• Filmsequenz chronisch kranker Kinder Leitsatz Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben. Cicely Saunders Pädiatrische Palliative Care – Professionelle Begleitung von Familien mit Migrationshintergrund Pflegefachtagung Pädiatrie Luzern, 9.September 2014 Vielfalt pflegen – Pflegekompetenzen im Kinderspital Miriam Wanzenried / Ostschweizer Kinderspital Inhalte des Workshops • Grundlagen PPC • Moral / Ethik / Lebensqualität • Betreuungsschwerpunkte in der Betreuung von Familien mit Migrationshintergrund • Calmen Gap • Individualität hervorheben • Diskussion mit Erfahrungsaustausch Definition PPC • Pädiatrische Palliative Care ist die aktive und umfassende Betreuung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien, wenn die Krankheit lebenslimitierend ist oder geworden ist. • Das Ziel ist eine Verbesserung der Lebensqualität des Kindes und der Familie. • Pädiatrische Palliative Care kann zeitgleich mit der Diagnose und einer lebensverlängernden oder potenziell kurativen Therapie einsetzen. Häufiger wird pädiatrischen Palliative Care bei zunehmender Komplexität des Krankheitsverlaufes und Anforderungen an die Pflege des Kindes/ Jugendlichen eingeleitet. • Neben körperlichen und seelischen werden entwicklungspädiatrische, soziokulturelle und spirituelle Aspekte in der Betreuung berücksichtigt. Die Trauerbegleitung ist von zentraler Bedeutung. Elemente der pädiatrischen Palliativversorgung Nach Feudtner und Conner 2004 Kurative, lebensverlängerte, palliative Therapie Trauerarbeit Palliativmedizin Diagnose Krankheit Tod Übergeordnetes Behandlungsziel • Palliative Care verbessert die Lebensqualität von Kindern/Jugendlichen sowie deren Angehörigen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und chronischen fortschreitenden Krankheiten Pflegefachpersonen ambulant Ärzte physisch Spitex Sozialdienst Physio-/ Ergotherapie Familie sozial Freunde Patient spirituell Seelsorge Familie Schule / Kindergarten Kreativtherapie psychisch Musiktherapie Freiwillige Psychotherapie stationär Transkulturelle Anamnese • Beziehungs-, Vertrauensaufbau, Interesse am Gegenüber, an seinem Erleben • Ziel der Anamnese: wozu muss ich was wissen? Fragen integrieren in Anamnese der Institution? Schwerpunkte setzen • Erfassung der Sicht der Betroffenen mit dem Ziel den Alltag mit einer chron. Krankheit, Behinderung, nach einem Unfall oder beim Sterben zu bewältigen • Zusammenarbeit mit ÜbersetzerIn • NICHT! Stereotype Fragen nach dem Migrationsund Fluchtgrund vgl. Bauer, 2005 Transkulturelle Kompetenz • Verbindendes und Gemeinsames in Vordergrund stellen • Individuum fokussieren und nicht Kultur • Selbstreflexion: Wer bin ich - meine Lebenswelt - hinterfragen • Empathie: Neugierde, Interesse am anderen, Neues kennenlernen, Distanz überwinden, Nähe zulassen, nicht alles Fremde verstehen können • Wer ist die andere Person – deren Lebenswelt kennenlernen • Wissen, Erfahrung: Konzepte kennen, Begegnungen mit Menschen Einflussfaktoren auf Krankheit Personen mit Migrationshintergrund • Sozialer Kontext • • • • Lebensbedingungen im Aufnahmeland Wohnsituation Arbeitssituation Familiensituation Lebensqualität und Spiritualität • Die Verbindung von Lebensqualität und Spiritualität während einer Erkrankung und am Lebensende hat eine genau gleich hohe Bedeutung wie die Verbindung von psychischem Wohlbefinden und Lebensqualität Ziele der Lebensqualität am Lebensende • • • • • • • Sinn im Leben sehen Spirituelles Wohlbefinden Die Würde wird bis zum Schluss bewahrt Mitbestimmung der eigenen Situation Linderung der belastenden Symptome Liebe/Beziehungen verstärken Kritische Beziehungen verbessern Ethik • Das Ziel unserer Bestrebungen ist es, zu guten Handlungsempfehlungen zu kommen. Der Weg dahin führt über eine Analyse der moralischen Argumentation Ethische Grundsätze - Gutes Tun - Nicht Schaden - Gerechtigkeit - Autonomie Moral • Unser Leben ist von zahlreichen Werten, Normen und Regeln erfüllt, die immer schon unausgesprochen gelten. Nicht immer halten wir uns an die Handlungsnormen, von deren Richtigkeit wir überzeugt sind. Wir wissen aber was gut ist – und was schlecht ist • Moralvorstellungen sind, abhängig vom kulturellen und historischen Kontext Analyse nach dem SENS-Modell • S = Symptomenkontrolle • E = Entscheidungsfindung und End of Life Care • N = Netzwerk • S = Support Dr. med. Steffen Eychmüller, Ärztlicher Leiter Palliative Care, Inselspital Bern Symptomkontrolle • Um mögliche Glaubensbedürfnisse wissen • Einzelne Symptome können aus dem religiösen Glauben einen sehr hohen Stellenwert erhalten • Behandlung der Symptome genau abwägen • Rituale und Glaubensüberzeugungen beachten • Betreuungsplan und Notfallplan erstellen mit Vermerk von Glaubensritualen • Individualität und Kreativität zeigen • Stressoren reduzieren Entscheidungsfindung • Entscheidungen aufzeigen • Ethik und Moral berücksichtigen • Glaubensüberzeugungen spielen eine wichtige Rolle • REA ja/nein genau hinterfragen • Entscheidung hinterfragen • Ethische Fallbesprechung • Stressoren reduzieren • Rituale im Sterbeprozess und nach dem Tod schriftlich erfassen und vorbereiten • Gebräuche beim Tod kennen, ermöglichen Netzwerk • • • • • Glaubensnetzwerk erfassen, eingrenzen Übliches Netzwerk individuell erweitern Behandlungsziel ist klar definiert Vor Ort Netzwerk aufbauen Stressoren reduzieren Support • Individuelle Wünsche ermöglichen • Angebot von geistigem Beistand genau abwägen • Rituale der Eltern und des Kindes erfassen, verstehen und ermöglichen • Lebensqualität erfassen, festlegen, überprüfen • Hand reichen, mitgehen, Zeit schenken • Stressoren reduzieren Das Vertrauen ist das Wichtigste • Empfehlungen – Was kann ich tun? • Als Menschen mit einer eigenen individuellen Geschichte und nicht als Migrant oder Migrantin wahrgenommen werden • Beziehungs-, Vertrauensaufbau • Einbezug von interkulturellen ÜbersetzerInnen • Dolmetscherdienst/Ressourcen nutzen Bauer, T., 2005 Umgang mit Widerständen • • • • Widerstand normalisieren Verständnis zeigen beziehungsfördernde Mittel gezielt einsetzen Problemdefinition Migrationsfamilie akzeptieren, erst zu späterem Zeitpunkt erweitern, gemeinsam mit Eltern und Kind Lösungen suchen, pragmatische Schritte • Vertrauensperson der Familie als Ressource für kreative Lösung einsetzen • ggf. transkulturellen Dolmetscher beziehen • evt. weitere Personen beiziehen (Prinzipien einer professionellen Arbeit mit Migrationskindern: Lanfranchi 2007, 379ff in Domenig, 2007) Ressourcenorientierung • Ressourcen der Migrationsfamilie erkennen und fördern • „Schätze in der Dachkammer statt Skelette im Keller suchen“ • bei Widerständen flexible Lösungen suchen (Prinzipien einer professionellen Arbeit mit Migrationskindern: Lanfranchi 2007, 379ff in Domenig, 2007) Übergeordnetes Begleitungsziel • Calmen Gap : Stressoren in allen Dimensionen reduzieren, insbesondere der Spirituellen Dimension SOLL LQ IST LQ = Lebensqualität Calman K. C.,1984 Modell – Calman Gap - 6Figure Figure 1 • Die Aktivität des Verkleinern der Lücke ist oft befriedigender als das Resultat Figure 2 • Der Einfluss der Krankheit auf die Lebensqualität variiert (läuft gut/läuft schlecht) Figure 3 • Die Krankheit verändert die LQ auf verschiedene Art und Weise (Krankheitsgewinn) Modell – Calman Gap - 6Figure Figure 4 • Notwendigkeit des Reduzierens der Erwartungen und Ziele oder einer Veränderung der gegenwärtigen Realität Figure 5 • Nicht alle Dimensionen am Lebensende können gleich gut verbessert werden Figure 6 • Es braucht Energie, um die Lebensqualität zu verbessern (selbsterzeugt oder von Aussen) Modell – Calman Gap - Fazit Ob eine gute Lebensqualität vorliegt, hängt nach Calman davon ab, ob die festgelegten Erwartungen der Realität entsprechen Glaubensrichtungen • • • • • Christentum Islam Hinduismus Buddhismus Judentum Christentum (katholisch, evangelisch, orthodox) Grundlagen • Jesus von Nazareth gilt als Religionsstifter • Es gibt einen Gott der drei Erscheinungsformen vereint (Vater, Sohn, Geist) Lebensführung • Nächstenliebe nach den Geboten der Bibel und der Kirche Sinn des Lebens ist es, die Erlösung durch Gott zu erlangen, um im Paradies ohne Sünde zu leben Christentum Rituale • Teilnahme am Gottesdienst • Gebete als Lobpreis, Bitte, Zwiesprache mit Gott • Singen von Liedern, als eine Gebetsform Bedeutsame Schriften und Gegenstände • Bibel • Kreuz oder Ikone Christentum Bedeutung einer Krankheit Gott will durch Krankheit viel Gutes in unserem Leben bewirken. Er will erreichen, dass wir: • • • • • • • • • • seinen Sohn mehr verherrlichen (Joh 11,4), uns selbst und Ihn besser kennenlernen (Hiob 42,5.6), mehr ausharren (Jak 1,2-4), geheiligter leben (Heb 12,4-17), abhängiger vom Herrn werden (2. Kor 12,7-10), uns im Glauben bewähren (1. Pet 1,6.7), unsere Hoffnung auf Ihn richten (Rö 5,1-5), Buße tun und somit nicht mit der Welt verurteilt werden (1. Kor 11,29-32), fähig werden, andere zu trösten (2. Kor 1,3-4), uns mit ewigen Dingen beschäftigen (vgl. 2. Kor 4,17). Christentum Bedeutung des Todes • Verwandlung zu neuem Leben in Vollendung Unverweslichkeit, Kraft, Freude, Gemeinschaft Sterbebegleitung • Spital-/Gemeindepfarrer • Spenden der Sakramente • Taufe / Busssakrament • Eucharistie / Krankensalbung Umgang mit Verstorbenen • Evt. Hände falten • Totengebet durch Freunde und Gemeinde • Kerze anzünden Islam Grundlagen • Mohammed letzter Prophet Allahs hat die Offenbarung im Koran übermittelt • Islam bedeutet wörtlich Unterwerfung • Die Gläubigen werden Muslime genannt • Einen Austritt aus dem Islam ist nicht möglich Sinn des Lebens ist durch gottgefälliges Dasein ins Paradies zu gelangen Islam Lebensführung • Nach dem Koran • Fünf Säulen des Islams (Glaubensbekenntnis, fünf tägliche Gebete, Fasten im Ramadan, Pilgerreise nach Mekka, jährliche Sozialabgaben) • Äussere Sauberkeit ist Symbol für innere Sauberkeit • Kein Schweinefleisch , Kein Alkohol • Starkes Schamgefühl • Freitag ist ein heiliger Tag Islam Rituale • Beschneidung bei Jungen ist üblich aber keine Vorschrift • Gebete fünf Mal täglich • Kein Schweinefleisch, Kein Alkohol • Fasten im Monat Ramadan • Studium des Koran • Einmal im Leben Pilgereise nach Mekka Bedeutsame Schriften und Gegenstände • Der heilige Koran • Die Scharia (detaillierter Rechtskodex) Islam Bedeutung einer Krankheit • Im religiösen Denken des Islam bildet die Leidenstheologie keine selbstständige Kategorie. Sie ist vielmehr eingeordnet in den Beziehungsrahmen von Sünde, Warnung, Verletzung der Rechte Gottes, Reue, Busse und Umkehr. Islam Bedeutung des Todes • Verwandlung: der Tod trennt die Seele vom Körper • Die Seele erlebt eine Entwicklung gem. der Lebensweise, die der Verstorbene im Diesseits geführt hat Sterbebegleitung • Vorsingen von Koransuren • Ausrichtung nach Mekka • Begleitung durch Angehörige ist religiöse Pflicht • Sterbender darf weder dursten noch hungern Umgang mit Verstorbenen • Kopf des Verstorbenen in Richtung Mekka • Hände seitlich am Körper • Leichnam wird rituellen Waschungen unterzogen Hinduismus Grundlagen • Es gibt 1000 Götter unzählige göttliche Wesen • Die Seele des Menschen unterläuft viele Male dem Kreislauf vom Leben, Tod und Wiedergeburt • Hindu wird man mit der Geburt Sinn des Lebens ist durch gute Taten sein Karma zu verbessern und in eine bessere Existenz wiedergeboren zu werden. Hinduismus Rituale • Andachten vor dem Hausschrein oder im Tempel • Anbringen von Blüten-, Früchten- und selten Tieropfern • Kein Rindfleisch, viele Hindus sind Vegetarier Bedeutsame Schriften und Gegenstände • OM als heilige Silben • Heilige Schriften: Veden und Shatras • Lotusblüte • Tempelanlagen, Flüsse, Kühe, Pflanzen sind heilig Hinduismus Bedeutung des Todes • Glaube an Karma (Schicksal) und Reinkarnation • Taten in diesem Leben werden im nächsten von Bedeutung sein • Tod bedeutet nicht nur das Ende des Lebens, sondern ist gleichzeitig ein Neuanfang Sterbebegleitung • Keine seelsorgerische Begleitung • Ziehen vor zu Hause zu sterben • Hindupriester (Mönch) spricht mit Sterbenden über spirituelle Themen Umgang mit Verstorbenen • Immer Kremation, meist so schnell wie möglich • Asche wird in Gewässer verstreut • Autopsien werden nicht gerne gesehen • Organtransplantationen sind erlaubt Buddhismus Grundlagen • Der Buddhismus ist vor ungefähr 2500 Jahren in Indien aus dem Hinduismus entstanden • Buddha ein Fürstensohn aus Nordostindien wird wie ein Gott verehrt • Als Buddhist kann man nicht geboren werden • Knaben und Mädchen verbringen einige Zeit im Kloster um die Lehre Buddhas kennen zu lernen Lebensführung • Das Nirwana ist das höchste Ziel der Buddhisten • Das Nirwana ist die Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburt und des Leidens Buddhismus Rituale • Das Leben achten, nicht stehlen, nicht lügen, keinen Alkohol/Droge • Betäubungsmittel werden häufig abgelehnt, um mit klarem Geist zu versterben Bedeutsame Schriften und Gegenstände • Tripitaka (beschreibt das Leben Buddhas) • Rad der Lehre mit achtfachen Speichen • Gebetsmühlen Buddhismus Bedeutung einer Krankheit • Die Entstehung von Krankheit und Leid hat zweierlei Arten von Ursachen : die Inneren und die Äußeren. • Die inneren Ursachen gehen dabei den äußeren voraus • Alles entsteht aus dem Geist und ist durch den Geist bedingt Buddhismus Umgang mit Verstorbenen • Leichnam in ein schlichtes Laken einhüllen (Bewusstsein verlässt den Körper) • Verstorbener im Sterbezimmer bei geöffnetem Fenster eine Weile liegen lassen (zur Ablösung der Seele aus dem Körper) • Tote werden kremiert • Die Asche wird ins Meer oder in einen Fluss gestreut oder zu Hause aufbewahrt Judentum Grundlagen • Einen Religionsstifter gibt es nicht • Jedes Kind einer jüdischen Mutter ist automatisch Jude/Jüdin Lebensführung • Einhalten der Gebote aus den 5 Büchern Mose • Achtung vor dem Leben • Sabbatruhe • Koscheres Essen Judentum Rituale • Einhalten der 10 Gebote • Koscher Essen • Beschneidung der Knaben am 8.Tag nach der Geburt • Männer tragen während der Gebete einen Gebetsschal und Gebetskapseln Bedeutsame Schriften und Gegenstände • Davidstern • Siebenarmiger Leuchter Judentum Bedeutung des Todes • Die Seele ist göttlich und deshalb unsterblich • Auferstehung der Toten Sterbebegleitung • Begleitung durch Rabbi und jüdische Gemeinde • Positiver Umgang mit dem Leben bis zum Schluss • Ablehnung lebensverkürzender Massnahmen Umgang mit Verstorbenen • Totenwache • Waschung durch Rabbi (Sabbat (Samstag) ist heilig, keine Waschungen) • Ritualisierte Trauervorschriften • Totenruhe Hand bieten….. Geh nicht dahin, wo der Weg dich hinführt. Geh dahin, wo es keinen Weg gibt, und hinterlasse eine Spur. Ralph Waldo Emerson Danke für Ihre Aufmerksamkeit! [email protected] 071 / 243 14 10 [email protected] www.kispisg.ch