. Das bedeutet, dass die gewinnmaximale Absatzmenge vorliegt, wenn der Grenzerlös gleich null ist, also der Verkauf eines weiteren Gutes den Erlös nicht steigern würde. Der Erlös E(q) errechnet sich aus dem Produkt von Absatzmenge q und dem von der Angebotmenge abhängigen Angebotspreis p(q): E (q ) = q ⋅ p (q ) = q ⋅ pmax − q 2 ⋅ pmax . N (4.1) Die Grenzerlösfunktion hat wie die Preis-Absatz-Funktion einen negativen Verlauf: E ' (q ) = dE p = pmax − 2 ⋅ q ⋅ max . dq N (4.2) Als gewinnmaximale Absatzmenge ergibt sich entsprechend q* = N . 2 (4.3) Durch Einsetzen von q* in Funktion (3.2) erhält man den gewinnmaximalen Angebotspreis p* = pmax . 2 (4.4) In Abbildung 4.1 wird der lineare Verlauf der Grenzerlöskurve und der PreisAbsatz-Funktion dargestellt. Die gestrichelten Linien markieren den gewinnmaximalen Angebotspreis sowie die gewinnmaximale Angebotsmenge. Preis p; Grenzerlös E' 12 10 8 p E' 6 4 2 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Absatzmenge q Abbildung 4.1: Gewinnmaximaler Angebotspreis und gewinnmaximale Angebotsmenge. (N=100, pmax=10) 4.2 Herleitung des Gewinnmaximums unter Berücksichtigung von Kopien In Abschnitt 3.3 wurde eine Preis-Absatz-Funktion für Informationsgüter hergeleitet, in der sich der Effekt von Kopien auf die Absatzmenge und die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten widerspiegeln. Auf Basis dieser Funktion kann in Abhängigkeit von der Absatzmenge q folgende quadratische Erlösfunktion E(q) bestimmt werden: E ( q, c ) = q ⋅ p ( q, c ) ( ) = q ⋅ p max + Θ ⋅ c − q 2 ⋅ ( p max + Θ ⋅ c )(1 + c ⋅ ρ PK ) N (4.5) Im Maximum der Erlösfunktion ergibt sich - durch Nullsetzen der partiellen Ableitungen und Lösen des resultierenden Gleichungssystems - als erlösmaximale Kopienzahl sowie Absatzmenge c* = und 1 ρ PK +2 pmax ⎛⎜ pmax − Θ ⎜ Θ ⎝ 2 pmax 1 ⎞⎟ + ρ PK ⎟ Θ2 ⎠ (4.6) q* = N ⎛ p ρ ⋅p 4 + 4 PK max ⎜ max − ⎜ Θ Θ ⎝ 2 pmax 1 ⎞⎟ + ρ PK ⎟ Θ2 ⎠ . (4.7) Die gewinnmaximale Kopienzahl c* entsprechend Gleichung (4.6) ist in den meisten Fällen kein ganzzahliger, sondern ein gebrochener Wert. Da es jedoch nicht möglich ist, eine gebrochene Anzahl an Kopien zu erlauben, muss entweder eine suboptimale Lösung durch Runden des Wertes gewählt werden, oder es werden Originale mit unterschiedlicher Kopienzahl angeboten, was sich in der Praxis allerdings als schwierig erweisen dürfte. Die optimale Absatzmenge q* muss ebenfalls ein ganzzahliger Wert sein. Allerdings ist die durch Rundung entstehende Abweichung vom Optimum vernachlässigbar, da q* meistens einen relativ großen Wert annimmt. Setzt man q* in die Preis-Absatz-Funktion ein, so erhält man den entsprechenden gewinnmaximalen Angebotspreis: p* = 1 Θ2 . 2 ⋅ pmax + 2 ρ PK (4.8) Gleichung (4.8) zeigt, dass der gewinnmaximale Angebotspreis durch eine höhere maximale Zahlungsbereitschaft oder einen stärkeren Nutzen durch Kopien steigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein potentieller Kunde durch eine Kopie als Käufer verloren geht, wirkt sich negativ auf den optimalen Angebotspreis aus. Der maximale Erlös entspricht dem Produkt aus q* und p*: 2 N ⋅ p max + E* = 8+8 ρ PK ⋅ p max ⎛⎜ p max Θ Θ2 . ρ PK − ⎜⎜ Θ ⎝ 2 p max 2 Θ + 1 ⎞⎟ ρ PK ⎟⎟ ⎠ (4.9) 4000 3000 Erlös 2000 1000 0 Erlöse: 0-1000 1000-2000 Kopien 6 800 700 500 Absatzmenge 600 400 200 3 300 0 100 0 2000-3000 3000-4000 Abbildung 4.2 veranschaulicht exemplarisch die Erlösfunktion im dreidimensionalen Raum in Abhängigkeit von der Absatzmenge und der Kopienzahl. 4000 3000 Erlös 2000 1000 0 Erlöse: 0-1000 1000-2000 6 Kopien 800 500 700 Absatzmenge 600 400 200 3 300 0 100 0 2000-3000 3000-4000 Abbildung 4.2: Erlösfunktion in Abhängigkeit der Absatzmenge und der Anzahl legaler Kopien. Der maximale Erlös beträgt 3125 Geldeinheiten bei einer Kopie und einem Preis von 7,5 Geldeinheiten. (pmax=10; Θ =5; ρPK=0,2; N=1000) Es lässt sich mathematisch beweisen, dass der maximale Erlös E* immer höher als der maximale Erlös ohne Berücksichtigung von Kopien ist: Der maximale Erlös unter Berücksichtigung von Kopien ist am geringsten, wenn jede Kopie an einen potentiellen Käufer weitergegeben wird, d.h. wenn durch jede Kopie ein Käufer verloren geht. Daher reicht es aus nachzuweisen, dass der maximale Erlös unter Berücksichtigung von Kopien für ρPK=1 größer ist als der maximale Erlös ohne Kopien. Es muss also gelten: N pmax ? ⋅ < 2 2 2 + Θ2 N ⋅ pmax 2 ⎞ p ⎛p pmax 8 + 8 max ⎜ max − +1⎟ 2 ⎟ Θ ⎜⎝ Θ Θ ⎠ (4.10) Ungleichung (4.10) lässt sich vereinfachen zu: ? 0 < Θ 6 + p max 2 Θ 4 (4.11) Für Θ>0 ist die Ungleichung (4.11) erfüllt, da pmax ein positiver Wert ist. Allerdings ist zu beachten, dass Gleichung (4.9) nur dann angewendet werden kann, wenn Θ nicht null ist, d.h. wenn ein Interesse an Kopien besteht. Daraus folgt, dass der Erlös durch Kopien gesteigert werden kann, sobald der Nutzen von Kopien von den Konsumenten als positiv eingeschätzt wird. 5 Fazit Wir haben gezeigt, dass es für einen Anbieter digitaler Güter möglich ist, seinen Gewinn zu steigern, indem er mittels eines DRMS eine begrenzte Anzahl an Kopien zulässt. Mit Hilfe des von uns entwickelten Modells ist es möglich, die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination sowie die optimale legale Kopienzahl pro Original zu ermitteln. Das Modell erlaubt qualitative Aussagen und zeigt Abhängigkeiten und Wirkungszusammenhänge auf. Vorraussetzung für eine praxisorientierte Anwendung des Modells ist, dass die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten, deren Nutzenfunktion für Kopien sowie die Wahrscheinlichkeit für eine Weitergabe dieser Kopien bekannt sind. Hierzu und zur Validierung des Modells sind empirische Untersuchungen notwendig. Des Weiteren sind eine Reihe von Modellerweiterungen denkbar, beispielsweise ist davon auszugehen, dass die hier angenommene Gleichverteilung der Zahlungsbereitschaften nicht der Realität entspricht. Auch wurden eventuell vorhandene Korrelationen zwischen den Modellparametern nicht berücksichtigt. So ist es beispielsweise denkbar, dass die Zahlungsbereitschaft für das Original und die Nutzeneinschätzung der Konsumenten für die entsprechenden Kopien positiv korrelieren. Besondere Aufmerksamkeit sollte bei zukünftigen Erweiterungen außerdem der Berücksichtigung von Netzeffekten zukommen. Literaturverzeichnis [Al03] Alvisi, Matteo; Argentesi, Elena; Carbonara, Emanuela: "Piracy and Quality Choice in Monopolistic Markets", German Working Papers in Law and Economics: Vol. 2003: Article 10, 2003. [Be02] Bellefamme, Paul: “Pricing information goods in the presence of copying”, Working Paper 463, Queen Mary, University of London, Department of Economics, 2002. 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