5 Kombinatorik

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5
Kombinatorik
Kombinatorik ist die Theorie vom Abzählen der Elemente einer Menge. Dabei geht es darum,
dieses Abzählen möglichst effektiv durchzuführen und vor allem allgemeine Aussagen zu treffen.
Es geht darum die Elemente einer Menge abzuzählen, ohne eine Zahl zu erhalten, sondern eine
Formel. Ein Beispiel für eine konkrete solche Aufgaben ist: Wie groß ist die Zahl der Diagonalen
in einem 7-Eck. Natürlich reicht einem Mathematiker nicht die Antwort auf diese Frage, die
man notfalls mit Aufmalen und tatsächlichem Abzählen finden kann. Er will mindestens wissen,
wie groß die Zahl der Diagonalen in einem n-Eck ist.
5.1
5.1.1
Das Mengenprodukt oder Bilden von Wörtern aus Buchstaben
Das Mengenprodukt von zwei Mengen
Aufgabe 1:
Gegeben sind zwei Mengen, A = {a, b, c} und B = {d, e}. Wieviele Paare (x, y) kann man
bilden, wenn x aus der Menge A und y aus der Menge B genommen werden soll?
Wählt man aus A ein Element, z.B. a, dann kann man offenbar zwei Paare (x, y) mit x = a
bilden, nämlich (a, d) und (a, e). Anstelle von a kann eine beliebiges Element aus A gewählt
werden. Wir erhalten dann noch die Paare (b, d), (b, e), (c, d) und (c, e). Die Antwort ist: 6.
Oft werden die Klammern weggelassen. Ein Paar (x, y) wird als xy geschrieben und heißt Wort.
Die Aufgabe läßt sich dann umformulieren: Wieviele Wörter lassen sich bilden, wenn der erste
Buchstabe aus der Menge A und der zweite Buchstabe aus der Menge B genommen werden
soll? Es sind die Wörter ad, ae, bd, be, cd und ce.
Die gleiche Aufgabe läßt sich stellen für Mengen mit einer nicht festgelegten Anzahl von Elementen, etwa für A = {a1 , ..., ak } und B = {b1 , ..., bm }. Wieviele Wörter lassen sich bilden, wenn
der erste Buchstabe aus der Menge A und der zweite Buchstabe aus der Menge B genommen
werden soll? Nimmt man als ersten Buchstaben a1 , dann lassen sich die Buchstaben a1 b1 , ...,
a1 bm , also m Stück bilden. Als ersten Buchstaben kann man einen beliebigen der k Buchstaben
aus A nehmen. Wir erhalten also k mal m Wörter. Das heißt, die Menge aller dieser Wörter
besteht aus k · m Elementen. Diese Menge heißt Mengenprodukt oder Kreuzprodukt der
Mengen A und B und wird so geschrieben:
n
o
A × B = a1 b1 , ..., a1 bm , a2 b1 , ..., a2 bm , ..., ak bm
Die Kardinalzahl |A × B| dieser Menge (Kardinalzahl = Zahl der Elemente) ist das Produkt
der Kardinalzahlen der Mengen A und B (also k und m):
|A × B| = |A| · |B|
Aufgabe 2:
Wieviel zweistellige Zahlen gibt es?
Eine zweistellige Zahl läßt sich als Wort aufassen, dessen erster Buchstabe aus der Menge
{1, ..., 9} und dessen zweiter Buchstabe aus der Menge {0, 1, ..., 9} gewählt werden kann. Folglich
gibt es 9 · 10 = 90 solcher Wörter (Zahlen).
70
5 KOMBINATORIK
5.1.2
Das Mengenprodukt von drei Mengen
Die bis jetzt gebildeten Wörter oder Paare hatten die Länge 2, das heißt, es wurde aus zwei
Mengen ausgewählt. Völlig natürlich stellt sich die Aufgabe:
Wieviel Tripel (x, y, z) oder Wörter xyz lassen sich bilden, wenn x aus A = {a1 , ..., ak }, y aus
B = {b1 , ..., bm } und z aus C = {c1 , ..., cj } gewählt werden soll?
Hält man die ersten beiden Buchstaben a1 und b1 fest, kann man die Wörter a1 b1 c1 , ..., a1 b1 cj ,
also j Stück bilden. Hält man nur noch a1 fest, gibt es für den zweiten Buchstaben m Möglichkeiten, insgesamt also m · j Wörter. Das läßt sich für jedes der k Elemente aus A durchführen,
folglich gibt es insgesamt k · m · j solche Wörter (oder Tripel).
Die Menge dieser 3-buchstabigen Wörter oder Tripel heißt Mengenprodukt oder Kreuzprodukt der Mengen A, B und C und wird mit A × B × C bezeichnet. Für ihre Kardinalzahl
gilt
|A × B × C| = |A| · |B| · |C|
5.1.3
Das Mengenprodukt von n Mengen
Jetzt fällt es nicht schwer, das Mengenprodukt für eine beliebige Anzahl von Mengen zu
definieren. Es seien A1 , ..., An n Mengen. Das Mengenprodukt dieser Mengen ist die Menge
aller n-Tupel oder Wörter der Länge n, wobei der i-te Buchstabe aus der Menge Ai genommen
werden soll. Für die Kardinalzahl gilt
|A1 × ... × An | = |A1 | · ... · |An | .
Aufgabe 3:
Wieviel n-stellige Zahlen gibt es?
Die erste Stelle kann eine von 9 Ziffern sein, die anderen Stellen eine von 10 Ziffern, folglich
gibt es 9 · 10 · ... · 10 solche Zahlen, wobei n − 1 mal der Faktor 10 vorkommt. Die Gesamtzahl
ist also 9 · 10n−1 . (Das Ergebnis ist nur für n > 1 richtig, da die 0 die einzige Zahl ist, die mit
0 beginnt, gibt es 10 einstellige Zahlen.)
5.1.4
Beispiel: Zahl der Teiler einer Zahl
Eine wichtige Anwendungsaufgabe für das Mengenprodukt ist die Bestimmung der Zahl der
Teiler einer Zahl. Die Zahl der Teiler einer Zahl n wird mit τ (n) bezeichnet und spielt in der
Zahlentheorie eine wichtige Rolle.
Abgesehen von der Eins hat jede Zahl mindestens zwei Teiler (1 und sich selber). Eine Primzahl
p hat genau 2 Teiler, 1 und p. Die Potenz einer Primzahl pk hat die Teiler 1, p, p2 , ..., pk , also
k + 1 Stück. Die Zahl der Teiler einer solchen Potenz hängt also nicht von p ab, sondern nur
von der Vielfachheit von p. So haben 16, 81 und 625 alle 5 Teiler, weil sie die vierte Potenz
einer Primzahl sind (24 = 16, 34 = 81, 54 = 625).
Als nächstes untersuchen wir Zahlen, die aus zwei Primfaktoren p und q bestehen. Eine Zahl
n = p · q hat die Teiler 1, p, q und p · q, also 4 Stück. Eine Zahl der Form n = pi · q j ist durch
die Zahlen 1, q, q 2 , ..., q j und 1, p, p2 , ..., pj teilbar und alle möglichen Produkte dieser Zahlen.
Sie hat also die Teiler 1, q, q 2 , ..., q j , p · 1, p · q, ..., p · q j , ..., pi · q j . Das sind (i + 1)(j + 1) Teiler.
Um einen beliebigen Teiler von n zu bilden, müssen wir einen Faktor aus der Menge
n
o
1, p, ..., pi
5.1 Das Mengenprodukt oder Bilden von Wörtern aus Buchstaben
71
mit einem Faktor der Menge
o
n
1, q, ..., q j
multiplizieren. Das heißt, die Anzahl der Teiler ist die gleiche wie die Anzahl der Möglichkeiten
aus diesen beiden Mengen je ein Element auszuwählen, also Paare zu bilden. Die Mengen
enthalten i + 1 bzw. j + 1 Elemente, also gibt es (i + 1)(j + 1) Möglichkeiten oder Teiler.
Im allgemeinen läßt sich jede natürliche Zahl n eindeutig in Primfaktoren zerlegen. Angenommen, es kommen dabei die Primfaktoren p1 , ..., pm vor und zwar in einer Häufigkeit von k1 , ..., km
mal. Es gilt also folgender wichtiger
Satz:
Es sei
n = pk11 · ... · pkmm
(50)
die Zerlegung der Zahl n in (verschiedene) Primfaktoren. Dann berechnet sich die Zahl der
Teiler von n nach der Formel
τ (n) = (k1 + 1) · ... · (km + 1) .
(51)
Interessant an dieser Formel ist, daß die Zahl der Teiler nicht von den Primfaktoren selbst,
sondern nur von ihrer Häufigkeit abhängt.
Aus dieser allgemeinen Formel folgen interessante Spezialfälle:
Folgerung 1:
Ist die Zahl der Teiler einer Zahl eine Primzahl, dann ist sie eine Primzahlpotenz.
Beweis:
Die Zahl sei n. Ist τ (n) eine Primzahl, dann läßt sich τ (n) nicht als Produkt von Zahlen größer
1 darstellen. Das heißt, in der Darstellung (51) kann nur ein Faktor auftreten. Also kann in der
Primfaktorzerlegung (50) von n nur eine Primzahl (sie sei p) vorkommen. Es gilt τ (n) = k + 1,
wobei k die Vielfachheit von p ist. Folglich ist n = pk .
Folgerung 2:
Eine Zahl n ist genau dann Quadratzahl, wenn τ (n) ungerade ist.
Beweis:
Es sei τ (n) ungerade. Dann muß in der Darstellung (50) jeder Faktor ungerade sein, das heißt,
jede Zahl k1 , ..., km muß gerade sein. Es sei deshalb k1 = 2j1 , ..., km = 2jm mit ganzzahligen
j1 , ..., jm . Dann lautet die Primfaktorzerlegung (50) von n
2
j1
2jm
jm
1
n = p2j
·
...
·
p
=
p
·
...
·
p
.
1
m
1
m
n ist also Quadratzahl.
Umgekehrt, sei n Quadratzahl, dann gibt es eine natürliche Zahl a mit a2 = n. Die Primfaktorzerlegung von a sei
a = pj11 · ... · pjmm .
Die Primfaktorenzerlegung von n = a2 ist dann
2jm
1
n = p2j
1 · ... · pm
72
5 KOMBINATORIK
und nach Formel (51) ist die Zahl der Teiler von n
τ (n) = (2j1 + 1) · ... · (2jm + 1)
das Produkt von ungeraden Zahlen, also ebenfalls ungerade.
Mit Formel (51) lassen sich auf den ersten Blick schwierige Aufgaben ziemlich einfach lösen,
zum Beispiel
Aufgabe 4:
Wieviele Paare (a, b) ganzer Zahlen gibt es, deren Produkt n mal so groß ist, wie ihre Summe,
wobei n eine fest vorgegebene natürliche Zahl ist.
Die beiden Zahlen a und b müssen die Gleichung
a · b = n(a + b)
(52)
erfüllen. Diese Gleichung läßt sich umformen:
ab
ab
ab − na − nb
ab − na − nb + n2
(a − n)(b − n)
=
=
=
=
=
n(a + b)
na + nb
0
n2
n2
Die letzte Gleichung bedeutet, daß a und b genau dann Lösung von Gleichung (52) ist, wenn
a − n und b − n zwei komplementäre Teiler von n2 sind. Es seien p und q zwei solche Teiler von
n2 mit p · q = n2 . Dann gilt a − n = p und b − n = q, also
a = n+p
b = n+q .
Neben dieser Möglichkeit gibt es noch die Möglichkeit, n2 als (−p) · (−q) = n2 in eine Produkt
zu zerlegen, das führt auf die Lösungen
a = n−p
b = n−q .
Gleichung (52) hat also doppelt soviele Lösungen, wie es Möglichkeiten gibt, die Zahl n2 in ein
Produkt p · q = n2 zu zerlegen. Jeder Teiler p von n2 liefert eine solche Möglichkeit. Es gilt
2
dann q = np . Die Zahl der Teiler von n2 ist τ (n2 ). Folglich gibt es genau 2τ (n2 ) solche Paare.
73
5.2 Variationen oder Wörter ohne Wiederholung
5.2
Variationen oder Wörter ohne Wiederholung
Ein Spezialfall für das Mengenprodukt von n Mengen ist der, für den die n Mengen identisch
sind. Die allgemeine Formel für die Zahl der Elemente des Mengenproduktes
|A1 × ... × An | = |A1 | · ... · |An |
nimmt für den Fall
A1 = ... = An = A
die Form
|A × ... × A| = |A|n
an. Sie beschreibt die Zahl der Möglichkeiten, Wörter aus n Buchstaben zu bilden, wenn diese Buchstaben aus einer Menge A gewählt werden können. Ist z.B. A = {a, b, c} und sind
zweibuchstabige Wörter gesucht, dann gibt es 32 = 9 Möglichkeiten. Aufgezählt sind das
aa ab ac ba bb bc ca cb cc
Eine andere Aufgabe ist es, Wörter zu bilden, bei denen jeder Buchstabe nur einmal vorkommen
darf. In diesem Fall sind die Wörter aa, bb und cc nicht geeignet. Es gibt nur 6 Möglichkeiten:
ab ac ba bc ca cb
Aufgabe 5:
Wieviele dreistellige Zahlen kann man aus den Ziffern x1 , x2 , x3 , x4 und x5 ohne Wiederholungen (jede Ziffer darf nur einmal vorkommen) bilden?
Die Aufgabe ist gerade noch geeignet, alle Möglichkeiten explizit aufzuzählen:
x1 x2 x3
x1 x5 x3
x2 x4 x5
x3 x4 x1
x4 x2 x3
x5 x1 x4
x1 x2 x4
x1 x5 x4
x2 x5 x1
x3 x4 x2
x4 x2 x5
x5 x2 x1
x1 x2 x5
x2 x1 x3
x2 x5 x3
x3 x4 x5
x4 x3 x1
x5 x2 x3
x1 x3 x2
x2 x1 x4
x2 x5 x4
x3 x5 x1
x4 x3 x2
x5 x2 x4
x1 x3 x4
x2 x1 x5
x3 x1 x2
x3 x5 x2
x4 x3 x5
x5 x3 x1
x1 x3 x5
x2 x3 x1
x3 x1 x4
x3 x5 x4
x4 x5 x1
x5 x3 x2
x1 x4 x2
x2 x3 x4
x3 x1 x5
x4 x1 x2
x4 x5 x2
x5 x3 x4
x1 x4 x3
x2 x3 x5
x3 x2 x1
x4 x1 x3
x4 x5 x3
x5 x4 x1
x1 x4 x5
x2 x4 x1
x3 x2 x4
x4 x1 x5
x5 x1 x2
x5 x4 x2
x1 x5 x2
x2 x4 x3
x3 x2 x5
x4 x2 x1
x5 x1 x3
x5 x4 x3
Es sind 60 Stück. Die Lösung läßt sich genauso herleiten wie im Falle des Mengenproduktes:
Für die erste Ziffer gibt es 5 Möglichkeiten. Angenommen, wir haben eine Ziffer für die erste
Stelle ausgewählt, gibt es für die zweite Stelle nur noch 4 Möglichkeiten, da die eine ausgewählte
nicht noch einmal vorkommen darf (im Gegensatz zum Mengenprodukt, bei dem auch für die
zweite Ziffer 5 Möglichkeiten bestehen würden). Halten wir eine von den 4 Ziffern als zweite
Ziffer fest, bleiben für die dritte Ziffer noch drei Möglichkeiten. Das ergibt insgesamt 5·4·3 = 60
Möglichkeiten.
Mit dieser Erkenntnis können wir uns an die allgemeinere Aufgabe wagen:
Wieviele k-stellige Zahlen kann man aus n verschiedenen Ziffern ohne Wiederholungen bilden?
Diese Aufgabe läßt sich identisch aber abstrakter auch so formulieren:
74
5 KOMBINATORIK
Wieviele Möglichkeiten gibt es, unter n Objekten k der Reihe nach auszuwählen?
Die Lösung dieser allgemeineren Aufgabe vollzieht sich genau so wie im speziellen Fall eben:
Für die erste Ziffer (oder das als erstes auszuwählende Objekt) gibt es n Möglichkeiten. Für
die zweite Ziffer nur noch n − 1, für die dritte Ziffer n − 2 usw. Für die letzte Ziffer gibt es
n − k + 1 Möglichkeiten. (Man könnte denken, die k-te Ziffer gibt es n − k Möglichkeiten. Das
ist aber falsch, weil es für die erste Ziffer nicht n − 1 sondern n − 0 Möglichkeiten gibt und
damit ergeben sich für die k-te Ziffer n − (k − 1) = n − k + 1 Möglichkeiten.)
Die Gesamtzahl dieser Möglichkeiten ist das Produkt dieser Faktoren von n bis n − k + 1 und
wird Variationen von n Objekten der Länge k bezeichnet und mit Vnk abgekürzt. Es gilt
Vnk = n · (n − 1) · (n − 2) · ... · (n − k + 1) .
Diese Formel läßt sich umschreiben, denn es ist offenbar
(n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
=1
(n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
und damit
Vnk = n · (n − 1) · (n − 2) · ... · (n − k + 1) =
(n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
=
= n · (n − 1) · (n − 2) · ... · (n − k + 1) ·
(n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
n · (n − 1) · (n − 2) · ... · (n − k + 1) · (n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
n!
=
=
(n − k) · (n − k − 1) · ... · 2 · 1
(n − k)!
5.3
Permutationen oder Anordnen in einer Reihe
Eine spezielle Variation ist der Fall k = n. Das heißt, gesucht ist die Zahl der Möglichkeiten,
n-stellige Zahlen aus n verschiedenen Ziffern ohne Wiederholungen zu bilden. Dabei müssen für
jede Zahl stets alle Ziffern aus der gegebenen Menge benutzt werden. Diese Aufgabe ist also
identisch mit der Zahl der Möglichkeiten, n verschiedene Objekte der Reihe nach anzuführen.
Diese Zahl heißt Permutation (Vertauschung) von n Objekten und wird Pn abgekürzt. Ausgehend von den Variationen sieht man leicht, daß
Pn = n · (n − 1) · (n − 2) · ... · ·2 · 1 = n!
gilt.
5.4
Kombinationen oder Bilden von Teilmengen
Die folgende Aufgabe erinnert auf den ersten Blick an Aufgabe 5:
Aufgabe 6:
Wieviele Teilmengen mit 3 Elementen kann man aus der Menge {x1 , x2 , x3 , x4 , x5 } bilden?
Der Unterschied zu Aufgabe 5 besteht darin, daß die Reihenfolge der Elemente einer Teilmenge
keine Rolle spielt. So beschreiben x1 x2 x3 und x1 x3 x2 verschiedene Zahlen, {x1 , x2 , x3 } und
{x1 , x3 , x2 } aber die gleiche Teilmenge. Der Teilmenge {x1 , x2 , x3 } entsprechen die sechs Zahlen
x1 x2 x3
x1 x3 x2
x2 x1 x3
x2 x3 x1
x3 x1 x2
x3 x2 x1
5.5 Was ist mit der Null?
75
Jeder Teilmenge entsprechen soviele Zahlen wie es Möglichkeiten gibt, die Elemente dieser
Menge der Reihe nach anzuordnen, also 3! = 6. Das trifft für jede Teilmenge zu. Bei den
Zahlen wird also jede Teilmenge 6-fach gezählt. Es gibt somit insgesamt nur 60/6 = 5·4·3
soche
1·2·3
Teilmengen:
{x1 , x2 , x3 } {x1 , x2 , x4 } {x1 , x2 , x5 } {x1 , x3 , x4 } {x1 , x3 , x5 }
{x1 , x4 , x5 } {x2 , x3 , x4 } {x2 , x3 , x5 } {x2 , x4 , x5 } {x3 , x4 , x5 }
Jetzt können wir auch die folgende allgemeinere Aufgabe lösen:
Wieviele Teilmengen mit k Elementen kann man aus einer Menge mit n Elementen auswählen?
Käme es auf die Reihenfolge an, wären das Vnk = n · (n − 1) · · · (n − k + 1) Möglichkeiten. Dabei
wird aber jede Teilmenge mit k Elementen so häufig gezählt, wie es Möglichkeiten gibt diese k
Elemente der Reihe nach anzuordnen. Das sind gerade Pk = k! Möglichkeiten. Es gibt also nur
Vnk /Pn solche Teilmengen. Diese Zahl wird Kombinationen von n Objekten zu k Stück genannt
und Cnk abgekürzt. Es gilt daher
Cnk
Vnk
n · (n − 1) · · · (n − k + 1)
n!
=
=
=
Pn
1 · 2···k
k! · (n − k)!
Leonard Euler führte für diese Zahlen die Bezeichnung
n!
n
= Cnk =
k
k! · (n − k)!
ein, die n über k“ gesprochen wird.
”
5.5
Was ist mit der Null?
Es ist sinnvoll, die eingeführten Formeln auch dann gelten zu lassen, wenn k = 0 ist. Das heißt,
es sollte z.B. auf folgende Aufgabe eine sinnvolle Antwort geben:
Wieviele Möglichkeiten gibt es, aus n Objekten keins auszuwählen? Oder, was dieselbe Frage
ist: Wieviele leere Mengen sind in einer Menge mit n Elementen als Teilmengen enthalten?
Auf die erste Frage ist man vielleicht geneigt zu antworten: Es gibt keine Möglichkeit aus n Objekten keins auswählen. Oder vieleicht: Man kann beliebig oft aus n Objekten keins auswählen.
Nimmt man an, daß die leere Menge ein reales Objekt ist, das es auf der ganzen Welt nur
einmal gibt, dann ist klar, daß die leere Menge zwar in jeder beliebigen Menge als Teilmenge
enthalten ist, aber nur einmal. Diese Vereinbarung ist sehr sinnvoll und führt dazu, daß sich
alle Formeln auch für k = 0 anwenden lassen, wenn man 0! = 1 festlegt. Oder allgemeiner: Ein
Produkt aus 0 Faktoren ist stets eins. Auf die gestellten Fragen angewendet, bedeutet das:
Cn0 = Vn0 = 1
Es gibt genau eine Möglichkeit, aus n Objekten keins auswählen.
Weiter könnte man sich fragen, was ist, wenn k größer als n ist. Das bedeutet z.B. auf die
Frage zu antworten: Wieviele Möglichkeiten gibt es aus 5 Objekten 7 auszuwählen. Das geht
natürlich nicht, d.h. die Zahl der Möglichkeiten dafür ist 0. Auch dieser Fall ist in den Formeln
enthalten. Es gilt
V57 = 5 · 4 · 3 · 2 · 1 · 0 · (−1) = 0
und allgemein
Cnk = Vnk = 0 für k > n .
76
5 KOMBINATORIK
5.6
Zerlegen einer Zahl in Summanden
Wichtige kombinatorische Aufgaben hängen mit dem Zerlegen einer Zahl in Summanden unter
bestimmten Nebenbedingungen zusammen. Dazu die folgende einfache
Aufgabe 7:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n Pfennige so an k Kinder zu verteilen, daß jedes
Kind mindestens einen Pfennig bekommt!
Diese Aufgabe ist offensichtlich äquivalent zur folgenden
Aufgabe 7a:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand größer oder gleich 1 sein soll.
Es ist also die Anzahl von Zerlegungen (oder Partitionen genannt) mit
n = n1 + n2 + ... + nk , ni ≥ 1
gesucht.
Es ist klar, daß k nicht größer als n sein darf. Für die ersten n und k sind die Möglichkeiten in
der folgenden Tabelle zusammengefaßt:
n
1
2
3
k=1
1
2
3
4
4
5
5
k=2
1
1
2
1
3
2
1
2
3
4
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
1
2
1
3
1
2
4
3
2
1
k=3
k=4
k=5
1+1+1
1+1+2
1+2+1
2+1+1
1+1+3
1+2+2
1+3+1
2+1+2
2+2+1
3+1+1
1+1+1+1
1+1+1+2 1+1+1+1+1
1+1+2+1
1+2+1+1
2+1+1+1
Vielleicht sieht man schon hier eine Gesetzmäßigkeit, falls nicht,muß man die Tabelle noch
etwas fortführen. Schließlich wird man aber erkennen, daß n−1
die Anzahl der gesuchten
k−1
Möglichkeiten ist. Hat man diese Vermutung aufgestellt, muß man sie als nächstes versuchen
zu beweisen. Dazu ist es sinnvoll, die Aufgabe so zu interpretieren,
daß man die kombinatorische
Bedeutung des Binomialkoeffizienten ausnutzen kann. n−1
ist
die
Anzahl der Möglichkeiten,
k−1
k −1 Objekt aus n−1 auszuwählen. Obwohl das auf den ersten Blick nichts mit der Aufgabe zu
tun hat (die Objekte (Pfennige) sind alle gleich), ist es immer nützlich, nach so einer Interpretationsmöglichkeit zu suchen. Dazu denken wir uns die Pfennige alle nebeneinander hingelegt
(z.B. 8 Stück):
1 1 1 1 1 1 1 1
5.6 Zerlegen einer Zahl in Summanden
77
Wollen wir diese z.B. an drei Kinder verteilen, bedeutet das, wir machen daraus drei Haufen,
indem wir zwei Trennstriche zwischen den Pfennigen ziehen, etwa so:
1 11 1 1 1 11
Das entspricht der Zerlegung der 8 in die Summe 2 + 5 + 1. Wieviele Möglichkeiten gibt es, zwei
Trennstriche zu ziehen? Offenbar soviele, wie wir zwei Zwischenräume zwischen den Pfennigen
aus den 7 auswählen können. Das sind 72 . Jede dieser Möglichkeiten entspricht einer Möglichkeit die 8 Pfennige, an 3 Kinder zu verteilen. Unsere Objekte sind also die Zwischenräume
zwischen den in einer Reihe ausgelegten Pfennigen. Jetzt fällt es nicht schwer, die allgemeine
Aufgabe mit n Pfennigen und k Kindern zu lösen: Es gibt n − 1 Zwischenräume. Um die Pfennige in k Portionen zu zerteilen, benötigen wir k − 1 Trennstriche.
Wir müssen dafür also k − 1
n−1
Zwischenräume aus dem n − 1 auswählen. Das sind k−1 .
Jetzt fällt auch die folgende Aufgabe leicht:
Aufgabe 8:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand größer oder gleich 1 sein soll.
Die Anzahl der Summanden ist jetzt also gleichgültig. Das heißt, die Anzahl der Möglichkeiten
ist die Summe der Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von einem Summand zu zerlegen,
in eine Summe von zwei Summanden zu zerlegen, ... in eine Summe von n Summanden zu
zerlegen. Das sind also
n X
n−1
= 2n−1 .
k−1
k=1
Das ist gerade die Summe der (n − 1)-ten Zeile im Pascalschen Dreieck.
Jetzt stellen wir uns folgende (ungerechtere)
Aufgabe 9:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n Pfennige an k Kinder zu verteilen (auch wenn dabei
manche Kinder keinen Pfennig erhalten)!
Diese Aufgabe ist äquivalent zur
Aufgabe 9a:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand größer oder gleich 0 sein soll.
Es ist also die Anzahl von Zerlegungen mit
n = n1 + n2 + ... + nk , ni ≥ 0
gesucht.
Diese Aufgabe läßt sich auf die eben gelöste zurückführen. Angenommen, wir verteilen n + k
Pfennige an k Kinder so, daß jedes mindestens einen Pfennig erhält und nehmen danach jedem
Kind einen Pfennig weg, so haben wir genau das erreicht, was wir wollten. Die Aufgabe ist also
78
5 KOMBINATORIK
äquivalent zur Aufgabe: Verteile n + k Pfennige an k Kinder so, daß jedes
mindestens einen
n+k−1
Pfennig erhält. Hierfür ist die Lösung inzwischen einfach: Es sind k−1 Möglichkeiten.
Eine weitere typische Zerlegungsaufgabe, der man es auf den ersten Blick nicht ansieht, ist
folgende
Aufgabe 9b:
Wieviel Möglichkeiten gibt es, n Objekte mit k Farben zu färben?
Das ist dieselbe Aufgabe wie 9 oder 9a. Das erkennt man leicht, wenn man die Objekte zu
Gruppen mit gleicher Farbe zusammenfaßt. Angenommen mit der ersten Farbe sind n1 Objekte
gefärbt, mit der zweiten n2 usw. mit der k-ten nk . Diese n1 , n2 , ... nk können auch 0 werden
(aber nicht negativ), falls eine Farbe überhaupt nicht verwendet wurde. Alle Objekte sollen
aber mit irgendeiner der k Farben gefärbt sein, erscheinen also in genau einer Gruppe. Das
heißt, wir suchen nach der Anzahl von Zerlegungen der Zahl n mit
n = n1 + n2 + ... + nk , ni ≥ 0 .
Eine weitere ähnliche Aufgabe ist folgende:
Aufgabe 10:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n Pfennige so an k Kinder zu verteilen, daß jedes
Kind mindestens zwei Pfennige bekommt!
Diese Aufgabe können wir auch auf die gelöste Aufgabe 7 zurückführen. Dazu verteilen wir nur
n − k Pfennige so, daß jedes Kind mindestens einen Pfennig erhält. Anschließend geben wir
jedem Kind noch
einen von den k noch nicht verteilten Pfennigen. Die Anzahl der Möglichkeiten
ist also n−k−1
.
k−1
Jetzt können wir auch die folgende, noch allgemeinere Aufgabe lösen (formuliert nicht in Pfennigen, sondern auf die äquivalente, aber mathematischere Weise):
Aufgabe 11:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand größer oder gleich j sein soll.
Es ist also die Anzahl von Zerlegungen mit
n = n1 + n2 + ... + nk , ni ≥ j
gesucht. Die Lösung ist inzwischen leicht: n−(j−1)k−1
.
k−1
Das waren Zerlegungsaufgaben mit einer Nebenbedingung. Im allgemeinen werden die Aufgaben
immer schwieriger, je mehr Nebenbedingungen gestellt werden. Dazu folgende
Aufgabe 12:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand 1 oder 2 sein darf !
Es ist also die Anzahl von Zerlegungen mit
n = n1 + n2 + ... + nk , 1 ≤ ni ≤ 2
5.6 Zerlegen einer Zahl in Summanden
79
gesucht. Für diese Aufgabe gibt es auch eine äquivalente anschaulichere Version:
Aufgabe 12a:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, eine Treppe mit n Stufen in k Schritten zu überwinden,
wenn man dabei pro Schritt eine oder zwei Stufen auf einmal überwinden darf.
oder auch folgende
Aufgabe 12b:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n Pfennige so an k Kinder zu verteilen, daß jedes
Kind einen oder zwei Pfennige erhält!
In dieser letzten Version wollen wir die Aufgabe lösen. Wir denken uns die Kinder (n1 bis
nk ) der Reihe nach aufgestellt und geben jedem als erstes einen Pfennig, denn einen soll jedes
Kind ja mindestens erhalten. Da haben wir gar keine Wahl (demonstriert an 4 Kindern mit 6
Pfennigen):
n1 n2 n3 n4
1 1 1 1
Jetzt haben wir noch 6-4=2 Pfennige zu verteilen. Das sind folgende Möglichkeiten:
n1 n2 n3 n4
1 1 1 1
1 1 0 0
1 0 1 0
1 0 0 1
0 1 1 0
0 1 0 1
0 0 1 1
Es gibt also 6 Möglichkeiten. Im allgemeinen bleiben uns n − k Pfennige zu verteilen. Jedes
Kind darf höchstens noch einen bekommen. Wir müssen also unter k Objekten
(Kindern) n − k
k
auswählen (die, die einen Pfennig erhalten sollen). Das sind gerade n−k . Ungewöhnlich ist
diesmal, daß die untere Zahl im Binomialkoeffizienten n enthält. Das liegt an den besonderen
Nebenbedingungen. Nur für wenige n ist die Aufgabe überhaupt lösbar. Ist n < k, gibt es keine
Möglichkeit, denn jedes Kind sollte mindestens einen Pfennig erhalten. Ist n > 2k, gibt es auch
keine Möglichkeit, denn jedes Kind sollte höchstens zwei Pfennige erhalten.
Damit sind auch die äquivalenten Aufgaben 12 und 12a gelöst und wir können uns an eine
nächste wagen:
Aufgabe 13:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, eine Treppe mit n Stufen zu überwinden, wenn man
dabei pro Schritt eine oder zwei Stufen auf einmal überwinden darf.
Die Zahl der Schritte ist also gleichgültig. Das heißt, die Anzahl der Möglichkeiten insgesamt
ist die Summe der Anzahlen der Möglichkeiten, die Treppe mit einem, zwei, ... n Schritten zu
80
5 KOMBINATORIK
überwinden. Diese Zahl hängt von n ab und sei fn . Es gilt also
n X
k
.
fn =
n−k
k=1
1
Viele dieser Summanden sind 0, z.B. n−1
, wenn n > 1 ist. Das stört beim Bilden der Summe
aber nicht. Im Fall n = 8 lautet die Summe ausgeschrieben
8
7
6
5
4
3
2
1
= 34
+
+
+
+
+
+
+
f8 =
0
1
2
3
4
5
6
7
Die ersten drei Summanden sind 0. Die anderen bilden auch eine Summe im Pascalschen Dreieck. Dazu müssen aber nicht die Werte auf einer Zeile addiert werden, sondern die auf einer
schrägen Linie. Bildet man so die ersten Werte, erhält man,
(fn )∞
n=1 = 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, ...
Diese berühmte Folge ist die sogenannte Fibonaccifolge, die wie die Binomialkoeffizienten in
den verschiedensten mathematischen Aufgaben vorkommt. Sie hat die bemerkenswerte – und
offensichtliche – Eigenschaft
fn = fn−1 + fn−2 ,
(53)
das heißt, jedes Folgeglied ist die Summe der beiden vorangegangenen. Solche Folgen, bei denen jedes Folgeglied aus einem oder mehreren vorangehenden Gliedern bestimmt wird, heißen
rekursive oder rekurrente Folgen. Die Fibonaccifolge ist der Prototyp unter ihnen.
Die Gleichung (53) läßt sich für unsere Treppenaufgabe leicht direkt herleiten: fn sei die gesuchte
Anzahl von Möglichkeiten. Angenommen, wir stehen vor einer Treppe mit n Stufen. Dann gibt
es für den Beginn des Treppensteigens zwei Möglichkeiten: Entweder wir nehmen eine Stufe
oder wir nehmen zwei Stufen auf einmal. Im ersten Fall haben wir noch eine Treppe mit n − 1
Stufen vor uns, für die es fn−1 Möglichkeiten gibt. Im zweiten Fall haben wir noch eine Treppe
mit n − 2 Stufen vor uns, für die es fn−2 Möglichkeiten gibt. Insgesamt gibt es also fn−1 + fn−2
Möglichkeiten. Genau das besagt Gleichung (53). Damit ist die Aufgabe aber noch nicht gelöst,
denn im Augenblick kennen wir noch keine der Zahlen fn , fn−1 oder fn−2 . Es ist aber leicht,
für kleine Werte von n die Anzahl direkt zu berechnen: Für n = 1 gibt es nur eine Möglichkeit
(ein Schritt mit einer Stufe). Für n = 2 gibt es zwei Möglichkeiten (ein Schritt mit zwei Stufen
und zwei Schritte mit je einer Stufe). Damit kennen wir f1 und f2 und können mit Hilfe von
Gleichung (53) schrittweise fn für beliebige n bestimmen. Das ist vielleicht etwas unbefriedigend.
Möchte man f1000 bestimmen, wünscht man sich eine Formel, die das direkt gestattet, ohne die
999 vorangehenden Glieder der Folge zu bestimmen. Das ist möglich und wird später behandelt
werden.
Analog, wie Aufgabe 11 eine Verallgemeinerung der Aufgaben 6, 8 und 9 war, möchte man die
letzte Aufgabe etwa auf folgende Weise verallgemeinern:
Aufgabe 14:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand nicht größer als i und nicht kleiner als j sein darf !
Es ist also die Anzahl von Zerlegungen mit
n = n1 + n2 + ... + nk , j ≤ ni ≤ i
5.7 Der Pascalsche Tetraeder
81
gesucht. Diese Aufgabe ist viel schwerer als Aufgabe 11. Schon bei der gegenüber Aufgabe 12
nur leicht veränderten
Aufgabe 15:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, n in eine Summe von k Summanden zu zerlegen, wobei
jeder Summand 1, 2 oder 3 sein darf !
ist ein neues Hilfsmittel erforderlich. Das ist
5.7
Der Pascalsche Tetraeder
Der Pascalsche Tetraeder ist eine dreidimensionale Verallgemeinerung des Pascalschen Dreiecks.
Um ihn zu entwickeln, erinnern wir uns noch einmal an die
5.7.1
Aufgaben, die Binomialkoeffizienten als Lösung haben.
In der folgenden Übersicht sind einige behandelte
und einige noch nicht behandelte Aufgaben
n
aufgeführt, die alle als Lösung die Zahl
k haben. Daher weichen die Formulierungen manchmal
n−1
von den üblichen ab. Z.B. ist k−1 die Anzahl der Möglichkeiten, n Pfennige an k Kinder
derart zu verteilen, daß jedes mindestens einen Pfennig bekommt. Die Aufgabe, die gerade nk
als Lösung hat, ist dann also:
Die Anzahl der Möglichkeiten, n + 1 Pfennige auf k + 1 Kinder derart zu verteilen, daß jeder
mindestens einen Pfennig bekommt.
• Kombinationen (Anzahl der Möglichkeiten, k Objekte aus n auszuwählen).
• Anzahl der Möglichkeiten, eine Menge aus n Elementen in zwei Mengen mit k und n − k
Elementen zu zerlegen.
• Anzahl der Möglichkeiten, n + 1 Pfennige an k + 1 Kinder derart zu verteilen, daß jedes
mindestens einen Pfennig bekommt.
• Anzahl der Möglichkeiten, n + k als Summe von 1 und 2 mit n Summanden darzustellen.
• Anzahl der Möglichkeiten, n − k Objekte mit k + 1 Farben zu färben.
• Anzahl der Möglichkeiten, auf kürzestem Weg in einem Gitter vom Punkt (0, 0) zum
Punkt (n + k, k) zu gelangen.
• Koeffizient vor xk in der binomischen Formel (1 + x)n .
• Anzahl der k − 1-dimensionalen Randkörper des n − 1-dimensionalen Simplex.
• Anzahl der n-stelligen Zahlen im Dualsystem, die mit k Ziffern 1 geschrieben werden
können.
• Anzahl der Möglichkeiten, eine Treppe mit n + k Stufen in n Schritten zu überwinden,
wenn man dabei pro Schritt eine oder zwei Stufen auf einmal überwinden darf.
Außerdem haben die Binomialkoeffizienten noch folgende Eigenschaften:
• Zahlen, die genau dann für k = 1, ..., n − 1 durch n teilbar sind, wenn n Primzahl ist.
• Für festes k arithmetische Folge k-ter Ordnung
(Dreiecks-, Tetraeder-,... Zahlen)
82
5 KOMBINATORIK
• Für festes k Polynom k-ten Grades in n mit den Nullstellen n = 0, ..., k − 1.
• Summe über k für festes n ergibt 2n .
• Schiefe Summe ergibt Fibonaccizahlen.
• Färbung der Zahlen im Pascalschen Dreieck unter Berücksichtigung von Teilbarkeiten
(z.B. gerade Zahlen weiß, ungerade schwarz) ergeben Fraktale (z.B. dreieckiger SierpinskiTeppich).
Zu diesen Aufgaben fallen einem sofort Verallgemeinerungen ein, die nicht mit den bis jetzt
behandelten Methoden gelöst werden können. Das sind z.B.
• Anzahl der Möglichkeiten, eine Menge aus n Elementen in drei (oder m) Mengen mit
vorgegebener Elementezahl zu zerlegen.
• Anzahl der Möglichkeiten, auf kürzestem Weg in einem drei- (oder m-) dimensionalen
Gitter vom Punkt (0, 0, 0) zum Punkt (n1 , n2 , n3 ) zu gelangen.
• Anzahl der Möglichkeiten, eine Treppe mit n Stufen zu überwinden, wenn man dabei pro
Schritt eine, zwei oder drei (oder m) Stufen auf einmal überwinden darf.
Diese Aufgaben führen alle auf das gleiche Problem:
5.7.2
Zerlegung einer Menge in drei Teilmengen
Aufgabe 16:
Bestimme die Anzahl der Möglichkeiten, eine Menge, bestehend aus n Elementen, in drei Teilmengen mit n1 , n2 und n3 Elementen zu zerlegen.
Natürlich gilt hier
n = n1 + n2 + n3 .
Bevor wir diese Aufgabe lösen, erinnern wir uns noch einmal an die Aufgabe, eine Menge (mit
n Elementen) in zwei Teilmengen (mit n1 und n2 Elementen und n1 + n2 = n) zu zerlegen. Eine
Zerlegung ist offenbar das Auswählen von n1 Elemente für die erste Menge. Für die zweite Menge
gibt es dann keine freie Wahl, es müssen die Elemente genommen werden, die übrig bleiben. Die
Anzahl der Möglichkeiten, eine Menge in zwei Teilmengen zu zerlegen ist also gleich der Anzahl
der Möglichkeiten, die
n1 Elemente für die erste Menge aus den n Elementen auszuwählen. Das
sind bekanntlich nn1 Möglichkeiten. Natürlich muß diese Anzahl auch gleich sein der Anzahl
der Möglichkeiten,
die n2 Elemente für die erste Menge aus den n Elementen auszuwählen. Das
n
sind n2 . Daß diese beiden Zahlen gleich sind, sieht man, wenn man n1 + n2 = n berücksichtigt:
(n1 + n2 )!
n1 + n2
n
(n + n2 )!
= 1
=
=
(54)
n1
n1
n1 ! · n2 !
n1 ! · (n1 + n2 ) − n1 !
und
(n1 + n2 )!
(n + n2 )!
(n1 + n2 )!
n1 + n2
n
= 1
=
=
=
n2 ! · n1 !
n1 ! · n2 !
n2
n2
n2 ! · (n1 + n2 ) − n2 !
5.7 Der Pascalsche Tetraeder
83
Diese Darstellung sieht viel symmetrischer aus als die ursprüngliche und unterstreicht besonders
den Fakt, daß es gleichgültig ist, ob man n1 Elemente auswählt und n2 Elemente liegenläßt oder
umgekehrt.
Nun fällt es nicht schwer, Aufgabe 16 zu lösen. Als erstes suchen wir die Elemente für die
erste Menge aus. Dafür gibt es natürlich wieder nn1 Möglichkeiten. Da wir es jetzt mit drei
Teilmengen zu tun haben, bleibt der Rest nicht übrig. Wir müssen aus den
verbleibenden
n−n1
n − n1 Elementen n2 für die zweite Teilmenge auswählen. Dazu gibt es n2 Möglichkeiten.
Der Rest kommt in die dritte Teilmenge ohne daß es noch Wahlfreiheit gibt. Die Gesamtzahl
der Möglichkeiten ist das Produkt dieser beiden Zahlen (wir beachten, daß jetzt n = n1 +n2 +n3
gilt):
n!
n − n1
n
(n − n1 )!
n!
=
=
=
·
·
n2
n1
n1 ! · (n − n1 )! n2 ! · (n − n1 ) − n2 !
n1 ! · n2 ! · (n2 + n3 ) − n2 !
(n1 + n2 + n3 )!
=
(55)
n1 ! · n2 ! · n3 !
Diese Formel sieht richtig aus, weil sie Formel (54) sehr ähnelt.
Man kann sie sich auch auf folgende Weise plausibel machen: Im Abschnitt 5.3 Permutationen
haben wir festgestellt, daß es n! Möglichkeiten gibt, n Objekte (die Elemente der Menge) in
einer Reihe anzuordnen. Von dieser Anordnung stecken wir die ersten n1 Elemente in die erste
Menge, die nächsten n2 Elemente in die zweite Menge und die restlichen n3 Elemente in die
dritte Menge. In den drei Mengen sind die Elemente nun aber auch der Reihe nach angeordnet.
Es kommt bei Mengen jedoch nicht auf die Anordnung der Elemente, sondern nur auf das
Enthaltensein an. Wir müssen die Gesamtanzahl n! der Anordnungen noch durch die Anzahl
der möglichen Anordnungen der n1 , n2 und n3 Elemente in den drei Mengen dividieren. Das
sind gerade n1 !, n2 ! und n3 ! Anordnungen. Wir erhalten wieder n1 !·nn!2!·n3 ! Möglichkeiten.
für
Die Zahlen (55) lassen sich wie die Binomialkoeffizienten berechnen. Will man z.B. n1n!
!·n2 !
n = 4 berechnen, läßt man n1 von 0 bis 4 laufen. n2 ergibt sich dann als n2 = n − n1 und läuft
somit von 4 bis 0. Man erhält die vierte Zeile im Pascalschen Dreieck:
14641.
Möchte man (55) z.B. für n = 4 berechnen, läßt man ebenfalls n1 von 0 bis 4 laufen. n2
ergibt sich aber jetzt nicht mehr. Ist n1 = 0, kann n2 von 0 bis 4 laufen. n3 ergibt sich als
n3 = n − n1 − n2 und läuft von 4 bis 0. Ist n1 = 1, kann n2 nur noch von 0 bis 3 laufen. n3
ergibt sich als n3 = n − n1 − n2 und läuft von 3 bis 0. Ist n1 = 2, kann n2 nur noch von 0 bis 2
laufen. n3 läuft von 2 bis 0. Ist n1 = 3, kann n2 nur noch von 0 bis 1 laufen. n3 läuft von 1 bis
0. Ist n1 = 4, können n2 und n3 nur noch 0 sein. Es ergibt sich nicht eine Linie (Zeile) sondern
ein Dreieck:
n2
n1
n1
n1
n1
n1
=
=0
=1
=2
=3
=4
0 1 2 3 4
1 4 6 4 1
4 12 12 4
6 12 6
4 4
1
Zahlen. Für n = 0 müssen n1 = n2 = n3 = 0
Analog ergibt sich für jedes n ein Dreieck aus n(n+1)
2
sein (die leere Menge kann man nur auf eine Weise in drei Teilmengen zerlegen). Wir erhalten
für die ersten n folgende Dreiecke:
84
5 KOMBINATORIK
n=0 n=1 n=2
1 1
1
1 1
2
1
n=3
2 1 1
2
3
3
1
n=4
3 3
6 3
3
n=6
1
6
15
20
15
6
1
6
30
60
60
30
6
15
60
90
60
15
20
60
60
20
1 1 4
4 12
6 12
4 4
1
n=5
6 4 1
12 4
6
1 5 10 10 5
5 20 30 20 5
10 30 30 10
10 20 10
5 5
1
n=7
15
30
15
6
6
1
1
7
21
35
35
21
7
1
7
42
105
140
105
42
7
21
105
210
210
105
21
1
n=8
35
140
210
140
35
35
105
105
35
21
42
21
7
7
1
1
8
28
56
70
56
28
8
1
8
56
168
280
280
168
56
8
28
168
420
560
420
168
28
56
280
560
560
280
56
70
280
420
280
70
56
168
168
56
28
56
28
8
8
1
Diese (gleichseitig gedachten) Dreiecke kann man jetzt übereinanderstapeln und erhält einen
Tetraeder, der als Analogie zum Pascalschen Dreieck Pascalscher Tetraeder genannt wird. Die
Analogie zum Pascalschen Dreieck äußert sich in vielen Dingen. So ist jede Zahl die Summe
der drei darüberliegenden Zahlen. Hierbei muß man aufpassen, da die Zahlen wie in einer
Apfelsinenpyramide nicht direkt übereinander liegen. Z.B ist 168 in der 3. Zeile, 2. Spalte der
n = 8-Schicht die Summe aus 21, 42 und 105 in der n = 7-Schicht.
Jede der drei Seitenflächen des Tetraeders ist ein Pascalsches Dreieck und entspricht den Anzahlen von Möglichkeiten, eine Menge in drei Teilmengen zu zerlegen, wobei eine Menge 0
Elemente enthält, also die leere Menge ist. Das ist natürlich dasselbe, als wenn man die Menge
in zwei Teilmengen zerlegt.
Die Zahlen im Pascalscher Tetraeder bilden – auch in Analogie zum Pascalschen Dreieck – die
Koeffizienten vor dem Summanden xn1 y n2 z n3 , wenn man den Ausdruck (x + y + z)n ausmultipliziert. So ist z.B.
(x + y + z)4 = x4 + 4x3 y + 6x2 y 2 + 4xy 3 + y 4 + 4x3 z + 12x2 yz + 12xy 2z + 4y 3z +
+ 6x2 z 2 + 12xyz 2 + 6y 2z 2 + 4xz 3 + 4yz 3 + z 4
Setzt man x = y = z = 1, erhält man (x + y + z)n = (1 + 1 + 1)n = 3n . Die Summe aller Zahlen
der n-ten Schicht im Pascalschen Tetraeder ist 3n (die Summe aller Zahlen der n-ten Zeile im
Pascalschen Dreieck war 2n ).
5.8
Zerlegung einer Menge in j Teilmengen
Analog zum Fall dreier Mengen, kann man sich klarmachen, daß die Anzahl der Möglichkeiten,
eine Menge aus n Elementen in j Teilmengen mit n1 , n2 , ..., nj Elementen zu zerlegen, gerade
n!
n1 ! · n2 ! · · · nj !
ist. Hier muß natürlich
n = n1 + n2 + ... + nj
85
5.9 Das Siebverfahren
gelten. Diese Zahlen werden Multinomialkoeffizienten genannt, weil sie – man ahnt es – die
n
Koeffizienten vor den Summanden xn1 1 xn2 2 · · · xj j sind, wenn man den Ausdruck (x1 +x2 +...+xj )n
ausmultipliziert. Es gilt
n
(x1 + x2 + ... + xj ) =
n
X
n1 ,n2 ,...,nj =0
n1 +n2 +...+nj =n
n!
n
xn1 1 xn2 2 · · · xj j
n1 ! · n2 ! · · · nj !
Man könnte die Multinomialkoeffizienten in einem j-dimensionalen Objekt anordnen – das
j-Simplex genannt wird und als Verallgemeinerung des zweidimensionalen Dreiecks und dreidimensionalen Tetraeders betrachtet werden kann –, wenn wir in einer j-dimensionalen Welt
leben würden. Alle Aussagen zum Pascalschen Dreieck und Tetraeder würden sich übertragen.
Jede solche Zahl ist die Summe ihrer j darüberliegenden Zahlen (wenn man festlegen kann, was
darüber sein soll). Die Summe der n-ten j − 1-dimensionalen Schicht ergibt gerade j n .
5.9
Das Siebverfahren
Aufgabe 17: (frei nach [4]).
In einer Gruppe von 40 Schülern spielen einige Musikinstrumente. 18 Schüler spielen Klavier,
16 Schüler Geige, 12 Schüler Klarinette, 7 Schüler spielen Klavier und Geige, 5 Schüler Geige
und Klarinette, 3 Schüler Klarinette und Klavier und 2 Schüler spielen alle drei Instrumente.
Wieviele Schüler spielen kein Instrument?
Die Schwierigkeit in dieser Aufgabe besteht darin, daß alle Aussagen miteinander gekoppelt
sind. Schüler, die Geige spielen, könnten auch Klavier spielen. Um zu ermitteln, wieviele Schüler
überhaupt kein Instrument spielen, müssen offenbar von der Gesamtzahl aller Schüler diejenigen
abgezogen werden, die Klavier, Geige oder Klarinette spielen. Das sind
40 − 18 + 16 + 12 = −6 .
Das kann nicht die Lösung sein. Wir haben z.B. die Schüler, die Klavier und Geige spielen,
doppelt subtrahiert. Diese müssen wieder addiert werden:
40 − 18 + 16 + 12 + 7 + 5 + 3 = 9 .
Aber auch das stimmt nicht, denn die Schüler, die drei Instrumente spielen, wurden in jedem
Summanden, von denen vier ein positives und drei ein negatives Vorzeichen haben, berücksichtigt. Sie müssen noch einmal subtrahiert werden, um völlig aus der Rechnung auszuscheiden.
Die Lösung ist also
40 − 18 + 16 + 12 + 7 + 5 + 3 − 2 = 7 .
(56)
Insgesamt 7 Schüler spielen kein Instrument.
Diese Aufgabe war relativ einfach, weil es sich nur um drei Eigenschaften handelte, die die
Schüler haben konnten. Sie war deshalb übersichtlich. Bei mehr Eigenschaften (oder wenn
nach anderen Größen gefragt ist, z.B. nach der Zahl der Schüler, die nur Klavier spielen) kann
man aber leicht die Übersicht verlieren, wie oft man welche Eigenschaft zu addieren oder zu
subtrahieren hat. Deshalb ist es sinnvoll, einen allgemeinen Formalismus zu entwickeln.
86
5 KOMBINATORIK
Wir betrachten eine Menge B von Objekten (das waren in der Aufgabe die Schüler), die drei
Eigenschaften haben können, die Eigenschaft 1, 2 und 3 (z.B. Schüler spielt Klavier, Geige
bzw. Klarinette). B1 sei die Menge der Objekte mit Eigenschaft 1. Analog sind B2 und B3
definiert. Es kann sein, daß manche Objekte mehrere Eigenschaften haben (manche Schüler
spielen mehrere Instrumente). Das heißt, die Mengen B1 , B2 und B3 können sich schneiden. Es
seien
B12
B13
B23
B123
=
=
=
=
B1 ∩ B2 (die Menge der Objekte, die die Eigenschaften 1 und 2 haben)
B1 ∩ B3 (die Menge der Objekte, die die Eigenschaften 1 und 3 haben)
B2 ∩ B3 (die Menge der Objekte, die die Eigenschaften 2 und 3 haben)
B1 ∩ B2 ∩ B3 (die Menge der Objekte, die alle Eigenschaften haben)
Mengen mit einem Index gibt es offenbar soviele, wie es Eigenschaften gibt, nämlich 3. Mengen
mit zwei Indizes gibt es soviele, wie es Möglichkeiten gibt, daß sich zwei der Mengen mit einem
Index schneiden können, also 3. Mengen mit drei Indizes gibt es soviele, wie es Möglichkeiten
gibt, daß sich drei der Mengen mit einem Index schneiden können, also 1 (alle drei schneiden
sich). Wir erhalten 8 Schnittmengen (wenn wir B, B1 , B2 und B3 mitzählen). Im nächsten Bild
ist B durch den großen Kreis und B1 , B2 und B3 durch kleine Kreise dargestellt.
Die Anzahl der Elemente der Mengen seien mit kleinen Buchstaben bezeichnet: b = |B|, b1 =
|B1 |, b2 = |B2 |, b3 = |B3 |, b12 = |B12 |, b13 = |B13 |, b23 = |B23 | und b123 = |B123 |.
In Aufgabe 17 war die Anzahl von Schülern gesucht, die kein Instrument spielen, d.h. die Menge
von Objekten (sie sei A), die keine Eigenschaften haben. Das ist die Menge B ohne die Mengen
B1 , B2 und B3 :
\
A=B
B1 ∪ B2 ∪ B3 .
Ist a = |A| die Zahl der Elemente aus A, so gilt natürlich im allgemeinen
a 6= b − (b1 + b2 + b3 ) ,
Gern hätte man Gleichheit, aber diese gilt nur für Mengen B1 , B2 und B3 , die paarweise
durchschnittsleer sind (keine gemeinsamen Elemente besitzen).
Es ist deshalb sinnvoll, Mengen zu betrachten, die sich nicht schneiden. Das wäre z.B. die Menge
der Schüler, die nur Klavier spielt. Es sei
A die Menge der Objekte ohne Eigenschaft;
A1 die Menge der Objekte die genau die Eigenschaft 1 haben (und nicht 2 oder 3);
A2 die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaft 2 haben;
A3 die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaft 3 haben;
A12 die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaften 1 und 2 haben;
A13 die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaften 1 und 3 haben;
A23 die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaften 2 und 3 haben und
A123 die Menge der Objekte mit allen Eigenschaften.
Der Unterschied beispielsweise zwischen den Mengen A12 und B12 besteht darin, daß in B12
auch Objekte enthalten sein können, die Eigenschaft 3 haben, in A12 dagegen nicht.
A-Mengen mit einem Index gibt es offenbar soviele, wie es Eigenschaften gibt, nämlich 3. AMengen mit zwei Indizes gibt es soviele, wie es Möglichkeiten gibt, zwei Eigenschaften aus
den drei gegebenen auszuwählen, also 3. A-Mengen mit drei Indizes gibt es soviele, wie es
Möglichkeiten gibt, drei Eigenschaften aus den drei gegebenen auszuwählen, also 1.
5.9 Das Siebverfahren
87
Die Anzahl der Elemente der A-Mengen seien wieder mit kleinen Buchstaben bezeichnet: a =
|A|, a1 = |A1 |, a2 = |A2 |, a3 = |A3 |, a12 = |A12 |, a13 = |A13 |, a23 = |A23 | und a123 = |A123 |.
Ein Objekt liegt in so einer Menge, wenn es genau die
Eigenschaften besitzt, die alle Indizes angeben. Diese
Mengen überschneiden sich nicht und jede der zusamA1
mengesetzten B-Mengen läßt sich durch Bilden von VerA
einigungsmengen erhalten. Es ist z.B. B1 = A1 ∪ A12 ∪
A13 ∪ A123 . Im nebenstehenden Bild sind die A-Mengen
A12
A13
so angeordnet, daß B1 gerade der obere Kreis ist. Die
A123
Menge der Objekte mit der Eigenschaft 1 umfaßt alle
A23
A2
A3
die Mengen, in denen sich Objekte mit Eigenschaft 1
und weiteren Eigenschaften befinden. Das sind die Objekte mit Eigenschaft 1, mit Eigenschaft 1 und 2, mit
Eigenschaft 1 und 3 und mit allen Eigenschaften, also
die Vereinigung aller Mengen, die im Index eine 1 enthalten. Gegeben ist die Anzahl der Elemente der sich überschneidenden B-Mengen, gesucht ist
die Anzahl der Elemente der A-Mengen (insbesondere a). Jede der B-Mengen kann man aus
gewissen A-Mengen zusammensetzen, und da die A-Mengen disjunkt sind, folgen Beziehungen
zwischen den a- und b-Größen:
b
b1
b2
b3
b12
b13
b23
b123
=
=
=
=
=
=
=
=
a + a1 + a2 + a3 + a12 + a13 + a23 + a123
a1 + a12 + a13 + a123
a2 + a12 + a23 + a123
a3 + a13 + a23 + a123
a12 + a123
a13 + a123
a23 + a123
a123
Das sind 8 Gleichungen bezüglich der 8 Unbekannten a, a1 , a2 , a3 , a12 , a13 , a23 und a123 . Die
Lösungen lassen sich der Reihe nach von unten nach oben finden: Offensichtlich folgt aus der
letzten Gleichung
a123 = b123 .
Das kann man in die vorangehenden drei Gleichungen einsetzen und erhält
a12 = b12 − a123 = b12 − b123
a13 = b13 − a123 = b13 − b123
a23 = b23 − a123 = b23 − b123
Diese Ausdrücke kann man in die Gleichungen darüber einsetzen:
a1 = b1 − a12 − a13 − a123 = b1 − (b12 − b123 ) − (b13 − b123 ) − b123 =
= b1 − (b12 + b13 ) + b123
und analog
a2 = b2 − (b12 + b23 ) + b123
a3 = b3 − (b13 + b23 ) + b123
88
5 KOMBINATORIK
Schließlich erhält man aus der ersten Gleichung
a =
=
−
=
b − a1 − a2 − a3 − a12 − a13 − a23 − a123 =
b − (b1 − (b12 + b13 ) + b123 ) − (b2 − (b12 + b23 ) + b123 ) − (b3 − (b13 + b23 ) + b123 ) −
(b12 − b123 ) − (b13 − b123 ) − (b23 − b123 ) − b123 =
b − (b1 + b2 + b3 ) + (b12 + b13 + b23 ) − b123
Damit hat man die unbekannten a-Größen durch die bekannten b-Größen beschrieben. Zusammengefaßt ergibt sich:
a
a1
a2
a3
a12
a13
a23
a123
=
=
=
=
=
=
=
=
b − (b1 + b2 + b3 ) + (b12 + b13 + b23 ) − b123
b1 − (b12 + b13 ) + b123
b2 − (b12 + b23 ) + b123
b3 − (b13 + b23 ) + b123
b12 − b123
b13 − b123
b23 − b123
b123
Die erste dieser Gleichungen ist gerade Gleichung (56).
Dieses Verfahren zum Berechnen heißt Siebverfahren. Man stellt sich vor, daß man die Anzahl der Objekte mit den interessanten Eigenschaften (in Aufgabe 17 interessierten gerade die
Objekte ohne Eigenschaften) erhält, indem man die Objekte mit den uninteressanten Eigenschaften aussiebt.
5.9.1
Das Siebverfahren für Objekte mit n Eigenschaften
Je mehr Eigenschaften die Objekte haben können, desto unübersichtlicher werden die Zusammenhänge zwischen den entsprechenden Mengen. Im Fall von 4 Eigenschaften (n = 4) kann
man gerade noch ein Mengendiagramm zeichnen, für größere n ist das nicht mehr praktikabel.
Man muß sich also anders über die Zusammenhänge klar werden.
Es sei wieder B die Menge aller Objekte. B1 , B2 , ... Bn seien die Mengen der Objekte, die
Eigenschaft 1, 2, ... n haben. Davon gibt es natürlich n Stück. Es sei wieder Bij = Bi ∩ Bj
die Menge der Objekte, die die Eigenschaften i und j haben. Wieviele solcher Mengen gibt
es? Offenbar soviele, wie
es Möglichkeiten gibt, zwei aus den n Mengen auszuwählen und zu
n
schneiden. Das sind 2 Möglichkeiten. Analog gibt es von den Mengen mit drei Indizes wie
Bijk = Bi ∩ Bj ∩ Bk , soviele, wie es Möglichkeiten gibt, drei aus den n Mengen auszuwählen
n
und zu schneiden. Von
den Mengen mit einem Index gibtn es n = 1 und von den Mengen
n
mit 0 Indizes 1 = 0 Stück. Insgesamt erhalten wir also 2 Schnittmengen (das ist gerade die
Summe einer Zeile im Pascalschen Dreieck) und ebensoviele b-Größen (die Elementezahlen der
B-Mengen).
Analog zum Fall n = 3 definieren wir durchschnittsleere A-Mengen. Es sei
A die Menge der Objekte ohne Eigenschaft;
Ai die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaft i haben;
Aij die Menge der Objekte, die genau die Eigenschaften i und j haben usw.
A12···n die Menge der Objekte, die alle Eigenschaften haben.
5.9 Das Siebverfahren
89
A-Mengen mit einem Index gibt es offenbar soviele, wie es Eigenschaften gibt, nämlich n. AMengen mit zwei Indizes gibt es soviele,
wie es Möglichkeiten gibt, zwei Eigenschaften aus
den gegebenen n auszuwählen, also n2 usw. A-Mengen mit n Indizes gibt es soviele, wie es
Möglichkeiten gibt, n Eigenschaften aus den n gegebenen auszuwählen, somit 1. Im Unterschied
zu den B-Mengen wählen wir hier nicht Bi -Mengen zum Schneiden sondern Eigenschaften aus.
Da es davon genausoviele gibt, ist die Anzahl von A-Mengen und B-Mengen mit jeweis j
Indizes gleich. Insgesamt gibt es daher auch 2n A-Mengen und entsprechend soviele a-Größen
(die Elementezahlen der A-Mengen).
Die als bekannt vorausgesetzten b-Größen lassen sich wieder als Summe von zu bestimmenden
a-Größen darstellen. Wir erhalten 2n Gleichungen mit 2n Unbekannten:
b = a + a1 + ... + an + a12 + ... + a1n + ... + an−1,n + a123 + ... + a12···n
b1 = a1 + a12 + ... + a1n + a123 + ... + a1,n−1,n + ... + a12···n
..
.
b12 = a12 + a123 + ... + a12n + a1234 + ... + a12···n
..
.
b12···n = a12···n
Diese Gleichungen kann man ebenfalls von unten nach oben lösen und erhält
a12···n = b12···n
..
.
a12 = b12 − b123 − ... − b12n + b1234 + ... + (−1)n−2 b12···n
..
.
a1 = b1 − b12 − ... − b1n + b123 + ... + b1,n−1,n + ... + (−1)n−1 b12···n
a = b − b1 − ... − bn + b12 + ... + b1n + ... + bn−1,n − b123 + ... + (−1)n b12···n
Im allgemeinen sieht die rechte Seite der Gleichung für die Größe ai1 ···ij folgendermaßen aus:
Es kommen nur solche Größen vor, die in ihrem Index die Zahlen i1 , i2 , ..., ij enthalten, wobei
das erste Glied also bi1 ···ij ein positives Vorzeichen hat. Dann folgen mit negativem Vorzeichen
die b-Größen mit (j + 1) Index (nur die in ihrem Indizes i1 , i2 , ... ij enthalten!), dann die mit
(j + 2) Indizes, aber mit positivem Vorzeichen usw. am Ende schließlich die Größe b12···n mit
dem Vorzeichen, daß sich bei wechselnden Vorzeichen ergibt. Das ist (−1)n−j (+ oder −, je
nachdem ob n − j gerade oder ungerade ist).
5.9.2
Die Eulerfunktion
Aufgabe 18: Wieviele Zahlen sind zu 1200 teilerfremd und kleiner als diese Zahl?
Für jede natürliche Zahl x kann man die Anzahl von Zahlen ermitteln (z.B. durch Abzählen),
die kleiner oder gleich x und zu x teilerfremd sind. Diese Anzahl wird mit ϕ(x) bezeichnet und
ist eine der wichtigsten zahlentheoretischen Funktionen. Euler hat sie eingeführt weshalb sie
manchmal Eulerfunktion genannt wird. Aufgabe 18 bedeutet also: Finde ϕ(1200)! Natürlich
wollen wir nicht alle teilerfremden Zahlen durchzählen, um diese Zahl zu bestimmen, sondern
90
5 KOMBINATORIK
wir wollen sie berechnen und dabei gleich eine Formel herleiten, wie man die ϕ(x) für beliebige
x ermitteln kann.
Zum Lösen der Aufgabe 18 subtrahieren wir von allen möglichen Zahlen bis 1200 die Zahlen, die
zu 1200 nicht teilerfremd sind. Das sind die Zahlen, die mit 1200 einen gemeinsamen Primfaktor
haben. Es ist 1200 = 24 · 3 · 52 . Wir müssen also die Anzahl der Zahlen von 1200 subtrahieren,
die durch 2, 3 oder 5 teilbar sind. Allerdings gibt es auch Zahlen, die durch mehrere dieser
Primfaktoren teilbar sind. Das ist genau die Situation, in der man das Siebverfahren anwenden
sollte.
Es sei B die Menge aller natürlicher Zahlen bis einschließlich 1200. Wir betrachten drei Eigenschaften von Zahlen: Eigenschaft 1 beschreibt die Teilbarkeit durch 2, Eigenschaft 2 die
Teilbarkeit durch 3 und Eigenschaft 3 die Teilbarkeit durch 5. B1 sind alle geraden Zahlen bis
1200 und B2 und B3 analog. B12 ist die Menge aller Zahlen, die beide Eigenschaften – 1 und
2 – haben, die durch 2 und 3 also durch 6 teilbar sind. Analog sind die Mengen B13 , B23 und
B123 zu verstehen. Die Anzahl der Elemente in diesen Mengen (die b-Größen) sind leicht zu bestimmen: Es sei c ein Vielfaches von m, wieviele Zahlen größer 0 und nicht größer c sind durch
m teilbar? Jede m-te: mc Stück. Also ist b1 = 1200
, b2 = 1200
, b3 = 1200
, b12 = 1200
, b13 = 1200
,
2
3
5
2·3
2·5
1200
und
b
=
.
b23 = 1200
123
3·5
2·3·5
Die Menge A besteht aus den Zahlen, die keine der drei Eigenschaften haben, die weder durch
2, 3 oder 5 teilbar und somit zu 1200 teilerfremd sind. Die gesuchte Zahl ist ϕ(1200) = a. Zur
Bestimmung benutzen wir die oben hergeleitete Formel und formen die Ausdrücke geeignet um:
ϕ(1200) = b − (b1 + b2 + b3 ) + (b12 + b13 + b23 ) − b123 =
1200
1200 1200 1200
1200 1200 1200
+
−
+
+
+
+
=
= 1200 −
2
3
5
2·3
2·5
3·5
2·3·5
1 1 1
1
1
1
1
= 1200 1 − − − +
=
+
+
−
2 3 5 2·3 2·5 3·5 2·3·5
1
1
1
1−
1−
= 1200 1 −
2
3
5
Von der Richtigkeit der letzten Umformungen kann man sich leicht durch Ausmultiplizieren
überzeugen.
Es fällt nicht schwer, diese Methode auf beliebige Zahlen x zu verallgemeinern. Dazu sind als
erstes die Primfaktoren von x zu ermitteln. Es sei
mn
1
x = pm
1 · · · pn
die Primfaktorenzerlegung von x. Zur Bestimmung von ϕ(x) benutzen wir das Siebverfahren für
n Eigenschaften (die Teilbarkeit durch p1 , ..., pn ). Es gilt dann (genau wie im eben betrachteten
Fall x = 1200):
1
1
1
1
1
1
n
ϕ(x) = x 1 −
− ... −
+
+
+ ... +
+ ... + (−1)
=
p1
pn p1 p2 p1 p3
pn−1 pn
p1 · · · pn
1
1
··· 1−
= x 1−
p1
pn
Diesen Ausdruck kann man noch umformen, indem man 1− p1i =
pi −1
pi
und die Primzahlzerlegung
5.9 Das Siebverfahren
91
von n benutzt:
1
1
ϕ(x) = x 1 −
··· 1−
=
p1
pn
pn − 1
p1 − 1
m1
mn
···
=
= p1 · pn
p1
pn
1 −1
n −1
= pm
· · · pm
(p1 − 1) · · · (pn − 1)
1
n
Zur Vollständigkeit wird noch ϕ(1) = 1 gesetzt, um ϕ sinnvoll für alle natürlichen Zahlen zu
definieren.
5.9.3
Ein Trick für das Siebverfahren
Die zu einer Zahl x teilerfremden Zahlen ϕ(x) ergab eine elegante Formel, weil man den sich
aus dem Siebverfahren ergebenden Ausdruck als Produkt schreiben konnte. Z.B. war im Falle
dreier Primfaktoren:
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1−
1−
1−
−
−
+
+
+
−
= 1−
p1 p2 p3 p1 p2 p1 p3 p2 p3 p1 p2 p3
p1
p2
p3
Das bringt uns auf eine Idee, wie man sich die Formeln für die Bestimmung der a-Größen
herleiten kann, ohne das Gleichungssystem aufzuschreiben und zu lösen. Das ist vor allem
sinnvoll, wenn die Zahl der Eigenschaften k groß ist. Wie man vorgeht, wird am Beispiel dreier
Eigenschaften demonstriert: Wir nehmen vorübergehend an, daß a = 1 und die a-Größen mit
vielen Indizes das Produkt von a-Größen mit einem Index sind, also z.B. a13 = a1 a3 oder
a123 = a1 a2 a3 . Dann sieht das Gleichungssystem, daß die b-Größen aus den a-Größen bestimmt
so aus:
b
b1
b2
b3
b12
b13
b23
b123
=
=
=
=
=
=
=
=
1 + a1 + a2 + a3 + a1 a2 + a1 a3 + a2 a3 + a1 a2 a3
a1 + a1 a2 + a1 a3 + a1 a2 a3
a2 + a1 a2 + a2 a3 + a1 a2 a3
a3 + a1 a3 + a2 a3 + a1 a2 a3
a1 a2 + a1 a2 a3
a1 a3 + a1 a2 a3
a2 a3 + a1 a2 a3
a1 a2 a3
Die Ausdrücke auf der rechten Seite kann man jetzt als Produkte schreiben:
b
b1
b2
b3
b12
b13
b23
b123
=
=
=
=
=
=
=
=
(1 + a1 )(1 + a2 )(1 + a3 )
a1 (1 + a2 )(1 + a3 )
a2 (1 + a1 )(1 + a3 )
a3 (1 + a1 )(1 + a2 )
a1 a2 (1 + a3 )
a1 a3 (1 + a2 )
a2 a3 (1 + a1 )
a1 a2 a3
92
5 KOMBINATORIK
Das gleiche kann man nun mit der Lösung (also der Darstellung der b-Größen durch die aGrößen) anstellen. Wir setzen b = 1 und anstelle der b-Größen mit vielen Indizes das Produkt
von b-Größen mit einem Index:
a
a1
a2
a3
a12
a13
a23
a123
=
=
=
=
=
=
=
=
1 − b1 − b2 − b3 + b1 b2 + b1 b3 + b2 b3 − b1 b2 b3
b1 − b1 b2 − b1 b3 + b1 b2 b3
b2 − b1 b2 − b2 b3 + b1 b2 b3
b3 − b1 b3 − b2 b3 + b1 b2 b3
b1 b2 − b1 b2 b3
b1 b3 − b1 b2 b3
b2 b3 − b1 b2 b3
b1 b2 b3
Auch hier kann man die rechten Seiten als Produkt schreiben:
a
a1
a2
a3
a12
a13
a23
a123
=
=
=
=
=
=
=
=
(1 − b1 )(1 − b2 )(1 − b3 )
b1 (1 − b2 )(1 − b3 )
b2 (1 − b1 )(1 − b3 )
b3 (1 − b1 )(1 − b2 )
b1 b2 (1 − b3 )
b1 b3 (1 − b2 )
b2 b3 (1 − b1 )
b1 b2 b3
Möchte man a bestimmen, nimmt man den Ausdruck (1 − b1 )(1 − b2 )(1 − b3 ), multipliziert ihn
aus und ersetzt Produkte aus mehreren Größen durch Größen mit mehreren Indizes, z.B. b1 b2 b3
durch b123 .
Bei n Eigenschaften erhält man im allgemeinen folgende Aussage: Um a zu berechnen, multipliziert man
a = (1 − b1 )(1 − b2 ) · · · (1 − bn )
aus und ersetzt 1 durch b und alle Produkte bi1 · · · bij durch die Größe bi1 ···ij . Für die anderen
Größen wird die Formel (vor allem die Indizes) immer komplizierter, der Vollständigkeit halber
sei sie aber angegeben: Um am1 ···mr zu berechnen multipliziert man
am1 ···mr = bm1 · · · bmr (1 − bs1 ) · · · (1 − bst )
aus (wobei die Indizes m1 , ..., mr und s1 , ..., st zusammen alle Indizes 1, ..., n ergeben müssen)
und ersetzt wieder alle Produkte bi1 · · · bij durch bi1 ···ij .
5.10
Zahlentheoretische Funktionen und Kombinatorik
Wir haben gesehen, daß sich die Formeln für einige wichtige zahlentheoretische Funktionen
mit kombinatorischen Mitteln herleiten lassen. Das waren τ (x), die Zahl der Teiler einer Zahl
x, (siehe Punkt 5.1.4) und die Eulerfunktion ϕ(x). Eine weitere wichtige zahlentheoretische
Funktion ist die Summe der Teiler einer Zahl σ(x). Auch sie läßt sich kombinatorisch herleiten
5.10 Zahlentheoretische Funktionen und Kombinatorik
93
(Punkt 5.1.4). Dazu erinnern wir uns nochmal an die Formel, die die Zahl der Teiler lieferte.
Es sei
mn
1
x = pm
1 · · · pn
wieder die Primfaktorenzerlegung von x. Alle möglichen Teiler von x erzeugt man, indem man
alle möglichen Produkte von Potenzen der Primfaktoren pi mit einem Exponenten ji ≤ mi
bildet. Dazu betrachten wir (analog zu in Punkt 5.1.4) die n Mengen der interessierenden
Primfaktorenpotenzen:
1
A1 = 1, p1 , p21 , ..., pm
1
2
A2 = 1, p2 , p22 , ..., pm
2
..
.
n
An = 1, pn , p2n , ..., pm
n
Ein Teiler von x ist jede Zahl der Form
pi11 · · · pinn
mit 0 ≤ i1 ≤ m1 , ..., 0 ≤ in ≤ mn .
Die Anzahl der Teiler war die Anzahl der Möglichkeiten, aus diesen n Mengen je ein Element
auszuwählen. Das waren (m1 +1) · · · (mn +1) Möglichkeiten. Die Summe aller dieser Teiler ergibt
sich gerade, indem man die Mengen Ai als Summen betrachtet und miteinander multipliziert:
1
2
n
σ(x) = 1 + p1 + p21 + ... + pm
1 + p2 + p22 + ... + pm
· · · 1 + pn + p2n + ... + pm
(57)
1
2
n
Multipliziert man diese Klammern aus, erhält man gerade (m1 +1) · · · (mn +1) Summanden, wobei alle möglichen Produkte der Form pi11 · · · pinn mit 0 ≤ i1 ≤ m1 , ..., 0 ≤ in ≤ mn vorkommen.
Das ist die Summe aller Teiler.
Formel (57) läßt sich noch weiter umformen, wenn man sich an die Summe von Potenzen
erinnert:
zj − 1
1 + z + z 2 + ... + z j =
z−1
Außerdem lassen sich die Produkte noch — ähnlich wie Summen mit dem Summenzeichen —
mit dem Produktsymbol
n
Y
z1 · · · zn =
zi
i=1
kompakter darstellen.
Zusammengefaßt kennen wir jetzt folgenden zahlentheoretische Funktionen: Es sei
n
Y
m1
mn
i
x = p1 · · · pn =
pm
,
i
i=1
dann ist
n
Y
τ (x) = (m1 + 1) · · · (mn + 1) =
(mi + 1)
i=1
Y
n n
Y
1
1
1
··· 1−
=x
1−
=
pimi −1 (pi − 1)
ϕ(x) = x · 1 −
p1
pn
pi
i=1
i=1
n
σ(x) =
1 +1
pmn +1 − 1 Y pimi +1 − 1
pm
−1
1
··· n
=
p1 − 1
pn − 1
pi − 1
i=1
94
5 KOMBINATORIK
5.11
Zusammenfassung: Einfachste kombinatorische Aufgaben
5.11.1
Bezeichnungen
Ein n-Wort ist das selbe wie ein n-Tupel oder eine Folge aus n-Gliedern oder eine geordnete nelementige Menge und wird mit (a1 , a2 , ..., an ) oder verkürzt, wenn keine Verwechslungsgefahr
mit einem Produkt besteht mit a1 a2 ...an bezeichnet. Ein Zahl ist z.B. ein Wort, bestehend aus
Ziffern.
Ein monotones n-Wort ist ein n-Wort mit a1 ≥ a2 ≥ ... ≥ an .
Geordnete n-Partitionen der Länge k sind Zerlegungen von n in eine Summe aus k Summanden
≥ 1 mit Berücksichtigung der Reihenfolge (1+2 und 2+1 sind verschieden).
Aus einem n-Alphabet kann man jeden Buchstaben beliebig oft wählen (mit Wiederholung).
(Alle Buchstaben des Alphabets sind verschieden.)
Aus einer n-Menge kann man jedes Element genau einmal auswählen. (ohne Wiederholung).
(Alle Elemente der Menge sind verschieden.)
5.11.2
Aufgaben und Lösungen
In der folgenden Tabelle sind einige behandelte und noch nicht behandelte kombinatorische
Aufgaben mit ihren Lösungen zusammengefaßt. In der Spalte Schluß“ ist aufgeführt, welche
”
Aussage sich aus welcher herleiten läßt. So folgt z.B. 8. aus 6. und 6. aus 4. und 5.
Nr.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
Aufgabe
k-Worte mit ai ∈ Ai
k-Worte aus einem n-Alphabet
k-stellige Zahlen zur Basis p
k-Worte aus n-Menge (Variationen) Vnk
n-Worte aus einer n-Menge (Permutationen) Pn
k-Mengen aus einer n-Menge (Kombinationen) Cnk
Teilmengen einer n-Menge
n-stellige Dualzahlen mit k Einsen
n-Menge in n1 -...nk -Mengen n = n1 + ... + nk
n-Worte aus j ≤ n-Menge, n1 , ...nj gleiche
n-Menge in k Teilmengen
n in k Summanden ≥ 1
n in k Summanden ≥ j
Wege von (0, 0) nach (n, k) im Gitter
Wege von (0, ..., 0) nach (n1 , ..., nk ) im Gitter
monotone k-Worte aus n-Alphabet
nichtmon. Zerlegung von k in n Summanden ≥ 0
k-Mengen aus n-Menge mit Abstand > j
nichtmon. Zerlegung von n mit Summanden ≥ 1
mit n Farben k Kugeln färben
Diagonalen im n-Eck
Sehnen zwischen n Punkten auf dem Kreis
innere Schnittpun. der Sehnen zw. n Punkten
Flächen, die Sehnen zwischen n Punkten erzeugen
Lösung
|A1 | · · · |Ak |
nk
(p − 1)pk−1
n!
(n−k)!
n!
n
k
=
n!
k!·(n−k)!
n
2
n
k
n!
n1 !···nk !
n!
n1 !···nj !
n
k n−1
k−1
n−(j−1)k−1
k−1 (n+k)!
n+k
= n!·k!
k
n!
n1 !···nk !
n+k−1
k n+k−1
k
n−(k−1)j
k
n−1
2
n+k−1
k
n(n−3)
2
n
2
n
4 + n2 +
n
4
1
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