Kirche in Not Ansprache nach der Messe Sonntag, 22. Januar 2017

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Kirche in Not
Ansprache nach der Messe
Sonntag, 22. Januar 2017
Luzern
Als wir vor einigen Monaten die heutige Messe vorbereiteten, lud mich
Jan Probst ein, auch nach der Liturgie einige Worte an Sie zu richten. Vor
ein paar Jahren, als ich Nuntius in der Ukraine war, hat er meine
Ansprache gehört, die ich im deutschen Königstein bei einer
Versammlung der Nationaldirektoren von KIRCHE IN NOT gehalten
habe, und in der ich von der Situation in der Ukraine berichtete. Nun
dachte er, dass es auch für Sie heute interessant sein könnte, etwas darüber
zu hören.
Wirklich eine gute Idee, aber ich habe ihm auch gesagt, dass ich, bedingt
durch den Wechsel von der Ukraine in die Nuntiatur für die Schweiz und
Lichtenstein, nicht mehr zuständig sei für die Ukraine, ein Land, das mir
immer noch sehr lieb ist.
Im Gegenzug schien Jan mit meinem Vorschlag einverstanden zu sein,
etwas über meine Vorliebe für die Hilfswerke mit dem gleichen
Erscheinungsbild wie KIRCHE IN NOT zu sagen, aber besonders etwas
über dieses päpstliche Hilfswerk, das von Pater Werenfried van Straaten,
dem Speckpater, gegründet worden ist.
Da ich verschiedene Personen kenne und auch auf Grund der
Zusammenarbeit, die ich als Päpstlicher Gesandter in der Ukraine und
durch die ROACO erfahren durfte, bin ich hell begeistert von KIRCHE
IN NOT. Ich möchte kurz, wenn man das so sagen kann,
Erstens) eine Lobeshymne auf die Menschen anstimmen, die für das
Hilfswerk arbeiten. Dabei spreche ich nicht nur von den Leitern, sondern
auch von den Mitarbeitenden, welche die konkrete Aufgabe haben, zur
Kirche in den Regionen zu reisen, wo die Menschen leiden und sie zu
begleiten. Zweitens) möchte ich die Qualität eines Hilfswerkes wie
KIRCHE IN NOT hervorheben, die nicht nur verschieden von anderen,
sondern auch wesentlich höher ist, denn dieses lebt ausschliesslich von der
Grosszügigkeit von Einzelpersonen.
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Dieser zweite Punkt ist für mich der entscheidende. Ich möchte betonen,
dass es einen grossen Unterschied gibt zwischen Werken, die für ihre
Finanzierung mit andern Institutionen zusammenarbeiten, oftmals mit
nichtkatholischen Organisationen und hie und da auch mit
Regierungsorganisationen, und solchen Werken wie KIRCHE IN NOT,
die von der Grosszügigkeit vor allem der einfachen Katholiken abhängen.
Es ist richtig, die Umsetzung von Projekten ist wichtig, aber es gibt auch
noch eine andere Dimension, nämlich die zwischenmenschliche, welche
durch den Glauben an Jesus Christus belebt wird. Diese Dimension ist die
wichtigere und man kann sie in ihrer voller Freiheit nur garantieren, wenn
die Spender katholische Gläubige sind. Was ich damit sagen möchte ist,
dass es nicht einfach ist, Garant der Katholizität für andere, sagen wir für
die Weltlichen, zu sein. Obwohl es viele gibt, die grosszügig sind, halten
sie es nicht für notwendig, ihre Grosszügigkeit mit ihrem Glauben in
Verbindung zu bringen. Aber, was sind wir ohne unseren katholischen
Glauben? Was für einen Sinn hat jemanden, der bezeugt, dass Jesus der
Retter der Welt ist, wenn sein allgemeingültiges Engagement ohne
Christus geschieht?
Auch wenn mein erster Punkt der Kernpunkt ist, das heisst die Hingabe
und die Professionalität der Menschen, die die Kirche in Osteuropa und
im Nahen Osten begleiten – um nur diese zwei grossen Wirkungsfelder
von KIRCHE IN NOT zu nennen, die ich kenne, möchte ich doch mit
meinem zweiten Punkt beginnen. Dieser formt und erhöht den Einsatz
der Personen, die anderen dienen. Selbstverständlich will ich damit nicht
meine Freunde und Bekannten der anderen Hilfswerke abwerten, welche
die Unterstützung der öffentlichen Hand geniessen. Sie haben sich als
Katholiken oft in vorbildlicher Weise für andere eingesetzt. Ich möchte
nur festhalten, dass auch die öffentliche Hand nicht frei ist und dem
Hilfswerk, welches Steuergelder oder Geld aus anderen öffentlichen
Quellen empfängt, ebenfalls nicht seine volle Freiheit für die
Verkündigung lässt. Aufgrund der Herkunft der materiellen Ressourcen
müssen Hilfswerke wie Caritas, Renovabis oder die italienische
Bischofskonferenz leider öfters auf die Finanzierung einiger spezifisch
katholischer Projekte verzichten, wenn ich das so sagen darf.
Selbstverständlich spricht man dabei von der Förderung der Menschen,
aber für gläubige Männer und Frauen ist es eine Förderung, die
gezwungenermassen hinkt, auch wenn nur leicht.
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Ich gebe Ihnen nur ein kleines konkretes Beispiel. Werken, die Geld von
öffentlichen und konfessionell neutralen Stellen bekommen und
verwalten, ist es oftmals untersagt, den Bau neuer Gotteshäuser zu
finanzieren. Ich spreche nicht von der Finanzierung von
Restaurationsarbeiten an alten historischen Gebäuden, die oftmals zum
geschichtlichen und kulturellen Erbe eines Volkes gehören. Das geht
oftmals schon. Ich will sagen, dass KIRCHE IN NOT zu den wenigen
Institutionen gehört, welche Beiträge zum Neubau von Kirchen und
Kapellen leisten können. Wenn man in einem armen oder zerstörten Land
ein Kloster für eine kontemplative Schwesterngemeinschaft (also eine
Gemeinschaft von armen Frauen, welche von der Produktion von
Hostien oder Paramenten leben) bauen will, also ein Frauenkloster,
welches eine kleine katholische Feuerstelle inmitten einer oft
unchristlichen Umwelt werden könnte, dann muss man zu KIRCHE IN
NOT gehen, um Hilfe zu erhalten. Ich sage nichts gegen die grossen
Summen, welche die öffentliche Hand in andere Werke investiert, auch in
konfessionelle Schulen. Aber eine Klosterkirche oder eine Kapelle für das
Quartier einer Pfarrei ist kein Luxus. Dennoch findet es keinen Platz in
den Unterstützungsprogrammen der öffentlichen Hand. Das ist auch ein
Thema in den Missionsländern, wie ich vor Jahren in der Karibik erfahren
habe.
Die Freiheit der Kinder Gottes hat nicht nur den Vorteil, solche Projekte
unterstützen zu können, die von anderen ausgeschlossen sind, weil sie
explizit katholisch sind. Die Unabhängigkeit von der öffentlichen Hand
verändert auch, und zwar grundlegend, den Charakter der Verwaltung der
anvertrauten oder gesammelten Güter für besondere Zwecke.
Als sie noch lebte, stand die Heilige Mutter Theresa von Kalkutta im
Zentrum einer Kontroverse in Indien, weil sie sich geweigert hatte,
öffentliche Gelder oder grosse Summen von Nicht-Katholiken
anzunehmen. Meine Botschaft hier an Sie heute ist, dass ich Mutter Teresa
recht gebe für ihre Entscheidung, beim Einsatz für die Ärmsten das
persönliche Engagement zu bevorzugen. Es geht dabei nicht um die
Überlegung, dass es in dieser Welt nie an Armut und Leid fehlen wird,
sondern vielmehr um die Tatsache, dass der Respekt für den anderen und
seinen Glauben immer Vorrang haben muss. Einfach und ohne in
Verlegenheit zu geraten: Es gefällt mir ausserordentlich, dass KIRCHE
IN NOT so katholisch ist, dass das Werk es sich leisten kann dem Bau
einer neuen Kirche Priorität einzuräumen.
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(Nur noch einige Worte zu meinem ersten Punkt): Die Personen, die für
KIRCHE IN NOT arbeiten, wenigsten diejenigen, welche ich
kennengelernt habe, leben diesen katholischen Einsatz mit einer
erfrischenden Lebendigkeit. Aus einem Gespräch mit Johannes Heereman
weiss ich, dass die Verwaltung der Gelder ein Teil der Arbeit ist, der nicht
immer einfach ist. Auch die Ermutigung aus der Zentrale in Königstein
an die Nationaldirektoren, durch immer bessere Information die
Spendenbereitschaft zu erhöhen, ist wesentlich. Für die Spender und für
die Empfänger ihrer Grosszügigkeit verkörpert das Personal, sowohl die
Freiwilligen wie die Angestellten, den katholischen Geist des
Unternehmens. Die Freiwilligkeit und die Ernsthaftigkeit bei der
Verwaltung sind wichtig, aber jene Personen, die ich kenne und die für
KIRCHE IN NOT arbeiten, verdienen ihren Lohn und dienen dem
Evangelium.
„Denn die Schrift sagt: Du sollst dem Ochsen zum dreschen keinen Maulkorb anlegen
und: Wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn.“ (1 Tim 5,18). Ich zitiere hier
aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an Timotheus, aber Paulus selbst
hat diesen Abschnitt, den er auch den Korinthern geschrieben hat, aus
dem Buch Deuteronomium zitiert. Meiner Meinung nach darf man das
nie vergessen, wenn man von irgendeinem beliebigen Hilfswerk spricht.
Die Tatsache, dass einer Profi ist, schliesst weder die Dimension des
Glaubens aus, noch einen leidenschaftlichen Eifer für die Verkündigung
des Evangeliums.
Beten wir für die Kirche, die leidet und auch für diejenigen, die an unserer
Stelle den Dialog führen mit den Ärmsten der Armen um ihnen in
überzeugender Weise unseren tiefsten Respekt für sie zu zeigen, einen
Respekt, der keine Grenzen setzt für ihre und für unsere Katholizität.
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