MAI POPULÄRE MUSIK IN 5/20 0 6 RUSSLAND Gastredakteur: Mischa Gabowitsch (Berlin) e d it or ial Russländische Musikkulturen im Wandel 2 a n alyse Rock in Leningrad/St. Petersburg: vom Leben vor und nach dem Tod Anna Zaytseva (Paris) 3 p or t r ait Zurück in die Zukunft: Die Renaissance der russischen Gaunerlieder Uli Hufen (Köln) 11 a n alyse Russische Pop-Musik heute: Kampf um Unabhängigkeit David MacFadyen (Los Angeles) 12 p or t r ait Melodien für Millionen Uli Hufen (Köln) 19 kultura. Russland-Kulturanalysen Herausgeber: Prof. Wolfgang Eichwede, Direktor der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen. Redaktion: Dr. Isabelle de Keghel, Hartmute Trepper M.A. Technische Redaktion: Matthias Neumann Die Meinungen, die in den Russland-Kulturanalysen geäußert werden, geben ausschließlich die Auffassung der AutorInnen wieder. Abdruck und sonstige publizistische Nutzung sind nach Rücksprache mit der Redaktion gestattet. © 2006 by Forschungsstelle Osteuropa, Bremen Forschungsstelle Osteuropa | Publikationsreferat | Klagenfurter Str. 3 | 28359 Bremen fon +49 421 218-3302 oder -3257 | fax 49 421 218-3269 eMail: [email protected] | internet: www.forschungsstelle-osteuropa.de 1 MAI R U S S L Ä N D I S C H E M U S I K K U LT U R E N e d it or ial IM 5/20 0 6 WA N D E L Wie alle anderen Bereiche der Kultur war das Richtungen der populären Musik differenzier- musikalische Leben in der Sowjetunion strengen ten sich, und es entstanden neue Formen, vom Regeln unterworfen. Die klassische Unterschei- russischen Blues über Ethno-Rock bis hin zu dung zwischen ernster und Unterhaltungsmusik weitverzweigten Punk-, Rap- und Hip-Hop-Kul- war offiziell aufgehoben, denn alle musikalischen turen. Jede von ihnen verfügt inzwischen über Formen, von der Oper bis hin zur Filmmusik, soll- eine eigene „Szene“ mit einschlägigen Klubs und ten den Patriotismus und die staatliche verordnete Festivals, darunter zum Beispiel die alljährliche Lebensfreude fördern. Dieser Anspruch machte KaZantip-Technoparty auf der Krim, das Ethno- den Umgang mit der Musik zu einer verantwor- life-Festival für Weltmusik, das jeden Sommer tungsvollen Aufgabe. Nicht nur um Symphonien jeweils bei Moskau und Sankt-Petersburg statt- und Oratorien zu komponieren, sondern auch um findet, und für LiebhaberInnen der Autorenmu- Lieder für ein Massenpublikum zu schreiben oder sik das traditionsreiche Gruschin-Festival an der vorzutragen, musste man eine musikalische Aus- Wolga. bildung nachweisen können und Mitglied in den Gleichzeitig bringt die neue Freiheit jedoch er- entsprechenden Verbänden sein. Die nach diesem hebliche Probleme mit sich: Der chronische Geld- Muster funktionierende sowjetische Pop-Musik mangel wird durch die weitverbreitete Missach- – nach dem russischen Wort für „Konzertbüh- tung von AutorInnenenrechten noch verschärft; ne“ Estrada genannt – brachte neben kurzlebigen der Wegfall des Sowjetregimes stürzt vor allem Schlagern viele erstklassige Lieder hervor, die den oppositionellen Rock in eine Sinnkrise; bis heute nichts von ihrer Beliebtheit eingebüßt gleichzeitig bleibt der Geschmack der meisten haben. MusikliebhaberInnen konservativ-sowjetisch ge- Daneben entstanden jedoch außerhalb des offizi- prägt, so dass neue Talente und Richtungen es ellen Musikbetriebs, aus russischen Traditionen schwer haben, sich bei einem größeren Publikum heraus oder unter westlichem Einfluss, auch im- durchzusetzen, zumal sie sich auch gegen die jetzt mer wieder neue populäre Musikrichtungen, die frei zugängliche westliche Pop-Musik behaupten nicht in diesen engen Rahmen passten: das Lager- müssen. Schließlich bremsen auch die begrenzten oder Gaunerlied, das Autorenlied der russischen Vertriebsmöglichkeiten und die Schwierigkeiten LiedermacherInnen sowie sowjetische Ableger der Konzertorganisation die Entfaltung der popu- von Swing, Jazz und Rock. Da alle diese Stile vor lären Musik. allem bei Teilen der jeweils jüngeren Generation All dies verschärft die für Musikkulturen weltweit beliebt waren, wurden sie teilweise in das System relevanten Spannungen zwischen künstlerischer integriert, um eine bessere Kontrolle zu ermög- Kreativität und kommerziellem Erfolg. Davon, lichen, die jedoch auch immer wieder umgangen wie die Pop- und Rock-Musik mit diesen Proble- wurde. men umgeht, beschreiben in dieser Ausgabe von Durch die Aufhebung der Zensur und die Öff- kultura David MacFadyen und Anna Zaytseva. nung zum Ausland seit der Perestroika haben Uli Hufen vervollständigt das Bild mit einem Be- sich für russländische MusikerInnen ungeahnte richt über den ehemaligen staatlichen Schallplat- Möglichkeiten ergeben. Sie fanden Anschluss tenmonopolisten Melodija und einem Einblick in an internationale Musikkulturen, konnten frei das vielseitige und schwer definierbare Genre des Platten aufnehmen und verlegen, konzertieren russischen Blatnjak oder Gaunerlieds. An dieser und neue Stile entwickeln. Die bereits bekannten Stelle sei auch auf die Ausgabe 2/2005 von kultu- 2 MAI e d it or ial 5/20 0 6 ra zurückverwiesen, in der genauer auf jugendli- gilt in erster Linie gesellschaftlichen Reaktionen che Musik-Szenen und vor allem auf die russlän- auf den extremen russischen Nationalismus seit dische DIY-Punk-Kultur eingegangen wird. der Perestroika. Von Januar 2003 bis März 2006 war er Chefredakteur der Moskauer interdiszip- ÜBER DEN GASTREDAKTEUR DIESER AUSGABE: linären Zeitschrift Neprikosnowenny sapas (Die Mischa Gabowitsch ist Soziologe, Übersetzer Eiserne Ration). und Redakteur. Sein wissenschaftliches Interesse ROCK IN L E N I N G R A D /S A N K T -P E T E R S B U R G : VO R U N D N AC H D E M TO D VO M LEBEN Anna Zaytseva a n alyse Die sowjetische Rockmusik zeichnete sich durch das Primat des Wortes aus. Leningrader Bands wie wurden vor allem für die dichterischen Qualitäten ihrer Texte geschätzt, ihre Frontmänner wurden für die Fans oft zu Propheten. Die Perestroika bescherte der Rockmusik landesweiten Ruhm, der jedoch bald verblasste. Heute ist die Rock-Szene in Russland gespalten. Der sogenannte „russische Rock“ betont weiterhin die Bedeutung der Texte, wird aber von KritikerInnen der Kommerzialisierung beschuldigt. Dagegen bemüht sich die St. Petersburger Klubszene um eine Förderung alternativer Stilrichtungen, bei denen die instrumentale Musik im Vordergrund steht. Diese zieht allerdings nur ein kleines Publikum an. Um ihr Überleben zu sichern, folgen die Klubs ebenfalls zunehmend einer kommerziellen Logik. So haben es weniger gewinnbringende Bands auch hier schwer, sich durchzusetzen. KritikerInnen und WissenschaftlerInnen haben MusikerInnengenerationen, die in Klubs auftre- es sich zur Gewohnheit gemacht, als Haupt- ten und eine Rückkehr zur Musik predigen. Von merkmal der russischen Rockmusik das Primat der Vorgeschichte und den Wurzeln dieses kultu- des Wortes und die im Vergleich zum westlichen rellen Bruchs im Rahmen der Leningrader/Sankt- Rock größere Bedeutung der Texte hervorzuhe- Petersburger Rock-Szene handelt dieser Artikel. ben. Seit den 1990er Jahren werden literaturwissenschaftliche Studien zur „Poesie des russischen DIE 1980 ER: EIN K ANON Rock im Kontext der russischen Literatur“ ver- Sieht man von dem Vorurteil ab, die Russlände- öffentlicht; 2004 erschien ein Geschenkband mit rInnen seien die „literarischste“ aller Nationen, dem Titel „Russische Rockpoeten“. Tatsächlich liegt es nahe, das Primat des Wortes in der sow- vollzog sich die Legitimierung des Rock in der jetischen Rockmusik mit dem erschwerten Zu- Sowjetunion und sein Einzug in die Annalen der gang zu hochwertigen Tonanlagen in Verbindung russischen Kultur bereits seit Anfang der 1980er zu bringen: Importierte Anlagen waren nur für Jahre, indem die dichterischen Qualitäten von viel Geld auf dem Schwarzmarkt zu haben, da- Bands wie Maschina wremeni („Zeitmaschine”), her behalf man sich mit improvisiertem, selbst- Aquarium, Zoopark („Zoo“), Alisa oder DDT gebasteltem Zubehör. Ein anderer Grund war der betont wurden. Von eben dieser Eigenschaft dis- Platzmangel: Besonders unter Andropow und tanzieren sich aber seit den 1990er Jahren neue Tschernenko, als Rockmusiker verstärkt verfolgt BILDET SICH HERAUS 3 MAI a n alyse 5/20 0 6 wurden, fanden Konzerte vielfach in Privatwoh- Poesie“ spielte die Leningrader Richtung, die sich nungen statt; gespielt wurde auf akustischen In- ab 1981 um den Leningrader Rock-Klub (LRK) strumenten. Die Russifizierung des Rock ging kristallisierte. Die Initiative zu seiner Gründung Hand in Hand mit einer Vereinfachung der mu- ging von den Musikern aus, und irgendwann gab sikalischen Form: Ab Ende der 1970er Jahre kam der KGB grünes Licht, da er darin eine Kontroll- es aus der Mode, die Lieder der Beatles nachzu- möglichkeit sah. Die Texte der Gruppen aus dem singen und die „coolen Solos“ von Led Zeppelin Rock-Klub mussten eine „Lit(eratur)-Kontrolle“ haargenau nachzuspielen („mit unseren Anlagen passieren, also vom Künstlerischen Rat des Klubs kriegen wir den Ton der Zeps ohnehin nicht hin“). abgesegnet werden. Fiel ein Text bei der Kontrol- Auch der Generationenbruch spielte eine Rolle: le durch und sangen ihn die Musiker doch, muss- Viele Hippie-Helden „verkauften sich“, indem ten sie damit rechnen, auf Entscheidung ihrer ei- sie im etablierten Konzertbetrieb das Repertoire genen Kollegen aus dem Klub ausgeschlossen zu sowjetischer KomponistInnen spielten oder aber werden. Die Konzerte waren halböffentlich, denn in die Fänge des illegalen Konzertgeschäfts ge- statt Eintrittskarten gab es Einladungen, die die rieten. Musiker unter ihren Bekannten verteilten. Eine führende Rolle in der Entwicklung der „Rock- In den 1980er Jahren bildete sich um den LRK DAS RUSSISCHE AUTORENLIED Viele populäre Musikrichtungen im heutigen Russland entwickelten sich in Anlehnung oder Abgrenzung zu einem eigentümlichen Genre, das seine Blütezeit in den 1960er Jahren erlebte: zum russischen Autorenlied. Oft wird auch von Laienlied, Bardenmusik, gesungener Poesie oder Gitarrenlyrik gesprochen. Jede dieser Bezeichnungen hebt einen wichtigen Aspekt hervor. In der Sowjetunion war es selbst in der Unterhaltungsmusik üblich, dass ausgebildete KomponistInnen, oft in Zusammenarbeit mit hauptberuflichen DichterInnen, Lieder schrieben, die von professionellen SängerInnen unter Begleitung von BerufsmusikerInnen in Konzerthallen aufgeführt wurden. Die als „Barden“ bezeichneten LiedermacherInnen hingegen sangen eigene Texte und begleiteten sich selbst auf der Gitarre, meist ohne jemals Stimmbildung oder Instrumentalunterricht erhalten zu haben. Oft vertonten sie auch klassische Gedichte oder zeitgenössische Lyrik. Darin ähnelten sie deutschen LiedermacherInnen, französischen Chansonniers wie Jacques Brel oder Georges Brassens oder der US-amerikanischen Folk-Bewegung. In zweierlei Hinsicht unterschieden sie sich jedoch von ihnen: Zum einen waren viele der russischen „Barden“ geächtet, allein schon wegen ihrer Unabhängigkeit von staatlichem Musikbetrieb, vor allem aber aufgrund der nicht gerade staatstragenden Sentimentalität ihrer Texte und der oft subversiven oder offen regimekritischen Inhalte. Gesungen wurde daher in Privatwohnungen oder in der freien Natur. Zum anderen entfaltete das Genre eine weitaus stärkere Massenwirkung als seine westlichen Pendants. Dank der ab den 1960er Jahren auch für einfache SowjetbürgerInnen erschwinglichen Tonbandgeräte verbreiteten sich Konzertmitschnitte – parallel zu der im Selbstverlag erschienenen Samisdat-Literatur „Magnitisdat“, „Tonband-Verlag“ genannt – in Windeseile über das ganze Land, und Zehntausende nahmen selbst Gitarren in die Hand, um die Lieder nachzusingen oder eigene zu (Fortsetzung auf der nächsten Seite) schreiben. 4 MAI a n alyse 5/20 0 6 herum eine Gruppe führender Bands heraus – den Leningrader Rock-Kanon bis in die hinters- Aquarium, Zoopark, Alisa, DDT, Kino –, die den ten Winkel des Landes; er fand jede Menge Nach- Grundstein für den Kanon der sogenannten „neu- ahmer. LiteratInnen und JournalistInnen, die der en Welle“ legten, die New Wave und Post-Punk Rock-Szene nahe standen und für Jugendmaga- aus Großbritannien und New York mit Elementen zine und „dicke“ Literaturzeitschriften schrieben, der Tradition der russischen, „Barden“ genannten vollendeten schließlich die Kanonisierung der Liedermacher verband. So finden KennerInnen Wortlastigkeit des russischen Rock und drängten allein in den Texten der Gruppe Aquarium An- nicht-textzentrierte Gruppen an den Rand. spielungen an David Bowie, Donovan, die Beat- Gleichzeitig kristallisierte sich ein Verständnis les, Velvet Underground, T. Rex, Reggae und von Rockmusik als eines Mediums der Wahr- Bulat Okudshawa. Die Texte vieler Gruppen der heitssuche und der Musiker als Propheten heraus. „neuen Welle“ enthalten Anklänge an die Poesie Sowohl die Texte, vor allem die von Aquarium, des russischen Symbolismus, Bloks, Puschkins als auch die Mythologie der Rock-Szene wurden und der Dichter der OBERIU-Gruppe. mit asiatischer Mystik und Phantasien über ein Das Primat des Wortes galt auch für die illegal psychedelisches Paradies angereichert. Ende der aufgezeichneten Tonbandaufnahmen: Der Klang Achtziger erklärten Boris Grebenschtschikow der Leningrader Gruppen zeichnet sich dadurch (Aquarium) und Jurij Schewtschuk (DDT) bereits aus, dass die Stimme im Vordergrund steht, wäh- offen, die Rockmusik sei für sie der Weg zu Gott rend Bass und Schlagzeug gedämpft spielen. Der gewesen. Viele führende Mitglieder beliebter Vater dieses Sounds war Andrei Tropillo, der in Underground-Gruppen wurden für ihre Fans zu den Achtzigern in einem Underground-Studio so etwas wie Gurus und Quellen der Weisheit. Alben aller führenden Leningrader Gruppen auf- Gleichzeitig konnte sich diese Wahrheitssuche in zeichnete. Die weitverzweigten Vertriebsnetz- den Texten der vom LRK kontrollierten Gruppen werke des illegalen „Magnitisdat“ verbreiteten nicht politisch ausdrücken. Telewisor („Fern- (Fortsetzung von der vorherigen Seite) Die Lieder etwa eines Wladimir Wyssozki oder des Ehepaars Sergei und Tatjana Nikitin gehören bis heute zu den wenigen Kulturgütern, die über soziale, Bildungs- und Generationengrenzen hinweg bekannt sind. Das bedeutendste unter den vielen einschlägigen Treffen – das inzwischen alljährlich bei Samara stattfindende Gruschin-Festival – ist mit jeweils weit über 100.000 TeilnehmerInnen eine der größten Musikveranstaltungen der Welt. Trotzdem gehört das Autorenlied für die meisten RussländerInnen in eine vergangene Epoche: Die heute tätigen AutorInnen sind zwar meist professioneller als ihre VorgängerInnen und können nun frei auftreten und publizieren, singen aber meist in kleinen Klubs oder Musiktheatern. Eine besondere Bedeutung hat das Bardenlied für die russischsprachige Diaspora im Ausland, vor allem in Deutschland, Israel und den USA. Für die hier ansässigen ehemaligen SowjetbürgerInnen stellt dieses Genre, das besonderen Wert auf Texte legt, eine wichtige Verbindung zur Heimat dar. So touren bekannte LiedermacherInnen inzwischen regelmäßig durch die ganze Welt, und die Festivals in Wuppertal, am See Genezareth oder in Bloomsburg/Pennsylvania sind zu regelrechten Großveranstaltungen geworden. 5 MAI a n alyse 5/20 0 6 seher“) wagte es als eine von wenigen Bands, Stars zu bereichern. Doch nur wenige Rockstars auf dem Festival des Rock-Klubs unzensierte konnten von der Musik leben, beispielsweise Texte vorzutragen, wodurch sie einen Skandal Grebenschtschikow, der mit der Firma CBS ei- verursachte, allerdings nicht aus dem Klub aus- nen Vertrag über das Album „Radio Silence“ un- geschlossen wurde. Die Leningrader Rocker dis- terschrieb. Neue Labels gab es noch nicht, und tanzierten sich später oft heftig von Versuchen, die staatliche Plattenfirma Melodija bot Musike- im Nachhinein eine politische Bedeutung in ihre rInnen als Entlohnung 30 AutorInnen-Exemplare Texte hineinzulesen. So heißt es etwa in einem bei einer Auflage von 10.000 Schallplatten. Als Lied der Gruppe Kino: „Unsere Herzen fordern dann Andrej Tropillo zum Direktor von Melodija Veränderungen“, doch der Frontmann der Grup- wurde, brachte er ohne Rücksicht auf Urheber- pe, Wiktor Zoi, behauptete, das Lied habe entge- rechte alle Alben heraus, die er zuvor in seinem gen einer weitverbreiteten Auffassung keine Vor- Underground-Studio aufgezeichnet hatte. Dies ahnung der Perestroika enthalten. führte allerdings kaum zu Protesten; denn schon die Tatsache, dass ihre Alben in Massenauflagen AUF DEM P RÜFSTEIN DER P ERESTROIKA vertrieben wurden, stimmte viele MusikerInnen Auch wenn die Rockmusiker später ihre Distanz damals euphorisch. Gegen Ende der Perestroika zur Politik betonten, wurde die Rockmusik, als entstanden überall Kassetten-Kioske, die den sie sich 1987–89 für kurze Zeit aus dem Unter- MusikerInnen keine Kopeke Tantiemen zahlten. grund erhob, von den Medien während der Peres- Der Rock-Boom währte nicht lange. Die bald troika zur „Vorhut der jugendlichen Massenpro- darauf folgende Krise hatte auch wirtschaftliche testbewegung“ erkoren. Die Rockmusiker füllten Gründe; außerdem ging vielen MusikerInnen an- Stadien und wurden in populäre Show-Programme eingeladen. In der Perestroika entstand der „sowjetische Protest-Pop“ mit Texten in einer schablonenhaft-plakativen Sprache. Einige Gruppen veranstalteten auf der Bühne ein regelrechtes absurdes Theater, wobei sie Lenin, die Revolution, die Armee und die Bürokraten verspotteten. Als 1987 sogenannte „Kooperativen“ (eine Art von Privatunternehmen) erlaubt wurden, traten des die Geschäftemacher sowjetischen Schatten- Showbusiness sofort aus dem Schatten heraus, um sich an den ehemaligen Underground- Konstantin Kintschew von der Gruppe Alisa im Leningrader RockKlub (1985), Foto: unbekannt 6 MAI a n alyse 5/20 0 6 gesichts der neuen Informationsfreiheit das Ge- für Tausende Teenager zum Idol zu werden und fühl, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, als erster einen offiziellen Fan-Klub zu gründen. verloren. Bereits Ende 1989 ging die Zahl der Dass diese „Spitze“ heute eine kulturelle Legi- Stadien füllenden Rockkonzerte zurück, und An- timität besitzt, wird auch dadurch deutlich, dass fang der Neunziger mussten die Rockstars leich- fast alle kommerziellen Bands außerhalb von teren Disko-Gruppen Platz machen. Nachdem Popmusik und „Starfabrik“ weiterhin in erster Li- die Enthüllungswelle der Perestroika abgeflaut nie auf Texte setzen, mit einfachen Melodien und war und eine Wirtschaftskrise einsetzte, verlor von leichter Gitarrenmusik begleitet. Allerdings das Selbstbild des „Wahrheitskämpfers“ an Ak- haben sie sich vom früheren prophetischen Ge- tualität. Viele Gruppen zerfielen, andere produ- habe verabschiedet. Umfragen mehrerer FM-Ra- zierten von 1987 bis zur Mitte der 1990er Jahre diosender zufolge kommt diese Kombination bei nichts Neues. In Memoiren, Kritiken und in den HörerInnen, die mit dem russischen Rock groß Aussagen von MusikerInnen wurde der „Tod des geworden sind, am besten an. Aufbauend auf den russischen Rock“ zu einem Gemeinplatz. Ergebnissen solcher Umfragen entstand der Sender „Unser Radio“, der mit seinem am russischen POPULÄRE ROCKMUSIK Rock – sowohl in alter wie neuer, leichterer „Pop- War der Rock im Untergrund, als Möglichkeiten Rock“-Ausprägung – orientierten Format zahl- der Professionalisierung fehlten, eine „Gemein- reiche Nachahmer ins Leben rief. Auch Fuzz, schaft von Gleichen“ gewesen, so strukturierte das erste russische Rock-Magazin, widmet sich er sich ab den 1990er Jahren pyramidenförmig. inzwischen ausschließlich dieser Stilrichtung. Auf dem Gipfel der Pyramide waren Rockstars, Zu ihr gehören so bekannte Gruppen und Sän- die sich ins Showbusiness integriert hatten, mit gerInnen wie Mumiy Troll, Sweri („die Tiere“), Popmusik konkurrieren konnten und weiterhin Tanzy Minus, Bi-2, Spleen und Semfira. riesige Konzerthallen füllten. Den Sockel bildete eine Klubszene mit Gruppen, die weder regelmä- K LUBSZENE VERSUS „ RUSSISCHER ROCK“ ßigen Zugang zu Fernsehen und Radio noch Ver- Das Fundament der Pyramide bilden Musike- träge mit Aufnahmestudios hatten. rInnen, die in ihrer Freizeit in Klubs und Cafés Zu den oben Angekommenen zählen auch die singen. Die Klubszene könnte man als einen führenden Bands der Leningrader Richtung: halbfreiwilligen wirtschaftlichen Underground Aquarium, DDT und Alisa. Grebenschtschikow, bezeichnen. Für MusikerInnen ist ein Auftritt in der eine „goldene Sammlung“ von Aquarium auf einem St. Petersburger Klub ein Weg zur Aner- CDs neu auflegte, wurde zu seinem 50. Geburts- kennung, keineswegs aber eine Einkommens- tag per Dekret von Wladimir Putin mit einem quelle. Einige Klubs in St. Petersburg entlohnen Orden für „Verdienste um das Vaterland“ geehrt. wenig bekannte Gruppen mit einigen Flaschen Schew tschuk veranstaltete 1997/98 in St. Peters- Bier; die bekannteren fahren zum Geldverdienen burg zwei große Festivals, um neue Rocktalente nach Moskau. Diejenigen Gruppen, die weit ge- zu entdecken, organisierte das Produktions-Cen- nug sind, um ein Album herauszubringen, produ- ter DDT-Theater und erhielt den Titel „Volks- zieren es nach der Do It Yourself-Methode oder künstler von Baschkortostan“, seiner Heimat. bei kleineren Labels. Letztere lebten allerdings Konstantin Kintschew von Alisa predigt zwar in bis vor kurzem vor allem vom Vertrieb raubko- letzter Zeit ein nationalistisch eingefärbtes ortho- pierter CDs westlicher Rockgruppen. doxes Christentum, schaffte es aber vorher noch, Die Wortführer der Szene sprechen immer wie- 7 MAI a n alyse 5/20 0 6 der von der „Rückständigkeit“ intermediärer, kel konzentrierte sich auf unbekannte Bands, die zwischen reinem Do-It-Yourself und dem Show- nicht unter dem Einfluss der kanonisierten Grup- business angesiedelter Strukturen. Zu dieser Vor- pen seiner Generation standen. In seinem Klub stellung gehört auch der Mythos von der Blüte des wurde sehr unterschiedliche Musik gespielt, von Indie-Rock im Westen: Dort soll es Indie-Labels Rockabilly und Indie-Pop bis zu Punk und Hard- geben, die MusikerInnen nicht mit langjährigen core. Einige Gruppen aus dieser TaMtAm-Gene- Verträgen fesseln, kleine Konzertsäle für Musik ration wurden später auch im Radio gespielt und „zwischen den Genres“, ein musikalisch bewan- hatten kommerziellen Erfolg, etwa Tequilajazzz dertes Publikum und in jedem Städtchen Hunder- oder Markscheider Kunst. Der Klub existier- te von Indie-Gruppen, die in eigenen Kleinbussen te von 1991 bis 1996, als sich nach zahlreichen von Konzert zu Konzert tuckern. Polizeirazzien eine private Firma des Gebäudes Der Gründer des ersten unabhängigen St. Pe- bemächtigte. tersburger Rock-Klubs TaMtAm, Sewa Gakkel, Die später entstandenen Klubs kopierten die ehedem Geiger bei Aquarium, orientierte sich am Funktionsweise von TaMtAm, und auch sie er- Beispiel US-amerikanischer Indie-Klubs, die er eilte meist ein ähnliches Schicksal. Die Mitte der während einer Tournee kennen lernte. Im Aus- 1990er Jahre war die Blütezeit von Klubs, die von land habe ihn, wie er sagt, vor allem verblüfft, Rock’n’Roll-EnthusiastInnen gegründet wurden: dass man „einfach in einen kleinen Klub gehen Sie beschäftigten ehrenamtliche Mitarbeite- und echten Blues, hochinteressanten Avantgar- rInnen, kultivierten eine häusliche Atmosphäre, de-Jazz oder irischen Folk hören kann. Und mir hatten einen im Kern aus Bohemiens bestehenden wurde klar, […] dass man einfach mit der Musik BesucherInnenkreis und gaben sich als kulturelle leben, ständig mit ihr Umgang haben kann, dass AufklärerInnen und PionierInnen. All dies gilt – sie zu etwas Alltäglichem werden kann.“ Gak- mal mehr, mal weniger – für die Klubs Wild Side (gegründet 1993), Ten Club, Fish Fabrique und Art-klinika (1994), Gora (1995), Poligon (1995) und Moloko (1997). Als das musikalische Angebot reichhaltiger wurde, spezialisierten sich die Klubs nach und nach auf bestimmte Nischen, die allerdings selten offen mit stilistischen Begriffsbezeichnungen umschrieben Als werden. Auswahlkriterium funktionierte der GeGitarrenförmige Ehrenbühne auf dem GruschinFestival (2004), http://grushin.samara.ru schmack der künstlerischen LeiterInnen der 8 MAI a n alyse 5/20 0 6 Klubs und ihrer ständigen BesucherInnen. So absichtlich bedeutungslos, oder aber man singt in kennzeichnen sich die MusikerInnen gegenseitig ausländischen oder in Kunstsprachen. Schließlich häufig nicht nach Stilrichtungen, sondern nach richtet sich die stilistische Vielfalt der Petersbur- Klubzugehörigkeit (etwa „eine Band im Stil von ger Klub-Bands nicht nur gegen den „russischen Moloko“). Rock“, sondern auch gegen „westliche“ musika- Zuweilen versuchen die Klubs auch, ein breiteres lische Subkulturen wie Punk oder Metal, die aus Publikum zu erreichen. Wild Side veranstaltete Sicht der Bohemien-Szene zu sehr auf gedanken- jährlich kostenlose Open-Air-Festivals unter dem lose Geselligkeit ausgerichtet sind und wenig mit Titel Rock Side, mit Strömen von Bier und Kon- Musik zu tun haben. zerten befreundeter Bands. Allerdings hat diese 1997 schlossen mehrere Klubs der ersten Gene- Art der Förderung „eigener“ Gruppen, ebenso ration; einige von ihnen wurden von kommerzi- wie Versuche, sie auf „großen“ Rock-Festivals ellen Firmen aus ihren Räumlichkeiten verjagt. unterzubringen, eher Seltenheitswert. Diese Fes- Seither führen viele der noch bestehenden Klubs tivals greifen lieber auf das bewährte Format des eine unsichere Existenz und ziehen oft um. In „russischen Rock“ zurück, um mit bekannten Auseinandersetzungen zwischen Klubs und Ge- Bands Gewinn zu erzielen. Eine Ausnahme bildet schäftsleuten genießen letztere die Unterstützung vielleicht das alljährliche St. Petersburger Inter- der Stadtverwaltung. Zum Beispiel hat das St. Pe- nationale Sergei Kurjochin Festival (SKIF). Es tersburger Komitee für Staatseigentum dem Klub ist dem Andenken an den bekannten Avantgarde- Moloko trotz zahlreicher Protestnoten aus Musi- Künstler gewidmet, der in seinem experimentel- kerInnenkreisen, die auch von bekannten Rock- len Projekt Pop-Mechanik MusikerInnen der ver- Persönlichkeiten unterschrieben wurden, den schiedensten Stile, vom Punk über den Jazz bis Mietvertrag nicht verlängert. Nach 1998 entstan- zu einem Militärorchester, zusammenbrachte. den Klubs eines neuen, kommerziell ausgerichteten Typs. Für deren künstlerische LeiterInnen Somit entwickelte sich die St. Petersburger Klub- zählen vor allem Unterhaltung, Professionalität szene in Opposition zum „russischen Rock“, der und Attraktivität für ein wohlhabenderes und aus ihrer Sicht für musikalische Archaik und breiteres Publikum. Dies drückt sich in einem pathetische Texte steht und die Nische der kom- Anstieg der Eintritts- und Getränkepreise aus, merziellen Rockmusik fest im Griff hat. Musi- aber auch in der Gestaltung der Innenräume: kerInnen jüngerer Generationen, die den kano- Bühne und Bar befinden sich in demselben Raum, nisierten Größen des „russischen Rock“ nach- und für das Design und Werbung in den Medien eifern, sind den Klub-MusikerInnen ein noch werden beträchtliche Summen ausgegeben. An größerer Gräuel. Die St. Petersburger Klubszene Rockabende schließen sich DJ-Nächte an. setzt – und das ist ihr Hauptmerkmal – auf mu- Die heutige Klubszene bietet eine unvollständige sikalische Innovation. Fragt Schewtschuk seine Alternative zum kommerziellen Rock. Die Un- ZuhörerInnen auf Konzerten: „Könnt ihr den vollständigkeit besteht darin, dass diese Szene die Text hören?“, so können Klub-MusikerInnen als Kommerz-Logik zum Teil in kleinem Maßstab Antwort auf den Zuruf „Wir können den Text reproduziert und zur Entwicklung eines Kon- nicht hören!“ auch schon mal sagen: „Den sollt kurrenzdenkens bei den MusikerInnen beiträgt, ihr auch nicht hören!“ Im Extremfall wird die auch wenn es vielleicht nicht um Geld, sondern Stimme instrumental behandelt und der Text ist um symbolische Anerkennung geht. Der Impera- 9 MAI a n alyse tiv der Wirtschaftlichkeit zwingt viele Klubs, die 5/20 0 6 Aus dem Russischen von Mischa Gabowitsch Bands nach Erfolg beim Publikum zu klassifizieren: Weniger gewinnbringende Gruppen spielen ÜBER DIE AUTORIN: an Werktagen oder im Vorprogramm, während Anna Zaytseva (Jahrgang 1978) ist Doktoran- die „Stars“ des Underground am Wochenende din an der Ecole des hautes études en sciences und im Hauptprogramm auftreten dürfen. Die- sociales in Paris. Zu ihren Forschungsschwer- se kommerzielle Logik gilt auch im World Wide punkten zählen Kultur- und Kunstsoziologie, Web. So veröffentlicht die größte Web-Seite der Rockmusik-Szenen in Russland und Frankreich, Petersburger Klubszene, Spbclub.ru, nicht nur Jugendbewegungen in Europa und die Geschich- bezahlte Ankündigungen von Musik-Events, son- te der inoffiziellen und Underground-Kultur in dern veranstaltet auch regelmäßig Umfragen, um der UdSSR. etwa die „beste Gruppe des Petersburger Sommers“ zu ermitteln. Die MusikerInnen selbst sehen die Entwick- LESETIPPS: lungsperspektiven des Indie-Rock in Russland • Uli Hufen, Rock in der Sowjetunion. Von pessimistisch. Man könnte ihre Position als einen der Perestroika in die Bedeutungslosigkeit, widersprüchlichen Balanceakt zwischen dem in: Mainstream der Minderheiten. Pop in der Wunsch nach Publikumserfolg und der Einsicht Kontrollgesellschaft, hrsg. v. Tom Holert und in dessen Unmöglichkeit beschreiben, die man Mark Terkessidis, Berlin 1996, S. 72–85. durch die Betonung der eigenen Unverkäuflich- • keit zu kompensieren sucht. Diese Ambivalenz drückt sich in einem betont zynischen, „unseri- Artemy Troitsky, Back in the USSR: The True Story of Rock in Russia, London 1990. • Thomas Cushman, Notes from Underground: ösen“ Duktus aus; oft bezeichnen sich die Mu- Rock Music Counterculture in Russia. Alba- sikerInnen selbst als „VerliererInnen“ – eine ny: State University of New York Press, 1995 Art selbstironisches Pendant zur Rolle des „verfluchten Dichters“. Vielleicht ist diese instabile Gratwanderung der Grund dafür, dass die We- WEBSEITEN: nigen, die das wachsende russländische Show- • www.cccp-pok.com/ (Russischer Rock auf deutsch) Business doch zur Kenntnis nimmt, gerne aus dem Klub-Underground hervortreten. Die ande- • http://home.gwu.edu/~yoffe/rolinks.htm ren zieht es zum Gegenpol des überzeugten und • http://en.wikipedia.org/wiki/Russian_rock politisierten Do-It-Yourself (s. dazu den Artikel • w w w.e ve r ything2.c om /in d e x .pl?n od e_ id=410437 von Olga Aksjutina in kultura Nr. 2/2005). ØØØ 10 MAI ZU RÜC K I N DI E ZU KU N FT: DI E R E NA ISSA NCE DE R RUSSI SC H E N 5/20 0 6 G AU N E R L I E D E R Uli Hufen p or t r ait Im Herbst 2001 tauchte eine seltsame CD an Geeint wird das Genre durch einen subversiven russischen Musikkiosken auf. Das Cover von Humor und eine konsequente Missachtung jeder „Jeschtscho ras o tschorte” – „Noch einmal über offiziellen Autorität. den Teufel“ zeigte einen goldenen, vom Höllen- Ein perfektes Beispiel bietet der Klassiker „Moi feuer angeleuchteten Teufel, der drauf und dran prijatel student” – „Mein Kumpel, der Student“ ist, einem liegenden Mann ein Getränk einzu- von Igor Erenburg, das seit Jahrzehnten zum Re- flößen. Im Untertitel trug die teuflische CD den pertoire von Kostja Beljajew gehört und auf „Je- Titel: „The Best of Soviet Restaurant Music schtscho ras o tschorte“ auch von Graf Hortiza ge- 1975–76“. Die auf der Rückseite abgebildeten sungen wird. Das Lied handelt von einem kleinen Musiker wirkten allerdings zeitgemäß, und der Ganoven, dessen Freund, der Student, Ausweise Künstlername des schönen Mannes in der Mitte des OBChSS fälscht, jener sowjetischen Behörde, sagte Moskauer KäuferInnen einiges: Graf Hor- die mit dem Kampf gegen Korruption und Dieb- tiza. War das nicht der Bursche, der seit ein paar stahl von Volkseigentum befasst ist. Ausgestattet Jahren auf Radio 101 diese verrückte Musiksen- mit diesem Ausweis begibt sich der lyrische Held dung namens „Transsylvanien beunruhigt“ ver- schnurstracks zu einem der Manager des Vorzei- anstaltete? gekaufhauses GUM. Der hat furchtbare Angst „Jeschtscho ras o tschorte“ versammelte fünfzehn vor einer Kontrolle, weil er seinen privilegierten Lieder aus den 1960er und 1970er Jahren. Lieder, Zugang zu seltenen Importwaren auf ungesetz- die jeder kannte, ohne dass sie im Radio gespie- liche Weise in bare Münze verwandelt und mit lt oder auf Schallplatten gepresst worden wären. diesem Geld eine Datscha baut. So fällt es un- Manche verwenden für diese Lieder den Begriff serem Helden nicht schwer, vom verschreckten „Blatnjak“, andere sprechen von „Russki Schan- Manager einen schicken finnischen Anzug und son“ (Russisches Chanson). Die Grenzen sind andere modische Kleider zu erpressen. Als er fließend und eindeutige Definitionen schwer zu dann in den feinen neuen Klamotten auf die Stra- finden. Klar ist nur eins: Die Wurzeln des Genres ße tritt, rennen die schönsten Moskauer Mädchen reichen Jahrzehnte zurück, bis ins 19. Jahrhun- ihm mit offenen Mündern hinterher. dert. In den 1920er und frühen 1930er Jahren er- Dass derart anarchistisches Liedgut und seine lebte es eine Blütezeit, selbst Stalin war ein Fan Schöpfer dem Staat und der versammelten Beam- von Liedern wie „Gop-so-smykom“ („Geigen- tenschaft suspekt sein müssen, ist klar. Daran hat Gauner“), mit denen der Sänger Leonid Utjosow sich auch unter Jelzin und Putin wenig geändert, berühmt wurde. Trotzdem verschwanden Lieder wie Sergei Schnurow erfahren musste. Schnurow wie dieses Mitte der Dreißigerjahre aus dem Kul- ist mit seiner Band „Leningrad“ derzeit Russ- turleben der Sowjetunion. Seit den frühen 1960er lands Rockstar Nr. 1. Konzerte der Gruppe in Jahren sorgten Undergroundproduzenten wie Moskau wurden von den Behörden abgesagt, und Rudolf Fux in Leningrad oder Stas Jeruslanow in auch diverse Provinzbonzen haben klar gemacht, Odessa sowie Sänger wie Arkadi Sewerny, Kost- dass Schnurow in ihrer Stadt unwillkommen ja Beljajew oder Igor Erenburg für eine Renais- ist. Estland verweigerte ihm die Einreise. Der sance. Viele ihrer Lieder spielen im Milieu der Grund: Schnurows elektrifizierte Blat-Chansons. Gauner und Diebe. Dazu kommen Scherzlieder, „Die ganze Sache begann völlig intuitiv – wir Straßenlieder, Liebeslieder und vieles mehr. hatten gewisse Vorstellungen vom Blatnjak, das 11 MAI p or t r ait 5/20 0 6 kam von Wyssotski-Liedern, die wir alle hörten. naissance der russischen Chansons: Traditionen, Aber wir wussten nichts von Arkadij Sewerny, die Pflege des Erbes und seine behutsame Mo- [dem Zigeunersänger] Aljoscha Dmitriewitsch dernisierung. Nachdem der russländische Markt oder den ‚Perlenbrüdern’ [einer 1974 gegründe- seit der Perestroika über viele Jahre von amerika- ten Blatnjak-Band]. Später kamen dann Leute mit nischer Popkultur dominiert wurde, merkt man Tapes und sagten: Hört euch das mal an, das ge- in Moskau und Petersburg heute, dass das Land fällt euch ganz sicher – und so war es auch.“ über reiche eigene Traditionen verfügt. Garik Nach einigen Platten mit seiner Band hat Sergei Osipow und Sergei Schnurow, aber auch Sänger Schnurow 2003 das akustische Soloalbum „Wto- wie Psoi Korolenko oder Alexei Kortnew haben roi Magadanski“ („das zweite Magadaner Kon- verstanden, dass diese Traditionen relevant sind zert“) veröffentlicht, das den Geist der 1970er und reiche Früchte tragen können. Die CDs der Jahre aus allen Poren atmet. „Heute dominieren genannten Sänger, die in der fabelhaften Serie ja Blat-Chansons, die mit elektronischen Instru- „Nicht-Legenden des russischen Chansons“ er- menten eingespielt werden. Ich wollte zeigen, dass schienen sind, beweisen das. der wahre Blatnjak anders ist. Der wurde nämlich von Live-Musikern in Restaurants gespielt. Ich HÖRTIPP: wollte zeigen, dass das immer noch möglich ist. Im April 2006 ist das erste in Westeuropa ver- Blatnjak mit elektronischen Instrumenten, das öffentlichte Album von „Leningrad“ („Chleb“) ist, als wenn man Country auf Yamahakeyboards in Berlin bei Eastblok Music erschienen. Ser- spielen würde. Das ist lächerlich und dumm, und gei Schnurows „Wtoroi Magadanski“ liegt der es entspricht nicht den Traditionen.“ Erstauflage als limitierte Bonus-CD bei. Und genau darum geht es letztlich bei der Re- R U S S I S C H E P O P -M U S I K H E U T E: K A M PF UM UNA BH Ä NGIGK EIT David MacFadyen a n alyse Die russische populäre Musik erlebt seit den 1990er Jahren einen kontinuierlichen Wandel. Eine gründliche musikalische Ausbildung ist für eine erfolgreiche SchlagersängerInnen-Karriere nicht mehr nötig, wohl aber der Zugang zum Fernsehen. Dort dürfen jedoch nur wenige, meist aus sowjetischer Zeit bekannte Stars auftreten. Daher nutzen immer mehr SongschreiberInnen und MusikerInnen die Möglichkeiten des World Wide Web, um auf thematischen oder regionalen Portalen ihre Werke aus Enthusiasmus oder gegen Geld zum Download anzubieten. Die Entwicklung und Verbreitung moderner Technologien, z.B. download-fähiger Handys, dürfte zu einer Diversifizierung des musikalischen Angebots und einer Demokratisierung des Zugangs zu populärer Musik führen. Die russische populäre Musik erlebt seit den dio. Die Beziehung zwischen den Massenmedi- 1990er Jahren einen kontinuierlichen Wandel. en in Russland und den Vorlieben der Menschen „Popularität“ kann auf verschiedenste Weise ist alles andere als eindeutig. Mit dem Material definiert werden, über allgemeine Beliebtheit, von ausschließlich TV- und Radiosendungen Verkaufszahlen oder die Sendehäufigkeit im Ra- ergäbe sich folgendes Bild der Pop-Musik im 12 MAI a n alyse 5/20 0 6 Land: Rockmusik hat als Ausdrucksform sozi- im Eurovision-Schlagerwettbewerb, die nicht alen Protests ihre Wirksamkeit und ihr Ansehen zuletzt mit offensichtlichen Manipulationen im eingebüßt; die Welt ist voller studioproduzierter nationalen Auswahlverfahren zu tun hat. Nur die „Pop-Projekte“, die sich kaum von denen west- pseudo-lesbische, kluborientierte Ästhetik von licher Boy- und Girl-Groups unterscheiden; und Tatu sowie die üppigen Balladen der Sängerin landesweite Fernsehsendungen unterstützen vor Alsu haben es im In- wie auch im Ausland im TV allem alternde SowjetsängerInnen oder dienen in die Hauptsendezeiten geschafft und Konzert- dazu, kaltblütig Teenager auszunehmen. Gräbt hallen gefüllt. man aber etwas tiefer, entdeckt man unter der Ob ein Künstler oder eine Künstlerin eine gründ- Oberfläche des Marktes für Nostalgie und Kau- liche, ‚sowjetische‘ Musikausbildung hat, spielt gummimusik eine größere Komplexität, für die für die zahllosen Veranstaltungsagenturen, die vor allem im World Wide Web vertretene Song- an die Stelle der vormals zentralisierten Systeme schreiberInnen in der Provinz stehen, vom Balti- gerückt sind, keine Rolle mehr. Mit jedem Pro- kum bis zum Pazifik. Die Menschen, die Musik vinznest muss inzwischen individuell verhandelt mögen, und die, die sie wirklich machen, sind werden. Auch vor 1991 waren lokal zuweilen sehr verschieden voneinander. Schmiergelder fällig geworden; heute jedoch Seit dem Ende der Sowjetunion kämpfen rus- bedeutet die Durchführung einer ‚landesweiten sische Schlager in gefräßigen Märkten ums Über- Tournee’ eine furchterregende Anzahl separater leben. Seinerzeit täuschten mehrere Musikgrup- Verhandlungen. Will man die ‚grausame Geogra- pen schlecht informierte Fernsehsender über ihre phie’ mit Musikvideos überwinden, muss man wahre Identität, während andere InterpretInnen 12.000–80.000 Euro pro Clip einplanen, zuzüg- in ähnlicher Weise selbst übers Ohr gehauen lich 16.000 für Werbung und Schmiergelder. wurden: So kam es schon mal vor, dass mehrere Zugleich hat MTV-Russland eine stillschweigende Bands unter demselben Namen durch das Land Vereinbarung mit dem Konzern Russkaja Media- tourten und etwa den dumpfen Synthie-Pop von gruppa und seinen einflussreichen Radiosendern Mirage („Fata Morgana“) oder die schlaffen elek- Russkoje radio, Radio Maximum, Hit-FM und tronischen Melodien der (echten) Waisenkinder Radio Monte Carlo: Wenn ein Song nicht auf von Laskowy Mai („Zärtlicher Mai“) nach- deren Frequenzen zu hören ist, kommt er auch spielten. Dass die Disco-Divas von Kombinazija nicht ins Programm von MTV, dem angenommen und viele andere zu Playback sangen, machte es einzigen unbestechlichen Fernsehsender. Ein rie- nicht leichter, Geldgier von Talent zu unterschei- siges Land birgt auch riesige Probleme. den. Die Probleme bleiben bestehen, solange Songschreiben nicht durch eine gültige einheit- „A LTE STIMMEN “ IM FERNSEHEN liche Konzeption abgesichert ist. Sofija Rotaru und Alla Pugatschowa sind wei- Selbst heute können Schwindelbands monatelang terhin die beliebtesten Sängerinnen in Russland, durch die Provinz touren und ein leichtgläubiges obwohl sie bald ins Rentenalter kommen. Beide Publikum hinters Licht führen; die Konzertbe- Frauen verkörpern den Pomp-Stil der 1970er Jahre sucher wissen einfach zu wenig über die Welt mit großen Orchestern und haben ihre kulturelle „da draußen“. Von einem Mangel an Songtexten, Vormachtstellung mit beneidenswertem Erfolg die auch im Ausland ankommen könnten, zeugt behaupten können. Die beliebtesten männlichen ebenfalls Russlands chronische Erfolglosigkeit Sänger sind gegen Modeerscheinungen noch im- 13 MAI a n alyse 5/20 0 6 muner als die Damen. Die ersten Plätze besetzen auf ihren Jubiläumskonzerten gegenseitig das der opernhafte, superblonde Nikolai Baskow, der Mikrofon in die Hand, damit ihr „Ruhm“ nicht bereits zu Breshnews Zeiten zum Inventar gehö- allmählich verblasst. Diesen wiederum machen rende Lew Leschtschenko und die patriotischen sich SponsorInnen zunutze, die bereit sind, die Lieblinge des Moskauer Bürgermeisters, der Pin- Übertragung einer solchen Veranstaltung auf den up-Sänger mittleren Alters Oleg Gasmanow und größten Fernsehsendern mit 120.000 Euro zu be- der korpulente Nikolaj Rastorgujew mit seinen zuschussen. Böse Zungen mögen behaupten, dass pseudo-militaristischen Mitsingliedern. Diese der ZuschauerInnenanteil dieser Konzerte gleich Rangliste ist das Ergebnis einer Ende 2005 durch- null sei, aber allem Anschein nach lassen sich geführten landesweiten Umfrage – eine Moment- Damen mittleren Alters aus der Provinz von die- aufnahme der allgemeinen Vorlieben. sem festen Bestandteil vieler Abendprogramme Das Problem jedoch ist, dass nicht jedermann bezaubern. auch Musik kauft oder merklich zu ihrer Ent- Alter und Geschlecht sind extrem wichtige Kri- wicklung beiträgt. Rotarus größte Fangemeinde terien: 72% der KonzertbesucherInnen und Mu- ist im ländlichen Süden beheimatet; das Alter sikkäuferInnen sind Frauen mit einem Durch- ihrer typischen Verehrerinnen liegt zwischen 45 schnittsalter von 27 Jahren, eine Bevölkerungs- und 59. Baskows Fans sind noch älter. Er gilt bei gruppe, die der Musikkritiker Artemi Troitski in 31% der Rentner, aber nur bei 10% der Studenten seinen Vorlesungen an der Moskauer Staatsuni- als die Nummer Eins. versität kürzlich als „Mädchen, die nicht wissen, Darin unterscheiden sich Baskow & Co. von den etwas hipperen InterpretInnen, die in Moskau am beliebtesten sind: von Walerija, Shanna Friske und Dmitri Bilan. Walerija behauptet von sich, ebenso wie die Jazz-Sängerin Larissa Dolina, die „Stimme Russlands“ zu sein, und tatsächlich gehen ihre klassisch trainierten Lungen mit den auf Bestellung ihres Gatten, eines einflussreichen Produzenten, geschriebenen Melodien eine eindrucksvolle Verbindung ein. Friske verließ eine der erfolgreichsten Girl-Groups der Jelzin-Ära (Blestjaschtschie, „Die Glänzenden“), um eine unbestimmt-modische bis fade Ästhetik zu formen. Bilan* ist ein künstlich erzeugter Pin-up-Sänger für Mädchen im Vor-Teen-Alter. Leschtschenko, Gasmanow und ältere BühnenkünstlerInnen wie der Komiker Wladimir Winokur füllen im Fernsehen die Hauptsendezeit und drücken sich Alla Pugatschowa, Gastauftritt bei der „Starfabrik“ (2004), http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Allapugacheva.jpg * Dima Bilan erreichte beim Eurovision Song Contest am 20. Mai 2006 in Athen den 2. Platz mit „Never Let You Go.“ 14 MAI a n alyse 5/20 0 6 wie man Geld verdient oder ein Bankkonto eröff- cher Produktion und der Zunahme an russischen net,“ definierte. Songs – wird oft mit ethischen Kategorien be- Das Fernsehen erzeugt berühmte SängerInnen, schrieben. Auf der einflussreichen Webseite aber es spiegelt weder die aktive Anschaffung Electrosound.ru verglich ein Autor das Vorgehen (durch Kauf, Konzertaufnahme, Überspielen illegaler Web-Hosts oder -Portale mit dem eines oder Herunterladen) von Songs wider, noch zeich- profitgierigen Schlachters: „Wenn er Kühe auf der net es ein Bild von der Vielfalt der existierenden Weide sieht, mag er an leckere Milch und an die Lieder. Der Ausschluss von den Bildschirmen wunderbare russländische Natur denken… Aber bedeutet, dass die Arbeit in kleinen, intimen und bei der Arbeit tötet er sie mit Elektroschocks. lyrischen Formaten oft zu Selbstironie verleitet. Er sucht sich knackige Kühe aus und liefert sie Der ergraute ehemalige MTV-Moderator Wassi- als Fleisch an seine Kunden.“ Soll heißen: Mu- li Strelnikow erinnerte unlängst an den Text von sik braucht die Gemeinschaft derjenigen, die sie Russlands erstem Podcast. Nachdem er jahrelang pflegen. aus den Moskauer Medien verschwunden war, Jenseits der zahllosen Seiten von und zu einzel- kehrte seine Stimme aus der Ferne zurück: „Hal- nen InterpretInnen geht der erste Schritt zu ei- lo, Leute. Hier ist Wassili Strelnikow. Ich bin ge- ner organisierten musikpflegerischen Tätigkeit sund und munter, bin in Rente gegangen und lebe oft über „Klubs“ oder Online-Vereine von Ama- im Wald!“ Mittvierziger-VJs verbringen ebenso teurInnen, die sich aus Frust über die schmerz- viel Zeit damit, sich über die Texte ihrer täglichen haften Einschränkungen bei der Nutzung kos- Podcast-Talkshows lustig zu machen, wie damit, tenloser (also langsamer) Hosts wie etwa Narod. sie zu schreiben. ru zusammentun. In ihrem Bemühen, die Lage gemeinsam zu verbessern, bedienen sich die Teil- K ANN DAS RUNET DIE POPMUSIK RETTEN ? nehmerInnen der zu Perestroika-Zeiten gängigen Der bekannteste Ort, an dem Musikliebhabe- und in vielen spätsowjetischen Songs verwende- rInnen versuchen, aus Spaß wieder Ernst zu ma- ten Idiomatik des teamwork: „Wir wollen unsere chen und die Fesseln des Mammon abzustreifen, Seite ständig verändern und mit euch zusammen ist die Webseite Allofmp3.com, die der Internati- interessante Ideen entwickeln, denn… UNS EINT onale Verband der Phonographischen Wirtschaft DIE MUSIK!“ Auf viele solcher Aufrufe folgen al- (IFPI) für „sowohl innerhalb als auch außerhalb lerdings nur wenige Reaktionen, selbst wenn sie Russlands illegal“ erklärt hat. Moskauer Ge- sich mit Namen schmücken, die Einheit suggerie- richte haben bisher alle Versuche vereitelt, den ren, wie Posse.ru („die Bande“). Kaum jemanden Geschäftspraktiken dieses Portals Grenzen zu kümmert das ernsthaft. setzen. Allerdings ist im russischsprachigen In- Wählerischere Seiten locken NutzerInnen mit ternet, dem Runet, die Zahl der Webseiten, die einer etwas anderen Freundschafts-Rhetorik. kostenlos Raubkopien westlicher Musik anbieten, Dazu gehört Kladowaja swjosd („Schatzkam- drastisch gesunken; dafür wird immer mehr un- mer der Stars“), deren hoffnungsvoller Name abhängige, legale und weniger bekannte inlän- die schwindelerregenden Höhen der Fabrika dische Musik ins Netz gestellt. swjosd („Starfabrik“) beschwört, einer landes- Das Verhältnis zwischen diesen beiden Bewe- weiten TV-Talentshow, die stark an Deutschland gungen – dem abnehmenden Angebot an westli- sucht den Superstar erinnert. Während jedoch 15 MAI a n alyse 5/20 0 6 die Starfabrik tatsächlich Stars „produziert“, ist um Bands von außerhalb Moskau zu helfen, „ein- die Schatzkammer leider ein Ort, an dem Musi- flussreiche Ohren“ in Moskau zu erreichen. Der kerInnen in der Hoffnung, entdeckt zu werden, aufschlussreichste Wettbewerb der letzten Zeit schmachten. Diese Seite verlangt, dass zur Veröf- auf dieser Seite war Barchatnoje podpole („Vel- fentlichung angebotene Songs „die Persönlichkeit vet underground“), mit dem die aussichtsreichs- der MusikerInnen ausdrücken, damit klar wird, ten VertreterInnen einer raffiniert und dekadent dass sie ‚vom Herzen kommen‘ und nicht nur aus auftretenden Richtung unter den zeitgenössischen kommerziellen Gründen oder persönlichem Ehr- SongschreiberInnen entdeckt werden sollen. Die geiz geschrieben wurden“. heutigen Dekadenten sind oft Leute, die sich mar- Diese Vermeidung kommerzieller Begehrlich- ginalisiert fühlen und daher ihre malaise kulti- keiten steht jedoch im Widerspruch zu den von vieren. einigen „Klub“-Seiten veranstalteten und nach Alternative Zusammenschlüsse gründen sich auf TV-Pop-Shows wie etwa dem Goldenen Mikro- regionale Besonderheiten. Einige Portale, etwa fon benannten Wettbewerben, bei denen keine Zvukvokrug.ru („Tondrumherum“) in Baschkor- Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass tostan oder Art Colony (www.murawey.tver.ru) Bands zu eigenen Gunsten abstimmen – und zwar in Twer, bemühen sich um eine breitestmögliche immer wieder. Selbst Amateur-Portale wie Arte- Palette an Genres. Andere Städte und abgelegene fakt, die antreten, uns von der geldgierbedingten Regionen präsentieren sich viel selektiver. Song- Vorhersehbarkeit der Pop-Musik zu befreien, Portale in Surgut und Wladiwostok geben loka- bieten den aussichtsreichsten Gruppen rechtliche len MusikerInnen ein Quartier im Netz, kündigen Beratung und fördern mit Vorliebe zukünftige bevorstehende Events an, machen für die lokale Fernseh- oder Radio-ModeratorInnen. Klub-Szene Werbung und veröffentlichen Fotos von allen Partys und Konzerten. In Samara und D OWNLOADS AND P ROMOS Bratsk sind die Web-Verzeichnisse voller Thrash- Das größte und wichtigste Portal ist RealMusic. oder Death-Metal; die Seite MuzZone.yuga.ru ru, das kürzlich von der UNESCO einen Zu- („Musikzone des Südens“) definiert sich sogar schuss erhielt, um seine Sammlung mit mehr ausschließlich durch Verneinung. Gebilligt wird als 116.000 Stücken von 27.000 InterpretInnen weniges, dafür drischt man verbal auf „kommer- zu ordnen. Größenmäßig auf dem zweiten Platz ziellen Pop, Hip-Hop und chansons“ ein. liegt Music.lib.ru, das derzeit 67.000 Songs von Die Rockmusik gibt sich, wie schon Ende der 11.000 zu unzähligen Genres gehörenden Bands 1980er, grimmig, um sich gegen knalligen Pop bietet, allerdings keine direkten Links auf ande- (russ. popsa) zu behaupten, gegen die „Indush- re Seiten veröffentlicht und nur selten Umfragen ki Incorporated“, wie das Wolgograder Portal oder Wettbewerbe veranstaltet. RealMusic wurde Nibumbum (www.nibumbum.boom.ru, „Nixkön- am 27. Mai 2001 gegründet; im Verlauf von zwei ner“) die nächste Generation der Nullachtfünf- Jahren gaben HörerInnen 45.000 Bewertungen zehn-Boy-Groups vom Schlage der Ivanushki In- und MusikerInnen auf internen Foren 15.000 ternational nennt. Kaliningrad und Wladiwostok Kommentare ab, was half, die Sammlung umzu- haben ideale Mittelwege zwischen Hitradio und gestalten. Dilettantismus gefunden; wobei sich die fernöst- Das Portal behauptet nun, es existiere vor allem, liche Stadt immer noch in der besonderen Auf- 16 MAI a n alyse 5/20 0 6 merksamkeit sonnt, die ihr nach dem Erfolg der ländischen Markt fokussiert sind. in London produzierten derzeitigen Rocklieb- Unangefochtener Marktführer in diesem Bereich linge Mumiy Troll zuteil wurde. ist PromoDJ.ru, Nachfolger des ehemalige DJ.ru, Eine Entwicklung weg von hedonistischem Di- eine Webseite, die sich für westliche Besuche- lettantentum ist vor allem bei Dance-Portalen zu rInnen nicht gerade einladend gab. Zwar will verzeichnen, wo DJs Remixes, Mash-Ups oder PromoDJ will dem massiven, wahllosen „Abfi- längere Sets als langfristige Werbung für kurz- schen“ mit Programmen wie ReGet vorbeugen, fristige Club-Auftritte ins Netz stellen. Über ein bietet aber trotzdem Zugang im one click/one solches Portal in Twer (Tverevolution.ru) kann track-Verfahren zur derzeit größten Auswahl im man zum Beispiel alle KünstlerInnen buchen, de- Runet in den Stilrichtungen House, Ambient, ren Stücke oder Mixes es beherbergt. Die daraus Techno, Progressive und Minimal. Abgesehen resultierende Spannung zwischen Vergänglich- von längeren Promo-Aufnahmen und Live-Mixes keit bzw. Neuheit und notwendigerweise per- findet man in diesem ständig erneuerten Archiv manenter Werbung versucht etwa die Seite Mp3. durchgehend über 2000 Demo-Tracks. exnet.su dadurch zu lösen, dass sie ihre Besuche- Wer aber kann sich das alles herunterladen? Es rInnen naiv auffordert, alle heruntergeladenen wird geschätzt, dass vielleicht 75% der Nutze- Stücke innerhalb von 24 Stunden zu vernichten. rInnen von RealMusic zu Hause einen beschei- Andere Portale wie DeLit.net verlangen eine Re- denen Dial-Up-Zugang haben. Die Betreiber der gistrierung und bieten nur eine begrenzte Anzahl Seite versuchen, dieses Problem zu lösen; denn von Downloads oder FTP-Zugang nur über Pro- trotz all ihrer Beteuerungen, das Portal habe vider innerhalb Russlands, wodurch sie ungewollt nichts mit der Vermarktung ihrer MusikerInnen wieder einmal zeigen, dass sie auf den inner-russ- zu tun, versprechen sie auch, dass die Seite ab DIE „G ORBUSCHKA“ – MUSIKMARKT UND P IRATENOASE Die „Gorbuschka” (wörtlich „der Brotkanten“) ist ein riesiger Musik- und Elektronikmarkt im Westen Moskaus. Der Name ist vom Gorbunow-Kulturhaus abgeleitet, das ursprünglich zum Flugzeugwerk Nr. 22 gehörte und nach dessen Direktor benannt war. Hier fanden seit den 1960er Jahren LiedermacherInnen-Abende, ab Anfang der 1970er dann auch Rockkonzerte statt. Bereits Anfang der 1980er Jahre entstand im Foyer des Gebäudes spontan eine Tauschbörse für Schallplatten, die sich in den frühen 1990ern zu einem riesigen Freiluft-Wochenmarkt für Tonträger, Videos und Software ausweitete. Vor der Ausbreitung des Internets war die „Gorbuschka“ – und mit ihr unzählige kleinere Ableger im ganzen Land – für viele MusikliebhaberInnen nahezu der einzige Weg, auch den ausgefallensten Hörbedarf mit Aufnahmen aus West und Ost zu decken. Nach mehreren Anläufen wurde die „Gorbuschka“ Ende 2002 auf Anordnung der Stadtverwaltung endgültig geschlossen. Der Grund: Bis zur Hälfte der verkauften Tonträger waren Raubkopien. Doch bereits einige Monate später tauchte die „Gorbuschka“ in neuem Gewand auf, diesmal in den nahegelegenen Gebäuden der Fernsehfabrik „Rubin“. Die inzwischen über 30.000 Quadratmeter teilen sich die MusikverkäuferInnen nun mit PC- und Waschmaschinenmärkten. Trotz aller Kontrollmaßnahmen gibt es in diesem Meer von Verkaufsständen immer noch unzählige Piraten – zum Leidwesen der UrheberInnen und der Musikindustrie und zur Freude zahlungsschwacher HörerInnen. 17 MAI a n alyse 5/20 0 6 2006 für diese, wenn auch bescheidene, Tantie- Handy, hingegen nur 20% der RentnerInnen. men abwerfen wird. Das soll es dem Portal er- Diese Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und lauben, das Problem der Unzugänglichkeit des des finanziellen Chaos gehören im Land, das ne- Contents für Modem-NutzerInnen zu umgehen, ben China weltweit die meisten Raubkopien pro- indem es einfach Musik-CDs herausgibt. Da- duziert, zu den Alltagssorgen der Online-Song- durch könnten die erfolgreichsten MusikerInnen schreiberei. Schließlich entsteht in Russland sehr „auf den internationalen Markt“, will heißen, ins viel mehr audiovisuelles Material, als der eigene Fernsehen gelangen. Markt verkraften kann, und so überflutet diese illegale Produktion weltweit mindestens 27 Län- MUSIK AUF H ANDYS der. Das Fernsehen hat die Karrieren von Pop-Stars Inzwischen läuft reines Musikfernsehen in den wie Wladimir Presnjakow, dem Falsett-Mädchen- USA bereits schlechter, und auch auf Russlands schwarm der frühen Neunziger, wiederbelebt. Die „Erstem Kanal“ werden sich von Firmen ge- BesucherInnenzahl bei seinen Konzerten ver- sponserte Konzerte mit einer Einschaltquote von zehnfachte sich, nachdem er aus Posledni geroj Null nicht ewig halten können. Bleibt also nur („Der letzte Held“), der russischen Version des die Hoffnung, dass landesweite verfügbare, er- Inselduells, als Sieger hervorging. DebütantInnen schwingliche und tragbare Medien wie Handys es jedoch bekommt man nicht zu sehen; aber viel- SongschreiberInnen – ob man sie nun sehen oder leicht kann man sie sich wenigstens anhören? Al- nur hören kann – ermöglichen, die Kommerziali- lerdings ist Moskau die einzige Stadt, in der über sierung immer neuer Musikportale zu umgehen 50% der Web-NutzerInnen Zugang zu schnellen und auch alternden Damen im Süden eine andere, Internet-Verbindungen statt Dial-Up haben, was unabhängige Musik zu Ohren zu bringen. das Herunterladen neuer Songs erst ermöglicht. So romantisch sich dieses Zukunftsszenario auch Die Nutzung von Mobiltelefonen könnte dieses ausnehmen mag, es bleibt doch eine Frage: Was Gefälle zwischen Zentrum und Provinz nach und sollte einen Rotaru- oder Pugatschowa-Fan über- nach vermindern, wenn sich der standardmäßige haupt dazu bewegen, sich etwas anderes herun- Zugang zu Audiodateien über Zehn-Sekunden- terzuladen? Die Sturheit der Medien, die es vor- Klingeltöne hinaus entwickelt. Dass in Moskau ziehen, Pop-Musik kostenlos, in gewohnter Form 72% der Bevölkerung Handys benutzt, mag nicht und in erster Linie visuell vorzustellen, ist mögli- überraschen, aber Sibirien ist mit 66% auf Auf- cherweise so tief verwurzelt, dass sich die Mehr- holkurs, und in der Uralregion sind es immerhin heit der Bevölkerung in ihrem Geschmack auch 51%. dann noch von Nostalgie leiten lässt, wenn mit Diese erfreuliche Entwicklung wird möglicher- solchen Spektakeln kein Profit mehr zu erzielen weise dazu beitragen, den übermäßigen Einfluss ist. Dies ist die Logik, der die Kultur in der Putin- ländlicher TV-ZuschauerInnen mittleren Alters Ära gehorcht – also zumindest bis 2008. auf die veröffentlichen Hitlisten der Pop-Musik auszugleichen. Bei Handy-BesitzerInnen beträgt Aus dem Englischen von Mischa Gabowitsch die Diskrepanz zwischen Männern und Frauen nur 7%; unter Web-NutzerInnen liegt sie mit 10% ÜBER DEN AUTOR: höher. Zudem besitzen 88% der jungen Leute ein David MacFadyen (Jg. 1964) ist Professor für 18 MAI p or t r ait 5/20 0 6 Slawische Sprachen und Literatur an der Uni- tives and the Philosophy of the Russian Popu- versity of California, Los Angeles; er hat zahl- lar Song 1982–2000. Montreal; London; Itha- reiche Bücher und Artikel zur russischen Kultur, ca: McGill-Queen’s University Press, 2001 insbesondere zu Literatur und populärer Musik, geschrieben. URL: LESETIPPS: • • • Far from Moscow. Ein zweisprachiger (engl. + Birgit Beumers, Pop Culture Russia! Santa russ.) Podcast über neue Musik aus Russland: Barbara: ABC Clio, 2005 http://www.humnet.ucla.edu/humnet/slavic/ David MacFadyen, Èstrada?! Grand Narra- faculty/macfadyen_d/podcasts.html M ELODI EN FÜR M I LLION EN Uli Hufen Es war ein grauer Wintertag Anfang 2005, als im Westen, vielleicht sogar besser, inklusive der Techniker der Moskauer Plattenfirma Melodija Kompositionen. Sehr professionell, ungewöhn- eine seltsame Entdeckung machten. In einem ver- lich, mit eigenem Gesicht.“ Dann kamen das Jahr staubten Archiv-Karton fanden sie ein altes Ton- 1970 und der 100. Geburtstag des Staatsgründers band, dessen Inhalt ganz offensichtlich nicht der Lenin. Auf den Tourismus hatte das große Jubilä- Beschriftung entsprach. Auf dem Karton stand um zwar wenig Einfluss, auf das Programm des in schönstem Sowjetisch: „Konzert der Teilneh- Staatskonzerns Melodija schon. „Von Palanga mer des allrussländischen Talentwettbewerbs der nach Gursuv“ wurde nicht gepresst. ländlichen Laienkunst. Dritte Schallplatte.“ Ge- Als das Album im Sommer 2005 nach mehr als meinsam mit einigen altgedienten Mitarbeitern 35 Jahren doch noch das Licht der Welt erblickte, von Melodija fand der künstlerische Direktor von war das Erstaunen in Russland groß. Solche Mu- Melodija, Andrei Troschin, schnell heraus, dass sik hatte es in der Sowjetunion gegeben? Beim der Zufall etwas ganz Besonderes aus einem ganz staatlichen Monopolisten Melodija? besonderen Moment in der Melodija-Geschichte Als Melodija 1964 gegründet wurde, bedeutete ans Licht befördert hatte: Ein gerettetes Band des das den Zusammenschluss aller zu diesem Zeit- verloren geglaubten Albums „La Musique So- punkt existierenden Aufnahmestudios, aller un- viétique. Von Palanga nach Gursuv. L’été 1969“. abhängigen Labels, aller Presswerke und des ge- Sowjetische Beachmusik, die TouristInnen an die samten Distributionsnetzwerkes. Moskauer und Strände von Ostsee und Schwarzem Meer locken Leningrader Labels, das Baltikum, die Ukraine, sollte. Weißrussland, der Transkaukasus und Mittela- Andrei Troschin: „1969 war das letzte Jahr, in sien kamen zusammen. Melodija war zu dieser dem Melodija Pop- und Schlager-Aufnahmen von Zeit das größte Label der Welt. Zum Programm Weltformat machte. Bis einschließlich 1969 war gehörte natürlich die klassische Musik: Interna- die sowjetische Estrade kein Stück schlechter als tionale Stars wie Swjatoslaw Richter, Emil Gilels 19 MAI p or t r ait 5/20 0 6 oder Mstislaw Rostropowitsch nahmen für Melo- der selbständig und bekam ein neues, engagiertes dija ebenso auf wie die großen sowjetischen Or- Management. Seit anderthalb Jahren erscheinen chester. Daneben veröffentlichte das Label aber nun wieder neue Melodija-CDs, vor allem unver- auch Folkmusik aus aller Herren Länder, die Re- öffentlichte oder lange vergessene Schätze aus den kommunistischer Parteiführer und natürlich den riesigen Archiven. Mahler-Sinfonien, ein- sowjetischen Pop. gespielt unter dem legendären Dirigenten Kirill Als die Sowjetunion Ende der 1980er Jahre ihrem Kondraschin, Beethovensonaten mit Maria Grin- Ende entgegen taumelte, war klar, dass mit ihr berg oder Sinfonien des sowjetischen Komponis- auch Melodija untergehen würde. Wie schlimm ten Nikolai Mjaskowski, für die Melodija kürz- es wirklich werden würde, konnten allerdings lich in Westeuropa ausgezeichnet wurde. Dane- selbst die größten Pessimisten nicht ahnen. An- ben stehen, wie vor 30 Jahren auch, Perlen der drei Troschin: „1991 begann Melodija zu zerfal- sowjetischen Popmusik in der Serie „Die wahre len, wie alle sowjetischen Institutionen dieser Geschichte der vaterländischen leichten Musik“. Größe, genau wie der Staat als Ganzes. Und diese Ganz vorsichtig beginnt Melodija nach fast 15 Situation nutzten eine ganze Reihe böser Onkels Jahren Pause auch wieder, neue Aufnahmen zu aus dem Westen aus. […] Man hatte Angst, dass machen: Jazz aus verschiedenen ehemaligen Melodija den Weltmarkt mit Dumpingprodukten Sowjetrepubliken und auch moderne klassische überschwemmt, vor allem den Bereich klassische Musik. Ganz vorsichtig deshalb, weil Aufnahmen Musik. Darum war es gut, uns vom Markt fernzu- teuer sind und der Kundenkreis klein. Melodija halten und die Melodija-Archive selbst auszubeu- im Jahre 2006, das ist zwar immer noch ein Un- ten. 1991 war es kein Problem, diese Struktur zu ternehmen in Staatsbesitz. Aber eine Weltfirma zerstören, und genau das passierte. Für 12 Jahre mit Abnehmern in 100 Ländern – das ist Melodi- verschwand Melodija unter dem Dach von BMG ja heute nicht mehr. und galt als Label dieser Firma.“ In Moskau ging es derweil drunter und drüber HÖRTIPPS wie in einem schlechten Film. Piratenfirmen ver- Das klassische Programm von Melodija ist im öffentlichten Melodija-Aufnahmen, ohne eine deutschen CD-Handel erhältlich. Sowjetische Kopeke zu bezahlen, die Studios verfielen, und und russische Popmusik dagegen haben hierzu- das geradezu phantastisch korrupte Management lande leider noch immer keinen Vertrieb. Die ein- von Melodija verkaufte alles, was nicht niet- und zige Chance: russische Internetgeschäfte, die in nagelfest war, meistbietend ins Ausland. Sogar Deutschland russische CDs, Videos und Bücher der Katalog von Melodija wurde systematisch verkaufen, z.B. express-kniga.de, gelikon.de und zerstört, um die Spuren des Raubs zu verwi- http://www.petershop.com/de/. schen. Über das Programm von Melodija kann man sich Vor zwei Jahren passierte dann das kaum noch zu im Internet unter www.melody.su informieren, erwartende Wunder: Nach zwölf Jahren Ausver- auf Englisch oder Russisch, dort findet sich unter kauf und Barbarei, nach mehr als einem Jahrzehnt http://www.melody.su/eng/shops.php auch eine systematischer Vernichtung des musikalischen Liste ausländischer Versandhandlungen, die ei- Erbes eines ganzen Landes wurde Melodija wie- nen Teil der CDs im Sortiment führen. 20