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Pressemitteilung
Ismaning, 21. April 2009
Konsolidierung im IT-Markt –
Oracle nutzt die „Chancen der Krise“
Oracle übernimmt Sun für 7,4 Mrd. US$
Der IT-Markt wird neu geordnet
Sowohl Hard- als auch Software Anbieter müssen
ihre Positionierung überdenken
Von Wolfgang Schwab, Senior Advisor & Program Manager Efficient
Infrastructure, Steve Janata, Channel Program Manager und Andreas
Zilch, Lead Advisor, Experton Group
Die Übernahme von Sun durch Oracle ist zwar ein überraschender, aber durchaus
nachvollziehbarer Schritt. Oracle ist damit der erste IT-Anbieter, der einen relativ
kompletten Hard- und Software-Stack anbieten kann, von der Hardware und dem
Betriebssystem über die Middleware bis zur Datenbank und Business Applikation.
Ebenfalls positiv ist der Umstand der geringen Portfolio-Überschneidungen beider
Firmen, daher kann davon ausgegangen werden, dass die technologische
Weiterentwicklung und damit Wettbewerbsfähigkeit auf den meisten Gebieten
gesichert ist.
Oracle zeigt mit diesem Schritt eine zukunftsgerichtete Aktivität, wo andere aktuell
nur über „die sich aus der Krise ergebenden Chancen“ reden. Die Integration
unterschiedlicher Produktsegmente - mit deutlich unterschiedlichen Business
Metriken und Margen - wird sicher nicht einfach. Eine gewisse kulturelle Nähe der
beiden Unternehmen ist aber gegeben und Oracle hat in der Vergangenheit
bewiesen, dass die Integration von Zukäufen zu den absoluten Stärken des
Unternehmens gehört.
Offen bleibt, wie Oracle das aktuell defizitäre Hardware Business von Sun profitabel
machen kann. Der Unix-Markt schrumpft, sodass nicht mit deutlichen
Umsatzsprüngen in Zukunft zu rechnen sein wird. Auf der Kostenseite hat Sun im
Jahr 2006 bereits 5000 Mitarbeiter entlassen und im November 2008 weitere 6000
Entlassungen bis November 2009 angekündigt. Ob dies ausreicht, um die Kosten
genügend zu senken, bleibt abzuwarten. Ebenfalls offen bleibt, ob durch einen
derartigen Stellenabbau die Produktentwicklung und damit das eigentliche Asset von
Sun negativ beeinflusst wird. Die bisherige Strategie von Oracle, Administrations-,
Marketing- und Vertriebsfunktionen einzugliedern und zu konsolidieren, hilft
sicherlich, ist aber schwieriger als bei den reinen Software-Akquisitionen.
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Im Folgenden werden die Auswirkungen auf die unterschiedlichen Stakeholder
analysiert und bewertet.
Die Software-Lösungen von Sun
Die Software-Lösungen von Sun lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien
gliedern:
Add-on zum Oracle Portfolio: Java, NetBeans, Glassfish, JavaFX,
OpenSolaris, Sun Virtual Box, OpenOffice
(teilweise) Überlappungen zum Oracle Portfolio: MySQL, Java Enterprise
Middleware, SeeBeyond
Oracle hat nicht den Ruf, Technologien einfach zur Seite zu legen. Deshalb ist auch
davon auszugehen, dass MySQL-Technologien in Oracles Datenbank einfließen
werden, aber zunächst als eigene Produktlinie weiter geführt werden. Längerfristig
muss abgewartet werden, wie sich das Geschäft mit MySQL entwickelt. Oracle ist
ein kommerzieller Anbieter und muss auch mit MySQL Geld verdienen, ansonsten
ist das Produkt für Oracle wenig attraktiv.
Das gleiche gilt auch für die anderen Software-Produkte. Bislang erwirtschaftete Sun
mit diesen lediglich unter 10% des gesamten Umsatzes. Dies wird sich unter Oracle
deutlich ändern müssen, sonst ist davon auszugehen, dass einzelne Produkte
auslaufen werden.
Eine besondere Rolle spielt in diesem Bereich Java. Java ist die Basis für sehr viele
Plattformen und wird von vielen Anwender-Unternehmen intern genutzt. Oracle wird
Java mit hoher Wahrscheinlichkeit „kommerzialisieren“, was durchaus auch positive
Aspekte hat.
Der Einfluss auf den Server-Markt und die Wettbewerber
Der zunächst vermutete Kauf von Sun durch IBM hätte den Server-Markt zutiefst
erschüttert, mit dem Kauf durch Oracle ergibt sich zunächst keine grundlegende
Neuordnung dieses Marktes. Gegenüber den bisherigen Technologie-Partnern wird
Oracle mit diesem Schritt allerdings immer mehr zum starken Wettbewerber, wobei
die einzelnen Player unterschiedlich stark betroffen sein werden:
IBM: Im Unix-Server-Umfeld ist IBM mit dem Power Chip und AIX sehr gut
positioniert und kann sich auch gegen Sparc/Solaris im Wettbewerb stellen.
Ein Bundle aus Server und Datenbank, wie Oracle es jetzt anbieten kann, hat
IBM mit Mainframes und Servern in Kombination mit DB2 schon lange.
Oracles Datenbank ist für manche Kunden jedoch heute attraktiver.
HP: War bislang neben Sun der stärkste Partner im Datenbank/ServerBereich für Oracle. Kurzfristig wird sich daran auch wenig ändern. Mittel- und
langfristig wird Oracle aber versuchen, die Sun-Plattform noch besser in
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einem Gesamtkontext zu positionieren, was HP nicht gefallen wird. Relativ
kurzfristig dürfte HP Gegenwind für die gemeinsam mit Oracle entwickelten
und vertriebenen Appliances „HP Oracle Database Machine“ und „HP Oracle
Exadata Storage Server“ spüren. Derartige Lösungen können zukünftig
inhouse entwickelt und vertrieben werden.
Fujitsu: Hier ist die Übernahme von Sun durch Oracle geradezu ein
Glücksfall, sofern sich Fujitsu in Zukunft im Unix-Server-Markt mit Solaris
weiter bewegen möchte. Bei einer Übernahme durch IBM und der zu
erwartenden Einstellung der Weiterentwicklung des Sparc-Prozessors wäre
Fujitsu die Technologiebasis in diesem Bereich entzogen worden. Mit der
Übernahme durch Oracle ist dies bis auf weiteres nicht zu befürchten.
Der Einfluss auf den Markt für Business Software und Datenbanken und die
Wettbewerber
Mit dem Kauf von Sun differenziert sich Oracle weiter stark von seinen wichtigsten
Wettbewerbern SAP auf der Business-Software-Seite und Microsoft und IBM auf der
Datenbank-Seite. Wiederum sind die einzelnen Wettbewerber unterschiedlich stark
betroffen:
SAP: Unterhält enge Partnerschaften mit allen großen Hardware-Anbietern,
so auch mit Sun. Um SAP-Kunden, die Sun-Server einsetzen, auch in
Zukunft optimal unterstützen zu können, wird SAP nicht umhin können, diese
Partnerschaft weiter zu führen. Das gleiche gilt auch für Oracle, da das Sun
Server Business ohne SAP-Kunden sicher deutlichen Schaden nehmen
dürfte, falls diese Partnerschaft gefährdet würde. Oracle hat mit der
Übernahme von Sun nun auch die Hand auf der Vermarktung von Java, der
Technologiebasis von SAPs Netweaver. Hier kann Oracle ein wenig Druck
auf den Konkurrenten im Business-Software-Bereich aufbauen. Gleichzeitig
laufen aber auch viele SAP-Installationen auf einer Oracle-Datenbank,
sodass auch hier durchaus gemeinsame Interessen vorliegen, die nicht ohne
weiteres geopfert werden können.
Microsoft: MS SQL setzt Oracle im Datenbank-Bereich insbesondere im LowEnd- und Midrange-Segment seit Jahren unter Druck und hat in diesem
Bereich deutlich Marktanteile gewonnen. Oracle kann nun zumindest im LowEnd-Segment mit einem optimierten Bundle aus x64-Server und MySQL
gegenhalten und so Microsoft unter erheblichen Druck setzen. Wie sich die
Kräfteverhältnisse in diesem Segment entwickeln, bleibt abzuwarten.
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Der Einfluss auf den Service-Markt
Für Service-Partner ist die neue Konstellation durchaus interessant, um sich
gegenüber IBM und HP/EDS zu positionieren. Oracle und Sun haben zwar auch ein
– vergleichbar kleines – Service Business, lassen ihren Partnern aber wesentlich
mehr Freiräume und Möglichkeiten. Dies dürften auch potenzielle neue Partner sehr
attraktiv finden.
Der Einfluss auf die Kunden
Kunden von Sun Sparc/Solaris können mit dieser Akquisition wieder aufatmen.
Zumindest für die nächsten Jahre dürfte damit sowohl die Weiterentwicklung von
Sparc als auch des Betriebssystems gesichert sein.
Anwender von Suns Software-Lösungen, die bislang keine Lizenzgebühren
bezahlen mussten und gewöhnt sind, lediglich einen Obolus für Services zu
entrichten, werden sich eher früher als später auf Lizenzgebühren einstellen
müssen.
Kunden von Oracle-Datenbanken und Business-Anwendungen können zukünftig
wahrscheinlich von Bundles aus Server-Hardware, Betriebssystem, Middleware und
Datenbank/Business-Applikation profitieren, die preislich sehr attraktiv gestaltet und
von der Performance her optimal getunt sein können. Das Risiko dabei besteht aus
dem Umstand, dass ein „kompletter Oracle Stack“ für die Anwender auch die Gefahr
eines Vendor Lock-In bedeutet.
Der Einfluss auf den Channel
Die Partner von Sun gelten als sehr loyal. Sie schätzen an Sun unter anderem die
für einen IT-Konzern geradezu „mittelständische“ Organisation mit kurzen Wegen
und Entscheidungen. Sun verfügt in Deutschland über eine breite Partnerbasis,
insbesondere
in
einzelnen
Branchen,
wie
zum
Beispiel
bei
Telekommunikationsunternehmen und Financial Services. Für bisherige Sun-Partner
gilt es jetzt allerdings zwei wichtige Punkte zu beachten:
Wie wird Oracle in Zukunft mit Produkten und Lösungen verfahren, die für Oracle
weniger von Interesse sind, beziehungsweise bei denen es zu Überschneidungen
kommt, wie zum Beispiel im Bereich der Middleware, auf deren Vertrieb sich
einzelne Sun-Partner spezialisiert haben?
Außerdem hat man es jetzt als zukünftiger Oracle-Partner mit einem Konzern zu tun,
der über einen kompletten Stack an Lösungen verfügt, vom Server über Datenbank
bis hin zu zahlreichen Business-Applikationen. Für viele Partner werden sich nun
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Situationen ergeben, in denen sie sich in direkter Konkurrenz zu ihrem zukünftigen
Partner wiederfinden werden.
Diese Tatsache birgt erhebliches Konflikt-Potenzial, aber natürlich auch Chancen,
denn das Portfolio und die Technologien, auf die man jetzt als Partner zurückgreifen
kann, sind ungleich größer und attraktiver als bisher.
Die Partner müssen also sehr genau prüfen und die Chancen und Risiken genau
abwägen.
Aus Sicht von Oracle wäre die Partnerlandschaft von Sun sicherlich eine
Bereicherung. Umso wichtiger erscheint es deshalb, in diesem Umfeld sehr
behutsam vorzugehen und möglichst wenig Porzellan zu zerschlagen.
Bottom Line und Ausblick
Insgesamt ist die Akquisition von Sun durch Oracle positiv zu bewerten. Aus SunKundensicht sind damit zunächst die Investitionen geschützt, aus Partnersicht
verbessert sich das Portfolio und damit die Wettbewerbsposition. Die Wettbewerber
sowohl im Bereich Business-Applikationen als auch im Server- und BetriebssystemUmfeld sind aufgerufen, sich aktiv dem neuen Mitstreiter zu stellen.
Über die Exekution dieser Übernahme muss man sich bei Oracle keine Sorgen
machen, zumal die Kulturen beider Unternehmen sehr ähnlich sind. Oracle hat einen
langen und extrem positiven Track Record in Bezug auf erfolgreiche Übernahmen
und deren Integration in den Gesamtkonzern.
Bilder und Biographien finden Sie unter folgenden Links:
http://www.experton-group.de/company/team/person/article/schwab-wolfgang.html
http://www.experton-group.de/company/team/person/article/janata-steve.html
http://www.experton-group.de/company/team/person/article/zilch-andreas.html
Ihre Presseansprechpartner:
Jürgen Brettel – Vorstandsvorsitzender, Experton Group AG
Kirsten van Laak – Pressereferentin, Experton Group AG
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