Experiment Vernetzung Neugierde Präzision SEITE 1 EINFÜHRUNG Forschungsbauten sind durch die Vielfalt der individuellen typologischen und funktionalen Anforderungen immer wieder hochkomplexe Prototypen. Es geht um den Blick über den Tellerrand. Um Chaos und Ordnung. Um Angemessenheit der Dinge und Authentizität in der Umsetzung der architektonischen Aussage. Es geht aber auch um den Mehrwert von Raum – gesellschaftlich und kulturell, architektonisch und ideell, technisch und kommunikativ. Die vorliegende Broschüre zeigt die Relevanz einer angemessenen architektonischen Aussage als Mehrwert für ihre Nutzer sowie die Vernetzung von Disziplinen und Programmen. Die Aufnahmen aus den Arbeitsbereichen zeigen eine ganz andere Welt, die einer bestimmten Ästhetik folgen und die Neugier wecken. So vielschichtig sich hammeskrause architekten das Sprachrepertoire fachfremder Disziplinen über Bilder und die Auseinandersetzung erarbeiten, so einfach zeigen die Szenerien die Komplexität der funktional, technisch und ökonomisch gebundenen Aufgaben und zugleich die Freiheiten durch die kontextuelle Annäherung. Hochprofessionell und trotzdem zurückhaltend, formal und funktional den Erfordernissen angepasst, aber durch eine andere Gewichtung der Anforderungen überraschend. hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 3 Welchen baulichen und strukturellen Vom Labor zur 24/7-Wissenschaftslandschaft Architektur Arbeitsweise Herausforderungen muss sich die zeitgemäße Forschungsarchitektur in Zukunft stellen? hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 5 „Auf Spurensuche gehen, Prozesse aufdecken, erkunden, wie man arbeitet, was wichtig ist...“ hammeskrause architekten Vom Labor zur 24/7-Wissenschaftslandschaft hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 7 EINFÜHRUNG VOM LABOR ZUR 24/7-WISSENSLANDSCHAFT In der Regel gibt es einen Ort, ein Raumprogramm, und es gibt einen Auftraggeber, der Vorstellungen hat. Das hören wir uns ausführlich an, erörtern gemeinsam die Erfordernisse und versuchen, den Kopf freizuhalten von allzu schnellen Schlüssen, um zu verstehen, was wirklich gewünscht, was gebraucht wird. Wie ändern sich die Anforderungen und Prozesse und wie kann Architektur auf die geänderten Bedingungen reagieren? Welchen Stellenwert hat Kommunikation – als Forschungsinfrastruktur und zwischen den Planungsbeteiligten – und wie flexibel muss die Planung für nutzerspezifische Änderungen sein? Wenn das aus der Analyse entstandene Axiom, die These, die Metapher gefunden scheint, versuchen wir zu ihr ein physisches Äquivalent zu finden. hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 9 „Gute Architektur will den Wissenschaftlern beste Arbeitsmöglichkeiten und ein anregendes Umfeld schaffen. Sie verzichtet darauf, den Wissenschaftlern das aus eigener Architektentätigkeit gewachsene Bild aufzudrängen.“ PROF. DR. JOCHEN R. SCHNEIDER Die sichtbaren Veränderungen der letzten Jahre sind die höheren Anforderungen und der höhere Leistungsbedarf für Datentechnik und unterbrechungsfreie Stromversorgungen, die wiederum einen erhöhten Raumbedarf für E-Technik zur Folge haben. HEIDEMARIE RIEF, GESCHÄFTSFÜHRERIN GLP, INGENIEURGESELLSCHAFT MBH FACHPLANUNG ELEKTRO CENTER FOR FREE-ELECTRON LASER SCIENCE CFEL „Wissenschaftler arbeiten unter großem Einsatz immer an den Grenzen ihrer Möglichkeiten, an den Grenzen des heute Bekannten und sind überrascht wie einfach alles ist, wenn man es verstanden hat. Wissenschaft hat viele Facetten mit unterschiedlichen Kulturen. Architekten sollten sich viel Zeit nehmen das Umfeld und die Arbeitsweise des Kunden zu verstehen bevor mit der Arbeit begonnen wird. Alte Entwürfe sollten nicht den Blick für das Neue einengen. Wichtig für den Wissenschaftler ist die Kommunikation mit Kollegen/innen in einem freundlichen Umfeld, wo man sich wohl fühlt. Es ist toll wenn man aus dem Büro rausgehen kann und ein entsprechendes Umfeld findet. Denn nicht nur gute Arbeitsmöglichkeiten in exzellenten Labors sind entscheidend für Erfolg und Wohlbefinden eines Experimentators. Ich empfinde es als angenehm wenn zwischen Büro und Labor eine gewisse Entfernung ist, sodass man auch auf dem Weg dorthin Gelegenheit hat andere Leute zu sehen und gegebenenfalls spontan anzusprechen.“ PROF. DR. JOCHEN R. SCHNEIDER DEUTSCHES ELEKTRONEN-SYNCHROTRON DESY CENTER FOR FREE-ELECTRON LASER SCIENCE CFEL hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 11 „Spielt informelle Kommunikation wirklich so eine große Rolle? Ja. Sie ist unerlässlich.“ hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN PROF. DR. ADAM ANTEBI SEITE 13 Man denkt oft, dass Forscher ihre Ideen im Elfenbeinturm für sich alleine ausbrüten, aber in Wirklichkeit ist es ein soziales Unterfangen, etwas, das entsteht, indem man gemeinsam mit Ideen spielt, sowohl in formellen Debatten als auch bei Zufallsbegegnungen. Es ist extrem wichtig, Kollegen treffen zu können, auch um Neuigkeiten auszutauschen. Architekten haben die Aufgabe, Räume zu schaffen, in denen Wissenschaftler interagieren können. Doch Ideen, die durch Interaktion oder Reflexion entstehen, brauchen auch einen Rückzugsraum in dem sie fortentwickelt werden können. Unser Gebäude ermöglicht das durch ruhige Büroräume im Erdgeschoss und auf den Laborgeschossen. PROF. DR. ADAM ANTEBI MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR DIE BIOLOGIE DES ALTERNS, KÖLN GRÜNDUNGSDIREKTOR FORSCHUNGSGRUPPE WÜRMER AUSZUG AUS COMPETITIONLINE, AUSGABE 6, 01-03/2014 PROF. ANDREA CAVALLERI CENTER FOR FREE ELECTRON LASER SCIENCE CFEL MAX PLANCK-INSTITUT FÜR STRUKTUR UND DYNAMIK DER MATERIE hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN Die Mitglieder meiner Gruppe und ich freuen uns über die Möglichkeit, im CFEL-Kompetenzzentrum arbeiten zu können. Dieses Gebäude bietet ein hervorragendes Forschungsumfeld. Besonders wichtig für uns sind die gut ausgestatteten Laboratorien, die perfekt an die Bedürfnisse von Wissenschaftlern angepasst wurden. So führen beispielsweise die großen Türen direkt zur Außenseite des Gebäudes und erleichtern dadurch die Installation neuer Geräte. Nachdem wir in das CFEL-Gebäude eingezogen waren, mussten wir nur noch einige besondere Geräte installieren und konnten unsere Arbeit innerhalb kürzester Zeit aufnehmen. Auch die vielen Möglichkeiten zu Besprechungen und Diskussionen sind für uns von großer Bedeutung. Je nach Situation nutzen die Wissenschaftler Seminar- oder Besprechungsräume für formellere Präsentationen und Diskussionen – oder Kaffeeküchen und offene Bereiche für spontane Treffen. Das offene Raumkonzept des Gebäudes findet nicht bei allen Anklang. Während einige Kollegen die offene Atmosphäre und die Tatsache genießen, dass sie in Büroräume hineinschauen können, ohne irgendjemanden zu stören, wünschen sich andere Mitarbeiter mehr Privatsphäre, als die Glaswände bieten können. Ein flexibleres System mit der Möglichkeit, Jalousien zu öffnen und zu schließen, könnte im Rahmen einer geschmackvollen Ausstattung besser funktionieren. Das Gebäude ist sehr funktionell, fördert die wissenschaftliche Arbeit und ist ansprechend. SEITE 15 „Es ist Teil der Beziehungsarbeit mit dem Bauherrn, gemeinsame Erkenntnisse zu stiften. Und dass sich der Bauherr im Konzept wiederfindet, ist schon ein wichtiger Punkt in der Zusammenarbeit, der Vertrauensbildung, der uns interessiert. Denn es interessiert uns nicht so sehr, Entscheidungen zu geben, sondern mit jemandem zu entwickeln.“ hammeskrause architekten Architektur hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 17 EINFÜHRUNG ARCHITEKTUR Das funktionale Raumprogramm ist eine erste Ebene im Entwerfen, die Analyse. Nun gibt es natürlich kontextuelle, spezifische Ebenen, die für die architektonische Konzeptfindung wichtig sind: der Kontext des Ortes, der Topografie, der Geografie, der Bedeutung, der Funktion, die zu untersuchen sind. Dann gibt es die Ebene der strategischen und organisatorischen Prozessoptimierung von Seiten des Bauherrn, ebenso wie die finanzielle Ausstattung des Projekts, welches die materiellen Ressourcen determiniert. Was muss die Architektur für die Forschung leisten beziehungsweise bieten können? Was ist Architekturqualität aus Sicht der Wissenschaft? Spielt die Qualität der Architektur eine Rolle im Werben um die besten Köpfe? Während der Lösungssuche gibt es keine Hierarchien, hier zählen ausschließlich der Inhalt und die Qualität der Erkenntnis. Der Prozess ist im Fluss und die Ausarbeitung, die räumliche Darstellung und das Gespräch beeinflussen einander wechselseitig. Es sind viele verschiedene Ebenen, aus denen wir ein Bild von funktionaler, architektonischer und materieller Angemessenheit entwickeln. hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 19 „Die Spezialisierung innerhalb der wissenschaftlichen Disziplinen, die Komplexität des Forschungsgeschehens verlangen nach zunehmend mehr teamorientierter, interdisziplinärer Kooperation im sich verfeinernden Netzwerk des Strebens nach Erkenntniszugewinn.“ DIETER GRÖMLING 1 - Laborlandschaft 2 - Büros + Sonderlabore 3 - Besprechungsräume 4 - Infrastruktur 6 - Hörsaal 7 - Hygienelabore 7 7 4 4 1 2 6 1 3 3 2 2 2 4 LEGENDE 1 - Laborlandschaft 1 Laborlandschaf 2 2 - Büros und Sonderlabore 3 - Besprechungsräume 2 Büros + Sonder 3 Besprechungsrä 4 Infrastruktur 4 4 - Infrastruktur / Versorgung 1 5 - Gästeapartments 5 Gästeapartmen 6 - Hörsaal 7 - Hygienelabore 3 2 3 1 2 1 4 5 hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN 2 SEITE 21 „Architektur hat einen wesentlichen Einfluss auf Denken und Handeln“ PROF. DR. ADAM ANTEBI MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR BIOLOGIE DES ALTERNS, MPI AGE, KÖLN BAUHERR: MAX-PLANCK GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN E.V. WETTBEWERB: 1. PREIS 2008 PLANUNGSBEGINN: 10/2008 BAUBEGINN: 02/2010 FERTIGSTELLUNG: 02/2013 NUTZFLÄCHE NF 1-6: 8.600 M² BRUTTOGRUNDFLÄCHE BGF: 20.340 M² BRUTTORAUMINHALT BRI: 87.600 M³ BNB SILBER-ZERTIFIKAT, BEWERTUNGSSYSTEM NACHHALTIGES BAUEN FÜR BUNDESBAUTEN (BNB) Für das MPI für Biologie des Alterns wurde 2013 am Campus des Universitätsklinikums Köln auf einem zentral gelegenen, aber sehr knapp bemessenen Grundstück ein kompakter Neubau errichtet. Über den drei Laborebenen befindet sich ein Technikgeschoss, darüber eine Hochhygiene-Facility. Als Bauherr haben wir uns intensiv beschäftigt mit Fragen zu Technik, Typologie, Trassenführung, Schächten, Brandschutz, Begasung, Laborplanung, Leistungsstörungen bei Elektro und Bodenbelägen. Im Bereich der Hygiene: Wege für Personal, Tiere, Einstreu, Abfall, Vermeidung von Kreuzkontamination etc. Im Zentrum des hochinstallierten Forschungsbaus liegt nach innen orientiert ein lichtdurchfluteter, Teamarbeit fördernder Eingangsraum, der den Besucher einlädt, überrascht, fast überwältigt und an den man sich erinnern wird. Ein Gastwissenschaftler hat es so formuliert: „Dieses Gebäude wird Euch einen enormen und unschätzbaren Vorteil bei der Anwerbung der besten Wissenschaftler bringen“. Der Bau ist kompakt, funktional optimiert, sehr gut zoniert, gestapelt. Die technische Trassierung ist entflochten und betrieblich gut entwickelbar, dicht und kommunikativ. Der Kostenrahmen wurde eingehalten. Die Planungsdaten belegen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Er ist auch schön geworden, schaut teurer aus, als er ist, fast ist man geneigt sich zu entschuldigen. Eigentlich hat er nur ein technisch-typologisch optimales Gesamtkonzept, konzipiert von Fachleuten auf Bauherrn- und Planerseite, die Forschungsbau ganzheitlich konzipieren. Architektur kann eine Umgebung schaffen, die Ideen im eigenen Kopf und zwischen Menschen fließen lässt. Das neue Gebäude des MPI ist besonders. Durch das Open-Lab-Konzept ist es offen, wir können einander sehen und wissen, was die anderen so machen. Die Mitarbeiter können überall auf kurzem Weg hingelangen. Das sorgt für kontinuierliche Bewegung und im Herzen des Gebäudes treffen sie sich auf formelle oder informelle Weise. Die Arbeitsumgebung ist sehr ergonomisch und durch warme Farben und Materialien sehr freundlich. Wichtig ist mir auch unsere Cafeteria. Die Zusammenkunft beim Essen und Trinken ist entscheidend, um Ideen auszutauschen und Kollaborationen zu beschließen. Wir haben das Ziel, ein weltweit führendes Zentrum der Altersforschung zu werden - und die Architektur spielt dabei eine Rolle! PROF. DR. ADAM ANTEBI MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR DIE BIOLOGIE DES ALTERNS, KÖLN GRÜNDUNGSDIREKTOR FORSCHUNGSGRUPPE WÜRMER AUSZUG AUS COMPETITIONLINE, AUSGABE 6, 01-03/2014 DIETER GRÖMLING MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN E.V., MÜNCHEN LEITER BAUABTEILUNG hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 23 10 10 9 1 4 8 „Das attraktive Gebäude und das von ihm ausgestrahlte Ambiente ist ein großes Plus bei der Anwerbung von neuen Mitarbeitern, insbesondere auch von Studenten.“ 4 9 8 6 PROF. DR. JOCHEN R. SCHNEIDER LEGENDE 1 - Foyer 10 12 2 - Cafeteria 4 4 3 - Seminarräume 4 - Gartenhöfe 11 10 Verknüpfungen 5 - Lasermesslabore 6 - Experimentierhalle 12 10 7 - Reinräume 8 - Chemisch-physikalische Labore Lufträume 9 - Infrastruktur / Versorgung 10 - Zellenbüros 11 - Besprechungsräume 5 7 Kommunikationszonen und Teeküchen 4 3 9 8 12 - Open Space Workspace mit 5 4 5 8 Kommunikationszonen 6 2 1 5 Erschließung Im CFEL Gebäude verbinden sich exzellente Laboreinrichtungen im Erdgeschoss in sehr schöner Weise mit dem zylinderförmigen Büroteil. Der Innenraum strahlt in gleicher Weise Leichtigkeit und Ruhe aus. Auf dem Weg ins Büro sieht man verschiedene Raumperspektiven, je nach Wetter ist der Eindruck unterschiedlich. Ich komme immer sehr gerne in das Gebäude. Auf der geschwungenen Treppe trifft man Leute an denen man nicht ohne ein freundliches „Guten Morgen“ vorbei kommt. Durch die Glaswände hat man immer einen weiten Blick, das Gefühl von Großzügigkeit stellt sich ein. Obwohl die Büros klein sind, habe ich nie das Gefühl von Enge. Inzwischen treffen sich auch mehr und mehr kleine Gruppen zu Gesprächen in den Freiräumen zwischen den Büros. Die Kaffeetheken werden gut angenommen. An den quer zum Sprecher gestreckten großen Seminarraum mit seinen drei Projektionsflächen musste man sich erst gewöhnen. Die Cafeteria mit der Möglichkeit zum Mittagessen ist ein großer Erfolg. PROF. DR. JOCHEN R. SCHNEIDER DEUTSCHES ELEKTRONEN-SYNCHROTRON DESY CENTER FOR FREE-ELECTRON LASER SCIENCE CFEL hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 25 CENTER FOR FREE-ELECTRON LASER SCIENCE CFEL, HAMBURG BAUHERR: FREIE UND HANSESTADT HAMBURG BEHÖRDE FÜR STADTENTWICKLUNG UND UMWELT BSU NUTZER: UNIVERSITÄT HAMBURG MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT DEUTSCHES ELEKTRONEN-SYNCHROTRON DESY VERHANDLUNGSVERFAHREN: JUNI 2007 PLANUNGSBEGINN: 08/2007 Zum Thema Architektur und Qualität sind unter anderem diese zwei Dinge für die Wissenschaft elementar: - Funktionalität für die Experimente muss gegeben sein mit optimalen baudynamischen Bedingungen - Schon im Vorfeld bei den Planungen des CFEL war die klare Forderung der Wissenschaftler an die Architektur, Bedingungen zu schaffen, die es den verschiedenen Forschergruppen und Institutionen ermöglicht, informell zusammen kommen zu können - Ort sollten geschaffen werden, die den interdisziplinären Austausch fördern. Beides ist im CFEL in hervorragender Qualität gelungen. Viele Wissenschaftsgebäude sind klassisch strukturiert: Gänge, Büros rechts und links, keine Teeküchen, keine Orte, an denen man sich spontan begegnen kann. Offene Strukturen und die vielfältigen räumlichen Voraussetzungen für Kommunikation stehen für eine gelungene Wissenschaftsarchitektur. Zukünftig wird es wichtig sein, Dinge wie Netzwerke und Medien, die unseren Alltag zunehmend bestimmen, in das Wissenschaftsumfeld zu integrieren – besonders vor dem Hintergrund, dass viele Forscher sehr jung sind und Netzwerke und Medien intensiv nutzen. Dann wird auch der direkte Zusammenhang zwischen dem vorhandenen Flächenangebot, der Aufenthaltsqualität und der Arbeit der Forscher sichtbar. Denn gute Ergebnisse in der Forschung stehen in direkten Zusammenhang mit guter Wissenschaftsarchitektur.“ BAUBEGINN: 06/2009 FERTIGSTELLUNG: 12/2012 NUTZFLÄCHE NF: 8.400 M² BRUTTOGRUNDFLÄCHE BGF: 16.340 M² BRUTTORAUMINHALT BRI: 73.900 M³ hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN PROF. DR. WILFRIED WURTH BAUBEAUFTRAGTER DER UNIVERSITÄT HAMBURG INSTITUT FÜR EXPERIMENTALPHYSIK IEXPPH CENTER FOR FREE-ELECTRON LASER SCIENCE CFEL SEITE 27 Arbeitsweise „Der Prozess ist im Fluss und die Ausarbeitung, die räumliche Darstellung und das Gespräch beeinflus sen einander wechselseitig.“ hammeskrause architekten hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 29 EINFÜHRUNG ARBEITSWEISE „...Kaum eine Gebäudekategorie ist so teuer in Investition und Betrieb wie der Forschungsbau. Kaum ein Bautypus muss so viele, teilweise sich widersprechende planungstheoretische sowie technisch und funktional definierte Anforderungen in sich vereinen. Bauten für Wissenschaft und Forschung stellen also eine besonders hohe fachliche Herausforderung für alle an Bedarfsfindung, Planung und Bau Beteiligten dar.“ DIETER GRÖMLING Fordert eine sich verändernde Arbeitsweise mit interdisziplinärer Vernetzung und virtuellem Austausch neue bauliche Themen und Schwerpunkte? Wo sind noch programmatische und räumliche Potentiale in Anlehnung an frühere Wertvorstellungen – Piranesis Idealbild der Universität oder Rafaels Schule von Athen? Giovanni Battista Piranesi, Idealplan einer Universität, ca. 1750 hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN Wie geht es euch, was braucht ihr? – ist der Ausgangspunkt für eine Haltung. Dadurch entstehen Analyseblätter, Assoziationsfelder, Zettelkästen, die sich schrittweise verdichten unvoreingenommen, ohne konkrete Ziele, um möglichst viele Eindrücke wahrzunehmen. Auch das Budget wird mit einbezogen. Die finanzielle Abgestimmtheit eines Entwurfs bedeutet, dass die wichtigen Themen das bekommen, was sie benötigen, um ihrer Bedeutung gerecht zu werden. SEITE 31 „Die wissenschaftliche Attraktivität der Max-Planck-Gesellschaft basiert auf ihrem Forschungsverständnis: Max-Planck-Institute entstehen nur um weltweit führende Spitzenforscher herum. Diese bestimmen ihre Themen selbst, sie erhalten möglichst optimierte Arbeitsbedingungen und haben freie Hand bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter.“ DIETER GRÖMLING Funktionalität, Individualität, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in zahlreichen neuen Forschungsbauten, sowie bei Sanierung von Bauten der 1970er Jahre samt Verbesserung der kommunikativen und technischen Strukturen, bestimmen seit Anfang des 21. Jahrhunderts unsere Bauaufgaben. Trotz aller Technisierung und Automatisierung auf dem „globalen Markt der Wissenschaft“, der unabhängig von Zeit und Ort Arbeiten ermöglicht, verliert der gebaute Lebensraum von Forschern und Forscherteams nicht an Bedeutung. Im Gegenteil: Bauen für die Forschung dient nach unserer Erfahrung mehr denn je zwei menschlichen Grundbedürfnissen. Dem Streben nach Erkenntnis, sowie dem Schaffen von Heimat, im Sinn von Arbeits- und Lebensort. Diesen beiden Ansprüchen fühlt sich die Bauabteilung der MPG bei jedem Projekt immer wieder neu verpflichtet. Die Fakten sind rational fassbar, und mit anspruchsvoller Fachkenntnis und Beurteilungskompetenz in Gebäude umzusetzen. Darüber hinaus geht es auch darum, ein „Bauwerk“ entstehen zu lassen, eine Motivation und Inspiration auslösende, den wesentlichen Zweck, nämlich dem langfristigen und dauerhaften wissenschaftlichen Erfolg dienende, gebaute Umwelt zu realisieren, die auf neudeutsch gesagt, „return of investment“ sichert. Funktionierende, flexible, schnell realisierbare Bauwerke mit Ausstrahlung, Atmosphäre und Poesie sind es also, die zweckmäßig und wirtschaftlich für die Wissenschaft sind. Von der MPG wurde der eigene Baubestand in diesem Sinn analysiert. Ergebnis Bautypus: Lineare Systeme 30 %, Kamm-Systeme 25 % (Tendenz sinkend), Kern-Systeme 45 % (Tendenz steigend). Ergebnis Entwurfskonzepte: Kontext 15 %, Zonierung 60 %, Kommunikation 21 %, Form 4 %. Der hohe Anteil des Konzeptes „Zonierung“ belegt unser Ziel als Bauherr, durch Optimierung von Technik und Typologie, wirtschaftliche Gebäudekonzepte in Bau und Betrieb zu erreichen. Kontext und Kommunikation sind wichtige Entwurfskriterien. Form ohne Bezug zur Funktion hat keine Bedeutung. Die steigende Tendenz zu Kern-Systemen belegt die Bedeutung von Kompaktheit und Energieeffizienz. Hinter diesen Zahlen steht unser Engagement, durch eine systematische typologisch-technische Durchdringung zu Beginn einer Planung die wesentlichen Projektentscheidungen so zu steuern, dass ein nachhaltiges und wirtschaftliches Baugefüge für Bau und Betrieb entsteht. Dies wiederum ermöglicht im Rahmen der Kostenkennwerte gewisse Spielräume bei der inneren Raumqualität. Manche so entstandenen Ergebnisse bedürfen der Erklärung an Nichtfachleute, dass das meiste Geld in Technikzentralen, planerisch klug entflochtenen Trassen, zonierten und gestapelten Laborbereichen steckt, und das vordergründig „Schöne“ ganz sicherlich nicht teuer ist, sondern nur Ergebnis einer gesamthaften Konzeption. DIETER GRÖMLING MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN E.V., MÜNCHEN, LEITER BAUABTEILUNG hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 33 hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN SEITE 35 Kontakt hammeskrause architekten bda freie architekten Krefelder Straße 32 D-70376 Stuttgart Telefon +49 711 60 17 48 0 Fax +49 711 60 17 48 50 [email protected] www.hammeskrause.de hammeskrause architekten_FORSCHUNGSBAUTEN