Seminar für Wirtschaftstheorie 12.02.2007 Diplomprüfung für Volkswirte Mikroökonomie Wintersemester 2006/07 Sie haben für diese Klausur 120 Minuten Zeit. Bitte bearbeiten Sie alle vier Aufgaben. Außer Taschenrechner und Zeichenmaterial sind keine Hilfsmittel erlaubt. Insgesamt können 80 Punkte erreicht werden. Die maximale Punktzahl für die Aufgaben ist jeweils angegeben. Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass bei allen Maximierungsproblemen die Bedingungen zweiter Ordnung erfüllt sind! Aufgabe 1 (20 Punkte) In einem Bergtal lebt ein Agent (Ötzi), der eine Anfangsausstattung von einem Hektar Forst und einer Einheit Arbeit besitzt. Es gibt eine Firma, deren Eigentümer Ötzi ist. Diese Firma stellt das einzige Konsumgut Rehrücken R her mit Hilfe von Arbeit L und Forst F gemäß der folgenden Produktionsfunktion: 1 1 R = F 2 L2 . Normalisieren Sie den Preis von R auf eins. Sei w der Lohnsatz und p die Pacht, die von der Firma bezahlt wird. Ötzi kann seinen Forst entweder an die Firma verpachten oder ihn als Jagdgebiet Touristen zum festen Preis p̄ zur Verfügung stellen. Seine Arbeitskraft kann er nur 1 1 der Firma zur Verfügung stellen. Er erhält den Gewinn der Firma π = F 2 L 2 − wL − pF als Dividende. Seine Budgetbeschränkung ist daher R = π + wL + pF + p̄(1 − F ). Seine Nutzenfunktion sei U (R) = R. Beachten Sie, dass diese Nutzenfunktion impliziert, dass Ötzi kein Arbeitsleid verspürt! Die Firma und der Agent verhalten sich als Preisnehmer auf allen Märkten. a) Bestimmen Sie die Arbeitsangebotsfunktion des Agenten. Bestimmen Sie die Arbeitsnachfragefunktion der Firma. Wie hoch wird der Arbeitseinsatz im Gleichgewicht sein? Bestimmen Sie den Gleichgewichtslohnsatz als Funktion des an die Firma verpachteten Forsts F . 1 b) Zeigen Sie, dass bei der Pacht p = p̄ der Markt für Forst, der der Firma zur Verfügung gestellt wird, im Gleichgewicht ist, falls 4p̄2 ≥ 1 gilt. Wieviel Forst wird an die Firma verpachtet? Wie hoch ist der Lohnsatz im Gleichgewicht? Wie hoch ist der Gewinn π im Gleichgewicht? c) Nehmen Sie nun an, dass die Regierung des Landes, in dem das Tal liegt, die Straße zum Tal ausbaut. Die Folge des Ausbaus ist, dass die Touristen bereit sind einen höheren Preis p̄0 > p̄ zu bezahlen, weil das Jagdgebiet leichter zu erreichen ist. Bestimmen Sie rechnerisch, wie sich der Lohn w und die Pacht p, die die Firma bezahlt, im Gleichgewicht ändern. Berechnen Sie, wie sich der Gewinn der Firma und die Menge des an die Firma verpachteten Forsts im Gleichgewicht verändern. Erläutern Sie Ihre Ergebnisse kurz! Gibt es Verlierer des Ausbaus? Aufgabe 2 (20 Punkte) Betrachten Sie das folgende Spiel. Spieler 1 T B Spieler 2 L R 1, 0 2, 0 2, 3 0, 4 a) Bestimmen Sie alle Nash Gleichgewichte in reinen Strategien. b) Sei t die Wahrscheinlichkeit, mit der Spieler 1 T spielt. Sei l die Wahrscheinlichkeit, mit der Spieler 2 L spielt. Zeichnen Sie die Reaktionsfunktionen der beiden Spieler in ein Koordinatensystem, dessen senkrechte Achse mit t beschriftet ist und dessen waagerechte Achse mit l beschriftet ist. Kennzeichnen Sie alle Nash Gleichgewichte in der Zeichnung und schreiben Sie die Nash Gleichgewichte auf. c) Nun zieht zuerst Spieler 1. Spieler 2 kann diesen Zug beobachten und zieht danach. 1b HH T HB HH 2 2r Hr L @ R L @ R r @ @r r @ @r 2, 3 0, 4 1, 0 2, 0 Lösen Sie das Spiel in extensiver Form durch Rückwärtsinduktion. Welche Strategie wählt Spieler 2? Welche Strategie wählt Spieler 1? Bestimmen Sie die Auszahlungen von Spieler 1 und Spieler 2. 2 Aufgabe 3 (20 Punkte) Die Bewohner von A-Dorf fristen ihr Dasein, indem sie sich bei einem von zwei Gutsherren verdingen. Eine andere Einkommensquelle gibt es nicht. Mit jedem Arbeiter, den ein Gutsherr einstellt, verdient dieser Gutsherr 120 Kreuzer. Für einen Arbeiter wird ein Lohn von w Kreuzern gezahlt. Wenn die beiden Gutsherren insgesamt l = l1 + l2 Arbeiter nachfragen, stellt sich auf dem Markt ein Lohn von w = l ein. a) Beide Gutsherren wählen gleichzeitig die gewinnmaximierende Menge an Arbeitern. Stellen Sie die Gewinnfunktionen der beiden Gustherren auf. Welche Arbeitsmengen fragen die beiden Gutsherren im Gleichgewicht nach? Wie hoch ist der Lohn im Gleichgewicht? Berechnen Sie! b) Einer der beiden Gutsherren ist Frühaufsteher. Er legt jeden Morgen als erster fest, wieviele Arbeiter er nachfragt. Diese Menge beobachtet der zweite Gutsherr wenig später und legt dann (gegeben die Menge des ersten Gutsherrn) seine optimale Menge an Arbeitern fest. Wieviele Arbeiter fragen der Frühaufsteher und der zweite Gutsherr nach? Was ist nun der Lohn im Gleichgewicht? Berechnen Sie! Im benachbarten B-Dorf befinden sich zwei weitere Gutshöfe. Auch hier verdient ein Gutsherr für jeden Arbeiter, den er einstellt, 120 Kreuzer. Im Unterschied zu A-Dorf bieten hier 120 Arbeiter zu jedem nicht-negativen Lohn ihre Arbeitskraft an. Wenn der Lohn negativ ist, bieten sie nichts an. Beide Gutsherren legen gleichzeitig den Lohn fest. Den Lohn von Gustherrn 1 nennen wir w1 , den Lohn von Gutsherrn 2 nennen wir w2 . Die Arbeiter arbeiten dort, wo sie den höchsten Lohn erhalten. Ist der Lohn gleich, arbeitet die eine Hälfte bei dem einen, die andere Hälfte bei dem anderen Gutsherrn. Bitte betrachten Sie nur die Situation in B-Dorf. c) Zeigen Sie, dass sich für einen Lohn von w1 = w2 = 120 ein Gleichgewicht einstellt. d) Nun treffen die beiden Gutsherren eine Vereinbarung. Jeder darf maximal 60 Arbeiter beschäftigen. Wie hoch ist jetzt der Lohn im Gleichgewicht? Begründen Sie kurz verbal. 3 Aufgabe 4 (20 Punkte) Die risikoneutrale Bundesregierung kauft Hubschrauber für das Technische Hilfswerk von der risikoneutralen Firma Koptereuro. Die Anzahl (h) der gekauften Hubschrauber ist variabel. Den Bewohnern Deutschlands ensteht ein Nutzen von U (h) = h durch den Einsatz von h Hubschraubern. Der Firma Koptereuro entstehen Kosten von c(h, θ) = θh2 , wobei der Kostenparameter θ ∈ { 81 , 14 } nur der Firma selbst bekannt ist. Die Bundesregierung kennt lediglich die Wahrscheinlichkeit p, 0 < p < 1, dass die Firma niedrige Kosten hat. Die Bundesregierung kann sich auf ein nicht nachverhandelbares, sogenanntes take-it-or-leave-it Angebot festlegen. Das Angebot besteht aus zwei Verträgen, aus denen Koptereuro auswählen kann. Jeder Vertrag i enthält eine Auftragsgröße hi und eine Zahlung ti . Nimmt die Firma keinen der Verträge an, so macht sie einen Gewinn von Π̄ = 0. a) Was ist die effiziente Auftragsgröße, falls Koptereuro niedrige (hohe) Kosten hat? b) Stellen Sie das Maximierungsproblem der Bundesregierung auf, die die Differenz aus dem Nutzen der Einwohner und der Zahlung an die Firma (h−t) maximiert. Welche Nebenbedingungen müssen im Optimum binden, welche können ignoriert werden? (Keine Begründung nötig!) c) Leiten Sie das optimale Angebot der Bundesregierung her. Gehen Sie davon aus, dass es eine innere Lösung gibt. Eine Prüfung auf Randlösungen ist nicht nötig! d) Nehmen Sie an, Koptereuro gehört jedem Einwohner Deutschlands zu gleichen Teilen, so dass die Bundesregierung im Interesse aller Einwohner den Nutzen der Einwohner minus die Zahlung an die Firma (h − t) plus den Gewinn von Koptereuro (t − θh2 ) maximiert. Zeigen Sie rechnerisch, wie das optimale Angebot in diesem Fall aussieht. 4