Theorie der Wärme Musterlösung 12. Übung 1. FS 2015 Prof. Thomas Gehrmann Wärmekapazität im Zweiniveausystem Ein System besteht aus N unabhängigen, unterscheidbaren Teilchen, die sich in zwei Energiezuständen 1 = 0 und 2 = > 0 befinden können. Berechnen Sie die Zustandssumme ZN (T ). Wie gross ist bei gegebener Temperatur die mittlere Teilchenzahl im oberen Niveau? Skizzieren Sie die spezifische Wärme des Systems. Lösung. Bei gegebener Temperatur ist das kanonische Ensemble zu nehmen: Pr (T, N ) = X 1 exp(−βEr (N )). exp(−βEr (N )), ZN (T ) = Z r (L.1) Wir betrachten zunächst 1 Teilchen. Dann sind die möglichen Zustände des Systems durch E1 = 0 und E2 = gegeben. Die Zustandssumme ist z = Z1 (T ) = 1 + exp(−β) und die Wahrscheinlichkeiten sind 1 1 = z 1 + exp(−β) exp(−β) exp(−β) = . z 1 + exp(−β) p1 = p2 = (L.2) Wenn n Teilchen (mit 0 ≤ n ≤ N ) im oberen Niveau sind, dann ist die Energie Er = n. Da die Zustände mit dieser Energie: Teilchen unterscheidbar sind, gibt es N n ZN (T ) = X exp(−βn) = r N X N n=0 n exp(−βn) = (1 + exp(−β))N = z N . (L.3) P N n N −n Hierbei wurde die binomische Summe = (a + b)N verwendet. Die Wahrscheinlichn a b keit Pn genau n Teilchen im oberen Niveau zu finden, ist X X exp(−βn) N exp(−βn) Pn = Pr = = (L.4) ZN (T ) n ZN (T ) Er =n Er =n Hiermit berechnen wir die mittlere Teilchenzahl n̄ im oberen Niveau: N X N X N 1 n̄ = nPn = n exp(−βn) n ZN (T ) n=0 N =0 N 1 ∂ X N 1 ∂ = − exp (−βn) = − ZN (T ) ZN (T ) ∂(β) n ZN (T ) ∂(β) (L.5) n=0 = N . 1 + exp(β) Die Energie des Systems ist dann E(T, N ) = n̄ = 1 N . 1 + exp(β) (L.6) Hieraus folgt die spezifische Wärme 1 ∂E β ∂(E/N ) c(T ) = =− N ∂T N T ∂T = (L.7) kB (β/2)2 2 = cosh2 (β/2) exp(β/2) + exp(−β/2) kB (β)2 (L.8) Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärme c(T ) des Zweiniveausystems. Das Maximum der Kurve liegt bei kB T ≈ 0.4 . Für kleine Temperaturen geht c(T ) exponentiell gegen null; der c(T ) Anregungsfreiheitsgrad wird eingefroren. T Für hohe Temperaturen geht c(T ) gegen null, weil dann bereits die Hälfte der Teilchen im oberen Niveau sind, und das System bei weiterer Temperaturerhöhung keine Energie mehr aufnehmen kann. Für die mittlere Teilchenzahl im oberen Niveau gilt n̄ ≤ N/2. Ein Zustand mit n̄ > N/2 kann formal durch L.5 mit negativer Temperatur beschrieben werden. Dies ist aber kein Gleichgewichtszustand, also kein Zustand, der sich nach hinreichend langem Kontakt mit einem Wärmebad (mit physikalischer Temperatur T ≥ 0) einstellt. Experimentell können solche Zustände jedoch hergestellt werden. In diesem Zusammenhang werden dann manchmal negative Temperaturen benutzt. Übung 2. Gibbs-Paradoxon Die kanonische Zustandsumme eines idealen einatomigen Gases ist ZN (T, V ) = [z1 (T, V )]N 1 VN h = , λ= √ . 3N N! N! λ 2πmkB T (1) Berechnen Sie damit die Änderung ∆F der freien Energie bei folgendem Prozess: Ein thermisch isoliertes Gasvolumen V wird durch seitliches Einschieben einer Zwischenwand in zwei gleiche Volumina geteilt. Berechnen Sie ∆F alternativ aus thermodynamischen Relationen ( betrachten Sie dazu die übertragenen Arbeits- und Wärmemengen). Lassen Sie den Faktor 1/N ! im Ausdruck für ZN weg; dies ergibt einen anderen Ausdruck F ∗ für die freie Energie. Bestimmen Sie die Änderung ∆F ∗ bei dem betrachteten Prozess. Der Widerspruch zwischen diesem statistisch berechneten ∆F ∗ und dem thermodynamischen berechneten ∆F heisst Gibbs-Paradoxon. Der Widerspruch wurde durch das Einfügen des Faktors 1/N ! aufgelöst, und zwar bevor die Quantenmechanik diesen Faktor begründete (Unterscheidbarkeit von Teilchen). 2 Lösung. Mit N ! ≈ (N/e)N folgt F (T, V, N ) = −kB T ln ZN (T, V, N ) = −N kB T ln V + 1 . N λ3 (L.9) Für zwei Teilvolumina mit jeweils V /2 und N/2 gilt V /2 N +1 . 2F (T, V /2, N/2) = −2 kB T ln 2 N/2λ3 (L.10) Beide Ausdrücke sind gleich, also ∆F = 0. (L.11) Thermodynamisch ergibt sich dasselbe Ergebnis: Für den Prozess der Unterteilung gilt δQ = δW = 0, also ∆E = 0; ausserdem ist der Prozess reversibel, also ∆S = 0. Hieraus folgt ∆F = ∆E − T ∆S = 0. Wenn wir dagegen den Faktor 1/N ! weglassen, dann ist die freie Energie F ∗ vor der Unterteilung V F ∗ (T, V, N ) = −N kB T ln 3 . (L.12) λ Nach der Unterteilung folgt hieraus 2F ∗ (T, V /2, N/2) = −2 N V /2 kB T ln = F ∗ (T, V, N ) + N kB T ln 2, 2 λ3 (L.13) also ∆F ∗ = N kB T ln 2 3 (L.14)