Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords Andreas Bauer Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Kompakt-Workshop: Rechtsfragen im Internet München, 28. März 2012 Agenda 01 > Ausgangslage 02 > Folgen unzulässiger AdWord-Werbung 03 > Entwicklung der Rechtsprechung 04 > Zusammenfassung / offene Fragen 05 > Tipps © Andreas Bauer / Taylor Wessing 2 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Ausgangslage (1/5) > AdWords (Keyword Advertising) – der Internet-Referenzierungsdienst „Google AdWords“ ermöglicht Unternehmen, Keywords zu buchen und mit den von ihnen geschalteten Anzeigen zu verknüpfen – bei Eingabe eines solchen Keywords (oder eines „weitgehend passenden Keywords“) erscheint in einem gesonderten Anzeigenkasten rechts neben oder über den natürlichen Suchergebnissen die Anzeige des Werbetreibenden (mit „Anzeige“ überschrieben) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 3 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Ausgangslage (2/5) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 4 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Ausgangslage (3/5) > fremde Marke als AdWord – oftmals werden ganz bewusst fremde Marken Dritter (oder zumindest ähnliche Begriffe) als AdWords gebucht – teilweise geschieht dies von Resellern, Händlern oder Zubehör- bzw. Ersatzteil-Anbietern, teilweise jedoch auch von Konkurrenten oder Fake-Anbietern, die das jeweilige Marken-Produkt selbst gar nicht anbieten – gerade die bekannten Marken renommierter Markenartikler sind hier besonders begehrt © Andreas Bauer / Taylor Wessing 5 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Ausgangslage (4/5) > entgegenstehende Interessen der Markeninhaber – Markeninhaber versuchen, sich gegen Markenmissbrauch durch Trittbrettfahrer und eine drohende Markenverwässerung zu wehren – früher war als Markeninhaber die Sperrung markenrechtlich geschützter Begriffe bei Google sehr einfach möglich – Änderung der Google-Markenrichtlinie am 14.09.2010: Freigabe von Markennamen Dritter als Keywords (als Reaktion auf EuGH-Urteile) – Beschwerde nur noch Erfolg versprechend, wenn ein Anzeigentext aufgerufen wird, der zu einer Irreführung der Nutzer über die Herkunft der beworbenen Produkte oder Dienstleistungen führen könnte (stark eingeschränkte Prüfung durch Google) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 6 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Ausgangslage (5/5) > rechtliche Anknüpfungspunkte für Markeninhaber – Markenrecht: Verwechslungsgefahr, Beeinträchtigung der Markenfunktionen (nach der sog. Funktionenlehre des EuGH) ganz vorrangig: Herkunftsfunktion daneben: Werbefunktion und Investitionsfunktion (sowie gegebenenfalls Qualitäts- und Kommunikationsfunktion) – Wettbewerbsrecht (UWG): insbesondere unlautere Behinderung Abfangen/Umleiten von Kunden Rufausbeutung/Anlehnung © Andreas Bauer / Taylor Wessing 7 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Folgen unzulässiger AdWord-Werbung > mögliche Ansprüche – Unterlassungsanspruch – Auskunftsanspruch – Schadensersatzanspruch (insbes. Lizenzanalogie) > Abmahnung – Kostenerstattungsanspruch – strafbewehrte Unterlassungserklärung > gerichtliches Verfahren – einstweilige Verfügung mit der Folge eines vorläufigen Verbotes – Hauptsacheklage © Andreas Bauer / Taylor Wessing 8 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (1/10) > einzigartiges „Rechtsprechungs-Tohuwabohu“ > quer durch Deutschland kam es zu völlig unterschiedlichen, einander widersprechenden Gerichtsentscheidungen > jedwede denkbare Anspruchsgrundlage wurde von manchen Gerichten bejaht, von anderen Gerichten verneint, nahezu jede Meinung wurde vertreten > ähnliches Chaos auch in den anderen Mitgliedsstaaten der EU > große Rechtsunsicherheit © Andreas Bauer / Taylor Wessing 9 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (2/10) > 2006/2007: Meta-Tags (Eintrag im HTML Code) und Font-Matching (weiße Schrift auf weißem Hintergrund) – Instanzgerichte waren zunächst uneinheitlich – BGH: diese Art des Gebrauchs einer fremden Marke stellt eine Markenverletzung dar i.d.R. aber kein Wettbewerbsverstoß, im Einzelfall aber denkbar © Andreas Bauer / Taylor Wessing 10 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (3/10) > 2007 – 2009: AdWords – Streit in der Literatur und Rechtsprechung, ob Rechtsprechung des BGH zu Meta-Tags auch auf AdWords übertragbar ist – Instanzgerichte erneut uneinheitlich, zum Teil wurden Markenverletzungen bejaht, zum Teil verneint; ebenso verhielt es sich in Bezug auf mögliche wettbewerbsrechtliche Ansprüche – gespanntes Warten auf den BGH © Andreas Bauer / Taylor Wessing 11 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (4/10) > 22.01.2009: es ergeben drei BGH-Entscheidungen zur Frage der (insbesondere markenrechtlichen) Zulässigkeit von AdWord-Werbung: – Fall 1: „Beta Layout“ (Unternehmenskennzeichen) – Fall 2: „pcb“ (generischer Begriff) – Fall 3: „Bananabay I“ (Marke) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 12 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (5/10) > „Beta Layout“ – Keyword identisch mit Unternehmenskennzeichen (Beta Layout GmbH); in der Anzeige selbst wird der Begriff nicht verwendet; OLG Düsseldorf verneinte in der Vorinstanz Kennzeichenverletzung – BGH: anders als bei Meta-Tags keine Verwechslungsgefahr, da durch „Anzeigen“-Kennzeichnung und deutliches Absetzen von den eigentlichen Suchergebnissen dem Betrachter klar ist, dass die Werbeanzeige nicht von dem Unternehmen stammt, dessen Kennzeichen als Suchwort eingegeben wurde kein Wettbewerbsverstoß zulässig! © Andreas Bauer / Taylor Wessing 13 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (6/10) > „pcb“ – Keyword teilidentisch mit Marke („pcb-pool“); in der Anzeige selbst wird der Begriff nicht verwendet; OLG Braunschweig bejahte in der Vorinstanz Markenverletzung – BGH: Sonderfall, da „pcb“ gleichzeitig ein Gattungsbegriff ist (= printed circuit board) keine Markenverletzung, da zum einen rein beschreibender Begriff und zum anderen nicht der Eindruck einer Verknüpfung zwischen dem Suchwort und der Anzeige entsteht zulässig! © Andreas Bauer / Taylor Wessing 14 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (7/10) > „Bananabay I“ – Keyword identisch mit Marke sowie identische Produkte; in der Anzeige selbst wird der Begriff nicht verwendet; OLG Braunschweig bejahte in der Vorinstanz eine Markenverletzung – BGH: Vorlage zum EuGH zur sog. Vorabentscheidung Frage: liegt bei derartigen Gestaltungen überhaupt eine markenmäßige Benutzung vor? Unterschied zu „Beta Layout“ (dort keine Vorlage): EU-Harmonisierung lediglich des Markenrechts, jedoch keine Harmonisierung des Firmenkennzeichenrechts © Andreas Bauer / Taylor Wessing 15 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (8/10) > EuGH (Eis.de/BBY (= Bananabay), 2010 – Markenverletzung durch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (nur) dann, wenn für den Durchschnittsverbraucher nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbene Ware oder Dienstleistung von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammt (Transparenzgebot) – Herkunftsfunktion auch dann beeinträchtigt, wenn Anzeige so vage gehalten ist, dass der Internetnutzer nicht erkennen kann, ob eine wirtschaftliche Verbindung besteht – dies im Einzelfall zu entscheiden, ist Sache der nationalen Gerichte (= neues Problem, siehe „Ausblick“!) – i.d.R. keine Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke durch AdWords – weitere grundlegende AdWords-Entscheidungen des EuGH gehen in die gleiche Richtung (insbesondere Google France, BergSpechte, Portakabin / Primakabin) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 16 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (9/10) > unterschiedliche Reaktionen der deutschen Gerichte auf EuGH – zum Teil wurde Markenverletzung bejaht, zum Teil verneint, d.h. trotz EuGH zunächst weiter Unklarheit – BGH „Bananabay II“ vom 13.01.2011 (Machtwort des BGH!) grundsätzlich keine Markenverletzung, da i.d.R. keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke; insbesondere dann nicht, wenn in der Anzeige selbst durch den dort angegebenen Domainnamen auf eine andere Herkunft hingewiesen wird und die fremde Marke nicht in der Anzeige erscheint (Probleme: was, wenn die Marke erst auf der Landingpage erscheint, und was, wenn lediglich generische Domain in der Anzeige enthalten ist?); falls Anzeigentext zu vage ist, geht dies zu Lasten des AdWord-Werbenden keine Beeinträchtigung der Werbefunktion (wie EuGH) keine Wettbewerbswidrigkeit (wie bereits bei „Beta Layout“) i.d.R. auch bei Marken: Zulässigkeit der AdWord-Werbung! (zumindest in Deutschland) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 17 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Entwicklung der Rechtsprechung (10/10) > andere Beurteilung bei bekannter Marke als AdWord - erweiterter Schutz? – EuGH „Interflora“ (22.09.2011) möglicherweise Beeinträchtigung der sog. Investitionsfunktion der Marke? EuGH: Investitionsfunktion kann beeinträchtigt sein, wenn es durch die AdWordWerbung für den Markeninhaber wesentlich erschwert wird, einen Ruf zu erwerben oder zu wahren oder wenn sein Ruf gefährdet wird » muss nationales Gericht im Einzelfall prüfen (hier: UK – High Court)! kein unzulässiges „Trittbrettfahren“, wenn der AdWord-Werbende eine Alternative zu den Produkten des Markeninhabers anbietet, diese aber nicht nachahmt, verwässert oder verunglimpft oder sonst die Markenfunktionen beeinträchtigt i.d.R. auch bei bekannter Marke: AdWord-Werbung zulässig, wenn Kaufalternative geboten wird! © Andreas Bauer / Taylor Wessing 18 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Zusammenfassung / offene Fragen > Rechtslage zumindest in Deutschland nun einigermaßen geklärt, im Großen und Ganzen zugunsten von Google und den AdWord-Werbetreibenden, d.h. deutliche Liberalisierung > aber Vorsicht: nicht alles ist erlaubt, Beachtung des Transparenzgebots wird einzelfallbezogen geprüft (vgl. z.B. aktuelles „Partnership-Urteil“ des LG Hamburg) > Unklarheit insbes. noch bei beschreibenden Domains in der AdWord-Anzeige, da dann fraglich ist, ob durch die konkrete Anzeigengestaltung im Einzelfall der Herkunftstäuschung entgegengewirkt werden kann; falls die Anzeige insofern zu vage ist, geht dies zu Lasten des Werbenden > völlig anders jedoch in anderen EU-Ländern (laut EuGH müssen jeweils die nationalen Gerichte entscheiden, ob eine Beeinträchtigung der Marken-, insbesondere der Herkunftsfunktion vorliegt; hier setzen die nationalen Gerichte unterschiedliche Maßstäbe an) > insbesondere Österreich und Frankreich legen die EuGH-Rechtsprechung viel restriktiver aus, dort ist die „klassische“ AdWord-Werbung mit einer fremden Marke i.d.R. weiterhin verboten (Folge: sog. Forum-Shopping innerhalb der EU?) © Andreas Bauer / Taylor Wessing 19 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Tipps > wenn Sie schon fremde Marken als AdWords verwenden/buchen möchten, sollten Sie zur Risikoreduzierung zumindest Folgendes beachten: – keine Verwendung der fremden Marke oder einer ähnlichen, verwechslungsfähigen Bezeichnung in der Anzeige selbst oder auf der Landingpage (es sei denn, berechtigte Markennutzung durch Wiederverkäufer, Zubehörhändler, usw.) – Nennung des eigenen Kennzeichens in der Anzeige, zumindest in der dort angegebenen URL – Vermeidung von generischen URLs – Vermeidung der Suchoption „weitgehend passende Keywords“ oder zumindest Vornahme von Negativbuchungen bei Google © Andreas Bauer / Taylor Wessing 20 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung: Andreas Bauer Partner Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Trade Marks & Designs Unfair Competition Litigation & Dispute Resolution Isartorplatz 8 80331 München T: +49 (0) 89 210 38 156 F: +49 (0) 89 210 38 300 E: [email protected] © Andreas Bauer / Taylor Wessing 21 Nutzung fremder Marken im Internet - Ein Update zur Werbung mit AdWords -