Pr_Matthaeus_26_17

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Predigt über Matthäus 26,17-30
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen.
Am heutigen Gründonnerstag, dem Tag der Einsetzung des heiligen Abendmahls, hören wir den
Bericht des Evangelisten Matthäus, wie Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seines Todes das Abendmahl feierte:
17 Aber am ersten Tage der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wo willst
du, dass wir dir das Passalamm zum Essen bereiten?
18 Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine
Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passa feiern mit meinen Jüngern.
19 Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.
20 Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen.
21 Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.
22 Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln, ihn zu fragen: Herr, bin ich's?
23 Er antwortete und sprach: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten.
24 Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen,
durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
25 Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich's, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.
26 Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's den Jüngern und sprach:
Nehmet, esset; das ist mein Leib.
27 Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;
28 das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
29 Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis
an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
30 Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.
I. Das Abendmahl zeigt uns, wie groß unsere Sünde ist
Liebe Gemeinde,
das fängt ja gut an: Die Jünger haben festlich den Tisch gedeckt, um mit Jesus das Passafest zu feiern, dieses schöne und fröhliche Fest, an dem sich Israel daran erinnert, wie es von Gott aus der
Sklaverei in Ägypten befreit wurde. Um dieses Fest zu feiern, sind sie mit vielen anderen Israeliten
nach Jerusalem gepilgert. Im Festsaal ist alles vorbereitet, und Jesus legt sich mit seinen Jüngern zu
Tisch. Zu Tisch zu liegen, das ist in der griechisch-römischen Antike das Vorrecht der freien Menschen – nur Sklaven müssen stehen. Und an diesem schönen und feierlichen Abend fängt Jesus auf
einmal mit solch einem unerfreulichen Thema an und sagt zu seinen Jüngern: „Einer unter euch
wird mich verraten.“ Das ist ungefähr so, wie wenn bei uns jemand am Heiligabend Streit anfangen
würde. Aber Jesus ist der Herr und Meister, und er nimmt an diesem Abend die Rolle des Hausvaters wahr, der beim Passamahl die Segenssprüche sagt. Wenn Jesus solch ein Thema anschneidet,
können die Jünger nicht ausweichen. So fragen alle tief betroffen: „Herr, bin ich's?“ Bis Jesus
klarstellt, dass er Judas meint. „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten“, sagt er zunächst nur. So schlimm stuft Jesus diesen Verrat ein: Einer, mit dem er Tischgemeinschaft hat, der wendet sich gegen ihn. Das Gastrecht und die Tischgemeinschaft gelten gerade im
Orient als heilig. Miteinander zu essen ist eine der tiefsten Formen von Gemeinschaft. Und nun
wird Jesus von einem seiner Tischgenossen an seine Feinde ausgeliefert. Eine größere Gottlosigkeit
kann es gar nicht geben. Deshalb droht Jesus ihm auch die schlimmste Strafe an: „Weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er
nie geboren wäre.“ Die einzig angemessene Vergeltung für solch einen Frevel ist die ewige Verlo1
renheit. Die Rückfragen der anderen Jünger zeigen übrigens, dass sich jeder von ihnen dieses Frevels für fähig hält. Die Runde, die hier beim ersten Abendmahl versammelt ist, ist alles andere als
eine Versammlung rechtschaffener und frommer Menschen. Da sitzen zwölf gottlose Sünder, die
der Tischgemeinschaft mit Jesus eigentlich gar nicht würdig sind.
Und unmittelbar nach diesem Wortwechsel, direkt nachdem Jesus dem Judas bescheinigt hat, der
Verräter zu sein, spricht Jesus über Brot und Wein die Einsetzungsworte des Abendmahls. Ein ziemlich abrupter Themenwechsel ohne glättende Überleitung. Mit dem angekündigten Verrat des Judas
vollzieht sich vor dem Abendmahl nichts anderes als eine Wiederholung des Sündenfalls, von dem
uns die ersten Seiten der Bibel berichten. Die ersten Menschen, von Gott geschaffen und zur Gemeinschaft mit ihm berufen, übertreten dort sein Gebot und müssen daraufhin das Paradies verlassen. Und hier wird einer der zwölf Jünger, die Gottes Sohn zur engen Gemeinschaft mit sich berufen hat, zu seinem schärfsten Gegner, der ihn ans Messer liefert.
Diese Zusammenstellung von Verrat und Abendmahl im Bericht des Matthäusevangeliums ist sicher
kein Zufall. Sie zeigt, wie nötig die Jünger die Vergebung brauchen, die Jesus ihnen im Abendmahl
zuspricht. Und genauso nötig braucht Jesu Vergebung jeder von uns. Auch von den Jüngern hielt
sich im Grundsatz jeder für fähig, den Verrat des Judas zu begehen. Ist das bei uns anders? Jeder
von uns ist zur Gemeinschaft mit Gott berufen. Und doch fällt jeder von uns Tag für Tag aus dieser
Gemeinschaft heraus. Auch wenn wir uns zum Abendmahl versammeln, steht da nichts anderes um
den Altar als eine Gemeinschaft von verlorenen Sündern, die Jesu Vergebung brauchen – genauso
wie beim ersten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Deshalb ist dies das erste, was uns dieser Bericht vom Abendmahl in Verbindung mit dem Verrat des Judas zeigt: Das Abendmahl zeigt uns, wie
groß unsere Sünde ist.
II. Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung schenkt
Zum Glück bleibt es nicht dabei. Das Abendmahl, wie es hier beschrieben wird, zeigt uns auch, wie
Jesu Tod uns Vergebung schenkt.
In den Kreuzigungsberichten der Evangelien wird zwar ausführlich vom Vollzug der Hinrichtung
Jesu erzählt – aber diese Berichte sagen nicht, was der Tod Jesu bedeutet und was er bewirkt; zumindest sagen sie es nicht ausdrücklich. Gedeutet wird der Tod von Jesus hier, beim Abendmahl.
Mit den Worten, die Jesus über Brot und Wein spricht, macht er seinen Jüngern klar, warum er ans
Kreuz geht: Um für sie und für alle Menschen Vergebung der Sünden zu erwirken. Und diese Wirkung seines Todes, die Vergebung, eignet Jesus den Jüngern zu, indem er Brot und Wein mit ihnen
teilt.
Dabei greift Jesus auf die reiche Überlieferung der Propheten Israels zurück, die genau davon gesprochen haben. „Das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der
Sünden“ – in diesen Worten klingt das alte Gottesknechtslied des Propheten Jesaja an, wo es heißt:
„Mein Knecht, der Gerechte, wird den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden.“ 1
Und mit dem „Blut des Bundes“ erinnert Jesus die Jünger an den neuen Bund, den der Prophet Jeremia angekündigt hat, getragen von der Verheißung: „Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und
ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“ 2 Die Sündenvergebung ist ein wichtiger Bestandteil des neuen
Bundes. Und all dies sagt Jesus im Rahmen des Passamahles. Beim ersten Passamahl, in der Nacht,
als die Israeliten aus Ägypten auszogen, da strichen sie auf Gottes Geheiß hin das Blut des Passalammes an ihre Türpfosten. Und an diesen Türen ging der Todesengel vorbei, der die Erstgeborenen Ägyptens tötete. Das Blut des Lammes rettet vor dem Verderben. Jesus sagt: „Das ist mein Blut
des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“ – also um Menschen aus dem
1
2
Jesaja 53,11.
Jeremia 31,34.
2
Gericht und aus der Verlorenheit zu retten, in der sie als Sünder unweigerlich enden müssten. Auch
das Blut Jesu rettet vor dem Verderben. Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung
schenkt.
Manche sagen: Ich kann mit dieser ganzen Bluttheologie nichts anfangen. Dazu sind vielleicht ein
paar Erläuterungen nötig. Jesus ist am Kreuz gestorben. Und die Kreuzigung an sich war eigentlich
eine blutarme Hinrichtungsart. Am Kreuz floss nicht viel Blut – im Gegensatz zum Beispiel zu einer Enthauptung. Medizinisch gesehen tritt bei einer Kreuzigung der Tod durch Ersticken und
Kreislaufversagen ein, nicht durch Verbluten. Die Rede vom vergossenen Blut Jesu zielt also nicht
auf den Vorgang der Kreuzigung, sondern meint etwas anderes. Sein Blut vergießen ist in der Bibel
eine feste Redewendung und heißt nichts anderes als: sein Leben geben. „Des Leibes Leben ist im
Blut“, heißt es im Alten Testament gleich an mehreren Stellen.3 Das Blut ist nach biblischer Vorstellung der Sitz des Lebens. Wenn im Alten Testament das Blut der Opfertiere vergossen wird, dann
lassen die Tiere ihr Leben an der Stelle dessen, der sie opfert. Derjenige, der sie zum Opfer bringt,
müsste eigentlich ihr Schicksal erleiden und sein Leben lassen, weil er Gottes Gebot übertreten hat.
Dies ist der Hintergrund für das, was Jesus hier sagt und tut: Er gibt sein Leben und nimmt die
Schuld der Menschen auf sich – damit alle, die an ihn glauben, nicht den ewigen Tod erleiden müssen, sondern bei Gott ewiges Leben haben. „Das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für
viele zur Vergebung der Sünden“ – das bedeutet also: Ich gebe mein Leben für die Vielen, damit
ihnen die Sünden vergeben werden. Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung
schenkt.
Jesu Wort über dem Brot geht in die gleiche Richtung: „Das ist mein Leib“, sagt Jesus. Der Leib
steht stellvertretend für die ganze Person. Wenn Jesus den Jüngern das Brot austeilt und dazu sagt:
„Nehmet, esset; das ist mein Leib“ – dann meint er damit: Mit meiner ganzen Person, mit meinem
ganzen Sein, mit jeder Faser meines Wesens gebe ich mich für euch hin. Ich bin ganz für euch da,
ich lebe und sterbe für euch.
In Brot und Wein gibt Jesus den Jüngern seinen Leib und sein Blut. Mit seiner ganzen Person ist er
für sie da und gibt sein Leben für sie hin. Dieses Geschenk gibt er mit Brot und Wein in die Gemeinschaft der Jünger hinein, und das gilt.
In der Reformationszeit wurde heiß diskutiert, wie das genau vor sich geht, dass Jesus in Brot und
Wein gegenwärtig ist. Und von der römisch-katholischen Kirche trennt uns bis heute die katholische
Lehre, dass sich im Abendmahl bzw. in der Eucharistie Brot und Wein tatsächlich in Leib und Blut
Christi verwandeln. Vom biblischen Text her gesehen gehen alle diese Unterscheidungen eigentlich
an der Sache vorbei. Es geht hier nicht darum, ob sich irgendwelche Substanzen verwandeln. Nein,
es geht nur um das eine: dass Jesus im Abendmahl jedem, der es im Glauben einnimmt, die Frucht
seines Sterbens zuwendet und ihm Vergebung schenkt. Im Abendmahl geschieht wirklich etwas, es
ist viel mehr als nur ein Erinnerungsmahl. Das meinten die Reformatoren, wenn sie von der sogenannten Realpräsenz sprachen: Im Abendmahl ist Jesus real präsent, in Brot und Wein ist Jesus
wirklich gegenwärtig als der, der sein Leben für uns gibt und uns die Sünde vergibt. Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung schenkt.
Ein großes Geschenk ist das, das größte und wunderbarste Geschenk, das es überhaupt geben kann.
Und wie jedes Geschenk muss ich es auch annehmen. Den Wunsch, Jesu Sündenvergebung zu empfangen, kann ich im Schuldbekenntnis vor dem Mahl zum Ausdruck bringen. Und dann darf ich
mich einfach auf Jesu Zusage verlassen: Er hat auch für mich sein Leben gegeben, und im Abendmahl schenkt er mir seine Vergebung. Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung
schenkt.
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3. Mose 17,11.14; 1. Mose 9,4f. u.a.
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III. Das Abendmahl zeigt uns, wie uns der Auferstandene in seinem Reich erwartet
Und noch etwas Drittes sagt Jesus über das Abendmahl, was leicht übersehen wird: „Ich sage euch:
Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an
dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ Und Jesus hat gerne
Wein getrunken! Wenn sich Menschen Jesus angeschlossen haben, dann hat Jesus gern ein fröhliches Fest mit ihnen gefeiert, bei dem es dann auch Wein zu trinken gab. Von seinen Gegnern wurde
er deshalb sogar als Fresser und Weinsäufer beschimpft.4 Jetzt, beim letzten Abendmahl, trinkt Jesus auch zum letzten Mal Wein in seinem irdischen Leben. Aber er freut sich schon jetzt darauf, im
Himmel wieder mit seinen Jüngern anzustoßen und ein fröhliches Festmahl zu feiern. Das Hochzeitsmahl des Lammes nennt die Bibel das an anderer Stelle.5
Bei jeder Abendmahlsfeier gibt uns Jesus einen Vorgeschmack auf dieses himmlische Freudenfest.
Das Abendmahl zeigt uns, wie uns der Auferstandene in seinem Reich erwartet. Als der Auferstandene ist Jesus in Brot und Wein gegenwärtig und schenkt jedem, der es annimmt, Vergebung und
neues Leben. Aber im Abendmahl geht es nicht nur um Jesu Leiden und Sterben: Jesus erinnert die
Abendmahlsgemeinde auch daran, dass er sich darauf freut, im Himmel mit ihnen das Mahl zu feiern. Das Abendmahl ist das Fest der Vorfreude auf das Reich Gottes. Das Abendmahl zeigt uns, wie
uns der Auferstandene in seinem Reich erwartet.
Drei sehr unterschiedliche, sehr gewichtige und sehr schöne Dinge zeigt uns also dieser Abendmahlsbericht im Matthäusevangelium:
Das Abendmahl zeigt uns, wie groß unsere Sünde ist.
Das Abendmahl zeigt uns, wie Jesu Tod uns Vergebung schenkt.
Und das Abendmahl zeigt uns, wie uns der Auferstandene in seinem Reich erwartet.
Amen.
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Matthäus 11,19; Lukas 7,34.
Offenbarung 19,9.
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