Fachwissen - Buddhismus in der Schweiz

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MICHAEL KLÖCKER | UDO TWORUSCHKA (HG.) HANDBUCH DER RELIGIONEN SC
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Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in Deutschland und im deutschsprachigen Raum Ausgabe: 19
Thema: VII | Buddhismus
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Titel: Buddhismus in der Schweiz (32 S.)
Produkthinweis Der vorliegende Beitrag ist Teil des Standardwerkes »Handbuch der Religionen« der Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG*. * Ausgaben 1997 bis 2015 erschienen bei OLZOG Verlag GmbH, München Das »Handbuch der Religionen« ist ein in Anspruch und Umfang einzigartiges, wissen‐
schaftlich fundiertes Nachschlagewerk über orthodoxe, römisch-katholische und reformatorische Kirche/n, weitere transkonfessionelle Bewegungen, ökumenische Bestrebungen, Christliche Glaubensgemeinschaften außerhalb der Großkirchen, Judentum, Islam, aus dem Islam hervorgegangene Gemeinschaften (z.B. Ahmadiyya, Aleviten), weitere kleinere Religionen (z.B. Yezidi, Mandäer), Buddhismus, asiatische bzw. von Asien ausgehende Gruppen, neue Bewegungen (z.B. Fiat Lux, Scientology u.a.), Sikhismus, Jainismus, ethnische Religionen (z.B. Neugermanische Gruppierungen, Wicca u.a.) sowie über Ethik und das Verhältnis von Religion/en zu Kunst, Politik, Medien oder Psychologie. Erarbeitet von einem Team kompetenter Experten aus namhaften Herausgebern, Fachgebietsleitern und mittlerweile über 200 Autoren bietet es Ihnen wissenschaftlich fundiertes Orientierungswissen über Geschichte, religiöse Kernaussagen und Autoritäten, Organisationen und Verbreitung, Glaubenspraxis, das Verhältnis zum Staat und zu anderen Religionen sowie kontinuierliche Informationen zu neuen Entwicklungen, wichtigen Persönlichkeiten, Literatur und Kontaktadressen.  Informationen zum Bezug der mehrbändigen Gesamtausgabe finden Sie hier. (Diesen) Beitrag als Download bestellen  Klicken Sie auf die Schaltfläche Dokument bestellen am oberen Seitenrand.  Alternativ finden Sie eine Volltextsuche unter www.edidact.de/hdr-online. Nutzungsbedingungen Die Materialien dürfen nur persönlich für Ihre eigenen Zwecke genutzt und nicht an Dritte weitergegeben bzw. Dritten zugänglich gemacht werden. Sie sind berechtig, für Ihren eigenen Bedarf Fotokopien zu ziehen bzw. Ausdrucke zu erstellen. Jede gewerbliche Weitergabe oder Veröffentlichung der Materialien  auch auszugsweise  ist unzulässig. Die vollständigen Nutzungsbedingungen finden Sie hier. Haben Sie noch Fragen? Gerne hilft Ihnen unser Kundenservice weiter: Kontaktformular   Mail: [email protected]  Post: Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG E.-C.-Baumann-Straße 5 | 95326 Kulmbach  Tel.: +49 (0)9221 / 949-204   Fax: +49 (0)9221 / 949-377 www.edidact.de | www.mgo-fachverlage.de Handbuch der Religionen www.edidact.de/Suche/index.htm?category=102578&q=D83520191
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VII - 4
BUDDHISMUS IN DER SCHWEIZ
VII - 4 Buddhismus in der Schweiz
VON FRANK ANDRÉ WEIGELT
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Buddhismus und die Confoederatio Helvetica
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In der Schweiz bezeichnen sich von 7,5 Mio. Einwohnern gemäß der Eidgenössischen Volkszählung 2000 rund 21.500 Personen als Buddhisten. Dies
entspricht ca. 0,3 % der Gesamtbevölkerung. Damit gehört die Schweiz in Bezug auf die prozentuale buddhistische Präsenz und Vielfalt zu den führenden
Nationen in Europa, verglichen mit Frankreich (~0,6 %), Großbritannien
(~0,3 %), Deutschland (~0,18 %) oder Italien (~0,13 %).
Anders als in Deutschland und Österreich sind es in der Schweiz die Kantone,
die das Verhältnis zwischen den Religionsgemeinschaften bzw. den Kirchen
und dem Staat regeln. Das bedeutet, dass in der Schweiz 26 verschiedene
rechtliche Ausprägungen dieses Verhältnisses existieren.1 Derzeit ist der Buddhismus in der Schweiz nicht als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft
anerkannt. Inwieweit vonseiten des buddhistischen Dachverbands „Schweizer
Buddhistischen Union“ (SBU) Anstrengungen unternommen wurden und werden, Buddhismus in einzelnen Kantonen bzw. bundesweit zu etablieren, ist
nicht bekannt. Die innerbuddhistischen Vernetzungen und der Zusammenhalt
erweisen sich gerade in dieser Hinsicht trotz der mehr als 30-jährigen Existenz
der SBU als gering. Ein Indikator dafür dürfte u. a. die Gründung der „Buddhistischen Gemeinschaft Schweiz“ im April 2002 sein, die nur theravâdabuddhistische Gruppierungen vertritt, sich aber in Teilen die selben Aufgaben
zum Ziel setzt wie die SBU. Dem derzeitigen Vorstand gehört u. a. Rolf Hafner an, der lange Zeit Präsident der SBU war. Anders als in Deutschland und
in Österreich verfügen Schweizer Buddhisten auch über keine eigene gemeinschaftliche Zeitschrift.
In der Schweiz haben neben der quasi traditionellen Betonung des Eigenlebens in der Gemeinde und Talschaft, wie auch der Betonung der eigenen buddhistischen Tradition, die Sprachgrenzen eine wichtige Bedeutung. Insbesondere zwischen der französisch- und der deutschsprachigen Schweiz herrscht
wenig Austausch. Über buddhistische Aktivitäten in der italienischsprachigen
und rätoromanischsprachigen Schweiz ist wenig bekannt. Es muss konstatiert
werden, dass auch innerhalb der asiatischen Buddhisten die Kooperation über
die Sprachgrenzen hinweg weitestgehend gering ist.2
Klöcker/Tworuschka: Handbuch der Religionen 19. EL 2008
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Unter den buddhistischen Gemeinschaften in der Schweiz sind ~21 % theravâda-buddhistische Gruppen und Zentren und ~29 % mahâyâna-buddhistische
ohne den tantrischen Buddhismus Tibets. Zentren und Gruppen des Vajrayâna
umfassen, gemessen an der Gesamtpräsenz buddhistischer Institutionen, mit
~48 % den größten Anteil. Empirisch lässt sich bezeugen, dass die Präsenz
buddhistischer Institutionen in der Öffentlichkeit zugenommen hat. Die Regionalverteilung verhält sich gemäß dem typischen Prozess buddhistischer Institutionalisierungen im Westen. Der überwiegende Teil buddhistischer Gruppen und Zentren befindet sich in Ballungszentren und Großstädten, d. h. auch
in der Schweiz ist Buddhismus ein urbanes Phänomen, auch wenn sich einige
Zentren und Gruppen in den letzten Jahren eher in ländliche Gebiete zurückzogen, z. B. das Haus Tao, das Haus der Besinnung, das Meditationszentrum
Dhamma Sumeru oder die Stiftung Felsentor auf der Rigi.
In der Schweizer Öffentlichkeit – v.a. in den Medien – sind Buddhismus und
buddhistische Aktivitäten im Vergleich zu anderen Religionsgemeinschaften
allerdings weitgehend unterrepräsentiert.
Im folgenden Abschnitt skizziert der Artikel die historische Genese buddhistischer Rezeptionen in der Schweiz bis Anfang der 1960er Jahre, um in den daran anschließenden Kapiteln die rezente Vielfalt buddhistischer Traditionen in
der Alpenrepublik darzustellen. Im einzelnen sind die Gruppen dann nach ihrer übergeordneten Tradition und nicht nach ihrer historischen Entstehung und
Ansiedlung systematisiert.
Erste Rezeptionen buddhistischer Lehren in der Schweiz
Die anfängliche Verbreitung buddhistischen Gedankenguts in der Schweiz, wie
auch in Deutschland, lässt sich auf das Wirken Arthur Schopenhauers (1788–
1860) zurückführen. Der Pfarrerssohn Josef Viktor Widmann (1842–1911) aus
Liestal (Baselland) und der Kapellmeister Richard Wagner (1813–83), der
einige Zeit in Züricher und Luzerner Exil lebte, gehörten zu den Ersten, die
buddhistische Inhalte im Schweizer Kontext rezipierten.3
Den Beginn einer Institutionalisierung des Buddhismus in der Schweiz markierte die Ankunft des deutschen Geigenvirtuosen Anton Walther Florus Gueth
(1878–1957) in der Schweiz. Ungefähr 50 Jahre nach Wagner und Widmann
kam Gueth, als erster vollordinierter Theravâda-Mönch in den deutschsprachigen Raum und wurde zum seinerzeit wichtigsten Vertreter des Buddhismus
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BUDDHISMUS IN DER SCHWEIZ
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in der Schweiz.4 Als Sohn eines Lehrers wurde Anton Gueth 1878 in Wiesbaden geboren. Seine katholische Erziehung führte ihn früh zu einem Interesse
an Religion. Im Laufe seiner Ausbildung wuchs auch sein Interesse an Philosophie und führte ihn schließlich zu Schopenhauers Werken und somit auch
zur Beschäftigung mit dem Buddhismus.5 1903 reiste Gueth nach Bombay (Indien), erhielt im selben Jahr die Novizenweihe in Sri Lanka und wurde im Februar 1904 als erster Kontinentaleuropäer unter dem Namen Nyânatiloka in
Rangun (Myanmar) vollordiniert.6 Im Jahre 1907 nahm Nyânatiloka in Myanmar den Schweizer Buchhändler Walther Markgraf als Novizen auf und gab
ihm den Namen Dhammânusârî. Dieser kam über den „Buddhistischen Katechismus“ (1888) von Friedrich Zimmermann (Subhadra Bhikshu) zum Buddhismus.7 Dhammânusârî und Nyânatiloka hatten die Idee, ein Vihâra (klösterliche Einsiedelei) im Tessin am Lago di Lugano (Tessin) zu gründen.8 Ihr
Ansinnen fand jedoch wenig Unterstützung, und Dhammânusârî legte daraufhin sein Novizengewand ab, ging nach Breslau und gründete den buddhistischen Verlag Walther Markgraf.9
Nyânatiloka hielt jedoch an der Gründung eines Vihâra im Tessin fest, kam im
Jahre 1910 nach Europa zurück und traf in Lugano Enrico Bignani, den Herausgeber des „Coenobium“. Bignani fand eine geeignete Almhütte am Fuße
des Monte Lema bei Novaggio nahe Lugano. Dort lebte Nyânatiloka, einfach
gekleidet nur in der Robe des Bhikkhu und mit Sandalen.10 Da einer endgültigen Errichtung eines Vihâra die finanzielle Grundlage fehlte, Nyânatiloka unter der Kälte litt und das zunehmende Interesse an seiner Person ihn störte, entschloss er sich nach Süden zu ziehen in eine Oase bei Gabes (Tunesien). Kaum
in Tunis angekommen wurde Gueth jedoch von den Behörden ausgewiesen. Er
folgte einer Einladung des französischen Ingenieurs R.A. Bergier nach Lausanne (Waadt). Dieser hatte dort eine Ermitage errichtet und war um die Versorgung des Mönchs bemüht.
Im Oktober des Jahres 1910 weihte Nyânatiloka den aus München stammenden Bartel Bauer (1887–1940) in Bergiers Caritas-Vihâra im Schweizer Lausanne zum Novizen namens Kondañño. Dies war die erste buddhistische Novizenordination in Europa.
Kondañño und Nyânatiloka gründeten 1911 auf der Insel Polgasduwa im Rathgama-See (Sri Lanka) das Kloster „Island Hermitage“ für europäische
Theravâda-Mönche. In den Jahren 1913–1914 wurde die Insel durch den französischen Ingenieur R.A. Bergier käuflich erworben und durch eine Schenkung im Jahre 1914 an Nyânatiloka übereignet. Nyânatiloka kam nicht mehr
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in die Schweiz zurück.11 Am 04.06.1936 nahm Nyânatiloka Siegmund Feniger
(1901–1994), der später Nyânaponika genannt wird, in der Island Hermitage
als Novize auf. Angesichts des zunehmenden Rassenwahns in seiner Heimat
emigrierte Feniger 1935 nach Österreich, um sich 1936 Nyânatiloka in Sri
Lanka anzuschließen. Noch im selben Jahr erhielt er die Novizenordination,
und im Jahr darauf wurde er zum vollordinierten Bhikkhu. Nyânaponika kam
fast jedes Jahr ein bis zwei Monate in die Schweiz.12
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Zwischen 1914 bis Anfang 1940 gab es kaum buddhistische Aktivitäten in der
Schweiz. Die Niederländerin Olga Froebe-Kapteyn (1881–1962) gründete 1933
die Institution „Eranos-Tagungen“ in Ascona (Tessin) als Begegnungsstätte,13
der Schweizer Mediziner und Psychologe Carl Gustav Jung (1875–1961)
verfasste 1935 einen psychologischen Kommentar zur englischen Fassung
des Buches „Das Tibetanische Totenbuch“ von Lama Kazi Dawa Samdup
(1868–1922) und schrieb im Jahre 1939 das Geleitwort zu Daisetz Teitaro Suzukis Werk „Die große Befreiung. Einführung in den Zen-Buddhismus“.
Am 05.12.1942 gründeten Max Ladner (1889–1963) und Raoul von Muralt
(1891–1975) den mutmaßlich ersten organisierten Zusammenschluss von
Buddhisten in der Schweiz – „Die Buddhistische Gemeinschaft Zürich“. Ihre
Mitglieder trafen sich einmal im Monat, meist im Privathaus von Ladner in
Zürich-Witikon. Die Gemeinschaft orientierte sich am Pâli-Kanon. Zwischen
den Jahren 1943–1947 gab die Gemeinschaft die „Mitteilungen der Buddhistischen Gemeinschaft Zürich“ und von 1948–1961 die buddhistische Zeitschrift „Die Einsicht“ heraus.14
Max Ladner kam 1914 in die Schweiz und erwarb 1917 in Baden (Aargau) die
Schweizer Staatsbürgerschaft. 1929 zog Ladner mit seiner Familie nach
Zürich. Ladner war neben Nyânatiloka eine der wichtigsten Personen während
der Frühphase des Buddhismus in der Schweiz. Er publizierte zahlreiche Artikel, Kommentare zu Lehrreden, Rezensionen, Bücher und Broschüren. Sein
Hauptwerk „Gotamo Buddha“ wurde 1948 veröffentlicht.
Im Jahre 1961 löste sich „Die Buddhistische Gemeinschaft Zürich“ auf, und
die Herausgabe der Zeitschrift „Einsicht“ wurde eingestellt. Max Ladner hatte sich vom Buddhismus abgewandt und der Naturphilosophie Nicolai Hartmanns angeschlossen.15
Zu seinen Lebzeiten wurden Ladners schriftliche Arbeiten durch Paul Christianis Verlag verbreitet. Christiani (1901–1974) war habilitierter Ingenieur
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