Ein Einkommen zur Bekämpfung der Mafia

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Ein Einkommen zur Bekämpfung der Mafia
BIN Italia - http://www.bin-italia.org/ein-einkommen-zur-bekampfung-der-mafia/
Ein Einkommen zur Bekämpfung der Mafia
L'articolo tratta del dibattito sul reddito di base in Italia e non solo, in occasione di una iniziativa
tenutasi a novembre 2015 presso l'Istituto di Cultura Svizzera a Roma. Nell'articolo anche brani
dell'intervista a Sandro Gobetti del BIN Italia. (L'articolo è in tedesco).
Articolo a firma Enno Schmidt tratto da Grundeinkommen.ch, il sito della rete svizzera per il reddito di
base.
Das Instituto Svizzero di Roma liegt auf einem der Hügel Roms. Vom Turm der opulenten Prachtvilla hat
man den besten Blick über die Stadt. Oder den zweitbesten. Auf der Kuppel des Petersdoms steht man
noch etwas höher. Ein Kardinal bat dereinst den Bauherrn des heutigen Instituts um diese Bescheidenheit.
Michele Luminati, Direktor des Schweizer Instituts, hatte zur öffentlichen Debatte um das
bedingungslose Grundeinkommen geladen. Die Gesprächspartner waren neben mir Cédri Wermuth,
Schweizer Nationalrat, Josef Brusa, Unternehmer, Amalia Mirante, Ökonomin aus Lugano, Christoph
Schaltegger, Ökonom aus Luzern, Tito Boeri, Präsident des Instituts für Soziale Sicherheit aus Rom. Ich
hielt die Einführungsrede zur Volksinitiative und zum bedingungslosen Grundeinkommen in der
Schweiz.
Es sieht so aus, dass es in Italien kein soziales Netz gibt wie in den nördlicheren Ländern. Wer keine
Arbeit hat, der hat kein Einkommen. Gut, wenn er vorher etwas gespart hat. Wenn nicht, muss er schauen,
wer ihm Geld leiht. Das macht die Mafia. Das machen auch andere. Genauso wie die Mafia. Mit
horrenden Zinsen. Dadurch bleibt man verschuldet und vor allem: etwas schuldig. Das Prinzip der
Gegenleistung. Da man das Geld nicht zurückzahlen kann, muss man mit etwas anderem bezahlen. Die
Gelegenheit dazu kommt bald.
Das soziale Netz sind in Italien kriminelle Organisationen. Auch wo staatliche Gelder fließen gehen die
oft durch deren Hände.
„Dann sind die Mafia und andere kriminelle Organisationen wie ein Staat im Staate?"Ja, sagt Sandro
Gobetti, sie sind Der Staat. Ein zweiter Staat. Wenn man mitmacht, dann ist für die ganze Familie
gesorgt. Es ist eine Art Mafia-Wohlfahrt.
„Müsste man dann mit der Mafia sprechen, um ein bedingungsloses Grundeinkommens einzuführen?"
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Davon rät Sandro Gobetti ab. Das sind keine netten Leute. Sprechen kann man mit denen auch nur, wenn
man selbst Mafiosi ist. Aber das ist kein schönes Leben.
„Wäre der Mafia ein Boden entzogen, wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe?" Ja, sagt
Gobetti. Wenn der demokratische Staat nicht stark ist und kein Geld gibt, dann müssen die Leute die
Mafia nach Geld frage. Nicht nur die Mafia. Auch andere leihen Geld für hohe Zinsen. Danach gehört
man dem Geldgeber. Dann macht man für ihn alles. Das ist die traurige Konsequenz der Armut. Dazu
gehören auch die Niedriglöhne. Der Staat ist für die Italiener kein Wir Gefühl. Steuern zu zahlen wird
vermieden. Das Wir ist die Familie, sind die Verbindungen. Es geht ums Durchkommen. Da ist die Mafia
näher am Leben und mitten drin.
„Ist also die gesellschaftliche Konstellation in Italien weit davon entfernt, ein bedingungsloses
Grundeinkommen für alle einzuführen?" Ja, sagt Sandro Gobetti. Aber was die Leute verstehen ist eine
Einkommensgarantie. Ob die niedrig ist, ob die an eine Bedingung geknüpft ist, das ist den Leuten gar
nicht so wichtig. Bedingungslos und für alle, dass ist ihnen zu abstrakt. Wieso soll Berlusconi ein
bedingungsloses Grundeinkommen erhalten? Der Konflikt ist in Italien nicht vertikal zwischen den
Armen und den Reichen, sondern horizontal unter den Armen. Die sehen sich als Konkurrenten um das
Wenige, was es für sie gibt. Die kämpfen gegeneinander um Jobs und irgendeinen Vorteil. Die brauchen
kein Versprechen zu einem Einkommen irgendwann, keine Idee, sondern jetzt einen Gewinn für sich.
Im Sommer dieses Jahres, erzählt Gobetti, gab es eine große Koalition von an die Tausend Verbänden
und Organisationen einschließlich der Katholischen Kirche gegen die Mafia. An erster Stelle ihres
Manifestes stand: Ein Einkommen für die Würde! Ein Einkommen zur Bekämpfung der Mafia. Sie
sprachen nicht von einem bedingungslosen Einkommen, sondern von einem Einkommen für die Würde.
Italien hat die Flexibilisierung der Märkte und Arbeitsverhältnisse mitgemacht wie alle europäischen
Länder. Aber anders als zum Beispiel in Dänemark, wo Gobetti eine Zeit lang lebte, wurde der
Flexibilisierung in Italien keine soziale Absicherung zur Seite gestellt. Die Leute gehen in eine Arbeit,
gehen wieder raus, finden eine nächste. Dazwischen liegen Zeiten, in denen sie nichts haben. Aber die
Lebenskosten gehen weiter. Das Prekariat hat massiv zugenommen. Studenten wollen von zuhause
ausziehen und an einem anderen Ort studieren. Frauen verdienen in Italien noch immer viel weniger als
Männer und arbeiten viel mehr. Gleichberechtigung ist ein großes Problem in Italien. Die Migranten
arbeiten als Sklaven in den ländlichen Regionen. Alte Menschen, Alleinerziehende. Es sind verschiedene
soziale Situationen. Aber die Frage nach einem Einkommen, sagt Gobetti, bringt sie alle zusammen. Wir,
die wir für ein bedingungsloses Grundeinkommen sind, wollen da stehen, wo die Menschen sind. Ob
Mindesteinkommen, Bürgergeld, was auch immer, wir können uns nicht abgrenzen und sagen, wir
sprechen nicht mehr miteinander, sondern wir müssen miteinander sprechen. Auf diesem fruchtbaren
Boden müssen wir miteinander sprechen! Die Leute haben offene Ohren. Wir müssen von diesem
Planeten sprechen, nicht von irgendeinem anderen.
„Aber meinst Du nicht, dass gerade der Begriff der Bedingungslosigkeit eine Bewusstseinsveränderung
bewirkt?" „Doch, ja. Aber wir sprechen jetzt von der Bedingungslosigkeit der Arbeit. Das heißt, wir
platzieren einen Einkommenssatz, der die Freiheit zu Wählen gibt. Libertà di chiedere. Die Freiheit zu
wählen - auch deine Arbeit. Die Leute verstehen: mit einem Grundeinkommen kann ich die Arbeit
wählen. Da bin ich frei. Darum sprechen wir zunächst nicht von bedingungslosem Einkommen für alle,
sondern in einem ersten Schritt von der Bedingungslosigkeit für die Arbeit. Versuch die Bedeutung der
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Bedingungslosigkeit der Arbeit zu verstehen. Du kannst deine Arbeit frei wählen. Das ist eine große
Veränderung gegenüber der geradezu sakral aufgeblähten Ideologie der Erwerbsarbeit. Und was bedeutet
schon die Verbindung des Grundeinkommens mit einer Arbeit, wenn man sie frei wählen kann? Sich um
die Kinder zu kümmern ist eine Arbeit, künstlerisch tätig zu sein ist eine Arbeit. Wenn jemand reist,
macht er Erfahrungen, die ihn vielleicht zu mehr befähigen. Etwas zu erkunden ist eine Arbeit. Das ist die
Emanzipation der Arbeit. Und die Emanzipation durch die Arbeit. Wer viele verschiedene Jobs gemacht
hat, der hat auch viel Erfahrung gesammelt und Fähigkeiten entwickelt. Es kann Beratungen geben, wie
er die Fähigkeiten optimal einsetzt. Es muss nicht ein Job sein, den man findet, es kann auch einer sein,
den man selber schafft. Es gab eine starke Bewegung in Italien von den Frauen, deren Slogan war: «Wir
haben keine Zeit zur Arbeit. Keine Zeit zur bezahlten Arbeit. Wir haben zu viel zu tun, um auch noch für
Geld zu arbeiten. In der Verfassung steht: ein Recht auf Arbeit. Wir gehen den Schritt weiter und sagen:
Das Recht auf Einkommen!»
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