Grundworte des Glaubens: Was ist Demut? „Demut ist eine merkwürdige Sache: Wenn man glaubt sie zu haben, hat man sie verloren.“ (E.D.Hulse) 1. Demut hat in der Bibel einen hohen Stellenwert Zefanja an das Volk Israel in Juda: „Suchet Gerechtigkeit, suchet Demut...“ (2,3) Micha 6,8 (Unter Überschrift: Der rechte Gottesdienst): „Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist, und was der von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ 1.Petr.5,5: Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade Gnade brauchen wir alle Kol.3,12: So zieht nun an..... Freundlichkeit, Demut.... Demut soll unser Christsein charakterisieren Demut ist eine wichtige Eigenschaft 2. Wortbedeutung Das griechische Wort „tapeinos“ bedeutet im profanen Bereich soviel wie: niedrig, sozial gering, geknechtet, auch psychisch im Sinne von: mutlos, niedergeschlagen (down) sein. Es bezeichnet auch kriecherische Unterwürfigkeit. „Demut“ ist hier fast durchweg negativ besetzt. In der Bibel wird Wortgruppe dagegen fast nur positiv verwendet. Hier wird schon deutlich: ein und dasselbe Verhalten kann unterschiedlich bewertet werden – Demut ist vielleicht nicht ganz das Erstrebenswerte in der Leistungsgesellschaft und Erlebnisgesellschaft von heute, aber Gott sucht demütige Leute. In der Bibel werden drei Personen unmittelbar mit Demut in Verbindung gebracht. Mose - als Mirjam gegen Mose aufbegehrt und seine Führungsrolle hinterfragt heißt es: „Mose war ein sehr demütiger Mensch“ (4. Mose 12,3) Paulus „Ihr wisst .... wie ich dem Herrn gedient habe in aller Demut...“ (Apg. 20,18+19) Jesus: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig...“ (Mt. 11,29) Drei verschiedene Leute, aus der Zeit des Alten Testamentes, aus Zeit der Gemeinde und Gottes Sohn Wenn wir das Leben dieser Männer anschauen, können wir ein wenig erkennen was Demut ist und was Demut nicht ist. 3. Falsch verstandene Demut 3.1. Demut ist nicht Selbstverachtung nach dem Motto „Ich bin nichts, ich kann nichts!“ Mose wusste sehr wohl, wer er war - er nahm schließlich Führungsverantwortung für das ganze Volk war. Paulus hängt seine gehobene Ausbildung nicht an die große Glocke, aber er verleugnet sie auch nicht. Als Paulus und Silas in Philippi zu Unrecht eingesperrt waren und dann einfach ganz nebenbei durch eine überbrachte Botschaft gehen sollen, weigern sie sich. 2 Wenn Jesus sagt, dass wir den Nächsten lieben sollen, wie uns selbst, dann geht er von einer grundlegenden Selbstachtung aus. In Jesus Sirach 10,28 heißt es: Mein Sohn, in aller Demut, achte dich doch selbst... Wir sollen uns selbst verleugnen, selbst erniedrigen aber niemals selbst verachten – das ist ein großer Unterschied. Gott hat uns als sein Ebenbild geschaffen. Jeder einzelne von uns ist ihm so viel wert, dass er seinen Sohn Jesus Christus dafür sterben lässt. Auf diesem Hintergrund steht Selbstverachtung im Widerspruch zu Gottes Wertschätzung. 3.2. Demut heißt nicht, alles schweigend hinnehmen nach dem Motto „Es ist halt so!“ Als Mose das Unrecht in Ägypten sah, da bewegte es ihn so sehr, dass er sich sogar zu einem Mord hinreißen ließ. Als dann einen Tag später sich zwei Israeliten streiten, geht er dazwischen und will schlichten, er mischt sich ein. Später als Israeliten das Goldene Kalb bauten, räumte Mose im Auftrag Gottes gewaltig auf, 3000 Männer starben. Als die Korinther Paulus angriffen und ihm vorwarfen, dass er aus der Ferne mutig sei, aber in Korinth unterwürfig ist; da lässt er das nicht auf sich sitzen (2.Kor.10,2) Und als er zu Unrecht von dem Statthalter Festus an die Juden in Jerusalem ausgeliefert werden soll, beruft er sich auf sein Recht und auf den Kaiser (Apg.25,9-11) Als Jesus die Händler und Geldwechsler im Tempel sieht, räumt er auf! Trotzdem ist er demütig. Oft begegnet uns das Verständnis: Der ist besonders demütig, der alles schweigend erträgt. Aber das ist falsch. 3.3. Demut heißt nicht, nur das machen, was andere sagen. Oft wird Demut mit Passivität und Gehorsam zusammengebracht. Man macht, was ein anderer sagt, lässt andere Entscheidungen treffen, dann ist man demütig. Mose, Paulus und Jesus waren alles Männer, die auch Visionen hatten, Mose wusste um Gottes Verheißung von einem eigenen Land für sein Volk, Paulus machte sich Gedanken, wie er Juden und Heiden das Evangelium am besten weitersagen kann. Und Jesus suchte Menschen, die sich ihm und anderen zuwenden. Demut bedeutet nicht, keine eigene Meinung zu haben. Mose hat mit Gott um sein Volk gerungen, das Gott vernichten wollte. Jesus sagt: Ich will, dass da wo ich bin auch die sind, die zu mir gehören Paulus macht konkrete Reisepläne. Demut und aktiv sein, strategisch überlegen, schließen einander nicht aus. Es geht nicht darum zu sagen: Der Herr wird‘ s schon recht machen und die Hände in den Schoß zu legen! Das ist keine Demut sondern Drücken vor Verantwortung und Trägheit 4. Was ist Demut? 4.1. Demut bedeutet: die eigene Abhängigkeit von Gott sehen Das Verhältnis von Gott und Mensch realistisch einschätzen. Als Mose zum Pharao gehen soll, sieht er seine Unvollkommenheit. Er weiß, er braucht Gottes Hilfe. Als das Volk Israel durch das Schilfmeer gezogen war, da fängt Mose an, ein Loblied zu singen. Er singt: Ich will dem Herren singen, denn er hat eine herrliche Tat getan, ... der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang. (2.Mose 15,1+2) 3 Paulus sieht sehr wohl seine Abhängigkeit von Gott: Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin (1.Kor.1510) und gerade aufgrund dieser Sicht kann Gott ihn gebrauchen. An die Korinther schreibt Paulus: Was töricht ist vor der Welt, was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit sich kein Mensch vor Gott rühme. (1.Kor. 1,27) Gottes erwähltes Volk Israel ist dafür das beste Beispiel. Franz von Assisi wurde einmal am Ende seines gesegneten Lebens gefragt, warum er so viel für Gott tun konnte. Er antwortete darauf: Folgendes muss der Grund gewesen sein. Gott sah vom Himmel herab und sprach: Wo kann ich den schwächsten, den geringsten, den armseligsten Mann auf dieser Erde finden? Dann sah er mich und dachte: Ich habe ihn gefunden. Ich will durch ihn wirken, denn er wird sich nichts darauf einbilden und meine Ehre für sich selbst in Anspruch nehmen. Er wird wissen, dass ich ihn immer gerade seiner Niedrigkeit und seiner Unbedeutsamkeit wegen benutze! Martin Luther: „Fühlst du dich aber, du habest es gewiss und bildest dir was ein mit deinem eigenen Büchlein, Lehren oder Schreiben, als habest du es sehr köstlich gemacht, mein Lieber, so greif dir selbst an deine Ohren, und greifst du recht, so wirst du finden ein schön Paar großer langer, rauer Eselsohren.“ Nochmal: Es geht nicht um Selbstverachtung, es geht darum, dass ich erkenne, dass ich mir auf meine Leistung vor Gott nichts einbilden kann und in allem von Gott abhängig bin. Demut ist, wenn ich weiß: Gott, ich brauch dich unbedingt bei dem was ich vorhabe Demütig sind wir, wenn wir neben allem Einladen und Einüben eines missionarischen Lebensstils Gott darum bitten, dass Menschen offen sind für die gute Nachricht. 4.2. Demut bedeutet, sich unter Gottes Plan zu beugen Wie oben bereits erörtert bedeutet Demut nicht, auf eigenes Planen und Denken zu verzichten. Es gibt aber Situationen, wo unser Plan mit Gottes Plan kollidiert. Und da bedeutet Demut, sich Gottes Plan unterzuordnen. Mose akzeptiert, dass er nicht das verheißene Land betreten darf, auch wenn er gerne hinein wollte Paulus wollte nach Bithynien reisen, aber der Geist Jesu ließ es nicht zu (Apg.16,6-8) und schickt ihn nach Europa und Paulus nimmt diese Planänderung Gottes an. Paulus hatte auch ein körperliches Leiden, das ihn in seiner Arbeit beeinträchtigt. Mehrfach hat er um Heilung gebeten, aber Gottes Plan war anders: Lass dir an meiner Gnade genügen.... (2. Kor. 12,9) Und Paulus akzeptiert diesen Plan. Ebenso beugt sich Jesus im Garten Gethsemane unter den Plan Gottes: Wenn es sein kann, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.... (Mt. 26,39) Jakobus zitiert in Jak.4,6 aus Spr.3,34: „Gott widersteht dem Hochmütigen, aber dem Demütigen gibt er Gnade.“ und folgert dann in V.7: „So seid nun Gott untertan...“ Demütig sein bedeutet: Gott zutrauen, dass sein Plan besser und richtiger ist, als meine Erwägungen. Diese Entscheidung und dieser Weg können auch belastend sein. Gerade im Zusammenhang mit seiner eigenen Demut spricht Jesus vom „Joch“, was wir als Christen auf uns nehmen sollen. (Mt. 11,29). Oft sind Menschen heraus gefordert, um Gottes Willen zu verzichten – z.B. auf die Ehe (Diakonissen), auf Wohlstand und Sicherheit (Missionare in der Dritten Welt), auf Anerkennung (Putzdienst in der Gemeinde) und auf Erfolg (Leiter eines kleiner werdenden Kreises). Gerade da, wo Menschen bewusst diese Platzanweisung Gottes annehmen, sind sie demütig. 4.3. Demut bedeutet, auch Menschen zu dienen Demut betrifft nicht nur die Beziehung zu Gott, sondern auch die Beziehung zum Mitmenschen. 4 Zitat N.N.: Demut ist Neigung vor Gott und Zuneigung zum Menschen. Paulus schreibt in Phil.2 über das Miteinander in der Gemeinde und in diesem Zusammenhang heißt es in V.3f.: „In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern was dem anderen dient.“ Die demütige Achtung vor dem Anderen drückt sich im Dienen aus. Oft wird Demut auch als „Mut zum Dienen“ bezeichnet. Auch hier sind Mose, Paulus und Jesus Vorbilder. Mose dient seinem Volk durch Rechtssprechung und er tritt vor Gott für sie ein und kämpft für sie (2. Mose 18,13 + 32,11ff.). Paulus dient den Menschen, indem er ihnen das Evangelium verkündet, für sie regelmäßig betet und auch praktische Hilfe organisiert (z.B. Geldsammlung für Gemeinde in Jerusalem). Jesus dient seinen Jüngern, in dem er ihnen wie ein Sklave die Füße wäscht. Sein größter Liebesdienst ist aber sein stellvertretender Tod am Kreuz. Der Dienst in der Gemeinde und an Menschen muss dabei nicht immer Spaß machen. Gabenorientierte Mitarbeit, die auch viel Freude bereitet und wo Erfolge sichtbar werden ist sehr gut. Aber es gibt auch Dienste, da sind weniger die Begabung und stattdessen vielmehr Gehorsam und Demut nötig. Jesu Fußwaschung und der Liebesdienst des barmherzigen Samariters sind hierfür beste Beispiele. 5. Schlussbemerkung Eine demütige Herzenshaltung ehrt Gott und beeinflusst das menschliche Miteinander nachhaltig positiv. Wo Menschen Gott und einander in Demut begegnen, da geschieht Versöhnung und Neuanfang. Wie bekommen wir nun ein demütiges Herz? Dazu zum Schluss ein Zitat von Hermann Bezzel: „Bescheidenheit kann man erziehen, Demut muss man erbitten!“ Was ist „Demut“? Demut ist eine wichtige Eigenschaft! Falsche Ansichten Demut ... ist nicht Selbstverachtung ... heißt nicht alles schweigend hinnehmen ... heißt nicht nur das machen, was andere sagen Demut bedeutet ... die eigene Abhängigkeit von Gott erkennen ... sich unter Gottes Plan beugen ... Gott und dem Nächsten dienen