„Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung!“ (Apg 2,39a) Leben mit den Geistesgaben – eine Entdeckungsreise durch die Kirchengeschichte Teil 5: Zeitalter der „Apostolischen Väter“ (1. Hälfte des 2. Jh.) Begriffserläuterungen Bischöfe und Kirchenlehrer in der „nachapostolischen“ Zeit, also in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, werden in der Kirchengeschichtsschreibung als „Apostolische Väter“ bezeichnet. Damit wird angedeutet, dass es sich meist um Schüler von Aposteln handelt, bzw. um Schüler von direkten Apostelschülern – also um kirchliche Autoritäten der zweiten, dritten oder gar vierten Generation, die die Lehre der Apostel treu und gewissenhaft weitergegeben haben. Meist sind mit den Schriften auch die Namen der Autoren überliefert, teils gibt es auch Schriften ohne Vermerk des Autorennamens. Zeitlich wird der Übergang von der „apostolischen“ zur „nachapostolischen“ Zeit um das Jahr 90 – 100 n.Chr. festgesetzt. Im Folgenden einige exemplarische Beispiele aus der nachapostolischen Zeit über das Wirken des Heiligen Geistes: Didache (oder „Zwölfapostellehre“) Die älteste bekannte außerbiblische Schrift der frühen Christenheit ist die Didache1, mit dem Untertitel: „Lehre des HERRN, für Heidenchristen gegeben durch die zwölf Apostel“. Verfasser2 und Abfassungsort3 werden nicht darin genannt. In der Forschung wird als Entstehungszeit heute mehrheitlich um 90 – 100 n.Chr.4 angegeben. Die Didache ist ein Katechismus – also eine Zusammenfassung der wichtigsten Glaubenslehren, aufgeschrieben vor allem für Taufbewerber und Neugetaufte, aber auch für die Mitarbeiter der frühchristlichen Gemeinden. Im ersten Teil sind die wichtigsten ethischen Regeln5 für das Leben eines Christen aufgeschrieben (mit vielen Anklängen an Worte JESU und an Briefzitate von Paulusbriefen). Im zweiten Teil werden die rechte Praxis von Taufe und Abendmahlsfeier geschildert und danach folgen im dritten Teil Vorschriften über das Gemeindeleben, den Gottesdienst, die Bestellung von Gemeindemitarbeitern und über die Gemeindezucht. In den Abendmahlskapiteln Didache 9 + 10 werden uns Beispiele für Lobpreisgebete zur Mahlfeier überliefert, die in ihrer schlichten hymnischen Schönheit nicht zu überbieten sind. Es sind „messianisch interpretierte jüdische Mahlgebete“6. Zugleich wird angeregt, dass ein Gemeindeleiter (in der Didache auch „Prophet“ genannt!) mit eigenen Worten frei betet, so wie es ihm der HEILIGE GEIST in den Mund legt (Didache 10,7). 1 Griechisch für Unterweisung, Unterricht, Lehre. – Der griechische Urtext wurde 1873 entdeckt. Der Text liegt in deutsch u.a. vor in: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, übersetzt und kommentiert von Klaus Berger und Christiane Nord. Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig, 1999, S. 302ff. – Eine weitere deutsche Übersetzung liegt vor in der von der Ev.-Theol. Fakultät Freiburg/Schweiz herausgegebenen Online-Ausgabe der „Bibliothek der Kirchenväter“ (BKV): http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1.htm . 2 Manche Forscher vermuten Clemens, den Schüler und dritten Nachfolger des Apostels Petrus als Bischof von Rom. Andere den Paulus-Mitarbeiter Barnabas oder einen Schüler von ihm, weil es in der Didache einige Anklänge an den Barnabasbrief gibt. 3 In Frage kämen sowohl Rom als auch Kleinasien. 4 Die Hypothesen späterer Abfassung sind überholt (vor allem wegen des Inhalts: Einfachheit von Taufritus und Mahlfeier, noch keine entwickelte Ämterhierarchie). Einer der bedeutendsten deutschen Fachexperten für Neutestamentliche Zeitgeschichte, Prof. Klaus Berger in Heidelberg, plädiert mit gewichtigen Gründen dagegen für eine Frühdatierung, also eine Abfassung bereits zwischen 65 und 68 n.Chr. 5 Bis hin zu solchen modernen Fragen wie z.B. des Verbotes von sexuellem Kindesmissbrauch, von Abtreibung oder von Tötung Neugeborener – Didache 2,2! 6 Klaus Berger, a.a.O., S. 302 (Einleitung zur Didache / Abschnitt „Theologie“). In Didache 11 – 15 wird ausführlich über den Dienst der Propheten geredet, sowohl über ortsansässige als auch über „Wanderpropheten“. Die Gemeinde wird zum Prüfen von Gastlehrern und reisenden „Aposteln“ aufgefordert. Wenn die Lehre übereinstimmt mit den in der Didache genannten Maßstäben, dann soll der Gast „aufgenommen werden wie der HERR“ (Did 11,4). Ähnliches gilt auch von den Propheten – allerdings mit Einschränkungen: „Keinen Propheten, der mit der Autorität des Heiligen Geistes zu sprechen behauptet, sollt ihr überprüfen oder beurteilen. Das ist zu gefährlich für euch, denn jede Sünde wird vergeben außer der Sünde wider den Heiligen Geist. Sie besteht darin, daß man einem den Geist abspricht, der ihn in Wirklichkeit doch hat. / Doch nicht jeder, der mit der Autorität des Heiligen Geistes redet, ist ein Prophet. Das ist er nur, wenn er auch prophetisches Verhalten zeigt. Ob er ein echter oder ein falscher Prophet ist, erkennt man an seinem Verhalten. / ... / Jeder Prophet, der etwas über Gottes Wirklichkeit erzählt, aber nicht tut, was er sagt, ist ein falscher Prophet.“ (Did 11,7-8+10)7 Durchreisende Mitarbeiter (also auch Reise-Propheten) sollen von der Gemeinde „zuerst einmal aufgenommen werden“ (allerdings nur für zwei bis drei Tage!) und „nach Kräften“ Hilfe erfahren (Did 12,1a+2), bevor sie weiterreisen. Wollen sie aber in der Gemeinde sesshaft werden, unterstütze man sie bei der Beschaffung einer geeigneten Arbeitsstelle (Did 12,3-4). Über eine eventuelle Unterhaltszahlung durch die Gemeinde heißt es weiter: „Jeder wahre Prophet, der sich bei euch niederlassen will, verdient es, daß ihm die Gemeinde Unterhalt gewährt. / ... / Denn sie erfüllen jetzt die Funktion, die nach dem jüdischen Gesetz die Hohenpriester innehaben.“ (Did 13,1+3c ) Es folgen Vorschläge für den Unterhalt in Analogie zu alttestamentlichen Regeln über den Zehnten. In Kapitel 15 wird schließlich die Wertschätzung der verschiedenen Gemeindemitarbeiter angesprochen: „Bischöfe und Diakone ... / Überseht sie also nicht: Zusammen mit Propheten und Lehrern genießen sie bei euch die höchste Achtung.“ (Did 15,1a+2) Im Schlusskapitel 16 wird noch einmal vor falschen Propheten gewarnt: „Denn in der letzten Zeit vor dem Ende wird es zahlreiche falsche Propheten geben und Leute, die den Glauben zerstören.“ (Did 16,3a ) Das alles sind weise Ratschläge, die heute genauso gültig sind wie einst zur Zeit der Apostolischen Väter. Werden sie beherzigt, können „falsche Propheten“ keine Verwirrung in der Gemeinde stiften. Echte Propheten dagegen können segensvoll wirken, indem sie „gerechtes Handeln und Erkenntnis des HERRN mehren“ (Did 11,2c ). Wir merken, wie aktuell die Didache redet! Übrigens wurde diese Väter-Schrift bis ins vierte Jahrhundert wiederholt ähnlich hoch geschätzt als Richtschnur des Glaubens wie die 27 kanonischen Schriften des NT 8. Barnabasbrief Die weite Verbreitung der Prophetie zu Beginn der nachapostolischen Zeit bezeugt indirekt auch der Barnabasbrief9, ein frühes judenchristliches Apologie- und Lehrschreiben. Unter den zahlreichen ausdrücklich als Propheten-Zitate gekennzeichneten Sätzen sind mindest sechs Zitate, die keinem alttestamentlichen Propheten zugeordnet werden können. Also liegen hier prophetische Worte von Zeitgenossen des Autors vor! 7 Wie alle weiteren wörtlichen Didache-Zitate in der Übersetzung von Klaus Berger, a.a.O. Im „Codex Sinaiticus“ um 330 n.Chr., der ältesten komplett erhaltenen griechischen Bibelhandschrift, sind die Didache und der Barnabasbrief noch dem NT beigefügt. 9 Deutscher Text bei Klaus Berger, a.a.O., S. 235ff. Berger plädiert für eine Frühdatierung des Briefes. – Barnabas war ein Apostelschüler und Paulus-Mitarbeiter (vgl. Apg 4,36; 9,27; 13,2 u.a.; insgesamt 28 Erwähnungen im NT). Manche Forscher vermuten als Autor vielmehr einen unbekannten anderen „Barnabas“, der mit dem neutestamentlichen nicht identisch sei, und plädieren deshalb auch für eine Spätdatierung des Briefes in der 1. Hälfte des 2. Jh. – Online auch in der BKV verfügbar: http://www.unifr.ch/bkv/kapitel5.htm . 8 1. Clemensbrief Der Autor10 schreibt kurz nach der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian diesen langen Brief11 an die Gemeinde in Korinth und übernimmt damit als Bischof von Rom auch apostolische Autorität über andere Gemeinden. Eine kleine Beobachtung ist typisch für jene Zeit und macht deutlich, welchen großen Stellenwert die „Erfüllung mit dem Heiligen Geist“ hat. Clemens schreibt in Kap. 42,3+4: „Gott ... erfüllte sie [= die Apostel] durch den Heiligen Geist mit fröhlicher Gewissheit. ... In der Kraft des Heiligen Geistes prüften sie, ob diejenigen, die sie jeweils zuerst für den Glauben gewonnen hatten, vom Heiligen Geist erfüllt waren, ...“12 In Kapitel 46,6-7 macht Clemens darauf aufmerksam, dass Streit und Spaltung in der Gemeinde nicht vereinbar sei mit dem Glauben an den Dreieinigen Gott. Die verschiedenen Glieder des Leibes Christi werden ja vereint von dem „über uns ausgegossenen einzigen Geist der Gnade“13. Clemens schlussfolgert mit deftigen Worten: „Warum zerfetzen und zerreißen wir die Glieder Christi, lehnen uns auf gegen den eigenen Leib und gehen in unserem Wahnsinn so weit, zu vergessen, daß wir alle miteinander Glieder dieses Leibes sind?“ (1Clem 46,7) Mit anderen Worten: Wir müssen immer wieder neu lernen, dass der Heilige Geist die Gemeinde Jesu zusammenführt und nicht trennt! Ein weiteres Zitat zeigt deutlich das geistliche Selbstbewusstsein des Autors: „Ihr werdet uns Freude und Jubel bereiten, wenn ihr dem gehorcht, was wir durch den Heiligen Geist geschrieben haben.“ (1Clem 63,2)14 Auch der 1. Clemensbrief erfreute sich in der Alten Kirche eine Wertschätzung als Richtschnur des Glaubens, war also eine Zeitlang dem NT zugeordnet. Ignatius von Antiochien Ignatius ist ein Schüler der Apostel Petrus und Johannes und wurde von Petrus als Bischof in der römischen Metropole Antiochia (in Syrien, vgl. Apg 11,26) eingesetzt. Er führt den Beinamen15 „Theophorus“, der „Gottesträger“ – was ihn nach damaligem Sprachgebrauch als einen „Charismatiker“ kennzeichnet. Im Jahr 107 n.Chr. stirbt er in Rom den Martyrertod „ad bestias“ (= durch die Zirkus-Löwen)16. Als er von den Römern deportiert wird, um ihn zur Hinrichtung zu führen, stärkt er unterwegs auf seinem Leidensweg die christlichen Gemeinden, durch die er kommt. Er schreibt dabei auch sieben vielbeachtete Briefe17, die der Glaubensstärkung kleinasiatischer Gemeinden dienen sollten. In seinem Brief an die Gemeinde Philadelphia, Kap. 7, schreibt Ignatius zeugnishaft über die Gnadengaben des Wortes der Erkenntnis, des Wortes der Weisheit und über die Prophetie in seinem Leben und Dienst folgendes: „1 Es gab Leute, die meine Schwächen ausnutzen und mich irreleiten wollten. Doch wenn der Geist von Gott ist, läßt er sich nicht irreleiten. Denn er weiß, woher er kommt und wohin er geht, und bringt das Verborgene ans Licht. Als ich in eurer Mitte war, habe ich gerufen und ganz laut, nämlich mit Gottes Stimme, gesagt: >Haltet euch an den Bischof, den Kreis der Ältesten und Diakone!< / 2 Manche 10 Schüler des Apostel Petrus und dessen dritter Nachfolger im Bischofsamt (Bischof in Rom von 88 – 97 n.Chr.) – Quelle: Irenäus von Lyon (um 180 n.Chr.), adversus haereses 3,3,3 (zitiert nach: Michael Fiedrowicz. Handbuch der Patristik. Quellentexte zur Theologie der Kirchenväter. Herder: Freiburg. 2010. S. 104 / Nr. 91). 11 Text bei Berger, a.a.O., S. 685ff / sowie in der online-BKV: http://www.unifr.ch/bkv/kapitel4.htm 12 Übersetzung von Klaus Berger, a.a.O., S. 709 – kursiver Hervorhebung durch K. Vogt. 13 Übersetzung von Papst Benedikt XVI. (in: Benedikt XVI. Kirchenväter und Glaubenslehrer. Die Großen der frühen Kirche. Sankt Ulrich Verlag: Augsburg, 2008. S.9). 14 Übersetzung von Michael Fiedrowicz, a.a.O., S. 103 / Nr. 91 – kursiver Hervorhebung durch K. Vogt. 15 In der Absenderangabe mehrerer seiner Briefe nennt er sich selbst so. 16 Benedikt XVI., a.a.O., S. 12 (unter Berufung auf den antiken Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea). 17 Die deutsche Übersetzung ist frei zugängig in: Klaus Berger, a.a.O., S. 775ff. / sowie online in der BKV: http://www.unifr.ch/bkv/kapitel6.htm . argwöhnten, ich hätte gewußt, daß sich einige abgesondert haben, und deshalb so geredet. Doch Jesus, um dessen Gemeinschaft willen ich Fesseln trage, ist mein Zeuge, daß ich von keiner Menschenseele davon erfahren hatte. Aber der Heilige Geist hatte gesagt: >Tut nichts ohne den Bischof, haltet euch rein als Gottes Heiligtum, betrachtet die Einheit der Kirche als das höchste Gut, meidet Spaltungen, eifert Jesus Christus nach, wie auch er seinem Vater nacheifert.<“18 Nicht nur von seinem Beinamen „Theophorus“ her, sondern vor allem wegen dieses Briefabschnitts wird Ignatius in der amerikanischen Kirchenväterforschung als der „charismatische Bischof“19 bezeichnet. Auf alle Fälle wird deutlich, dass zu Ignatius’ Zeit Prophetie einen hohen Stellenwert hat und „direkt vom Heiligen Geist inspirierte Rede eine göttliche Autorität“20 genießt. Weil der Heilige Geist Einheit im Glauben und in der Liebe schenkt, prägt Ignatius im Brief an Smyrna 8,2 den griechischen Begriff „katholikä“ (= „universal“, „allumfassend“) als adäquate Beschreibung für die weltweite Kirche Christi – „katholisch“ also nicht im Sinn eines Namens einer einzelnen Konfession: „... in Jesu Christi Gegenwart auch die ganze, weltweite Kirche ist“.21 Im Vorwort seines Briefes an Smyrna schreibt Ignatius seine theologische Überzeugung nieder, dass es in der Kirche kein Defizit an irgendeinem Charisma gebe: „Ignatius, auch Theophorus genannt, schreibt diesen Brief an die Gemeinde Gottes, des Vaters, und seines Erwählten Jesus Christus zu Smyrna in Kleinasien. Barmherzig verlieh euch Gott alle Gaben [griechisch: „Charismen“]. Ihr seid ganz Glaube und Liebe, euch fehlt kein Himmelsgeschenk, ihr seid Gott wohlgefällig, Heiliges ist euch anvertraut. Eins mit euch durch Gottes erhabenen Geist und durch sein Wort sende ich euch herzliche Grüße.“22 Der Kirchenhistoriker Eusebius23, Bischof von Caesarea, erwähnt ausdrücklich, dass Ignatius die besuchten Gemeinden „drängte ..., unablässig an der Überlieferung der Apostel festzuhalten, die er sicherheitshalber auch schriftlich darzustellen für notwendig hielt, da er schon bald das Martyrium erleiden würde.“24 Und zu dieser Überlieferung gehört zweifelsfrei auch das „Leben im Geist“, das zum Leiden um Christi willen überhaupt erst befähigt! Hirt des Hermas Hermas25, Bruder des römischen Bischofs Pius26, ist ein einfacher Christ, der um 160 n.Chr. In Rom stirbt. Er verfasst um 120 n.Chr. den „Hirt des Hermas“, eine prophetische Offenbarung, in der er ausführlich die christliche Ethik darlegt und vorallem im Glauben lax gewordene oder gar abgefallene Christen ermahnt und dringend zur Buße auffordert. Den ersten Hauptteil bilden fünf ausführlich aufgeschriebene prophetische Visionen. Ein Engel 18 Übersetzung von Klaus Berger, a.a.O., S. 803 – kursive Hervorhebungen von K. Vogt. So z.B. W.R.Schoedel. Ignatius of Antioch: A Commentary on the Letters of Ignatius of Antioch. Fortress: Philadelphia/USA, 1985. S. 195 (zitiert nach: Kilian McDonell / George T. Montague. Eingliederung in die Kirche und Taufe im Heiligen Geist. Belege aus den ersten acht Jahrhunderten. Vier-Türme-Verlag: Münsterschwarzach, 1998. S. 429 / Fußnote 18). 20 Kilian McDonell, a.a.O., S. 429 / Fußnote 18. 21 Nach Berger, a.a.O., S. 808 – Papst Benedikt übersetzt den gleichen Vers natürlich „römischer“: „Wo Jesus Christus ist, dort ist die katholische Kirche.“ (a.a.O., S. 15). 22 Nach Berger, a.a.O., S. 807 – kursive Hervorhebungen von K. Vogt. 23 Seine ab 290 n.Chr. niedergeschriebene zehnbändige „Kirchengeschichte“ ist eine der wichtigsten Originalquellen für die Kirchengeschichtsforschung über die ersten drei Jahrhunderte der Kirche. 24 Eusebius von Caesarea. historia ecclesiastica. 3,36,4 (zitiert nach Fiedrowicz, a.a.O., S. 129 / Nr. 130) – kursive Hervorhebungen von K. Vogt. 25 „Der Verfasser ist ein kleiner Geschäftsmann mit beschränktem Gesichtskreis, aber aufrichtig fromm und gewissenhaft, demütig und fröhlich. Seine volkstümliche Sprache ist stark von der griechischen Bibel geprägt.“ (Berthold Altaner / Alfred Struiber. Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter. Herder: Freiburg, 1978, 8., durchgesehene und erweiterte Auflage. S. 55). 26 Canon Muratori (um 200 n.Chr.) – zitiert nach Fiedrowicz, a.a.O., S. 238 / Nr. 293. 19 nimmt den Hermas im Schlaf bei der Hand, „entrückt“ ihn, zeigt ihm den Himmel und deutet diese Visionen (PHerm Vision 1,1,3). Im zweiten und dritten Teil folgen prophetische Weisungen in Form von zwölf „Geboten“ und zehn „Gleichnissen“. Der Deuteengel, der sich in der fünften Vision ausdrücklich als „Hirte“ bezeichnet, gibt Hermas schließlich den Auftrag, die prophetische Botschaft aufzuschreiben und der Gemeinde zu lehren. In PHerm Vision 5,7 heißt es dazu: „Wenn ihr sie hört, bewahrt, danach lebt und sie mit reinem Herzen in die Tat umsetzt, dann wird der Herr euch schenken, was er verheißen hat. Wenn ihr sie aber hört und nicht umkehrt, sondern noch weiter sündigt, werdet ihr das Gegenteil von Gott empfangen.“27 Wir merken: hier ist die ganze Bandbreite neutestamentlicher Prophetie zu finden von Mahnung, Kurskorrektur, Aufruf zur Buße bis hin zu Wegweisung, Tröstung und Segensverheißung. Die Schrift ist deshalb im 2. Jahrhundert sehr verbreitet und beliebt28. Sie hat entscheidende geistliche Impulse für die Bußpraxis der Kirche gebracht. Zusammenfassung Es fällt auf, wie zurückhaltend in dieser Zeitepoche vom Heiligen Geist und seinen Gnadengaben geredet wird. Oft sind es nur keusche Andeutungen29. Direkt wird meist nur die Gabe der Prophetie extra angesprochen – sie genießt noch einige hundert Jahre lang eine hohe Wertschätzung. Ansonsten wird immer wieder ausdrücklich beteuert, in Treue und unverfälscht30 die Lehre und Praxis der Apostel fortzusetzen. Nachdem wir im Neuen Testament eine breitgefächerte Überlieferung über das Leben in der Kraft des Geistes Gottes vorfinden, können wir also zurecht davon ausgehen, dass auch in der anschließenden nachapostolischen Zeit dieses Leben mit der Fülle der Geistesgaben in guter Selbstverständlichkeit fortgesetzt wurde. Es war wohl so selbstverständlich, dass es nicht extra betont werden musste! (Außerdem war Schreibmaterial damals knapp und teuer, sodass man Unnötiges eben nicht aufschrieb ...) Klaus Vogt 27 Übersetzung von Klaus Berger, a.a.O., S. 838 – in der BKV ist der Text verfügbar unter http://www.unifr.ch/bkv/kapitel14.htm . 28 Eusebius von Caesarea schreibt darüber: „Schriften ..., die nicht zum Kanon gehören ..., dennoch aber bei vielen Männern der Kirche Beachtung finden“ (historia ecclesiastica 3,25 – zitiert nach Fiedrowicz, a.a.O., S. 239 / Nr. 294). 29 Z.B. heißt es im Epheserbrief des Ignatius 7,2 vom Wirken des erhöhten HERRN: „Einer ist Arzt, schwacher Mensch und starker Geist, ...“ (zitiert nach Berger, a.a.O., S. 781). Im Brief des Ignatius an die Magnesier 13,2 werden die Apostel ausdrücklich als Vorbild hingestellt, weil sie sich „dem Heiligen Geist unterwarfen“. Im Brief an die Philadelphier rühmt Ignatius im Vorwort die herzliche Einheit der Gemeinde mit ihrem Bischof und ihren Ältesten und Diakonen, „denen er [= Jesus] selbst Stärke und Festigkeit durch seinen Heiligen Geist schenkt“ (nach: Berger, a.a.O., S. 801). 30 Ein Abweichen von der apostolischen Tradition wäre in dieser Zeit sofort mit einem Kirchenausschluss geahndet worden – auf diese rigorose Weise wollte man die Glaubensüberlieferung rein halten.