Michael Kappes (Hg.) Wasser – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens Materialien zur Gestaltung des Schöpfungstages und der Schöpfungszeit 2011 (1. September bis 4. Oktober) (Themenheft 1) Eine Arbeitshilfe der © Dr. Michael Kappes, ACK–NRW, Münster 2011 Herausgeber: Dr. theol. Michael Kappes ist Leiter der Fachstelle Theologische Grundfragen und Ökumene in der Diözese Münster, Lehrbeauftragter für Systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal, Geschäftsführer der Bistumskommission für ökumenische Fragen und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nordrhein-Westfalen (ACK-NRW). Inhalt Inhalt 1. Einleitung 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! –eine Problemanzeige (Lukas Vischer) 3. Theologische Grundlagen 3.1 Bibeltheologische Grundlegung: 5 7 12 „Du kannst das Angesicht der Erde erneuern“(Ps 104,30). Das Schöpfungslob des 104. Psalms als Ruf zur ökologischen Umkehr 3.2 (Erich Zenger) 12 Christliches Ursymbol Wasser 22 3.2.1 Was bedeutet „Symbol“/„symbolisieren? 22 3.2.2 Die Wassersymbolik des Alten Testaments 23 3.2.3 Die Wassersymbolik des Neuen Testaments 23 3.2.4 Die Wassersymbolik in kirchlichen Vollzügen –Taufe 23 3.3 Die Bedeutung des Wassers in verschiedenen Religionen 24 4. „Heilige Wasser“–Die Bedeutung des Wassers im Licht der Riten und gottesdienstlichen Feiern der verschiedenen Konfessionen 27 4.1 Osterwasser –Taufe –Christwerden als Sterben und Auferstehen mit Christus 27 4.2 Fußwaschung –Christsein ist Dienst am Nächsten 29 4.3 Wasser des Lebens –Wasser zum Leben 30 4.4 Wasserweihe –Theophanie –Hochfest der Orthodoxen Kirche 33 4.5 Taufe des Herrn 35 5. Ökumenische Gottesdienstmodelle und liturgische Gestaltungselemente 37 5.1 Modell eines Ökumenischen Taufgedächtnisgottesdienstes 37 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser" 45 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 49 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 58 5.4.1 Gebete Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 58 3 Inhalt 5.4.2 Lobpreis 59 5.4.3 Schrifttexte 60 5.4.4 Lieder 61 5.4.5 Texte zur Besinnung 64 5.4.6 Meditationen zu zentralen Bibeltexten 71 5.4.7 Predigtanregungen 75 5.4.8 Aktionsformen 77 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit zum Schwerpunkthema Wasser 80 6.1 Wasser –ein Lebenselement –was jeder für den Erhalt tun kann 80 6.2 Wasserverbrauch weltweit und zuhause 85 6.3 Hätten Sie’s gewusst? Fakten zum Wasser und seiner Bedrohung auf dem Globus 86 7. Anhang 88 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens 88 7.2 Hinweise auf weitere Materialien zum Thema 93 7.3 „Wasser“–Links zu weltweiten Hilfsprojekten 95 4 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 1. Einleitung 1. Einleitung „Wasser–Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens“ ist eine Arbeitshilfe für die Gestaltung des ökumenischen „Tages der Schöpfung“ bzw. der „Schöpfungszeit“ im Jahr 2011 mit dem Schwerpunkthema „Wasser“. Sie ergänzt mit diesem thematischen Focus die von der ACK–NRW bereits im Jahr 2010 zum Schöpfungstag vorgelegte Arbeitshilfe „Gottes Schöpfung feiern und bewahren“1. [download unter: http://www.ack-nrw.de/downloads/2010/Arbeitshilfe_Schoepfungstag.pdf] Die Anregung, im Kirchenjahr einen Tag für die Schöpfung einzuführen, verdankt die Ökumene der Orthodoxen Kirche. 1989 ist der „Schöpfungstag“vom damaligen Ökumenischen Patriarchen, Dimitrios I., in den liturgischen Kalender der Kirche von Konstantinopel eingefügt worden. Der Patriarch lud damals die ganze „orthodoxe und christliche Welt“ein, jeweils am 1. September „zum Schöpfer der Welt zu beten: mit Dankgebeten für die große Gabe der geschaffenen Welt und mit Bittgebeten für ihren Schutz und für ihre Erlösung.“ Diese orthodoxe Initiative wurde auf der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz (1997) nochmals in Form einer Empfehlung aufgenommen und in der von den Kirchen Europas 2001 unterzeichneten „Charta Oecumenica“ als Leitlinie 9 bekräftigt: „Wir empfehlen, einen ökumenischen Tag des Gebets für die Bewahrung der Schöpfung in den europäischen Kirchen einzuführen.“Einen Schritt zu größerer Verbindlichkeit und Konkretisierung brachte schließlich die Empfehlung der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung im rumänischen Sibiu/Hermannstadt, die sich für einen bestimmten Zeitraum (1. September bis 4. Oktober) – beginnend mit dem orthodoxen Schöpfungstag über das Erntedankfest bis hin zum Gedenktag des Hl. Franz von Assisi –aussprach. Dieser eindringliche Appell von Sibiu wurde von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) aufgenommen und auf der Mitgliederversammlung im Oktober 2009 der Beschluss gefasst, künftig in Deutschland einen ökumenischen Tag der Schöpfung zu feiern: 1. „Die inhaltliche Grundlage des Tags der Schöpfung ergibt sich aus der ‚Brühler Empfehlung’: Lobpreis des Schöpfers, Umkehr wegen des menschlichen Vergehens an der Schöpfung und das Einüben konkreter Schritte (‚Schule des Mit-Leidens’). 2. Als Termin für die Feier des ökumenischen Tags der Schöpfung auf Bundesebene wird der erste Freitag im September eines jeden Jahres festgelegt. 3. Die Feier des Tags der Schöpfung in den Gemeinden kann lokalen und regionalen Besonderheiten angepasst werden. Die in einigen regionalen ACKs (z. B. BadenWürttemberg und Niedersachsen) und in Ortsgemeinden bereits geübte Praxis zeigt vielfältige Möglichkeiten, wie dies geschehen kann: beispielsweise mit einem jährlichen 1 Michael Kappes (Hg.) Gottes Schöpfung feiern und bewahren. Materialien zur Gestaltung des Schöpfungstages und der Schöpfungszeit 1. September bis 4. Oktober (Grundlagenheft), Münster 2010, 2. Aufl. 2011. Bezugsadresse: Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nordrhein–Westfalen, Domplatz 27, 48143 Münster; Tel: 0251 / 495–319; Fax 0251 / 495–6159; e–mail: info@ack–nrw.de Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5 1. Einleitung Leitwort, einer ausdrücklichen Vergewisserung des gemeinsamen Glaubens an Gott, den Schöpfer, und mit einem Gottesdienst an einem festen Tag innerhalb des Zeitraums zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober.“(Erklärung vom 19. Januar 2010) Auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag in München wurde die Einführung dieses Schöpfungstages im Rahmen der zentralen ökumenischen Feier zu Christi Himmelfahrt (13. Mai 2010) feierlich proklamiert. Der Vorsitzende der ACK, Landesbischof Friedrich Weber, führte dazu in seiner Predigt aus: „Dass die Schöpfung Gottes einen Platz im Kirchen- und Gottesdienstkalender bekommt, ist ein erster konkreter Schritt. Nicht einfach so, sondern weil Schöpfungsverantwortung eine Grundaufgabe der Kirchen ist, weil Lob Gottes und die Klage über unsere Lage zusammengehören. ‚Nach mir die Sintflut’geht nicht mehr. Darum lasst Euch bewegen von Gottes Energie, die in der Schöpfung und in uns lebt. Lasst nicht ab von der Hoffnung für alle Kreatur und lasst, was Euch bewegt, zur Tat werden.“ Zu diesem Tun möchte dieses Materialheft ermutigen und eine Unterstützung bieten. Es richtet sich an Christinnen und Christen aller Konfessionen, die in Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen oder in den Gemeinden vor Ort Verantwortung für die ökumenische Arbeit tragen. Die Broschüre enthält neben einer theologischen Grundlegung zum Schwerpunkthema „Wasser“und dessen Vertiefung durch einen Blick auf den liturgischen Gebrauch des Wassers in den Konfessionen verschiedene Gottesdienstmodelle zur Gestaltung des Schöpfungstages/Schöpfungszeit sowie eine Reihe ergänzender liturgischer Gestaltungselemente. Darüber hinaus bietet sie praktische Anregungen für den Einzelnen und für Gemeinden, wie sie ihre Schöpfungsverantwortung durch einen der Schöpfungsgabe Gottes gerecht werdenden Umgang mit Wasser konkret werden lassen können. Ein Anhang mit zentralen Aussagen der Kirchen zum Thema sowie Hinweise auf weitere Materialien und hilfreiche Adressen beschließt die Arbeitshilfe. Danken möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich Frau Bettina Fleige, ohne deren engagierte Mitarbeit im Sekretariat bei der Erfassung und Zusammenstellung der Materialien die schnelle Fertigstellung dieser Arbeitshilfe nicht möglich gewesen wäre. Ich wünsche allen LeserInnen und Lesern wiederum viele Freude und Kreativität bei der eigenen Umsetzung der Anregungen dieser Handreichung. Michael Kappes Vorsitzender der ACK–NRW 6 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! –eine Problemanzeige Wasser –Die wichtigste Ressource der Menschheit2 Wasserversorgung bis 2025 für zwei Drittel der Weltbevölkerung gefährdet! „1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser, 2,5 Milliarden haben keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen und 5 Millionen sterben jährlich an Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser ausgelöst wurden. Bis 2025 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Ländern leben, in denen es nur eine mäßige bis schlechte Wasserversorgung geben wird.“ Ohnmacht gegenüber diesen Erwartungen auch im Statement des UN Generalsekretärs am World Water Day 2002. Wasser ist die Voraussetzung für Leben. Wenn die gegenwärtigen Entwicklungen unaufhaltsam weitergehen, werden sogar noch größere Teile der Weltbevölkerung an Wassermangel leiden. Das Ausmaß der Katastrophe erweckt in uns ein Gefühl der Hilflosigkeit. Gibt es überhaupt Lösungen? Ist es möglich, die Bedrohung abzuwenden? Neue Herausforderungen für die Christen –Erkennen des Ausmaßes der Bedrohung eines Gottesgeschenkes Für Christen hat Wasser auch eine tiefe spirituelle Bedeutung, denn es ist ein Geschenk Gottes und gleichzeitig die Grundvoraussetzung des Lebens. Dies spiegelt sich sowohl im Gottesdienst als auch in den theologischen und liturgischen Traditionen der Kirchen wider. Wasser dient als Symbol in christlichen Feiern und Ritualen. Auf verschiedene Weisen unterstreicht die christliche Tradition die Bedeutung und die Heiligkeit des kostbaren Gutes. Wenn wir nun diese Traditionen wieder aufleben lassen, werden wir aber auch an die Gefahren erinnert, die aus der reduzierten Verfügbarkeit und dem Qualitätsverlust durch Verschmutzung resultieren. Wassernutzung –Wasserübernutzung Es gab schon immer Länder, in denen Wasser leichter verfügbar war, beziehungsweise solche, wo es schwer zu finden war. Zum Beispiel wasserreiche Länder wie die USA nutzen allein 65 Prozent des verfügbaren Wassers für die Industrie und Kraftwerke, während 27 Prozent der Landwirtschaft zukommen und 8 Prozent als Trinkwasser verbraucht, beziehungsweise für 2 Lukas Vischer, Wasser – Die wichtigste Ressource der Menschheit, in: Zeit der Schöpfung. Dossier zur Schöpfungszeit 2010 (ECEN), hrsg. von Isolde Schönstein/ARGE Schöpfungsverantwortung, Wien 2010, S. 25–27. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 7 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! sanitäre Zwecke verwendet werden. In Gegensatz dazu werden in Asien nur 8 Prozent des Wassers für die Industrie genutzt, während 86 Prozent der Landwirtschaft dienen. Eine begrenzte Ressource Die Verfügbarkeit von Frischwasser ist während der letzten Jahrzehnte stark zurückgegangen, besonders in Afrika und Asien. Tatsächlich leiden 505 Millionen Menschen in 31 Ländern unter Wasserknappheit. Wenn gegenwärtige Trends weitergehen, könnte die Zahl bis 2025 auf 2,4 bis 3,2 Milliarden Menschen steigen, wodurch auch die Gesundheit der Bevölkerung, die ökonomische Entwicklung, die Nahrungsmittelproduktion und die Ökosysteme leiden. Was sind die Gründe für diesen Rückgang? Auf der einen Seite nimmt der Wasserentzug durch den Menschen stetig zu. Auf der anderen Seite nimmt die Verfügbarkeit von Frischwasser in vielen Teilen der Welt ständig ab. Weltweit gesehen wird auch in Zukunft mehr Wasser entnommen werden. Zwischen 1900 und 1975 sind die Wasserverbrauchszahlen der USA um das Zehnfache gestiegen, während die Bevölkerung nur um das Vierfache gewachsen ist. Generell verbrauchen Menschen 54 Prozent allen verfügbaren Frischwassers in Flüssen, Seen und Grundwasservorräten. Durch den Bevölkerungszuwachs könnte der Verbrauch bis 2025 sogar auf 70 Prozent steigen. Wenn die weltweite Wassernutzung weiterhin zunimmt, werden die Menschen innerhalb von 30 Jahren 90 Prozent allen verfügbaren Frischwassers nutzen. Die Hauptgründe für diesen gesteigerten Wasserbedarf sind industrielle Produktion, intensive Landwirtschaft, der Lebensstil der Konsumgesellschaft und das Bevölkerungswachstum. Bezüglich der verminderten Verfügbarkeit von Wasser sind folgende Faktoren von besonderer Bedeutung: Klimawandel –Mit den Veränderungen am Klima wird sich auch der Wasserkreislauf unweigerlich verändern. In nördlichen Gebieten und in Flussbetten, die von der Schneeschmelze abhängen, können Überflutungen sich häufen. Ein Temperaturanstieg führt auch zu einem Anstieg der Evapotranspiration (= Summe der Verdunstung von Wasser aus der Tier– und Pflanzenwelt sowie der Bodenoberfläche) – Wasser evaporiert von der Oberfläche und von Pflanzen. In weiterer Folge wären sogar Gegenden mit hohen Niederschlägen auf Grund der gesteigerten Evaporation von einer Reduktion des Wasserreservoirs betroffen. Die Häufigkeit und Schwere von Dürren werden in vielen Gegenden zunehmen, als Folge von Änderungen in der Gesamtregenmenge, was zu höheren Ernteverlusten und gesteigertem Wasserverbrauch in der Landwirtschaft führt. Während Klimaforscher in der Vergangenheit vorsichtig mit Schlussfolgerungen waren, ist es nun bereits eine unbestreitbare Tatsache, dass der Klimawandel existiert –und dass er von menschlicher Aktivität induziert wird. Rodungen sind ein weiterer Störfaktor. Wenn Wälder geschlägert werden, ändert sich der Wasserkreislauf; der Boden hält das Wasser nicht länger zurück, Quellen verschwinden, Erosion nimmt zu. Dies gilt besonders für Berggegenden: Das Wasser rinnt schneller in die Ebenen, was die Gefahr von Überflutungen erhöht. 8 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! Müll und Umweltgifte verringern die Menge des verfügbaren Wassers. Menschliche Abfälle, ob von der Industrie oder von Haushalten stammend, gelangen ins Grundwasser, oder brauchen Wasser um entsorgt zu werden. Die Ablagerungen von Kunstdüngern aus der Landwirtschaft verschmutzen Flüsse, Seen und Grundwasserreserven. Oft sind die Schäden durch Verschmutzung praktisch irreversibel oder erfordern hohen technischen und damit finanziellen Aufwand. Schlechtes Management führt zu einem Verlust großer Mengen von Wasser. Wasser ist üblicherweise nicht dort verfügbar, wo es am meisten gebraucht wird. Dämme und Speichervorrichtungen sind notwendig. Leitungen müssen gebaut werden, um das Wasser an entfernte Stellen zu bringen. Sich ändernde Bedingungen, wie der Klimawandel, bedingen auch eine ständige Anpassung dieser Infrastruktur. Schnell wachsende urbane Zentren bringen besondere Probleme im Wassermanagement mit sich. Die Auswirkungen der Wasserknappheit Es ist wichtig zu betonen, dass die zunehmende Beanspruchung von Wasserressourcen im Zusammenhang mit einer generellen ökologischen Krise steht. Die echte Bedrohung besteht in der Tatsache, dass eine große Bandbreite ökologischer Probleme gleichzeitig behandelt werden muss. Wassermangel kann daher nicht allein betrachtet werden in diesem Zusammenhang. Ebenso müssen Maßnahmen das gesamte Zusammenspiel berücksichtigen. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass die Wasserkrise allgegenwärtig ist. Welches ökologische Problem man auch immer näher betrachtet, es hängt stets auf die eine oder andere Weise mit Wasser zusammen. Maßnahmen Welche Maßnahmen können ergriffen werden in dieser Wasserkrise? Viele Maßnahmen sind in der Lage die Verfügbarkeit von Wasser zu verbessern. Die Effektivität dieser Maßnahmen kann verbessert werden durch: •Steigerung der Speichermenge von Wasser •Reduktion des Wasserverbrauchs in der Industrie durch verbesserte Technologien •Entwicklung effizienter Methoden der Wassernutzung in der Landwirtschaft und durch eine verminderte Nutzung von künstlicher Bewässerung •Eine Verbesserung der Installationen im Bereich der Wasserspeicherung und Weiterleitung •Verminderung der Wasserverschmutzung und Wiederaufbereitung von verschmutztem Wasser. Es ist essentiell, Wasser als knappe Ressource zu betrachten und den Verbrauch so gering wie möglich zu halten. Selbst dort, wo Wasser in großen Mengen verfügbar ist, muss eine Ver- Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 9 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! schwendung verhindert werden. Die Menge des Wasserverbrauchs in den Industriestaaten muss weiter reduziert werden. Um der Wasserkrise effektiv entgegenzutreten, müssen auch weiterführende Themen behandelt werden, wie: Globale Erwärmung (um das Ausmaß des Klimawandels gering zu halten und den Wasserkreislauf aufrechtzuerhalten) Energieproduktion und Energieverbrauch. Im Vergleich zu Energie, die aus fossilen Brennstoffen oder Kernspaltung gewonnen wird, gilt die Energie aus Wasserkraft gemeinhin als sauber. Tatsächlich jedoch birgt jede Form der Energiegewinnung Risiken. Die Konstruktion von Staumauern fordert einen hohen ökologischen Preis. Energie zu sparen hilft daher auch Wasser zu schützen. Schutz der Wälder und Wiederaufforstung, besonders in Gebirgsgegenden. Wälder dienen nicht nur als CO2-Speicher, sondern schützen auch die Wasserressourcen. Die Wasserkrise erfordert eine gemeinsame Antwort. Sie betrifft alle Schichten der Gesellschaft, von den lokalen Gemeinschaften bis auf nationale und internationale Ebenen. Um die Teilnahme der Menschen sicher zu stellen, sind lokale Aktionen notwendig. Doch ist es wichtig zu erkennen, dass die Probleme nur in überregionalem Maßstab wirksam bekämpft werden können. Kooperationen unter den Gemeinschaften sind daher erforderlich. In vielen Fällen jedoch kann eine Lösung durch internationale Zusammenarbeit gefunden werden. Diese internationale Zusammenarbeit kann am effizientesten über ein Netzwerk erfolgen. Die finanziellen Bedürfnisse dafür sind enorm. Effektive Maßnahmen können daher nur von nationalen Regierungen und internationalen Gemeinschaften beschlossen werden, welche die Wasserkrise als höchst prioritär einstufen und es dementsprechend bei der Verteilung ihrer Budgets berücksichtigen. Natürlich erfordert das Vorhaben auch internationale Solidarität. Große Summen müssen für ärmere Länder verfügbar gemacht werden, um die Kosten der notwendigen Maßnahmen zu decken. Die Stellung der Kirchen Das Thema ist von besonderer Bedeutung für die Gläubigen der Kirchen. Wenn die Existenz von Lebewesen auf dem Spiel steht, haben sie keine andere Wahl, als der Wasserkrise entgegenzutreten und Stellung zu nehmen. a) Bewusstseinsbildung Kirchen sollen die einzigartige Rolle des Wassers für alle Lebewesen hervorheben. Christen sehen Wasser als Geschenk Gottes an. Wasser ist ein Symbol des Lebens und ein Symbol von Gottes Gnade. Wasser stellt daher mehr als nur ein nutzbares Gut dar. Wasser verdient Respekt und Schutz. Die Kirchen müssen Wasser als Leben spendendes Geschenk schätzen lernen. Es ist selbstverständlich, dass Gottes Geschenk der gesamten Schöpfung zugedacht ist. Gemäß der zweiten Schöpfungsgeschichte fließt das Wasser aus Gottes Paradies über die ganze Erde. Das paradiesische Geschenk ist für alle Lebewesen; und Jesus sagte uns, dass Gott den Regen für alle Gerechten und auch Ungerechten schickt. Wasser gilt daher als ge10 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 2. Themenschwerpunkt 2011: Wasser –lebenswichtig –bedrohlich –bedroht! meinschaftliches Gut. Die erste Aufgabe der Christen besteht daher darin, sich und ihre Mitmenschen des wahren Wertes von Wasser zu erinnern. Wasser kann Inhalt von Meditation und Predigt sein. Es verdient einen Platz im Dienst an Gott. Der heilige Franziskus nannte Wasser zu Recht „unsere Schwester“– nicht ein Objekt, sondern ein lebensspendendes Wesen. Bewusstseinsbildung muss gleichzeitig auch eine nachhaltige Bewusstwerdung der gegenwärtigen Situation sein. Warum sprechen wir von einer „Wasserkrise“? Was sind ihre Wurzeln? Christen müssen es schaffen sich der tatsächlichen Krise bewusst zu werden und dürfen ihre Gefahren keinesfalls übersehen oder herabsetzen. Die Thematik muss in ihrer vollen Komplexität betrachtet werden. b) Teilnahme an öffentlichen Debatten und Aktionen Da Wasser für das Leben essentiell ist, haben die Kirchen die Pflicht sich in der gegenwärtigen Debatte über angemessenes Wassermanagement zu beteiligen. Es sind fundamentale ethische Entscheidungen zu treffen und nur eine volle Teilnahme an der öffentlichen Diskussion darf für die Kirchen in Betracht kommen. Eine Teilnahme ist essentiell auf allen Ebenen – lokal, national, regional und international. Es müssen Wege gefunden werden, um die Ausarbeitung internationaler Abkommen in Zusammenarbeit zu ermöglichen. Aus diesem Grund sollten Kirchen mit NGOs zusammenarbeiten, die sich intensiv mit der Thematik der Wasserkrise auseinander setzen, um aus deren Erfahrungen zu profitieren. In vielen Gegenden können Lösungen nur auf regionaler Ebene erzielt werden. Da Kirchen üblicherweise nationale Grenzen überschreiten, können sie als wichtige Vermittler in Prozessen der regionalen Zusammenarbeit dienen. Ein Hauptaugenmerk muss darin liegen, die Menschen zur Teilnahme an einem effizienten Wassermanagement zu bewegen. c) Lebensstil Um Glaubwürdigkeit zu wahren, müssen die Kirchen, sowohl auf persönlicher als auch auf gemeinschaftlicher Ebene, einen Lebensstil vorleben, in welchem sich Respekt und Verantwortung gegenüber dem Geschenk des Wassers spiegeln. Christen müssen der exzessiven Wassernutzung widerstehen und unnötige Verschmutzungen vermeiden. Sie sollten zugunsten der Verfügbarkeit des Wassers an allen „indirekten“Maßnahmen teilnehmen die eine Steigerung der Wasserverfügbarkeit nach sich ziehen. Das Recht auf Wasserzugang muss erkannt und als grundlegendes Menschenrecht propagiert werden, gestützt durch gesetzliche Grundlagen. Wasser verbindet uns mit der Schöpfung. Aus diesem Grund sind sein Schutz und seine nachhaltige Nutzung eine absolute Notwendigkeit für den Erhalt des Lebens auf unserem Planeten und dem Wohlergehen zukünftiger Generationen. Weiterführende Informationen: Quellen lebendigen Wassers : Lukas Vischer, ECEN Dossier: Water –Source of Life (englisch) http://www.ecen.org/cms/uploads/water04.pdf ECEN Dokumente über Wasser (englisch) http://www.ecen.org/cms/index.php?page=water Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 11 3. Theologische Grundlagen 3. Theologische Grundlagen 3.1 Bibeltheologische Grundlegung: „Du kannst das Angesicht der Erde erneuern“(Ps 104,30). Das Schöpfungslob des 104. Psalms als Ruf zur ökologischen Umkehr3 Erich Zenger 3.1.1 Der Anlass der biblischen Schöpfungstheologie [… ] Dass JHWH die Welt als ihr Schöpfer liebt, durchwaltet und vollendet, ist eine Grundüberzeugung, die der erste Teil unserer Bibel in Erzählungen, Prophetensprüchen, weisheitlichen Reflexionen und nicht zuletzt in hymnischen Psalmen zu verkünden nicht müde wird. In solchen schöpfungstheologischen Texten sprechen sich keineswegs, wie bisweilen zu lesen ist, eine unkritische Naivität und eine optimistische Weltsicht des antiken Menschen aus, deren wir Menschen des 20. Jahrhunderts angesichts der erlittenen und befürchteten Katastrophen, die wir nicht verdrängen dürfen – nicht mehr fähig sind. Historisch richtig ist: Die Schöpfungstheologie ist in Israel gerade angesichts erlittener Katastrophen zu ihrer Reife durchgebrochen. In ihr ringt sich Israel allen schmerzlichen Erfahrungen zum Trotz sein grundsätzliches Ja zur Welt und zum Leben in dieser Welt ab. Wie die einzelnen Beterinnen und Beter in Stunden des Leids und der Verzweiflung den Menschen-Schöpfergott beschwören (vgl. Ps 22,10f; Ijob 3; Jer 20,14-18), so sollten angesichts geschichtlicher und kosmischer Erschütterungen und Ängste die Erzählungen und Bilder von dem Welt-Schöpfergott die Erde als Ort der Gottesherrschaft, als Kosmos inmitten von Chaos, wahr- und annehmen lehren. Wenn Israel die Darstellung seiner Ursprünge in den beiden großen Geschichtsentwürfen des Jahwisten (J) und der Priesterschrift (P), die im Pentateuch kunstvoll verbunden wurden, mit Schöpfungserzählungen beginnt, soll die Geschichte buchstäblich im Schöpfergott „begründet“werden, der die Erde und alles Leben auf ihr, ja sogar den Himmel liebt –trotz aller Sünde (vgl. Gen 3-4) und Gewalttat (vgl. Gen 6,11 f). Die schöpfungstheologische Rede von Gott als dem Liebhaber des Lebens (vgl. Weish 11,24-26) entspringt aus einer „nachkritischen Naivität", in der Israel aller Schuld– und Leiderfahrung zum Trotz das Leben der Erde als kostbares Geschenk betrachtete, an dem es selbst hing – wie sein Gott. Dass die biblischen Schöpfungserzählungen anthropozentrisch missverstanden wurden, ist leider allzu wahr. Aber dass sie so gemeint waren und sind, wird man kaum sagen können, wenn man das geradezu prophetisch-kritische Menschenbild dieser Erzählungen erfasst. Dass das Leben fundamental und schöpfungswidrig bedroht und zerstört wird, ist –das schärfen diese Erzählungen provozierend offen ein –Werk des gierigen (Gen 3) und gewalttätigen (Gen 4) Menschen, ja „allen Fleisches“(Gen 6,11 f). Der Resignation und der Verzweiflung, die angesichts dieser Realität aufkommen könnten, setzen die Schöpfungserzählungen ihre Hoffnungsbilder entgegen: Der Gott, der die „nackten Menschen“bekleidet (Gen 3,21), der den Brudermörder vor dem tödlichen Kreislauf der Blutrache schützt (Gen 4,15), der schließlich den Regenbogen als Zeichen seines „ewigen Bundes“mit allem (!) Leben in die Wolken setzt (Gen 9,12-17) –das sind die 3 12 Erich Zenger, „Du kannst das Angesicht der Erde erneuern“(Ps 104,30). Das Schöpfungslob des 104. Psalms als Ruf zur ökologischen Umkehr in: Bibel und Liturgie 64 (1991) 75–86. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger Merkzeichen, mit denen die Erzähler festhalten wollen, dass der Schöpfergott sich nach wie vor von seiner Vision gelingenden Zusammenlebens im Lebenshaus der Schöpfung (vgl. Gen 1) und im Paradeisos (vgl. Gen 2) leiten lässt. Wenn die jüdische Tradition bis heute dazu einlädt, beim Aufscheinen des Regenbogens die Beraka „Gepriesen bist Du, Herr unser Gott, König des Universums, weil du des Bundes [mit dem Leben] gedenkst, ihm die Treue hältst und zu Deinem Wort stehst“zu sprechen, bringt sie diese Funktion der Schöpfungstheologe auf den Punkt: Sie will einerseits Trost und Hoffnung stiften, und sie fordert andererseits dazu auf, das Universum als Reich Gottes zu begreifen und sich dankbar und demütig in die Lebensordnung dieses Reiches einzufügen. Gerade in und nach den katastrophischen Erfahrungen des Exils hat Israel von den Anfängen geredet, die JHWH in der Geschichte des Gottesvolkes nicht nur als der Gott Israels, sondern als der Schöpfer von Himmel und Erde gesetzt hat. Das ist die theologische Leistung Deuterojesajas, aber auch jener Redaktoren, die in der Exilszeit und bald danach die anderen Prophetenbücher schöpfungstheologisch überarbeiteten. Die hymnischen Abschnitte im Amosbuch beispielsweise (Am 4,13; 5,8; 9,5f), die zusammen mit Am 1,2 die exilische Neuedition des Amosbuchs (Am 1,1-9,6*) strukturieren, wollen einerseits dazu bewegen, die Katastrophe als läuterndes Gericht anzunehmen, aber sie erinnern zugleich daran, dass JHWH als der Weltschöpfer seine einmal mit Israel als Teil der Welt eingegangene Bindung nicht aufgeben kann, so er denn zu seinem Ja steht. Worum es in dieser Schöpfungstheologie geht, lässt sich mit Jer 31,35f (vgl. auch Jer 32,18; 33,2; 51,19) so zusammenfassen: „So spricht JHWH, der die Sonne bestimmt zum Licht am Tag, der den Mond und die Sterne bestellt zum Licht in der Nacht, der das Meer aufwühlt, dass die Wogen brausen, –JHWH der Heere ist sein Name: Nur wenn jemals diese Ordnungen vor meinen Augen ins Wanken gerieten, –Spruch JHWHs–, dann hörten auch Israels Nachkommen auf, für alle Zeit vor meinen Augen ein Volk zu sein.“ Wenn Israel von den Anfängen der Welt redete, hatte es die konkrete Welt und Geschichte vor Augen, in denen es lebte. Mit dieser konkreten, ja gegenwärtigen Welt beschäftigte Israel sich noch in einer anderen Weise. Wie bei den Erzählungen über die Anfänge war es auch hier in lebhaftem Gespräch mit seinen Nachbarkulturen. Eine solche andere Art des schöpfungstheologischen Umgangs mit der Welt vollzog sich vor allem in der Weisheitsüberlieferung, in der die Menschen die unterschiedlichen Phänomene und Prozesse der Natur, der Gesellschaft und der Geschichte daraufhin „durchleuchten“, dass sie in ihnen wiederkehrende Abläufe und Gesetzmäßigkeiten entdecken, um daraus Regeln für das rechte Verhalten, zur rechten Zeit und am rechten Ort abzuleiten. Die Weisheit zielt auf Lebenskunst, indem sie die Vielfalt des Lebens ordnet und dazu befähigen will, sich den erkennbaren Ordnungen einzufügen, damit Leben als Zusammenleben gelingt. Das tut sie, weil sie zutiefst von dem Vertrauen beseelt ist, dass diese Ordnungen verlässlich und letztlich heilvoll sind. An diese Lebensordnung haben sich, so vertraut die Weisheit, sogar die Götter gebunden. Das ist auch das Grundaxiom der Weisheit Israels, wie es Ps 104,24 b formuliert: „Alles hast du in/durch Weisheit gemacht.“Dies ist eine Aussage über das Ganze der Welt! Wer sich im einzelnen zurechtfinden will, gerade inmitten der bedrohten Welt, aber auch wer nicht verzweifeln will angesichts der Zerstörungen, die er selbst auslöst, dem kann der Blick auf das Ganze OrientieMichael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 13 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger rung und Kraft geben. Die weisheitliche Schöpfungstheologie legt, vor allem in ihrer älteren Gestalt, den Akzent nicht auf die Schöpfung am Anfang, sondern auf die „Schöpfung“, die sich fortwährend vollzieht. Fachtheologisch gesprochen: Nicht die creatio prima, sondern die creatio continua ist ihr Hauptthema. Ob man das „Welterhaltung“oder „Neuschöpfung“nennen soll, hängt davon ab, wie man die Gefährdungen und Störungen der Welt beurteilt. Die Hauptansage bleibt: Die weisheitliche Schöpfungstheologie trägt vor allem die Lebensordnungen zusammen, an denen die Welt als Lebensprozess hängt. Für ein Leben nach diesen Ordnungen wirbt sie; in ihnen sieht sie den guten, das Leben liebenden Gott selbst am Werk. 3.1.2 Psalm 104 –ein weisheitlicher Schöpfungshymnus Der 104. Psalm ist insofern weisheitlich, als er die konkret wahrgenommene Welt „systematisch“beschreibt. Der Psalmdichter listet, gewiss in poetischer Auswahl, all sein naturkundliches Wissen auf. Geradezu ins Detail verliebt (auch uns moderne Weltbetrachter faszinieren ja immer wieder die Vielfalt und die Schönheit jedes „Einzelexemplars“ von Mineralien, Pflanzen, Tieren und Menschen) zeichnet der Verfasser von Ps 104 die Welt so nach, wie er sie sieht. Er durchschreitet die Lebensräume seiner dreigeteilten Welt, den Himmel (V. 2-4: kurz), die Erde (V. 5-23: lang) und das Meer (V.25-26: kurz). Wie unsere Auslegung zeigen wird, zeichnet er nicht nur die einzelnen Lebensräume und Lebenszeiten nach, sondern sieht das Leben geradezu in funktionalen Zusammenhängen. So verbindet er auch Aussagen über die Erschaffung der Erde (V. 5-9) mit solchen über ihre Erhaltung (V. 10-23). Aber all dies geschieht nicht in der distanzierten Beschreibung des empirischen Wissenschaftlers oder des interessierten „Laien“, sondern im hymnischen Lobpreis. Nicht nur die Selbstaufforderungen zum Lobgesang am Anfang und am Schluss des Psalms, nicht nur die für den Hymnus typischen Partizipien (in unserer Übersetzung leider nicht zu erkennen!) lassen für den, der mit der Tradition der hymnischen Formen vertraut ist, sofort deutlich werden, dass es hier von Anfang an bis zum Schluss um das Rühmen des guten Schöpfergottes geht. Die ganze „Skizze“des Weltbilds zielt auf die zentrale Aussage von V. 27-30: dass alles, was lebt, sein gemeinsames Leben der gebenden Hand, dem liebevoll zugewandten Angesicht und dem belebenden Atem Gottes verdankt – einem Du, vor und zu dem der Beter begeistert sein Schöpfungslob singt. So ist der Psalm insgesamt ein weisheitlicher Schöpfungshymnus, um dessen schöpfungstheologischen „Hauptteil“(V. 2 b-30) ein doppelter Rahmen gelegt ist. Den äußeren Rahmen bilden „Aufgesang“ (V. 1 a: Selbstaufforderung zur Beraka) und „Abgesang“(V. 33-34: Widmung des Psalms; V. 35 a b: Bitte um „Erlösung von dem Übel“, das die Schöpfung mutwillig bedroht und verletzt; V. 35 c: Selbstaufforderung zur Beraka, wie V. 1 a). Der innere Rahmen ist von (altorientalisch breit belegten) Motiven der GottkönigtumsTheologie bestimmt und zeichnet in V. 1 b-2 a JHWH als den im Königsglanz erscheinenden Gott, dessen welterhaltende „Herrlichkeit“und freudige Zugewandtheit für die Welt bis zum Ende der Weltzeit in V. 31-32 erfleht wird. Dieser innere Rahmen lässt JHWH die von ihm geschaffene und geordnete Welt gewissermaßen buchstäblich umfangen und halten. Zu dieser theologischen Rahmenstruktur gehört auch, nach dem breiten Abschnitt über die Erde (V. 523), der faszinierte Ausruf V. 24, der in seiner dritten Zeile nochmals das den Abschnitt einleitende (V. 5 a!) Themawort „Erde“wiederholt. Der Psalm liest sich wie ein religionsgeschichtliches Florilegium (= lat. Blütenlese, Lesefrüchte M.K.) von phönizisch-kanaanäischen, ägyptischen und assyrisch-babylonischen, aber auch genuin altisraelitischen Überlieferungen über die Themen „Bändigung und Verwandlung 14 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger des (Wasser–)Chaos zu Kosmos durch eine (königliche) Gottheit“und „Der (Gott–)König als Lebensmittler (Ernährer) seines Volkes/Reiches“; beide Themen sind im Psalm in der spannungsreichen Perspektive Tod – Leben kunstvoll verschmolzen. Er bietet eine gezielt monotheistische Synthese, die JHWH als (kanaanäischen) Regenbringergott und als (ägyptischen) Sonnengott zeichnet. Er dürfte aus der nachexilischen Weisheitsschule stammen, der wir auch sonst wunderschöne Schöpfungstexte (z. B. Spr 8,20-31) verdanken. Sein besonderes Profil macht schon ein flüchtiger, vergleichender Blick auf Ps 93 bewusst, mit dem sich Ps 104,1 b-9 teilweise bis in den Wortlaut hinein berührt. Während Ps 93 in seiner nachexilischen Gestalt durch V. 2 b und V. 5 eine tempeltheologische Gründung der Welt verkündet (vgl. dazu unten IV.), ist Ps 104 durch und durch davon bestimmt, dass die Welt tagtäglich neu und unvermittelt aus der gütigen Hand Gottes hervorgeht. Der Psalm ist nun ein Abschnitt im vierten Psalmenbuch (Ps 90-106), das stark vom Thema des Leben stiftenden Königtums JHWHs (vgl. besonders Ps 93-100), aber auch vom Leiden am Tod in seinen vielen Formen (vgl. besonders Ps 90; 102; 105-106) bestimmt ist. Dabei hat die Redaktion Ps 103 und Ps 104 gezielt nacheinander gestellt (vgl. die Stichwort- und Motivbezüge zwischen Ps 103,19-22 und Ps 104,2-4 sowie besonders die den beiden Psalmen gemeinsame Rahmung!). Ps 104 ist demgemäß als Fortführung von Ps 103 die schöpfungstheologische Grundlegung der in Ps 103 verkündeten Botschaft vom vergebenden Gott. 3.1.3 Die Schöpfung ist Gottes Reich 1a 1b 1c 2a 2b 3a 3b 3c 4a 4b 5a 5b 6a 6b 7a 7b 8a 8b 9a 9b 10 a l0 b 11 a 11 b 12 a Lobpreise, meine Seele, JHWH! JHWH, mein Gott, du bist sehr groß. Mit Pracht und Glanz bist du bekleidet, du umgibst dich mit Licht wie mit einem Mantel. Der den Himmel ausspannt wie eine Zeltdecke, der die Balken seiner Gemächer in den Wassern festmacht, der Wolken bestimmt zu seinem Wagen, der einherfährt auf den Flügeln des Sturmes, der zu seinen Boten Winde macht, zu seinen Dienern brennendes Feuer. Er hat die Erde gegründet auf ihre Pfeiler, dass sie nicht wanke auf immer und ewig. Das Urmeer bedeckte sie wie ein Kleid, bis über die Berge standen die Wasser. Vor deinem Anschreien flohen sie, vor der Stimme deines Grollens hasteten sie davon, sie stiegen die Berge hinauf, fuhren hinab in die Täler zu dem Ort, den du gegründet für sie. Eine Grenze bestimmtest du, die sie nicht überschreiten dürfen, dass sie nicht zurückkehren, um wieder die Erde zu bedecken. Der Quellen sendet in die Täler; zwischen den Bergen laufen sie dahin, zu tränken alle Tiere des Wildlands, Wildesel stillen daraus ihren Durst, an ihnen wohnt das Fluggetier des Himmels, Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 15 3. Theologische Grundlagen 12 b 13 a 13 b 14 a 14 b 14 c 15 a 15 b 15 c 16 a 16 b 17 a 17 b 18 a 18 b 19 a 19 b 20 a 20 b 21 a 21 b 22 a 22 b 23 a 23 b 24 a 24 b 24 c 25 a 25 b 25 c 26 a 26 b Erich Zenger aus dem Dickicht erhebt es seine Stimme. Der die Berge tränkt aus seinen Gemächern, von der Frucht deiner Werke wird satt die Erde, der Gras sprießen lässt für das Vieh und Pflanzen für die Arbeit des Menschen, um Brot aus der Erde hervorzubringen und Wein, der des Menschleins Herz froh macht, um zum Glänzen zu bringen sein Angesicht mit Öl, und dass Brot des Menschleins Herz stark mache. Es trinken sich satt die Bäume JHWHs, die Zedern des Libanon, die er gepflanzt hat, wo Vögel ihre Nester bauen, wo in den Wipfeln der Storch sein Haus hat. Die hohen Berge sind für die Steinböcke da, die Felsen sind Zuflucht für die Klippdachse. Der den Mond gemacht hat als Maß für die Zeiten, die Sonne, die ihren Untergang kennt. Du befiehlst Finsternis, und es wird Nacht, in ihr wimmeln alle Tiere des Waldes, die Junglöwen brüllen nach Beute, um von Gott ihre Nahrung zu fordern. Du lässt aufstrahlen die Sonne, da ziehen sie ab und lagern sich in ihren Höhlen, da tritt der Mensch heraus zu seinem Tun, zu seiner Arbeit bis zum Abend. Wie zahlreich sind deine Werke, JHWH. Sie alle hast Du in Weisheit gemacht! Übervoll ist die Erde von deinen Geschöpfen! Da ist (noch) das Meer, groß und unermesslich weit, in ihm ein Gewimmel ohne Zahl: kleine Lebewesen zusammen mit großen. Da ziehen Schiffe dahin, der Leviatan, den du gebildet, mit ihm zu scherzen. Mit dem den Hymnus eröffnenden „Aufgesang“V. 1 a fordert der Beter „seine Seele“, d. h. sich selbst als Wesen voller Lebenshunger, auf, den Psalm als Beraka, d. h. als Preis- und Dankgebet, zu rezitieren (vgl. die Doppel-Beraka über Brot und Wein in der Eucharistie!). Er gilt JHWH als dem allen Göttern überlegenen König („Pracht und Glanz“sind typische Königsattribute: vgl. Ps 8,5f; 21,6), der sich als „Licht“, d. h. als Leben und Heil, offenbart – eben in seiner Schöpfung und für sie. Im ersten Abschnitt des corpus hymni (V. 2 b-4 b) beschreibt der Psalm JHWHs Schöpferhandeln im und am Himmel (das Themawort „Himmel" steht entsprechend in V. 2 b). Mitten in die Chaoswasser baut JHWH seinen Königs-Palast und entmachtet sie so. Zugleich bestimmt er wie ein altorientalisch-kanaanäischer Wettergott die „Himmelsphänomene“ Wolken, Winde und Blitze zu Dienern für seine „königlichen“Aufgaben, für die Erde Geber des Lebens durch die Gabe des lebenswichtigen Wassers zu sein, wie dann im nächsten Abschnitt V. 5-18 (beachte wieder das Themawort „Erde“in V. 5 a!) plastisch entfaltet wird. Im Rück16 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger griff auf die Vorstellungen vom Chaoskampf, bei dem JHWH „in illo tempore“dem Chaos seine chaotisch-destruktive Gewalt nahm und in dem er zugleich die immer noch vom Chaos ausgehenden partiellen Störungen Tag für Tag abwehrt, wird in V. 5-9 die anfängliche Gründung der Erde besungen. Dass das Chaos hier all seine destruktive Potenz verloren habe, wie bisweilen gesagt wird, widerspricht nicht nur der Sicht der Welt, die in V. 29-30 anklingt, sondern insbesondere der weisheitlichen Weltwahrnehmung, die für den Psalm charakteristisch ist. Dem Chaos ist eine Grenze gesetzt, die es nicht überschreiten kann, aber eben nur, weil der Schöpfergott Tag für Tag seine chaosbändigende Mächtigkeit aufbietet. Geradezu plastisch lässt der Dichter miterleben, wie der Urflut-Drachen vor der gebieterischen Stimme JHWHs über die Berge und Täler hinhastet, bis er ins Meer kommt, wo er bleiben „darf“, aber von wo aus er die Erde immer wieder bedroht und ihre Bewohner ängstigt. Dem „bösen“ Wasser wird nicht nur seine katastrophische Zerstörungsgewalt, gewissermaßen sein „Sintflut-Charakter“, genommen. Noch mehr preist der Dichter, dass JHWH das Chaoswasser in „gutes“ Wasser verwandelt, indem er aus dem himmlischen Wasservorrat die Erde in ihren unterschiedlichen Landschaften mit je spezifischer Lebenswelt (V. 10-12: Wildland „zwischen den Bergen"; V. 13-15: Acker–und Kulturland „auf den Bergen"; V. 16-18: „die hohen Berge" mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt; beachte das Schwenken der „Kamera" von unten nach oben!) mit Quell- und Regenwasser versorgt. Im „Schöpfungsbild" von V. 10-12 hat sich nicht die Erfahrung der großen Flusskulturen Ägyptens und Mesopotamiens, wo die Flüsse der Lebensnerv von Ansiedlung und Ackerbau waren, niedergeschlagen, sondern das Erlebnis der syrisch-palästinischen Flüsse, nicht zuletzt des Jordans, dessen Ufer noch bis zum Beginn unseres Jahrhunderts von dschungelähnlichem Urwald und üppigem Dickicht gesäumt waren, die wilden und gefürchteten Tieren Lebensraum boten. Der Wildesel (V. 11 b) repräsentiert die Steppen–und Wüstentiere, denen JHWH ebenfalls durch Quellbäche in den Wadis das lebensnotwendige Wasser gibt. So reichlich fließt das Wasser in den Flüssen und Wadis des Wildlandes, dass an ihnen Vogelparadiese mit Gekreische und Gesang aller Art entstehen. So preist dieser Abschnitt V. 10-12 JHWH als Spender überschäumenden Lebens. Wenn gleichwohl diese Regionen und die dort lebenden Tiere den Menschen damals nicht als nützlich, sondern eher als bedrohlich erschienen, so sieht unser Psalm hier die gleiche Leben gebende Hand des Schöpfergottes am Werk wie in der Lebenswelt der Menschen, die V. 13-15 besingt. Der Lebensraum von Vieh und Mensch wird von JHWH so mit Regen versorgt, dass der Boden durch die von JHWH gegebene Lebenskraft (JHWH ist in V. 13-15 der Handelnde!) die lebensnotwendigen Güter hervorbringt: Weide für das Vieh sowie Pflanzen und Bäume, aus denen der Mensch durch seine Arbeit Brot (Essen), Wein (Trinken) und Öl (Salben) gewinnen kann (V. 13-15). Nicht nur das tägliche Brot (es ist besonders wichtig; so wird es zweimal genannt!) gibt JHWH, sondern auch Wein und Öl, Gaben des Überflusses und der festlichen Lebenskultur. Hier ist nichts von der in Gen 3,17-19 beklagten Mühsal des palästinischen Bauern zu spüren; hier spricht sich im Gegenteil das Staunen darüber aus, was diese Erde an Gutem und Schönem hervorbringen kann, wenn sie unter dem Segen eines gütigen Schöpfergottes steht. Dabei hebt der Dichter hervor: diese Gaben der von Gott gegründeten und versorgten Erde erfreuen das Herz und das Angesicht des Menschen, d. h., sie können ihn stark, glücklich und schön machen. Noch einmal setzt der Dichter im Abschnitt über die Bergwelt (V. 16-18) mit dem Motiv des Wassers an, um JHWHs überreiche Lebensgabe zu preisen. Die mächtigen und uralt werdenden Libanonzedern, deren Stämme bis zu 40 m Höhe und bis zu 4 m Durchmesser erreichen können, sind in der alttestamentlichen Tradition Symbol für Kraft und Macht (vgl. Ez 17,22Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 17 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger 24). Solch riesige Bäume sind Götterbäume; der Psalm nennt sie „Bäume JHWHs“, er hat sie gepflanzt, und sie sind in besonderer Weise Ausdruck seiner Lebensmächtigkeit. Selbst die Bäume der Bergregion sind, so staunt der Dichter, „Lebensbäume“für Vögel. Ja, sogar dort, wo die Waldregion aufhört, gibt es immer noch Leben; hier tummeln sich (wie man in der Bergregion über En-Gedi erleben kann!) Steinböcke und Klippdachse. Wie für den priesterschriftlichen Theologen, dem wir Gen 1,1 - 2,4 a verdanken, ist auch für Ps 104 eine Voraussetzung dafür, dass die Erde das vom Schöpfergott gewollte „Lebenshaus" bleibt, dass die unterschiedlichen Lebewesen die ihnen zugewiesenen Lebensräume und Lebenszeiten respektieren. Deshalb kommt nun in V. 19-23 die vom Schöpfergott gesetzte Lebensordnung der Zeiten so zur Sprache, dass zunächst Mond und Sonne als die „Ordner" der Zeit und danach die dadurch geordneten Lebensvollzüge für die Wildtiere und sodann für die Menschen (und der mit ihnen lebenden Tierwelt) beschrieben werden. Der Mond zeigt die grundlegenden Ordnungen „Jahr“und „Monat“ (der altorientalische Kalender hat ursprünglich ein Mondjahr!) sowie die großen Festtage des landwirtschaftlichen und des kultischen Lebens (z. B. Neumond–und Vollmondfesttag, aber auch Pessach, Wochen–und Herbstfest) an. Die an zweiter Stelle genannte Sonne strukturiert die Zeit in Tag und Nacht und begründet die in Israel entstandene Siebentage-Woche mit ihrer grundlegenden Unterscheidung von Arbeit und Ruhe. Dass hier zunächst der Sonnenuntergang (V. 19 b) genannt wird, hängt mit der in der nachexilischen Zeit vorherrschend gewordenen Tageszählung zusammen, die den Tag mit dem Sonnenuntergang beginnen lässt (so im Judentum und im liturgischen Kalender des Christentums bis heute!). Nur wenn die Zeiten der Arbeit und der Ruhe, die Zeiten der Natur und der Feste, aber auch die unterschiedlichen Zeiten der Tiere und der Menschen (V. 20-23) beachtet werden, kann sich das allen gemeinsame Leben in seinem Reichtum entfalten – das ist die großartige Idee dieses Abschnitts, die uns im Zeitalter der ökologischen Neubesinnung höchst modern erscheint. Nachdem der Psalmdichter in V. 5-23 die der Erde eingestifteten Lebensordnungen und möglichkeiten besungen hat, bricht er in V. 24 in sein begeistertes „Zwischenfazit" aus: All dies ist die Erde von JHWH her – vorgängig vor allem Eingreifen des Menschen und unabhängig davon. Das ist ja das schöpfungstheologische „Ur-Erlebnis“ der alttestamentlichen Menschen, über das sie unaufhörlich staunen: Dass das Leben einfach da ist, schier unerschöpflich vorgegeben, freilich auch darauf angewiesen, es immer neu entgegenzunehmen, weil keines der Lebewesen es für sich selbst machen kann. So ist für den Psalmdichter die natürliche Welt, insofern und wie sie lebt, ein höchst positives Machterlebnis, das ihm die grundlegende und bleibende Zuwendung des Schöpfergottes zur Welt bewusstmacht. Alles ist „in Weisheit“gemacht, und übervoll ist die Erde von der Lebenskraft, die Gott in sie „investiert“. Die „Weisheit“, von der hier die Rede ist, meint nicht nur eine Eigenschaft Gottes, sondern zugleich eine Eigenschaft der Welt, die Gott ihr eingestiftet hat. Sie ist das Geheimnis, durch das sie den Menschen anrührt, geradezu als ein Ich anredet. Es ist nicht das Ich JHWHs – Israel hat immer um die unaufhebbare Grenze zwischen der Schöpfung und dem Schöpfer gewusst –, sondern es ist die Sinndimension und die Schönheit der Schöpfung, insofern sie von und durch die Weisheit JHWHs gestaltet und geliebt wird. Wer auf diese „Weisheit“der Schöpfung hört, gewinnt Weisheit, mit der das Leben zu sich selbst kommt. Knapp, aber ausdrucksstark skizziert V. 25-26 noch das Meer, also das Wasser, das nach dem altorientalischen Weltbild die Erdscheibe umgibt, als Lebensraum für Tiere und als Raum, der durch Gottes Schöpfermacht seine mythisch-chaotische Gefährlichkeit verloren hat (V. 26 b). Das Meer ist übervoll von großen und kleinen Wassertieren, die hier leben. Sogar Schiffe können hier „einhergehen“. Da Schiffe keine Lebewesen sind, scheinen sie hier zu stören. 18 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger Aber sie passen voll zur Perspektive des Psalms, weil die Schiffe auf dem Meer eindrucksvoll dokumentieren, dass das Meer als Teil der von JHWH umsorgten Schöpfung seine chaotische (nicht: seine gefährliche!) Macht verloren hat. Dass darauf nur so kurz angespielt wird, ist dadurch bedingt, dass der Durchschnittsisraelit das Meer und die Seefahrt nur vom Hörensagen kennt (doch vgl. immerhin Spr 30,18 f; 31,14; Sir 43,24f). Dem Psalmdichter ist wichtig: Auch über das Meer hält JHWH seine ordnende Hand; den Leviatan, den Meereschaosdrachen der kanaanäischen und altorientalischen Mythologie (wo er mit unterschiedlichen Namen „auftritt“), hat JHWH als Schöpfergott –ein für allemal entmachtet (vgl. auch Ijob 40,25 –41,26) –er spielt mit ihm wie ein Dompteur mit dem Delphin! 3.1.4 „Sie alle warten immerfort auf Dich“ 27 a 27 b 28 a 28 b 29 a 29 b 29 c 30 a 30 b 31 a 31 b 32 a 32 b 33 a 33 b 34 a 34 b 35 a 35 b 35 c 35 d Sie alle warten (voll Sehnsucht) auf dich, dass du ihnen Speise gibst zur rechten Zeit. Gibst du ihnen, so sammeln sie ein, öffnest du deine Hand, so sättigen sie sich mit Gutem. Verbirgst du dein Angesicht, sind sie verstört, ziehst du ihren Atem zurück, schwinden sie dahin, und zu ihrem Staub kehren sie zurück. Sendest du deinen Atem, werden sie geschaffen, und du erneuerst das Angesicht der Erde. Die Herrlichkeit JHWHs währe auf ewig! JHWH freue sich seiner Werke! Der die Erde anblickt, und sie erzittert, er berührt die Berge, und sie rauchen. Ich will JHWH singen, solange ich lebe, ich will meinem Gott aufspielen, solange ich da bin. Ihm möge gefallen mein (Psalmen-) Vortrag, ich selbst will mich freuen an JHWH. Verschwinden sollen die Sünder von der Erde, und Gottlose soll es nicht mehr geben! Lobpreise, meine Seele, JHWH.! Halleluja! Sind in der „Weltbetrachtung“von V. 2 b-26 die elementaren Voraussetzungen und Bedingungen für Leben im Blick, so ist es in V. 27-30 das Leben selbst: „Sie alle warten auf dich“ (V. 27 a). Das gemeinsame Sich-Ausstrecken aller Lebewesen voller Lebenshunger und sehnsucht macht die Welt zur Schöpfung. Worauf aber wartet sie? Gewiss sie wartet, wie der Psalm bildreich entfaltet, auf Regen, der sie belebt, auf Nahrung und Kleidung, auf Brot, Wein und Öl. Aber darin wartet sie auf mehr: dass der lebendige Gott selbst auf sie zukommt – „zur rechten Zeit!“Auf seine Zukunft warten sie alle, weil ER allein ihre Zukunft ist. Mit ihm und durch ihn sind sie lebendig, ohne ihn werden sie todesstarr und zerfallen in Staub (V. 28-30). Hier sprechen sich die leidvollen Erfahrungen aus, die Israel auch mit dem Leben, mit der Natur und mit seinem Gott selbst gemacht hat. Israels Theologie hat die Störungen und Katastrophen nie verdrängt. Sie hat auch Krankheit und Tod nie verklärt. Die Klagepsalmen und das Buch Ijob zeigen überdeutlich, dass Israels Theologie einerseits der Versuchung wiMichael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 19 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger derstand, die Welt als Missgriff eines launischen oder zornigen Gottes zu verachten, und dass sie andererseits nie der Illusion erlag, durch menschliches Machertum könne die Welt vollkommen werden. Im Gegenteil: Unser Psalm erlebt diese Störungen als Zeichen der absoluten Verwiesenheit allen Lebens auf den einen Lebensatem, der JHWH selbst ist und an dem alle teilhaben, die leben. Wenn und wo JHWH seine Lebenskraft „ausschickt“, macht er Tote wieder lebendig (vgl. V. 30 a mit Ez 37,1-14) und gibt er der Erde immer wieder neue jugendliche Lebensfrische (V. 30 b). Dass die „alte“Erde täglich „jung“wird, ist die „neue“Botschaft, mit der der Psalm seine Weltbetrachtung hoffnungsvoll zusammenfasst. Aber zugleich gilt: Wo die Lebewesen sich ihr Leben selbst nehmen wollen, gierig und gewalttätig wie Adam und Kain, zerstören sie sich selbst und ihre Lebenswelt. Das ist der lebenspraktische Realismus der Weisheit, die um die Schicksalsgemeinschaft von Mensch, Tier und Pflanze, ja um die unlösbare Verwiesenheit aller aufeinander weiß. Von einer „königlichen“Sonderstellung redet unser Psalm (vielleicht als bewusste Gegenstimme zu Gen 1, womit der Psalm 104 sich vielfach berührt?) nicht. Im Gegenteil: Ihm wird in V. 14.23 „Dienst“ an der Erde zugewiesen. Das ist seine „Sonderstellung“, die Pflanzen, die JHWH aus der Erde „herauskommen“lässt, zu Brot, Wein und Öl umzuwandeln. Die in Gen 1-2 programmatisch entworfene Vision von pflanzlicher Nahrung als Absage an die Tötung von Tieren leuchtet auch hier wieder auf. Es ist die Vision gewaltlosen Zusammenlebens, in das die Menschen hier eingewiesen werden. Ihr Leben ist Leben neben und mit anderem Leben. Das Leben des Menschen im Lebenshaus der Schöpfung ist Teil „eines Vorgangs göttlichen Wirkens, der keineswegs nur für den Menschen oder nur auf ihn hin, sondern zugunsten alles Lebendigen geschieht ... Was der Mensch für sein Leben wahrnimmt, gilt auch für tierisches Leben, und damit ist den Tieren prinzipiell das gleiche Lebensrecht zugestanden wie dem Menschen“ (O. H. Steck). Die Sonderstellung der Menschen spricht der Psalm erst im „Abgesang" an (V. 35 a b). Sie besteht traurigerweise darin, dass er als Sünder und Gott-loser den gemeinsamen Lebensprozess stört und gefährdet und vor allem den Schöpfergott verleugnet und sich der ihm zugewiesenen „Lebensaufgabe“verweigert. Die zum „inneren Rahmen“ gehörende Bitte V. 31-32 zielt darauf, dass das Warten der Schöpfung nicht unerfüllt bleibt. Es ist die Bitte, der Weltkönig JHWH möge die Erde als Ort des Offenbarwerdens seiner Herrlichkeit vollenden, gerade angesichts der Erfahrung, dass so vieles auf der Erde das Erscheinen der Herrlichkeit behindert. Hier klingt jenes Leiden aller Kreaturen an, das Röm. 8, 22 die Geburtswehen der „neuen“Erde nennt. Gerade eine Erde, der er täglich seine erneuernde Zuwendung schenkt, soll und wird JHWH besonders liebgewinnen und sich an ihr freuen. Um und für sie wird er kämpfen (V. 32), so er denn seine Bindung an die Schöpfung zu seinem fundamentalen Lebensvollzug gemacht hat. Die „Widmung“ V. 33-34 stammt schon aus der „Gebetsgeschichte“ des ursprünglichen Psalms V. 1 b-32. Hier redet einer, der den Hymnus gebetet und sich dabei so sehr von dessen theologischer Leidenschaft hat anstecken lassen, dass er in einem individuellen Lobpreisgelübde verspricht, sein ganzes weiteres Leben als einen einzigen grossen Lobgesang zu leben. Das ist in der Tat eine angemessene „Fortschreibung“des Hymnus, insofern alles Gotteslob in eben dem Gott gründet, dessen liebevolle Zuwendung in V. 1 b-32 hymnisch gefeiert wird. Der Mensch, der das Gotteslob zur Gestalt seines Lebens macht, verwirklicht genau das, was der Psalm mit Leben als verdankter Gottesgabe meint. Daran will der Beter sich auch nicht durch die deprimierende Gegenerfahrung des Bösen und Rätselhaften in der Welt, um dessen Verschwinden er bittet (V. 35 a b), behindern lassen. Im Gegenteil: Mit der abschließenden „Andachtsformel“V. 35 c fordert der Beter sich (wie in V. 1 a) abermals auf, bei aller Bedrohtheit der Schöpfung auf den Schöpfergott zu blicken und in ihm „Freude“an der Schöp20 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3. Theologische Grundlagen Erich Zenger fung sowie die Kraft zu einem schöpfungsgemäßen Leben zu finden – auch als Antwort auf die in V. 35 beklagte Realität des Bösen. 3.1.5 Der Psalm heute: Ruf zur ökologischen Umkehr [… ] Das Schöpferlob von Ps 104 ist Gebet eines Menschen, der sich aufbrechen lässt von dem Geheimnis, dass das Reich Gottes in der Schöpfung im Kommen ist. Der Psalm ist das ja des Lobenden, der von sich selbst und von seinen Bedürfnissen weg – und auf das Ganze hinblickt – und dies voller Hoffnung, dass dieses Ganze Tag für Tag vom Schöpfergott neu geschaffen wird (V. 30). Als lobpreisendes Ja zum Schöpfergott ist der Psalm weder blinde noch blenden wollende Zustimmung zu allem, was ist und geschieht. Im Gegenteil: Er ist Ausdruck des Leidens daran, dass vieles nicht so ist, wie es sein könnte. Und er ist noch mehr Widerspruch gegen alles, was das Kommen des Gottesreichs in der Schöpfung behindert. Wer diesen Psalm singt, singt ihn auch gegen sich selbst! Indem er die Vision vom solidarischen Zusammenleben aller Lebewesen besingt, ist der Psalm ein öffentlicher Protest insbesondere gegen alle „Weltbilder“ und die daraus entspringenden Taten der Menschen, die die Menschen und ihre Bedürfnisse zum „Maß aller Dinge“machen. So ist der Psalm keine kitschigidyllische Meditationsmusik, sondern ein kritisch-utopisches Lied, das heute zur ökologischen Umkehr ruft. Indem es die Schönheit der Schöpfung, jenseits aller menschlichen Zwecke, besingt, hält es an der Verheißung fest, dass die Schöpfung zum Leben berufen ist. Insofern es diese Schönheit aber als täglich zu erneuernde aus der gütigen Hand Gottes kommen sieht und insofern es die verbrecherischen, gott-losen Menschen als Zerstörer dieser Schönheit benennt und das Nicht-Schöne nicht ausblendet, mahnt und motiviert es zur Umkehr.[… ] Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 21 3.2 Christliches Ursymbol Wasser 3.2 Christliches Ursymbol Wasser4 3.2.1 Was bedeutet „Symbol“/„symbolisieren? Wasser ist... • flüssig, also von unbestimmter Form und daher geeignet, alles materiell Ungeformte, Geistige zu symbolisieren. Im pfingstlichen Kontext stehen Tau oder ein fließender Lebensbrunnen für die Ausgießung des Heiligen Geistes; • frisch und kühl und daher geeignet, Erquickung, Freude, und ein Nachwachsen verbrauchter Kräfte zu symbolisieren; • reinigend und daher geeignet, Läuterung, Säuberung und Erneuerung und Befreiung von Sünde zu symbolisieren; • durstlöschend, und daher geeignet, im geistigen Sinn den Durst nach Erkenntnis und Gott zu stillen; • ungebändigt und bedrohlich und daher geeignet, alles Vernichtende zu symbolisieren; • tief und geheimnisvoll und daher geeignet, rational nicht auszulotende, geistige Tiefe oder mystische Versenkung zu symbolisieren; • veränderlich in seinem Lauf, seiner Fließgeschwindigkeit, Tiefe und Dynamik und daher geeignet, den Lebenslauf des Menschen symbolisieren. Symbole sind Stellvertreter einer nicht unmittelbar wahrnehmbaren geistigen Realität. Sie weisen auf religiöse Wahrheiten hin und ermöglichen uns, alles, was sinnlich nicht fassbar ist, entweder sprachlich oder bildhaft mitzuteilen. Jedes echte Symbol ist zweiteilig. Es besteht aus einer materiellen und aus einer immateriellen Ebene. Die materielle Ebene, das Bezeichnende – hier das Wasser –, ist etwas physisch Wahrnehmbares. Die immaterielle Ebene, das Bezeichnete, ist etwas nicht Physisches. Ihre Kraft, unsichtbare geistige Wahrheiten zu bezeichnen, schöpfen die materiellen Dinge aus ihren physisch wahrnehmbaren Eigenschaften, die dem Wesen und vor allem den Wirkungen des Bezeichneten entsprechen. Um das Symbol des Wassers zu verstehen, müssen wir also seine Eigenschaften und seine wahrnehmbaren Wirkungen betrachten. Die materielle Wirklichkeit offenbart die geistige Wirklichkeit dessen, was es repräsentiert. Wasser kann die göttliche Gnade symbolisieren, weil es auf der materiellen Ebene des Symbols physische Eigenschaften und Wirkungen hat, die auf der immateriellen Ebene dem Wesen und Wirken der göttlichen Gnade entsprechen: Wasser ist die Voraussetzung für Leben. Fruchtbarkeit und Erfrischung sind seine Wirkungen. Gottes Gnade ist wie das Wasser. Sie schafft Leben und erhält es. Eine andere Wirklichkeit des Wassers ist sein zerstörerisches, bedrohliches Potenzial, etwa als Flutkatastrophe oder als Element, in dem Dinge versinken. Aufgrund dieser Eigenschaften kann es Bedrohung und Vernichtung repräsentieren. Ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis des Wassersymbols ist vor allem unsere unmittelbare Körperwahrnehmung: Wer am eigenen Leibe erfahren hat, was Durst bedeutet, wie Wasser erfrischt, erquickt oder reinigt, versteht, warum der Durst nach Wasser in der Wüste die Sehnsucht nach Gott symbolisiert. Und wer erlebt hat, wie Überschwemmungen oder ein Sturm auf dem Wasser unsere Existenz bedrohen, versteht, warum Wasser die Gefahren der Sünde repräsentiert. Gerade die elementare Universalität des Wassers und seine unmittelbare körperliche Erfahrbarkeit –sei es als Segen, 4 22 nach: Gerhard Monninger, Das christliche Ursymbol Wasser – sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit, in: Wasser – Zur Quelle gehen, Umweltbrief, Gerhard Monninger, hrsg. von der Ev.Lutherischen Kirche in Bayern (Januar 2008), S. 3–4. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3.2 Christliches Ursymbol Wasser sei es als Bedrohung – kann seine Symbolkraft erklären, der wir zu allen Zeiten und in allen Kulturen an zentraler Stelle begegnen. Wenn Wasser neben Brot und Wein das christliche Ursymbol schlechthin ist, sollten wir Wasser in jeder Weise hoch schätzen und schützen. 3.2.2 Die Wassersymbolik des Alten Testaments Im Alten Testament symbolisiert Wasser häufig das Leben spendende Wesen Gottes und die Wirkung seiner Gnadengaben. Gott selbst ist ein Quell lebendigen Wassers, der vom Paradies ausströmend die Schöpfung befruchtet (1. Mose 2,8-2,14). In der Trockenheit der Wüste ist Wasser etwas unerhört Kostbares, nach dem sich der Körper sehnt. Durst, als elementare Erfahrung eines Wüstenvolkes, wird zum Symbol der Sehnsucht nach Gott; so wie der Körper nach Wasser verlangt, verlangt die Seele nach Gott: Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir (Psalm 42,2). Neben dem Lebens- und Segenszeichen ist das Wasser als elementare Naturgewalt in der jüdisch-christlichen Tradition immer auch ein Symbol … drohender Vernichtung. So berichtet das 1. Buch Mose, wie Gott über die Bosheit der Menschen erzürnt und beschließt, sie durch eine gewaltige Flut von der Erde zu vertilgen: Und es geschah nach sieben Tagen, da kamen die Wasser der Flut über die Erde. Im 600. Lebensjahr Noahs, im zweiten Monat, am siebzehnten Tag des Monats, an diesem Tag brachen alle Quellen der großen Tiefe auf, und die Fenster des Himmels öffneten sich. Und der Regen fiel auf die Erde vierzig Tage und vierzig Nächte lang (1. Mose 7,10-24). Da die Sintflut nicht nur vernichtet, sondern auch einen Neuanfang bedeutet, symbolisiert Wasser im Alten Testament sowohl die lebensbedrohliche als auch die lebensspendende Kraft Gottes. Die Sintflut reinigt die Welt und erlaubt einen geläuterten Neubeginn. Vernichtung und Geburt stehen im Wassersymbol nahe beisammen. 3.2.3 Die Wassersymbolik des Neuen Testaments Bezeichnend für den neuen Bund, den Gott durch die Sendung seines Sohnes mit den Menschen schließt, ist die Symbolik des „lebendigen Wassers“, die das Neue Testament wiederholt begründet. So berichtet das Johannesevangelium Kap. 4 von der Begegnung Jesu mit einer samaritanischen Frau am Jakobsbrunnen in Sychar und lässt ihn zu ihr sagen: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt (Joh 4, 13-14). Im 22. Kapitel der Offenbarung erblickt Johannes das Neue Jerusalem und sieht einen Strom lebendigen Wassers, klar wie Kristall, der ausgeht von dem Thron Gottes und des Lammes; mitten auf dem Platz und auf beiden Seiten des Stromes Bäume des Lebens, die tragen zwölfmal Früchte, jeden Monat bringen sie ihre Frucht, und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker (Offb 22,1-2). 3.2.4 Die Wassersymbolik in kirchlichen Vollzügen–Taufe Im Sakrament der Taufe, die ihr rituelles Gepräge nach dem Vorbild der Taufe Jesu im Jordan entwickelt, fließen Elemente der Wassersymbolik beider biblischen Testamente zusammen. Ursprünglich wurden die Täuflinge nicht nur mit dem Taufwasser besprengt, sondern tauchten vollständig in einem Taufbecken unter. Durch sein Untergehen im Wasser der Taufe verMichael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 23 3.2 Christliches Ursymbol Wasser eint sich der Täufling mit dem Christus, der in Tod und Grab hinuntergestiegen ist, und wird eben dadurch Teilhaber am Leben auch des auferstandenen Christus. Paulus schreibt dazu im Römerbrief: „Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“(Röm 6,1-4). Das Taufwasser, das Bild des Grabes Christi, wird damit zugleich zum „Bad der Wiedergeburt“(Tit 3,5; vgl. Joh 3,5), das dem Menschen das Leben der Kinder Gottes schenkt (vgl. Gal 3,26f; 1. Joh 3,9; 5,18). Martin Luther betont ebenfalls die Zeichenhaftigkeit des Wassers in der Taufe. Er schreibt im Kleinen Katechismus: Was bedeutet denn solche Wassertaufe? Es bedeutet, dass der Alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe. Es ist eine Frucht der ökumenischen Bemühungen im 20. Jahrhundert, dass die eine Taufe auf Jesus Christus als das alle Christen über Konfessionsgrenzen hinweg einende Band wieder entdeckt wurde Diese Gemeinsamkeit in der einen Taufe wurde deutschlandweit am 29. April 2007 durch die sog. Magdeburger Tauferklärung über die wechselseitige Taufanerkennung von elf Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland im Dom zu Magdeburg feierlich erklärt: „Jesus Christus ist unser Heil. Durch ihn hat Gott die Gottesferne des Sünders überwunden (Römer 5,10), um uns zu Söhnen und Töchtern Gottes zu machen. Als Teilhabe am Geheimnis von Christi Tod und Auferstehung bedeutet die Taufe Neugeburt in Jesus Christus. Wer dieses Sakrament empfängt und im Glauben Gottes Liebe bejaht, wird mit Christus und zugleich mit seinem Volk aller Zeiten und Orte vereint. Als ein Zeichen der Einheit aller Christen verbindet die Taufe mit Jesus Christus, dem Fundament dieser Einheit. Trotz Unterschieden im Verständnis von Kirche besteht zwischen uns ein Grundeinverständnis über die Taufe. Deshalb erkennen wir jede nach dem Auftrag Jesu im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit der Zeichenhandlung des Untertauchens im Wasser bzw. des Übergießens mit Wasser vollzogene Taufe an und freuen uns über jeden Menschen, der getauft wird. Diese wechselseitige Anerkennung der Taufe ist Ausdruck des in Jesus Christus gründenden Bandes der Einheit (Epheser 4,4-6). Die so vollzogene Taufe ist einmalig und unwiederholbar.“ 24 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 3.3 Die Bedeutung des Wassers in verschiedenen Religionen 3.3 Die Bedeutung des Wassers in verschiedenen Religionen 3.3.1 Wasser im Islam5 Wasser wird im Islam als besonders segensreich empfunden. Allah schenkt den Menschen das Wasser, das Leben und Natur wachsen lässt. In islamischer Paradiesvorstellung nimmt das kühlende, erfrischende Wasser eine zentrale Rolle ein. Es wird in Verbindung gebracht mit ewiger Jugend, Schönheit, immergrünen Pflanzen und Unsterblichkeit. Der Garten, in dem das kühle, reine Wasser ewig fließt, ist der Aufenthaltsort für das ewige Leben des Rechtgläubigen. Der Prophet Mohammed, der die Gläubigen im Paradies empfängt, steht in der Nähe eines paradiesischen Flusses. Wasser steht dem Gerechten, Rechtgläubigen zur Verfü– gung. Dem Ungerechten, dem Verbrecher, entzieht Allah Wasser, seine Gärten trocknen aus, seine Brunnen versiegen. Wasser ist ein Urbild der Reinheit. Der äußeren wie inneren Reinigung dienen die Waschungen vor dem Gebet und die vorgeschriebnen Waschungen vor dem Besuch der Moschee. Diese Waschungen sind in festgelegter Weise durchzuführen: zuerst die Waschung der Hände, dann des Gesichts, der Unterarme und der Füße. Diese Waschung dient nicht nur der körperlichen Gesundheit, sondern auch der geistigen Vorbereitung auf das Gebet. Das Trinken aus einer heiligen Quelle gehört zur Pilgerreise nach Mekka. 3.3.2 Wasser im Hinduismus6 Wasser hat im Hinduismus einen außerordentlich hohen Stellenwert. Wasser gilt als Urquelle des Lebens. Es wird als einziges der Elemente selbst als „unsterblich“ bezeichnet und ist Grundlage der Schöpfung. Nach hinduistischer Auffassung wird die Welt erschaffen, nach einer gewissen Zeit aufgelöst, um wieder neu zu entstehen. Wasser ist die Ursubstanz, die auch nach der Weltauflösung übrig bleibt. Nach der Zerstörung der Welt erfolgt vor der Neuschöpfung eine Ruhepause, in der der Gott Vishnu auf dem Urwasser schläft. Vishnu sagt von sich: „Ich bin der uranfängliche Erzeuger, er, der Wasser ist, das erste Wesen, die Quelle des Lebens.“Auch der Schöpfergott Brahma, der aus Vishnu entsteht, hat Wasser getrunken, was ihn erst fähig macht, tätig zu werden. Wasser transportiert die Seelen zum Ort des ewigen Lebens, entweder der Erlösung zu, dem eigentlichen ewigen Leben ohne Wiedergeburt, oder zu der Existenz als Ahne, der nach einer gewissen Zeit eine weitere irdische Geburt vor sich hat. Welchen Weg die Seele letztlich beschreitet, hängt nicht von ihrem freien Willen ab, sondern von den guten oder schlechten Taten im letzten Leben. Der Mensch kann aber in seinem irdischen Leben direkt dieses Schicksal beeinflussen. Durch Baden an heiligen Stätten an den Ufern der Flüsse, durch rituelle Waschungen mit heiligem Wasser werden Sünden abgespült, die Seele gereinigt. So berichten die Heiligen Schriften der Hindu in ihren Richtlinien ausführlich über das Ritual beim Morgengebet eines Gläubigen, besonders eines Brahmanen. Er muss sich frühmorgens waschen und zwar möglichst in fließendem Wasser. Bevor er ins Wasser taucht, gießt er Wasser über seinen Körper. Wenn er in Richtung Ost, West und Süd das Wasser sprenkelt, spricht er jeweils ein Gebet. Bevor er seinen Körper mit Asche bestreicht, trinkt er einen Schluck 5 6 nach: „Wasser im Islam“, aus: Religion betrifft uns 3/2001, S. 28. nach: Informationen aus: Schule und Mission 3–1992/93, S. 189 und Religion betrifft uns, Lernzirkel Wasser ist Leben, 3/2001. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 25 3.3 Die Bedeutung des Wassers in verschiedenen Religionen Wasser und betet, dass er innerlich gereinigt werde. Dann sprenkelt er Wasser über den Hausaltar, über die Gegenstände, die für die heiligen Riten gebraucht werden und über die Statuen. Da die Flüsse Ganges und Kaveri heilig sind, werden die Leichen am Ufer verbrannt und die Asche unter ständigem Gebet der Anwesenden in das fließende Wasser gestreut. Hindus, die an der Küste wohnen, bringen die Asche ihrer Toten zum Meer. Es wird geglaubt, dass sich die Toten dadurch auf dem Pfad der Erlösung befinden. Wasser erlöst nicht nur die Seelen vom Kreislauf der Wiedergeburt, sondern erfüllt auch den Wunsch nach ewiger Schönheit, Jugend und verlängert das irdische Leben. Wasser gilt als Urgrund des Lebens und als Allheilmittel gegen Krankheiten. 3.3.3 Wasser im Buddhismus7 Im Buddhismus gelten Schlangen und Wassergeister als Freunde und früheste Verehrer des Buddhas. Als die Mutter Maya den zukünftigen Buddha gebar, näherten sich aus der Luft zwei Schlangenkönige. Sie produzierten zwei Wasserströme, einen heißen und einen kalten, womit sie das gerade geborene Kind wuschen. Aus diesem Wasser entstanden der Legende nach zwei Teiche, von denen der eine heute noch kalt und der andere warm sein soll. Wassergenien sind besondere Schutzgeister des Buddha und Hüter seiner Lehre. Nagarjuna, der später die buddhistische Lehre nach Tibet gebracht hat, hat diese in den Tiefen des Wassers von den dort lebenden Schlangen empfangen. Der Überlieferung nach nahm ihn ein Schlangenkönig mit in sein Reich in den tiefen Wasserregionen der Welt und zeigte ihm sieben Kisten mit Schriften, in denen die Weisheit niedergelegt ist. Nach dreimonatigem Studium in der Unterwasserwelt kehrte er mit den Schriften, die er nun verstanden hatte, auf die Erde zurück, um diese Wahrheit den Menschen zu unterbreiten. Wasser wird auch als Sinnbild für den Strom der Lehre gebraucht. Die buddhistische Lehre wird dabei als Fluss begriffen, der überquert werden muss. Buddha benutzt dieses Gleichnis, z.B. eine große Menschenmenge steht am Rande eines über die Ufer getretenen Flusses, kennt dessen Tiefe nicht und scheut sich, ihn zu überqueren. Die Menschen stehen dort solange, bis einer von ihnen mutig in den Strom geht und schließlich ans andere Ufer gelangt. Als die Menschenschar sieht, dass er am anderen Ufer steht, überquert auch sie den Fluss. Die buddhistische Lehre soll sein wie ein Fluss der durch sein Fließen die Seelen der Erlösung zuführt. 7 26 aus: Religion betrifft uns, 3/2001, S. 30. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen 4. „Heilige Wasser“ – Die Bedeutung des Wassers im Licht der Riten und gottes– dienstlichen Feiern der verschiedenen Konfessionen8 4.1 Osterwasser –Taufe –Christwerden als Sterben und Auferstehen mit Christus Sowohl in den alten als auch in den modernen Osternachtfeiern wird das Zusammenfließen des Wassers mit dem Ostergeheimnis in den Lesungen der Osternacht deutlicht gemacht. Sie beginnen mit der Schöpfungsgeschichte und führen uns durch die biblischen Erzählungen von der Befreiung aus dem und durch das Wasser. Hier werden insbesondere die Sintflut und die Arche erwähnt, der Durchzug durch das Rote Meer und die Schilderung in Exodus, als Gott in der Wüste Wasser aus einem Felsen quellen lässt. Diese Bibelerzählungen von Gottes Befreiungshandeln durch Wasser sind ein Vorgeschmack der Auferstehung Christi und unserer eigenen Auferstehung mit ihm durch das Wasser der Taufe. Liturgisch wird die Verbindung zwischen dem Wasser und dem Sterben und Auferstehen Jesu in der Osternachtfeier mit der Segnung des Taufwassers zum Ausdruck gebracht, besonders wenn Täuflinge ihren Taufglauben bekennen, zu dem lebendigen Wasser kommen und zu Mitgliedern der Familie Christi, der Kirche, erklärt werden. Mit oder ohne Täuflinge erinnert 8 aus: Sieben Wochen im Zeichen des Wassers 2010: Heilige Wasser, hrsg. von Ökumenisches Wassernetzwerk (ÖWN) (download unter: http://www.oikoumene.org/de/activities/oekumenisches-wassernetzwerkoewn/ressourcen-und-links/sieben-wochen-fuer-wasser/ueber-die-kampagne/archiv/2010-heiligewasser.html?tx_wecdiscussion%5Bsingle%5D=2074 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 27 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen das Osterwasser an unsere eigene Taufe und wird zum Brennpunkt für die Erneuerung unseres Taufglaubens im Kreuz und in der Auferstehung Christi. Die … Sieben Wochen im Zeichen des Wassers erinnern an die tiefsten liturgischen Wurzeln der Taufe und Taufvorbereitung, die das Herzstück der Fastenzeit sind, und stellen die Verwendung von Wasser durch die Kirchen im Gottesdienst heraus. Durch die Jahrhunderte hindurch haben die Christen erkannt, dass die Kirche im öffentlichen Gebet am deutlichsten sie selbst ist – denn wenn zwei oder drei um den Tisch des Wortes, das Taufbecken und den Abendmahlstisch versammelt sind, ist der auferstandene Christus mitten unter ihnen. Was die christliche Gemeinschaft in ihrem öffentlichen Gottesdienst sagt und tut, empfängt und feiert, verkündet und prägt, was sie glaubt. Wie sich die Gemeinschaft in Communio mit dem dreieinigen Gott erfährt, wird zur lebendigen Quelle für ihr Nachdenken darüber, was sie glaubt, was sie ist und wie sie als Leib Christi in der Welt handeln sollte. Dementsprechend hat das, was die christliche Gemeinschaft beim Gottesdienst im Zusammenhang mit Wasser sagt und tut – Taufwasser, die Taufe des Herrn, die Wasserweihe zur Theophanie, die Fußwaschung, die Jesus an seinen Jüngern vornimmt und alle anderen liturgischen Verwendungen im öffentlichen Gottesdienst –, tiefe Implikationen für das christliche Verständnis und Bewusstsein von Wasser heute. Dass wir im Gottesdienst Wasser verwenden – und wie wir es verwenden und wie viel davon – hat Konsequenzen. Die liturgische Verwendung von Wasser in der christlichen Gemeinschaft kann eine reichhaltige Quelle für die theologische Reflexion darüber sein, was Wasser bedeutet und wie wir mit ihm umgehen. Das Maß, in dem die Christen die Heiligkeit des Wassers im Gottesdienst erfahren, wird auch mitbestimmen, wie sich die Kirchen mit anderen Glaubensgemeinschaften, Regierungen, Umweltschützern und allen, die sich heute für einen gerechten und ethisch vertretbaren Umgang mit Wasser einsetzen, engagieren. Wir wollen diese Sieben Wochen im Zeichen des Wassers mit einem Gebet aus der Osternachtfeier abschließen, das bei der Segnung des Taufwassers gesprochen wird. Mögen wir glauben, was wir beten, und leben, was wir glauben: „Bei der Taufe verwenden wir deine Gabe des Wassers, das du zu einem reichen Symbol der Gnade gemacht hast, die du uns mit diesem Sakrament zuteil werden lässt. Am Anfang der Schöpfung schwebte dein Geist auf dem Wasser und machte Wasser zur Quelle aller Heiligkeit.“ (Freie Übersetzung aus dem Englischen) John Gibaut ist Direktor der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Er ist Mitglied der Anglikanischen Kirche von Kanada und war vierzehn Jahre lang Professor an der theologischen Fakultät der Saint Paul University in Ottawa, wo er unter anderem liturgische Theologie lehrte. 28 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen 4.2 Fußwaschung –Christsein ist Dienst am Nächsten Jesus aber wusste, dass ihm der Vater alles in seine Hände gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging, da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich. Danach goss er Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war. (Johannes 13,3-5) Die Politik der wechselseitigen Verwundbarkeit leben Für die meisten christlichen Traditionen stehen im Mittelpunkt der von Jesus vollzogenen Handlung die einfachen Elemente Brot und Wein und das nicht so einfache Geheimnis des Leibes Christi, der in der Welt gegenwärtig ist, wenn sich die Gemeinde zur Wiederholung des letzten Abendmahls versammelt. Doch bevor Jesus seinen Jüngern das Brot und den Kelch reichte, vollzog er eine andere Handlung, die in vielen Kirchen fast vergessen ist – er goss Wasser in ein Becken und kniete nieder, um ihre Füße zu waschen. Einer der Gründe dafür, dass Gruppen innerhalb der anabaptistisch-mennonitischen Tradition das Ritual der Fußwaschung beibehalten haben, ist schlicht und einfach, dass Christus es befohlen hat: „Wenn ich nun, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe“ (Joh 13,14-15). Auf einer tieferen Ebene ist die gegenseitige Fußwaschung jedoch eine verwandelnde politische Praxis, die in den Gläubigen eine ausgeprägt christliche Weise des Engagements in der Welt ausbildet. In den vergangenen zehn Jahren ist es über viele Fragen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Christen gekommen, besonders vielleicht im Zusammenhang mit dem Umgang mit Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 29 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen der Schöpfung. Die Gipfeltreffen in Kyoto und Kopenhagen haben die Christen im Westen tief gespalten in der Frage, wie die Kirche auf Probleme wie Klimawandel, Umweltzerstörung, Wasserrechte und Zugang zu natürlichen Ressourcen reagieren sollte. Und weil im Zusammenhang mit diesen Fragen offenbar so viel auf dem Spiel steht, sind die Aktivisten auf beiden Seiten entschlossen, ihre Sache aggressiv durchzufechten – im üblichen Rahmen des politischen Engagements: Ressourcen mobilisieren, strategische Allianzen bilden, den PRKampf für sich entscheiden und alles tun, um die Machtinhaber von ihrer Zukunftsvision zu überzeugen. Die Praxis der Fußwaschung stellt viele dieser Prinzipien in Frage. Jesus hat wiederholt versucht, die Jünger von Standardvorstellungen darüber abzubringen, was Macht ist. „Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener“, sagte er (Mt 20,26); wenn ihr ins Himmelreich kommen wollt, „werdet wie die Kinder“(Mt 18,3); wenn ihr die Ersten sein wollt, stellt euch hinten an. Dies waren keineswegs perverse Aufforderungen zum Selbsthass oder Aufrufe zur Selbstgefälligkeit in Situationen der Unterdrückung. Vielmehr forderte Jesus seine Jünger heraus, sich einem Leben in wechselseitiger Verwundbarkeit zu verschreiben, das im Vertrauen auf Gottes überreicher Liebe wurzelt. Indem er seinen Jüngern die Füße wusch, bot Jesus eine physische, verkörperte Darstellung dieser neuen Politik an – einer Politik, die weit dramatischer noch in seinem Tod und seiner Auferstehung veranschaulicht wurde, in denen die Macht „in der Schwäche zur Vollkommenheit geführt“wurde. Wenn Christen niederknien, um einander die Füße zu waschen, dann üben sie eine alternative Politik aus – eine verwundbare, aber zugleich zuversichtliche Daseinsweise in der Welt, die die bloße Logik traditioneller Formen des Aktivismus –ob links oder rechts –in Frage stellt. In dem reinigenden Wasser bei der Fußwaschung lernen Christen, anderen Gutes zu tun in einer Haltung freiwilliger und wechselseitiger Unterwerfung. In unserer wechselseitigen Verwundbarkeit wird Gottes verwandelnde, geheimnisvolle, versöhnende Gegenwart in der Welt sichtbar. John D. Roth ist Professor für Geschichte und Direktor der Mennonite Historical Library am Goshen College in Indiana, USA. Er ist auch Herausgeber der Mennonite Quarterly Review. 4.3 30 Wasser des Lebens –Wasser zum Leben Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen „Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. Spricht die Frau zu ihm: Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen!“Johannes 4,13-15 Nipe maji ninywe, maji ya uzima Yesu akasema mmesha yapata… (gib mir zu trinken, das lebendige Wasser, Jesus antwortet, du hast es bereits… ) – so heißt es in einem bekannten Swahili-Lied, das davon erzählt, wie groß in Kenia das Bedürfnis und Verlangen nach Wasser ist. Viele Menschen bitten auch heute noch: Gebt uns Wasser, wie können wir Wasser bekommen? Die Degradation der Wassereinzugsgebiete infolge von Entwaldung, Bodendegradation und industriellen Aktivitäten in diesen Gebieten hat zu unermesslichem Leid geführt und sich negativ auf die Wirtschaft ausgewirkt. Der gegenwärtige Streit um den Mau-Wald –dem größten aller Wassereinzugsgebiete in Kenia – ist nur die Spitze des Eisbergs. Anhaltende Dürreperioden, Ausbruch der Cholera sowie heftige Überschwemmungen verursachen Tod und Verwüstung und bringen Leid über viele Menschen. Hintergründe für solche Ereignisse sind fehlender Zugang zu sauberem Wasser, Missmanagement der natürlichen Ressourcen, Umweltzerstörung, soziale Ungleichheiten, unzulängliche sanitäre Grundversorgung und Armut. Vor diesem Hintergrund fand vor kurzem eine presbyterianische Taufe von rd. 80 Erwachsenen aus der Massai-Gemeinschaft in Kijiado (einem semiariden Gebiet in Kenia) statt. Sie wurden in einem eigens für diesen Zweck ausgehobenen Becken (einem tieferen Trog ähnlich) getauft. Weil die Flüsse in dieser Zeit kein Wasser führen, musste das Wasser für die Taufe gekauft werden und hat 2000 K.Sh. gekostet (rd. 19 Euro). Das ist ziemlich viel Geld in einer Region, wo Mensch und Vieh verhungern und verdursten. Doch die Täuflinge entschieden sich für Taufwasser, anstatt das Geld für Nahrung und Wasser zu verwenden, und sie entschieden sich auch für eine Taufe durch Untertauchen. Selbst für die Säuglinge musste der Geistliche im Wasser stehen, auch wenn er diese durch Begießen taufte. Nach der Taufe drängten die Gemeindemitglieder dann zu dem –inzwischen verschmutzten –restlichen Wasser, um damit ihr Vieh zu tränken. Diese Geschichte ist ein Bild der Wirklichkeit, in der viele Gemeinschaften leben. Es scheint eine starke Wechselbeziehung zwischen dem Taufwasser und dem Wasser für den täglichen Gebrauch zu bestehen. Das Taufwasser steht für das Leben, für die Gnade Gottes und für Erneuerung und Hoffnung. In dem Wunsch dieser bestimmten Gemeinschaft nach Taufwasser, auch zu einem hohen Preis, spiegelt sich aber auch das gleichermaßen große Verlangen nach der Versorgung mit Wasser für den täglichen Gebrauch. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 31 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen In einem solchen Kontext ist es nach wie vor das Wasser, das den Menschen das Evangelium bringt und die Möglichkeit zu einem anderen Leben bietet. Städtische Kirchen und andere, die Zugang zu Wasser haben, sowie diejenigen Kirchen, die am Muster der Taufe im Jordan festhalten möchten, planen den Bau ihrer Kirchen so, dass neben dem Altar ein größeres Taufbecken Platz findet, das für den Taufgottesdienst geöffnet und mit Wasser gefüllt werden kann. Andere vollziehen die Taufe in Schwimmbecken. Die Mehrzahl der traditionellen Großkirchen vollzieht die Taufe durch Begießen. Wenn ich die verschiedenen Praktiken miteinander vergleiche, komme ich zu dem Schluss, dass die Menschen, denen am meisten nach physischem Wasser dürstet, noch mehr nach Taufwasser dürstet. In dem Gespräch, das Jesus mit der Samariterin führt (Johannes 4,7-15), bittet die Frau Jesus um lebendiges Wasser. Natürlich brauchte sie auch das Wasser aus dem Brunnen Jakobs, aber mehr noch brauchte sie das lebendige Wasser. Gott schenkt der Welt Jesus und Jesus schenkt sich selbst der Welt als lebendiges Wasser. Dieses lebendige Wasser steht als Bild für den Segen, der sich stets erneuert und der wie eine Quelle nie versiegt. Durch die Menschen, die unter Wasserarmut leiden, bittet Christus auch heute noch um etwas zu trinken, um Wasser, um lebendiges Wasser. Mögen wir in dieser Fastenzeit, in der wir uns einer Reihe von Annehmlichkeiten enthalten, um den Schmerz anderer nachempfinden zu können, auch zu konkreten Vorschlägen gelangen, wie den Vielen eine Antwort gegeben werden kann, die auch heute noch rufen: Gebt uns Wasser… lebendiges Wasser! Lucy Wambui Waweru von der Presbyterianischen Kirche von Ostafrika versieht zurzeit ihren Dienst in der Vereinigten Kirche (Anglikaner, Methodisten und Presbyterianer) in Lavington/Nairobi. 32 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen 4.4 Wasserweihe –Theophanie –Hochfest der Orthodoxen Kirche Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Matthäus 3,16-17 In der heiligen Tradition und in der Liturgie der östlich-orthodoxen Kirchen hat das Wasser eine tiefe symbolische Präsenz. Im Sakrament der Taufe ist das Wasser eng verbunden mit dem Fest der Theophanie, das am 6. Januar gefeiert wird. Die Theophanie (von griech. theophania, was „Erscheinung oder Manifestierung Gottes in der Welt“bedeutet) ist eines der wichtigen Feste der orthodoxen Kirche und offenbart der Welt die allerheiligste Trinität durch die Taufe des Herrn durch Johannes den Täufer, dem Vorläufer, in den Wassern des Jordans. Das Fest bezeichnet das Ende der heiligsten Zeit im Kirchenjahr, der „heiligen zwölf Tage“ zwischen der Geburt des Logos, unseres Gottes und Heilands Jesus Christus, am 25. Dezember und der Theophanie, wenn die drei Personen der heiligen Trinität bei seiner Taufe anwesend sind. Das Fest beginnt am 5. Januar mit dem „Vorfest der Theophanie“, bei dem im Anschluss an die Heilige Liturgie die erste Wasserweihe (mikros agiasmos) vorgenommen wird. Am 6. Januar erfolgt nach der Heiligen Liturgie dann die zweite Wasserweihe (megas agiasmos). In der südlichen Hemisphäre findet diese Zeremonie im Sommer statt, in der nördlichen im WinMichael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 33 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen ter. In beiden Fällen handelt es sich um ein traditionelles und freudiges Fest, das die orthodoxe christliche Identität zum Ausdruck bringt. Die Zeremonie des heiligen Wassers findet im Kirchengebäude statt, doch überall auf der Welt, wo immer möglich, in der Nähe von offenen Gewässern: an Flüssen, Seen oder am Meer. Als Zeichen der Segnung so, wie Christus das Wasser des Jordans segnete, wird Weihwasser in ein Gewässer gegossen (See, Fluss, Teich oder Strom) und ein Kreuz ins Wasser geworfen (das anschließend von Tauchern, die dadurch gesegnet werden, wieder herausgeholt wird). Das beim Fest der Theophanie gesegnete Weihwasser wird den Gläubigen zu trinken gegeben, um ihre Gesundheit zu stärken und ihren Leib zu segnen. In den Wochen nach der Theophanie machen Priester vielerorts Hausbesuche und nehmen mit dem Weihwasser, das an Theophanie gesegnet wurde, Segnungszeremonien vor. Wir sind in heiligem Wasser getauft worden: heilig, weil es gesegnet wurde, heilig, weil es lebenserhaltend ist, heilig, weil es Ursprung und Grund allen Lebens ist. Durch die Taufe sind wir Christen geworden, da wir im Heiligen Geist Gottes getauft worden sind. Die zentrale Botschaft des Festes der Theophanie lautet: Jesus ist getauft worden, doch auch wir sind getauft worden in seinem Namen und im Namen Gottes, des Vaters, und des Heiligen Geistes. Die Segnung des Wassers zum Fest der Theophanie ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass die ganze Schöpfung mit der heilig machenden Gegenwart Gottes erfüllt sein muss. Auch wenn verschmutztes Wasser auf diese Weise gesegnet wird, muss es die orthodoxe Kirche dennoch als „heiliges Wasser“ansehen. Diese Anomalie –oder dieser Widerspruch –verweist auf den skandalösen Unterschied zwischen dem orthodoxen Verständnis von der Heiligkeit der Schöpfung und der Entweihung dieser Gabe Gottes durch den Menschen. Zum Abschluss möchte ich aus einer Botschaft Seiner Heiligkeit, des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, aus dem Jahre 2005 zitieren: „Daraus folgt, dass Wasser die Tiefe des Lebens und die Berufung zur Verklärung des Kosmos bedeutet. Wasser darf niemals als Privateigentum betrachtet oder behandelt werden, noch darf es ein Mittel zum Zweck der Verwirklichung individueller Interessen sein. Gleichgültigkeit gegenüber der lebenswichtigen Bedeutung des Wassers ist Lästerung Gottes, des Schöpfers, und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ 2010 ist wieder ein Jahr, in dem alle Christen die Auferstehung Jesu Christi, unseres Gottes und Heilands, am selben Tag feiern. Wenn wir in diesen sieben Wochen im Zeichen des Wassers und in dieser heiligen Fastenzeit zur Vorbereitung auf Ostern über die Botschaft der Theophanie nachdenken, dann bitten wir auch darum, dass unsere gemeinsame Osterfeier in diesem Jahr ein Symbol der Einheit unter den Christen wie auch unserer gemeinsamen Sorge um die Heiligkeit des Wassers sein möge. Lic. Elias Crisostomo Abramides von der Griechisch-Orthodoxen Erzdiözese von Buenos Aires und Südamerika lebt in Buenos Aires, Argentinien. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe des Ökumenischen Rates der Kirchen zum Klimawandel. 34 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen 4.5 Taufe des Herrn Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s geschehen. Mt 3,13-15 Jesu Taufe durch Johannes im Jordan ist ein grundlegendes Bild, an das heute bei praktisch jeder christlichen Taufe erinnert wird. Für die ersten Christen musste Jesu Taufe durch Johannes allerdings etwas irritierend gewesen sein. Schließlich sahen damals viele Menschen in Johannes einen Rivalen Jesu. Manche glaubten, Johannes sei Gottes letztes Wort der Offenbarung gegenüber den Menschen, und es gibt heute noch Gruppen, die das glauben. Daher könnte die Tatsache, dass Jesus zu Johannes kam, um von ihm getauft zu werden, die Behauptungen der Anhänger des Johannes erhärtet haben. Die Erzählung von der Taufe Jesu im Neuen Testament ist vielleicht weniger als biografische Aufzeichnung wichtig als vielmehr als ein Paradigma für jede christliche Taufe. Die Taufe Jesu durch Johannes war wie die christliche Taufe einzigartig, wurde von einer anderen Person gespendet, eröffnete den Zugang zu einem neuen Leben und bedeutete Erkenntnis des Hereinbrechens des Reiches Gottes in die Angelegenheiten der Welt. Am bedeutsamsten aber Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 35 4. „Heilige Wasser“–Wasser im Licht der Riten der verschiedenen Konfessionen ist, dass Jesus bei seiner Taufe die Gabe des Heiligen Geistes zuteil wurde und eine Stimme vom Himmel die besondere Beziehung zwischen Jesus und seinem Vater verkündete. Die Christen bekennen in ihrer Taufpraxis, dass Gott den neu Getauften die Gabe des Heiligen Geistes verleiht. Da Jesus bei seiner Taufe „Christus – der Gesalbte“wurde, wird jeder neue Christ in der Taufe ebenfalls „Christus –ein Gesalbter“. Und da am Jordan die besondere Vater-Sohn-Beziehung angekündigt wurde, werden die Getauften in diese Beziehung mit Gott eingegliedert. Viele Religionen der Welt verwenden Wasser in ihren Initiationsriten, doch sind die Christen die einzigen, die bekennen, dass Gott sie in ihrer Taufe mit dem Heiligen Geist ausstattet. Es sollte uns nicht verwundern, dass alle Christen Jahrhunderte lang in „lebendigem“(d.h. in reichlich vorhandenem, vorzugsweise fließendem) Wasser taufen wollten. Diese großzügige Verwendung von Wasser bei der Taufe erinnert an ihre Symbolik von Tod und neuem Leben. Wenn Wasser auf diese Weise verwendet wird, dann wird die Bedeutung, die Christen mit der Taufe verbinden, vor den Augen der Gemeinde, die diese zugleich todbringende wie lebenspendende Taufhandlung miterlebt, erkennbar: sie ist Teilhabe an Christi Tod und Auferstehung (Röm 6,3-5; Kol 2,12); Reinwaschung von Sünde (1. Kor 6,11); eine neue Geburt (Joh 3,5); und die Erfahrung der Rettung aus dem Wasser (1. Petr 3,20-21). Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die meisten Kirchen jedoch angewöhnt, so wenig Wasser zu verwenden, dass die starke Symbolik der Taufhandlung kaum noch zu erkennen ist. Die wenigen Tropfen, mit denen der Täufling besprengt oder begossen wird, sagen sowohl dem Täufling als auch der anwesenden Gemeinde wenig über Tod und Neugeburt. Die symbolischen Eigenschaften des Wassers müssen als solche erst erklärt werden, da sie nicht länger für sich selbst sprechen wie es der Fall wäre, wenn sie großzügig und freigiebig verwendet würden. Viele Kirchen erneuern heute ihre Taufpraxis, so dass die Taufsymbolik wieder für sich selbst sprechen kann. Die Passionszeit auf dem Weg nach Ostern bietet sich den Kirchen geradezu an, um über ihre Taufpraktiken nachzudenken und sich zu fragen, ob diese deutlich genug auf die Realitäten verweisen, für die sie stehen. David Holeton ist Professor für Liturgie an der Karlsuniversität in Prag und verantwortlicher Priester der altkatholischen Kirchengemeinde der Hl. Maria Magdalena an der Moldau. 36 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst 5. Ökumenische Gottesdienstmodelle und liturgische Gestaltungselemente 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst 9 5.1.1 Erläuterung des Grundmodells und seiner ökumenischen Bedeutung Ökumenische Taufgedächtnisgottesdienste haben inzwischen in zahlreichen Gemeinden einen festen Platz im geistlichen Leben. Bei unterschiedlichen Anlässen werden sie in Verbindung mit ökumenischen Begegnungen gefeiert. [… ] Das Thema „Schöpfung“ bietet sich für die Konkretisierung dieses Modells an, da in der Taufe das von Gott geschenkte Leben dankbar bedacht wird, und die Getauften zugleich bekennen, im Geist Jesu Christi eine neue Schöpfung zu sein. Dies hat auch ethische Bedeutung im Blick auf die gemeinsame Sorge für die Bewahrung der Schöpfung. Meilensteine bei der Entdeckung der ökumenischen Taufgedächtnisgottesdienste waren der Evangelischen Kirchentag 1985 in Düsseldorf und der Katholikentag 1986 in Aachen. Bei diesen Gelegenheiten wurden erstmals ökumenische Taufgedächtnisgottesdienste gefeiert. Damit wurden Anregungen der 1982 in Lima verabschiedeten Konvergenzerklärungen der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen über Taufe, Eucharistie und Amt aufgenommen und umgesetzt. Die mittlerweile breite ökumenische Praxis knüpft an die in vielen kirchlichen Traditionen beheimateten Formen der Tauferinnerung an. In unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmaß sind sie in den einzelnen Kirchen verankert, jeweils eingebettet in einen spezifischen Kontext geistlichen und liturgischen Lebens. Ein traditioneller, altkirchlich verwurzelter Ort der Tauferinnerung ist die Feier der Osternacht. In der katholischen Liturgie ist dieser frühe Brauch der Tauferneuerung der ganzen Gemeinde am stärksten bewahrt und ausgestaltet worden. Ergänzt wird diese zentrale gottesdienstliche Tradition durch andere Handlungen und Riten, die die Dimension der Tauferinnerung einschließen. Vor allem die Bekräftigung des Taufglaubens bei der Firmung und der Erstkommunion gehört dazu. Aber auch die sonntägliche Besprengung mit Weihwasser (Asperges), das Kreuzzeichen mit Weihwasser am Eingang der Kirche oder die Besprengung des Sarges beim Begräbnis verweisen auf den Bezugskontext der Taufe. In den konfessionellen Traditionen der evangelischen Landeskirchen stellt die Konfirmation den zentralen und klassischen Ort der Tauferneuerung dar. Im Anschluss daran haben Gottesdienste zu Konfirmationsjubiläen einen breiten Eingang in die gottesdienstliche Praxis der Gemeinden gefunden. Hinzu kommen zunehmend weitere und vielfältige kontextbezogene und zielgruppenorientierte Formen des Taufgedächtnisses. Im Ablauf des Kirchenjahres steht am 6. Sonntag nach Trinitatis bei der Verkündigung thematisch die Tauferinnerung im Mittelpunkt. Nicht in allen Traditionen ist die Tauferinnerung gleichermaßen ausgebildet und verankert. In der orthodoxen Tradition taucht sie eher beiläufig als explizit auf, wie z.B. im Zusammenhang der Wasserweihe am Fest der Taufe Jesu. Auch in den meisten evangelischen Freikirchen hat das Element der Tauferinnerung keine ausgeprägte gottesdienstliche Form gefunden. Vornehmlich in der Verkündigung und der Taufpredigt, sowie in persönlichen Zeugnissen werden die Glaubenden an ihre eigene Taufe erinnert. Nur vereinzelt gibt es (vor allem in der menno9 aus: Umkehr ökumenisch feiern. Theologische Grundlagen und Praxismodelle. Erarbeitet von Paul Deselaers, Matthias Haudel, Michael Kappes, Assaad Elias Kattan, Eugenie Neugebauer, Dorothea Sattler und Klaus Peter Voß in Verbindung mit der ACK in Nordrhein-Westfalen, Frankfurt a.M. –Paderborn 2011, S. 115–127. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 37 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst nitischen Tradition) die Feier von Taufjubiläen. Eine agendarische Gestalt hat die Erneuerung des Taufbundes bzw. die Feier zur Erneuerung des Bundes mit Gott in der Evangelischmethodistischen Kirche. Grundlegende theologische Basis der ökumenischen Feiern ist die Überzeugung, dass die Taufe eine konfessionsübergreifende Relevanz und Dimension hat und ein sichtbares Zeichen und Band der Einheit in Christus verkörpert. Die Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der Taufe, die 2007 im Magdeburger Dom unterzeichnet wurde, geschah auf der Grundlage dieses fundamentalen ökumenischen Konsenses. Sie war für die beteiligten Kirchen ein feierlicher und sichtbarer Ausdruck dafür und ist als ein Markstein des ökumenischen Miteinanders der Kirchen in Deutschland zu betrachten. Angesichts noch nicht überwundener Differenzen konnten sich allerdings nicht alle Kirchen der ACK an dieser gegenseitigen Taufanerkennung beteiligen (täuferische Freikirchen und einige orientalisch-orthodoxe Kirchen). Vor diesem Hintergrund ist es umso dringlicher, sich bei ökumenischen Taufgedächtnisgottesdiensten, wo immer möglich, um integrierende Gestaltungsformen zu bemühen (Impulse dazu in der Arbeitshilfe „Taufgedächtnis und Glaubenserneuerung“–Texte aus der Ökumenischen Centrale Nr. 7). Der ökumenische Taufgedächtnisgottesdienst orientiert sich am Grundmuster der WortGottes-Feier bzw. dem Predigtgottesdienst. Zentrale Elemente sind die Tauferinnerung und die gemeinsame Neuverpflichtung. Sie stehen im Mittelpunkt der gottesdienstlichen Feier. Ein gemeinsamer Akt des Bekennens des einen verbindenden trinitarischen Glaubens, verbunden mit Lesungen und Gebeten und begleitet von Symbolen und Zeichenhandlungen, die auf die Taufe Bezug nehmen (Wasserritus, Kerzen, Segensgeste), geben dem Gottesdienst seine besondere Signatur. Das Leben im Glauben als Geschenk und Gabe der Neuschöpfung in Christus soll sichtbar und lebendig werden. Im Rückgang auf die Taufe werden der geistliche Grund und die Quelle der Umkehr und Erneuerung freigelegt und vergegenwärtigt.[… ] 5.1.2 Struktur und Verlauf 1. Eröffnung Musik/Gesang Gruß und Einführung Schuldbekenntnis Christusanrufung Gebet Gesang Zeichenhandlung Gesang Glaubensbekenntnis (Gesang) 2. Verkündigung und Taufgedächtnis Lesung Antwortgesang (Lesung des Evangeliums) Auslegung Lobpreis 3. Abschluss Fürbitten Vaterunser Sendung/Segen/Entlassung Musik/Gesang Abkürzungen A Alle/Gemeinde G Gemeinde L Liturg/in S Sprecher/in 38 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst (Orgel-) Musik zum Eingang Einzug der mitwirkenden Liturgen aus den beteiligten Gemeinden mit Kreuz, Bibel, Kerze, Blumen, einem gefüllten Wasserkrug und einer Wasserschale. Die Symbolgegenstände werden auf dem Altar/im Chorraum für alle sichtbar abgestellt. Eingangslied Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren GL 258 / EG 316 Eingangsvotum –Begrüßung L Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. A Amen. L Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. (Röm 5,5). Unser Herr Jesus Christus, dessen Namen wir seit unserer Taufe tragen, sei mit euch. Und mit deinem Geiste. A: L Liebe Schwestern und Brüder. Als Christen aus verschiedenen Kirchen feiern wir diesen Gottesdienst. Gott hat uns zu einem Volk berufen, über alle Trennungen hinweg. Unser Glaube, der uns eint, und unsere Taufe, die wir empfangen haben, verbinden uns in Jesus Christus. Er ist der Anfang der neuen Schöpfung, die Quelle unserer Hoffnung und das Fundament unseres Heils. In diesem Gottesdienst wollen wir uns gemeinsam erinnern lassen an den Reichtum der Gnade, der uns in der Taufe zugesprochen ist. Christus, zu dem wir gehören, er stärkt unseren Glauben und gibt uns Kraft und Orientierung für unser Leben und Handeln heute. Lied Nun jauchzt dem Herren alle Welt GL 474 / EG 288 Sündenbekenntnis Bußgebet S1: Gott, Schöpfer allen Lebens, der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, du hast mit uns einen Bund geschlossen und willst uns nahe sein. Du kennst unsere Herzen, unsere Gedanken und unser Handeln. Wir entfernen uns von dir und voneinander, wo wir die Gaben deiner Schöpfung zurückweisen, vernachlässigen, Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 39 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst missbrauchen, ausbeuten, zerstören, er-schöpfen. S2: Wir entfernen uns von dir und voneinander, wo wir auf Kosten der anderen leben, wo wir ihnen die Luft zum Atmen, den Boden unter den Füßen, die Lebens-Grundlage und Wege in die Zukunft nehmen. Wir entfernen uns von dir und voneinander, wo wir unsere eigenen Schwächen übersehen: unsere Bequemlichkeit, unseren verschwenderischen Lebensstil, unseren hohen Energieverbrauch, unsere Unachtsamkeit, im Kleinen und für das Große. S3: Gott, der Schöpfer allen Lebens, der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, lenke unsere Herzen, unsere Gedanken und unser Handeln zu ihm hin, damit wir gemeinsam und füreinander die Sorge lernen für die Bewahrung seiner Schöpfung –damit alle leben können. G: Amen aus: MISEREOR, Fastenaktion 2009 „Gottes Schöpfung bewahren - damit alle leben können“, Liturgische Bausteine, Aachen 2009, S. 63. Gnadenzuspruch L Gott sagt seinem Volk sein Erbarmen zu. In seiner Gnade verheißt er: Ich gieße Wasser auf den dürstenden Boden, rieselnde Bäche auf das trockene Land. Ich gieße meinen Geist über deine Nachkommen aus und meinen Segen über deine Kinder (Jes 44,3) Nachlass, Vergebung und Verzeihung unserer Sünden gewähre uns der allmächtige und barmherzige Herr. Anrufung L Gott, Schöpfer und Herr der Welt, du hast alles, was ist, ins Leben gerufen. Du hast uns dazu bestimmt, deine Ebenbilder zu sein, um deine Schöpfung zu schützen und zu bewahren. G Kyrie eleison (gesungen oder gesprochen) L Herr Jesus Christus, Erlöser und Versöhner, du hast uns zu Gliedern an deinem Leib gemacht. 40 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst Mit der Taufe hast du uns in deine Nachfolge gerufen. G Kyrie eleison L Gott, Heiliger Geist, Beistand und Erneuerer, du erfüllst unsere Herzen mit der Kraft deiner Liebe. In einer bedrohten und zerrissenen Welt ermutigst du uns, für Gerechtigkeit und Frieden zu wirken. G Kyrie eleison Gebet L G Gott, du bist die Quelle des Lebens. In deinem Licht sehen wir das Licht. Dich preisen wir für die Werke deiner Schöpfung. Dein schöpferisches Wort steht am Anfang dieser Welt und unseres Daseins. Es ist der Urgrund allen Lebens. In Christus hast Du dein vollmächtiges Wort der Liebe und Gnade erneuert. Heil und Rettung wirkst du, wo Unheil und Zerstörung unser Leben bedrohen. Erleuchte uns durch deinen Geist und lass uns gemeinsam neu den Reichtum deiner Gnade erkennen und die Würde der Berufung ergreifen, die uns in der Taufe zuteil geworden ist. Amen. Lied Herr, Jesu Christ, dich zu uns wend EG 155 / GL 516 Lesung Tit 3,4-8 (oder Röm 6,3-8) Antwortpsalm Psalm 95,1-7 ( als Psalmodie oder mit gesungenem Kehrvers) Evangelium G Joh 3,1-6 (oder Mt 28,16-20) Halleluja (gesungen) Predigt Lied Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt EG 638 Hinführung zum Taufgedächtnis L: In diesem Gottesdienst dürfen wir persönlich und gemeinsam annehmen und erneuern, wozu wir in der Taufe berufen sind. Wir wollen bekräftigen, was uns im Leben leitet und trägt und uns miteinander als Glieder am Leib Christi verbindet. Gott, der uns von falschen Wegen erlöst und befreit, ruft uns zu immer neuen Umkehr zu ihm auf. Wir sind gerufen, mit Gottes Schöpfung verantwortungsvoll umzugehen. Als Zeichen für neues und lebendiges Leben wollen wir in Erinnerung an Gottes Zusage, die er uns in unserer Taufe gegeben hat, gleich einander mit Wasser segnen und senden. Wassermeditation Aus einem Krug wird Wasser in Schalen gegossen. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 41 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst (Alternativ können die Liturgen mit der Gemeinde auch zum Taufstein/Taufbrunnen gehen und dort die Wasserschalen mit Wasser aus dem Taufbrunnen füllen. Dann stellt sich die Gemeinde im Halbkreis um den Taufstein/Taufbrunnen.) L1 Ohne Wasser gibt es kein Leben. Es erquickt und belebt. In der Bibel ist das Wasser ein elementares Zeichen der Schöpfung. Menschen und Tiere, Bäume und Pflanzen können ohne Wasser nicht existieren. Wasser erinnert an die grundlegenden Gaben und gefährdeten Güter der Schöpfung. L2 Wasser ist aber auch Zeichen bedrohlicher und tödlicher Urgewalt. Im Anfang, so heißt es bei der Erschaffung der Erde, schwebte Gottes Geist über den Wassern. Mitten in den Urgewalten des Chaos schafft Gott Raum zum Leben. L3 In der Geschichte von der großen Flut, in der alles untergeht, rettet Gott Noah in der Arche. Beim Durchzug durch das Rote Meer befreit Gott die Töchter und Söhne Abrahams aus der Hand ihrer Bedränger und führt sie in das Land der Verheißung. L1 Wasser wird zum Zeichen des neuen Lebens, Zeichen der rettenden Macht Gottes. L2 Die Taufe Jesu offenbart die heilbringende Zeitenwende. Jesus, der die Taufe des Johannes empfängt, stellt sich an die Seite der Sünder. Er ist der gesandte und vom Geist göttlicher Liebe erfüllte Gottessohn. L3 Das Wasser unserer Taufe, die wir im Namen Christi empfangen haben, ist ein Zeichen der in Christus angebrochenen Neuschöpfung. Es ist Symbol der erneuernden Kraft Gottes. Gott gibt uns Anteil am Tod und an der Auferstehung Jesu Christi. Er macht uns im Glauben gewiss, dass unsere Schuld vergeben ist und dass wir teilhaben an einem neuen Leben in seinem Geist. Lied oder Lied Nun singe Lob, du Christenheit Laudate omnes gentes EG 265 / GL 638 Taizé / EG 181.6 Glaubensbekenntnis (Ökumenisches Glaubensbekenntnis von Nizäa–Konstantinopel 381) L Mit den Worten des Ökumenischen Bekenntnisses wollen wir unseren gemeinsamen Glauben bekennen. G Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen… Verpflichtung auf den Taufbund L 42 Das ist unser gemeinsamer Glaube, der uns trägt und in dem unser Leben gründet. Durch Gottes Geist will er Gestalt gewinnen in unserem Denken und Handeln. Deshalb frage ich Euch: Ihr habt den Glauben bekannt an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, den Urheber und Freund des Lebens. Wollt Ihr euch mit seiner Gnade nach Kräften einsetMichael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst zen für einen achtungsvollen Umgang mit dem Leben, für die Bewahrung der Schöpfung? G Ja, das wollen wir. L Ihr habt den Glauben bekannt an Jesus Christus, den Erlöser der Welt. Wollt Ihr mit euren Worten und Taten Boten seines Heils und seiner Liebe sein, euch mit seiner Hilfe einsetzen für Gerechtigkeit und Frieden unter den Menschen? G Ja, das wollen wir. L Ihr habt den Glauben bekannt an den Heiligen Geist, der Gemeinschaft schenkt und das Leben erneuert. Wollt Ihr euch mit seiner Kraft einsetzen für eine wachsende Einheit, für ein geschwisterliches Zusammenleben der Kirchen und für Versöhnung unter den Völkern? G Ja, das wollen wir. L Der dreieinige Gott, in dessen Namen wir getauft wurden, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist, spreche zu unserem menschlichen Ja sein göttliches Amen. Er stärke unseren Glauben, unsere Hoffnung und unsere Liebe. Er schenke zu unserem Wollen das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen. G Amen. Lied Ich bin getauft auf deinen Namen (oder: Ich bin getauft und Gott geweiht EG 200 GL 635) Zeichenhandlung –Segensgeste L Als Zeichen der Verbundenheit wollen wir uns einander Gottes Frieden zusprechen und dies mit einer Geste des Segens verbinden, indem wir mit Wasser die Hand des Nachbarn berühren und ihm sagen: „Christus sagt: Ich bin das Leben. Er segne und begleite dich.“ Wasserschalen werden weitergereicht. Jeder, der möchte, taucht seine Hand in das Wasser und berührt die Hand des Nachbarn, macht dabei ein Kreuzzeichen in dessen Hand oder/und spricht ihm das Segenswort zu. Während der Zeichenhandlung: Orgelspiel und nachfolgendes Lied. Lied Strahlen brechen viele aus einem Licht EG 268 Fürbitten S1 Herr, unser Gott, Schöpfer und Vater, du bist die Quelle des Lebens. Dein Namen wurde über uns ausgerufen am Tag unserer Taufe. Hilf uns, behutsam und gerecht mit den Gaben und Gütern deiner Schöpfung umzugehen. Darum bitten wir dich: G Herr, erbarme dich. (gesprochen oder gesungen) Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 43 5.1 Ökumenischer Taufgedächtnisgottesdienst S2 Herr, unser Gott, dein Sohn Jesus Christus, hat sich hingegeben für uns. Seine Liebe befreit uns von Angst und Schuld. Er stiftet Versöhnung und macht uns zu Gliedern an seinem Leib. Hilf uns, für Einheit zu wirken und Mauern zu überwinden. Darum bitten wir dich: G Herr, erbarme dich. S3 Herr, unser Gott, dein Geist erneuert und verwandelt. Er bringt Erstarrtes in Bewegung. Seit unserer Taufe erfüllt er unsere Herzen. Stärke unseren Glauben und unsere Liebe. Hilf uns, Boten der Hoffnung zu sein. Darum bitten wir Dich: G Herr, erbarme dich. Vaterunser L Gemeinsam beten wir, wie Christus uns zu beten gelehrt hat: Vater unser… Sendung und Segen L Wir haben gemeinsam unseren Glauben bekannt und unserer Taufe gedacht. Gott, der uns berufen hat, sendet uns in diese Welt. Er sagt uns zu, gegenwärtig zu sein, wo wir in seinem Namen handeln. Sein Segen begleitet uns. L Gott, der Herr, segne euch und behüte euch. Der Herr lasse sein Angesicht über euch leuchten und sei euch gnädig. Er wende euch sein Antlitz zu und schenke euch Frieden. G Amen . Auszug / Orgelnachspiel Verwandte Literatur Die Feier des Taufgedächtnisses. Liturgische Handreichung. Hg. im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch Lutherischen Kirche Deutschlands vom Amt der VELKD, Hannover 2007. Gottes Schöpfung feiern. Schöpfungstag und Schöpfungszeit – 1. September bis Erntedank. Arbeitshilfe der ACK. Ökumenischen Centrale, Frankfurt am Main 2008. Klaus Peter Voß, Die Liturgie der Tauferinnerung und ihre ökumenische Dimension. Ein Werkstattbericht. In: Klaus Peter Voß, Ökumene und freikirchliches Profil. Beiträge zum zwischenkirchlichen Gespräch, Berlin 2008, S. 178-192. Ökumenische Gottesdienste. Anlässe, Modelle und Hinweise für die Praxis. Hg. vom Deutschen Liturgischen Institut, Trier, und vom Gottesdienst-Institut der Evangelisch– Lutherischen Landeskirche in Bayern, Nürnberg, Freiburg i.Br. 2003. 44 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser" 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser"10 Vorbemerkung Unsere Gottesdienstvorlage will kein fertiges Konzept liefern, sondern soll vor allem auch zur Anregung für eigene Ideen dienen. Das Thema „Wasser" mit dem Psalmvers „Bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht" (Ps 36,10) diente uns zur Inspiration. Der Gottesdienstgemeinde soll im Verlauf des Wortgottesdienstes die Symbolkraft des Wassers verdeutlicht werden. Deshalb macht es Sinn, mit dem Wasser im Wortgottesdienst direkt in Berührung zu kommen, damit das gesprochene Wort auch zu einer sinnlichen Erfahrung werden kann. Hierfür haben wir nach der Ansprache zur Lesung genügend Raum für eine Meditation mit Symbolhandlung vorgesehen. Das gemeinsame Beten und Feiern von gemischtkonfessionellen Christen soll allen zu einem Quell des Lebens werden. Vorbereitung Vor dem Gottesdienst sollte in der Mitte des Altarraumes oder auf dem Altar eine große (Glas-)Schale mit Wasser gestellt werden. Schön wäre es, diese Stelle mit bunten Tüchern zu gestalten. Wenn die versammelte Gemeinde zu groß ist, können im Altarraum auch mehrere Wasserschalen aufgestellt werden. Die stärkste Symbolkraft hätte allerdings das mit Wasser gefüllte Taufbecken anstelle der Schale. Abkürzungen: V: Vorsteher / Leiter des Wortgottesdienstes; L: Lektor; A: Alle; EG: Evangelisches Gesangbuch; GL: Gotteslob; TB: Troubadour Eröffnungslied: GL 270 / EG 599 oder GL 638 / EG 265 Begrüßung und Hinführung zum Thema: V: Erinnern Sie sich noch an ihre letzte Wanderung an einem heißen Sommertag? Vielleicht waren sie erschöpft und durstig und sehnten sich nach einer Erfrischung. Schließlich entdeckten sie zwischen moosbedeckten Steinen eine Quelle, aus der ihr kühles, klares Wasser hervorsprudelte. Diese Quelle war ein Geschenk und gab neue Kraft und Erfrischung. Auch Gott will für uns so eine Quelle sein. Es liegt an uns wie viel wir daraus schöpfen. Denn bei Gott ist die Quelle des Lebens, in seinem Licht schauen wir das Licht. 10 Melanie Bräundl, Melanie Jörg, Florian Kluger, Thema „Wasser“. Ökumenischer Wortgottesdienst mit Ju– gendlichen, in: Bei dir ist die Quelle des Lebens (Ps 36,6–10). Materialien für Gemeindearbeit und Gottes– dienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen 2002, Stuttgart –Eichstätt 2001, S. 30–33. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 45 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser" Kyrie / Bußakt (nach Ps 36,6.7a.10) L1: „Herr deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, / deine Treue, so weit die Wolken ziehn.“(V 6) L2: Aber meine eigene Begrenztheit hindert mich daran, gütig und treu zu sein. So wie ich bin, bringe ich mich vor dich. A: Herr erbarme dich L1: „Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes, / deine Urteile sind tief wie das Meer.“(V 7a) L2: Ich jedoch versuche oft nicht in die Tiefe des Meeres der Wahrheit vorzudringen, sondern bleibe mit meinem vorschnellen Urteilen an der Oberfläche der Ungerech– tigkeit. So wie ich bin, bringe ich mich vor dich. A: Christus erbarme dich L1: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, / in deinem Licht schauen wir das Licht.“(V 10) L2: Die Sinnlichkeit deiner Lebensquelle bleibt mir nicht selten verborgen. Meinen Durst an dir zu stillen, vergesse ich schnell im Trubel der Zeit. So wie ich bin, bringe ich mich vor dich. A: Herr, erbarme dich Lied: GL 258 / EG 317 oder TB 133 Lesung: Joh 4,7-15 (Die Frau am Jakobsbrunnen) Ansprache: Die Ansprache sollte eine Verbindung der Lesung zur anschließenden meditativen Symbolhandlung sein. Nach der Ansprache sollte die Gemeinde dazu eingeladen werden zur Wasserschale/Taufbecken zu gehen und sich durch Eintauchen der Hand in das Wasser zu bekreuzigen oder die Stirn zu benetzen. Hierbei kann der folgende Meditationstext vorgelesen und mit sanfter Meditationsmusik (evtl. Meeresrauschen) unterlegt werden. Meditationstext: Wasser reinigt und erfrischt uns. Das Plätschern der Wellen am See beruhigt uns. Die Quelle schenkt uns neues Leben. Ich möchte mit dem Wasser des neuen Lebens übergossen eingetaucht gewaschen 46 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser" erneuert werden. Ich möchte mit dem Wasser der Liebe mit dem Wasser des Friedens mit dem Wasser der Gerechtigkeit reingewaschen werden. Ich glaube, dass Gott für mich dieses lebendige Wasser ist. In diesem Wasser werde ich gewaschen und gehe als neuer Mensch hervor. Das Evangelium ist die Quelle, aus der ich leben darf. Hilf mir aus dieser Quelle zu schöpfen, so dass ich dich immer wieder neu erkenne. Ich lebe in diesem Bewusstsein, glaube und hoffe, dass Gott mich stets aufs Neue stärkt. Ich lebe mit dieser Hoffnung in der Gemeinschaft der Christen. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Ich vertraue darauf, dass mein Durst nach dir, dem lebendigen Gott, stets gestillt wird. Du wäscht mich im Wasser deiner Barmherzigkeit rein. Lass mich selbst das klare und lebendige Wasser sein, dass anderen Menschen ihr Leben erfrischt. Fürbitten: S 1: Herr, du hast der Frau am Jakobsbrunnen versprochen für immer ihren Durst zu stillen, wenn sie von deinem Wasser trinkt. Lass uns erkennen, dass du das Wasser des Lebens bist. A: Wir bitten dich erhöre uns S 2: Herr, du gibst uns Orte, an denen wir verweilen können. Hilf dass wir uns Zeit nehmen das Plätschern des Wassers oder den Gesang der Vögel zu hören, um dir zu begegnen. A: Wir bitten dich erhöre uns S 3: Herr, du schenkst uns Sehnsucht nach lebendigem Wasser. Lass diese Sehnsucht einen festen Platz in unserem Leben haben und unversiegbar in uns sprudeln. A: Wir bitten dich erhöre uns S 1: Herr, deine Kraft ist frisch und stark. Gib uns den Glauben, dass du uns für den Alltag stärken und uns Ausdauer schen– ken willst. A: Wir bitten dich erhöre uns Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 47 5.2 Ökumenischer Wortgottesdienst mit Jugendlichen zum Thema „Wasser" S 2: Herr, du bist für uns zur Quelle geworden, indem du uns Jesus geschenkt hast. Lass uns unseren Mitmenschen von deiner Liebe erzählen und lass uns die Liebe weitergeben, damit sie zu einer unversiegbaren Quelle wird. A: Wir bitten dich erhöre uns S 3: Herr, wir stehen als Menschen verschiedener Kirchen vor dir. Hilf uns, dass wir nicht wie Wellen gegeneinander prallen und im Tosen des Was– sers unterzugehen drohen. Lass uns einander respektvoll begegnen, weil wir alle im selben Fluss schwimmen. A: Wir bitten dich erhöre uns Lied: GL 644 / EG 263 oder TB 151 oder TB 132 Vater unser Segensgebet: L: L: A: Herr, allmächtiger Gott, alles hat seinen Ursprung in dir. Segne uns, die wir uns mit dem lebensspendenden Wasser als Zeichen der Einheit und Reinigung benetzt haben. Wenn Krankheit und Gefahren und die Anfechtungen des Bösen uns bedrohen, dann lass uns deinen Schutz erfahren. Gib, dass die Wasser des Lebens allezeit für uns fließen und uns Rettung und Einheit bringen. Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn. A: Amen Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf uns herab und bleibe bei uns allezeit. Amen Schlusslied: EG 171 48 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 1. Grundstruktur 1. Eröffnung Predigt (Homilie) Eröffnungsruf Besinnung (Einführung/Gebet) Stille Musik/Gesang/Hymnus Lobgesang Mariens (Magnificat) 2. Psalmengebet 4. Gebet 1. Psalm Fürbitten 2. Psalm Vaterunser 3. Gesang aus dem Neuen Testa– Schlussgebet ment (Canticum) 3. Wort Gottes und Besinnung Lesung 5. Abschluss Segen/ Sendung Schlusslied Antwortgesang Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 49 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 2. Verlauf Orgelvorspiel Eröffnungsruf Liturg/in (= L): Gemeinde (= G): Oder: L: G: L: G: L: G: Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde. Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen. (Halleluja.) Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkündige. Gott, gedenke mein nach deiner Gnade. Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen. (Halleluja) (EG 727; s. auch RG 555) Begrüßung/Einführung Ich heiße Sie alle herzlich zu dieser Vesper willkommen. Sie steht unter dem Thema: „Wasser – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens. Wir greifen damit das Schwerpunkthema des diesjährigen Ökumenischen Schöpfungstages bzw. der Schöpfungszeit auf, die dem „Wasser“gewidmet ist. Der Impuls zu der Feier eines Ökumenischen Schöpfungsgottesdienstes in dieser Zeit des Kirchenjahres ging von der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung im September 2007 in Hermannstadt/Sibiu in Rumänien aus. Vertreterinnen und Vertreter aller Konfessionsfamilien in Europa haben empfohlen, „dass der Zeitraum zwischen dem 1. September und 4. Oktober dem Gebet für den Schutz der Schöpfung und der Förderung eines nachhaltigen Lebensstils gewidmet wird, um den Klimawandel aufzuhalten.“ Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland hat diese Empfehlung aufgegriffen und beschlossen am 1. Freitag im September beziehungsweise wo dies nicht möglich ist, im Zeitraum vom 1. September bis zum 4. Oktober eines jeden Jahres in ökumenischer Gemeinschaft einen „Tag der Schöpfung“zu feiern. Er findet in diesem Jahr das zweite Mal statt. [Wir feiern diesen Gottesdienst ökumenisch. Beteiligt sind: (Gemeinden nennen).] Wir bitten, dass Gottes Geist uns durch diesen Gottesdienst führt. Lied 50 „Gott liebt diese Welt“(GL 297/EG 409) oder Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper „Solang es Menschen gibt auf Erden“(GL 300/EG 427) 1. Psalm Psalm 104,1–24 (im Wechsel gesprochen) 1 Lobe den Herrn, meine Seele! / Herr, mein Gott, wie groß bist du! / Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet. 2 Du hüllst dich in Licht wie in ein Kleid, / du spannst den Himmel aus wie ein Zelt. 3 Du verankerst die Balken deiner Wohnung im Wasser. / Du nimmst dir die Wolken zum Wagen, / du fährst einher auf den Flügeln des Sturmes. 4 Du machst dir die Winde zu Boten / und lodernde Feuer zu deinen Dienern. 5 Du hast die Erde auf Pfeiler gegründet; / in alle Ewigkeit wird sie nicht wan– ken. 6 Einst hat die Urflut sie bedeckt wie ein Kleid, / die Wasser standen über den Bergen. 7 Sie wichen vor deinem Drohen zurück, / sie flohen vor der Stimme deines Donners. 8 Da erhoben sich Berge und senkten sich Täler / an den Ort, den du für sie bestimmt hast. 9 Du hast den Wassern eine Grenze gesetzt, / die dürfen sie nicht überschreit en; / nie wieder sollen sie die Erde bedecken. 10 Du lässt die Quellen hervorsprudeln in den Tälern, / sie eilen zwischen den Bergen dahin. 11 Allen Tieren des Feldes spenden sie Trank, / die Wildesel stillen ihren Durst daraus. 12 An den Ufern wohnen die Vögel des Himmels, / aus den Zweigen erklingt ihr Gesang. 13 Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, / aus deinen Wolken wird die Erde satt. 14 Du lässt Gras wachsen für das Vieh, / auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde / 15 und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt / und Brot das Menschenherz stärkt. 16 Die Bäume des Herrn trinken sich satt, / die Zedern des Libanon, die er ge– pflanzt hat. 17 In ihnen bauen die Vögel ihr Nest, / auf den Zypressen nistet der Storch. 18 Die hohen Berge gehören dem Steinbock, / dem Klippdachs bieten die Fel– en Zuflucht. 19 Du hast den Mond gemacht als Maß für die Zeiten, / die Sonne weiß, wann sie untergeht. 20 Du sendest Finsternis und es wird Nacht, / dann regen sich alle Tiere des Waldes. 21 Die jungen Löwen brüllen nach Beute, / sie verlangen von Gott ihre Nah– rung. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 51 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 22 Strahlt die Sonne dann auf, so schleichen sie heim / und lagern sich in ihren Verstecken. 23 Nun geht der Mensch hinaus an sein Tagwerk, / an seine Arbeit bis zum Abend. 24 Herr, wie zahlreich sind deine Werke! / Mit Weisheit hast du sie alle ge– macht, / die Erde ist voll von deinen Geschöpfen. oder gesungen mit dem Kehrvers „Herr, unser Herrscher, wie gewaltig..“ (GL 710) 2. Psalm Psalm 148 (im Wechsel gesprochen) 1 Halleluja! Lobt den Herrn vom Himmel her, / lobt ihn in den Höhen: 2 Lobt ihn, all seine Engel, / lobt ihn, all seine Scharen; 3 lobt ihn, Sonne und Mond, / lobt ihn, all ihr leuchtenden Sterne; 4 lobt ihn, alle Himmel / und ihr Wasser über dem Himmel! 5 Loben sollen sie den Namen des Herrn; / denn er gebot, und sie waren er– schaffen. 6 Er stellte sie hin für immer und ewig, / er gab ihnen ein Gesetz, das sie nicht übertreten. 7 Lobt den Herrn, ihr auf der Erde, / ihr Seeungeheuer und all ihr Tiefen, 8 Feuer und Hagel, Schnee und Nebel, / du Sturmwind, der sein Wort voll– zieht, 9 ihr Berge und all ihr Hügel, / ihr Fruchtbäume und alle Zedern, 10 ihr wilden Tiere und alles Vieh, / Kriechtiere und gefiederte Vögel, 11 ihr Könige der Erde und alle Völker, / ihr Fürsten und alle Richter auf Er– den, 12 ihr jungen Männer und auch ihr Mädchen, / ihr Alten mit den Jungen! 13 Loben sollen sie den Namen des Herrn; / denn sein Name allein ist erhaben, / seine Hoheit strahlt über Erde und Himmel. 14 Seinem Volk verleiht er Macht, / das ist ein Ruhm für all seine Frommen, / für Israels Kinder, das Volk, das ihm nahen darf. Halleluja! oder gesungen mit dem Kehrvers „Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu“(GL 253) 52 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper Psalmgebet11 Gott, du hast Wasser des Lebens. Gib uns davon zu trinken, damit die Wüsten in uns grün werden. Gib uns davon zu trinken, damit das Harte in uns weich wird, damit Liebe wachsen kann, die Hoffnung nie versiegt, der Glaube nicht austrocknet. Gott, gib uns das Wasser des Lebens und lass es in uns zur sprudelnden Quelle werden, zur Quelle, die nie versiegt. Und mach uns Mut, Gott, dieses Wasser des Lebens an andere weiterzugeben, es nicht in uns einzusperren, Dämme und Mauern darum zu bauen, sondern es auszugießen, mit anderen zu teilen. Gib du uns Das Wasser des Lebens. Gesang aus dem Neuen Testament „Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes“(GL 694) oder „Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in E – wigkeit“(GL 564) Lesung Genesis/1. Mose 9,8–17 Exodus / 2. Mose 17,1–7 Joh 4,7–15 Offb 21,1–7 Lied/Kanon „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn“(GL 282 / EG 337) oder Wasser aus wieviel Wolken geregnet ... 11 oder oder oder nach: Andrea Schwarz, Singt das Lied der Erlösung. Mit Gott das Leben feiern. Freiburg – Basel – Wien 1990, S. 114. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 53 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper oder „Agios, o Theos“(= Heiliger Gott, Heiliger Mächtiger, Heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser“)(orthodox) Predigt (Homilie) Lied 2. Herr, sei gelobt durch unsre Schwester Mond, und durch die Sterne, die du gebildet hast. Sie sind so hell, so kostbar und so schön. 3. Herr sei gelobt durch unsren Bruder Wind, durch Luft und Wolken und jeglich Wetter. Dein Odem weht, dort wo es ihm gefällt. 54 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper 4. Herr, sei gelobt durch Schwester Wasser, sie ist gar nützlich, demutsvoll und keusch. Sie löscht den Durst, wenn wir ermüdet sind. 5. Herr, sei gelobt durch Bruder Feuer, der uns erleuchtet die Dunkelheit und Nacht. Er ist so schön, gar kraftvoll und auch stark. 6. Herr, sei gelobt durch Mutter Erde, die uns ernährt, erhält und Früchte trägt. Die auch geschmückt durch Blumen und Gesträuch. 7. Herr, sei gelobt durch jene, die verzeihn, und die ertragen Schwachheit, Leid und Qual. Von dir, du Höchster, werden sie gekrönt. 8. Herr, sei gelobt durch unsren Bruder Tod, dem kein Mensch lebend je entrinnen kann. Der zweite Tod tut uns kein Leide an. oder „Komm, Heilger Geist, der Leben schafft“ (GL 241, EG 552) Bußakt12 Lasst uns beten: O Gott, Schöpfer des Wassers, Quelle des Lebens, Wir bekennen unsere Unfähigkeit, den vielen Ungerechtigkeiten der Welt entgegenzutreten, wie dem falschen Umgang mit Wasser. Aber wir bekennen auch unsere Neigung, dein Geschenk der Liebe, das allen Menschen zuteil wird, einzuschränken. Vergib uns, wenn wir deine Güte und Gerechtigkeit hintertreiben. Vergebungsbitte Wir bitten dich, vergib uns. Laß es nicht nur beim Klagen, bei Appellen und schönen Gottesdiensten sein Bewenden haben. Gib uns die Kraft, uns zu verändern 12 nach: Wasserströme in der Einöde. Gottesdienstordnung 5. Sonntag der Passionszeit (21. März 2010), hrsg. von Ökumenisches Wassernetzwerk (ÖWN), download unter: http://www.oikoumene.org/de/activities/oekumenisches-wassernetzwerk-oewn/ressourcen-und-links/oewnmaterialien.html. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 55 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper und bei uns selbst damit anzufangen. Amen. und/oder Lobgesang Mariens (Magnificat) „Meine Seele preist die Größe des Herrn“ (GL 689; KG 274.1) Fürbitten13 Lasst uns beten: L Gott, unser Schöpfer, du hast die Erde geschaffen und gesehen, dass alles gut war. Wasser bedeutet Leben; Flüsse sind Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Daher bitten wir dich: S1 Wir bitten für uns und die kommenden Generationen: Dass wir bei all unserem Planen und Tun Achtung beweisen vor deiner Schöpfung, damit wir unseren Kindern eine lebenswerte Umwelt erhalten. A: Wir bitten dich erhöre uns S 2: Herr, du schenkst uns Sehnsucht nach lebendigem Wasser. Lass diese Sehnsucht einen festen Platz in unserem Leben haben und unversiegbar in uns sprudeln. A: Wir bitten dich erhöre uns S 3: Herr, deine Kraft ist frisch und stark. Gib uns den Glauben, dass du uns für den Alltag stärken und uns Ausdauer schen– ken willst. A: Wir bitten dich erhöre uns S 1: Herr, du bist für uns zur Quelle geworden, indem du uns Jesus geschenkt hast. Lass uns unseren Mitmenschen von deiner Liebe erzählen und lass uns die Liebe weitergeben, damit sie zu einer unversiegbaren Quelle wird. A: Wir bitten dich erhöre uns S 2: Herr, wir stehen als Menschen verschiedener Kirchen vor dir. Hilf uns, dass wir nicht wie Wellen gegeneinander prallen und im Tosen des Was– sers unterzugehen drohen. Lass uns einander respektvoll begegnen, weil wir alle im selben Fluss schwimmen. A: Wir bitten dich erhöre uns 13 56 nach: Jörg Menke, Die Vielfalt der Schöpfung feiern. Ökumenische Arbeitshilfe für den Gottesdienst, Heidelberg 2008, S. 25. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.3 Modell einer Ökumenischen Vesper Vater unser Segen 114 Segne uns und behüte uns, du rettender und treuer Gott. Sei um uns und in uns wie lebendiges Wasser und schenke Frieden und Segen der ganzen Welt. Das gewähre euch der dreieinige Gott, + der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. A: Amen Segen 2 Gott segne euch und behüte euch Gott lasse Recht strömen wie lebendiges Wasser Gott lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig Gott breche die Gewaltwellen und setze Wellen der Versöhnung frei Gott erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch jenen Frieden, den die Welt euch nicht geben kann. Oder: Es segne euch der dreieinige Gott, der Vater, der Recht strömen lässt wie lebendiges Wasser, und der Sohn, der die Gewaltwellen durchbricht und Wellen der Versöhnung freisetzt, und der heilige Geist, der euch jenen Frieden gibt, den die Welt euch nicht geben kann. Schlusslied: 14 „Mein schönste Zier und Kleinod bist“ oder „Bewahre uns Gott..“(GL 845 / EG 171) (GL 559 / EG 473) „Donau-Friedenswelle“–Es ströme das Recht wie Wasser (Amos 5,24).Gottesdienstentwurf für die Gemeinden, Herausgegeben von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, der Evangelischen Kirche A.B. in der Slowakei, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn, der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Stuttgart 2010, S. 36. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 57 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 5.4 Ökumenische Gottesdienstmodelle und liturgische Gestaltungselemente 5.4.1 Gebete Gebet 115 Gott, du Quelle der Hoffnung, wir beten dich an. Wir danken dir für die Hoffnung auf ein neues Leben für die ganze Schöpfung, unsere Kirchen und für uns selbst. Wir danken dir für alle, die durch die eine Taufe in Christus zu Schwestern und Brüdern wurden. Wir sehnen uns danach, immer mehr in dieser Einheit zu leben. Vergib uns unsere Trennungen und gib uns die Kraft, sie zu überwinden. Amen. Gebet 216 Gott, unser Vater, gib deinem Volk auf seinem Pilgerweg neuen Mut. Du lässt Leben in der Wüste erblühen und Wasser aus Felsen hervorbrechen. Nimm unsere Zweifel und Fragen und lass gute Früchte aus ihnen entstehen. Hilf, dass unsere Kirchen dich gemeinsam suchen und sich vereint nach dir ausstrecken. Begleite uns und zeige uns, dass du in deiner Liebe unter uns bist. Lass uns zu der Einheit gelangen, die du für dein Volk willst, durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn. Amen. Gebet 317 Quelle des lebendigen Wassers, reinige uns von unseren Ängsten und Qualen, stille unseren Durst nach Gerechtigkeit und Frieden, erfülle uns mit der Freude deiner Gegenwart, damit wir zu denen werden, die dein Geschenk der Liebe und Barmherzigkeit für die ganze Welt verkündigen. Amen. 15 nach: Bei dir ist die Quelle des Lebens (Ps 36, 6–10). Materialien für Gemeindearbeit und Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen 2002, Stuttgart –Eichstätt 2001, S. 46. 16 Ebd. S. 41 f. nach: Wasserströme in der Einöde. Gottesdienstordnung 5. Sonntag der Passionszeit (21. März 2010), hrsg. von Ökumenisches Wassernetzwerk (ÖWN), download unter: http://www.oikoumene.org/de/activities/oekumenisches-wassernetzwerk-oewn/ressourcen-und-links/oewnmaterialien.html. 17 58 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 5.4.2 Lobpreis Lobpreis 118 Gepriesen seist du, Gott ewiger Vater, Schöpfer und Bewahrer der Welt, dass Du Dich Deiner gefährdeten Schöpfung zuwendest und nicht aufhörst, Leben zu schenken, auch wo wir es verderben. Du schaffst eine Welt, in der Regen uns erfrischt; in der es sich gut atmen lässt; in der wir die Schönheit eines Baumes bewundern und unser Leben umgeben ist von der Fülle Deiner Geschöpfe. Gepriesen seist Du, Jesus Christus, Sohn des Vaters und unser Bruder, dass Du Anteil nimmst an den Ratlosigkeiten unseres Lebens. Du hast Deinen Frieden hineingetragen in die zerrissene Schöpfung; Du nimmst uns an in die Gemeinschaft mit Dir, auch wenn wir unseren Lebensstil nicht kurzfristig ändern können. Du trittst beim Vater für uns ein, bis Dein Erlösungswerk sich ganz durchgesetzt hat. Gepriesen seist Du, Gott Heiliger Geist, Lebensspender, dass Du uns aufweckst aus Trägheit und Sattheit. Du willst uns gebrauchen und rüstest uns zu für die Bewahrung des Lebens; Du erhältst die Kirche als eine Stätte der Erneuerung aus dem Evangelium. Du schaffst alles neu nach Gottes Willen. Dafür sei Dir, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, Lob und Ehre in Ewigkeit. Amen. Lobpreis 219 L: Liebender Schöpfer, du sorgst für das Land, indem du Regen schickst; du machst es fruchtbar und ertragreich, und schenkst uns reiche Ernten! A: •Die ganze Schöpfung jauchzt vor Freude. L: Wenn wir für das Land sorgen, die Saat aussäen und die Ernte einbringen, A: •dann singt die ganze Schöpfung vor Freude. 18 19 Norbert Copray, in: Gottes Erde –Zum Wohnen gemacht –Unsere Verantwortung für die Schöpfung. Impulse für Praxis und Gottesdienst (Woche für das Leben 2 .- 8. Mai 1999, hrsg. vom Sekretariat der DBK u. Kirchenamt der EKD, Bonn –Hannover 1999, S. 36. Per Harling, aus Gloria Deo, Prayers & Hymns for the 12. Assembly of Conference of European Churches (CCEE/KEK) 2003. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 59 5.4 Liturgische Gestaltungselemente L: Wenn wir die Bäche und Flüsse sauber halten, und die Klarheit von Seen und Meeren achten, A: •dann singt die ganze Schöpfung vor Freude. L: Wenn wir erkennen, dass wir eine Familie sind, Brüder und Schwestern, die zusammen für das Land und die Gewässer Verantwortung tragen, A: •dann singt die ganze Schöpfung vor Freude, denn du segnest uns allezeit mit Fülle. Lobpreis 320 AUS DEM GOTTESDIENST DER TAUFE Groß bist du Herr, und wunderbar sind deine Werke und kein Wort reicht hin, um deine Wunder zu preisen! Denn du hast nach deinem Willen das Weltall aus dem Nichtsein ins Dasein geführt; durch deine Macht erhältst du die Schöpfung und durch deine Vorsehung verwaltest du die Welt. Aus vier Elementen hast du die (ganze) Schöpfung gebildet und durch vier Jahreszeiten den Kreis des Jahres gekrönt. Vor dir erzittern alle geistigen Kräfte; dich preist die Sonne, dich verherrlicht der Mond, dir dienen die Sterne, dir gehorcht das Licht, vor dir erschauern die Abgründe, dir dienen die Quellen. Du hast ausgebreitet den Himmel wie eine Umhüllung, du hast die Erde über den Gewässern gegründet, du hast das Meer mit Sand umrahmt, du hast die Luft zum Atmen ausgegossen. Es dienen dir die Kräfte der Engel, die Chöre der Erzengel beten dich an, die vieläugigen Cherubim und die sechsflügeligen Seraphim umgeben und verhüllen sich vor deiner unnahbaren Herrlichkeit. 5.4.3 Schrifttexte (in Auswahl) Wasser –Gabe Gottes –Quelle neuen Lebens Altes Testament Gen / 1. Mose 1,1-2,5a Schöpfungsbericht (P) (Gottes Geist schwebte auf dem Wasser) Gen / 1. Mose 2,4b–25 Schöpfungsbericht (J) (Scheidung u. Sammlung der Wasser; Grundlage allen Lebens) Gen / 1. Mose 6–9 20 60 Sintflut und Noah–Bund zitiert nach: Orthodoxe Texte zur Schöpfung. Ein Florilegium, zusammengestellt von Erzpriester Constantin Miron, Brühl 2010, S. 8. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Gen / 1. Mose 21,14-20 Hagar und Ismael in der Wüste Gen / 1. Mose / 26,18–22 Ex / 2. Mose 15,22–25 Ex / 2. Mose 17,1-7 1 Kön 19,1–13 Jes 12,1–6 Jes 35,1–10/ Jes 41,17–20 Jes 43,14–21 Amos 5,24 Jona 2,1-7 Isaak gräbt Brunnen Bitteres Wasser wird süß Wasser aus dem Fels Berufung des Elija–Krug Wasser als Lebenselexier „ihr werdet Wasser schöpfen voll Freude/aus den Quellen des Heils“ Hoffnung Israels auf Neuschöpfung –Wasserquellen sprudeln in der Wüste es ströme Recht wie Wasser Rettung des Jona Psalmen Ps 36 Gott, die Quelle des Lebens Ps 42 Ps 65 Ps 69 Ps 93 Ps 104 Sehnsucht nach Gott wie „der Hirsch lechzt nach frischem Wasser“ Dank für Gottes Gaben der Schöpfung Ruf nach Rettung aus den Tiefen des Wassers Jahwe ist mächtiger König Wasser als gute Schöpfungsgabe Neues Testament Mk 1,9–11 parr Joh 3,1–7 Joh 4,1-26 Joh 7,37–44 Apg 8,26–40 Röm 6,3–14 Offb 21,5;22,1 Taufe Jesu Taufe als Neugeburt aus Wasser und Hl. Geist Frau am Jakobsbrunnen Christi Tod als Quelle neuen Lebens Taufe des Äthiopiers Taufe als Mitsterben und Auferstehen mit Christus Gott schenkt das Wasser des Lebens 5.4.4 Lieder (Auswahl) Zum Thema „Wasser–Gabe Gottes –Quelle neuen Lebens“ bieten sich folgende Lieder an: a) aus dem Gotteslob (GL) oder aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG ): GL 211 GL 726 GL 742.2 GL 759 GL 527.3 / GL 743 GL 676 / GL 754 GL 266 / EG 321 GL 528.4 GL 529.2 EG 278 EG 279 EG 285 EG 202 EG 432 Gott redet und Quellen springen auf Meine Seele dürstet Lobe den Herrn meine Seele Lobe den Herrn meine Seele Meine Seele preise den Herrn Meine Seele dürstet nach dir Nun danket alle Gott Meine Augen schauen allezeit zum Herrn Zu dir, Herr, erbebe ich meine Seele Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken Christ, unser Herr, zum Jordan kam Gott gab uns Atem b) Neue geistliche Lieder • • Miteinander gehen, zueinander stehn Gott, unser Ursprung Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 61 5.4 Liturgische Gestaltungselemente • • • • • • • • • 62 Bei dir ist die Quelle des Lebens Aus klarem Wasser schöpfen Alles, was atmet Bewahre uns, Gott Du bist da, wo Menschen leben Meine Seele dürstet Gottes Brünnlein hat Wasser die Fülle Komm, du Quelle des Lebens Lob sei dir Gott Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 63 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 5.4.5 Texte zur Besinnung Gedichte Sensible Wege Reiner Kunze Sensibel ist die Erde über den Quellen: kein Baum darf gefällt, keine Wurzel gerodet werden Die Quellen könnten Versiegen Wie viele Bäume werden gefällt, wie viele Wurzeln gerodet in uns Bitte Hilde Domin Wir werden eingetaucht und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen, wir werden durchnässt, bis auf die Herzhaut. Der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze taugt nicht, der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten, der Wunsch, verschont zu bleiben, taugt nicht. Es taugt die Bitte, dass bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig vom Ölbaum bringe. Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei, dass noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Krone bilden. Und dass wir aus der Flut, dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen immer versehrter und immer heiler stets von neuem zu uns selbst entlassen werden. 64 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Inselmittag Hilde Domin Wir sind Fremde von Insel zu Insel. Aber am Mittag, wenn uns das Meer bis ins Bett steigt und die Vergangenheit wie Kielwasser an unsern Fersen abläuft und das tote Meerkraut am Strand zu goldenen Bäumen wird, dann hält uns kein Netz der Erinnerung mehr, wir gleiten hinaus, und die abgesteckten Meerstraßen der Fischer und die Tiefenkarten gelten nicht für uns. Traumwasser Hilde Domin Traumwasser voll ertrunkener Tage. Traumwasser steigt in den Straßen. Traumwasser schwemmt mich hinweg. Immer mit den vollen Händen Hilde Domin Immer mit den vollen Händen es wachsen auf ihnen es verdorren auf ihnen und säen sich neu Wiesen Wälder Tiere wachsen und leben dort leben und sterben und werden geboren auf meinen Händen die gesamte Natur vor der Erschaffung des Menschen Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 65 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Ich staune sie an diese Landschaft ich bewässere sie mit dem gedeihlichen Wasser mit Tränen Immer den Kopf geneigt einer Stimme entgegen von der ich schon weiß ich werde sie nie hören Text 121 Das Wasser lehrt uns, was wir leben sollen Einen Weisen im alten China fragten einmal seine Schüler: „Du stehst nun schon so lange vor diesem Fluss und schaust ins Wasser. Was siehst du denn da?“Der Weise gab keine Antwort. Er wandte den Blick nicht ab von dem unablässig strömenden Wasser. Endlich sprach er: „Das Wasser lehrt uns, wie wir leben sollen. Wohin es fließt, bringt es Leben und teilt sich aus an alle, die seiner bedürfen. Es ist gütig und freigiebig. Die Unebenheiten der Geländes versteht es auszugleichen. Es ist gerecht. Ohne zu zögern in seinem Lauf, stürzt es sich über Steilwände in die Tiefe. Es ist mutig. Seine Oberfläche ist glatt und ebenmäßig, aber es kann verborgene Tiefen bilden. Felsen, die ihm im Lauf entgegenstehen, umfließt es. Es ist verträglich. Aber seine sanfte Kraft ist Tag und Nacht am Werk, das Hindernis zu beseitigen. Es ist ausdauernd. Wie viele Windungen es auch auf sich nehmen muss, niemals verliert es die Richtung zu seinem ewigen Ziel, dem Meer, aus dem Auge. Es ist zielbewusst. Und sooft es auch verunreinigt wird, bemüht es sich doch unablässig, wieder rein zu werden. Es hat die Kraft, sich immer wieder zu erneuern. Das alles“, sagte der Weise, „ist es, warum ich auf das Wasser schaue. Es lehrt mich das richtige Leben.“ Text 222 L: Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch. KURZE ATEMPAUSE L: Ganz herzlich begrüße ich Euch/Sie alle zu dieser Andacht/Besinnung anlässlich des ökumenischen Schöpfungstages/Schöpfungszeit. „Schwester Wasser" begleitet uns heute. 21 22 66 Nach einer Erzählung aus China –aus: Religionsunterricht praktisch 7. Schuljahr, hrsg. von Rudolf Tammeus, Göttingen 1997, S. 57. aus: MISEREOR, Materialien zur Fastenaktion 2009: Gottes Schöpfung bewahren –damit alle leben können. Liturgische Bausteine, Aachen 2009, S. 20. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente „Schwester Wasser", von der Franziskus im Sonnengesang singt: „Es ist nützlich, demütig, kostbar und keusch.“ Der Religionsphilosoph Bernhard Welte hat diesen Gedanken einst ausgefaltet: „Das Wasser ist demütig. Es sucht sich immer den niedersten Platz auf der Welt, und wenn es in den Bergen entspringt, dann hat es nichts Eiligeres zu tun, als wieder herunter zu kommen in die Tiefe. Ein anderer Grund ist der: Das Wasser ist demütig, weil es –wenn es ruhig ist – gerne ausweicht und jedem, der sich ihm anvertraut, Raum gewährt. Wenn es nicht so demütig wäre und so Platz gewährend, könnten wir nicht in ihm baden. Und endlich ist es demütig, weil es von sich selber kein Aufsehen macht. Es schmeckt für gewöhnlich nach nichts, und es hat keine Farbe und ist ganz durchsichtig. In dieser Hinsicht ist sozusagen nichts daran. Gerade auch dieses Nichts gehört mit zu seiner Demut. Diese Demut und die (heute oft genug bedrohte) Reinheit des Wassers darf uns freilich nicht darüber täuschen, dass im Wasser doch auch eine große Kraft ruht. Weil das Wasser auch Kraft hat, kann es auch nützlich sein. Freilich nur dann, wenn es in angemessener Weise genutzt wird, sonst kann es auch bedrohlich werden. Wenn das Wasser sich etwa mit dem Wind verbindet, dann kann seine Kraft unheimlich werden. Die Demut, die Keuschheit, die Nützlichkeit des Wassers dürfen uns nicht dazu verführen, es für harmlos oder belanglos zu halten. Es steckt allerhand in ihm.“ Und Bernhard Welte formuliert noch einen weiteren interessanten Gedanken: „Es ist schon merkwürdig, dass das Wasser uns einlädt, uns zu entkleiden. Denn mit den Kleidern legen wir auch die Statussymbole ab, den gebügelten Anzug, die feine Montur aus Seide oder Wolle oder was immer, ebenso wie die Bluejeans, die ja auch ein Statussymbol sind. Wir legen damit aber doch wohl auch viel seelische Aufmachung ab und viel Sorge um unsere Geltung in der Welt.“ – Diese Sorge wollen wir nun Gott übergeben und uns anstecken lassen von der Nützlichkeit, der Demut, der Kostbarkeit und der Keuschheit unserer Schwester Wasser. Text 323 Jeder Tropfen Wasser zählt L: Jeder Tropfen Wasser zählt, wenn kostbarer Ackerboden ausgetrocknet. Jeder Tropfen Wasser zählt, wenn Menschen, Tiere und Pflanzen Durst leiden. 23 Ebd. S. 61. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 67 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Jeder Tropfen Wasser zählt, wenn Schmutz die Erde verunstaltet. Jeder Tropfen Wasser zählt, wenn mangelnde Hygiene zu Krankheiten führt. Jeder Tropfen Wasser zählt, für dich –für mich –für jeden Menschen. Jeder Tropfen Wasser zählt, wenn das Leben nach Wasser schreit. Text 424 Dass es ein letztes Mal gibt, dass ein warmer Frühlingsregen auf mein Gesicht fällt, ein letztes Mal, dass ich den Duft einer Blume riechen, ein letztes Mal, dass meinen Geliebten umarmen kann, das macht das Leben und alles Lebendige so unendlich kostbar. Dass es ein letztes Mal gibt, lässt mich mit offenen Sinnen, klarer Vernunft und achtsamer Präsenz den Alltag leben. Dass es ein letztes Mal gibt, lässt mich wissen, dass ich eingeflochten bin in das ewige Werden und Sein des Lebens, in dem Gott alle und alles in seinen Händen birgt. Da es ein letztes Mal gibt, möchte ich, dass das, was mir an Schönheit und Kostbarkeit vom Leben geschenkt wird, auch für Menschen, die nach mir leben erhalten bleibt. 24 68 Eva Südbeck-Baur, in: Biblische Meditationen und Gebete für die Schöpfungszeit 2006 vom 1. September bis zum 2. Sonntag im Oktober, hrsg. von Europäisches Christliches Umweltnetzwerk/Koalition für Schöpfungstag und Zeit der Schöpfung (ECEN), Genf 2006, S. 29. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Meine Sterblichkeit, meine Begrenztheit ist eine Quelle meiner Liebesfähigkeit. In der Begrenztheit liegt ein zukunftsweisender Wert, den wir in den wirtschaftlich reichen Ländern dringend nötig haben. Text 525 Aus der Orthodoxen Tradition der großen Wasserweihe (6. Januar) AUS DEM SEGENSGEBET DER GROSSEN WASSERWEIHE (6. JANUAR) Heute gar ist es gut zu feiern: der Chor der Heiligen ruft uns zur Versammlung und die Engel feiern zusammen mit den Menschen. Heute erscheint die Gnade des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube über den Wassern. Heute erstrahlt die unzugängliche Sonne und die Welt ist vom Lichte des Herrn erleuchtet. Heute beleuchtet der Mond mit ihr die Welt mit seinen Strahlen. Heute verschönern die leuchtenden Sterne mit der Klarheit ihres Glanzes den Erdkreis. Heute lassen die Wolken den Tau der Gerechtigkeit vom Himmel auf die Menschheit hernieder regnen. Heute lässt sich der Unerschaffene freiwillig die Hand Seines eigenen Geschöpfes auflegen. Heute kommt der Prophet und Vorläufer vor den Gebieter, zitternd steht er neben Ihm, und sieht Gott zu uns herabkommen. Heute sind die Fluten des Jordan verwandelt in Wasser der Heilung durch die Ankunft des Herrn. Heute ist die ganze Schöpfung von geheimnisvollen Wellen benetzt. Heute sind die Übertretungen der Menschen in den Wassern des Jordan getilgt. Heute öffnet sich den Menschen das Paradies und die Sonne der Gerechtigkeit glänzt über uns. Heute ist das bittere Wasser des Moses dem Volk in süßes verwandelt durch die Ankunft des Herrn. Heute enden wir unsere alte Klage und als neues Israel sind wir errettet. Heute sind wir von der Finsternis befreit und erleuchtet vom Licht der göttlichen Erkenntnis. Heute sind die Nebel der Welt aufgelöst durch die Offenbarung unseres Gottes. Heute wird die ganze Schöpfung vom Himmel angestrahlt. Heute sind die Verwirrungen begradigt und die Ankunft des Herrn zeigt uns den Heilsweg. Heute feiern die Himmel mit der Unterwelt und die Unterwelt redet mit den Himmeln. Heute frohlocken alle über das heilige und freudige Fest der Orthodoxen. Heute eilt der Gebieter zur Taufe, um die Menschheit in den Himmel zu heben. Heute beugt sich, der sich nicht beugen kann, dem eigenen Knecht, um uns von der Knechtschaft zu befreien. Heute haben wir das Himmelreich erworben, dieses 25 zitiert nach: Orthodoxe Texte zur Schöpfung. Ein Florilegium, zusammengestellt von Erzpriester Constantin Miron, Brühl 2010, S. 8f. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 69 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Reich des Herrn aber hat kein Ende. Heute teilen sich Erde und Meer die Freude der Welt und die Welt ist erfüllt von Freude. Text 626 Ökologie und Heilsökonomie –eine Betrachtung aus der orthodoxen Tradition Clemens von Alexandria hat es im 2. Jahrhundert so formuliert: „Wenn du deinen Bruder siehst, hast du deinen Gott gesehen" (Stromateis1). Wir würden vielleicht so formulieren: Wenn du im Anderen den Bruder erkannt hast, hast du begonnen, Gott zu sehen. Ja, jenen Gott, von dem es eigentlich heißt „Niemand hat Gott je gesehen!“(Joh 1,18) So erstaunlich dieser Gedanke einer Gottesschau durch Menschen-Schau ist, er wird noch übertroffen durch ein apokryphes Jesuswort, das in einem alten frühchristlichen Papyrus steht. Dort heißt es nämlich: „Heb den Stein auf und du wirst mich finden, spalte das Holz und ich bin darin!" (Papyrus 1 von Oxyrrynchos, Logion 5). Während man das Wort des Clemens als Grundlage unseres sozialen Handelns von Christen in der Welt bezeichnen könnte, stößt uns dieses zweite Wort, dieses Logion, darauf, Christus sogar in allen Dingen zu entdecken. Das Ergebnis dieser Haltung ist, dass man den Christen als denjenigen bezeichnet hat, der überall Christus entdeckt und sich darüber freut. (Alexander Schmemann hat das zum Beispiel so ausgedrückt.) Dies setzt allerdings voraus: Man muss unter den Stein schauen! Oder anders gesagt: Wir müssen sozusagen wissen, was oder wen wir „unter dem Stein" finden. Alle Wertung der Schöpfung besteht in ihrem Woher, in der Aufdeckung ihrer Beziehung zum Schöpfer. (...) Ökologie hängt also für uns Christen immer mit Ökonomie zusammen, nicht um Sinn der „economy“–(das überlassen wir heute einmal den Windradherstellern und den Solarfirmen), sondern mit der Heilsökonomie Gottes, mit der Einsetzung des Menschen als „Oikonomos“, als Haushalter in Gottes gute Schöpfung. Damit ist nicht nur der rechte Umgang mit der uns umgebenden Welt, eben der „Umwelt“gemeint, die man als „Oikos“, als ein Haus versteht, sondern auch der rechte Nomos, das rechte Zu-Teilen, das rechte In-Beziehung-Setzen. Leontios von Neapolis, ein weiterer Kirchenvater (Sie sehen, wir mögen die Art und Weise des patristischen Denkens!) sagt über diese Beziehung „Die Schöpfung verehrt Gott nicht direkt, von sich aus, sondern durch mich verkünden die Himmel die Ehre Gottes, durch mich ehrt Ihn der Mond, durch mich lobpreisen die Sterne Ihn, durch mich verehren und besingen die Wasser, der Regen und der Tau unseren Gott.“(PG 93, 1604AB) 26 70 Constantin Miron, Predigt beim Ökumenischen Gottesdienst der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland zum Schöpfungstag 2010, zitiert nach: ebd. S. 21f. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 5.4.6 Meditationen zu zentralen Bibeltexten Gottes beständige Liebe: Ex 17,1-7 Gebt uns Wasser zu trinken27 Meditation: Das Volk Israel brach voller Hoffnung in das verheißene Land auf. Der Weg durch die Wüste wurde jedoch bald zu einer Zeit der Krise, der Zweifel und Fragen. Die Israeliten verloren das Vertrauen und klagten Mose an: „Warum hast du uns aus Ägypten geführt? Um uns verdursten zu lassen?" Sie stritten sich, stellten Gott auf die Probe und sehnten sich an den Ort ihrer früheren Sklaverei zurück. Obwohl sie uneinsichtig und undankbar waren, wich Gott in seiner Treue und Liebe nicht von ihnen. Als sie nach Wasser verlangten, ließ er es im Überfluss aus dem Felsen sprudeln. Damit bekräftigte er sein Versprechen, für sie die Quelle des Lebens zu sein. Auch auf unserem Lebensweg gibt es Wüstenstrecken, z.B. dann, wenn Ängste und Fragen die Oberhand gewinnen. „Wie soll ich mein Leben leben?" „Ist Gott bei uns, wenn wir in Schwierigkeiten sind?" „Was bedeutet es heute, Christus nachzufolgen?" Die Anfechtung, aufzugeben und in das alte Leben zurückzukehren, kann sehr groß werden. Manchmal können unsere Fragen ziemlich anmaßend sein. Doch Gott bleibt uns trotzdem treu. „Er ist keinem von uns fern". Selbst in tiefster Dunkelheit, wenn uns die Kraft zum Durchhalten fehlt, ist er bei uns und lädt uns ein, beharrlich und treu den Weg mit ihm zu gehen. Unser ökumenischer Weg führt unsere Kirchen auch durch „Wüstenzeiten". Fragen und Zweifel kommen auf. „Was müssen wir tun?" „Kommen wir voran?" Die Versuchung, umzukehren und sich wieder in die alten Verhältnisse zurückzuziehen, besteht immer neu. Doch Gott in seiner unerschütterlichen Liebe gibt uns nicht auf. Er ruft uns auf, alle Sünden und Trennungen hinter uns zu lassen und gemeinsam aus der Quelle des Lebens zu schöpfen. Getauft in ein neues Leben: Joh 3,1-7 Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen 28 Meditation: Nikodemus steht für all diejenigen, die das Gefühl haben, dass ihnen irgendetwas fehlt. Er verkörpert alle, die sich nach dem Reich Gottes sehnen. Weil er nach einer Ant27 aus: Bei dir ist die Quelle des Lebens (Ps 36, 6–10). Materialien für Gemeindearbeit und Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen 2002, Stuttgart –Eichstätt 2001, S. 41. 28 Ebd. S. 42. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 71 5.4 Liturgische Gestaltungselemente wort sucht, wendet er sich an Jesus und kommt zu ihm. Er erkennt Jesus als den, der von Gott gesandt wurde. Christus bietet Nikodemus und allen, die wie er auf der Suche sind, das kostbare Geschenk des neuen Lebens an. Durch Gottes Wirken, durch „Wasser und Geist", werden sie dem Machtbereich der Sünde entrissen. Mit der Taufe werden sie zu Schwestern und Brüdern, zu Gliedern am Leib Christi. Mit ihrem Handeln legen sie Zeugnis ab von dem einzigartigen Reichtum der Erkenntnis Christi. Der zurückliegende gemeinsame ökumenische Weg hat den Christen verstärkt die verbindende Bedeutung der Taufe bewusst gemacht. Durch die eine Taufe und den einen Glauben sind alle Glieder des einen Leibes Christi geworden. Wir dürfen deshalb nicht mehr nach „menschlichen Maßstäben" miteinander umgehen. Wir alle sind mit Gott versöhnt und mit dem Dienst der Versöhnung betraut. Unsere immer noch vorhandenen Trennungen verhindern, die Tragweite der einen Taufe wahrzunehmen und sie in ihren Auswirkungen anzuerkennen. Darum wollen wir einander helfen, immer mehr aus der einen Quelle des Lebens zu schöpfen, damit wir Gottes Werk der Versöhnung durch unser Tun in der Welt sichtbar machen. Früchte des neuen Lebens Ps 1,1-6 Sie sind wie Bäume, die an Wasserbächen gepflanzt sind, die zur rechten Zeit Frucht bringen29 Meditation: Das Bild von den Bäumen, die an Wasserbächen gepflanzt sind, führt uns die Wurzeln wie auch die Früchte des neuen Lebens vor Augen. Blühendes Leben ist ohne Quellen nicht denkbar. So wie die Bäume Wasser und Wurzeln brauchen, so spricht der Psalm von der Thora, dem Wort Gottes, als der zentralen Quelle für das Leben des Volkes Gottes. Das Wort Gottes ist wie frisches Wasser, wie eine fortwährend sprudelnde Quelle, die die Kirchen und das Leben der Christen inspiriert. Es ist kein totes, sondern ein wirksames lebendiges Wort, das Frucht hervorbringt. Es schafft Vertrauen, Beständigkeit und Orient ierung, Geduld und Freiheit. Weil es unser Leben und unser Handeln verwandelt, ist es wie das Saatkorn, das aufgeht, und wie ein blühender Baum, der Früchte trägt. Die Bibel ist eine Gabe Gottes, die wir als Kirchen miteinander teilen. Als Christen aus unterschiedlichen Traditionen und Kulturen sind wir berufen, zusammenzukommen und zu lernen, immer besser auf das zu hören, was uns die Heilige Schrift heute zu sagen hat. Dabei können wir überraschende Entdeckungen machen und uns gegenseitig anregen und stärken. Ein ernsthaftes Hören auf das Wort Gottes wird nicht ohne Folgen bleiben. Das Wort vereint uns. Es drängt uns, gemeinsam in einem Geist zu handeln. Je tiefer wir in Christus verwurzelt sind, desto überzeugter und entschlossener werden wir tun, 29 72 Ebd. S. 45. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente was Christus uns aufgetragen hat. In seinem Geist werden wir eintreten für die Rechte der Enteigneten; für die Solidarität mit den Armen. Wir werden zu Zeugen der Wahrheit, wenn wir uns für eine friedliche Versöhnung, für die Würde des Lebens und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. So wachsen Früchte des neuen Lebens unter uns und wir werden damit in dieser zerbrochenen Welt zu einem Zeichen der Hoffnung dafür, dass Gott seine Schöpfung erneuert. Gott –die Quelle der Hoffnung: Offb 21,1-7 Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen, aus der das Wasser des Lebens strömt30 Meditation: Das neue Leben in Christus wird durch Gottes Gnade allen großzügig angeboten. Das „Wasser des Lebens" ist Gottes Geschenk. Wir verdienen uns das Heil nicht. Wir müssen uns seiner nicht erst seiner „würdig" erweisen. Niemand hat das Monopol auf Christus, den Zugang zur Quelle des Lebens. Das Heil ist ein Geschenk Gottes, das jeder für sich annehmen und sich zu Eigen machen muss. Jeder ist aufgerufen, auf die Einladung zu einem neuen Leben in Christus zu antworten. Das bedeutet aber nicht, dass man nur für sich selber Christ ist. Indem wir Christus näher kommen, kommen wir auch einander näher. Wir treten ein in die Gemeinschaft derer, die, in allen Ländern und über alle Zeiten hinweg, sich zu Christus als die Quelle der neuen Schöpfung, dem Herrn der Kirche und dem Herrn ihres eigenen Lebens bekennen. Wir sind mit allen verbunden, die zu Christus gehören, auch wenn uns Missverständnisse oder konfessionelle Unterschiede voneinander trennen. Christus verheißt uns „eine sprudelnde Quelle, deren Wasser ewiges Leben schenkt". Die Hoffnung eines neuen Lebens gründet in Gottes Zusage. Sie schließt die Erneuerung unseres eigenen Lebens, die Erneuerung aller Kirchen und die Erneuerung der Schöpfung mit ein. Durch die eine Taufe auf den Namen Christi gehören wir zusammen. Wie Dürstende sehnen wir uns nach der vollkommenen Einheit der Kirche. Wir erhoffen das gemeinsame Bekenntnis, das gemeinsame Zeugnis, den gemeinsamen Gottesdienst und die gemeinsame Feier der Eucharistie an dem einen Tisch unseres Herrn. Um auf dieses Ziel zuzugehen, müssen wir zusammenarbeiten. Wir hoffen und vertrauen darauf, dass der Heilige Geist uns auf diesem Weg leitet und dabei noch viele ungeahnte Überraschungen für uns bereithält 30 Ebd. S. 46. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 73 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Betrachtung zu Am 5,24 „Es ströme Recht wie Wasser“ Das Recht – oft gebrochen, missachtet, verbogen, gebeugt, unterentwickelt, zurückgehalten, ignoriert, benutzt, missbraucht, verunstaltet, überwältigt durch Ignoranz, Machtsucht, Interessen, Gier nach Reichtum, aus Verzweiflung und Demütigung, hilflos zusehend, wo Gerechtigkeit mit Füßen getreten wird, wo Machtstreben den Schwachen das Leben nimmt, wo Willkür sich ausbreitet wie Wasser aus einer lecken Leitung, wo Anarchie und Chaos vorherrschen und Gemetzel und Krieg lauern. Es ströme Recht wie Wasser! alles benetzend wie ein Landregen, durchtränkend alles Lebendige, gereinigt vom Missbrauch, getauft mit dem Geist der Gerechtigkeit; das Recht als Rhythmus des Lebens, als ordnende Harmonie, als Grundton der Menschlichkeit, als Zusammenspiel der Verschiedenen, als Ausgleich zwischen Ungleichen, als Melodie des Friedens. Wolfgang Huber 74 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente 5.4.7 Predigtanregungen • Das Wasser des Lebens –Auf dem Weg zur Quelle, Johannes 4,5-30 Bischof Dr. Markus Dröge, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Predigt auf dem Kreiskirchentag 4. Juli 2010, Neukölln I. Es ist früh am Morgen. Du atmest die salzige Meeresluft ein und genießt die kühle Brise, die über die See streicht. Wie gut, dass Du aufgestanden bist! Was für ein fantastischer Morgen! Du läufst am Strand entlang, links die Dünen und rechts die Wellen, die das kühle Nass rhythmisch auf den Strand und über Deine Füße spülen. Du spürst das Leben so kräftig und unmittelbar mit allen Sinnen wie den Sand zwischen den Zehen. Es ist gut, dass der Alltag mit seiner manchmal erbarmungslosen, ewigen Wiederkehr des Gleichen unterbrochen wurde. - Eine Augenärztin kann nicht rund um die Uhr immer nur funktionieren. - Ein Busfahrer kann nicht immer nur am Steuer durch die Metropole fahren. - Und unsere Kinder dürfen nicht permanent unter Druck gesetzt werden, weil schon wieder eine Mathearbeit ansteht. Wir sind Kinder der Freiheit. Deshalb sehnen wir uns nach Freiheit, zum Beispiel mal wieder ans Meer zu fahren, um dort am Strand die Weite zu spüren. Der Blick über den Horizont darf nicht verloren gehen. II. Liebe Neuköllner Festgemeinde, mit Ihnen allen freue ich mich über die Gemeinschaft, heute auf dem Kreiskirchentag. „Wasser des Lebens – Auf dem Weg zur Quelle“ unter diesem Motto wird heute gefeiert, mit Aktionen, guten Worten und viel Musik. Und es ist gut, nun zum Abschluss einen Gottesdienst zu erleben. Ein besonderer Grund zur Freude ist es, dass wir dabei mit Ihnen, liebe Familie Moldenhauer die Taufe von Maya Cathleen feiern können. Und alle 5 älteren Geschwister sind mit dabei! Mit dem Wasser des Lebens nehmen wir ein Kind in die Gemeinschaft mit Christus und in seine Gemeinde auf. So werden wir alle daran erinnert, dass Jesus Christus bei uns ist und mit uns gehen will. Jesus Christus bringt uns das Wasser des Lebens. Davon erzählt uns die Geschichte von der Frau am Jakobsbrunnen. Text Johannes 4,5-30 Jesus war sich nicht zu schade, auf seiner Reise von Judäa nach Galiläa am Jakobsbrunnen mit einer Samaritanerin zu sprechen. In der Nähe von Sichem, dem heutigen Nablus am Fuße des Berges Garizim, ereignet sich diese Begegnung. Warum hält Jesus gerade hier an? Die Samaritaner waren nicht beliebt. Bei ihnen wusste man nicht wirklich, ob sie Juden waren. Sie waren Migranten. Die Assyrer hatten vor Jahrhunderten Nordisrael erobert und dort fremde Völker angesiedelt. Dann beteten sie eigenartige Götzen an und vergaßen Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 75 5.4 Liturgische Gestaltungselemente ihren Bund mit dem Gott Israels. Verlässliche Kameraden waren sie auch nicht. In einer schwierigen Situation äußerer Bedrohung ließen sie Jerusalem im Stich und kehrten einfach zu ihren Zelten zurück. Und ausgerechnet bei diesen Samaritanern hält Jesus Rast und begibt sich zum Brunnen. Dass sich auch gerade in diesem Kaff der berühmte Jakobsbrunnen befindet! Jesus trifft eine Frau am Brunnen und kommt mit ihr ins Gespräch. Ja, hier in diesem Brunnen lässt sich das lebendige Nass schöpfen, ohne das wir nicht leben können, erst recht nicht im heißen Israel. Aber Jesus geht es noch um mehr! Nicht nur um das kühle Nass, mit dem wir uns waschen und erfrischen können, das unseren Durst stillt, wenn es heiß ist, mit dem wir trockene Erde fruchtbar machen können, damit Büsche und Bäume, Blumen und Früchte wachsen können. Jesus geht es noch um mehr! Wer an ihn glaubt, so verspricht er, der soll eine innere Kraftquelle bekommen, die davor bewahrt, auszutrocknen, auszubrennen, und die davor schützt, die Hoffnung und das Vertrauen zu verlieren. Mit dem Symbol des Wassers machen wir dies bei jeder Taufe deutlich: „Du Menschenkind sollst immer wieder den Dreck und den Staub des Lebens, im Bild gesprochen, abwaschen können: Die Verflechtungen in Schuld und Verzweiflung, in Aggressivität und Hass, in die jeder von uns hineingeraten kann, – all dies soll Dir nicht die Würde nehmen, Dir nicht die Freude am Leben verderben. Durch das, was Jesus für uns getan hat, durch seinen Weg ans Kreuz und seine Auferstehung, gibt es die immer sprudelnde Quelle für Dein Leben.“ III. Mich fasziniert an der Geschichte von der Frau am Jakobsbrunnen, dass es sowohl um das ganz reale Wasser geht, das uns erfrischt und Leben schenkt, als auch um das Wasser im geistlichen Sinn: die Quelle des Glauben. Eins ist vom anderen nicht zu trennen. Wer an die Quelle des ewigen Lebens glaubt, der soll auch den Wert des Wassers als Lebensmittel achten. Bei uns kommt das Wasser aus Wand und füllt unser Waschbecken oder perlt in der Dusche über unseren Körper. Wir haben Eiswürfel im Kühlschrank, um unsere Getränke zu temperieren. Es ist schon mehr als 60 Jahre her, dass Männer und Frauen mit Kanistern oder Kannen durch die Trümmer Neuköllns liefen, um sich Trinkwasser zu holen. Heute gleichen viele Bäder kleinen oder großen Luxusoasen. Das Wasser sprudelt durch die Leitungen in unser Haus und ist da, wann immer wir es brauchen. Die Erde gilt als blauer Planet. Das belegen die Fotos, die von Satelliten aufgenommen werden, in atemberaubend schöner Weise. Die Oberfläche unserer Erde ist zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt. Doch Süßwasser ist ein rares Gut. Und, man will es kaum glauben: Der Organismus eines erwachsenen Menschen besteht zu 70 Prozent aus Wasser. Das Wasser fließt in unserer Welt über alle geographischen und sozialen Grenzen hinweg. Über seinen großen Kreislauf gelangt Wasser überall hin. Verschmutzen und verschwenden wir das Wasser, zerstören wir die Quelle allen Lebens. Alle Lebewesen dieser Erde haben ein natürliches Recht auf reines Wasser. In Berlin erleben wir gerade, wie eine Bürgerinitiative um die Berliner Wasserbetriebe kämpft. Mit Hilfe des demokratischen Mittels eines Volksbegeh76 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente rens soll in der Bundeshauptstadt eine Runde im städtischen Monopoly zurückgedreht werden. Die Initiatoren werben dafür, dass die Berliner „ihr Wasser zurückhaben wollen“. Sie wehren sich gegen die vollzogene Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Insofern spielt sich vor unseren Augen ein demokratisches Ringen ab, von deren Ausgang abhängen wird, wer zukünftig die Schlüssel für die Berliner Wasserversorgung in den Händen hält. Berlin befindet sich also gerade auf dem Weg zur Quelle. Ich begrüße diese demokratische Auseinandersetzung ausdrücklich. Bewahren wir uns also beides: Die Quellen des Glaubens und den Segen eines gesunden Wasserkreislaufes, der für alle Menschen da sein muss. Wasser darf nicht zum Machtmittel der Politik oder zum Spekulationsobjekt auf dem Finanzmärkt werden. So wie die frohe Botschaft des Evangeliums für alle Menschen da ist, so muss auch das Wasser als natürliches Geschenk der Schöpfung Gottes für alle da sein. IV. Zurück zur Sehnsucht nach Strand und Wellen, nach salziger Meeresluft und einer kühlen Brise, die über die See streicht. Das Geld ist heute knapp, es sitzt nicht mehr so locker. Bei manchem ist er schon ein paar Jahre her, der letzte Urlaub, dazwischen nur Ferien zu Hause in Neukölln, mit Sommer und Sonne vorm Balkon. Aber vielleicht geht es ja doch, und wenn auch nur für einen Ausflug an die Ostsee. Ein Tag am Strand, mit dem Jubelgeschrei der Möwen im Ohr, dem Wind vom Meer und Sand an den Füßen. Und dann rein in die See, ins frische kühle Nass. Amen 5.4.8 Aktionsformen Wassermeditation31 Ein Tonkrug mit Wasser und Schöpfkelle steht in der Mitte der Gruppe. Jemand schöpft wiederholt Wasser und lässt es in den Krug zurückrinnen, um so Wasser hörbar und sichtbar zu machen. 1. Meditation: Wasser! Im ewigen Kreislauf verbindet es Himmel und Erde. In Wolken und Regen, in Schnee und in Eis fällt es zur Erde, macht grün sie und fruchtbar, verzaubert und schmückt sie. Schafft Quellen und Bäche und Flüsse und Seen, gestaltet die Erde mit Bergen und Tälern, ergießt sich ins Meer in unendliche Weiten, steigt wieder nach oben, verdunstend zum Himmel. Es rinnt durch die Kehle, erfrischende Kühle. Spiegelt den Durst von uns Menschen 31 aus: Gottesdienstvorschlag für einen „Tag der Schöpfung“2000, von Klaus Hoof, Vorbachmühle, Weikersheim für die Arbeitsgruppe „Tag der Schöpfung“ im Evang. Oberkirchenrat Stuttgart (download unter http://www.ecen.org/cms/uploads/Creationtime%202000,%20liturgical%20materials,%20German.doc). Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 77 5.4 Liturgische Gestaltungselemente nach Leben. Umhüllte uns schützend im Leib unserer Mutter, durchpulst unsre Zellen und Adern mit Leben. Wiege des Lebens unter Gottes: Es werde! Reinigt von Schmutz und kühlt unsren Körper, trägt uns beim Schwimmen und weckt unsre Geister. Es lindert das Leiden in unsrem Weinen, wäscht ab unsre Tränen, tauft auf Jesu Namen. Wasser –Geschenk des Himmels für die Geschöpfe der Erde. 2. Symbolhandlung Aus dem Tonkrug wird eine Schale (oder mehrere Schalen) mit Wasser gefüllt. Der Liturg/die Liturgin geht mit dieser Schale zu den Teilnehmenden und lädt sie mit den Worten ein: Wenn Sie gerne möchten, tauchen Sie ihre Finger in das Wasser und kühlen Sie damit ihre Stirn oder ihr Gesicht. Nach dieser Handlung sagt er oder sie: Wie dieses Wasser dich erfrischt und belebt, so belebe dich Gott mit seinem Geist. 3. Lesung: Joh 4,5-14 Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen. Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern. – Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und der gäbe dir lebendiges Wasser. Spricht zu ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser? Bist du mehr als unser Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder und sein Vieh. Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. –Stille – 78 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 5.4 Liturgische Gestaltungselemente Ein meditativer Wassertanz zu Versen aus Psalm 10432 Die Bewegungen sind für einen Bändertanz ausgelegt und müssen angepasst werden, wenn der Wassertanz mit Jugendgruppen durchgeführt werden soll. Zur Einstimmung hört man Wasserrauschen, z.B. von einem Regenmacher-Rohr. Die Hände beginnen ganz langsam mit Wellenlinien, wechselseitig rechts und links. Du lässest Wasser in den Tälern quellen, dass sie zwischen den Bergen dahinfließen, Wellenlinien mit den Händen. Wellenlinien werden immer größer. Dass alle Tiere des Feldes trinken und das Wild seinen Durst lösche. Körperposition verändern, in geduckter Haltung (wie Tiere) bewegen. An ihren Ufern wohnen die Vögel des Himmels und singen unter den Zweigen. Bewegung in aufrechter Position. Du tränkest die Berge von oben her, aus deinen Wolken wird die Erde gesättigt. Rückenlage, ganz geöffnet nach oben hin. Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, Zuerst wächst eine Hand als „Gras“ aus der Erde, dann die zweite. Dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz Nun kommt ein Bein dazu, dann das zweite Bein. Und sein Antlitz schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke. Körper erwächst aus der Rückenlage in die aufrechte Haltung 32 aus: „Wasser – Gabe Gottes. Bausteine für Gemeindearbeit und Gottesdienst“(2006), hrsg. vom Evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Dekade zur Überwindung von Gewalt, den Umwelträten der Evangelischen Landeskirchen und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in BadenWürttemberg, S. 12. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 79 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort Das Thema Wasser lässt sich mit vielen Aktivitäten verbinden: - Gemeindefest im Sommer, - Ausstellungen in Verbindung mit dem örtlichen Wasserwerk, - Spurensuche Wasser im Ort, in der Region, - Wasserläufe, Brunnen, Quellen, Wassermühlen 6.1 Wasser –ein Element für das Leben 33 [… ] Wasser ist neben der Luft zum Atmen die wichtigste Voraussetzung und Grundlage allen Lebens. Für Christen sind diese Grundlagen des Lebens, die unbelebte und die belebte Natur nicht einfach nur Material, dem Menschen zu Verbrauch und Ausbeutung überlassen, sondern anvertraute Gaben der Schöpfung. Der Mensch besteht zu mehr als 60 % aus Wasser. Ohne Wasseraufnahme stirbt der Mensch nach wenigen Tagen. Alle lebenswichtigen Vorgänge beim Menschen und in der Natur sind an das Wasser gebunden. Alles Wasser auf unserem Planeten ist in einem unendlichen Kreislauf in Bewegung. Wasser ist auf der Erde reichlich vorhanden, in flüssiger, gasförmiger oder kristalliner Form. Zwei Drittel der Erde sind mit Wasser bedeckt, aber nur etwa 2 % der gesamten Wassermenge stehen uns als Süßwasser zur Verfügung. Davon aber wiederum nur etwa 0,6 % in Seen, Flüssen oder als Grundwasser und nur dieses Grundwasser hat Trinkwasserqualität. Wir leben in Deutschland in einem wasserreichen Land. Im Vergleich zu vielen anderen Menschen und Regionen auf dieser Erde sind wir in einer bevorzugten Lage. In dem „Jahresgutachten 1997“ des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung zur weltweiten Wassersituation wird festgestellt: Ø Ø Ø Ø 33 80 2 Mrd. Menschen auf der Erde leben ohne Zugang zu sauberem Trink- und Sanitärwasser. Jeder 2. Mensch in den Entwicklungsländern leidet an einer wasserbedingten Krankheit. 5 Millionen Menschen sterben jährlich durch Verunreinigungen und Keime im Trinkwasser. Alle 8 Sekunden stirbt nach Angaben der WHO ein Kind durch verschmutztes Wasser. nach: Ulrich Hack, Wasser – ein Element für das Leben, in: Gottes Erde – Zum Wohnen gemacht – Unsere Verantwortung für die Schöpfung. Impulse für Praxis und Gottesdienst (Woche für das Leben 2.-8. Mai 1999, hrsg. vom Sekretariat der DBK u. Kirchenamt der EKD, Bonn –Hannover 1999, S. 28–30. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort Während in unbewohnten Gegenden Wasser im Überfluss vorhanden ist, wächst der Mangel an Wasser mit dem Wachstum der Bevölkerung und steigender Nachfrage. In den letzten 50 Jahren hat sich der Wasserverbrauch versechsfacht. Wassermangel bedroht ein Viertel der Menschheit. Zahlreiche Megastädte (Mexiko, Peking, Schanhai, Kalkutta, Bombay u. a.) können schon heute ihre Einwohner nicht mehr ausreichend mit Trinkwasser versorgen. Jeder von uns trägt Verantwortung für die Qualität unseres Wassers. Auch in den Industriestaaten ist man nicht mehr frei von Sorgen um die Trinkwasserqualität. Deshalb ist die konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips von ganz besonderer Bedeutung. Jeder von uns trägt Verantwortung für die Qualität unseres Wassers. Der einzelne Bürger, Haushalte, Industrie, kirchliche Einrichtungen u. a. haben viele Möglichkeiten zu einem sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser. Wasserverbrauch und Wasservergeudung Der Verbrauch von Wasser geschieht auf vielfältige Weise z.B. als Brauchwasser und Kühlmittel in Gewerbe und Industrie, als Transportmittel, als Möglichkeit für Erholung und Freizeitsport, zum Bewässern in der Landwirtschaft u.v.a.m. Für häusliche Verwendungszwecke wird dagegen nur Wasser in Trinkwasserqualität verwendet. Der Pro - Kopf - Verbrauch von Trinkwasser liegt bei durchschnittlich 140 Litern pro Tag. Nur 3 - 6 Liter dienen zum Kochen und der Ernährung. In Kirchengemeinden entfallen manche Verwendungsbereiche. Andere kommen hinzu. Deshalb sind in kirchlichen Einrichtungen zunächst Erhebungen über den Wasserverbrauch notwendig, mit deren Hilfe dann über Einsparmöglichkeiten nachgedacht werden kann. Wassersparen Kreativität und Eigeninitiative sind gefragt. Wasserrechnung prüfen, Verbrauchsquellen kontrollieren und mit anderen Einrichtungen vergleichen. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen und Möglichkeiten, ohne großen technischen Aufwand Wasser zu sparen. Sie sind in aller Regel sofort zu verwirklichen und verursachen entweder überhaupt keine oder nur geringfügige Kosten, mittelfristig senken sie sogar die Ausgaben. Allein mit wassersparenden Maßnahmen lassen sich 10 % Wasser und damit auch Kosten sparen. Tropfverluste undichter Wasserhähne kosten Geld. Wassersparende Installationen und Maßnahmen: Toilettenspülung Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 81 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort Spar-Spül-Kästen, Spül-Stop-Tasten oder Spar-Druckspüler ermöglichen bis zu 25 Liter Wasser pro Person und Tag einzusparen. Ihr Einsatz empfiehlt sich vor allem in Kindergärten, Gemeindehäusern, Heimen u.a. In diesem Zusammenhang sollten die Dichtungen von Druckspülern in allen kirchlichen Einrichtungen überprüft werden, da bis zu 5o Liter pro Toilette und Tag ungenutzt in die Kanalisation fließen können. Wassersparende Armaturen Mit Armaturen in Badezimmern, Küchen und Toiletten wird etwa 1/3 des täglichen Wasserverbrauchs gesteuert. Wassersparende Armaturen wie z. B. Durchflußbegrenzer, Einhandhebelmischer, Selbstschlußarmaturen reduzieren den Trinkwasserverbrauch erheblich. Für jede Verbrauchseinrichtung sollten Wasserzähler installiert werden. Wassersparende Geräte Moderne Geschirrspülmaschinen und Waschmaschinen sind wesentlich sparsamer beim Wasserverbrauch als Geräte aus den 7oer und 8oer Jahren (Im Vergleich 120 Liter früher zu ca. 55 Liter heute). Regenwassernutzung Für die Toilettenspülung, zum Wäschewaschen und zur Gartenbewässerung sollte Regenwasser als Ersatz für Trinkwasser genutzt werden. Es sollte dazu eine entsprechende Beratung eingeholt werden. In einigen Bundesländern wird die Nutzung von Regenwasser gefördert. Für die Garten-/Außenanlagenbewässerung empfiehlt sich das Aufstellen von Regentonnen. Auf jeden Fall lassen sich damit Trinkwasserressourcen sowie Kanalisation und Kläranlagen schonen. Wasserschonende Maßnahmen Grünflächenbewässerung durch Oberflächenwasser Für die Bewässerung von Grünflächen und Außenanlagen kirchlicher Gebäude sollte Oberflächenwasser/Regenwasser benutzt werden. Vor allem in den Sommermonaten, in denen naturgemäß ein höherer Wasserverbrauch besteht, sollte nicht noch zusätzlich Trinkwasser für die Grünflächenbewässerung verschwendet werden. Auch lassen sich durch eine standortgerechte Bepflanzung in den Sommermonaten erhebliche Wassermengen einsparen. Entsiegelung von Flächen Die Versiegelung unserer Landschaft durch Gebäude, Straßen, Gewerbeflächen und Parkplätze hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und dazu beigetragen, dass Nieder82 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort schlagwasser nicht mehr ausreichend versickern und somit zur Grundwasserneubildung beitragen kann. Auch hat die zunehmende Versiegelung die Hochwassergefahr in Flüssen und Bächen erhöht. Die Versiegelung hat außerdem die natürliche Verdunstung verringert, den Lebensraum für Tiere und Pflanzen an der Erdoberfläche und im Boden zerstört, das Kleinklima verschlechtert und Landschaftsräume verödet. Inzwischen gehen immer mehr Kommunen dazu über, Abgaben für versiegelte Flächen zu erheben. Damit werden Entsiegelungen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Deshalb sollte folgendes geprüft und umgesetzt werden: Ø versiegelte Flächen entsiegeln Ø Flächen wasserdurchlässig befestigen z. B. mit Rasengittersteinen, Porenpflaster, Ra– senfugenpflaster oder Sylittfugenpflaster Ø Regenwasser versickern lassen z. B. durch entsprechende Systeme wie Flächenversickerung, Muldenversickerung oder Schachtversickerung. Vermeidung von Schadstoffeinträgen ins Wasser durch: Ø Reduzierung von Nitrateinträgen auf landwirtschaftlich genutzten Böden Ø Verwendung von umweltschonenden Wasch- und Reinigungsmitteln Ø Einsatz von umweltfreundlichen Streumitteln im Winterdienst Ø Einsatz von Recyclingpapier in Gemeinde- und Pfarrbüros sowie kirchlichen Verwaltungseinrichtungen Ø Ordnungsgemäße Abfallbeseitigung, denn Abfälle aller Art gehören weder in die Toilette noch in das Spülbecken Schritte in der Gemeindearbeit Das Thema „Wasser als Lebenselement“in die Arbeit der Gemeinde und kirchlichen Institutionen einbringen. Für die Umsetzung konkreter Maßnahmen empfiehlt sich die Bildung einer Arbeitsgruppe, in der Benutzerinnen und Benutzer von Gemeinderäumen vertreten sind. Wichtige Arbeitsschritte können sein: Ø zunächst Verbrauchsdaten erfassen Ø Rundgang durch die Einrichtungen mit der Fragestellung, wo etwas geändert oder gespart werden kann Ø Checkliste für Sparmöglichkeiten und Projekte aufstellen Ø Zuständigkeiten klären und Maßnahmen anordnen Ø Erfolg kontrollieren. Für die Arbeit in der Gemeinde können darüber hinaus folgende Aktionen vorgesehen werden: Ø eine Wasserwoche veranstalten Ø Ausstellung im Gemeindehaus zum Thema in Absprache mit Wasserwerk, Umweltgruppen, Stadt Ø Verbraucherberatung um Informationen bitten Ø einen (Kinder-) Gottesdienst zum Thema durchführen Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 83 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort Ø im Kindergarten einen Malwettbewerb durchführen. Literatur: „Ohne Wasser läuft nichts –Informationen zum Wassersparen", hg. v. Arbeitsstelle für Umweltfragen der Ev. Kirche in Hessen-Nassau (Tel.: 06151/367004) in Zusammenarbeit mit dem Hess. Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit Ein Bibeltag zum Wasser, hg. v. Konferenz der Umweltbeauftragten der Ev. - Luth. Kirche in Bayern, Postfach 200751, 80007 München, Tel.: 089/548219-11 Bewahrung der Schöpfung –praktisch: Wasser, hg. v. Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der EKD, Amt für Sozialethik KDA und Ökologie, Hans-BöcklerStr. 7, 40476 Düsseldorf „Schwamm drüber – Umweltschonende und gesundheitsbewusste Reinigung in öffentlichen Einrichtungen", hg. v. Landschaftsverband Westfalen - Lippe in Zusammenarbeit mit den kirchlichen Umweltreferaten und den diakonischen Werken in NRW Tel.: 0251/591-3565 FAX: 0251/591-218 „Ein Wassertropfen auf Reisen" –Ein Lesebuch für die Kindergartenarbeit, hg. v. Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit Sonderdruck für das Umweltreferat der Evang. - Luth. Kirche in Bayern Tel.: 089/54821911, FAX: 089/54821920 84 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort 6.2 Wasserverbrauch weltweit und zuhause34 Woher kommt unser Wasser? Der größte Teil befindet sich im Boden, entweder direkt unter der Erdoberfläche oder in tieferen Schichten. Die Menge dieses Wassers ist 60 Mal größer als die des Wassers auf der Erdoberfläche. Neben dem fließenden Grundwasser, das als Teil des Wasserkreislaufes zirkuliert, gibt es die Aquifere: Unterirdische Grundwasserspeicher, oft ohne Verbindung zur Biosphäre, auch fossiles Wasser genannt. Mit ihnen geht es uns wie mit dem Öl: Irgendwann ist der Vorrat zu Ende. Überall auf der Welt jedoch werden Aquifere in gigantischem Umfang ausgebeutet. Wasserverbrauch weltweit In den letzten sieben Jahrzehnten hat sich der weltweite Wasserverbrauch versechsfacht. Die Unterschiede des Verbrauchs in den einzelnen Regionen der Welt sind enorm: Während er in afrikanischen Trockengebieten bei etwa 20 Litern liegt, erreicht er in den USA ca. 295 Liter pro Tag. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mindestens 25 Liter pro Tag zum Trinken, Kochen und den hygienischen Bedarf nötig. 34 Wasserverbrauch im Haushalt Essen und Trinken* Kaffee kochen 1 Liter Kartoffeln kochen 1 Liter Gemüse waschen 3,5 Liter Obst waschen 2 - 5 Liter Körperpflege und Hygiene* ein Vollbad 120 - 180 Liter einmal Duschen 30 - 90 Liter Zahnpflege 0,5 Liter Händewaschen 2 - 3 Liter Morgenwäsche 3 - 5 Liter Toilette* spülen mit Spartaste 6 Liter Normalspülkasten 10 -18 Liter undichter Toilettenspülkasten (24 Std.) 500 Liter Geschirr spülen* altes Gerät 20 - 30 Liter neues Gerät 15 Liter Handwäsche 20 - 40 Liter Wäsche waschen* alte Waschmaschine 60 -100 Liter neue Waschmaschine 35 - 50 Liter * Durchschnittswerte aus verschiedenen Quellen, die ja nach Nutzerverhalten und Gerätetyp / Programm variieren aus: Wasser –Zur Quelle gehen, Umweltbrief, Gerhard Monninger, hrsg. von der Ev.-Lutherischen Kirche in Bayern (Januar 2008), S. 5. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 85 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort Wasser auf dem Globus35 Vorkommen Volumen in km3 in % Weltmeere Unterirdische Salzwasser Unterirdische Süßwasser Bodenfeuchte Eis, Schnee und Firn Salzwasserseen Süßwasserseen Sümpfe Flüsse Lebewesen Atmosphäre 1.338.000.000 12.870.000 10.530.000 16.500 24.364.100 85.400 91.000 11.500 2.100 1.100 12.900 96,5 0,94 0,76 0,001 1,766 0,006 0,007 0,0008 0,0002 0,0001 0,001 Total 1.385.984.600 100 Hätten Sie´s gewusst? •Süßwasserquellen im Meer - Der antike König Agamemnon kannte keine Wasserprobleme, wohl aber die Süßwasserquellen im Meer im heutigen Kiveri, nahe seiner Königsburg. Hier strömen große Süßwassermengen untermeerisch aus, durch einen 12.000 Jahre alten Kanal. Im porösen Untergrund des Karstgebirges verschwindet Regenwasser rasch und taucht als „anony- großer Höhe. Tropische Frösche sind oft auffällig gefärbt und sehr giftig. •Energiequelle Wasserkraft – Bayernweit sind rund 4.250 Wasserkraftanlagen in Betrieb, wovon die 220 großen Anlagen über 90 Prozent des Stroms erzeugen. Alleine die 28 Anlagen an der Isar erzeugen pro Jahr 1,6 Milliarden Kilowattstunden Strom für umgerechnet 440.000 Haushalte und vermeiden dadurch 10 Mil- mes Wasser“ in Quellkanälen unterhalb des Meeresspiegels wieder auf, wo es sich mit dem Salzwasser vermischt. • Astgabeln als Quellen des Lebens – Verwandte unseres europäischen Laubfrosches sind vor allem in den Regenwäldern Südamerikas weit verbreitet. Ihre Quappen entwickeln sich dort häufig in den wassergefüllten Blattachseln der Urwaldbäume in lionen Tonnen Kohlendioxid). •Moderne Trinkwasserquellen – In Deutschland stillen die Menschen ihren Durst mit Wasser aus dem Hahn oder aus der Flasche. 2005 kostete der Liter Leitungswasser im Schnitt 0,181 Cent, für Mineralwasser zahlt man hingegen das 100- bis 1000-fache. Dennoch stieg der Mineralwasser-Verbrauch zwischen 1970 35 86 Ebd. S. 9. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 6. Anregungen für die praktische Gestaltung der Schöpfungszeit vor Ort und 2007 von 12,5 Liter auf über 130 Liter. •Wenn saubere Quellen fehlen – Jährlich sterben 2,3 Millionen Menschen an den Folgen verschmutzen Wassers. 2004 hatten 2,6 Milliarden, das sind 40 Prozent der Weltbevölkerung, noch nicht einmal ein Minimum an sanitärer Wasserversorgung. Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 87 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens (in Auswahl) (1) Erklärung: Wasser – Quelle des Lebens. Beschluss der 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Porto Alegre (Brasilien) vom 14.-28. Februar 2006 Der folgende Bericht wurde der Vollversammlung vorgelegt und von ihr entgegengenommen. Die darin enthaltenen Beschlussfassungen wurden vom Ausschuss für öffentliche Angelegenheiten vorgeschlagen und von der Vollversammlung im Konsens gebilligt. Abweichende Meinungen von Vollversammlungsdelegierten erscheinen als Endnoten. 1. Wasser ist ein Symbol des Lebens. Die Bibel nennt das Wasser Ursprung des Lebens, Ausdruck der Gnade Gottes für die gesamte Schöpfung in Ewigkeit (1. Mose 2,5ff). Es ist eine Grundvoraussetzung allen Lebens auf der Erde (1. Mose 1,2ff) und muss bewahrt und mit allen Lebewesen und der übrigen Schöpfung geteilt werden. Wasser ist die Quelle der Gesundheit und des Wohlbefindens und verlangt verantwortungsvollen Umgang von uns Menschen als Partner und Priester der Schöpfung (Röm 8,19ff; Offb 22). Als Kirchen sind wir zur Teilnahme an Gottes Plan einer neuen Schöpfung aufgerufen, in der allen ein Leben in Fülle gewährt wird (Joh 10,10; Am 5,24). Daher ist es geboten, die Stimme zu erheben und zu handeln, wenn das Leben spendende Wasser weltweit und systematisch gefährdet wird. 2. Zugang zu Trinkwasser wird zu einem akuten Problem auf unserem Planeten. Wassermangel und fehlende sanitäre Versorgung bedrohen gegenwärtig das Überleben von 1,2 Mrd. Menschen. Einseitiger Zugang zu Wasser führt zu Konflikten zwischen und innerhalb von Menschen, Gemeinwesen, Regionen und Ländern. Auch die Artenvielfalt ist bedroht durch die Erschöpfung und Verunreinigung der Trinkwasserreserven oder durch den Bau von großen Staudämmen bzw. Bergbau oder Treibhauskulturen (Bewässerung) im großen Stil, Aktivitäten, die häufig mit Zwangsumsiedlungen der Bevölkerung und Störungen des Ökosystems einhergehen. Intakte und im Gleichgewicht befindliche Ökosysteme sind wesentliche Voraussetzungen für den Zugang zu Wasser. Wälder haben im Ökosystem Wasser eine unersetzliche Funktion und müssen geschützt werden. Klimawandel und die Verfolgung mächtiger wirtschaftlicher Interessen verschärfen die Krise noch. Wasser wird zunehmend als Handelsware betrachtet, die den Marktgesetzen unterworfen ist. 3. Immer mehr wird Wassermangel auch zu einer Konfliktquelle. Abkommen über internationale Wasserläufe und Flusseinzugsgebiete müssen viel konkreter gefasst sein und Maßnahmen zur Vertragsdurchsetzung sowie detaillierte Konfliktlösungsmechanismen enthalten. 4. Auf lokaler wie auf internationaler Ebene gibt es positive und ideenreiche Initiativen, die der christlichen Position zu Wasserfragen erhöhtes Profil verleihen: 88 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens 5. So haben Kirchen in Brasilien und der Schweiz eine gemeinsame Ökumenische Erklärung zum Wasser als Menschenrecht und als öffentliches Gut abgegeben – ein ausgezeichnetes Beispiel ökumenischer Zusammenarbeit. Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios erklärt, dass Wasser niemals als Privatbesitz betrachtet und behandelt oder zum Mittel und Zweck von Einzelinteressen werden darf. Er betont, dass Gleichgültigkeit gegenüber der Lebensbedeutung des Wassers sowohl eine Lästerung Gottes des Schöpfers als auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei. Kirchen verschiedener Länder und ihre Dienste und Werke haben sich im Ökumenischen Wasser-Netzwerk zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für die Verfügbarkeit von Trinkwasser und den Bau von adäquaten Abwassersystemen einzusetzen und für das Recht auf Wasser einzutreten. Grundsätzlich gilt: der Zugang zu Wasser ist ein menschliches Grundrecht. Die Vereinten Nationen haben eine Internationale Aktionsdekade "Wasser –Quelle des Lebens", 2005-2015, ausgerufen. 6. Es ist wichtig, dass Kirchen und christliche Hilfswerke zusammenarbeiten und die Zusammenarbeit mit anderen Partnern, einschließlich anderer Glaubenstraditionen und NROs, und insbesondere mit denjenigen Organisationen vergleichbarer ethischer Ausrichtung suchen, die mit bedrohten und ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen arbeiten. Es ist unerlässlich, sich an Diskussionen über Wasserpolitik und an entsprechenden Aktionen zu beteiligen, einschließlich Gesprächen mit Regierungen, Körperschaften oder multilateralen Institutionen. Nur so kann die Bedeutung des Rechts auf Wasser bewusst gemacht und aufgezeigt werden, welche alternativen Lebensweisen es gibt, die den ökologischen Abläufen besser Rechnung tragen und Nachhaltigkeit langfristig sicherstellen. Beschlussfassung: Die vom 14. – 23. Februar 2006 in Porto Alegre (Brasilien) tagende Neunte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen a) nimmt die Erklärung "Wasser – Quelle des Lebens" an und ruft die Kirchen und ökumenischen Partner zur Zusammenarbeit auf, um: b) das Bewusstsein für die Erhaltung und den Schutz der Wasserressourcen gegen Übernutzung und Verschmutzung –als fester Bestandteil des Rechts auf Leben –zu schärfen und alle dafür notwendigen Maßnahmen zu treffen; c) sich stark zu machen für die Ausarbeitung von Rechtsinstrumenten und mechanismen, die auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene die Durchsetzung des Rechts auf Wasser als eines menschlichen Grundrechts garantieren; d) unter Kirchen und ökumenischen Partnern die Zusammenarbeit in Wasserfragen durch Beteiligung am Ökumenischen Wasser-Netzwerk voranzutreiben; Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 89 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens e) Initiativen von Gemeinwesen zu unterstützen, mit dem Ziel, lokalen Bevölkerungen verantwortungsvolle Verfügungsgewalt über Wasserressourcen zu geben, sie zu deren Bewirtschaftung und Regelung zu befähigen sowie deren Nutzung für kommerzielle Zwecke zu verhindern; f) bei Regierungen und internationalen Hilfsorganisationen darauf zu dringen, solchen Programmen Priorität einzuräumen und sie mit angemessenen finanziellen und anderen Mitteln auszustatten, die Wasser für örtliche Gemeinschaften erschließen und verfügbar machen und die bei der Planung und dem Bau funktionierender Abwassersysteme helfen, unter Berücksichtigung der notwendigen Vorkehrungen dafür, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu diesem Trinkwasser und der sanitären Versorgung erhalten; g) Streitigkeiten und die Ausarbeitung von Vereinbarungen zu verfolgen, in denen es um Wasserressourcen und Flusseinzugsgebiete geht, um sicherzustellen, dass solche Übereinkünfte detaillierte, konkrete und eindeutige Konfliktlösungsbestimmungen enthalten; h) einen Beitrag zur Internationalen Aktionsdekade "Wasser –Quelle des Lebens, 20052015, zu leisten, indem die ethische und spirituelle Dimension der Wasserkrise untersucht und herausgestellt wird. (2) Ökumenische Erklärung zum Wasser als Menschenrecht und als öffentliches Gut, hrsg. von Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund, Ökumenischer Rat Christlicher Kirchen Brasiliens, Katholische Bischofskonferenz Brasiliens, Schweizer Bischofskonferenz, Bern 2005. Wir, die im Ökumenischen Rat christlicher Kirchen Brasiliens und im Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund zusammengeschlossenen Kirchen und die Bischofskonferenzen Brasiliens und der Schweiz, angeregt durch lokale Initiativen in ihren Kirchen und ermutigt durch weltweite kirchliche Äußerungen –und in Anknüpfung an die von der UNO ausgerufene Internationale Wasserdekade (2005-2015), 1. Wir erkennen an • Wasser ist eine Grundvoraussetzung für alles Leben. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Zugang zu Wasser haben oder nicht haben, entscheidet über Leben und Tod. Wasser ist eine Gabe Gottes, das er allen für ein Leben in Fülle zum verantwortlichen Gebrauch zur Verfügung stellt. Wasser ist deshalb grundsätzlich ein gemeinsames Gut, das nicht zu privatisieren ist. • Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht. Das «Recht auf angemessene Ernährung» ist festgehalten in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO von 1948 90 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens (Art. 25) und im UNO-«Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte» von 1966 (Art. 11). Bei der Umsetzung müssen die spezifischen Probleme und Bedürfnisse der Frauen besondere Berücksichtigung finden: In vielen Ländern sind Frauen (und Kinder, speziell Mädchen) für das Beschaffen von Wasser zuständig – mit Konsequenzen für die Gesundheit der Frauen (Tragen schwerer Lasten) und der Mädchen, die dadurch gehindert werden, die Schule zu besuchen. • Wasser hat spirituelle Bedeutung. Wasser ist nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern es besitzt eine soziale, kulturelle, medizinische, religiöse und mystische Bedeutung. Schon im Schöpfungsbericht heißt es: «Gottes Geist schwebte über den Wassern...» (Gen 1,2). Durch Moses versorgte Gott sein durch die Wüste pilgerndes Volk mit Wasser. Für uns Christinnen und Christen liegt die Symbolkraft des Wassers in der Taufe: «Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet,..» (Mk 16,16). Das Wasser hat für viele Völker und Kulturen eine heilige Bedeutung und besitzt einen gemeinschaftsstiftenden, rituellen und traditionsverbundenen Wert. • Wasser wird für viele Menschen knapp. Durch den hohen Wasserverbrauch pro Kopf, die wachsende Bevölkerungszahl, eine inadäquate Wasserbewirtschaftung, die Verschwendung, den Lebensstil und die Zerstörung von Wald, Boden und Wasserreserven wird eine besondere Sorge für das Wasser sowie eine Prioritätensetzung bei dessen Gebrauch nötig. 2. Wir fordern • Zugang zu Wasser ist als Menschenrecht lokal und global anzuerkennen, wie es im Recht auf angemessene Ernährung enthalten ist. Es ist von allen Sektoren der Gesellschaft, in besonderer Verantwortung aber von Staaten zu respektieren. Die «Allgemeine Bemerkung» Nr. 15 des UNO Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die von der Staatengemeinschaft in der FAO im November 2004 verabschiedeten «Freiwilligen Richtlinien zur Unterstützung der Verwirklichung des Rechts auf angemessene Nahrung im Kontext nationaler Nahrungssicherheit» (bes. Richtlinie 8c) sind zügig umzusetzen. • Wasser ist als öffentliches Gut zu behandeln. Der Staat muss die Verpflichtung übernehmen, allen Bewohnern Zugang zu Trinkwasser zu sichern. Das beinhaltet einen erschwinglichen Preis für Wasser, die Beschaffung der nötigen technischen und finanziellen Mittel sowie die Einbeziehung der Gemeinden und lokalen Gemeinschaften in sie betreffende Entscheidungen zur Nutzung der vorhandenen Wasserressourcen. Wasser als öffentliches Gut beinhaltet auch die Verpflichtung der Staaten, die Nut- Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 91 7. Anhang 7.1 Zentrale Aussagen der Kirchen zum Wasser als Quelle des Lebens zung der Wasserressourcen mit friedlichen Mitteln so zu regeln, dass für alle Menschen auch der Nachbarstaaten das Recht auf Wasser respektiert wird. • Für den Wasserverbrauch sind gesetzliche Prioritäten festzulegen. An erster Stelle steht die Stillung des Durstes von Mensch und Tier sowie der Wasserbedarf für die Nahrungsproduktion. Das erfordert eine vorbeugende Umweltpolitik, im Geist der Solidarität zwischen Gemeinden, Ländern und Völkern. • Dem Recht auf Wasser ist mit einer von der UNO zu verabschiedenden Internationa– len Wasserkonvention ein verbindlicher Rahmen zu geben. 3. Wir verpflichten uns • unsere Kirchen, Kirchgemeinden, Werke, ökumenischen Zusammenschlüsse und na– hestehende Organisationen für die Unterstützung dieser Erklärung zu gewinnen, und dafür zu beten; • zusammen mit den interessierten sozialen Bewegungen und NGOs der Schweiz und Brasiliens die öffentliche Meinung, die politischen Kräfte und die Bevölkerung unserer Länder im Einsatz für die Anliegen dieser Erklärung zu motivieren und der Tendenz zur Privatisierung entgegen zu wirken; • die Regierungen unserer Länder dazu zu bewegen, dass sie durch entsprechende Ge– setzgebungen das Menschenrecht auf Wasser und die Erklärung des Wassers als öffentliches Gut sichern und sich für die Erarbeitung einer von der UNO zu verabschiedenden Internationalen Wasserkonvention einsetzen. Freiburg, 22. April 2005 Für den Ökumenischen Rat Christlicher Kirchen Brasiliens CONIC Bischof Adriel de Souza Maia, Präsident Für die Katholische Bischofskonferenz Brasiliens CNBB Weihbischof Odilo Pedro Scherer, Generalsekretär Für den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund SEK Irène Reday, Vizepräsidentin Für die Schweizer Bischofskonferenz SBK Weihbischof Peter Henrici, ressortverantwortlicher Bischof 92 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 7.2 Hinweise auf weitere Materialien zum Thema 7.2. Hinweise auf weitere Materialien zum Thema Bei dir ist die Quelle des Lebens (Ps 36,6–10). Materialien für Gemeindearbeit und Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen 2002, Stuttgart – Eichstätt 2001. „Bewahrung der Schöpfung – praktisch: Wasser (1990), hg. v. Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der EKD, Amt für Sozialethik KDA und Ökologie, Hans-Böckler-Str. 7, 40476 Düsseldorf Ein Bibeltag zum Wasser, hg. v. Konferenz der Umweltbeauftragten der Ev. - Luth. Kirche in Bayern, Postfach 200751, 80007 München, Tel.: 089/548219-11 Materialien des Ökumenischen Wassernetzwerkes (ÖWN), Sieben Wochen im Zeichen des Wassers 2011: Wasser und gerechter Frieden (Woche 1: Land und Wasser; Woche 2: Öl und Wasser in Nigeria; Woche 3: Wasser als Ware; Woche 4: Frauen, Wasser und Gewalt; Woche 5: Wasserkonflikt im Heiligen Land; Woche 6: Klimawandel und Flüchtlinge ;Woche 7: Wasser für die Landlosen in Guatemala) [download unter: http://www.oikoumene.org/de/activities/oekumenischeswassernetzwerk-oewn/ressourcen-und-links/sieben-wochen-fuer-wasser/ueber-diekampagne/archiv/sieben-wochen-fuer-wasser.html] MISEREOR (1996): Wasser - ein globale Herausforderung. Sachbuch zur Fastenaktion 1996. (Postfach 1450, 52015 Aachen, Tel. 0241/479) Ohne Wasser läuft nichts –Informationen zum Wassersparen, hg. v. Arbeitsstelle für Umweltfragen der Ev. Kirche in Hessen-Nassau (Tel.: 06151/367004) in Zusammenarbeit mit dem Hess. Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit Wasser – Zur Quelle gehen, Umweltbrief, Gerhard Monninger, hrsg. von der Ev.Lutherischen Kirche in Bayern (Januar 2008) [Download unter: http://www.zgv.info/cms/fileadmin/user_upload/download/umwelt/200801wasser_zur_quelle_gehen-monninger.pdf] Water - Source of Life. A Dossier produced by the European Christian Environmental Network (ECEN) (November 2003) [Download unter: http://www.argeschoepfung.at/die-34-tage-der-schoepfungszeit.html] Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 93 7.2 Hinweise auf weitere Materialien zum Thema Die Evangelische Landeskirche in Württemberg gibt schon seit dem Jahr 2000 jedes Jahr ein Materialheft mit Anregungen zum „Schöpfungstag“unter wechselnden thematischen Aspekten heraus „Wasser –Gabe Gottes. Bausteine für Gemeindearbeit und Gottesdienst“ (2006), hrsg. vom Evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Dekade zur Überwindung von Gewalt, den Umwelträten der Evangelischen Landeskirchen und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg (Download unter : http://www.umwelt.elkwue.de/fileadmin/mediapool/einrichtungen/E_umweltbeauftragter/Veranstaltungen/t ds06wasser.pdf Zeit der Schöpfung. Dossier zur Schöpfungszeit 2010 (ECEN), hrsg. von Isolde Schönstein/ARGE Schöpfungsverantwortung, Wien 20108 (Bezugsadresse: ARGE, A - 1130 Wien, Don Bosco Haus, St. Veitgasse 25, www.argeschoepfung.at; [email protected]; Tel: 0043 (0) 1 878 39-539; Fax: 0043 (0) 1 878 39-540) [download unter: http://www.argeschoepfung.at/die-34-tage-derschoepfungszeit.html] 94 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 7.3 „Wasser“– Links zu weltweiten Hilfsprojekten 7.3 „Wasser“–Links zu weltweiten Hilfsprojekten Ø MISEREOR–Projekte Brasilien - Trotz Dürre leben (Projekt-Nr.: P23303): http://www.misereor.de/projekte/projektpartnerschaften/brasilien-trotz-duerreleben.html Burkina Faso - Gärten in der Sahelzone (Projekt-Nr.: P11501): http://www.misereor.de/projekte/projektpartnerschaften/burkina-faso-gemeinsamkaempfen.html Nigeria: Wasser schenkt Leben (Projekt-Nr.: P13101): http://www.misereor.de/projekte/projektpartnerschaften/nigeria-wasser-schenktleben.html Indien: Sauberes Wasser. Ökumenische Aktion Miteinander Teilen http://www.misereor.de/projekte/oekumenisch-miteinander-teilen/oemt-april.html Ø „Brot für die Welt“–Projekte Äthiopien: Wasser marsch! http://www.brot-fuer-die-welt.de/weltweit-aktiv/index_8364_DEU_HTML.php Uganda: Jeder Tropfen Regen ist ein Geschenk des Himmels http://www.brot-fuer-die-welt.de/downloads/weltweit-aktiv/flyer_wasser.pdf Kiribati: Rettet uns vor dem Untergang! http://www.brot-fuer-die-welt.de/weltweit-aktiv/index_8405_DEU_HTML.php Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens 95 Impressum Herausgeber und Bezugsadresse: Dr. Michael Kappes Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nordrhein–Westfalen Domplatz 27 48143 Münster Tel: 0251 / 495–319 Fax: 0251 / 495–6159 e–mail: info@ack–nrw.de Homepage: www.ack–nrw.de 1. Auflage Münster 2011 96 Michael Kappes (Hg.), Wasser –Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens Bereits 2010 erschienen: Grundlagenheft zum Ökumenischen Tag der Schöpfung/Schöpfungszeit Bezugsadresse: Dr. Michael Kappes Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nordrhein–Westfalen Domplatz 27 48143 Münster Tel: 0251 / 495–319 Fax: 0251 / 495–6159 e–mail: info@ack–nrw.de Homepage: www.ack–nrw.de