PDF-Datei - Deutsche Buddhistische Ordensgemeinschaft

Werbung
DEUTSCHE BUDDHISTISCHE
ORDENSGEMEINSCHAFT
DBO e.V.
Lünzenerstr. 4
29640 Schneverdingen
[email protected]
wwww.buddhistische-ordensgemeinschaft.de
Berlin, Schneverdingen, Hannover
01. Mai 2014
Stellungnahme der Deutschen Buddhistischen Ordensgemeinschaft
(DBO) zu den Protesten gegen den Dalai Lama durch die International
Shugden Community (ISC)
Die Deutsche Buddhistische Ordensgemeinschaft (DBO) distanziert sich in aller
Form von den weltweiten und in Frankfurt am Main stattfindenden Protesten gegen
den Dalai Lama. Die DBO ist überzeugt, dass Meinungen unter Buddhisten in einer
friedvollen, respektvollen, wahrhaften und vernünftigen Weise ausgedrückt werden
sollen. Sie ist betroffen über das aggressive, fehlinformierende und unethische Verhalten der Protestierenden und das falsche Bild, dass sie dadurch in der Öffentlichkeit vermitteln. Die DBO legt Wert darauf klarzustellen, dass die Protestierenden der
Neuen Kadampa Tradition (NKT) keine buddhistischen Mönche und Nonnen gemäß
den Ordensregeln des Buddha sind und ihr öffentliches Verhalten weder den
Buddha, noch seine Lehre (Dharma) oder die buddhistische Gemeinschaft (Sangha)
repräsentiert.
Wir bedauern, dass zu einer Zeit, in der die tibetisch-buddhistische Lehre in ihrem
Stammland Tibet großem Druck ausgesetzt ist, eine buddhistische Gruppierung im
Westen versucht, mit unhaltbaren Vorwürfen dem Dalai Lama und dem tibetischen
Buddhismus weiteren Schaden zuzufügen.
Zum Hintergrund: Schon in den Jahren 1996 bis 1998 und insbesondere seit 2008
läuft eine internationale, professionell und aggressiv geführte Medien- und Demonstrationskampagne zumeist westlicher Anhänger des sog. Schützers Dorje Shugden gegen den Dalai Lama.
Der Grund ist folgender: Das religiöse Oberhaupt der Tibeter hat seit 1978 immer
wieder in der Öffentlichkeit betont, dass die Anrufung Shugdens zu einer Kultpraxis
mit stark sektiererischen Zügen entartet sei. Dies könne er nicht gutheißen. In der
Tat bestätigen Religionswissenschaftler und Tibetologen, dass die organisierte Form
der Shugden-Anrufung mit der Überzeugung verbunden ist, die Gelug-Schule sei den
anderen tibetisch-buddhistischen Schulen überlegen.
Ein weiterer Kritikpunkt des Dalai Lama ist, dass sich diese Praxis immer weiter von
der buddhistischen Lehre entfernt habe.
Dorje Shugden (auch Dholgyal) ist ein seit seiner Entstehung im 17. Jh. umstrittener
sogenannter Schützer. Diese werden im tibetischen Kulturkreis als Wesenheiten begriffen, die man anruft und um Hilfe bittet, z.B. für den Schutz der buddhistischen
Lehre, aber auch in Bezug auf ganz weltliche Dinge wie Ernte, Häuserbau etc. Über
Shugdens Natur und Funktionen gibt es unterschiedliche, sich widersprechende Ansichten.
Die Demonstranten, die gewöhnlich in der Öffentlichkeit als buddhistische Mönche
und Nonnen auftreten, beschuldigen den Dalai Lama der Unterdrückung der Religionsfreiheit, nennen ihn gar „den schlimmsten Diktator der modernen Welt“. Dabei
liegt es im freien Ermessen der tibetisch-buddhistischen Klöster und Zentren sowie
der Praktizierenden selbst, ob sie dem Rat des Dalai Lama folgen oder nicht. Und sie
haben sich mehrheitlich gegen eine kontroverse, Disharmonie stiftende und andere
religiöse Gemeinschaften abwertende Praxis, wie es die der organisierten ShugdenAnhänger ist, ausgesprochen.
Bei den international gut vernetzten Protestierenden handelt es sich im Wesentlichen um Mitglieder der Neuen Kadampa Tradition (NKT), einer gemeinnützigen
Organisation, die vom tibetischen Gelehrten Geshe Kelsang Gyatso in England gegründet wurde. Sie ist eine der am schnellsten wachsenden Organisationen in Großbritannien. Nach außen präsentiert sie sich als modern, zeitgemäß und demokratisch, intern jedoch – so die Aussagen ehemaliger Anhänger – ist die Organisation
durch rigide, sektenhafte Strukturen gekennzeichnet mit Kelsang Gyatso als unangreifbarem und alleinigem Herrscher.
Für die Organisation ihrer weltweiten Proteste gründet die NKT immer wieder neue
„Frontorganisationen“, die den Hintergrund der Protestierenden verschleiern. Die
ISC ist bereits die dritte dieser Art. Die von ihr betriebenen Shugden-Webseiten haben kein Impressum, werden anonym betrieben (domains by proxy) und nennen
keine Person, die presserechtlich für die Anschuldigungen verantwortlich ist.
Pressekontakt:
Tenzin Peljor (Michael Jäckel): +49 176 996 527 29 | +49 30 21 23 88 33
Seite 2
Ergänzung zur Stellungnahme der Deutschen Buddhistischen Ordensgemeinschaft (DBO) zu den Protesten gegen den Dalai Lama durch die
International Shugden Community (ISC)
Die DBO hat in ihrer Stellungnahme schon darauf hingewiesen, dass die Anschuldigungen faktisch verzerrend und irreführend sind.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele dafür:
•
Behauptung: „Es gibt 4 Millionen Shugden-Anhänger.“ – Korrektur: Diese Zahl
bezeichnen Wissenschaftler seit 1996 immer wieder als „sehr stark übertrieben“.
•
Behauptung: „Shugden-Anrufende werden durch die Politik des Dalai Lama von
medizinischer Hilfe, Ausbildung oder Passausstellung ausgeschlossen.“ – Korrektur: Es gab vereinzelte derartige Fälle durch übereifrige Tibeter; es gibt jedoch
keine Politik der Tibetischen Zentralverwaltung oder des Dalai Lama, ShugdenAnrufende von medizinischer Versorgung, Ausbildung oder der Ausstellung von
Dokumenten auszuschließen. Weder Amnesty International (1998) noch der Oberste Gerichtshof in Delhi (2010) konnten eine Verletzung von Menschenrechten oder religiösen Rechten feststellen. (http://tinyurl.com/n3uvj4e und
http://tinyurl.com/lua82yk)
•
Behauptung: „Der Dalai Lama hat Shugden verboten.“ – Korrektur: Es gibt kein
generelles Verbot von Shugden sondern Restriktionen. So haben sich z.B. Klöster
auf der Basis demokratischer Mehrheitsentscheidungen gegen die Anrufung von
Shugden gewandt, und der Dalai Lama bat diejenigen, die ihn als ihren Lehrer
ansehen, die Shugden-Praxis aufzugeben. Er betont aber immer wieder, dass jeder
frei sei, seinen Rat zu ignorieren, und privat Shugden praktizieren könne.
•
Behauptung: „Der Dalai Lama unterdrückt die Religionsfreiheit.“ – Korrektur:
Shugden kann sehr wohl privat oder in Shugden-Tempeln und -Klöstern von seinen Anhängern angerufen werden, und dies geschieht auch. Es ist die ShugdenVerehrung selbst, welche die Religionsfreiheit einschränkt, da sie denjenigen
schwere Strafen androht, die spirituelle Übungen anderer tibetisch-buddhistischer Schulen ausüben. Restriktionen dieser Praxis gegenüber erhöhen daher die
Freiheit aller anderen, das zu praktizieren, was sie praktizieren möchten. In jeder
Gesellschaft ist es notwendig, zum Schutz der Freiheit der Mehrheit religiösen
Extremismus einzuschränken und deren Verfechter aus öffentlichen Institutionen
auszuschließen.
Seite 3
•
Behauptung: „Der Dalai Lama lügt.“ – Korrektur: Eine andere Sichtweise auf
Shugden zu haben als dessen Anhänger, ist keine Lüge, sondern die Wahrnehmung des Rechts auf eine eigene Meinung.
•
Behauptung: „Der Dalai Lama allein ist schuld an der Shugden-Problematik.“ –
Korrektur: Die Shugden-Problematik besteht seit dem 17. Jahrhundert. Radikale
Shugden-Anhänger haben Klöster und tibetische Buddhisten gegen sich aufgebracht. Zwei radikale Anhänger werden von Interpol wegen dreifachen Mordes
an einem Shugden-Gegner und seinen zwei Schülern gesucht. Es ist abwegig, den
Dalai Lama für diese Entwicklungen verantwortlich zu machen.
•
Behauptung: „Die Anrufung von Shugden ist lediglich ein einfaches Gebet für
die Entwicklung von Mitgefühl und Weisheit.“ – Korrektur: Diese Behauptung
ignoriert den weit verbreiteten sektiererischen und gewalttätigen Hintergrund
der Shugden-Verehrung, die anhand von Schriften belegt werden kann.
Für weitere Informationen empfiehlt die DBO, akademische Experten zu befragen
und unabhängige akademische Quellen zu konsultieren, um den Hintergrund der
Kontroverse und die Beweggründe der Demonstranten besser zu verstehen.
Stellvertretend für viele andere sei auf folgende Quellen, die online zugänglich sind,
verwiesen:
• »Streit um Shugden - Analyse einer tibetischen Kontroverse« – Michael von
Brück (Professor für Religionswissenschaft an der Ludwig Maximilians-Universität
München): http://tinyurl.com/ptgaeff
• »Dorje Shugden & Religionsfreiheit: Religion und Öffentlichkeit in der tibetischen
Exilgesellschaft« – Karénina Kollmar-Paulenz (Professorin und Mit-Direktorin des
Instituts für Religionswissenschaft an der Philosophisch-historischen Fakultät der
Universität Bern in der Schweiz): http://tinyurl.com/nn446ck

Über die DBO
Die Deutsche Buddhistische Ordensgemeinschaft e.V. (DBO) ist ein Zusammenschluss deutschsprachiger buddhistischer Mönche und Nonnen verschiedener Traditionen, die nach dem Vinaya des Buddha ordiniert sind. Der Verein wurde 2008 gegründet und sieht sich in Assoziation mit der Deutschen Buddhistischen Union
(DBU) und arbeitet mit ihr zusammen.
Seite 4
Herunterladen