Basel-Stadt 26 | az | www.basellandschaftlichezeitung.ch Dienstag, 20. September 2011 Telemann, der Progressive Ein Jungtalent, das vor Ideen sprüht Alte Musik Die Renaissance der Barockmusik ist an einem Komponisten vorbeigegangen: Georg Philipp Telemann (1681–1767). Merkwürdigerweise scheint der Musiker, der mit einigen Stücken stets populär geblieben ist, nun angesichts der neualten Konkurrenz zusehends in den Hintergrund zu geraten. Bei den «Freunden Alter Musik Basel» versuchten nun die Akademie für Alte Musik Berlin und die Sopranistin Marlis Petersen den Musiker aus Magdeburg neu ins Licht zu setzen. «Telemann der Klassiker» nannten sie den Abend im Musiksaal des Stadtcasinos; «Telemann auf dem Weg zur Wiener Klassik» wäre treffender gewesen. Denn darum ging es ihnen: Telemann aus der Schablone des Barock-Komponisten zu befreien und an einem Beispiel zu zeigen, wie der Komponist sein Leben lang die Entwicklung der Musiksprache seiner Zeit verfolgte und aufgriff. Comic-Wettbewerb Die Baslerin Anna Nguyen zeichnet Comics – vor allem Mangas werb schon mal den zweiten Platz gewonnen. «Das Bild muss zum Text Posters von Stars und Sternchen passen. Das ist das Schwierige.» Es sucht man vergeblich im Zimmer der kam schon vor, dass sie deswegen die jungen Frau. Es sei denn, die Schüle- Bilder neu zeichnen musste. Viele ihrer Zeichnungen fertigt sie rin Anna Nguyen habe sie selber gezeichnet. Besonders angetan hat es noch klassisch auf Papier an, sie mag ihr die japanische Popsängerin Ayu- vor allem Bleistiftzeichnungen. Anmi Hamasaki. Anna Nguyen hat ein dere Werke produziert sie mithilfe Bild von ihr gezeichnet und damit an des Grafiktablets am Computer. Bei einem internationalen Wettbewerb beiden Arbeitsmitteln sieht sie Vorunter über 100 Einsenderinnen und teile: «Zeichnungen auf Papier haben Einsendern den dritten Preis gewon- mehr Ausdruck, man kann den Stil besser erkennen. nen. AusgeschrieAuf dem Computer ben wurde der hat man dafür Wettbewerb von mehr farbliche der Website Möglichkeiten und www.toonity.com, kann Fehler schneleiner bekannten Inler rückgängig maternetplattform für Anna Nguyen, Gymnasiastin und Comiczeichnerin chen.» Manchmal Comiczeichner. Onwendet sie eine line tauscht sich Anna Nguyen immer wieder mit Co- Kombination beider Techniken an: micfans aus aller Welt aus. «Manch- Anna scannt eine Bleistiftzeichnung mal bekomme ich Tipps, aber ich ge- ein und koloriert sie auf dem Compube auch selber Tipps weiter», erzählt ter. Dass sie später mal vom Zeichnen die 16-Jährige. leben kann, glaubt Anna Nguyen nicht. «Als Nebenverdienst könnte Keine leichte Aufgabe Momentan zeichnet sie an einer ich mir das schon vorstellen», meint Arbeit für den Comic- und Manga-Zei- die gebürtige Vietnamesin, die etwas chenwettbewerb, den der Comix- im Bereich Biochemie machen möchShop Basel ausgeschrieben hat (siehe te. Sie hat derart viele Ideen und StoTextbox). Die Bildgeschichte erzählt rys im Kopf, dass sie stets etwas Neuvon einem kleinen Mädchen auf dem es beginnt. «Wenn ich keinen AbgaWeg zum Erwachsenwerden. «Es ist betermin habe, werden meine Arbeigar nicht so einfach, so eine Ge- ten nie fertig», sagt Anna. schichte auf vier A4-Blättern zu erzählen», sagt Anna. Rund 30 Stunden Arbeit Und wendet sich wieder ihrer GeSie hat sich auf Mangas spezialisiert, die japanische Form von Co- schichte mit dem kleinen Mädchen mics. «Die gefallen mir, weil sie so zu. «Der Comic muss fertig werden, ausdrucksstark sind.» Nicht immer ich habe ja einen Abgabetermin», hält sie sich an den typischen Man- sagt Anna, die im Gymnasium ga-Zeichenstil mit grossen Augen Kirschgarten die Klasse 4a besucht. und Kindchenschema. «Es gibt auch Für das ganze Produkt müsse sie Mangas, die überhaupt nicht kind- rund 30 Stunden aufwenden, schätzt lich wirken», erzählt Anna, die kei- sie. In Annas Comic zieht das Mädnen Lieblingszeichner hat, sondern sich von verschiedenen Künstlern in- chen, das möglichst schnell erwachsen werden will, nicht nur die Schuspirieren lässt. he der Mutter an und trägt ihre Kleider. Das Mädchen stellt noch andere, Flinke Zeichnerin Anna Nguyen ist eine flinke Zeich- viel schlimmere Dinge an, die gar zu nerin. «Die Skizzen sind schnell da», einer Verhaftung führen. Wie geht es berichtet sie. Eine grössere Heraus- weiter? «Am Schluss wird das Mädforderung sei jeweils das Texten. chen wieder zum Kind», erzählt AnNicht dass ihr das Schreiben schwer- na. Und die Moral von der Geschichfällt; mit einer Kurzgeschichte hat te? «Man sollte das Erwachsenwerden sie schliesslich bei einem Wettbe- nicht überstürzen.» VON ROLF ZENKLUSEN «Das Bild muss zum Text passen. Das ist das Schwierige.» Anna Nguyen zeichnet von Hand und am Computer. ■ KENNETH NARS WETTBEWERB: ZUM THEMA «UNTERWEGS» «Wer erzählt uns eine packende Geschichte zum Thema ‹Unterwegs›?», fragt der Comix-Shop Basel in der Ausschreibung zum diesjährigen Comic- und Manga-Zeichenwettbewerb. Zu gewinnen gibt es ein Jahr lang monatlich zwei Neu- erscheinungen aus dem Programm der Verlage Carlsen, Egmont und Tokyopop, Tagespässe für das internationale Comix-Festival «Fumetto» in Luzern oder Eintritte für das Cartoonmuseum Basel. Der Hauptgewinner darf zusehen, wie das Comicmagazin «Strapazin» gemacht wird und den Verlag «Edition Moderne» besuchen. Es gibt je drei Auszeichnungen in den Alterskategorien bis 13, 14 bis 17 und 18+. Einsendeschluss ist der kommende 31. Oktober. (ZEN) Sissi singt, liebt und stirbt demnächst in Basel Musical Theater Gestern präsentierten die Produzenten ihr Musical «Elisabeth – Die wahre Geschichte der Sissi». VON BEA BERCZELLY Mitte Januar 2012 kommt das erfolgreichste deutschsprachige Musical «Elisabeth» zum ersten Mal in die Schweiz; ins Musical Theater Basel. 1992 feierte das Werk des Komponisten Sylvester Levay und des Librettisten Michael Kunze seine Weltpremiere bei den Vereinigten Bühnen Wien und ist seither weltweit von über achteinhalb Millionen Zuschauern gesehen und geliebt worden. Am Rheinknie wird die Inszenierung des Wiener Originalteams – Regisseur Harry Kupfer mit den atemberaubenden Bühnenbildern von Hans Schavernoch – zu sehen sein. Die Legende lebt Das Schicksal der schönen Kaiserin Elisabeth von Österreich berührte und faszinierte ganze Generationen. Man könnte sagen, dass Elisabeth, die zu Hause «Sissi» genannt wurde, die Emanzipation vorweggenommen hatte: Sie begehrte gegen die starren Hofsitten auf, kämpfte darum, dass ihre Kinder bei ihr bleiben durften und nicht von Erzieherinnen gross gezogen wurden, und sie engagierte sich – ganz gegen den Willen ihrer Schwiegermutter Erzherzogin Sophie – auch in der Politik. Dazu war sie schön, sehr sportlich und eine ausgezeichnete Reiterin. Sie war sogar für den technischen Fortschritt: Auf Sissis drängen hin wurde die erste Badewanne in der Wiener ■ Hofburg installiert. Trotz und gerade wegen ihrer gesellschaftlichen Position war das Leben der Kaiserin aber unglücklich, einsam und tragisch. Die grosse Liebe zu Franz Josef hält dem Druck des Kaiseralltags und der ständig anwesenden Schwiegermutter nicht stand. In Genf erstochen Als sich Kronprinz Rudolf gemeinsam mit seiner Geliebten umbringt, verlässt Sissi Wien und reist rastlos in Europa umher, bis sie am 9. September 1989 in Genf vom italieni- SISSI: PRACHTPERÜCKE WIEGT FÜNF KILO Damit ein so grosser Bühnenevent reibungslos abläuft, müssen zahlreiche Menschen aus verschiedenen Berufsgattungen perfekt und schnell zusammenarbeiten: 14 Lastwagen fahren die über eintausend Kostüme, die technische Aus- rüstung und die Bühnenbilder von Ort zu Ort. 40 Bühnenbauer bauen die Szenen auf und ab. 32 Schauspieler, Sängerinnen und Tänzer agieren auf der Bühne, 17 Musiker sorgen für die live gespielte Musik, und hinter der Bühne sorgen 30 Garderobieren und Maskenbildnerinnen für die perfekten Outfits und Make-ups sowie nach der Vorstellung für die fachgerechte Lagerung der Kostüme und Perücken. Allein Sissis Prachtperücke wiegt fünf Kilogramm. (BCZ) schen Anarchisten Luigi Lucheni erstochen wird. Die Geschichte der Elisabeth, von ihrer Kindheit als Tochter des Herzogs Max in Bayern über die Hochzeit mit dem Kaiser bis zu den Reisen quer durch Europa zeigen der renommierte Opern-Regisseur Harry Kupfer und Bühnenbildner Hans Schavernoch in eindringlichen Bildern. Die Musik von Sylvester Levay zum herb-lyrischen Libretto von Michael Kunze reicht von herrlichen Balladen wie «Ich gehör’ nur mir» bis hin zu schnellen, rockigen Nummern wie «So wie man denkt». Levay, der an der gestrigen Pressekonferenz die zwei Protagonisten live am Piano begleitete, und Kunze haben viereinhalb Jahre lang am Musical gefeilt, bis es 1992 zur Uraufführung gelangte. Levay: «Es war uns wichtig, die Qualität der Wiener Originalproduktion zu erhalten, womöglich noch zu übertreffen.» Im Januar wird sich zeigen, ob dieses Ziel erreicht wurde. «Elisabeth», im Musical Theater Basel, vom 18. Januar bis 5. Februar 2012. www.elisabeth-das-musical.com Kühnere Sprache Im Zentrum ihres Programms stand die rund halbstündige Kantate «Ino» für Sopran und Orchester aus dem Jahr 1765. Dazu kamen Kompositionen der jüngeren Kollegen Johann Christian Bach, Christoph Willibald Gluck und Joseph Haydn. Im Vergleich wurde besonders deutlich, wie Telemann in seiner «Ino» alte und neue Ästhetik verbindet: Zwar folgen zwei der drei Arien der barocken Da-capo-Form, zwar illustriert er immer wieder einzelne Elemente des Texts musikalisch, doch die Sprache seiner Musik wird kühner, die Darstellung der Affekte freier. Marlis Petersen gestaltete das Stück überlegen. Die vielseitige Sopranistin verfügt über eine ausgefeilte Technik und eine schlanke, agile, klare Stimme mit strahlender Höhe, allerdings mit wenigen Farben. Die Rezitative interpretierte sie ganz aus dem Text heraus, jederzeit verständlich, und modellierte sorgfältig jede Gefühlsnuance ihrer Figur. Die Arien stellen höchste Ansprüche an die Solistin. Petersen meisterte sie mit perfektem Legato und virtuoser Leichtigkeit in den Koloraturenketten. Die vom Konzertmeister Bernhard Forck geleitete Akademie für Alte Musik gab dem Orchesterpart farbenreiche, aussagekräftige Kontur. Auch im übrigen Programm begeisterten die Instrumentalisten durch ihr klangvolles, homogenes, quasi «sprechendes» Spiel. Wie sie im ersten Satz von Joseph Haydns düsterer Sinfonie Nr. 49 «La Passione» mit seinen Seufzermotiven und den bedrohlichen Einwürfen der Bläser sorgfältig alle Nuancen der Trauer und des Schmerzes ausloteten, wie sie den Schlusssatz des Stücks in präzisem, rasant federndem Spiel unerbittlich voran trieben – das setzte Massstäbe. Eine Konzertarie von Wolfgang Amadé Mozart als Zugabe rundete das Programm ab. (ZIL) INSERAT