Einzigartige Stätte des Buddhismus in Westbengalen

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REISEZIEL
Einzigartige Stätte des
Buddhismus in Westbengalen
Mit einem buddhistisches Kloster aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. sollte Moghalmari in Westbengalen
das nächste Reiseziel aller Abenteurer sein.
Text & Fotos: Sudipto Roy
D
ie Trägheit der Geschichte
hält einen wunderbaren
Adrenalinrausch für all jene
bereit, die sich fragen, warum
menschliche Evolution und
Wissenschaft so nahe beieinanderliegen. Hier
ist ein Fall, der die Unterschiede betont. Eine
Forschergruppe der Universität Kalkutta um
Professor Asok Datta entschied, auf dem
Erdhügel einer abgeschiedenen Ortschaft im
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März-April 2017 INDIEN FÜR SIE
Distrik West Midnapur in Westbengalen, mit
Ausgrabungen zu beginnen. Die Geschichte
des Buddhismus und seine Fußabdrücke in
Indien sind um eine Perspektive reicher!
Durch zwei nationale Autobahnen von
Kalkutta getrennt liegt Moghalmari ca. 170
Kilometer entfernt von der Hauptstadt.
Während der Fahrt auf der Verlängerung
des National Highway 60 von Midnapur nach
Balasore (Odisha) fährt man unbemerkt
an einem winzigen Schild vorbei, das
zufällig auf die bemerkenswerteste aller
archäologischen Stätten hinweist, die jemals
in Bengalen gefunden wurden. Das schläfrige
Dorf Moghalmari unterscheidet mit seinen
nichts von anderen Dörfern im Nirgendwo
des südlichen Teils von West Midnapur, nahe
der Grenze zu Odisha – es liegt einsam und
abgeschieden. Wenn man von der Autobahn
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bürokratische Hürden haben jedoch dazu
geführt, dass die Ausgrabungen über fast
zehn Jahre und in fünf Etappen durchgeführt
werden mussten und Fortschritte stark
verzögert wurden. Erst 2012 erhielten
die Forscher Gewissheit darüber, dass
buddhistische Klosteranlage verborgen lag,
die wahrscheinlich aus dem 6. Jahrhundert
stammt und in Bengalen ihresgleichen
sucht. Menschliche Figuren, unter anderem
von Buddha und Bodhisattvas, Schüsseln,
Terrakotta-Lampen, Gebetstafeln und
Siegel gehören zu den Fundstücken im
Zentrum des Ausgrabungsortes, das von
massiven Backsteinwänden mit prunkvollen
Ornamenten, Stuck und Blumenmotiven
umgeben ist.
abfährt, stößt man nach einigen hundert
Metern allerdings auf einen erstaunlichen
Hügel, den die örtliche Bevölkerung „Hügel
von Sakhisena“ oder „Hügel von Sashisena“
machen – und mit der Abnormität, die dieser
darstellt.
Logik versus Legende
In den Augen der Bevölkerung war der
Hügel ein Sinnbild für die Existenz von
Geistern. Die Bewohner erzählen sich
viele Geschichten über den Hügel, so seien
unheimliche Geräusche von Fußketten gehört
oder entstellte Gestalten gesehen worden.
Erst 1999 waren Experten, darunter Prof.
Bratindra Nath Mukherjee und Prof. Asok
Datta, erstmals in Dantan, einer ländlichen
Gemeinde im Grenzgebiet zwischen
Bengalen und Odisha. Die Forschergruppe
von der Fakultät für Archäologie der
Universität Kalkutta hatte sich auf die Suche
nach Spuren des bengalischen Seehandels auf
dem Fluss Subarnarekha gemacht. Nach einer
ersten Inspektion des Sakhisena war sich
Prof. Datta der historischen Bedeutung des
Ortes sicher und veranlasste Ausgrabungen
auf dem Gebiet. Der Hobby-Historiker
Atanu Nandan Maity erzählt beim Rundgang
über das Areal von der Geschichte Dantans:
„Die Ausgrabungen des Teams um Asok
Datta begannen 2003-2004. Gleich zu Beginn
stießen sie auf eine Ziegelmauer, die an die
traditionelle triratha Struktur alter religiöser
Tempel erinnerte“, sagt Atanu während er
auf das neueste Feld deutet, das für Besucher
zugänglich gemacht wurde. „Der Mythos, der
Sakhisena umgibt, reicht zurück bis in das
Mittelalter. Eine Prinzessin, die im Gegensatz
zu anderen Frauen ihrer Zeit studieren
durfte, verliebte sich in ihren Mitstudenten
Ahimanik. Sie reiste in unterschiedliche
Teile des Landes und baute Grundschulen.
Es wird davon ausgegangen, dass der Hügel
hier in Moghalmari auf ihre Initiative hin
entstanden ist“, fügt er hinzu. Je mehr wir an
erstaunlicher wurde die – historische oder
sagenhafte – Bedeutung dieses Ortes. Und
mit den Temperaturen des Tages stieg auch
die Komplexität der Erzählungen!
Vielversprechende Hinweise förderten die
Ausgrabungen in Moghalmari. Der Mangel
an verlässlichen Finanzierungsquellen und
Historische Bedeutung
Atanu ist leidenschaftlicher Beobachter
der nunmehr zehn Jahre andauernden
Ausgrabungsarbeiten und zitiert gerne
aus unterschiedlichen Expertengutachten.
Er ist sich der historischen Bedeutung
Moghalmaris sicher. Mit den geschichtlichen
Fakten bestens vertraut, erklärt uns der
Teilzeit-Schriftsteller aus Dantan, wie
entscheidend die Lage des Klosters in jeder
Hinsicht auch für seinen Erfolg gewesen
war. So lag das Kloster an einer wichtigen
Handelsstraße, die über ‘Dandabhukti’ von
Pataliputra nach Viskhapatnam führte. Das
Kloster war sogar durch eine Nebenstraße
direkt mit dem Hafen von Tamralipta
verbunden und lag in dessen Einzugsgebiet.
Es wird daher angenommen, dass an erster
Stelle Händler, und weniger der König, den
Ausbau des Klosters vorantrieben.
Beim Beschreiben seiner besonderen
Verbindung zu den Ausgrabungsarbeiten
und früherer Unterhaltungen mit
Asok Datta, dem Ankerpunkt dieser
Geschichte, sagt Atanu: „Sogar in
den Lehren von Huien Tsang (auch
bekannt als Xuanzang), der Indien im 7.
Jahrhundert bereiste, werden mehrere
buddhistische Siedlungen rund um
Tamralipta erwähnt. Dies könnte als
wichtiges Zeugnis und Ausgangspunkt
weiterer Grabungen dienen. Prof. Datta
betrachtete dieses Dokument als wichtige
historische Quelle und legte dar, dass
die vierzig unterschiedlichen Arten
verwendeter Backsteine, die in den
Gruben gefunden wurden, auf mehrere
Auf- und Umbauperioden des Klosterbaus
hindeuteten und Beleg einer bewegten
Geschichte seien.“
INDIEN FÜR SIE März-April 2017
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Entwicklung der Ausgrabungen
Indem er Parallelen zu Funden weiterer
buddhistischer Siedlungen in Indien und
Bangladesch zog, war Prof. Datta in den
folgenden fünf Phasen der Ausgrabungen
maßgeblich dafür verantwortlich, dass es das
Dorf immer wieder in die Berichterstattung
schaffte. Aus archäologischen Indizien,
der Fundstücke folgerte er, dass das Kloster
im 6. Jahrhundert n. Chr., wenn nicht sogar
früher, gegründet worden sein muss. Der
Stuck (dekorativ geformte Strukturen) ist mit
dem aus ähnlichen Klöstern in Vikramshila,
Nalanda, Paharpur, Mainamati, Tamralipta
usw. vergleichbar. Vor seinem Tod im
Jahr 2012 wiederholte er in einem seiner
zahlreichen Aufsätze, dass Moghalmari ein
neues Kapitel zur Geschichte Bengalens
hinzufügen würde.
Das Nationale Institut für Archäologie
übernahm dann 2012 die Verantwortung
für das Projekt. Für die Ausgrabungen,
den Erhalt sowie den Bau eines Museums
wurde eine Stiftung gegründet. Diesmal
waren die Resultate schneller sichtbar.
Zuerst wurden eine Goldmünze, deren
Ausfertigung König Samachardeva
zugeschrieben wird, sowie ein goldener
Anhänger zutage gefördert. Anschließend
stieß man auf sechs Terrakottaplatten, die
mit Inschriften versehen in einer Truhe
unter einem Treppenaufgang aufbewahrt
worden waren. Die wichtigste Entdeckung
überhaupt bestand jedoch im Fund des
Klostersiegels, das den Namen des Klosters
trug: „Sribandak Mahavihara”.
Im Januar 2016 wurden 91 Bronzestatuen
buddhistischer Gottheiten ausgegraben.
Die Aufregung in der Gegend wuchs als
Skulpturen und ein Stupa als Votivgabe in der
zweiten aus insgesamt drei Bauphasen des
Klosters entdeckt wurden. Grabungen in der
ersten Phase 2016 brachten das Rad eines
Spielzeugwagens aus Ton, Fragmente einer
Basaltskulptur, eine Tonlampe, dekorative
Stuckelemente, Terrakottatöpfe, ein
Hüpfspiel für Kinder, Eisennägel, Armreife
aus Muscheln sowie Perlen aus Terrakotta
und Stein hervor.
Potential für den Tourismus
Dieser Ort, dessen Geschichte nach
diesen langwierigen Ausgrabungen neu
geschrieben werden muss, ist noch immer
nicht touristisch erschlossen. Die historische
und akademische Bedeutung von Dantan
und Moghalmari kann dies jedoch ändern –
es sind reichlich Sehenswürdigkeiten
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März-April 2017 INDIEN FÜR SIE
vorhanden.
Neben dem Kloster in Moghalmari, das
nur einen Bruchteil der ganzen über das
Dorf verteilten buddhistischen Siedlung
ausmacht, kann die ganze Region als Ort
glorreicher Geschichte und archäologischen
Reichtums betrachtet werden. Vieles davon
kann mit einer Tour nach Moghalmari
kombiniert werden:
• Satdeulia: Auf einer leichten Anhöhe
im Dorf Ektarpur in Dantan gelegen,
bedeutet Satdeulia Sieben Tempel (von
deuls: Tempel). Von den sieben Tempeln
sind nur noch sieben kleine Graben rund
um einen Teich übrig. Die Fundamente
massiver Mauern, die rechteckig um das
Dorf angeordnet sind, sind allerdings noch
erkennbar.
• Sharashanka: Möglicherweise lag
eines der größten Wasserbecken in ganz
Westbengalen in Dantan. Historikern zufolge
könnte Dantan früher ein Hafen gewesen
sein, der durch den Fluss Subarnarekha
mit dem See verbunden war. Die Legende
besagt, dass er von König Shashanka
ausgegraben und von König Mukundadeb
aus Odisha wieder zugeschüttet wurde.
In den 1950er Jahren dokumentierte
Lalit Mohan Samanta, ein Lokalhistoriker,
Beispiele historischer Artefakte, die in der
Gegend gefunden wurden. Solange eine
archäologische Untersuchung aussteht, sind
wertvolle neue Erkenntnisse allerdings nicht
zu erwarten.
• Kakrajit: Nachdem hier alte Statuen
aus dem nahegelegenen Weiher Kundu
Pukur geborgen werden konnten, wird
auch Kakrajit als archäologisch bedeutsame
Stätte betrachtet – keine fünf Kilometer
von Moghalmari entfernt. Historiker
glauben, dass dieser Ort eine kulturelle
Verbindung zu Moghalmari hatte. Prof. Datta
fand dort Spuren eines Dharmachakra.
Interessanterweise wurden Statuen des
Sonnengottes Surya aus dem Weiher
gezogen. Wenn man bedenkt, dass der
Kult um Surya im 10. und 11. Jahrhundert
in Orissa aufkam, liegt die Vermutung nahe,
dass dieser Glaube in den Statuen Ausdruck
fand und entstand, als das buddhistische
Kloster in Moghalmari seine Blütezeit bereits
hinter sich hatte.
• Fluss Subarnarekha: Der
zuletzt bemitleidenswerte Zustand des
Subarnarekha ist ein Zeugnis der sich
verändernden Zeit. Der Filmemacher und
Meister seines Fachs, Ritwick Ghatak, setzte
den Fluss als Metapher für Obdachlose in
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wären der Infrastruktur des Dorfs auch in
erwerbstechnischer Hinsicht zuträglich.
Obwohl hier noch viel zu tun ist, sollten
erste Arbeiten an einem Museum klar im
Vordergrund stehen.
Zu den Anweisungen der Regierung
des Bundesstaats sagt Atanu: „Die
Aufbruchsstimmung war spürbar. Die
Regierung des Bundesstaats wies dem Museum
bereits einen Bauplatz zu und organisierte
Gelder zu seiner Finanzierung. Als die
Arbeiten beginnen sollten, protestierten
Ureinwohner gegen den Bau, indem sie auf
eine alte Gottheit verwiesen, die sich unter
einem indischen Filmklassiker ein. Noch
immer faszinieren der Fluss und seine
Landschaft, besonders bei Sonnenaufgang
und -untergang.
Entscheidungsträger der öffentlichen
Verwaltung und Privatwirtschaft sollten
die Bandbreite des Tourismus als Wohltat
für Moghalmari und Dantan erkenn, und
Vorhaben in diesem Bereich vorantreiben.
Das Museum oder Forschungszentrum
sollte strategisch in der Nähe des
National Highway 60 gebaut werden, um
vorbeifahrende Reisende anzulocken.
Darüber hinaus könnten Jugendliche
aus den Dörfern zu Touristenführern
ausgebildet, die Hütte auf dem Moghalmari
Hügel wiederbelebt, eine Besichtigungsund Wandertour ausgeschrieben und die
Anbindung nach Kalkutta verbessert werden.
Diese Vorhaben dulden keinen Aufschub.
Spärlich touristisch erschlossen
Das Tourismusministerium der
indischen Regierung hat in den letzten
Jahren eine vernünftige Haltung im Hinblick
auf die Förderung von Rundreisen zum
Thema Buddhismus in Indien entwickelt.
Dennoch muss ein so bedeutsamer Ort
wie Moghalmari erst noch ins Zentrum der
Aufmerksamkeit von Regierungskreisen
rücken. Das Museum, das manche
Fundstücke der Ausgrabungen beherbergt,
ist in einer notdürftigen Behelfsunterkunft
untergebracht. Obwohl die Regierung des
buddhistischer Bedeutung anerkannt hat,
wird er in staatlichen Archiven immer noch
unter Hügel von Sakhisena geführt.
Obwohl Moghalmari und Dantan
verkehrstechnisch gut angebunden sind und
besonders nah an der Autobahn zwischen
West Bengalen und Odisha liegen, ist
in den Städten einfach zu wenig los, um
regelmäßig Besucher anzulocken. Ein Grund
dafür könnten das Fehlen ordentlicher
Unterkünfte sein, aber anders betrachtet
kann gerade die Nähe zur Hauptstadt des
Bundesstaats als Alleinstellungsmerkmal des
Ortes fungieren. Diese einzige substanzielle
Verbindung zum Buddhismus sollte vom
Tourismussektor in Westbengalen endlich
als Chance erkannt werden, das Image des
Sorgenkinds abzuschütteln.
In diesem Prozess könnte eine
nachhaltige Ausrichtung zum Rückgrat
eines Tourismusprogramms in diesem
entlegenen Gebiet werden. Lokale,
nationale oder internationale Touristen
Hindernisse wie diese führten immer wieder
zu Verzögerungen in der Gegend und nur
selten entwickelten sich die Dinge zugunsten
des Tourismus.
Obwohl die Gastfreundschaft der
Einwohner das Highlight unserer Reise war,
geht die Geschichte dieses mystischen Ortes
über die Grenzen des Bundesstaats hinaus.
Auch wenn dies einen Angriff auf die untätigen
oder besser gesagt schlecht ausgerüsteten
Bundesstaats- und Staatsregierung darstellt,
muss man sich der Gefahr bewusst werden,
dass Fundstücke dieses bedeutsamen
historischen Wunders verloren gehen,
erodieren oder einfach in Vergessenheit
geraten könnten. Die Befürchtungen sind da;
genau jetzt ist wahrscheinlich der Moment,
der eine positive Reaktion darauf erfordert.
Hauptstadt
Städte
West Bengal
Puruliya
Medinipur
Bankura
Moghalmari
KOLKATA
Anfahrt
Moghalmari liegt mit dem Auto 170 Kilometer von
Kalkutta entfernt. Dantan ist an den South Eastern Railway
angebunden.
Unterkunft
Typischerweise einen Tagestrip von Kalkutta entfernt,
bietet das Dorf bisher keine speziellen Unterkünfte für
Besucher. Mit genügend Vorbereitung bietet jedoch auch der
Aufenthalt bei Gastfamilien einen Einblick in die ländliche
Gastfreundschaft dieser Region.
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