IIM INFRASTRUKTUR- u. IMMOBILIENMANAGEMENT Bericht zum Forschungsvorhaben „ÖPP- Infrastrukturprojekte und Mittelstand“ Auftraggeber: Zentralverband Deutsches Baugewerbe Mit freundlicher Unterstützung: Landesverband Bayerischer Bauinnungen Baugewerbliche Verbände Nordrhein Baugewerbeverband Westfalen Baugewerbe-Verband Niedersachsen Stand: 2. März 2016 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Zusammenfassung Seite I Zusammenfassung Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) hat den Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement am Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Braunschweig beauftragt, zu untersuchen, ob und unter welchen Bedingungen mittelständische Unternehmen als ÖPP-Nehmer (auf Konsortialebene) bei Bundesautobahnen auftreten können. Das derzeitige Design der ÖPP Projekte im Bundesfernstraßenbau ist u.a. durch hohe Projektvolumina und lange Laufzeiten charakterisiert, die von mittelständischen Bauunternehmen als Wettbewerbsbehinderung wahrgenommen werden. Nach der Umsetzung von inzwischen acht ÖPP-Projekten hat sich das Verfügbarkeits-Modell als das ÖPP-Grundmodell etabliert. Aus Sicht des öffentlichen AGs ist dieses Modell geeignet, die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit (§ 7 BHO) aufgrund von erhöhter Effizienz (Lebenszyklusorientierung, schneller Realisierung, Einhaltung von Termin, Kosten und Qualitäten, Innovation) sowie der umfänglichen Übertragung von Risiken zu erreichen. Mit der Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit gehen bestimmte Mindestanforderungen an das Projektvolumen einher. Diese ergeben sich u.a. aus der Notwendigkeit Effizienzgewinne im Rahmen der Bauphase zu generieren. Langfristig ist eine Ausweitung von ÖPP-Projekten zu erwarten. Nach der Umsetzung der derzeitig geplanten drei ÖPP-Staffeln wird der für ÖPP zweckgebundene Anteil für Bundesautobahnen im Bundeshaushalt im Jahre 2030 voraussichtlich bis zu 20 %betragen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass ÖPP unter Zugrundlegung der derzeitigen Projekt-Pipeline zwar nicht die bevorzugte Beschaffungsform sein wird. Die konventionelle Beschaffungsform wird weiterhin die tragende Rolle in der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen im Bundesfernstraßenbereich spielen. Allerdings werden dem für mittelständische Unternehmen relevanten Markt in diesem Maße öffentliche Ausschreibungen „entzogen“, was eine Veränderung des Wettbewerbs zur Folge haben könnte. In die vorliegende Studie ist eine Befragung von Mitgliedsunternehmen des ZDB eingeflossen. Hieraus konnte die von der Thematik „ÖPP im Bundesfernstraßenbau“ betroffene Gruppe hinsichtlich statistischer Größen eingeordnet werden. Unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Bereich des Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbaus ergab sich eine Einordnung, die sich oberhalb der gängigen Mittelstandsdefinitionen einordnet: • • • Anzahl der Mitarbeiter: <500 Jahresumsatz: bis 100 Mio. € Bilanzsumme: <= 50 Mio. €. Aus Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe liegen die größten finanziellen Hemmnisse für eine Beteiligung auf Konsortialebene v.a. in den zu hohen Finanzierungsvolumina und –laufzeiten, zu hohen Kosten zur Angebotslegung sowie in negativen Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen für das übrige Geschäft. Als fachliche Hemmnisse stehen v.a. das komplexe ÖPP-Vertragswerk sowie mangelnde Kenntnisse in den Leistungsbereichen außerhalb des Bauens (und der technischen Erhaltung) im Wege. Im Bereich der kapazitativen Hemmnisse wurden v.a. der hohe Aufwand zur Angebotslegung und die allgemein zu geringen Kapazitäten genannt. Die Relevanz von ÖPP-Bundesfernstraßenprojekten wurde daher von den befragten Unternehmen– sowohl bisher als auch für die Zukunft –als gering eingestuft. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Zusammenfassung Seite II Im Vergleich zwischen den wirtschaftlichen Kennziffern der betrachteten mittelständischen Gruppe und ÖPP-Projektanforderungen ergibt sich eine deutliche Diskrepanz. Ausgehend von der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe konnte ein maximales Projektvolumen von 160 Mio. € (ca. 20 km Ausbaustrecke) identifiziert werden. Eine Analyse von durchgeführten ÖPP-Projekten, ergab einen erforderlichen Jahresmindestumsatz von ca. 200 Mio. €. Neben quantifizierbaren Anforderungen müsste die betrachtete Gruppe noch weitere qualitative Anforderungen (z.B. Know-How im Bereich Finanzierung und Betrieb) erfüllen. Eine Ausgestaltung von ÖPP-Modellen, die exakt auf die Bedürfnisse der hier betrachteten Gruppe zugeschnitten sind und gleichzeitig die Anforderungen an Effizienz und Risikoallokation des öffentlichen AGs erfüllen, wird schwer möglich sein. Die hier präsentierten Lösungsansätze – insbesondere das Forfaitierungsmodell – können allerdings für eine Abmilderung der Projektanforderungen sorgen. Das Modell kann die Risikoallokation und im Wesentlichen auch weiteren Anforderungen des öffentlichen AGs weitgehend entsprechen und dabei die Finanzierungslast aus Sicht der Unternehmen deutlich reduzieren. Das Herauslösen des Leistungsbereichs Betrieb kann für eine zusätzliche Reduzierung der Projektvolumina sorgen. Allerdings entspricht das Risikoprofil bei diesem Modell nicht mehr dem der bisherigen ÖPP-Grundmodelle zugrundeliegenden Risikoprofil. Im Ergebnis könnte die Integration des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem - als Alternative neben dem ÖPP-Grundmodell - und weitere Anpassungen für entsprechende Projektzuschnitte eine erhöhte Marktgängigkeit erzeugen und somit für einen größeren Wettbewerb sorgen. In Abhängigkeit des Projektzuschnitts muss die Beschäftigung mit allen Beschaffungsalternativen erfolgen, um diejenige Alternative zu identifizieren, die am besten zur Lösung der Aufgabe geeignet ist. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Inhaltsverzeichnis Seite III Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ................................................................................................................I Inhaltsverzeichnis ...............................................................................................................III Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... VI Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... VIII 1 Aufgabenstellung ...........................................................................................................1 1.1 Hintergrund ...............................................................................................................1 1.2 Zielsetzung ................................................................................................................2 1.3 Vorgehensweise ........................................................................................................2 2 ÖPP im Bundesfernstraßenbereich ...............................................................................4 2.1 Geschäftsmodelle für ÖPP im Bundesfernstraßenbereich ......................................... 4 2.2 Projekt- und Finanzierungsstruktur ............................................................................6 2.3 Übersicht ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbereich ............................................. 8 2.4 Die Struktur des ÖPP-Marktes im Bundesfernstraßenbau – Aktuelle Situation ........ 13 2.5 Zukünftige Entwicklungen der Zweckbindung im Bundeshaushalt durch ÖPP Projekte im Bundesfernstraßenbereich.................................................................... 17 2.5.1 Prognose der monetären Zweckbindung des Bundeshaushalts durch ÖPP Projekte im Jahr 2030 ........................................................................... 17 2.5.2 Ergebnisse der Prognose .............................................................................. 20 2.6 Zwischenfazit ..........................................................................................................21 3 Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich .................................... 23 3.1 Ziele des öffentlichen AGs mit ÖPP......................................................................... 23 3.2 Risikoprofil des ÖPP-Grundmodells (V-Modell) aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers..........................................................................................................24 3.3 Zu erfüllende Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers zur wirtschaftlichen Umsetzung von ÖPP-Projekten ...................................................... 27 3.4 Zwischenfazit ..........................................................................................................28 4 Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich ..........................................................................................30 4.1 Methodik der Befragung ..........................................................................................30 4.2 Statistische Einordnung der betrachteten Gruppe ................................................... 31 4.3 Hemmnisse bei der Beteiligung der Unternehmen an ÖPP im BFStr-Bereich ......... 32 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Inhaltsverzeichnis Seite IV 4.4 Anpassungsbedarf bzw. Möglichkeiten zur Reduzierung der Hemmnisse bei ÖPP-Projekten im BFStr-Bereich ............................................................................ 35 4.5 Bisherige Relevanz des Geschäftsfeldes ÖPP ........................................................ 36 4.6 Zwischenfazit ..........................................................................................................37 5 Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs .............................................................. 38 5.1 Gegenüberstellung regelmäßiger Projektvolumina der betrachteten Gruppe mit dem „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ ..................................................................... 38 5.2 Anforderungen an ein Bauunternehmen für die Umsetzung von ÖPP-Projekten auf Konsortialebene ................................................................................................39 5.2.1 Quantifizierung der finanziellen und kapazitativen Leistungsfähigkeit von ÖPP-Konsortialpartnern ................................................................................40 5.2.2 Qualitative Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von ÖPPKonsortialpartnern .........................................................................................43 5.3 Zwischenfazit ..........................................................................................................44 6 Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP ............ 45 6.1 Anpassung des Finanzierungsmodells .................................................................... 45 6.1.1 Forfaitierungsmodell ......................................................................................45 6.1.2 Das Risikoprofil und Sicherheitenkonzept des Forfaitierungsmodells aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers ............................................................. 47 6.1.3 Konsequenzen des Forfaitierungsmodells für die betrachtete Gruppe ........... 50 6.1.4 Weitere Anpassungen des Finanzierungsmodells ......................................... 51 6.2 Anpassung der Leistungsbereiche .......................................................................... 51 6.3 Verfahrensorientierte Anpassungen ........................................................................ 52 6.4 Die Einordnung des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem ...............................................................................................53 6.5 Zwischenfazit ..........................................................................................................54 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Inhaltsverzeichnis 7 Seite V Fazit und Ausblick ........................................................................................................56 Literaturverzeichnis ...........................................................................................................58 Anhang ................................................................................................................................59 Anhang A: Berücksichtigte Haushaltspositionen zur Berechnung der Investitionen in die BFStr und BAB ............................................................................ 59 Anhang B: Übersicht ÖPP-Projekte ..................................................................................61 Anhang C: Ausgaben des Bundes für die BFStr .............................................................. 63 Anhang D: Rechenbeispiel zur Prognose der Haushaltsbelastungen im Betrachtungsjahr 2030 .................................................................................................64 Anhang E: Prognose des Bundeshaushalts 2030 ............................................................ 67 Anhang F: Musterfragebogen ............................................................................................69 Anhang G: Auswertung der Befragung ............................................................................ 73 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Abbildungsverzeichnis Seite VI Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Projektorganisation Projektfinanzierung .............................................................7 Abbildung 2: Anteile von ÖPP-Vertragsstrecken am BAB-Netz ............................................ 15 Abbildung 3: Belastung des Bundeshaushalts durch ÖPP bei BFStr und BAB (in T€) .......... 17 Abbildung 4: Prognose der ÖPP-Anteile Im Jahre 2030 (in T€) ............................................ 20 Abbildung 5: Wesentliche kostentreibende Risiken des "ÖPP-Grundmodells" (VModell) .................................................................................................................................25 Abbildung 6: Auswertung der Hemmnisse in der Angebots- und Vergabephase .................. 33 Abbildung 7: Auswertung der Hemmnisse mit Hinblick auf die Ausgestaltung der existierenden ÖPP-Geschäftsmodelle ..................................................................................34 Abbildung 8: Projektorganisation Forfaitierung ..................................................................... 46 Abbildung 9: Risikoallokation und Sicherheitenkonzept im Forfaitierungsmodell .................. 48 Abbildung 10: Gegenüberstellung des Sicherheitenkonzepts bei Projektfinanzierung und Forfaitierung ..................................................................................................................50 Abbildung 11: Haushaltspositionen Investitionen in die BFStr .............................................. 59 Abbildung 12:Haushaltspositionen Investitionen in die BAB ................................................. 60 Abbildung 13: Prognose des Bundeshaushalts 2030 von BFStr ........................................... 67 Abbildung 14: Prognose des Bundeshaushalts 2030 von BAB ............................................. 68 Abbildung 15: Musterfragebogen, S. 1 ................................................................................. 69 Abbildung 16: Musterfragebogen, S. 2 ................................................................................. 70 Abbildung 17: Musterfragebogen, S. 3 ................................................................................. 71 Abbildung 18: Musterfragebogen, S. 4 .................................................................................72 Abbildung 19: Sparten bzw. Tätigkeitsbereiche der betrachteten Gruppe ............................. 73 Abbildung 20: Anzahl der Mitarbeiter der betrachteten Gruppe ............................................ 73 Abbildung 21: Jahresumsätze der betrachteten Gruppe ....................................................... 74 Abbildung 22: Anteil von BAB-Projekten am Jahresumsatz der betrachteten Gruppe .......... 74 Abbildung 23: Erfahrungen mit ÖPP der betrachteten Gruppe ............................................. 75 Abbildung 24: Hemmnisse zur Beteiligung der Unternehmen auf Konsortialebene bei ÖPP- Projekten des BFS ......................................................................................................76 Abbildung 25: Risiken als Konsortialpartner einer ÖPP-Projektgesellschaft ......................... 77 Abbildung 26: Risiken als Mitglied der GU-Ebene Bau bei ÖPP-Projekten ........................... 78 Abbildung 27: Risiken als HU bei konventionellen BFS-Projekten ........................................ 79 Abbildung 28: Anpassungsbedarf bzw. Möglichkeiten zur Reduzierung der Hemmnisse bei ÖPP-Projekten im BFStr-Bereich ....................................................................................80 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Tabellenverzeichnis Seite VII Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Übersicht ÖPP-Geschäftsmodelle..........................................................................6 Tabelle 2: Anschubfinanzierungen der umgesetzten ÖPP-Projekte ........................................ 8 Tabelle 3: Übersicht 1. ÖPP-Staffel ........................................................................................9 Tabelle 4: Übersicht vergebene und in der Umsetzung befindliche Projekte 2. ÖPPStaffel ...................................................................................................................................11 Tabelle 5: Übersicht 2. ÖPP-Staffel (in Vorbereitung) ........................................................... 12 Tabelle 6: Übersicht 3. ÖPP-Staffel ......................................................................................12 Tabelle 7: Projektparameter eines durchschnittlichen ÖPP-Projekts .................................... 13 Tabelle 8: Anteile von ÖPP-Vertragsstrecken am BAB-Netz ................................................ 14 Tabelle 9: Berücksichtigte Haushaltspositionen zur Berechnung der Investitionen in die BFStr bzw. BAB....................................................................................................................16 Tabelle 10: Ausgaben des Bundes für die BAB (in T€) ......................................................... 16 Tabelle 11:Haushaltsbelastungen durch ÖPP (in Mio. €)...................................................... 18 Tabelle 12: Ausgaben des Bundes für die BFStr und BAB in 2016 und 2030 (in Mio. €) ...... 20 Tabelle 13: Gegenüberstellung des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" mit dem Projekt A9 Lederhose .......................................................................................................................28 Tabelle 14: Eingrenzung der betrachteten Gruppe ............................................................... 31 Tabelle 15: Entscheidende Hemmnisse der Unternehmen zur Beteiligung auf Konsortialebene bei ÖPP .....................................................................................................35 Tabelle 16: Anpassungsbedarf des existierenden ÖPP-Geschäftsmodells aus Sicht der befragten Unternehmen........................................................................................................36 Tabelle 17: Impliziertes maximales Projektvolumen der betrachteten Gruppe ...................... 38 Tabelle 18: Gegenüberstellung des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" mit dem Projekt „betrachtete Gruppe“ ............................................................................................................39 Tabelle 19: Umsatzanteile der „großen Mittelstandsunternehmen" bei bisherigen ÖPPProjekten ..............................................................................................................................40 Tabelle 20: Eigenkapitalanteile der „großen Mittelstandsunternehmen“ bei bisherigen ÖPP-Projekten .....................................................................................................................42 Tabelle 21: Anforderungen an die finanzielle und kapazitative Leistungsfähigkeit auf Basis des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" ....................................................................... 43 Tabelle 22: Mögliche ÖPP-Varianten im BFStr-Bereich ........................................................ 53 Tabelle 23: In der Umsetzung befindliche ÖPP-Projekte; 1. und 2. Staffel ........................... 61 Tabelle 24: In der Planung befindliche Projekte .................................................................... 62 Tabelle 25: Ausgaben des Bundes für die BFStr (in T€) ....................................................... 63 Tabelle 26: Prognose der Haushaltsbelastungen für das Jahr 2030 (in Mio. €) .................... 66 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis A-Modell Ausbaumodell AG Auftraggeber ARGE Arbeitsgemeinschaft BAB Bundesautobahnen BFStr Bundesfernstraßen BMF Bundesministerium der Finanzen BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BRH Bundesrechnungshof BS Bilanzsumme BVMB Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen DBFM Design-Build-Finance-Maintain EK Eigenkapital HU Hauptauftragnehmer IfM Institut für Mittelstandsforschung KMU Kleine und mittlere Unternehmen ÖPP Öffentlich-Private Partnerschaft üWE überschlägige Wirtschaftlichkeitseinschätzung V-Modell Verfügbarkeitsmodell WU Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Seite VIII Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Aufgabenstellung Seite 1 1 Aufgabenstellung 1.1 Hintergrund Die Realisierung von Infrastrukturprojekten im Bereich der Bundesfernstraßen (insb. Bundesautobahnen) als ÖPP führt aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen der Beschaffungsvariante zu einer Veränderung des Wettbewerbs. Die Möglichkeit der Beteiligung von mittelständischen Unternehmen verlagert sich vom direkten Wettbewerb der öffentlichen Ausschreibung auf die nachgeordneten Ebenen der Nachunternehmerleistungen und somit in die Sphäre der Privatwirtschaft. Während bei den Projekten der 1. ÖPP-Staffel über 500 Mittelstandsunternehmen auf Nachunternehmerebene beteiligt waren, waren auf Konsortialebene lediglich zwei sogenannte Mittelstandsunternehmen zu geringen Anteilen beteiligt. Eine Definition eines mittelständischen Bauunternehmens im Bereich des Fernstraßenbaus von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) liegt nicht vor. 1 Aus dem Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode geht die Intention der mittelstandfreundlicheren Gestaltung von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) hervor: „Die Fortentwicklung von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) braucht einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Wir wollen die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Geldgebern oder Infrastrukturgesellschaften als zusätzliche Beschaffungsvariante nutzen, wenn dadurch Kosten gespart und Projekte wirtschaftlicher umgesetzt werden können. Dies muss ebenso wie bei Betriebsvergaben in jedem Einzelfall transparent und unabhängig nachgewiesen werden. Wir gestalten ÖPP mittelstandsfreundlicher aus. Die Methodik der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen werden wir evaluieren und standardisieren.“ Das BMVI beteuert, dass der Mittelstand an den Projektumsetzungen auf verschiedenen Ebenen bereits beteiligt sei. Das Interesse des Mittelstandes stärker direkt auf Konsortialebene beteiligt zu sein, sieht das BMVI durchaus. Allerdings werden entsprechende Anpassungen der ÖPP-Rahmenfaktoren mit Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit verhalten beurteilt: 2 Der Homepage des BMVI ist zu entnehmen: „[…] Der Mittelstand möchte aber auch bei ÖPP-Projekten auf der obersten Auftragnehmer-Ebene noch stärker vertreten sein. Ob dies gelingen wird, hängt von diversen Faktoren ab. Das BMVI steht in regelmäßigem Kontakt mit Vertretern aus Mittelstandsverbänden, um Lösungen zu finden. Der öffentliche Auftraggeber wird aber auch in Zukunft ÖPP-Verträge so konzipieren müssen, dass sie wirtschaftlich sind, er darf sie aus vergabe- und wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht so ausgestalten, dass sie vorrangig auf einen Bewerberkreis zugeschnitten sind.“ 3 Von Seiten des Bundesrechnungshofs (BRH) werden Kritikpunkte formuliert, die der Beschaffungsvariante ÖPP in ihrer derzeitigen Form gar eine Mittelstandsfeindlichkeit attestie- 1 Vgl. (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften und Mittelstand, 2015). Vgl. (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften und Mittelstand, 2015). 3 (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften und Mittelstand, 2015). 2 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Aufgabenstellung Seite 2 ren (da u.a. im Gegensatz zur konventionellen Beschaffung keine Fach- und Teillosvergabe stattfindet). 4 Auch der Bundestag fordert die Bundesregierung in seinem Schreiben vom 13.03.2013 (Drucksache 17/12696) auf, ÖPP – wie im Koalitionsvertrag fixiert – mittelstandsfreundlicher weiterzuentwickeln und Möglichkeiten einer Beteiligung über die Nachunternehmerebene hinaus zu schaffen. Eine veränderte und damit eingeschränkte Wettbewerbssituation für ÖPP-Projekte kann nicht im Interesse der öffentlichen Hand liegen. Daher soll im Rahmen der Untersuchung die aktuelle Situation analysiert und ggf. Ansätze zur Öffnung des direkten Wettbewerbs durch weitere ergänzende ÖPP-Beschaffungsmodelle für eine größere Anzahl von Unternehmen und damit auch für den Mittelstand geprüft werden. 1.2 Zielsetzung Das Ziel der Studie ist die Untersuchung unterschiedlicher Bedingungen, bei denen mittelständische Bauunternehmen als ÖPP-Nehmer bei Bundesautobahnen auftreten können. Die Analysen erfolgen hierbei aus Sicht der Unternehmen, wobei die grundsätzlichen Ziele des öffentlichen ÖPP-Gebers berücksichtigt werden. Die Betrachtungsschwerpunkte liegen hierbei zum einen auf den ÖPP-spezifischen Rahmenbedingungen wie z.B. Laufzeit und Volumen, zum anderen auf der unternehmensstrategischen Risiko- und Chancenbetrachtung. Es ist zu eruieren, ob und inwiefern das derzeitige ÖPP-Modell an die Bedürfnisse des Mittelstands angepasst werden und dennoch die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers erfüllen kann. 1.3 Vorgehensweise Zunächst gilt es, die Funktionsweisen der ÖPP-Geschäftsmodelle, die bisher im Bundesfernstraßenbereich zur Anwendung gekommen sind, zu erläutern. Als Überblick wird eine Bestandsaufnahme der bisher umgesetzten Projekte vorgenommen und ein Ausblick auf zukünftige ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbereich gegeben. Für die Untersuchung wird der für ÖPP relevante Markt (Untersuchungsgebiet) definiert bzw. abgegrenzt. Dabei wird zunächst die aktuelle Situation dargestellt. Die Struktur des Marktes (v.a. Marktanteile) wird sowohl auf Basis von Streckenlängen als auch auf Basis der Bundeshaushalte (monetäre Betrachtung) untersucht. Zur Abschätzung der zukünftigen Relevanz von ÖPP wird eine Prognose bezüglich der Entwicklung der Marktanteile von ÖPP vorgenommen. Nachdem das Untersuchungsgebiet definiert ist, wird die Nachfrageseite – der öffentliche Auftraggeber – betrachtet. Hier gilt es zu erarbeiten, welche Ziele der öffentliche Auftraggeber mit ÖPP im Bundesfernstraßenbereich verfolgt. Als Ergebnis sind Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers an die Beschaffungsvariante, z.B. der Umfang übertragener Risiken, abzuleiten. 4 Vgl. (BRH, 2014), S. 21f. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Aufgabenstellung Seite 3 Im nächsten Schritt wird die Unternehmensseite betrachtet. Unter Berücksichtigung einer Befragung von Mitgliedsunternehmen des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) wird der Mittelstandsbegriff eingeordnet. Bisherige Erfahrungen der betrachteten mittelständischen Gruppe mit ÖPP werden aufgenommen und evtl. Hemmnisse und Problemfelder aus Sicht der Unternehmen aufbereitet. Es gilt, die Bereiche zu identifizieren, welche angepasst werden müssten, um der betrachteten Gruppe den Zugang auf Konsortialebene im ÖPP-Markt zu erleichtern. In einer Gegenüberstellung der Anforderungen aus Sicht der öffentlichen Hand und der Probleme und Hemmnisse aus Sicht der betrachteten Gruppe sind Schnittmengen zu identifizieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Hierbei ist zu bewerten, ob die Diskrepanzen zwischen derzeitigen Geschäftsmodellen und der betrachteten Gruppe verringert werden können. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 4 2 ÖPP im Bundesfernstraßenbereich In Deutschland wurden vor ca. 20 Jahren die ersten ÖPP-Projekte 5 im Bundesfernstraßenbereich auf den Weg gebracht. Bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) schließt der öffentliche Auftraggeber einen langfristigen Vertrag mit einem privaten Partner mit dem Ziel, gemeinsam ein Projekt umzusetzen. Sowohl die öffentliche als auch private Partei übernehmen definierte Aufgaben und tragen damit verbundene Risiken. Während der öffentliche Partner z.B. Risiken im Zusammenhang mit der Genehmigung (z.B. Planfeststellungsrisiko) trägt, ist der private Partner i.d.R. mit den Risiken im Zusammenhang mit der Bauausführung und der sich anschließenden Betriebsphase betraut. Hoheitliche Aufgaben werden bei ÖPP grundsätzlich nicht an Private übertragen. Neben der langfristigen Ausrichtung der ÖPP-Verträge soll die umfassende Leistungsübertragung dafür sorgen, dass der Private frühzeitig sein Know-How in das Projekt einbringt und eine über den Lebenszyklus optimierte Leistungserbringung stattfinden kann. 6 2.1 Geschäftsmodelle für ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Für die Umsetzung von ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbereich existieren unterschiedliche Geschäftsmodelle, die sich im Wesentlichen durch die Zuordnung des Verkehrsmengenrisikos und damit durch den Vergütungsmechanismus unterscheiden. Bisher kamen in Deutschland drei unterschiedliche Geschäftsmodelle zur Anwendung: • • • Konzessionsmodell (F-Modell) Ausbaumodell (A-Modell) Verfügbarkeitsmodell (V-Modell). Die ÖPP-Projektverträge werden auf Basis der zugrundeliegenden Mechanismen des jeweiligen Geschäftsmodells entwickelt. 7 „Konzessionsmodell“ (F-Modell) Seit 1994 ist das F-Modell ein ÖPP-Modell für „Sonderbauten“, d.h. Brücken, Gebirgspässe und Tunnel, aber auch für „mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr.“ 8 Beim F-Modell, welches nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) benannt ist, werden Bau (inkl. Planung), Erhaltung und Betrieb sowie Finanzierung eines bestimmten Streckenabschnitts bzw. Bauwerks an einen Privaten übertragen. Im Rahmen der Konzession wird dem Privaten die Refinanzierung durch die Erhebung einer Maut direkt vom Nutzer ermöglicht. Sowohl die Preiskomponente (Mauthöhe), die durch die jeweils zuständige Landesbehörde genehmigt werden muss, als auch die Mengenkomponente (Verkehrsmenge) liegen in der Risikosphäre des Privaten. Im Ergebnis steht also eine verkehrsmengenabhängige Vergütung durch direkte Mauterhebung beim Nutzer. Darüber hinaus 5 Dabei handelte es sich zunächst um sog. F-Modelle (Konzessionsmodelle). Vgl. (BMVBS, 2011), S. 6 7 Vgl. (BMVI, Das F-Modell, 2015). 8 Vgl. (BMVI, Das F-Modell, 2015). 6 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 5 besteht die Möglichkeit, dass der Bund Projekte nach dem F-Modell durch die Gewährung einer Anschubfinanzierung zusätzlich fördert. 9 Mit der Warnowquerung (B105 in Rostock) - fertiggestellt im September 2003 - und dem Herrentunnel (B75/B104 in Lübeck) - fertiggestellt im August 2005 - sind die ersten beiden ÖPPModelle in Form des F-Modells umgesetzt worden. 10 Die Projektgesellschaften beider bisher umgesetzter F-Modelle gerieten in wirtschaftliche Probleme, da u.a. die Prognosen der Mauteinnahmen nicht erfüllt werden konnten. Dies führte u.a. dazu, dass vorerst keine weiteren Projekte als F-Modelle umgesetzt wurden. Allerdings steht die Umsetzung weiterer Projekte als F-Modelle 11 in weiterentwickelter Form (z.B. mit höheren Anschubfinanzierungen und evtl. Laufzeitverlängerungen) zur Debatte. Ausbau-Modell (A-Modell) Ähnlich wie beim F-Modell plant, baut, betreibt, erhält und finanziert der Private beim sogenannten Ausbau-Modell (A-Modell) den sechsstreifigen Ausbau einer bestehenden, hochbelasteten Bundesautobahn. 12 In den bisherigen Modellen betrug die Vertragslaufzeit stets 30 Jahre. 13 Das A-Modell wurde durch die Einführung der streckenbezogenen Lkw-Maut in Deutschland im Jahr 2005 möglich. 14 Das Aufkommen aus der Lkw-Maut des jeweiligen Streckenabschnitts wird (in Abhängigkeit der Mautklasse) durch den Bund erhoben und unter Berücksichtigung eines verkehrsmengenbezogenen Vergütungsmechanismus an den Privaten weitergeleitet. Dieser bringt das Leistungsentgelt in die Refinanzierung seiner Investition ein. Neben der laufenden Vergütung, kann unter dem A-Modell ebenfalls eine Anschubfinanzierung durch den Bund gewährt werden. 15 Mit dem sogenannten Einheitsmautmodell wurde der Vergütungsmechanismus des AModells in seiner ursprünglichen Form weiterentwickelt. In Abgrenzung zum verkehrsmengenbezogenen Vergütungsmechanismus entfällt hier die durch verschiedene Mautklassen relativ komplexe Ermittlung der Vergütung zu Gunsten eines Einheitsmautsatzes je Lkw und Streckenkilometer. Dieser Einheitsmautsatz wird im Wettbewerb ermittelt. 16 Verfügbarkeitsmodell (V-Modell) Das Verfügbarkeitsmodell (V-Modell) stellt eine Weiterentwicklung des A-Modells dar. Im Wesentlichen liegt der Unterschied im Vergütungsmechanismus. Dieser ist nicht von der Verkehrsmenge abhängig, sondern von der Verfügbarkeit des Streckenabschnitts und der Qualität der erbrachten Leistung. 17 Der öffentliche und private Partner definieren im Vertrag den Umfang der jährlichen Verfügbarkeit, wobei diese beispielsweise von durch Erhaltungsmaßnahmen bedingte Fahrstreifen- 9 Vgl. (VIFG, F-Modell, 2015). Vgl. (BMVI, Das F-Modell, 2015). 11 Die Projekte A20 Elbquerung und A26 HH-Rübke der 3. ÖPP-Staffel sind Als F-Modelle vorgesehen. 12 Vgl. (BMVI, Das A-Modell (Ausbaumodell), 2015). 13 Vgl. (BMVI, Das A-Modell (Ausbaumodell), 2015). 14 Die Rechtsgrundlage bildet das Autobahnmautgesetz (ABMG) von 2005, abgelöst durch das Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) von 2011. 15 Vgl. (VIFG, A-Modell, 2015). 16 Vgl. (VIFG, A-Modell, 2015). 17 Vgl. (VIFG, A-Modell, 2015). 10 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 6 oder Geschwindigkeitsreduzierungen beeinflusst werden kann. Erfüllt der private Partner die im Vertrag definierte Verfügbarkeit, so erhält er das vereinbarte Verfügbarkeitsentgelt. Überbzw. unterschreitet er die vereinbarte Verfügbarkeit, steigt (Bonus) bzw. sinkt (Malus) das Entgelt. Die Konsequenz aus dem Vergütungsmechanismus ist eine zum A-Modell abweichende Risikoallokation. Während beim A-Modell das Verkehrsmengenrisiko noch vollständig beim Privaten lag, liegt dieses beim V-Modell beim ÖPP-Geber. Mittelbar bleibt das Verkehrsmengenrisiko allerdings in der Gestalt von zusätzlich erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen, die durch unerwartet hohe Verkehrsmengen bedingt sind, bestehen. 18 Beim V-Modell sind neben Neubauprojekten auch reine Erhaltungsprojekte, die keine (Neu-) Bauleistungen beinhalten, möglich. 19 Tabelle 1 fasst die oben skizzierten Modelle sowie die Projektkriterien tabellarisch zusammen. Tabelle 1: Übersicht ÖPP-Geschäftsmodelle Projektlaufzeiten Leistungsumfang Planung Ausführungsplanung Bau Erhaltung Betrieb Finanzierung Vergütungsmechanismus F-Modell (seit 1994) A-Modell (seit 2005) V-Modell (seit 2009) i.d.R. 30 Jahre (u.a. 50 Jahre) bisher 30 Jahre bisher 20-30 Jahre X X X X X X Unmittelbare Nutzerfinanzierung X X X X X X (anteilige) Weiterleitung der Lkw-Maut X X X X X X Verfügbarkeit (verkehrsmengenunabhängig) 2.2 Projekt- und Finanzierungsstruktur Projektstruktur Sämtliche bisher im Bundesfernstraßenbereich umgesetzte ÖPP-Projekte wurden als Projektfinanzierungen ausgestaltet. Unter Projektfinanzierung wird die Finanzierung einer sich selbst tragenden Wirtschaftseinheit, der Projektgesellschaft, verstanden. Zunächst ist die Gründung einer Projektgesellschaft (zumeist GmbH & Co. KG) erforderlich. Die Mitglieder des Bieter- bzw. späteren ÖPPKonsortiums werden Gesellschafter dieser Projektgesellschaft. Dabei werden sämtliche Rechte und Pflichten der Konsortialpartner untereinander im Gesellschaftsvertrag geregelt. Unter anderem werden im Gesellschaftsvertrag das einzubringende Eigenkapital sowie evtl. Nachschusspflichten geregelt. Die Projektgesellschaft - als juristische Person - schließt sämtliche Verträge, die zur Umsetzung des ÖPP-Projektes notwendig sind. Dazu gehören: 20 • 18 ÖPP-Projektvertrag mit dem öffentlichen AG, in dem u.a. die zu erbringende Leistung und der Vergütungsmechanismus definiert sind Vgl. (BMVI, Das V-Modell (Verfügbarkeitsmodell), 2015). Vgl. (VIFG, A-Modell, 2015). 20 Vgl. (Alfen & Weber, 2009), S. 163ff. 19 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich • • • Seite 7 GU-Vertrag, der den Leistungsinhalt bzgl. der Bauaufgabe aus dem ÖPP-Vertrag spiegelt. I.d.R. sind die strategischen Investoren aus dem Konsortium auch in der Bau-ARGE vertreten Betreibervertrag, der mit einer evtl. zu gründenden Gesellschaft für den Betrieb geschlossen wird. Häufig sind die Gesellschafter der Betreibergesellschaft auch deckungsgleich mit den Mitgliedern des Konsortiums Finanzierungsverträge (vgl. Abschnitt Finanzierungsstruktur) Eine schematische Darstellung der Projektorganisation ist in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 1: Projektorganisation Projektfinanzierung Ein weiterer bedeutender Aspekt der Projektfinanzierung ist die Risikoteilung unter den Projektbeteiligten. Im Grunde sollen Risiken von demjenigen getragen werden, der dieses am besten steuern bzw. beherrschen kann. Die tatsächliche Zuordnung von Risiken erfolgt u.a. durch die einzelnen Verträge (s.o.), die durch die Projektgesellschaft geschlossen werden. Des Weiteren müssen Risiken, die zwischen der Projektgesellschaft und dem öffentlichen Auftraggeber verteilt werden, berücksichtigt werden (vgl. Abbildung 5). 21 Finanzierungsstruktur Grundsätzlich muss das benötigte Kapital für die Bauinvestition durch das Konsortium bereitgestellt werden. Das Finanzierungsvolumen wird dabei grundsätzlich durch eine evtl. gewährte Anschubfinanzierung durch den öffentlichen AG reduziert. Bei sämtlichen bisher umgesetzten Projekten erfolgte die Bereitstellung von Eigenkapital durch die Mitglieder des Konsortiums (i.d.R. in Abhängigkeit der Anteile an der Gesellschaft). Der Großteil der Investition (bis zu 90 %) wurde allerdings über Fremdkapital finanziert. Bei den bisherigen Projekten handelte es sich dabei – mit Ausnahme der A7 22 – stets um Kreditfinanzierungen. Die Refinanzierung des Eigen- und Fremdkapitals erfolgt durch die Vergütung in Abhängigkeit des Geschäftsmodells (vgl. 2.1). 21 22 Vgl. (Alfen & Weber, 2009), S. 165f. Bei der A7 wurde im Rahmen der Projektanleiheninitiative der Europäischen Investitionsbank (EIB) erstmals ein Projekt in Deutschland durch die Ausgabe von Projektanleihen finanziert. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Tabelle 2: Anschubfinanzierungen der umgesetzten ÖPP-Projekte 2. ÖPPStaffel 1. ÖPPStaffel Standort A8 Augsburg - München A4 Umfahrung Hörselberge A1 Bremen - Hamburg A5 Malsch - Offenburg A8 Ulm - Augsburg A9 Lederhose - Landesgrenze TH/BY A7 Hamburg - Bordesholm A94 Forstinning - Marktl Seite 8 23 Geschätzte Baukosten (in Mio. €) Anschubfinanzierung (in Mio. €) Anschubfinanzierung (in % der Baukosten) 250 200 540 350 n/a 140 735 400 6,4 9,6 keine keine 89,3 105 285 215 2,6 4,8 n/a n/a n/a 75,0 38,8 53,8 Für die bisher umgesetzten Projekte wurden unterschiedlich hohe Anschubfinanzierungen gewährt. Tabelle 2 stellt die bisher gewährten Anschubfinanzierungen den geschätzten Baukosten gegenüber. Dabei wird deutlich, dass sich die Anschubfinanzierungen von der 1. zur 2. ÖPP-Staffel deutlich von unter 5 % auf etwa 50 % erhöht haben. Folglich wurde auch das durch die Konsortien zu finanzierende Volumen bei den Projekten der 2. Staffel deutlich reduziert. Neben der Bereitstellung von Kapital hat die Finanzierungsstruktur v.a. ökonomische Funktionen, die unmittelbar auf die Anreizstrukturen der Projektbeteiligten, insbesondere das Konsortium, wirken. Diese beinhalten 24: • • Sanktionsmechanismen, z.B. durch die unmittelbare Abhängigkeit des Vergütungsmechanismus am Erfolg der Projektgesellschaft Information und Transparenz durch enges Controlling und Berichtswesen durch den Kapitalgeber Aufgrund der Refinanzierungslast des privaten Partners stehen besondere Anreize, das Projekt eng zu steuern und eine möglichst effiziente Bereitstellung der Leistung zu gewährleisten. Diese enge Kontrolle ist vor allem in der mit hohen Risiken behafteten Planungs- und Bauphase von Bedeutung (Vgl. 3.1). In der Betriebsphase fallen deutlich geringere Risiken an. 2.3 Übersicht ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbereich Nach den beiden F-Modellen in Lübeck und Rostock sind bisher vier Projekte im Rahmen der 1. (Pilot-) Staffel nach dem A-Modell realisiert worden. Die ÖPP-Projekte der 1. Staffel stehen bereits unter Verkehr. Wie Tabelle 3 entnommen werden kann, haben die vergebenen Vertragsstrecken der 1. Staffel eine Länge von durchschnittlich 60 km. Beim Leistungsumfang sind entsprechend des A-Modells sämtliche Leistungsbereiche (Planung, Bau, Erhaltung, Betrieb, Finanzierung) an die Konsortialpartner übertragen worden. 23 24 Vgl. Steckbriefe des BMVI/VIFG Vgl. (Böger, 2010), S. 88ff. 25 unter Verkehr (Fertigstellung: 09.12.2010) unter Verkehr (Fertigstellung: unter Verkehr (Fertigstellung: 11.10.2012) unter Verkehr (Fertigstellung: A4 Umfahrung Hörselberge A1 Bremen Hamburg A5 Malsch Offenburg Status A8 Augsburg München Standort Vgl. Steckbriefe des BMVI/VIFG 01.04.2009 (30 Jahre) 16.08.2008 (30 Jahre) 16.10.2007 (30 Jahre) 01.05.2007 (30 Jahre) (Laufzeit) Vertragsbeginn 59,8 km (Vertrag) 59,8 km (Erhaltung & Betrieb) 72,5 km (Vertrag) 65,5 km (Erhaltung & Betrieb) 44,4 km (Vertrag) 44,4 km (Erhaltung & Betrieb) 52 km (Vertrag) 52 km (Erhaltung & Betrieb) Erhaltung und Betrieb Vertragsstrecke/ 42 km 73 km 25 km 37 km Neu-/ Ausbau 350 Mio. € 540 Mio. € 200 Mio. € 250 Mio. € Bauvolumen Modell Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG Neu-,Aus- und Rückbau, Erhaltung, Betrieb, antei- (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung A- Modell Vinci Concessions Meridiam Infrastructure Strabag Bilfinger* John Laing Infrastructure Johann Bunte Hochtief PPP Solutions * Vinci Concessions Meridiam Infrastructure BAM PPP Bau Egis Investment Partners Fluor Infrastructure Berger Bau Konsortium *inzwischen aus dem Konsortium ausgeschieden Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG A1 mobil GmbH & Co. KG autobahnplus A 8 GmbH (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau (inkl. Grunderwerb), Betrieb, Erhaltung, Projekt-finanzierung Projektgesellschaft Leistungsumfang Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Tabelle 3: Übersicht 1. ÖPP-Staffel 25 Seite 9 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 10 Im Rahmen der zweiten Staffel von ÖPP-Projekten wurden sämtliche Leistungsbereiche an die privaten Konsortien übertragen. Mit Ausnahme des Projektes A8 II Ulm-Augsburg, welches als A-Modell mit Einheitsmaut umgesetzt wurde, sind sämtliche Projekte der 2. Staffel als V-Modelle ausgestaltet. Wie Tabelle 4 entnommen werden kann, haben die bisher vergebenen Projekte ebenfalls eine durchschnittliche Vertragsstreckenlänge von ca. 60 km. Das Projekt A9 wurde als einziges über eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren vergeben. Zwei der Projekte stehen bereits unter Verkehr (A8 II Ulm-Augsburg und A9 LederhoseLandesgrenze Thüringen/Bayern). Zwei weitere befinden sich derzeit im Bau (A7 HHBordesholm) bzw. sind vergeben worden (A94 Forstinning-Marktl). Des Weiteren befinden sich zwei Projekte in der Vergabe (A7 Salzgitter-Göttingen und A6 Wiesloch/RauenbergWeinsberg). 26 (Laufzeit) Vertragsbeginn unter Verkehr (Fertigstellung: 05.09.2014) in Bau (Vertragstermin Fertigstellung: 28.12.2018) Vergeben (Baubeginn: Februar 2016) A7 Hamburg - Bordesholm Vgl. Steckbriefe des BMVI/VIFG A94 Forstinning Marktl 01.02.2016 (30 Jahre) 01.09.2014 (30 Jahre) 01.10.2011 (20 Jahre) Unter Verkehr 01.06.2011 (Fertigstel(30 Jahre) lung: 28.09.2015) Status A9 Lederhose Landesgrenze TH/BY A8 Ulm - Augsburg Standort 77 km (Vertrag) 77 km (Erhaltung & Betrieb) 65 km (Vertrag) 59 km (Erhaltung & Betrieb) 46,5 km (Vertrag) 46,5 km (Erhaltung & Betrieb) 58 km (Vertrag) 58 km (Erhaltung & Betrieb) Erhaltung und Betrieb Vertragsstrecke/ 33 km 65 km 19 km 41 km Neu-/ Ausbau A-Modell (Einheitsmaut) Modell (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung 735 Mio. € 400 Mio. € (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung Leistungsumfang 140 Mio. € Bauvolumen Isentalautobahn GmbH & Co. KG Via Solutions Nord GmbH & Co. KG Via Gateway Thüringen GmbH & Co. KG Pansuevia GmbH & Co. KG Projektgesellschaft BAM PPP Effiage Concessions Berger Bau Hochtief PPP Solutions DIF KEMNA Bau VINCI Concessions BAM PPP Hochtief PPP Solutions Strabag Konsortium Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich V-Modell Seite 11 Tabelle 4: Übersicht vergebene und in der Umsetzung befindliche Projekte 2. ÖPP-Staffel 26 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 12 Die übrigen Projekte der 2. Staffel befinden sich derzeit noch in der Vorbereitung. Einzig bei den Projekten A7 Salzgitter-Göttingen und A6 Wiesloch/Rauenberg-Weinsberg läuft bereits das Vergabeverfahren, sodass zumindest eine Aussage über die Länge der Vertragsstrecken getroffen werden kann. Für die weiteren Projekte der 2. ÖPP-Staffel sind die Vertragsstrecken noch nicht abschließend definiert worden (Vgl. Tabelle 5). Tabelle 5: Übersicht 2. ÖPP-Staffel (in Vorbereitung) Standort A7 Salzgitter - Göttingen A6 Wiesloch/ Rauenberg - Weinsberg A1/A30 Lotte/ Osnabrück - Münster A61 Worms - Speyer A44 Kassel/ Süd - Diemelstadt 27 Status Vertragsstr ecke Neu-/ Ausbau Modell Vergabeverfahren läuft Vergabeverfahren läuft Vertragsstrecke noch nicht definiert Vertragsstrecke noch nicht definiert Vertragsstrecke noch nicht definiert 72 km 29 km V-Modell 47 km 26 km V-Modell vorauss. 90 km vorauss. 30 km vorauss. 45 km Leistungsumfang V-Modell Insgesamt befinden sich derzeit also acht ÖPP-Projekte (inkl. A94) in der Umsetzung. Am 26. Mai 2015 wurden im Rahmen des „Zukunftsforum Infrastruktur“ in Berlin die ÖPPProjekte der „Neuen Generation“ bzw. 3. ÖPP-Staffel vorgestellt. Bei einem der Projekte (10/A24 Neuruppin-Pankow) wurde das Vergabeverfahren bereits gestartet. Alle anderen Projekte der „Neuen Generation“ befinden sich noch in Vorbereitung. Wie Tabelle 6 zu entnehmen ist, sind die Vertragsstrecken noch nicht abschließend definiert. Die Angaben der Vertragsstrecken beruhen aus diesem Grund auf Angaben aus dem Entwurf des Haushaltsplans 2016. Tabelle 6: Übersicht 3. ÖPP-Staffel Standort A6 Weinsberg - Feuchtwangen/Crailsheim A3 Biebelried - Fürth/Erlangen A8 Rosenheim - Bundesgrenze D/A A10/A24 Neuruppin - Pankow E 233 Meppen - Cloppenburg A26 Hamburg – Rübke (Hafenquerspange) A 57 Köln/ Nord - Moers A 20 Elbquerung A 4 Gotha - Landesgrenze TH/S B 247 Bad Langensalza - A 38 A 49 Kassel/ West - Anschluss A 49 Status Konzessions- bzw. Vertragsstrecke in Vorbereitung in Vorbereitung (Vergabeverfahren 1. HJ 2016) in Vorbereitung Vergabeverfahren läuft in Vorbereitung in Vorbereitung vorauss. 70 km vorauss. 79 km Anmerkungen vorauss. 35 km 74 km (Vertrag) vorauss. 90 km vorauss. 25 km (Konzession) vorauss. F-Modell in Vorbereitung in Vorbereitung in Vorbereitung (Vergabeverfahren Mitte 2016) in Vorbereitung in Vorbereitung vorauss. 8 km (Konzession) vorauss. 122 km vorauss. F-Modell vorauss. reines Erhaltungsprojekt vorauss. 70 km vorauss. 40 km Bei Betrachtung der bisherigen Konsortialpartner (Vgl. Tabelle 3 und Tabelle 4), der sich in Umsetzung befindlichen acht ÖPP-Projekte, wird deutlich, dass vornehmlich Großunterneh- 27 Vgl. Haushaltsplanung 2016 (Stand 07/2015). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 13 men in den Konsortien vertreten sind. Zu den Unternehmen, die in mehreren Konsortien vertreten sind (bzw. waren), gehören: • • • Hochtief BAM Vinci. Darüber hinaus treten weitere Großunternehmen (z.B. Strabag) sowie Finanzinvestoren (z.B. Meridiam und John Laing) als Konsortialpartner auf. Große Mittelständler, z.B. Johann Bunte und KEMNA, sind mit relativ geringen Anteilen (Bunte mit 15 % bei der A1 und KEMNA mit 11 % bei der A7) 28 in den Konsortien vertreten. Allerdings sind sowohl Bunte als auch KEMNA mit Jahresumsätzen von ca. 475 Mio. € (2013) bzw. ca. 420 Mio. € (2014) 29 weit von gängigen Mittelstandsdefinitionen, z.B. der EU-Kommission 30, entfernt. Für kleinere als die o.g. Unternehmen (etwa Unternehmen, die im Rahmen der gängigen Mittelstandsdefinitionen liegen) scheint das ÖPP-Grundmodell hingegen nicht bzw. nur schwer umsetzbar. Dies kann u.a. durch die bisher fehlende Beteiligung verdeutlicht werden. Auf die Gründe wird in Kapitel 4 näher eingegangen. Aus den Daten der bisher umgesetzten ÖPP-Projekte lässt sich anhand der Projektkriterien das durchschnittliche ÖPP-Projekt definieren. Die Parameter können der nachfolgenden Tabelle 7 entnommen werden. Tabelle 7: Projektparameter eines durchschnittlichen ÖPP-Projekts Projekt/ Modell Geschätzte Baukosten V-Modell ca. 350 Mio. € Vertragslaufzeit 30 Jahre Vertragsstrecke/ Erhaltung und Betrieb Neu-/ Ausbau Leistungsumfang Ca. 60 km (Vertrag) ca. 60 km (Erhaltung & Betrieb) Ca. 40 km (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, (anteilige) Projektfinanzierung Konsortium Finanzinvestor Strat. Investoren (Großunternehmen), ggf. sog. Mittelstand 2.4 Die Struktur des ÖPP-Marktes im Bundesfernstraßenbau – Aktuelle Situation Für die Untersuchung ist es notwendig, den relevanten Markt (Untersuchungsgebiet) zu definieren und die derzeitige Relevanz von ÖPP in diesem Markt herauszustellen. Dazu wird zunächst die aktuelle Situation betrachtet. Einerseits wird die Betrachtung auf Basis von bisher vergebenen Streckenlängen erfolgen. Anderseits wird eine monetäre Betrachtung auf Basis zweckgebundener Ausgaben des Bundeshaushalts vorgenommen. In einem späteren Schritt wird die zukünftige Entwicklung im Rahmen des Ausblicks (vgl. Abschnitt 2.5) prognostiziert und die damit einhergehende mögliche Ausweitung des relevanten Marktes diskutiert. 28 Vgl. (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften und Mittelstand, 2015). Umsätze sind den Konzernabschlüssen aus dem Bundesanzeiger entnommen. 30 Gem. der EU-Kommission gilt eine branchenunabhängige Definition u.a. auf Basis des Jahresumsatzes von bis 50 Mio. €. 29 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 14 Betrachtung nach Streckenlänge Die bereits realisierten bzw. sich in Umsetzung befindlichen acht ÖPP-Projekte umfassen bisher ausschließlich Projekte im Bereich der Bundesautobahnen. Für Projekte, die sich aktuell in Vorbereitung befinden (insb. 2. ÖPP-Staffel), gilt diese Annahme lediglich mit Einschränkungen der Projekte B247 und E233. Folglich ist der für die Untersuchung relevante Markt entsprechend abzugrenzen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass für die aktuelle Situation nicht der gesamte Markt für Bundesfernstraßen zu betrachten ist, sondern lediglich der „Teilmarkt Bundesautobahnen“. Die Vertragsstrecken für ÖPP werden regelmäßig über einen Zeitraum von 30 Jahren an ein privates Konsortium mit den Leistungsbereichen (zumeist (Aus-)Bau, Erhaltung und Betrieb, (anteilige) Finanzierung) vergeben. Im Vergleich zur konventionellen Beschaffung werden zumindest die Leistungsbereiche Bau und Erhaltung (unter der Annahme, dass für den Betrieb kein echter Markt existiert, da sonst durch die Straßenmeistereien der Länder erbracht) dem Markt für öffentliche Ausschreibungen „entzogen“. Während der Vertragslaufzeit stehen diese Leistungen lediglich im privatwirtschaftlichen Markt zur Verfügung, wenn das Konsortium eine Vergabe durchführt. Während durch die Vergabe der ÖPP-Pilotprojekte in den Jahren 2007 bis 2009 noch 229 km von insgesamt 12.949 BAB-km (also 1,8 % des BAB-Netzes) durch private Konsortien betrieben wurden, wird durch die vollständige Umsetzung der 2. Staffel (erstes Projekt A8 II in 2011) ein weiterer Anteil von 4 % hinzukommen. Nach Umsetzung der 3. ÖPP-Staffel wären insgesamt 10,8 % des Streckennetzes für die Vertragsdauern nicht mehr für den „Teilmarkt Bundesautobahnen“ relevant. Tabelle 8 und Abbildung 2 fassen diese Entwicklung zusammen. Tabelle 8: Anteile von ÖPP-Vertragsstrecken am BAB-Netz Vertragsstrecke Anteil am BAB-Netz 229 km 515 km 1,8 % 4,0 % 658 km 5,1 % 1.401 km 10,8 % ca. 470 km 12.949 km ca. 3,6 % 1. Staffel (Pilotprojekte) 2. Staffel (teilw. in Vorbereitung) 3. Staffel (in Vorbereitung) Summe Aktueller Stand (12/2015) BAB-Netz (Stand 2015) 31 Inzwischen sind insgesamt ca. 470 km aus der 1. und 2. ÖPP-Staffel vergeben (zuletzt A94: Forstinning-Marktl) worden. Das entspricht einem Anteil von ca. 3,6 % des gesamten BABNetzes. 31 Vgl. Haushaltsplanung 2016 (Stand 07/2015). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich 1600 km Seite 15 10,8% 10% 1400 km 1200 km 8% 1000 km 800 km 5,7% 600 km 4,0% 6% 5,1% 4% 470 km 3,6% 400 km 2% 1,8% 200 km 0 km 0% 1. Staffel 2. Staffel 3. Staffel ÖPP-Vertragsstecken ÖPP-Vertragsstrecken (kumuliert) in % am BAB Netz in % am BAB Netz (Kumuliert) Abbildung 2: Anteile von ÖPP-Vertragsstrecken am BAB-Netz Monetäre Betrachtung Neben der Betrachtung des Marktes auf Basis von Vertragsstrecken, lässt sich eine monetäre Betrachtung durchführen. Da der Bund alleiniger Nachfrager von Leistungen im Markt für Bundesfernstraßen ist, lassen sich durch die Analyse der Bundeshaushalte die potentiellen Marktvolumina der für die Untersuchung relevanten Märkte ableiten. Als relevant wurden Haushaltspositionen aus dem Einzelplan 12 Kapitel 09 und 10 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erachtet. Innerhalb dieser Kapitel wurden mit wenigen Ausnahmen die investiven Ausgaben (bzw. Baumaßnahmen mit den Titeln beginnend mit 7 und 8) aus den Titelgruppen „Nutzerfinanzierter Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen“ (Kap. 1209) sowie „Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen“ (Kap. 1210) bestimmt. Tabelle 9 stellt diese als relevant erachteten investiven Ausgaben in aggregierter Form zusammen. Eine detaillierte Auflistung der verwendeten Haushaltspositionen kann dem Anhang entnommen werden. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 16 Tabelle 9: Berücksichtigte Haushaltspositionen zur Berechnung der Investitionen in die BFStr bzw. BAB Haushaltspositionen Einzelplan 12: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Bedarfsplanmaßnahmen Erhaltung Um-, Ausbau und Lärmschutz Bau und Erhalt von Verkehrseinrichtungen Bau von Radwegen (nur Bundesstraßen) Hochbauten Erwerbsanteile im Rahmen von ÖPP-Projekten Erwerb privat vorfinanzierter BFStr-Abschnitte Grunderwerb Erwerb von Kraftfahrzeugen, Geräten, Maschinen Sonstige 32 Bei der Berechnung der relativen ÖPP-Anteile ist auch der Betriebsdienst 33 zu berücksichtigen. Obwohl der Betriebsdienst in der konventionellen Beschaffung i.d.R. keine Marktrelevanz besitzt, muss diese Position dennoch in der Untersuchung berücksichtigt werden. Dies liegt darin begründet, dass die in den Haushaltsplänen ausgewiesenen ÖPP-Anteile ebenfalls eine Vergütungskomponente für den Betrieb beinhalten (Vgl. Drucksache 18/5500 des Dt. Bundestags). Gemäß den Erläuterungen des Haushaltsplans enthalten die ÖPP-Anteile: • • • Betreiberentgelte für die Vertragsstrecken Erforderliche Anschubfinanzierungen Sonstige Ausgaben im Zusammenhang mit ÖPP-Projekten (z.B. Vertragsstrafen). In Tabelle 10 sind die Ausgaben für ÖPP, Investitionen und Betrieb für die Jahre 2012 bis 2014 als Ist-Zahlen aus den Bundeshaushalten dargestellt. Die „Soll-Zahlen“ für 2015 (Soll) und 2016 (veranschlagt) entstammen dem Entwurf des Haushaltsplans 2016. 34 Die Zusammenstellung für die Ausgaben des Bundes für die BFStr kann dem Anhang entnommen werden. Tabelle 10: Ausgaben des Bundes für die BAB (in T€) 2012 2013 2014 2015 (Soll) 2016 (Soll) 32 Betrieb Investition Summe ÖPP-Anteil ÖPP-Anteil in % 526.493 580.205 528.150 520.000 549.000 2.993.770 2.658.172 3.409.330 3.258.164 3.754.301 3.460.263 3.238.377 3.937.480 3.778.164 4.303.301 176.000 182.000 164.000 135.000 380.000 5,1 5,6 4,2 3,6 8,8 Zuweisungen an kommunale Baulastträger, Privatstraßen des Bundes, Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz 33 Haushaltstitel 521 11/21 34 Vgl. Drucksache 18/5500 des Dt. Bundestags Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 17 Erläuterung der Entwicklung Die relativ hohen ÖPP-Anteile in den Jahren 2012 (5,1 %) und 2013 (5,6 %) sind in erster Linie auf die ausgezahlten Anschubfinanzierungen der ersten beiden Projekte aus der 2. ÖPP-Staffel (A8 II und A9) zurückzuführen. Der enorme Zuwachs der veranschlagten ÖPP-Anteile in 2016 (8,8 %) rührt aus der anteiligen Auszahlung von Anschubfinanzierungen für die Projekte: • • • A7: Hamburg – Bordesholm A94: Forstinning - Marktl A7: Salzgitter-Göttingen aus der 2. ÖPP-Staffel. Abbildung 3 stellt die oben beschriebene Entwicklung der ÖPP-Anteile am Haushalt grafisch dar und stellt diese dem relevanten Haushalt für BAB, aber auch BFStr, gegenüber. Danach beläuft sich der zweckgebundene Anteil des Bundeshaushalts von BAB auf 8,8 %. Der Anteil des Bundeshaushalts in Bezug auf die BFStr beläuft sich hingegen auf 5,7 %. Abbildung 3: Belastung des Bundeshaushalts durch ÖPP bei BFStr und BAB (in T€) Mit Hinblick auf die Projekt-Pipeline (Vgl. 2.3 Übersicht ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbereich) – verbleibende Projekte der 2. ÖPP-Staffel sowie die gesamte 3. Staffel – lässt sich für die nächsten 5 Jahre mit steigenden ÖPP-Anteilen im Bundeshaushalt rechnen. 2.5 Zukünftige Entwicklungen der Zweckbindung im Bundeshaushalt durch ÖPP Projekte im Bundesfernstraßenbereich 2.5.1 Prognose der monetären Zweckbindung des Bundeshaushalts durch ÖPP Projekte im Jahr 2030 Im Rahmen der Prognose werden neben den sich bereits in Umsetzung befindlichen Projekten der 1. und 2. ÖPP-Staffel, die Projekte der 3. ÖPP Staffel berücksichtigt. Von insgesamt Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 18 fünf Projekten der 3. Staffel liegen bereits Schätzungen der Gesamtausgaben vor, die in den Entwurf des Haushaltsplans 2016 aufgenommen worden sind. Zwei Projekte der 3. Staffel sind als F-Modelle vorgesehen (A20 und A26). Da bei F-Modellen keine laufenden Betreibervergütungen 35 anfallen, werden diese beiden Projekte in der Prognose nicht weiter berücksichtigt. Grundsätzlich setzt die Prognose ab dem Jahr 2017 ein. Sämtliche Ist-Ausgaben bis 2014 sowie die prognostizierten Soll- (2015) bzw. veranschlagten (2016) Zahlungen für die ÖPPProjekte wurden aus den Haushaltsplänen der Jahre 2009 bis 2015 und dem aktuellen Haushaltsentwurf für 2016 übernommen. Bis zum ersten Prognosejahr 2017 (einschließlich dem Haushaltsjahr 2016) ergeben sich die bisherigen projektspezifischen Ausgaben für die Projekte der 1. und 2. Staffel wie in Tabelle 11 dargelegt. Tabelle 11:Haushaltsbelastungen durch ÖPP (in Mio. €) 2. ÖPP Staffel 1. ÖPP Staffel Projekt 35 2007 A8 Augsburg – München A4 Umfahrung Hörselberge A1 Bremen – Hamburg A5 Maisch – Offenburg A8 Ulm - Augsburg A9 Lederhose Landesgrenze TH/BY A7 Hamburg - Bordesholm A94 Forstinning - Marktl A7 Salzgitter - Göttingen 10 1 Summe 11 2008 -1 14 3 16 2009 46 28 19 15 108 2010 22 18 26 6 72 2011 20 17 19 12 33 1 102 2012 27 16 33 13 46 41 176 36 2013 24 16 27 10 47 58 182 2014 2015 2016 (Soll) (ver.) 24 18 29 20 48 22 25 16 27 16 26 12 26 17 29 17 28 12 3 13 137 56 58 164 135 380 Bei F-Modellen fallen Anschubfinanzierungen an, die im Haushalt als ÖPP-Anteile erfasst werden. Diese fallen allerdings während der Bauzeit an und sind somit voraussichtlich für den Betrachtungszeitpunkt 2030 nicht relevant. 36 Vgl. Bundeshaushalte 2009-2016 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 19 Beschreibung der Methodik Zur Verdeutlichung der weiteren Entwicklung von ÖPP wird das Jahr 2030 betrachtet. Der Betrachtungszeitpunkt erscheint sinnvoll, da im Jahre 2030 sämtliche derzeit laufenden Projekte sich noch im Betrieb befinden und die derzeit vorbereiteten Projekte voraussichtlich bereits in Betrieb sein werden. Diese Betrachtungsweise erlaubt es, trotz der hohen Unsicherheit, eine Prognose für die Entwicklung der absoluten ÖPP-Anteile unter Berücksichtigung aller bisherigen und zukünftigen ÖPP-Projekte abzugeben. Wie die einzelnen Projekte in der Prognose berücksichtigt werden, wird im Folgenden näher erläutert. Die Projekte der 1. Staffel stehen inzwischen allesamt unter Verkehr. Vereinbarte Anschubfinanzierungen sind bei diesen ersten Projekten bereits ausgezahlt und müssen deshalb auch nicht in der Prognose berücksichtigt werden. Aus dem aktuellen Haushaltsentwurf für 2016 lassen sich die eingestellten Gesamtausgaben für die Folgejahre ab 2017 ablesen. Zur Prognose werden diese Ausgaben unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit des jeweiligen Projektes verteilt. Die gleiche Systematik gilt für die ersten beiden Projekte der 2. Staffel (A8 II und A9), die ebenfalls bereits unter Verkehr stehen. Für die Projekte A7 HH-Bordesholm und A94 Forstinning-Marktl, die bereits vergeben worden sind, stehen die Anschubfinanzierungen und die voraussichtlichen Bauzeiten bereits fest. Darüber hinaus sind bereits Teile der Anschubfinanzierungen im Haushaltsentwurf 2016 hinterlegt (vgl. Tabelle 11). Die verbleibenden Anschubfinanzierungen werden gleichmäßig über die voraussichtlichen Bauzeiten verteilt. In der Realität werden die Tranchen der Anschubfinanzierungen in Abhängigkeit von erreichten Meilensteinen ausgezahlt. Da die zeitliche Verteilung über die Bauzeit projektspezifisch sehr unterschiedlich ausfallen kann, erscheint die gleichmäßige Verteilung als die bestmöglich zu treffende Annahme. Die verbleibenden Gesamtausgaben werden ab Ende der Bauzeit unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt. Für die verbleibenden Projekte der 2. Staffel bestehen noch keine Informationen bezüglich der Höhe der Anschubfinanzierungen. Aus diesem Grund werden diese auf Basis der bereits gewährten Anschubfinanzierungen der V-Modelle aus der 2. Staffel (ausgenommen dem Projekt A8 II, welches ein A-Modell mit Einheitsmaut ist) angenommen. Im Verhältnis zu den im Haushaltsentwurf 2016 eingestellten Gesamtausgaben wurden bei den bisherigen VModellen (A9, A7 HH-Bordesholm und A94) Anschubfinanzierungen von durchschnittlich 22 % auf die Gesamtausgaben gewährt. Da Anschubfinanzierungen grundsätzlich in Relation zu den Baukosten gewährt werden, diese Daten aber für die kommenden Projekte nicht zur Verfügung stehen, wird für die folgenden Projekte eine Anschubfinanzierung von 20 % der veranschlagten Gesamtausgaben zugrunde gelegt. Die verbleibenden Gesamtausgaben werden für die verbleibende Vertragslaufzeit wie bei den übrigen Projekten unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt. Die Restlaufzeit wird – soweit sie nicht weiter bekannt ist – einheitlich mit 26 Jahren angesetzt. Die 26 Jahre ergeben sich aus der Vertragslaufzeit von 30 Jahren abzüglich einer angenommenen Bauzeit von 4 Jahren. Rechenbeispiele können dem Anhang entnommen werden. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 20 2.5.2 Ergebnisse der Prognose Durch die Umsetzung der verbleibenden Staffeln von ÖPP-Projekten ergibt sich unter Anwendung der oben beschriebenen Methodik für den Betrachtungszeitpunkt 2030 eine Haushaltsbelastung für ÖPP von ca. 750 Mio. € (vgl. Anhang: Tabelle 26). In Bezug auf die für 2016 veranschlagten Gesamtausgaben für die BFStr ergäbe sich ein ÖPP-Anteil von ca. 10 %. In Bezug auf die Gesamtausgaben für die BAB ergäbe sich ein Anteil von 15-20 % (vgl. Tabelle 12). 37 Tabelle 12: Ausgaben des Bundes für die BFStr und BAB in 2016 und 2030 (in Mio. €) 2016E ÖPP-Anteil (2030) ÖPP (in %) 2030 ÖPP-Anteil (2030) ÖPP (in %) BAB 4.303,3 ca. 750 ca. 17 % 5.700 ca. 750 ca. 13 % BFStr 6.663,6 ca. 750 ca. 11 % 8.800 ca. 750 ca. 8 % Neben den ÖPP-Anteilen sind allerdings auch die voraussichtlich steigenden Gesamtausgaben des Bundes zu berücksichtigen. Unterstellt man für 2030 Gesamtausgaben des Bundes für die BFStr in Höhe von ca. 8,8 Mrd. € 38. ergäben sich Gesamtausgaben des Bundes für die BAB in Höhe von ca. 5,7 Mrd. € 39 (vgl. Tabelle 12; Anhang: Abbildung 13). In Bezug auf die prognostizierte Haushaltsentwicklung ergäben sich relative ÖPP-Anteile von unter 10 % für BFStr bzw. 10-15 % für BAB. 40 Diese Entwicklung ist in Abbildung 4 grafisch dargestellt. Abbildung 4: Prognose der ÖPP-Anteile Im Jahre 2030 (in T€) 37 Die berechneten Werte betragen ca. 11 % für BAB bzw. ca. 17 % für BFStr. Es wird eine jährliche Steigerungsrate von 2 % berücksichtigt. 39 5,7 Mrd. € ergeben sich unter der Annahme, dass die Verteilung der Gesamtausgaben zwischen BAB und Bundestraßen konstant bei ca. 65 % bleibt. 40 Die berechneten Werte betragen ca. 8 % für BAB bzw. ca. 13 % für BFStr. 38 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 21 Unter der Annahme, dass der Haushalt für die BFStr nicht wachsen wird und bei ausschließlicher Betrachtung der Ausgaben für die BAB, ergibt sich im Jahr 2030 eine prognostizierte Haushaltsbelastung bzw. -Zweckbindung von ca. 17 %. Auch wenn unter Berücksichtigung der derzeitig geplanten ÖPP-Projekte die konventionelle Beschaffung immer noch die überwiegende Beschaffungsform bleiben wird, werden dem für mittelständische Unternehmen relevanten Markt im Bereich der Bundesautobahnen in diesem Maße öffentliche Ausschreibungen „entzogen“ (siehe Kapitel 4 und 5). 2.6 Zwischenfazit Angefangen bei den ersten F-Modellen, wurden sämtliche ÖPP-Projekte im BFStr-Bereich in Form einer Projektfinanzierung umgesetzt. ÖPP-Projekte erlauben es der öffentlichen Hand,. Risiken auf den Konzessionär zu übertragen. Darüber hinaus werden durch die Finanzierungsstruktur ökonomische Funktionen erzeugt, die u.a. für eine enge Steuerung und eine intensive Kontrolle der Projekte durch den Fremdkapitalgeber sorgen. Inzwischen sind acht ÖPP-Projekte (A- und V-Modelle) umgesetzt worden. Mit der Zeit hat sich das V-Modell als das ÖPP-Grundmodell etabliert. Dies kann durch die Dominanz des VModells in den neueren Ausschreibungen verdeutlicht werden. Das „durchschnittliche ÖPP Projekt“ hat die folgenden Projektparameter: • • • • • Vertragslaufzeit: 30 Jahre Durchschnittliche Baukosten: ca. 350 Mio. € Vertragsstrecke: ca. 60 km Ausbaustrecke: ca. 40 km Leistungsumfang: Bau, Erhaltung, Betrieb, Projektfinanzierung Während sich das ÖPP-Grundmodell als vorteilhaft für die öffentliche Hand herausstellt, zeichnet sich auf der Angebotsseite bei den Unternehmen ein differenzierteres Bild. In den ÖPP-Konsortien befinden sich neben strategischen Investoren (z.B. Hochtief, Vinci und BAM) i.d.R. auch Finanzinvestoren. Vereinzelnd sind sogenannte „Mittelständler“ Teil der Konsortien. Diese „Mittelständler“ liegen allerdings fernab von gängigen Mittelstandsdefinitionen. Für vergleichsweise kleinere Unternehmen (etwa Unternehmen, die im Rahmen der gängigen Mittelstandsdefinitionen liegen 41) scheint das ÖPP-Grundmodell hingegen nicht bzw. nur schwer umsetzbar. Aktuell gibt es ÖPP-Projekte ausschließlich auf BAB. In Bezug zum BAB-Netz haben die acht Projekte einen Streckenanteil von 3,6 % (ca. 470 von 12.949 km). In der monetären Bewertung auf Basis der Haushaltszahlen ergibt sich für 2016 (veranschlagt) ein Anteil an den Ausgaben für BAB von ca. 8,8 %. Langfristig ist eine Ausweitung von ÖPP-Projekten zu erwarten. Nach der Umsetzung der derzeitig geplanten drei ÖPP-Staffeln wird der für ÖPP zweckgebundene Anteil für Bundesautobahnen im Bundeshaushalt im Jahre 2030 voraussichtlich bis zu 20 %betragen. Bei steigendem Gesamtbudget würde der Anteil bei bis zu 15 % liegen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass ÖPP unter Zugrundlegung der derzeitigen Projekt-Pipeline zwar nicht die bevorzugte Beschaffungsform sein wird. Die konventionelle Beschaffungsform wird weiterhin die 41 Vgl. Kapitel 4. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 22 tragende Rolle in der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen im Bundesfernstraßenbereich spielen. Allerdings werden dem für mittelständische Unternehmen relevanten Markt in diesem Maße öffentliche Ausschreibungen „entzogen“. Dies könnte eine Veränderung des Wettbewerbs zur Folge haben. Die mit den Projekten der 2. und 3. Staffel gefüllte Projekt-Pipeline lässt die Annahme zu, dass sich die Beschaffungsvariante ÖPP analog zum Hochbau auch im Bereich der Straße weiterentwickeln und künftig als Marktsegment etablieren wird. Neben der weiteren Ausweitung im Bereich der Bundesautobahnen ist zukünftig eine Ausweitung auf Bundesstraßen (z.B. über die Projekte B247 und E233 hinaus) denkbar. Dies hätte mittelfristig eine Ausweitung des ursprünglichen Untersuchungsgebiets auf die gesamten Bundesfernstraßen zur Folge. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 23 3 Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich 3.1 Ziele des öffentlichen AGs mit ÖPP Die Ziele von ÖPP aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers (BMVI), die mit der Umsetzung von ÖPP verfolgt werden sollen, sind durch das BMVI formuliert worden. Aus der öffentlichen Diskussion aufgeworfene weitere Ziele, die vom öffentlichen Auftraggeber auch mit ÖPP verfolgt werden könnten, werden ebenfalls vorgestellt. Übergeordnete Ziele des BMVI, welche unabhängig vom Verkehrsträger gelten, sind u.a. die Verkehrssicherheit und die Verfügbarkeit. Die wesentlichen Gründe für die Umsetzung von ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbereich sind laut des BMVI: • • • „Höhere Effizienz bei qualitativ hochwertiger Leistungserbringung während des gesamten Lebenszyklus Schnellere Realisierung von größeren Infrastrukturmaßnahmen und kürzere Verkehrsbeeinträchtigungen Förderung von Innovationen in den Bereichen Durchführung und Management von Bau, Betrieb und Erhaltung“ 42 Hohe Effizienz und die damit verbundene im Vergleich zur konventionellen Beschaffung bessere Wirtschaftlichkeit ist Grundbedingung für die Umsetzung von ÖPP. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Vorstellung der ÖPP-Projekte der „Neuen Generation“ auf dem „Zukunftsforum Infrastruktur“ des BMVI folgende ergänzende bzw. spezifische Ziele definiert: • • Durch Stau verursachte volkswirtschaftliche Nachteile (Ausgestaltung als Verfügbarkeitsmodelle) sollen bei gleichzeitiger Sicherstellung der Verkehrssicherheit minimiert werden Schaffung eines Rahmens für die Anlagemöglichkeiten privaten Kapitals. 43 Im derzeitigen Modell beinhaltet dies die Einbindung institutioneller Investoren (z.B. Pensionskassen, Lebensversicherer) durch die Auftragnehmer (Nutzung neuer Finanzierungsinstrumente, z.B. Projektanleihen) 44. Diese Ziele sollen - wie in der Einleitung bereits aus dem Koalitionsvertrag zitiert - unter Berücksichtigung der bestmöglichen Integration des Mittelstands realisiert werden. Ein durch die Bedingung der Wirtschaftlichkeit impliziertes Ziel, welches mit der Beschaffungsvariante ÖPP umgesetzt wird, ist die Übertragung von Risiken auf den privaten Sektor. Die Übertragung von Risiken auf den privaten Partner fördert aus Sicht der öffentlichen Hand 42 43 44 (BMVI, Ziele, Charakteristika und Grundsätze von Öffentlich-Privaten Partnerschaften im Bundesfernstraßenbereich, 2015). Die Mobilisierung privaten Kapitals zur Finanzierung öffentlicher Infrastruktur wurde ebenfalls von der Kommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ empfohlen. Allerdings konzentrieren sich die Vorschläge der Kommission eher auf die Einrichtung von Fonds. Vgl. (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbereich - die Neue Generation, 2015), S. 2 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 24 nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Projekte (vgl. oben), sondern trägt auch dem Lebenszyklusansatz Rechnung. 45 Da sich der effiziente Umgang mit Risiken unmittelbar auf die ausdrücklich formulierten Ziele des AGs auswirken (insb. Wirtschaftlichkeit), ist die Übertragung von Risiken im Rahmen von ÖPP auf den privaten Partner genauer zu untersuchen. 3.2 Risikoprofil des ÖPP-Grundmodells (V-Modell) aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers Als wesentliche Motivation des öffentlichen AGs für die Umsetzung von ÖPP wurde die Übertragung von Risiken auf den privaten Partner genannt. Da inzwischen alle ÖPP Modelle als V-Modelle vergeben werden, wird für die folgende Untersuchung das V-Modell als Grundmodell für die Darstellung des Risikoprofils von ÖPP im BFStr-Bereich definiert. Das Risikoprofil von ÖPP kann nach Leistungsbereichen und Trägern des Risikos gegliedert dargestellt werden. Da beim V-Modell auch reine Unterhaltungsprojekte zur Debatte stehen, bei denen folglich die Leistungsbereiche (Ausführungs-)Planung und (Aus-)Bau entfielen, hätte dies auch eine Änderung des Risikoprofils zur Folge. Das Risikoprofil des Grundmodells wird im Folgenden strukturiert nach den Leistungsbereichen: • • • • • (Ausführungs-)Planung (Aus-)Bau Finanzierung Erhaltung Betrieb aufgezeigt. Die maßgeblichen Risiken des ÖPP-Grundmodells sind in Abbildung 5 nach Leistungsbereich und Träger des Risikos – entweder öffentlicher AG oder Privater - dargestellt. Sämtliche rot markierte Risikoarten werden im Vergleich zur konventionellen Beschaffung im Rahmen von ÖPP auf den privaten Partner übertragen. Einige bedeutende Risiken aus der konventionellen Beschaffung, z.B. Nachtragsrisiko im Leistungsbereich Bau, entfallen nahezu vollständig. 45 (BMVI, Risikoverteilung bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften, 2015). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 25 Abbildung 5: Wesentliche kostentreibende Risiken des "ÖPP-Grundmodells" (V-Modell) Im Folgenden werden bedeutende kostentreibende Risiken aus den jeweiligen Leistungsbereichen beschrieben: • (Ausführungs-)Planung: Das Ausschreibungs- und Vergaberisiko verändert sich im Vergleich zur konventionellen Beschaffung stark. Während in der konventionellen Beschaffung nach Losen vergeben wird, wurden im Rahmen des ÖPP-Grundmodells in den bisherigen Vergabeverfahren durchschnittlich ca. 60 km an ein Bieterkonsortium vergeben. Als zusätzliche Sicherheit des öffentlichen Auftraggebers werden im ÖPP-Vergabeverfahren sog. Vertragserfüllungsbonds von den Bietern gefordert. Die Bieter werden durch hohe mögliche finanzielle Sanktionen dazu bewogen, sich an ihr Angebot zu halten. Das verbleibende Risiko des öffentlichen AGs bezieht sich also auf eine reine zeitliche Verschiebung der Ausschreibung und den damit verbundenen Mehrkosten. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 26 Baugrundrisiken sowie Risiken aus zu übernehmenden Bestandsbauwerken bzw. -strecken werden meist an den privaten Partner übertragen. Diese Risikoübertragung hat jedoch ihren Preis, bzw. ist in die Angebote der Konzessionäre eingepreist. Häufig werden besondere Regelungen für Altlasten, z.B. Archäologie, getroffen. In diesen Fällen verbleiben zumindest Bestandteile des Risikos bei der öffentlichen Hand. Risiken aus Bestandsbauwerken hingegen werden in aller Regel ohne weitere Bedingungen an den privaten Auftragnehmer übertragen. Planungs- und Schnittstellenrisiken werden zum einen durch die Outputspezifizierung, zum anderen durch die Vergabe an ein einzelnes zuständiges Konsortium auf den Privaten abgewälzt. Inhaltliche, ablauf- und verfahrenstechnische Planungsfehler verursachen Mehrkosten oder Verzögerungen im Bauablauf. Ebenso fallen durch ÖPP Managementrisiken, z.B. in Form von möglichen Problemen bei der Koordinierung und Terminplanung, nicht mehr bei der öffentlichen Hand an. Bei der öffentlichen Hand verbleibt das Risiko aus nachträglichen Änderungswünschen, d.h. der öffentliche AG ordnet nach Vertragsschluss einen geänderten Bedarf an. Dieses Risiko ist allerdings auch bei der konventionellen Beschaffung präsent. • (Aus-)Bau: Neben den Management- und Schnittstellenrisiken wird im ÖPP-Grundmodell vor allem das Nachtragsrisiko minimiert. Dadurch, dass bei ÖPP konkrete Outputs und keine einzelnen (Leistungs-)Positionen beschrieben werden, besteht für den öffentlichen Auftraggeber kein Risiko durch zusätzlich gestellte Nachträge. Eine mögliche Insolvenz des Konzessionsnehmers während der Bauphase führt dazu, dass dem öffentlichen AG eine teilweise fertiggestellte Bauleistung zur Verfügung steht, die selbst bei Zwischentestaten (und entsprechenden Abschlagszahlungen) zu einem i.d.R. geringeren Preis („100 % Vergütung für 150 % der Teilleistung“) übernommen werden kann. Für den AG besteht das Risiko lediglich in einem zeitlichen Verzug und den damit verbundenen Mehrkosten. • Finanzierung (Bau-/Zwischenfinanzierung und Endfinanzierung): Inflationsrisiken verbleiben in der Gestalt von Preisanpassungsmechanismen in den ÖPPVerträgen beim öffentlichen AG. Zinsänderungsrisiken liegen grundsätzlich beim privaten Partner. Dieser sichert sich allerdings zumeist gegen mögliche negative Zinsveränderungen über die Vertragslaufzeit ab. Durch die Finanzierungsübertragung auf den privaten Partner wird eine zusätzliche Kontrollinstanz geschaffen, die ein Anreizmechanismus zur Einhaltung des Kosten- und Zeitbudgets bildet. Im Falle einer Insolvenz treten i.d.R. die Gläubiger (z.B. Bankenkonsortium) ein und setzen einen neuen Betreiber (bzw. Konzessionsnehmer) ein. • Erhaltung: Instandhaltungs- und Erhaltungsrisiken sowie das mit diesen Leistungen verbundene Kalkulationsrisiko werden vollständig auf das Konsortium übertragen. I.d.R. stellt der öffentliche AG zwar seine Annahmen zum Verkehrsaufkommen bei. Allerdings bilden diese i.d.R. keine Grundlage für einen zusätzlichen Vergütungsanspruch durch das private Konsortium. • Betrieb: Die Betriebsrisiken liegen beim Konsortium. Verbleibendes Risiko bei der öffentlichen Hand ist das Insolvenzrisiko bzw. das Risiko der Nicht-Leistung in Bezug auf die langfristige Leistungserbringung durch den privaten Partner. In Verfügbarkeitsmodellen ist eine Insolvenz allerdings nahezu unmöglich. Bei Ausfall eines Gesellschafters müssen die Verbleibenden Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 27 die Gesamtleistung übernehmen. Bei gesetzlichen Änderungen entstehen grundsätzlich zusätzliche Vergütungsansprüche des Privaten. Der durch die Änderungen verursachte Mehraufwand muss allerdings durch das private Konsortium nachgewiesen werden. Ein weiterer Aspekt sind Schäden, die ihre Ursache in einer mangelnden Bauausführung haben, allerdings erst in der Betriebsphase auftreten. Aufgrund der Projektfinanzierung ist beim ÖPP-Grundmodell der Hebel zur Sanktionierung solcher Schäden besonders lang. Eine umfangreiche Sicherheit ist durch die Projektfinanzierungsstruktur gewährleistet. Die beim öffentlichen AG verbliebenen Risiken fallen - wie in Abbildung 5 bereits dargestellt in unterschiedlichen Leistungsbereichen an. Viele der beschriebenen Risiken fallen allerdings auch über mehrere Leistungsbereiche hinweg an. Die Risikowerte der Einzelrisiken, die über mehrere Leistungsbereiche hinweg präsent sind, entwickeln sich dynamisch. Das bedeutet, dass der Risikowert im zeitlichen Verlauf über die Leistungsbereiche unterschiedlich hoch ausfällt. Insgesamt überträgt der öffentliche AG eine Vielzahl an Risiken, die in der konventionellen Beschaffung (Public Sector Comparator, PSC) häufig für Zeit- und Kostenüberschreitungen gesorgt haben. Aus Sicht der öffentlichen Hand ist dieser Umfang der Risikoübertragung als vorteilhaft bewertet worden. Daher wird bei den weiteren Untersuchungen zu „mittelstandsfreundlicheren“ ÖPP-Geschäftsmodellen auch dieser Ansatz der Risikoübertragung weiterverfolgt (vgl. Kapitel 6). 3.3 Zu erfüllende Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers zur wirtschaftlichen Umsetzung von ÖPP-Projekten Wie in 3.1 (Ziele des öffentlichen AGs mit ÖPP) dargelegt, ist aus Sicht des öffentlichen AGs höhere Effizienz - und damit verbunden die Wirtschaftlichkeit - Grundbedingung von ÖPP. Nach § 7 BHO sind für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Neben den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll dabei u.a. die Risikoverteilung berücksichtigt werden. Die Entscheidung für eine Umsetzung als ÖPP-Modell fällt im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU). Bei der WU werden die Kosten sowohl als konventionelle als auch als ÖPP-Variante prognostiziert. Wesentliche Bedeutung kommt hierbei der Risikobewertung und –verteilung zu. Um die Risikoübertragung sicherzustellen, sind verschiedene Sicherheitsstrukturen vertraglich zu vereinbaren. Hierzu zählen z.B. Bürgschaften, Garantien, Fonds usw. Eine effiziente und wirksame Form der Risikoübertragung stellt die Ausgestaltung des Finanzierungsmodelles dar. Für sämtliche ÖPP-Projekte im BAB-Bereich wurde die Projektfinanzierung ausgewählt. Um die Wirtschaftlichkeit von ÖPP entsprechend gewährleisten zu können, müssen hinsichtlich des Leistungsumfangs – sowohl bezüglich der Streckenlänge als auch der Leistungsbereiche – bestimmte Mindestvolumina auf das private Konsortium übertragen werden. Die aus Sicht des öffentlichen AGs durch die Projektfinanzierung erzeugte (zusätzliche) Sicherheit führt zu zusätzlichen Transaktionskosten, die zum einen insbesondere bei der Einrichtung der Projektgesellschaft anfallen. Zum anderen fallen zusätzliche laufende Kosten, z.B. für die Überwachung an. Daher müssen die generierbaren Effizienzgewinne die höheren Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 28 durch die Projektfinanzierung verursachten Transaktionskosten zumindest kompensieren können. Folglich ist es notwendig ein bestimmtes Mindestvolumen – eine „ÖPP-Losgröße“ zu quantifizieren bzw. monetär zu definieren. Mindestinvestitionsvolumina und Mindeststreckenlänge Um einen wirtschaftlichen Betriebsdienst zu gewährleisten, sind erfahrungsgemäß Vertragsstrecken von ca. 60 (vgl. Tabelle 7) bzw. 70 km 46 erforderlich. Diese Mindeststreckenlängen werden auch durch die in 2.3 aufgeführten Streckenlängen des bisherigen durchschnittlichen ÖPP-Projektes widergespiegelt. Ein weiterer Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist die Möglichkeit des ÖPP-Partners Effizienzgewinne zu generieren. Gerade bei Projekten im Fernstraßenbereich, wird ein Großteil der Effizienzgewinne aus dem Bauablauf und der optimierten Organisation der Beteiligten Parteien generiert. Folglich gilt, dass je größer das übertragene Bauvolumen bzw. die Ausbaustrecke, desto höher liegt auch das Potential für Effizienzgewinne durch das beauftragte Konsortium. Verdeutlicht werden kann das durch die Ausbaustrecke des „durchschnittlichen ÖPP-Projekts“. In diesem werden ca. 40 km an Ausbaustrecke vergeben (vgl. Tabelle 7). Das bisher kleinste vergebene Projekt ist die A9. Eine Gegenüberstellung mit dem bisher vergebenen „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ zeigt eine deutliche Abweichung (vgl. Tabelle 13). Insbesondere fällt das niedrige Finanzierungsvolumen auf. Das Projekt A9 sollte dementsprechend hinsichtlich des Umfangs nahe an der unteren Grenze der Mindestvolumina und Mindeststreckenlänge liegen. Tabelle 13: Gegenüberstellung des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" mit dem Projekt A9 Lederhose Projekt/ Modell Geschätzte Baukosten Vertragslaufzeit Vertragsstrecke/ Erhaltung und Betrieb Neu-/ Ausbau Leistungsumfang Konsortium Finanzinvestor Strategische Investoren (Großunternehmen) Ggf. sog. Mittelstand VINCI Concessions BAM Ø-ÖPP-Projekt Ca. 350 Mio. € (30 Jahre) Ca. 60 km (Vertrag) ca. 60 km (Erhaltung & Betrieb) Ca. 40 km (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, (anteilige) Projektfinanzierung A9 Lederhose Landesgrenze TH/BY Ca. 140 Mio. € 20 Jahre 46,5 km (Vertrag) 46,5 km (Erhaltung & Betrieb) 19 km (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung 3.4 Zwischenfazit Die wesentlichen Gründe für die Umsetzung von ÖPP im Bundesfernstraßenbereich sind aus Sicht der öffentlichen Hand hohe Effizienz (durch Lebenszyklusorientierung, schnelle Realisierung, Innovationen) und die damit im Vergleich zur konventionellen Beschaffung verbundene bessere Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus soll ein Rahmen für die Anlagemöglichkeiten privaten Kapitals geschaffen werden. 46 (MBWSV NRW, 2015), S. 7. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Der öffentliche Auftraggeber im Bundesfernstraßenbereich Seite 29 Der öffentliche AG überträgt eine Vielzahl an Risiken. Im Wesentlichen verbleibt im ÖPPGrundmodell das Risiko der Nicht-Leistung durch den Auftragnehmer (Insolvenzrisikos des Konsortiums) beim öffentlichen AG. Aus § 7 BHO folgt die Notwendigkeit, die Wirtschaftlichkeit im Rahmen einer WU nachzuweisen. Aus diesem Grund sind aus Sicht der öffentlichen Hand bestimmte Mindestinvestitionsvolumina bzw. Streckenlängen erforderlich. Diese Anforderungen ergeben sich u.a. aus der Notwendigkeit, Effizienzgewinne aus der Bauaufgabe generieren zu können und einen wirtschaftlichen Betriebsdienst bereitzustellen. Die aus Sicht des öffentlichen AGs durch die Projektfinanzierung erzeugte (zusätzliche) Sicherheit führt zu zusätzlichen Transaktionskosten, die zum einen insbesondere bei der Einrichtung der Projektgesellschaft anfallen. Zum anderen fallen zusätzliche laufende Kosten, z.B. für die Überwachung an. Daher müssen die generierbaren Effizienzgewinne die höheren durch die Projektfinanzierung verursachten Transaktionskosten zumindest kompensieren können. Folglich ist es notwendig ein bestimmtes Mindestvolumen – eine „ÖPP-Losgröße“ zu quantifizieren bzw. monetär zu definieren. Insgesamt werden die Ziele mit dem ÖPP-Grundmodell aus Sicht des öffentlichen AGs weitestgehend erreicht. 47 47 Vgl. (BMVI, Öffentlich-Private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbereich - die Neue Generation, 2015). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 30 4 Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Nach der Bestimmung des relevanten Teilmarkts – sowohl aktuell als auch perspektivisch – und der Erörterung der Anforderungen des öffentlichen AGs als alleinigen Nachfrager von Leistungen im Bundesfernstraßenbereich, ist näher auf die betrachtete Gruppe einzugehen. Unter Berücksichtigung einer durchgeführten Befragung wird die betrachtete Gruppe der Leistungsanbieter auf Basis statistischer Daten (Umsatz, Mitarbeiter etc.) eingeordnet. Anschließend werden bisherige Erfahrungen, die u.a. aus der Befragung hervorgegangen sind, eruiert und Probleme bzw. Hemmnisse mit dem Geschäftsmodell festgehalten. Zuletzt werden Bereiche des Geschäftsmodells ÖPP identifiziert, welche besonderen Anpassungsbedarf haben, um eine Beteiligung der betrachteten Gruppe auf Konsortialebene im Grundsatz zu ermöglichen. 4.1 Methodik der Befragung Im Rahmen der Studie wurden Unternehmen des ZDB zu ihren Erfahrungen und zu ihrer generellen Einstellung bzgl. einer möglichen Beteiligung als Konsortialpartner bei ÖPPs im Bundesfernstraßenbereich befragt. Konzeption des Fragebogens Zur Durchführung der Befragung wurde ein Fragebogen entwickelt, mit dem einerseits statistische Daten (Angaben zu Umsätzen etc.) zur besseren Einordnung der betrachteten Gruppe erhoben wurden. Anderseits wurden Informationen aus den folgenden Bereichen mit Bezug zu ÖPP im Bundesfernstraßenbereich bei den befragten Unternehmen erhoben: 1. Generelle Erfahrungen mit BAB-Projekten im Bundesfernstraßenbereich In diesem Bereich wurden v.a. die Erfahrungen der Unternehmen mit BAB-Projekten auf Basis des anteiligen Unternehmensumsatzes und den bisher wahrgenommenen Rollen in der Projektorganisation abgefragt. 2. Bisherige Erfahrungen mit ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbereich Bisherige Erfahrungen mit ÖPP wurden abgefragt, um die befragten Unternehmen bzgl. ihrer Kenntnisse von ÖPP einzuordnen. Dabei wurden die Unternehmen nach der Intensität kategorisiert, mit der sie sich bisher mit dem Geschäftsmodell ÖPP auseinandergesetzt haben (z.B. intensiv, wenig, überhaupt nicht). Bei tatsächlich an ÖPP-Projekten Beteiligten wurden außerdem Projektparameter abgefragt. 3. Hemmnisse zur Beteiligung an ÖPP-Projekten auf Konsortialebene Einerseits wurden Probleme der befragten Unternehmen in der Angebotsphase abgefragt. Anderseits wurden Hemmnisse im Rahmen der tatsächlichen Leistungserbringung (insb. fachlich, finanziell, kapazitativ) als Partner eines ÖPP-Konsortiums abgefragt. Es wurden ausschließlich Unternehmen befragt, die sich bereits mit ÖPP (zumindest über Presseinformationen) beschäftigt haben. 4. Einschätzung von Risiken bei ÖPP-Projekten als Konsortialpartner bzw. GU-Partner im Vergleich zu konventionellen Projekten Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 31 Aus Sicht der Unternehmen wurde das veränderte Risikoprofil bei einer Beteiligung auf Konsortialebene im Vergleich zu den erwartenden Risiken im Rahmen von ÖPP in der BauARGE bzw. zu einer konventionellen Beschaffung (Hauptunternehmer) abgefragt. 5. Anpassungsbedarf zur Reduzierung von Hemmnissen bei der Beteiligung an ÖPPProjekten auf Konsortialebene Der Anpassungsbedarf wurde sowohl mit Hinblick auf die Angebotsphase als auch auf die Vertragsphase abgefragt. Des Weiteren wurden konkrete Anpassungsvorschläge, z.B. bzgl. Projektvolumen, Laufzeiten usw., abgefragt. 6. Relevanz des Geschäftsfeldes ÖPP Die Relevanz des Geschäftsfeldes ÖPP wurde sowohl hinsichtlich der aktuellen Situation als auch perspektivisch abgefragt. Umfang der Befragung/Datenerhebung Die Versendung der Fragebögen erfolgte über den ZDB an die Mitgliedsverbände des Zentralverbands. 4.2 Statistische Einordnung der betrachteten Gruppe Eine Einordnung ist zunächst hinsichtlich des wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs vorzunehmen. Für die Betrachtung von ÖPP Projekten im BFStr-Bereich sind Unternehmen relevant, die einen Großteil ihrer Wertschöpfung im Bereich des Tief-, Straßen- bzw. Verkehrswegeund Ingenieurbaus haben. Gemäß gängiger Definitionen (IfM, EU Kommission) ist der Mittelstand wie folgt charakterisiert (vgl. Tabelle 14): Tabelle 14: Eingrenzung der betrachteten Gruppe Kriterien ifM 48 EU-Kommission 49 Anteil Wirtschaftszweig Anzahl der Mitarbeiter Jahresumsatz Bilanzsumme 10-499 <=50 Mio. € <=249 <=50 Mio. € <= 43 Mio. € Betrachtete Gruppe „Mittelstand“ Großteil der Wertschöpfung im Tief-, Straßen- und Ingenieurbau bis 500 bis ca. 100 Mio. € <= 50 Mio. € In Rücksprache mit dem Auftraggeber der Studie wurden für diese Untersuchung zu ÖPP im Bundesfernstraßenbau die Grenzwerte der betrachteten Kriterien weiter aufgezogen, siehe Tabelle 14, Spalte „Betrachtete Gruppe Mittelstand“. Demnach werden als mittelständische Unternehmen solche mit einem Jahresumsatz von bis zu 100 Mio. € einbezogen. Diese Definition, die leicht oberhalb von gängigen Mittelstandsdefinitionen liegt, lässt sich auch durch die durchgeführte Befragung belegen 48 49 Die Mittelstands-Definition des IfM ist unter http://www.ifm-bonn.org/mittelstandsdefinition/definitionkmu-des-ifm-bonn/ verfügbar (abgerufen am 08.01.2016). Die Definition der EU-Kommission für „Mittlere Unternehmen“ ist unter http://www.zdh.de/themen/wirtschaft-energie-umwelt/statistik/klassifikationen-und-definitionen/neue -kmu-definition-der-eu-kommission.html verfügbar (abgerufen am 08.01.2016). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 32 (vgl. Anhang). Die Bilanzsummen liegen bei max. 50 Mio. €. Die Mitarbeiteranzahl der betrachteten Gruppe liegt bei maximal 500. Häufig sind diese Unternehmen eigentümer- bzw. familiengeführt. Folglich existieren häufig familieninterne Nachfolgeregelungen. Die begriffliche Einordnung der betrachteten Gruppe wird in zusammengefasster Form in Tabelle 14 den beiden gängigen Mittelstands-Definitionen gegenübergestellt. Zum einen handelt es sich dabei um die Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM), zum anderen um die Definition der EU-Kommission. Neben der Einordnung der Unternehmen bezüglich ihrer finanziellen und kapazitativen Leistungsfähigkeit wurden das fachliche Know-How bzw. bisherige Erfahrungen mit ÖPPProjekten abgefragt. 4.3 Hemmnisse bei der Beteiligung der Unternehmen an ÖPP im BFStr-Bereich Im Folgenden gilt es zu eruieren, warum die bisherigen Erfahrungen mit ÖPP-Projekten im BFStr-Bereich so gering sind. Dazu sind zunächst Hemmnisse der befragten Unternehmen bzgl. der folgenden Bereiche zu untersuchen: • • • • • Angebots- und Vergabephase Ausgestaltung der existierenden ÖPP-Geschäftsmodelle Erforderliche Kernkompetenzen Zugang zu Kooperationspartnern Auswirkungen auf das Unternehmen. Die Ergebnisse der Befragung im Bereich der Angebots- und Vergabephase sind in Abbildung 6 Abbildung 6dargestellt. Es wird deutlich, dass die hohen Kosten zur Angebotslegung (4.1.1) sowie die mangelnden Kapazitäten zur Teilnahme an einer ÖPP-Ausschreibung (4.2.1) die entscheidenden Hemmnisse sind. Darüber hinaus ist der wahrgenommene starke Wettbewerb - sowohl durch die geringe Anzahl an Projekten (4.1.2) als auch durch die relative Stärke der Mitbewerber (4.1.3) – ein großes Hemmnis. Bezüglich des fachlichen KnowHows schätzen sich die befragten Unternehmen deutlich besser ein. So wird fehlendes Wissen zum Vergabeverfahren (4.2.2) beispielsweise als deutlich geringeres Hemmnis gesehen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 33 Abbildung 6: Auswertung der Hemmnisse in der Angebots- und Vergabephase Nach Ansicht der befragten Unternehmen sind das größte Hemmnis im Bereich der existierenden Geschäftsmodelle die zu großen Finanzierungsvolumina (4.3.2). Zu lange Finanzierungs- (4.3.3) und Vertragslaufzeiten (4.3.1.) sind ein weiteres Problem. Als weitere Hemmnisse werden die Komplexität des ÖPP-Vertragswerks (4.3.4) und die mangelnden Informationen von Seiten der ausschreibenden Stellen (4.3.5) gesehen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 34 Abbildung 7: Auswertung der Hemmnisse mit Hinblick auf die Ausgestaltung der existierenden ÖPPGeschäftsmodelle Mit Hinblick auf erforderliche Kernkompetenzen zur Durchführung von ÖPP-Projekten liegen die größten Hemmnisse in der mangelnden Erfahrung im Bereich der Projektfinanzierung und im Bereich der Risikobewertung. Geringe Erfahrungen in den Leistungsbereichen außerhalb des Bauens (Planung, Erhaltung, Betrieb) bilden ein weiteres, allerdings weniger starkes, Hemmnis. Im Bereich Zugang zu Kooperationspartnern ergab die Untersuchung u.a., dass der Zugang zu Banken bzw. Kapitalgebern eines der Hemmnisse für die befragten Unternehmen ist. Der Bereich „Auswirkungen auf das Unternehmen“ fasst o.g. Aspekte zusammen. Vor allem wird hier deutlich, dass insgesamt Erfahrungen und Kapazitäten für die Beteiligung an ÖPPProjekten fehlen. Des Weiteren gelten erforderliche Anpassungen der organisatorischen Prozesse und Voraussetzungen im Unternehmen sowie negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen des Unternehmens als Hemmnisse unter den befragten Unternehmen. Eine Gesamtübersicht der Auswertung für den Bereich Hemmnisse kann dem Anhang entnommen werden. Die am häufigsten genannten Hemmnisse sind in Tabelle 15 zusammengefasst. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 35 Tabelle 15: Entscheidende Hemmnisse der Unternehmen zur Beteiligung auf Konsortialebene bei ÖPP Finanzielle Hemmnisse • Hohe Kosten zur Angebotslegung • Hohe Finanzierungsvolumen- und Laufzeiten • Negative Auswirkungen auf Finanzierungsbedingungen Fachliche Hemmnisse • Zu wenig Erfahrung mit Projektfinanzierung • Zu wenig Erfahrung außerhalb der Kernkompetenz (v.a. Planung, Erhaltung, Betrieb) • Zu wenig Erfahrung im Umgang mit den spezifischen Risiken • Zu komplexes ÖPP-Vertragswerk Kapazitative Hemmnisse • • Zu hoher Aufwand für die Angebotsbearbeitung Grundsätzlich zu geringe Kapazitäten 4.4 Anpassungsbedarf bzw. Möglichkeiten zur Reduzierung der Hemmnisse bei ÖPP-Projekten im BFStr-Bereich Im Folgenden werden mögliche Anpassungsmaßnahmen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zur Eindämmung der von der Anbietergruppe wahrgenommenen Hemmnisse betrachtet. Das Gesamtbild der Befragung lässt den Schluss zu, dass aus Sicht der befragten Unternehmen großer Handlungs- bzw. Anpassungsbedarf bei den existierenden ÖPP-Geschäftsmodellen besteht. Tabelle 16 enthält Vorschläge, wie Rahmenbedingungen angepasst werden sollten, die bei den Befragten hohe Zustimmung erfahren haben. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich Seite 36 Tabelle 16: Anpassungsbedarf des existierenden ÖPP-Geschäftsmodells aus Sicht der befragten Unternehmen Hemmnisse Anpassungsbedarf Finanzielle Hemmnisse • Hohe Kosten zur Angebotslegung • • • • Hohe Finanzierungsvolumen- und Laufzeiten • • • • • Einführung von Musterverträgen Vergütung bzw. teilweise Vergütung der Angebotslegung Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl an Ausschreibungen Reduzierung der Finanzierungsvolumen- und Laufzeiten Bereitstellung von Anschubfinanzierungen Reduzierung der Vertragslaufzeiten Reduzierung der Finanzierungsvolumen- und Laufzeiten Negative Auswirkungen auf Finanzierungsbedingungen in konventionellen Geschäftsbereichen Fachliche Hemmnisse • • Zu wenig Erfahrung mit Projektfinanzierung Zu wenig Erfahrung im Umgang mit den spezifischen Risiken Zu komplexes ÖPP-Vertragswerk • Angebote zur Fortbildung und Erstellung von Leitfäden • Angebote zur Fortbildung und Erstellung von Leitfäden Einführung von Musterverträgen Zu wenig Erfahrung außerhalb der Kernkompetenz (v.a. Trennung der Finanzierung, Bau und Betriebsphase, Planung, Erhaltung, Betrieb) zeitnahe Vergütung bzw. Kreditablösung der Bauleistung Kapazitative Hemmnisse • • Zu hoher Aufwand für die Angebotsbearbeitung Grundsätzlich zu geringe Kapazitäten • • • • • • Einführung von Musterverträgen Trennung der Finanzierung, Bau und Betriebsphase, zeitnahe Vergütung bzw. Kreditablösung der Bauleistung 4.5 Bisherige Relevanz des Geschäftsfeldes ÖPP Die Auswertung der Relevanz des Geschäftsfeldes ÖPP aus Sicht aller befragten Unternehmen bestätigt das bisher gezeichnete Bild. Die Unternehmen wurden nach folgenden Punkten befragt: • • • • Strategische Relevanz von ÖPP Chancen von ÖPP fürs Unternehmen Zukünftiges Interesse an ÖPP auf Konsortialebene Zukünftiges Interesse an ÖPP auf GU-Ebene. Für beinahe 90 % aller befragten Unternehmen besitzt das Geschäftsfeld ÖPP in seiner derzeitigen Gestalt keine strategische Relevanz. Gründe dafür sind die wahrgenommenen zu großen Projekt- bzw. Finanzierungsvolumen und die zu lange vertragliche Bindung. Das gleiche gilt für die gesehenen Chancen von ÖPP. Hier wünschen sich die Unternehmen wiederum: • • kleinere Projektvolumen, u.a. durch die Trennung von einzelnen Leistungsbereichen, z.B. den Betrieb Unterstützung bei der Vorfinanzierung, z.B. durch höhere Anschubfinanzierungen. Dennoch besteht grundsätzliches Interesse sich zukünftig an ÖPP-Projekten auf Konsortialebene zu beteiligen. Für diejenigen Unternehmen, bei denen kein Interesse besteht, liegen die Gründe v.a. in: Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Die Sicht der betrachteten mittelständischen Gruppe auf ÖPP im Bundesfernstraßenbereich • • • Seite 37 den Risiken, die zu hoch bzw. schwer zu bewerten sind, z.B. Haftungsrisiken den zu hohen Projekt- und Finanzierungsvolumen zu hohem Aufwand im Verhältnis zu den Erfolgsaussichten. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Beteiligungsmöglichkeiten der befragten Unternehmen im Bereich ÖPP im BFStr-Bereich bisher gering sind. Nach Aussage der befragten Unternehmen ist die Relevanz von ÖPP im Rahmen der derzeitigen Geschäftsmodelle gering. Als vorstellbare Finanzierungsalternativen wurden zwei Angaben gemacht: • • Forfaitierung Abschlagszahlungen. 4.6 Zwischenfazit Die betrachtete Gruppe konnte hinsichtlich statistischer Daten eingeordnet werden. Unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Bereich des Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau ergab sich eine Einordnung, die sich oberhalb der gängigen Mittelstandsdefinitionen einordnet: • • • Anzahl der Mitarbeiter: <500 Jahresumsatz: bis 100 Mio. € Bilanzsumme: <= 50 Mio. €. Die bisherigen ÖPP-Erfahrungen der betrachteten Gruppe sind gering. Finanzielle, fachliche und kapazitative Hemmnisse behindern derzeit eine Beteiligung der betrachteten Gruppe an ÖPP Projekten im Bundesfernstraßenbereich. Im Bereich der finanziellen Hemmnisse waren v.a. die hohen Kosten zur Angebotslegung, zu hohe Finanzierungsvolumen und –laufzeiten sowie negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen für das übrige Geschäft die entscheidenden Aspekte. Gelindert werden könnten diese Hemmnisse z.B. durch einen höheren Grad an Standardisierung (Musterverträge) oder durch Angebotsentschädigungen. Des Weiteren wurden deutliche Reduzierungen der Finanzierungsvolumina und die Erhöhung von Anschubfinanzierungen angeführt. Als fachliche Hemmnisse wurden v.a. das komplexe ÖPP-Vertragswerk sowie mangelnde Ressourcen in Leistungsbereichen außerhalb des Baus (und der Erhaltung) genannt. Der hohe Aufwand zur Angebotslegung und die allgemein zu geringen Kapazitäten hemmen ebenfalls eine Beteiligung. Anpassungsbedarf wurde hier z.B. im Bereich der Bildungsangebote und in der Herauslösung einzelner Leistungsbereiche aus dem ÖPP-Modell gesehen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 38 5 Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPP-Projektanforderungen des öffentlichen AGs 5.1 Gegenüberstellung regelmäßiger Projektvolumina der betrachteten Gruppe mit dem „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ Wie im vorherigen Kapitel bereits herausgestellt, ist eine Beteiligung auf ÖPPKonsortialebene für die betrachtete Gruppe unter den derzeitigen Bedingungen kaum möglich. Dies kann u.a. durch die Gegenüberstellung des „durchschnittlichen ÖPP-Projektes“ aus Kapitel 2.3 und den gewonnen Erkenntnissen aus Kapitel 4 verdeutlicht werden. Das maximale Projektvolumen aus Sicht der betrachteten Gruppe Wie unter 4.2 herausgestellt, generiert ein Unternehmen der betrachteten Gruppe einen Jahresumsatz von bis zu 100 Mio. €. 50 Unter der Voraussetzung, dass ein Unternehmen unter Risikoerwägungen max. 10 % des Jahresumsatzes in einem Einzelprojekt umsetzt, ergibt sich ein Anteil von 10 Mio. € im Jahr. Da das Projekt in einem Konsortium durchgeführt wird, ist auch nur ein Teil der Bauleistung – nämlich der Anteil an der Bau-ARGE - durch das Unternehmen abzuwickeln. Angenommen, dass z.B. vier Unternehmen der betrachteten Gruppe im Konsortium das ÖPP-Projekt durchführen und die Bauleistung zu je gleichen Teilen übernehmen, ergibt sich ein Anteil an der Bau-ARGE von 25 %. Daraus folgt ein impliziertes jährliches Projektvolumen von 40 Mio. € aus Sicht des gesamten Konsortiums. Die Bauzeit eines ÖPP-Projekts beträgt durchschnittlich 4 Jahre. Im Ergebnis impliziert das ein Gesamtprojektvolumen von 160 Mio. € (bzw. 80 Mio. €). Die Herleitung kann in Tabelle 17 nachvollzogen werden. Tabelle 17: Impliziertes maximales Projektvolumen der betrachteten Gruppe Jahresumsatz Anteil am Jahresumsatz Implizierter Anteil p.a. Anteil Bau-ARGE Impliziertes Projektvolumen p.a. Bauzeit (in Jahren) Impliziertes Projektvolumen 50 Mio. € 100 Mio. € 10 % 10 % 5 Mio. € 10 Mio. € 25 % 25 % 20 Mio. € 40 Mio. € 4 4 80 Mio. € 160 Mio. € Auf Basis des „durchschnittlichen ÖPP-Projekts“ lassen sich die durchschnittlichen Baukosten je km Ausbaustrecke bestimmen. Diese betragen ca. 8,75 Mio. €/km (=350 Mio. €/ 40 km Ausbaustrecke). Durch diese Annahme lässt sich neben dem monetären Projektvolumen auch ein streckenmäßiges maximales Projektvolumen bestimmen. Unter Berücksichtigung des Projektvolumens von 160 Mio. €, ergibt sich eine Ausbaustrecke von rd. 20 km (= 18,3 km). In Tabelle 18 wird das maximal zu leistende Projekt der betrachteten Gruppe dem „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ gegenübergestellt. 50 Der Großteil der befragten Unternehmen gab einen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. € an. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 39 Tabelle 18: Gegenüberstellung des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" mit dem Projekt „betrachtete Gruppe“ Projekt/ Modell Finanzierungsvolumen (Baukosten) Vertragslaufzeit Vertragsstrecke/ Erhaltung und Betrieb Neu-/ Ausbau Leistungsumfang Konsortium Finanzinvestor Strategische Investoren (Großunternehmen) Ggf. sog. Mittelstand VINCI Concessions BAM Ø-ÖPP-Projekt Ca. 350 Mio. € 30 Jahre ca. 60 km (Vertrag) ca. 60 km (Erhaltung & Betrieb) Ca. 40 km (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, (anteilige) Projektfinanzierung A9 Lederhose Landesgrenze TH/BY Ca. 140 Mio. € 20 Jahre 46,5 km (Vertrag) 46,5 km (Erhaltung & Betrieb) 19 km (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung Projekt „Betrachtete Gruppe“ ca. 160 Mio. € ca. 20 km Bau, ggf. Erhaltung Differenz (Δ) Ø-ÖPP-Projekt ca. 200 Mio. € ca. 20 km Differenz (Δ) A9 Lederhose Ok ok Betrieb (anteilige) Projektfinanzierung Betrieb (anteilige) Projektfinanzierung Aus Tabelle 18 wird ersichtlich, dass die Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit dem „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ nicht kongruent ist. Bei den Vertragslaufzeiten besteht eine Differenz (Δ), die unter Berücksichtigung der Umfrage in Einzelfällen bis zu 20 Jahre beträgt. Im Bereich Finanzierungsvolumen ist die Abweichung besonders groß. Während das „durchschnittliche ÖPP-Projekt“ ein Finanzierungsvolumen (Baukosten) von etwa 350 Mio. € aufweist, ergab die Berechnung des maximalen Volumens aus Sicht der betrachteten Gruppe etwa 160 Mio. €. Zudem fehlen den befragten Unternehmen Ressourcen, v.a. für die Leistungsbereiche Finanzierung und Betrieb. Bei Gegenüberstellung mit dem kleinsten bisherigen ÖPP-Projekt (A9 Lederhose) zeichnet sich ein differenzierteres Bild. Während sich Bauvolumen und Ausbaustrecke für die betrachtete Gruppe im lösbaren Bereich bewegen, und auch die Vertragslaufzeit mit 20 Jahren deutlich geringer als beim „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ ausfällt, bliebe hier lediglich eine Diskrepanz beim Leistungsumfang für die Bereiche (Projekt-)Finanzierung und Betrieb bestehen. Grundsätzlich zeigt das Projekt A9 aber, dass Projektzuschnitte existieren, die im Rahmen der Möglichkeiten der betrachteten Gruppe liegen. 5.2 Anforderungen an ein Bauunternehmen für die Umsetzung von ÖPP-Projekten auf Konsortialebene Angesichts der festgestellten Diskrepanz zwischen den Anforderungen an die wirtschaftliche Umsetzung von ÖPP-Projekten und der betrachteten Gruppe, stellt sich die Frage: Wie muss ein Unternehmen - fachlich, finanziell, kapazitativ - aufgestellt sein, um das durchschnittliche ÖPP-Grundmodell umsetzen zu können? Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 40 Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass ein Unternehmen auf ÖPP-Konsortialebene zunächst die gleiche Leistungsfähigkeit wie ein Unternehmen der Bau-ARGE aufweisen muss. Darüber hinaus muss das Unternehmen allerdings aufgrund der Beteiligung an der Projektgesellschaft zusätzlich Kapital einbringen. Abgesehen von finanzieller und kapazitativer Leistungsfähigkeit gilt es aber auch, besondere Anforderungen an das fachliche Know-How zu erfüllen. Die aufgeworfene Frage kann einerseits quantitativ hinsichtlich der kapazitativen und finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens beantwortet werden. Anderseits gilt es qualitativ zu beschreiben, welche fachlichen Kenntnisse im Unternehmen vorliegen müssen, um erfolgreicher Konsortialpartner in ÖPP-Projekten im Bereich der BFStr zu sein. 5.2.1 Quantifizierung der finanziellen und kapazitativen Leistungsfähigkeit von ÖPP-Konsortialpartnern Als Maß der kapazitativen und finanziellen Leistungsfähigkeit können Umsatzanteile herangezogen werden. Die im Folgenden geführte Analyse entspricht einer Betrachtung der Leistungsfähigkeit eines ARGE Bau-Mitglieds und gilt entsprechend auch für die konventionelle Beschaffung. Ermittlung des erforderlichen Jahresumsatzes eines ÖPP-Konsortialpartners Als Berechnungsgrundlage zur Quantifizierung des minimal notwendigen Jahresumsatzes eines Unternehmens der betrachteten Gruppe können die bisher von „großen Mittelstandsunternehmen“ durchgeführten ÖPP-Projekte dienen. Das einzubringende Eigenkapital für die Projektgesellschaft wird ebenfalls auf Basis der bisher unter Beteiligung von „großen Mittelständlern“ durchgeführten ÖPP-Projekten berechnet. Im Anschluss werden die ermittelten (durchschnittlichen) Anteile auf das „durchschnittliche ÖPP-Projekt“ angewendet und somit die erforderlichen (Leistungs-)Größen abgeleitet. Tabelle 19: Umsatzanteile der „großen Mittelstandsunternehmen" bei bisherigen ÖPP-Projekten Projekt „Großer Mittelstand“ A8 Berger Bau Augsburg – München A1 Johann Bunte HH-Bremen A7 Kemna Bau HH-Bordesholm Andrae Durchschnitt Projekte „großer Mittelstand“ Ø - ÖPP-Projekt Anteil Bau-Arge abzuwickelnde Bauleistung (=Baukosten) Anteil „Mittelstand“ abzuwickelnde Bauleistung p.a. 51 Ø- Anteil am Umsatz p.a. 25% 250 Mio. € 62,5 Mio. € 15,625 Mio. € ≈5 % (2007) 35% 540 Mio. € 135 Mio. € 47,25 Mio. € 20% 735 Mio. € 183,75 Mio. € 36,75 Mio. € ca. 25 % ca. 500 Mio. € ca. 125 Mio. € ca. 30 Mio. € ≈15 % (2008) <=10 % (2014) ca. 10 % ca. 25 % 350 Mio. € 87,5 Mio. € ca. 20 Mio. € ca. 10 % Bei den bisher durchgeführten ÖPP-Projekten unter Beteiligung der „großen Mittelstandsunternehmen“ lässt sich ein durchschnittlicher Anteil an der Bau-ARGE von 25 % (zwischen 20 und 35 %) feststellen (vgl. Tabelle 19). Auf die Projekte „großer Mittelstand“ bezogen, ergäbe sich so eine durchschnittlich abzuwickelnde Bauleistung von ca. 125 Mio. € 51 Annahme: Bauzeit = 4 Jahre Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 41 für das Projekt. Unter der Prämisse, dass ein ÖPP-Projekt eine Bauzeit von etwa 4 Jahren hat, stünde eine jährlich abzuwickelnde Bauleistung von rd. 30 Mio. € zu Buche. Wird diese jährlich abzuwickelnde Bauleistung ins Verhältnis zum Unternehmensumsatz im Jahr des Konzessionsbeginns gesetzt, so lässt sich aus Tabelle 19 erkennen, dass der Anteil am Jahresumsatz im Durschnitt bei ca. 10 % (zwischen 5 und 15 %) liegt. Auf das „durchschnittliche ÖPP-Projekt“ bezogen (nur bisher vergebene Projekte einbezogen; siehe Tabelle 13), ergäbe sich ein (Umsatz-)Anteil für das mittelständische Unternehmen von insgesamt 87,5 Mio. € (=350 Mio. € * 25 % ARGE-Anteil) aus der Bau-ARGE. Unter der Annahme, dass die durchschnittliche Bauzeit etwa 4 Jahre beträgt, käme so eine abzuwickelnde Bauleistung von ca. 20 Mio. € (=21,875 Mio. €) p.a. aus dem ÖPP-Projekt zustande. Aus Gründen der Diversifikation sollte sich der Anteil eines Projektes am Gesamtumsatz eines Unternehmens im Bereich von ca. 10 % des Jahresumsatzes bewegen. Diese Einordnung wird durch die vorliegenden Daten bestätigt. Werden die 10 % zugrunde gelegt, müsste der Jahresumsatz eines Unternehmens, das sich an einem „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ auf Konsortialebene beteiligen möchte, ca. 200 Mio. € betragen. Bei Zugrundelegung der betrachteten ÖPP-Projekte „großer Mittelstand“ läge der hochgerechnete Umsatz eines Unternehmens entsprechend sogar bei 300 Mio. €. Da die anstehenden Projekte der zweiten und dritten ÖPP-Staffel tendenziell größere Volumina als die bisher vergebenen aufweisen, erscheint diese Einordnung nicht zu hoch zu sein. Im Ergebnis kann der ermittelte Jahresumsatz von 200 Mio. € als eine Untergrenze betrachtet werden. Ermittlung des einzubringenden Eigenkapitals eines ÖPP-Konsortialpartners ÖPP-Konsortialpartner müssen in die Projektgesellschaft Eigenkapital (EK) einbringen. Tabelle 20 ist zu entnehmen, dass der durchschnittliche Anteil der „großen Mittelständler“ an den Projektgesellschaften der bisherigen ÖPPs bei ca. 10 % liegt. Der durch die Konsortien zu finanzierende Teil – also das durch die Anschubfinanzierungen geminderte Bauvolumen – liegt bei durchschnittlich ca. 400 Mio. €. Die Eigenkapitalquoten der ÖPPProjektgesellschaften liegen bei ca. 10 % des Projektvolumens. Auf die Projekte „großer Mittelstand“ bezogen, ergäbe sich ein einzubringendes Eigenkapital für die Projektgesellschaften von durchschnittlich insgesamt 40 Mio. €. Die EK-Anteile der Mittelständler würden entsprechend der durchschnittlichen Anteile von 10 % ca. 4 Mio. € betragen. Da der Begriff Projektvolumen hinsichtlich der einzelnen Bestandteile nicht exakt definiert ist, wird im Folgenden mit einem theoretischen Wert aus der Literatur gerechnet. Aus der Literatur sind bei ÖPPs im BFStr-Bereich EK-Quoten von ca. 15 % des Investitionsvolumens (Bauinvestition) bekannt. 52 52 (MBWSV NRW, 2015), S. 18. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 42 Tabelle 20: Eigenkapitalanteile der „großen Mittelstandsunternehmen“ bei bisherigen ÖPP-Projekten Projekte „Großer Mittelstand“ Anteile Projektgesellschaft Zu finanzierendes Bauvolumen 53 EK-Quote Projektgesellschaft EK Projektgesellschaft Anteil EK EK-Anteil vom bilanziellen EK 54 Berger Bau 6% 243,6 Mio. € 11,7% 1,7 Mio. € Johann Bunte 15% 540 Mio. € 7,7% Kemna Bau Andrae 11% 450 Mio. € 10,0% 28,5 Mio. € (27 Mio. €) 55 41,6 Mio. € (50 Mio. €) 45 Mio. € 1,8 % (2007) 56 11,4 % (2008) 5,8 % (2014) ca. 10 % ca. 400 Mio. € ca. 10 % Ca. 40 Mio. € ca. 4 Mio. € ca. 10 % 350 Mio. € 15 % ca. 50 Mio. € ca. 5 Mio. € Durchschnitt Projekte „großer Mittelstand“ Ø -ÖPP-Projekt 6,2 Mio. € 5,0 Mio. € Auf das „durchschnittliche ÖPP-Projekt“ (ohne Anschubfinanzierung) bezogen, müsste die Projektgesellschaft insgesamt rd. 50 Mio. € Eigenkapital (≈15 % von 350 Mio. €) einbringen. Bei einem Anteil von 10 % an der Projektgesellschaft bedeutet das für ein Unternehmen eine notwendige Bereitstellung von 1,5 % des zu finanzierenden Bauvolumens. In Bezug auf das „durchschnittliche ÖPP-Projekt“ entspricht das ca. 5 Mio. € an Eigenkapital für die Einlage in die Projektgesellschaft. Neben einer Betrachtung der absoluten EK-Werte, stellt sich die Frage, wie stark die Mittelstandsunternehmen relativ zu ihrer bilanziellen Leistungsfähigkeit (Kapitalstärke) belastet werden. Stellt man die jeweils einzubringenden EK-Anteile ins Verhältnis zum bilanziellen Eigenkapital der Konzerne (jeweils im Jahr des Konzessionsbeginns), lässt sich eine (relative) Größenordnung dieser Belastung ableiten. Während z.B. das Projekt A8 für Berger Bau eine relativ geringe Belastung der Bilanz aufweist, stellt das Projekt A1 für Johann Bunte ein Anteil von über 10 % des bilanziellen Eigenkapitals dar. Eine Auswertung der Bundesbank von Jahresabschlüssen von Unternehmen, die in die betrachtete Gruppe von Anbietern fällt (Tiefbau, Umsatz von 50 bis 100 Mio. €; siehe Kapitel 4.2) zeigt, dass die Umsatzrenditen im Bereich von 2 bis 3 Prozent liegen. Eine Bereitstellung von 4 bzw. 5 Mio. € entspräche also einem Vielfachen des Jahresüberschusses nach Steuern. 57 Bei der Bereitstellung von Eigenkapital für die Projektgesellschaft muss unter Risikogesichtspunkten z.B. eine potentielle Nachschusspflicht berücksichtigt werden. Gerade für Mittelstandsunternehmen stellt eine kurzfristige Kapitalbeschaffung eine große Herausforderung dar. Des Weiteren müssen im Vorfeld eines möglichen Zuschlags, Mittel für die Bearbeitung des Angebots vorgehalten werden. Im Ergebnis wird die EK-Leistungsfähigkeit der betrachteten mittelständischen Anbietergruppe deutlich überschritten. Daher kann die betrachtete Gruppe den Anforderungen des derzeitigen Geschäftsmodells als Partner auf Konsortialebene mit Hinblick auf die EKBereitstellung kaum gerecht werden. 53 =(Baukosten minus Anschubfinanzierung) Das bilanzielle Eigenkapital ist den Konzernabschlüssen des Bundesanzeigers entnommen. 55 tatsächliche Werte (vgl. VIFG Steckbriefe). 56 (im Jahr der Vergabe) 57 Vgl. (Bundesbank, 2015), S. 174 54 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 43 Die hergeleiteten Anforderungen sind auf Basis des „durchschnittlichen ÖPP-Projekts“ in Tabelle 21 zusammengetragen. Tabelle 21: Anforderungen an die finanzielle und kapazitative Leistungsfähigkeit auf Basis des "durchschnittlichen ÖPP-Projekts" Projekt Ø-ÖPP-Projekt Finanzierungsvolumen (Baukosten) Abzuwickelnde Bauleistung Mittelstand p.a. Implizierter Jahresumsatz Anteil EK „Mittelstand“ ca. 350 Mio. € ca. 20 Mio. € min. 200 Mio. € ca. 5 Mio. 5.2.2 Qualitative Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von ÖPPKonsortialpartnern58 Technische Anforderungen Bereits im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs muss die fachliche Eignung und Kompetenz der Bieter nachgewiesen werden. Spätestens im Verhandlungsverfahren sind weitere besondere Fähigkeiten von Nöten. Neben dem Verhandeln muss der Bieter sein Angebot kurzfristig anpassen und Profitabilität abschätzen können. Hier greifen technische und wirtschaftliche Anforderungen unmittelbar ineinander. Technisches Wissen für die Bauphase ist i.d.R. auch bei mittelständischen Unternehmen vorhanden. Ressourcen fehlen, wie das Umfrageergebnis in Kapitel 4 zeigt, v.a. für die Leistungsbereiche Planung und Betrieb. Da in der Verknüpfung aller Leistungsbereiche die größten Effizienzpotentiale liegen, müssten Unternehmen für sämtliche weitere Bereiche fachlich kompetentes Personal akquirieren bzw. weiterbilden. Wirtschaftliche und Organisatorische Anforderungen Ein Mindestmaß an Know-How im Bereich der Finanzierung ist nötig, um mit Finanzinstituten kommunizieren zu können. Nur so lassen sich die oben quantifizierten Anforderungen leisten. Des Weiteren ist die Entwicklung eines „Businessplans“ notwendig, zum einen als Strategiepapier, zum anderen als Controllinginstrument für das Projekt. Gerade bei langwierigen ÖPP-Projekten ist diese intensive Finanzplanung notwendig. Des Weiteren muss das Unternehmen aufgrund der Übernahme des Leistungsbereichs Erhaltung, Verantwortung für aus der Bauphase entstandene Mängel – auch über die Gewährleistungsphase hinaus - übernehmen. Wegen drohender Sanktionen (Mali) muss frühzeitig auf Leistungsstörungen reagiert werden können. Hierbei spielt die Koordination anderer Parteien und die Konfliktlösung eine wichtige Rolle. („PPP ist mehr als die Summe der Einzelleistungen“). Hinsichtlich der Unternehmensorganisation müssen Managementsysteme, z.B. Planungsund Kontrollsysteme (Anzahl von Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen müssen koordiniert werden) implementiert werden. Nach Vertragsschluss wird ein intensives Vertragscontrolling notwendig. Zuletzt muss das Unternehmen in der Lage sein, Risiken laufend zu identifizieren, analysieren, bewerten, verteilen und überwachen zu können. 58 Diskussion der qualitativen Faktoren in Anlehnung an: (Alfen & Schaedel, Leitfaden "Beteiligung mittelständischer Bauunternehmen am Geschäftsfeld PPP", 2008), S. 43ff. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Kongruenz der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe mit den ÖPPProjektanforderungen des öffentlichen AGs Seite 44 Für die betrachtete Gruppe bedeutet das neben der evtl. Anschaffung von Infrastruktur (z.B. im Bereich der IT) vor allem einen zusätzlichen Personalbedarf, um die erforderlichen fachlichen und kapazitativen Ressourcen zu erzeugen. Dieser Personalbedarf kann zum einen intern durch die Weiterbildung von Mitarbeitern erfolgen. Zum anderen kann Know-How, z.B. für die Bereiche Finanzierung und Controlling, durch zusätzliche Personalakquise generiert werden. 5.3 Zwischenfazit Die Analyse der Kongruenz zwischen der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe und den ÖPP-Projektanforderungen des öffentlichen AGs zeigt, dass die Diskrepanz – insbesondere mit Hinblick auf den Projektzuschnitt des „durchschnittlichen ÖPP-Projekts“ - deutlich ist. Allerdings wurde mit dem Projekt A9 ein Projekt bereits so zugeschnitten, dass es der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe grundsätzlich sehr nahe kommt. Ausgehend von der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe konnte ein maximales Projektvolumen von rd. 160 Mio. €, was einer Ausbaustrecke von 15-20 km entspricht, identifiziert werden. Im Vergleich zum bisherigen „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ stellt sich hier eine deutliche Diskrepanz dar. Den Nachweis der Wirtschaftlichkeit zu erbringen, erscheint bei diesem Projektvolumen nur schwer darstellbar. Auf Basis von „großen Mittelständlern“ bereits durchgeführte ÖPP-Projekte ergaben, dass ein Jahresumsatz von mindestens 200 Mio. € von Nöten wäre, um ausreichend leistungsfähig für ÖPP-Projekte im BFStr-Bereich zu sein. Unter Zugrundelegung der drei Projekte „großer Mittelstand“ wäre sogar ein Jahresumsatz von 300 Mio. € erforderlich. Des Weiteren wären auf Basis der verfügbaren Projektdaten 4 bzw. 5 Mio. € an Eigenkapital (etwa 1-2 % des zu finanzierenden Bauvolumens) für die anfängliche Ausstattung der Projektgesellschaft bereitzustellen. Damit wird die EK-Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe in der Regel überschritten. Neben den ermittelten finanziellen und kapazitativen Anforderungen müssten durch die Unternehmen auch weitere qualitative Anforderungen hinsichtlich der fachlichen Eignung erfüllt werden. Dazu gehören u.a.: • • • Technisches Wissen für die Bereiche Planung und Betrieb Finanzierungs-Know-How Managementkompetenzen und –instrumente in der Projektgesellschaft. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 45 6 Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Wie in Kapitel 3 aufgeführt, sind die vom öffentlichen AG bei der Umsetzung von ÖPPModellen verfolgten Ziele im Wesentlichen: • • • ein umfassender Risikotransfer auf den privaten Partner hohe Effizienz (durch Lebenszyklusorientierung, schnelle Realisierung, Einhaltung von Termin, Kosten und Qualitäten, sowie Innovation) und die damit im Vergleich zur konventionellen Beschaffung verbundene bessere Wirtschaftlichkeit Schaffung eines Rahmens für die Anlagemöglichkeiten privaten Kapitals. Hieraus resultiert, dass das Risikoprofil des ÖPP-Grundmodells dem Grunde nach erhalten bleiben muss und die Änderungen des Projektzuschnitts regelmäßig der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung genügen muss. Dem gegenüber stehen die Forderungen bzw. notwendigen Anpassungen am Projektzuschnitt und am ÖPP-Grundmodell, damit es der hier betrachteten Gruppe überhaupt möglich ist, auf Konsortialebene als Teil der Projektgesellschaft an den ÖPP Projekten auf Augenhöhe zu partizipieren. Aus den Ergebnissen der Umfrage lassen sich folgende Kernaspekte ableiten, die zur Konzipierung eines „mittelstandsfreundlichen“ ÖPPBundesautobahnprojektes notwendig sind: • • • Anpassung des Finanzierungsmodells Anpassung der Streckenlänge Anpassung der Leistungsbereiche. Während in Kapitel 5 die Streckenlänge bereits diskutiert wurde, wird im folgende insbesondere auf die Anpassung des Finanzierungsmodells eingegangen. 6.1 Anpassung des Finanzierungsmodells 6.1.1 Forfaitierungsmodell Das Finanzierungsmodell Forfaitierung mit Einredeverzicht kam bisher (überwiegend) bei ÖPP-Projekten im Hochbau zur Anwendung. Bei einer Forfaitierung mit Einredeverzicht verkauft der private ÖPP-Partner den aus der Bauleistung rührenden Teil der Forderungen gegenüber dem öffentlichen Partner vollständig (oder teilweise) an die Fremdkapitalgeber. Da es sich dabei um Forderungen aus der Bauleistung handelt, entspricht die Höhe der Forderungen dem Investitionsteil, also der Summe des zu leistenden Kapitaldiensts 59 des aufgenommenen Fremdkapitals. Zumeist erfolgt der Forderungsverkauf nach Abschluss der Bauphase. Wie in Abbildung 8 dargestellt ist, ähnelt die Projektorganisation im Forfaitierungsmodell der Organisationsstruktur der klassischen Projektfinanzierung. Im Grunde verändert sich die Projektorganisation im Vergleich zur Projektfinanzierung aus dem ÖPP-Grundmodell (vgl. 2.2) lediglich mit Hinblick auf die Finanzierungsseite (Fremdkapitalgeber). 59 Kapitaldienst entspricht der Summe aus Zins- und Tilgungszahlungen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 46 Abbildung 8: Projektorganisation Forfaitierung Durch die Einsetzung einer Forfaitierung ändern sich ausschließlich die Beziehung zwischen Projektgesellschaft, Fremdkapitalgeber und dem öffentlichen Auftraggeber. Sämtliche andere Vertragsbeziehungen der Projektbeteiligten werden im Vergleich zur klassischen Projektfinanzierung nicht berührt. Im Einzelnen gestaltet sich der Ablauf der Forfaitierung wie folgt: Während der Planungs- und Bauphase erhält die ÖPP-Projektgesellschaft die vertraglich vereinbarte Höhe der Anschubfinanzierung vom öffentlichen Auftraggeber. Die Differenz zu den Herstellkosten ist im Wesentlichen mit Fremdkapital abzudecken. Erst mit Fertigstellung der Baumaßnahme erfolgt die einredefreie Forfaitierung durch den öffentlichen Auftraggeber. Der private Auftragnehmer verkauft somit seine gesamten bestehenden Forderungen aus der Investition gegenüber dem öffentlichen AG an das finanzierende Bankenkonsortium (Fremdkapitalgeber). Das Bankenkonsortium erhält nunmehr die Forderungen aus der Bauinvestition (Kapitaldienst) direkt vom öffentlichen AG. Folglich orientieren sich die Kreditkonditionen nach einer Forfaitierung an der Bonität des öffentlichen AGs und nicht mehr an der Bonität der Projektgesellschaft. Damit tatsächlich geringere Finanzierungskosten erreicht werden können, muss der öffentliche AG seinen Einredeverzicht erklären. Das bedeutet, dass er seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Bankenkonsortium auch dann nachkommt, wenn der private Auftragnehmer die Leistung gar nicht oder nicht vertragskonform erbringt. Daher ist der Zeitpunkt der Erteilung einer Einredeverzichtserklärung ausschlaggebend. Diese erfolgt erst nach der Baufertigstellung und ausschließlich für den Vergütungsbestandteil, der aus der Bauinvestition rührt. Dieser Vergütungsbestandteil steht während der Betriebsphase nicht mehr für eine Sanktionierung bei Schlechtleistung der Projektgesellschaft zur Verfügung. Die Vergütungsbestandteile für Erhaltung und Betrieb bleiben allerdings unberührt. Im Gegensatz zur Projektfinanzierung verringern sich somit während der mehrjährigen Betriebslaufzeit die Finanzierungskosten zugunsten des öffentlichen AGs. Werden die Erfahrungen im Hochbau zugrunde gelegt, so erscheint es auch für kleinere und mittlere Unternehmen einfacher, als Gesellschafter einer Projektgesellschaft eine Finanzierung zu erhalten. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 47 Erheblich verringert werden mit diesem Finanzierungsmodell die Sicherheiten des Grundmodells. Während bei der Projektfinanzierung der öffentliche AG bei Schlechtleistung des Privaten auch den Anteil des Schuldendienstes kürzen kann, entfällt diese Möglichkeit beim Forfaitierungsmodell. Die Frage nach der notwendigen Ausgestaltung des Sicherheitenkonzepts wird im folgenden Abschnitt erörtert. 6.1.2 Das Risikoprofil und Sicherheitenkonzept des Forfaitierungsmodells aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers 60 Aus Sicht des öffentlichen AGs ist der umfassende Risikotransfer im ÖPP-Grundmodell einer der entscheidenden Vorteile. Bei der Gegenüberstellung der Risikoallokation des ÖPPGrundmodells mit lebenszyklusübergreifender Projektfinanzierung (klassische Projektfinanzierung über sämtliche Leistungsbereiche) mit dem Forfaitierungsmodell wird deutlich, dass die Allokation der Risiken identisch ist (vgl. Abbildung 5 und Abbildung 9). Bis zum Punkt der Umfinanzierung – also dem Übergang in die Betriebsphase – findet auch im hier diskutierten Forfaitierungsmodell eine klassische Projektfinanzierung (vgl. Abbildung 9) statt. Dementsprechend ist das Risikoprofil beider Varianten identisch. Erst ab der Betriebsphase findet mit der Umfinanzierung und der damit einhergehenden Einführung der Forfaitierung eine Veränderung statt. Diese Veränderung hat allerdings keine wesentliche Änderung in der Risikoallokation zur Folge, sondern hat eindeutige Auswirkungen auf das Sicherheitenkonzept, das passgenau konzipiert werden kann. Im Rahmen der Erläuterung des ÖPP-Grundmodells (vgl. Kapitel 2) wurde u.a. die ökonomische Funktion der Projektfinanzierung vorgestellt. Die Projektfinanzierung sorgte u.a. aufgrund der Kapitalausstattung der Projektgesellschaft für zusätzliche Sicherheit. Des Weiteren wurde durch die Einbindung von Kreditgebern und der daraus bedingten Refinanzierungslast eine zusätzliche Kontrollinstanz geschaffen. Durch die Herauslösung des Investitionsteils mit Übergang in die Betriebsphase wird das Kapital in der Projektgesellschaft deutlich herabgesenkt. 60 Die Diskussion des Sicherheitenkonzepts erfolgt in Anlehnung an (Käsewieter, 2011). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 48 Abbildung 9: Risikoallokation und Sicherheitenkonzept im Forfaitierungsmodell Angesichts der reduzierten Sicherheiten in der Betriebsphase stellt sich die Frage, welcher Schaden der öffentlichen Hand nach der Forfaitierung mit Einredeverzicht im Falle einer Nicht-Leistung durch das private Konsortium (i.d.R. durch Insolvenz) entstehen kann. Im Falle des Projektfinanzierungsmodells treten bei Nicht-Leistung des privaten Konsortiums die Fremdkapitalgeber ein. Im Gegensatz dazu, müsste die öffentliche Hand beim Forfaitierungsmodell bei Insolvenz bzw. Nicht-Leistung des privaten Konsortiums das Projekt in konventioneller Eigenrealisierung fortsetzen. Folglich ergibt sich das maximale Schadensausmaß bei Nicht-Leistung des Privaten für die öffentliche Hand aus der Differenz zwischen den Kosten einer konventionellen Eigenrealisierung und den Kosten, die unter dem bisherigen ÖPP-Vertrag entstanden wären. Diese Überlegung lässt sich wie folgt darstellen: πππ₯. ππβπππππ ππ’π ππß (β) = πΎππ π‘ππ πΈππππππππππ ππππ’ππ − πΎππ π‘ππ Öππ Das maximale Schadensausmaß beinhaltet also die Kosteneinsparungen bzw. die entgangenen Effizienzgewinne aus der ÖPP-Beschaffung. Das maximale Schadensausmaß nimmt Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 49 mit fortschreitender Vertragslaufzeit ab, da je geringer die verbleibende Restvertragslaufzeit ist, desto geringer sind auch die potentiellen Kosteneinsparungen. Der Vergleich der Sicherheitenkonzepte zwischen klassischer Projektfinanzierung und dem Forfaitierungsmodell wird in Abbildung 10 dargestellt. Da die Forfaitierung mit Einredeverzicht im vorliegenden Lösungsansatz erst mit Beginn der Betriebsphase erklärt wird, ergibt sich erst in der Betriebsphase ein verändertes Sicherheitenkonzept. Daher erstreckt sich der Betrachtungszeitraum von Beginn der Betriebsphase (tBetrieb) bis zum ÖPPVertragsende (tVertragsende). In der Betriebsphase spielen neben der langfristigen Finanzierung noch zwei Leistungsbereiche eine Rolle: • • Erhaltung Betrieb. Der zeitliche Verlauf des maximalen Schadensausmaßes in beiden Leistungsbereichen – also den entgangenen Kosteneinsparungen – ist bei Projektfinanzierung und Forfaitierung identisch (s. Wirtschaftlichkeitsuntersuchung). Wie Abbildung 10 zu entnehmen ist, nehmen die noch zu generierenden Kosteneinsparungen aus beiden Leistungsbereichen mit zunehmender Vertragslaufzeit ab. Im Bereich der Erhaltung erhöht sich das maximale Schadensausmaß mit der Zeit, da sich erst mit zunehmender Alterung ein höherer Instandsetzungsbedarf einstellt. Die entgangenen potentiellen Kosteneinsparungen aus dem Leistungsbereich Betrieb nehmen hingegen mit zunehmender Vertragslaufzeit ab. Grundsätzlich sind die Unterschiede hinsichtlich Effizienz zwischen ÖPP und Eigenrealisierung deutlich geringer ausgeprägt. Die ÖPP-Kosten für den Betrieb werden auch hier als konstant angenommen. Im Ergebnis nimmt das maximale Schadensausmaß für den Betrieb mit zunehmender Vertragslaufzeit langsam ab. Zuletzt sind, unabhängig vom zeitlichen Eintritt der Nicht-Leistung durch den privaten Auftragnehmer, die Kosten einer zusätzlichen Ausschreibung als Konstante anzunehmen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 50 Erhaltung Betrieb Kosten (zusätzliche) Ausschreibung Abbildung 10: Gegenüberstellung des Sicherheitenkonzepts bei Projektfinanzierung und Forfaitierung 61 Das aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers mögliche maximale Schadensausmaß in der Betriebsphase wird je nach Variante unterschiedlich stark abgesichert. Bei der klassischen Projektfinanzierung bleibt die starke Sicherung aufgrund der Kapitalausstattung der Projektgesellschaft aus der Planungs- und Bauphase erhalten. Wie Abbildung 10 zu entnehmen ist, wird diese im Rahmen der Kredittilgung exemplarisch gleichmäßig zurückgeführt. Wie zu erkennen ist, kommt es dadurch zu einer deutlichen Überbesicherung in der Betriebsphase. Durch die Herabsenkung des Sicherheitenniveaus besteht eine weitere Konsequenz für die Absicherung des Risikos aus der Gewährleistung. Zur Absicherung bzw. Sanktionierung evtl. Mängel aus der Bauleistung stehen im Forfaitierungsmodell deutlich geringere Sicherheiten aus Gewährleistungen zur Verfügung. Diese Verminderung des Sicherheitenkonzepts ist insbesondere bei ÖPP-Projekten mit hohen Anteilen an komplexen Ingenieurbauwerken abzuwägen. Im Rahmen der Forfaitierung wird durch die Umfinanzierung zu Beginn der Betriebsphase der gesamte Investitionsteil aus der Projektgesellschaft herausgelöst und die Sicherheiten in einem einzigen Schritt deutlich abgesenkt. Die Anpassung der Sicherheiten auf die Differenz der Kosten Eigenrealisierung zu den Kosten ÖPP (maximales Schadensausmaß), ermöglicht ein an die Risiken der Betriebsphase angemessenen Sicherheitsrahmen. Dieser kann z.B. durch Bürgschaften, Eigenkapital o.ä. ergänzt werden. 6.1.3 Konsequenzen des Forfaitierungsmodells für die betrachtete Gruppe Für die im Rahmen der Studie betrachtete Gruppe hätte die Einführung des Forfaitierungsmodells v.a. Konsequenzen im Bereich der Finanzierung. Durch die Auslösung des Investitionsteils nach Fertigstellung der Bauleistung, müssten zumindest für den langfristigen Leis- 61 In Anlehnung an (Käsewieter, 2011). Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 51 tungsbereich des Betriebs (ca. 25 Jahre) kein oder zumindest deutlich geringeres Kapital in der Projektgesellschaft vorgehalten werden. Mit Hinblick auf die vorherigen Leistungsphasen, insbesondere die Bauphase, wäre eine weitere Ausweitung der Anschubfinanzierung hilfreich, um auch den Zwischenfinanzierungsbedarf der Unternehmen deutlich zu reduzieren. Im Ergebnis kann das Forfaitierungsmodell zusammen mit den bisher üblichen Anschubfinanzierungen der finanziellen Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe stärker Rechnung tragen. Bezüglich der kapazitativen Leistungsfähigkeit – also der Fähigkeit größere Bauvolumen abzuwickeln – müssten allerdings weitere Maßnahmen getroffen werden. Des Weiteren sind Probleme in der Angebotsphase und die häufig mangelnde Erfahrung mit der Betriebsphase zu berücksichtigen. Für das Bauunternehmen spielen, neben den finanziellen Beziehungen der Projektgesellschaft, v.a. die Auswirkungen des Modells auf die Bau-ARGE eine wichtige Rolle. Die Abrechnung bzw. Vergütung der Bauleistung aus Sicht der Bau-ARGE bleibt von dem Forfaitierungsmodell, welches auf Projektgesellschaftsebene stattfindet, unberührt. Das bedeutet, dass die erbrachten Bauleistungen der Projektgesellschaft in Rechnung gestellt werden. 6.1.4 Weitere Anpassungen des Finanzierungsmodells Weitere Anpassungen im Bereich des Finanzierungsmodells könnten, wie bereits angedeutet, beigestellte Finanzierungen durch die öffentliche Hand sein, die deutlich über den bisher gewährten Anschubfinanzierungen liegen. Dies würde insbesondere dem Kapitalbedarf der mittelständischen Unternehmen in den anfänglichen Planungs- und Bauphase Rechnung tragen. Darüber hinaus ist zu betrachten, ob eine Sonderform des Forfaitierungsmodells zu zusätzlichen Erleichterungen für die betrachtete Gruppe führen könnte, nämlich das Mogendorfer Modell. Beim Mogendorfer Modell werden bereits während der Bauphase Forderungen nach Teilabnahme (Testate) einreidefrei gestellt. In der Konsequenz werden bereits während der Bauphase für Teile der Bauleistung Kreditkonditionen, vergleichbar mit denen der öffentlichen Hand, geschaffen. Eine Umsetzung des Mogendorfer Modells hätte allerdings unmittelbare Auswirkungen auf das Risikoprofil des öffentlichen AGs in den Hochrisikophasen Planung und Bau. Die durch die Projektfinanzierung zusätzlich erzeugte Sicherheit ginge hier verloren. Aus diesem Grund wird angesichts der gewünschten Beibehaltung des Risikoprofils aus dem ÖPP-Grundmodell im Rahmen dieser Studie nicht weiter auf das Mogendorfer Modell eingegangen. 6.2 Anpassung der Leistungsbereiche Die Umfrageergebnisse ergaben, dass die Herauslösung einzelner Leistungsbereiche für einen erleichterten Zugang zu ÖPP sorgen könnte. Herauslösung des Leistungsbereichs Betrieb Ein weiterer Aspekt, der den Zugang zu ÖPP für die Unternehmen erschwert, ist die mangelnde Erfahrung im Leistungsbereich Betrieb. Ein Lösungsansatz wäre hier das Projekt ohne Betrieb zu vergeben. Der Betriebsdienst würde beim zuständigen Landesbetrieb verblei- Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 52 ben. In diesem Fall wäre der Auftragnehmer nach Fertigstellung der Bauleistung ausschließlich für die Erhaltung eben dieser Leistung zuständig (Funktionsbauvertrag). Die Herauslösung des Leistungsbereichs Betrieb kann in zwei Varianten erfolgen: a) Der ÖPP-Vertrag könnte grundsätzlich ohne Betriebsdienst ausgestaltet werden. Bei dieser Variante wird der Straßenbetriebsdienst von Beginn an nicht Teil der Ausschreibung bzw. der später vertraglich vereinbarten Leistung. Der Leistungsbereich Betrieb verbleibt bei den jeweils zuständigen Landesbetrieben. Im Ergebnis wären bei dieser Variante lediglich die Aufgaben Ausbau und Erhaltung (sowie Planung und Finanzierung) im Aufgabenbereich des privaten Partners. 62 b) Zum anderen könnte die Beistellung des Betriebsdienstes im Vertrag definiert sein. Hierbei wird der Betrieb nicht vollständig aus dem ÖPP-Vertrag herausgelöst. Im Vergleich zur ersten Variante wird auch hier der Betriebsdienst durch den Landesbetrieb erbracht. Allerdings bleibt die Verantwortung für die vertragsgemäße Durchführung des Betriebsdienstes beim privaten Auftragnehmer. Diese zusätzliche Schnittstelle ist im ÖPP-Vertragswerk zu berücksichtigen. 63 Die Herauslösung des Betriebs aus dem ÖPP-Grundmodell verändert das zugrundeliegende Risikoprofil deutlich. Daher wird dieser Ansatz hier nicht weiterverfolgt. Je nach Projektzuschnitt und –erfordernis kann ein Funktionsbauvertrag durchaus die präferierte Beschaffungsform darstellen. 6.3 Verfahrensorientierte Anpassungen Neben den bisher diskutierten und analysierten Anforderungen an ein mittelstandsorientiertes ÖPP-Projekt, wie z.B. Projektvolumen, Finanzierungsmodell und Leistungsbereich, spielen verfahrensbezogene Hemmnisse ebenfalls eine große Rolle. Dies betrifft Maßnahmen in der Angebotsphase, also in der Phase des Teilnahmewettbewerbs sowie des Verhandlungsverfahrens. Höhere Standardisierung und Angebotsentschädigung Aus der Auswertung der durchgeführten Umfrage (vgl. Kap. 0) konnten folgende Hemmnisse mit direktem Bezug zur Angebotsphase von ÖPP-Projekten festgestellt werden: • • • Zu hohe Kosten der Angebotslegung Zu komplexes ÖPP-Vertragswerk Geringe Erfolgsaussichten angesichts der Wettbewerbsstrukturen. Hier könnte v.a. eine höhere Standardisierung durch Musterverträge Abhilfe schaffen, um den rechtlichen Aufwand und die Kosten der Angebotslegung im Allgemeinen zu reduzieren. Weiterhin würde die Zahlung von auskömmlichen Entschädigungen an unterlegene Bieter das Risiko einer Angebotsabgabe deutlich reduzieren. Die Höhe der Entschädigungszahlungen für unterlegende Bieter hängt im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab: • 62 63 Dauer des Vergabeverfahrens Vgl. (MBWSV NRW, 2015), S. 7ff. Vgl. (MBWSV NRW, 2015), S. 26. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP • • • • • Seite 53 Häufigkeit der Angebotsüberarbeitung Gewinnchance und Projektpipeline Anforderungen an die Angebotsunterlagen Umfang der Leistungsbereiche Finanzierungsmodell Die Festlegung einer angemessenen Entschädigungszahlung ist daher für jedes Projekt individuell vom öffentlichen AG im Vorfeld der Ausschreibung durchzuführen. Im ÖPPHochbaubereich deckt die Entschädigungszahlung der öffentlichen Hand je nach Komplexität der Planungsaufgabe, wenn überhaupt, die Kosten der Architekten und Ingenieure ab. 6.4 Die Einordnung des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem Um zu bestimmen, welche Rolle die oben dargestellten Modelle innerhalb des derzeitigen Beschaffungssystems spielen können, ist zunächst der Projektzuschnitt zu betrachten. Der Projektzuschnitt definiert die zu übertragenden Leistungsbereiche und die zu bewirtschaftende Strecke bzw. Ausbaustrecke. Im Einzelnen erfolgt die Bestimmung des Projektzuschnitts in Abhängigkeit von (so geschehen beim Projekt A10/A24, vgl. Drucksache 18/6469): • • • • • verkehrlichen Belangen (Verkehrsstärken, DTV etc.) betrieblichen Belangen (Zuschnitt eines wirtschaftlichen Betriebsdienstes oder ggf. ohne Betriebsdienst) Ausmaß des Erhaltungsbedarfs Ausmaß des Ausbaubedarfs baurechtlichen Gegebenheiten (z.B. Naturschutz). Unter Zugrundelegung des Projetzuschnitts, wird Im Rahmen des ÖPP- Eignungstests (üWE=überschlägige Wirtschaftlichkeitseinschätzung) abgewägt, welche Variante voraussichtlich die wirtschaftlichste ist. Mit Hinblick auf die oben geführte Diskussion, kommen dafür folgende ÖPP-Varianten in Frage: • • ÖPP-Grundmodell mit Projektfinanzierung ÖPP-Forfaitierungsmodell Die Varianten und der jeweils modellspezifische Umfang der Leistungsübertragung sind in Tabelle 22 gegenübergestellt. Tabelle 22: Mögliche ÖPP-Varianten im BFStr-Bereich Projektlaufzeiten Leistungsumfang Planung Bau Erhaltung Betrieb Finanzierung PSC (konventionell) ÖPP-Grundmodell (Projektfinanzierung) Planungs-/Bauphase i.d.R. 30 Jahre X X X X X X X ÖPP-Forfaitierung X X X X (X) Bei einem ÖPP-Eignungstest (üWE) werden verschiedene Kriterien geprüft. Im Einzelnen sind die folgenden Bereiche zu untersuchen: Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP • • • • Seite 54 Umfang der zu übertragenden Leistung Risikoverteilung Projektvolumen Marktgängigkeit des Projektes. In der Abwägung zwischen ÖPP-Grundmodell mit dem Modell ÖPP-Forfaitierung stehen in erster Linie die verbesserten Finanzierungskonditionen des Forfaitierungsmodells aus Sicht des öffentlichen AGs dem umfangreicheren Sicherheitenkonzept des Grundmodells mit Projektfinanzierung gegenüber. Das Forfaitierungsmodell kommt insbesondere für Projekte in Frage, die ausgehend vom „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“: • • einen geringen Anteil an Ingenieurbauwerken aufweisen („Gewährleistungsrisiko“ ist gering) vornehmlich Erhaltungsprojekte, also Vorhaben mit geringen Ausbaustrecken sind Die oben beschriebenen Kriterien, die für ein Forfaitierungsmodell vorteilhaft sind, haben i.d.R. ein geringeres Projekt- bzw. Finanzierungsvolumen zur Folge. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die in Tabelle 22 dargestellten Varianten zu kombinieren. So ist eine Variante ÖPP-Forfaitierung bzw. ÖPP-Grundmodell ohne Übertragung des Leistungsbereichs Betrieb durchaus denkbar, auch wenn dabei das zugrundeliegende Risikoprofil nicht mehr gewahrt wäre. Die Integration des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem kann für bestimmte Projektzuschnitte eine erhöhte Marktgängigkeit und somit für einen größeren Wettbewerb sorgen. In Abhängigkeit des im Rahmen der überschlägigen Wirtschaftlichkeitseinschätzung festgelegten Projektzuschnitts, muss die Beschäftigung mit allen Beschaffungsalternativen erfolgen. Im Ergebnis ist diejenige Alternative zu identifizieren, die am besten zur Lösung der Aufgabe geeignet ist. 6.5 Zwischenfazit Durch die Einführung des Forfaitierungsmodells kann der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe eher Rechnung getragen werden. Sie führt zu einer deutlichen Verringerung der Finanzierungslasten und ermöglicht den Unternehmen überhaupt ein Finanzierungsangebot zu legen. Aus Sicht des öffentlichen AGs verschiebt sich die Verteilung der Risiken nicht, Auswirkungen auf die Sicherheit und die Länge des „Sanktionierungshebels“ sind allerdings feststellbar. Um das maximale Schadensausmaß für den öffentlichen AG abzudecken, sind von der Projektgesellschaft bzw. den Gesellschaftern Sicherheiten durch Bürgschaften o.ä. zu stellen. Das max. Schadensausmaß der Nicht-Leistung durch den Privaten ergibt sich aus der Differenz der Kosten der Eigenrealisierung zu den Kosten des ÖPP-Projekts zuzüglich der notwendigen Ausschreibungskosten. Des Weiteren ist insbesondere bei Projektzuschnitten, die einen hohen Anteil an komplexen Ingenieurbauwerken haben, das im Vergleich zum ÖPP-Grundmodell erhöhte Gewährleistungsrisiko abzuwägen. Dass eine effiziente Beschaffung im Rahmen von Forfaitierungsmodellen ebenfalls möglich ist, konnte bereits durch Erfahrungen aus dem ÖPP-Hochbau belegt werden. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Diskussion Mittelstandsgerechter Ausgestaltungsmöglichkeiten von ÖPP Seite 55 Das Erreichen eines Zieles des öffentlichen AGs ist durch die Einführung eines Forfaitierungsmodells allerdings nicht mehr im ursprünglichen Maße einzuhalten, nämlich die Beteiligung von institutionellen Investoren. Das Herauslösen des Leistungsbereichs „Betrieb“ erscheint auf den ersten Blick mit erheblichen Schnittstellen verbunden zu sein, die zusätzlich vertraglich geregelt werden müssten. Außerdem zieht es, je nach Art und Weise des Herauslösens, eine Änderung der Risikoallokation bzw. des –profils nach sich. 64 Die verfahrensorientierten Anpassungen sind sicherlich am ehesten durchzuführen. Im ÖPPHochbaubereich existiert seit geraumer Zeit ein Standardvertrag, der dann individuell an die jeweiligen Projektgegebenheiten angepasst wird. Dies wäre sicherlich im Bundesfernstraßenbereich seitens des öffentlichen Auftraggebers ebenfalls leistbar. Die Integration des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem - als Alternative neben dem ÖPP-Grundmodell - und weitere Anpassungen für entsprechende Projektzuschnitte könnten eine erhöhte Marktgängigkeit erzeugen und somit für einen größeren Wettbewerb sorgen. In Abhängigkeit des Projektzuschnitts muss die Beschäftigung mit allen Beschaffungsalternativen erfolgen, um diejenige Alternative zu identifizieren, die am besten zur Lösung der Aufgabe geeignet ist. 64 Demgegenüber stehen die positiven Erfahrungen der niederländischen DBFM-Projekte. Hierbei wird der Betrieb regelmäßig nicht Bestandteil der Ausschreibung. Inwiefern diese Erfahrungen auf Deutschland übertragbar sind, müsste in einer separaten Studie untersucht werden. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Fazit und Ausblick Seite 56 7 Fazit und Ausblick Die wesentlichen Gründe des öffentlichen AGs zur Umsetzung von ÖPP im Bundesfernstraßenbereich sind hohe Effizienz (durch Lebenszyklusorientierung, schnelle Realisierung, Innovationen) und die damit im Vergleich zur konventionellen Beschaffung verbundene bessere Wirtschaftlichkeit. Der umfänglichen Übertragung von Risiken auf den privaten Partner kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Darüber hinaus soll ein Rahmen für Anlagemöglichkeiten privaten Kapitals geschaffen werden. Sämtliche der bisherigen acht ÖPP-Projekte im BFStr-Bereich wurden in Form einer Projektfinanzierung umgesetzt. Durch die Finanzierungsstruktur werden ökonomische Funktionen erzeugt, die u.a. für eine enge Steuerung und Kontrolle der Projekte sorgen und die Risiken aus der Bauleistung sowie der Nicht-Leistung mit erheblichem Sanktionspotential hinterlegt. In der aktuellen Situation ist das BAB-Netz als relevante Bezugsgröße zu betrachten. Die bisherigen acht Projekte haben einen: • • Streckenanteil von 3,6 % (ca. 470 km von 12.949 km) und einen monetären Anteil an den Ausgaben für BAB (HH2016E) von ca. 8,8 % (u.a. durch hohe Anschubfinanzierungen verursacht). Dieses Volumen wird dem Markt für die Vertragslaufzeit entzogen. Langfristig ist eine Ausweitung von ÖPP-Projekten zu erwarten. Nach der Umsetzung der derzeitig geplanten drei ÖPP-Staffeln wird der für ÖPP zweckgebundene Anteil für Bundesautobahnen im Bundeshaushalt im Jahre 2030 voraussichtlich bis zu 20 %betragen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass ÖPP unter Zugrundlegung der derzeitigen Projekt-Pipeline zwar nicht die bevorzugte Beschaffungsform sein wird. Die konventionelle Beschaffungsform wird weiterhin die tragende Rolle in der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen im Bundesfernstraßenbereich spielen. Allerdings werden dem für mittelständische Unternehmen relevanten Markt in diesem Maße öffentliche Ausschreibungen „entzogen“, was eine Veränderung des Wettbewerbs zur Folge haben könnte. Aus § 7 BHO folgt die Notwendigkeit, die Wirtschaftlichkeit im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nachzuweisen. Aus diesem Grund sind aus Sicht der öffentlichen Hand bestimmte Mindestinvestitionsvolumina bzw. Streckenlängen erforderlich. Diese Anforderungen ergeben sich u.a. aus der Notwendigkeit, Effizienzgewinne aus der Bauaufgabe generieren zu können und einen wirtschaftlichen Betriebsdienst bereitzustellen. Insgesamt werden die Ziele des öffentlichen AGs mit dem ÖPP-Grundmodell weitestgehend erreicht. Unter Berücksichtigung der durchgeführten Befragung von Mitgliedsunternehmen des ZDB konnte zunächst die im Rahmen des Projektes betrachtete mittelständische Gruppe eingeordnet werden. Unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Bereich des Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbaus ergab sich eine statistische Einordnung, die etwas oberhalb der gängigen Mittelstandsdefinitionen liegt (u.a. Jahresumsatz bis 100 Mio. €, Anzahl der Mitarbeiter <500). Die bisherigen ÖPP-Erfahrungen der betrachteten Gruppe unter den derzeitigen Bedingungen sind gering. Des Weiteren konnten finanzielle, fachliche und kapazitative Hemmnisse herausgearbeitet werden. Im Bereich der finanziellen Hemmnisse waren v.a. die hohen Kosten zur Angebotslegung, zu hohe Finanzierungsvolumen und –laufzeiten sowie negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen für das übrige Geschäft die entscheidenden Aspekte. Gelindert werden Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Fazit und Ausblick Seite 57 könnten diese nach Meinung der befragten Unternehmen z.B. durch einen höheren Grad an Standardisierung (Musterverträge) oder durch Angebotsentschädigungen. Des Weiteren wurden deutliche Reduzierungen der Finanzierungsvolumina und die Erhöhung von Anschubfinanzierungen als notwendige Anpassungen genannt. Als fachliche Hemmnisse wurden v.a. das komplexe ÖPP-Vertragswerk sowie unzureichende Kenntnisse in Leistungsbereichen außerhalb des Baus (und der Erhaltung) genannt. Im Bereich der kapazitativen Hemmnisse wurde v.a. der hohe Aufwand zur Angebotslegung und die allgemein zu geringen Kapazitäten genannt. Anpassungsbedarf wurde hier z.B. im Bereich der Bildungsangebote und in der Herauslösung einzelner Leistungsbereiche aus dem ÖPP-Modell gesehen. Eine Kongruenz zwischen der betrachteten Gruppe und den ÖPP-Projektanforderungen des öffentlichen AGs – insbesondere bezüglich des „durchschnittlichen ÖPP-Projekts“ – ist derzeit nicht gegeben. Aus den bisher acht umgesetzten ÖPP-Projekten (A- und V-Modelle –ohne F-Modelle) kann ein „durchschnittliches ÖPP Projekt“ mit den folgenden Projektparametern ermittelt werden: • • • • • Vertragslaufzeit: 30 Jahre Durchschnittliche Baukosten: ca. 350 Mio. € Vertragsstrecke: ca. 60 km Ausbaustrecke: ca. 40 km Leistungsumfang: Bau, Erhaltung, Betrieb, Projektfinanzierung. Ausgehend von der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe, konnte ein maximales Projektvolumen von 160 Mio. €, was einer Ausbaustrecke von 15-20 km entspricht, identifiziert werden. Im Vergleich zum bisherigen „durchschnittlichen ÖPP-Projekt“ stellt sich hier eine deutliche Diskrepanz dar. Die Analyse von „großen Mittelständlern“ bei bereits durchgeführten ÖPP-Projekten ergab, dass ein Jahresumsatz von mindestens 200 Mio. € von Nöten wäre, um ausreichend leistungsfähig für ÖPP-Projekte im BFStr-Bereich zu sein. Unter Zugrundelegung der drei Projekte „großer Mittelstand“ wäre sogar ein Jahresumsatz von 300 Mio. € erforderlich Des Weiteren wäre auf Basis der verfügbaren Projektdaten Eigenkapital von 4-5 Mio. € (etwa 1-2 % des zu finanzierenden Bauvolumens) für die Projektgesellschaft bereitzustellen. Neben den ermittelten finanziellen und kapazitativen Anforderungen müssten durch die Unternehmen auch weitere qualitative Anforderungen hinsichtlich der fachlichen Eignung erfüllt werden. Durch die Einführung des Forfaitierungsmodells kann der Leistungsfähigkeit der betrachteten Gruppe eher Rechnung getragen werden. Das Modell kann die Risikoallokation und im Wesentlichen auch weitere Anforderungen des öffentlichen AG erfüllen und dabei die Finanzierungslast aus Sicht der Unternehmen deutlich reduzieren. Im Ergebnis könnte die Integration des Forfaitierungsmodells in das bestehende Beschaffungssystem - als Alternative neben dem ÖPP-Grundmodell - und weitere Anpassungen für entsprechende Projektzuschnitte eine erhöhte Marktgängigkeit erzeugen und somit für einen größeren Wettbewerb sorgen. In Abhängigkeit des Projektzuschnitts muss die Beschäftigung mit allen Beschaffungsalternativen erfolgen, um diejenige Alternative zu identifizieren, die am besten zur Lösung der Aufgabe geeignet ist. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Literaturverzeichnis Seite 58 Literaturverzeichnis Alfen, H. W., & Schaedel, V. (2008). Leitfaden "Beteiligung mittelständischer Bauunternehmen am Geschäftsfeld PPP". Weimar. Alfen, H. W., & Weber, B. (2009). Infrastrukturinvestitionen - Projektfinanzierung und PPP. Köln: Bank-Verlag Medien GmbH. BMVBS. (2011). Öffentlich-Private-Partnerschaften am Beispiel des Bundesfernstraßenbaus. BMVI. (2015). Das A-Modell (Ausbaumodell). 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Oktober 2015 von http://www.vifg.de/de/projekte/f-modell/index.php Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang Seite 59 Anhang Anhang A: Berücksichtigte Haushaltspositionen zur Berechnung der Investitionen in die BFStr und BAB Haushaltspositionen Investitionen in die BFStr Tgr. 01 Nutzerfinanzierter Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen 741 11 721 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 22 722 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesstraßen) 741 31 721 Um- und Ausbau, Rastanlagen, Lärmschutzmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 32 721 Erhaltung (Bundesautobahnen) 741 42 722 Erhaltung (Bundesstraßen) 742 11 721 Bau und Erhaltung von Verkehrseinrichtungen und Verkehrsanlagen (Bundesautobahnen) 821 11 721 Grunderw erb für Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 821 22 722 Grunderw erb für Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesstraßen) 821 31 721 Grunderw erb für Um- und Ausbau, Rastanlagen, Lärmschutzmaßnahmen (Bundesautobahnen) 823 11 721 Erw erbsanteile im Rahmen von ÖPP-Projekten (Bundesautobahnen) Ausgaben für Investitionen 744 01 729 Privatstraßen des Bundes 883 02 725 Zuw eisungen an kommunale Baulastträger nach § 5 a Bundesfernstraßengesetz (FStrG) Tgr. 01 Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen 711 12 721 Hochbauten an Bundesautobahnen bis 2 000 000 € Baukosten 711 22 722 Hochbauten an Bundesstraßen bis 2 000 000 € Baukosten 712 12 721 Hochbauten an Bundesautobahnen über 2 000 000 € Baukosten 712 22 722 Hochbauten an Bundesstraßen über 2 000 000 € Baukosten 741 11 721 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 22 722 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesstraßen) 741 32 721 Erhaltung (Bundesautobahnen) 741 41 722 Um- und Ausbau, Lärmschutzmaßnahmen (Bundesstraßen) 741 42 722 Erhaltung (Bundesstraßen) 742 21 722 Bau und Erhaltung von Verkehrseinrichtungen und Verkehrsanlagen (Bundesstraßen) 743 12 721 Baukostenzuschüsse der Europäischen Union für Investitionen in Transeuropäische Verkehrsnetze im Bereich Bundesautobahnen 743 32 721 Baukostenzuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entw icklung der Verkehrsinfrastrukturvorhaben im Bereich der Bundesautobahnen 743 42 722 Baukostenzuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entw icklung der Verkehrsinfrastrukturvorhaben im Bereich der Bundesstraßen 745 21 722 Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) (Bundesstraßen) 746 22 722 Bau von Radw egen einschließlich Erhaltung (Bundesstraßen) 811 12 721 Erw erb von Kraftfahrzeugen (Bundesautobahnen) 811 22 722 Erw erb von Kraftfahrzeugen (Bundesstraßen) 812 12 721 Erw erb von Geräten (einschl. Stahlflachstraßen) und Maschinen mit Ausgaben von mehr als 5 000 € im Einzelfall (Bundesautobahnen) 812 22 722 Erw erb von Geräten und Maschinen mit Ausgaben von mehr als 5 000 € im Einzelfall (Bundesstraßen) 821 22 722 Grunderw erb für Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesstraßen) 821 41 722 Grunderw erb für Um- und Ausbau einschl. Lärmschutzmaßnahmen (Bundesstraßen) 823 12 721 Erw erb privat vorfinanzierter Bundesautobahnabschnitte 823 22 722 Erw erb privat vorfinanzierter Bundesstraßenabschnitte Abbildung 11: Haushaltspositionen Investitionen in die BFStr 65 Vgl. Bundeshaushalte 2009-2016E 65 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang A: Berücksichtigte Haushaltspositionen zur Berechnung der Investitionen in die BFStr und BAB Seite 60 Haushaltspositionen Investitionen in die BAB Tgr. 01 Nutzerfinanzierter Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen 741 11 721 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 31 721 Um- und Ausbau, Rastanlagen, Lärmschutzmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 32 721 Erhaltung (Bundesautobahnen) 742 11 721 Bau und Erhaltung von Verkehrseinrichtungen und Verkehrsanlagen (Bundesautobahnen) 821 11 721 Grunderw erb für Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 821 31 721 Grunderw erb für Um- und Ausbau, Rastanlagen, Lärmschutzmaßnahmen (Bundesautobahnen) 823 11 721 Erw erbsanteile im Rahmen von ÖPP-Projekten (Bundesautobahnen) Ausgaben für Investitionen 744 01 729 Privatstraßen des Bundes 883 02 725 Zuw eisungen an kommunale Baulastträger nach § 5 a Bundesfernstraßengesetz (FStrG) Tgr. 01 Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen 711 12 721 Hochbauten an Bundesautobahnen bis 2 000 000 € Baukosten 712 12 721 Hochbauten an Bundesautobahnen über 2 000 000 € Baukosten 741 11 721 Bedarfsplanmaßnahmen (Bundesautobahnen) 741 32 721 Erhaltung (Bundesautobahnen) 743 12 721 Baukostenzuschüsse der Europäischen Union für Investitionen in Transeuropäische Verkehrsnetze im Bereich Bundesautobahnen 743 32 721 Baukostenzuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entw icklung der Verkehrsinfrastrukturvorhaben im Bereich der Bundesautobahnen 811 12 721 Erw erb von Kraftfahrzeugen (Bundesautobahnen) 812 12 721 Erw erb von Geräten (einschl. Stahlflachstraßen) und Maschinen mit Ausgaben von mehr als 5 000 € im Einzelfall (Bundesautobahnen) 823 12 721 Erw erb privat vorfinanzierter Bundesautobahnabschnitte 823 22 722 Erw erb privat vorfinanzierter Bundesstraßenabschnitte Abbildung 12:Haushaltspositionen Investitionen in die BAB 66 Vgl. Bundeshaushalte 2009-2016E 66 2. ÖPP Staffel 1. ÖPP Staffel Status unter Verkehr (Fertigstellung: 09.12.2010) unter Verkehr (Fertigstellung: 07.09.2010) unter Verkehr (Fertigstellung: 11.10.2012) unter Verkehr (Fertigstellung: 17.07.2014) unter Verkehr (Fertigstellung: 28.09.2015) unter Verkehr (Fertigstellung: 05.09.2014) in Bau (Vertragstermin Fertigstellung: 28.12.2018) Vergeben (Baubeginn: Februar 2016) Standort A8 AugsburgMünchen A4 UmfahrungHörselberge Staffel A1 BremenHamburg A5 MalschOffenburg A8 UlmAugsburg A9 LederhoseLandesgrenze TH/BY A7 HamburgBordesholm A94 Forstinning Marktl 01.02.2016 (30 Jahre) 01.09.2014 (30 Jahre) 01.10.2011 (20 Jahre) 01.06.2011 (30 Jahre) 01.04.2009 (30 Jahre) 16.08.2008 (30 Jahre) 16.10.2007 (30 Jahre) 01.05.2007 (30 Jahre) Vertragsbeginn (Laufzeit) 77 km (Vertrag) 77 km (Erhaltung & Betrieb) 65 km (Vertrag) 59 km (Erhaltung & Betrieb) 46,5 km (Vertrag) 46,5 km (Erhaltung & Betrieb) 58 km (Vertrag) 58 km (Erhaltung & Betrieb) 59,8 km (Vertrag) 59,8 km (Erhaltung & Betrieb) 72,5 km (Vertrag und Erhaltung) 65,5 km (Betrieb) 44,4 km (Vertrag) 44,4 km (Erhaltung & Betrieb) 52 km (Vertrag) 52 km (Erhaltung & Betrieb) Vertragsstrecke/ Erhaltung und Betrieb 33 km 65 km 19 km 41 km 42 km 73 km 25 km 37 km Neu-/ Ausbau 400 Mio. € 735 Mio. € 140 Mio. € 350 Mio. € 540 Mio. € 200 Mio. € 250 Mio. € Bauvolumen V-Modell V-Modell V-Modell A-Modell (Einheitsmaut) A-Modell A-Modell A-Modell A-Modell Modell (Aus-)Bau, Betrieb, Er-haltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Er-haltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Er-haltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung (Aus-)Bau (inkl. Grunderwerb), Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung Neu-,Aus- und Rückbau, Erhaltung, Betrieb, anteilige Projektfinanzierung (Aus-)Bau, Betrieb, Erhaltung, Projektfinanzierung Leistungsumfang BAM PPP Effiage Concessions Berger Bau Hochtief PPP Solutions DIF KEMNA Bau VINCI Concessions BAM PPP Vinci Concessions Meridiam Infrastructure Strabag Hochtief PPP Solutions Strabag Hochtief PPP Solutions * Vinci Concessions Meridiam Infrastructure Bilfinger* John Laing Infrastructure Johann Bunte BAM PPP Bau Egis Investment Partners Fluor Infrastructure Berger Bau Konsortium *inzwischen aus dem Konsortium ausgeschieden Isentalautobahn GmbH & Co. KG Via Solutions Nord GmbH & Co. KG Via Gateway Thüringen GmbH & Co. KG Pansuevia GmbH & Co. KG Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG A1 mobil GmbH & Co. KG Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG autobahnplus A 8 GmbH Projektgesellschaft Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang B: Übersicht ÖPP-Projekte Seite 61 Anhang B: Übersicht ÖPP-Projekte Tabelle 23: In der Umsetzung befindliche ÖPP-Projekte; 1. und 2. Staffel 3. ÖPPStaffel 2. ÖPPStaffel Vertragsstrecke noch nicht definiert Vertragsstrecke noch nicht definiert in Vorbereitung (Vergabeverfahren 1. HJ 2016) in Vorbereitung Vergabeverfahren läuft in Vorbereitung in Vorbereitung in Vorbereitung in Vorbereitung in Vorbereitung (Vergabeverfahren Mitte 2016) in Vorbereitung in Vorbereitung A61 Worms - Speyer A44 Kassel/ Süd - Diemelstadt A3 Biebelried - Fürth/Erlangen A8 Rosenheim - Bundesgrenze D/A A10/A24 Neuruppin - Pankow E 233 Meppen - Cloppenburg A26 Hamburg – Rübke (Hafenquerspange) A 57 Köln/ Nord - Moers A 20 Elbquerung A 4 Gotha - Landesgrenze TH/S B 247 Bad Langensalza - A 38 A 49 Kassel/ West - Anschluss A 49 Vergabeverfahren läuft A6 Wiesloch/ Rauenberg Weinsberg Vertragsstrecke noch nicht definiert Vergabeverfahren läuft A7 Salzgitter - Göttingen A1/A30 Lotte/ Osnabrück Münster Status Standort Vertragsbeginn (Laufzeit) vorauss. 40 km vorauss. 70 km vorauss. 122 km vorauss. 8 km (Konzession) vorauss. 25 km (Konzession) vorauss. 90 km 74 km (Vertrag) vorauss. 35 km vorauss. 79 km vorauss. 45 km vorauss. 30 km vorauss. 90 km 47 km 72 km Vertragsstrecke/ Erhaltung und Betrieb 26 km 29 km Neu-/ Ausbau Bauvolumen vorauss. reines Erhaltungsprojekt vorauss. FModell vorauss. FModell V-Modell V-Modell V-Modell Modell Leistungsumfang Projektgesellschaft Konsortium Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang B: Übersicht ÖPP-Projekte Seite 62 Tabelle 24: In der Planung befindliche Projekte Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang C: Ausgaben des Bundes für die BFStr Seite 63 Anhang C: Ausgaben des Bundes für die BFStr Tabelle 25: Ausgaben des Bundes für die BFStr (in T€) 2012 2013 2014 2015 (Soll) 2016 (Soll) Betrieb Investition Summe ÖPP-Anteil ÖPP-Anteil in % 927.349 1.023.982 945.913 968.685 978.195 4.924.666 4.600.791 5.326.560 5.058.351 5.685.355 5.852.015 5.624.773 6.272.473 6.027.036 6.663.550 176.000 182.000 164.000 135.000 380.000 3,0 3,2 2,6 2,2 5,7 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang D: Rechenbeispiel zur Prognose der Haushaltsbelastungen im Betrachtungsjahr 2030 Seite 64 Anhang D: Rechenbeispiel zur Prognose der Haushaltsbelastungen im Betrachtungsjahr 2030 1. ÖPP-Staffel Beispiel A8: Augsburg – München πΊππ πππ‘ππ’π πππππ (π»π»2016πΈ) − πππ βππ π£ππππ’π ππππ‘(2016) = π£πππππππππππ πΊππ πππ‘ππ’π πππππ π£πππππππππππ πΊππ πππ‘ππ’π πππππ = π»π» − π΅ππππ π‘π’ππππ π. π. (ππ 2017) π ππ π‘π£πππ‘ππππ πππ’ππ§πππ‘ 843 πππ. € − 223 πππ. € = 620 πππ. € HH-Belastungen ab 2017 werden unter Berücksichtigung einer Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt: 620 πππ. € = π§ + π§ ∗ (1,02) + π§ ∗ (1,02)2 + π§ ∗ (1,02)3 + π§ ∗ (1,02)4 + π§ ∗ (1,02)5 … π§(2017) ≈ 25 πππ. € Die Auflösung nach z ergibt die HH-Belastung im Jahre 2017, die in den Folgejahren um 2 % p.a. wächst. Für den Betrachtungszeitpunkt 2030 ergibt sich für das Projekt A8 I eine HH-Belastung von ca. 32,3 Mio. €. 2. ÖPP-Staffel Beispiel A7: Hamburg – Bordesholm πΊππ πππ‘ππ’π πππππ (π»π»2016πΈ) − πππ€äβππ‘π π΄ππ πβπ’πππππππ§ππππ’ππ = π£ππππ. πΊππ πππ‘ππ’π πππππ π£ππππ. πΊππ πππ‘ππ’π πππππ = π»π» − π΅ππππ π‘π’ππππ π. π. (ππ ππ‘ππβπ‘ππ) π ππ π‘πππ’ππ§πππ‘ Die Bauzeit bis 31.12.2018 prognostiziert. Folglich werden die verbleibenden Gesamtausgaben ab dem 01.01.2019 gleichmäßig über die Restlaufzeit – 25,7 Jahre (Jan 19 – Aug 44) – verteilt. 1.479 πππ. € − 285 πππ. € = 1.194 πππ. € HH-Belastungen ab 2019 werden unter Berücksichtigung einer Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt: 1.194 πππ. € = π§ + π§ ∗ (1,02) + π§ ∗ (1,02)2 + π§ ∗ (1,02)3 + π§ ∗ (1,02)4 + π§ ∗ (1,02)5 … π§(2017) ≈ 36 πππ. € Für den Betrachtungszeitpunkt 2030 ergibt sich für das Projekt A7 HH-Bordesholm eine HHBelastung von ca. 44,7 Mio. €. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang D: Rechenbeispiel zur Prognose der Haushaltsbelastungen im Betrachtungsjahr 2030 Seite 65 3. ÖPP-Staffel Beispiel A3: Biebelried – Fürth/Erlangen Bei den Projekten der 3. Staffel musste eine Annahme über die Höhe der Anschubfinanzierung getroffen werden. Für die Beispielrechnung wird mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 20 % der im Haushalt veranschlagten Gesamtausgabe gerechnet. Für alle Projekte wird eine Bauzeit von 4 Jahren angenommen. πΊππ πππ‘ππ’π πππππ (π»π»2016πΈ) − π΄ππ πβπ’πππππππ§ππππ’ππ (@20%) = π£ππππ. πΊππ πππ‘ππ’π πππππ π΄ππ πβπ’πππππππ§ππππ’ππ = 20% ∗ πΊππ πππ‘ππ’π πππππ (π»π»2016πΈ) π΄ππ πβπ’πππππππ§ππππ’ππ = 0,20 ∗ 2.400 πππ. € = 480 πππ. € 2.400 πππ. € − 480 πππ. € = 1.920 πππ. € HH-Belastungen ab 2023 werden unter Berücksichtigung einer Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt: 1.920 πππ. € = π§ + π§ ∗ (1,02) + π§ ∗ (1,02)2 + π§ ∗ (1,02)3 + π§ ∗ (1,02)4 + π§ ∗ (1,02)5 … π§(2023) ≈ 57 πππ. € Für den Betrachtungszeitpunkt 2030 ergibt sich für das Projekt A3 eine HH-Belastung von ca. 65,5 Mio. €. Verbleibende Projekte 3. ÖPP Staffel Insgesamt sind laut BMVI rd. 14 Mrd. € an Gesamtausgaben für die 3. ÖPP-Staffel vorgesehen. Abzüglich der veranschlagten Gesamtausgaben der Projekte der 3. Staffel, die bereits bekannt sind (A3 Biebelried, A10/A24 Neuruppin, A4 Gotha, E233 Meppen), und den beiden F-Modellen (A20 und A26) ergeben sich Gesamtausgaben von ca. 6,6 Mrd. €. Unter Berücksichtigung der angenommenen Anschubfinanzierung von 20 %, ergeben sich verbleibende Gesamtausgaben von rd. 5,3 Mrd. €. Diese werden unter der gleichen Systematik wie oben beschrieben über einen Zeitraum von 26 Jahren verteilt HH-Belastungen ab 2025 werden unter Berücksichtigung einer Steigerung der jährlichen Haushaltsbelastung von 2 % über die Restlaufzeit verteilt: 5.300 πππ. € = π§ + π§ ∗ (1,02) + π§ ∗ (1,02)2 + π§ ∗ (1,02)3 + π§ ∗ (1,02)4 + π§ ∗ (1,02)5 … Für den Betrachtungszeitpunkt 2030 ergibt sich für die verbliebenden Projekte der 3. Staffel eine HH-Belastung von ca. 175 Mio. €. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang D: Rechenbeispiel zur Prognose der Haushaltsbelastungen im Betrachtungsjahr 2030 Seite 66 Tabelle 26: Prognose der Haushaltsbelastungen für das Jahr 2030 (in Mio. €) 3. ÖPP Staffel 2. ÖPP Staffel 1. ÖPP Staffel Projekt Gesamtausgaben (HH2016E) HH-Belastung 2030 A8 Augsburg – München A4 Umfahrung Hörselberge A1 Bremen – Hamburg A5 Maisch – Offenburg 843 672 1.003 666 32,3 25,9 38,3 26,4 SUMME 3.184 122,6 A8 Ulm – Augsburg A9 Lederhose - Landesgrenze TH/BY A7 Hamburg – Bordesholm A94 Forstinning – Marktl A7 Salzgitter – Göttingen A6 Wiesloch/ Rauenberg - Weinsberg A1/A30 Lotte/ Osnabrück - Münster A61 Worms - Speyer A44 Kassel/ Süd - Diemelstadt 1.345 406 1.479 1.100 1.000 1.300 1.300 800 600 46,4 19,8 44,7 32,0 28,3 36,0 36,2 21,8 16,4 SUMME 9.330 281,7 A3 Biebelried - Fürth/Erlangen A10/A24 Neuruppin - Pankow A 4 Gotha - Landesgrenze TH/S E 233 Meppen - Cloppenburg A 20 Elbquerung (F-Modell) Übrige Projekte 3. Staffel 2.400 1.200 1.000 1.600 600 7.200 65,5 32,8 27,3 43,7 173,1 SUMME 14.000 342,3 GESAMTSUMME 26.514 746,6 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang E: Prognose des Bundeshaushalts 2030 Anhang E: Prognose des Bundeshaushalts 2030 Steigerungsrate 2% Betrieb (BFStr) Investition BFStr Summe BFStr 2007 729.319 € 3.573.534 € 4.302.853 € 2008 762.229 € 3.474.275 € 4.236.504 € 2009 884.118 € 3.086.458 € 3.970.576 € 2010 977.452 € 2.686.766 € 3.664.218 € 2011 994.802 € 3.811.046 € 4.805.848 € 2012 927.349 € 4.924.666 € 5.852.015 € 2013 1.023.982 € 4.600.791 € 5.624.773 € 2014 945.913 € 5.326.560 € 6.272.473 € 2015 (Soll) 968.685 € 5.058.351 € 6.027.036 € 2016 (Soll) 978.195 € 5.685.355 € 6.663.550 € 2017 (Soll) 997.759 € 5.799.062 € 6.796.821 € 2018 (Soll) 1.017.714 € 5.915.043 € 6.932.757 € 2019 (Soll) 1.038.068 € 6.033.344 € 7.071.413 € 2020 (Soll) 1.058.830 € 6.154.011 € 7.212.841 € 2021 (Soll) 1.080.006 € 6.277.091 € 7.357.098 € 2022 (Soll) 1.101.606 € 6.402.633 € 7.504.240 € 2023 (Soll) 1.123.639 € 6.530.686 € 7.654.324 € 2024 (Soll) 1.146.111 € 6.661.300 € 7.807.411 € 2025 (Soll) 1.169.034 € 6.794.526 € 7.963.559 € 2026 (Soll) 1.192.414 € 6.930.416 € 8.122.830 € 2027 (Soll) 1.216.263 € 7.069.024 € 8.285.287 € 2028 (Soll) 1.240.588 € 7.210.405 € 8.450.993 € 2029 (Soll) 1.265.400 € 7.354.613 € 8.620.012 € 1.290.708 € 7.501.705 € 8.792.413 € HH-Prognose 2030 8.800.000 € 2030 (Soll) Abbildung 13: Prognose des Bundeshaushalts 2030 von BFStr Seite 67 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang E: Prognose des Bundeshaushalts 2030 Steigerungsrate 2% Betrieb BAB Investition BAB Summe BAB 2007 376.930 € 2.018.947 € 2.395.877 € 2008 389.611 € 1.975.850 € 2.365.461 € 2009 470.551 € 1.806.512 € 2.277.063 € 2010 532.154 € 1.535.078 € 2.067.232 € 2011 554.639 € 2.443.981 € 2.998.620 € 2012 526.493 € 2.933.770 € 3.460.263 € 2013 580.205 € 2.658.172 € 3.238.377 € 2014 528.150 € 3.409.330 € 3.937.480 € 2015 (Soll) 520.000 € 3.258.164 € 3.778.164 € 2016 (Soll) 549.000 € 3.754.301 € 4.303.301 € 2017 (Soll) 559.980 € 3.829.387 € 4.389.367 € 2018 (Soll) 571.180 € 3.905.975 € 4.477.154 € 2019 (Soll) 582.603 € 3.984.094 € 4.566.697 € 2020 (Soll) 594.255 € 4.063.776 € 4.658.031 € 2021 (Soll) 606.140 € 4.145.052 € 4.751.192 € 2022 (Soll) 618.263 € 4.227.953 € 4.846.216 € 2023 (Soll) 630.628 € 4.312.512 € 4.943.140 € 2024 (Soll) 643.241 € 4.398.762 € 5.042.003 € 2025 (Soll) 656.106 € 4.486.737 € 5.142.843 € 2026 (Soll) 669.228 € 4.576.472 € 5.245.700 € 2027 (Soll) 682.612 € 4.668.001 € 5.350.614 € 2028 (Soll) 696.265 € 4.761.361 € 5.457.626 € 2029 (Soll) 710.190 € 4.856.589 € 5.566.779 € 724.394 € 4.953.720 € 5.678.114 € HH-Prognose 2030 5.700.000 € 2030 (Soll) Abbildung 14: Prognose des Bundeshaushalts 2030 von BAB Seite 68 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang F: Musterfragebogen Anhang F: Musterfragebogen Abbildung 15: Musterfragebogen, S. 1 Seite 69 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang F: Musterfragebogen Abbildung 16: Musterfragebogen, S. 2 Seite 70 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang F: Musterfragebogen Abbildung 17: Musterfragebogen, S. 3 Seite 71 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang F: Musterfragebogen Abbildung 18: Musterfragebogen, S. 4 Seite 72 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Seite 73 Anhang G: Auswertung der Befragung • Wirtschaftszweig (Frage 8.3) 35 32 Anzahl der Unternehmen 30 24 25 20 20 15 13 10 5 0 Sparte(n)/ Tätigkeitsbereich(e) Rückmeldungen insgesamt tätig im Bereich Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau Anteil >40% im Bereich Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau Anteil >40% im Bereich Tief- und Verkehrswegebau Abbildung 19: Sparten bzw. Tätigkeitsbereiche der betrachteten Gruppe Abbildung 19 stellt die Kategorisierung aller Rückmeldungen zusammen. Die folgende Definition der betrachteten mittelständischen Gruppe erfolgt basierend auf den Angaben der 20 Unternehmen, die mindestens zu 40 % in den Bereichen Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau wirtschaftlich tätig sind. • Anzahl der Mitarbeiter (Frage 8.5) Die Anzahl der gewerblichen Mitarbeiter in den Unternehmen der betrachteten Gruppe kann Abbildung 20 entnommen werden. Hierbei wird ersichtlich, dass die Gesamtspanne von <50 bis >250 Mitarbeiter reicht, wobei der Median in der Spanne 101-150 Mitarbeiter liegt. 6 5 5 Anzahl der Unternehemn 5 4 4 4 3 2 2 1 0 < 50 50-100 101-150 Gewerbliche Mitarbeiter 151-250 > 250 Abbildung 20: Anzahl der Mitarbeiter der betrachteten Gruppe • Jahresumsatz (Frage 8.6) Abbildung 21 kann entnommen werden, dass sich die betrachtete Gruppe hinsichtlich des Jahresumsatzes in eine Spanne zwischen 10-50 Mio. € einordnet (16 von 20 Unternehmen). Lediglich ein Unternehmen lag über 100 Mio. € Jahresumsatz. Drei Unternehmen hatten geringere Jahresumsätze zu verzeichnen. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Seite 74 9 8 8 8 Anzahl der Unternehmen 7 6 5 4 3 3 2 1 1 0 0 100-200 Mio € > 200 Mio € 0 < 10 Mio. € 10-25 Mio. € 25-50 Mio € 50-100 Mio. € Jahresumsatz Abbildung 21: Jahresumsätze der betrachteten Gruppe • Anteile BAB am Jahresumsatz (Frage 1.1) Abbildung 22 verdeutlicht, dass 60 % der befragten Unternehmen weniger als 5 % ihres Jahresumsatzes im Bereich der BAB generieren. Ein weiteres Viertel der befragten Unternehmen erwirtschaftet bis zu 15 % ihres Jahresumsatzes auf dem Teilmarkt BAB. 14 12 12 Anzahl der Unternehmen 10 8 6 5 4 2 2 1 0 < 5% 5 - 15 % 15-30% Anteil BAB am Jahresumsatz 30-50% Abbildung 22: Anteil von BAB-Projekten am Jahresumsatz der betrachteten Gruppe • Durchschnittliches Einzel-Projektvolumen im Unternehmen (Frage 8.8) Aus der betrachteten Gruppe haben 85 % ein durchschnittliches Einzel-Projektvolumen von <1 bis 5 Mio. € (17 von 20 Unternehmen). • Durchschnittliches Einzelprojektvolumen BAB (Frage 1.4) Die Einzel-Projektvolumina im Bereich BAB bewegten sich zwischen <1 Mio. € bis 10 Mio. € und lagen somit tendenziell über den durchschnittlichen Einzel-Projektvolumina. • Erfahrungen mit ÖPP (Frage 2.1/ 2.2) Bei Betrachtung der Ergebnisse der Unternehmen in Abbildung 23 wird deutlich, dass sich beinahe 70 % der Unternehmen (13 von 19 Unternehmen) gar nicht oder nur bedingt (Presseinformationen) mit der Beschaffungsvariante ÖPP beschäftigt haben. Etwa 30 % der befragten Unternehmen haben sich bereits intensiver mit ÖPP beschäftigt (Kongresse, Literatur). Von den befragten Unternehmen nahmen zwei Unternehmen bereits an Ausschreibungen teil, bzw. waren bereits auf Nachunternehmerebene Bau unmittelbar an ÖPP-Projekten beteiligt. Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung 9 8 8 Anzahl der Unternehmen 7 6 6 5 5 4 3 2 1 0 Vertiefte Informationen (Kongresse, Literatur) Presseinformationen Kenntnisstand ÖPP Abbildung 23: Erfahrungen mit ÖPP der betrachteten Gruppe kaum/keine Erfahrungen Seite 75 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Seite 76 Anhang H: Auswertung der Hemmnisse, Risiken und Anpassungsbedarf Abbildung 24: Hemmnisse zur Beteiligung der Unternehmen auf Konsortialebene bei ÖPP- Projekten des BFS Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Seite 77 Risiken bei der Durchführung von BFStr-Projekten mit Beteiligung Ihres Unternehmens Abbildung 25: Risiken als Konsortialpartner einer ÖPP-Projektgesellschaft Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Abbildung 26: Risiken als Mitglied der GU-Ebene Bau bei ÖPP-Projekten Seite 78 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Abbildung 27: Risiken als HU bei konventionellen BFS-Projekten Seite 79 Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Anhang G: Auswertung der Befragung Seite 80 Abbildung 28: Anpassungsbedarf bzw. Möglichkeiten zur Reduzierung der Hemmnisse bei ÖPP-Projekten im BFStr-Bereich