H.-W. Hammer Institut für Kernphysik Übungen zur Höheren Quantenmechanik (WS 2013/14) 2. Übung 29.10.2013 A.3: Kinematik Die meisten Streuexperimente werden im sogenannten Laborsystem (im folgenden mit LAB bezeichnet) durchgeführt: Ein Teilchenstrahl vorgegebener Energie wird auf ein ruhendes Ziel geschossen. Für die meisten Rechnungen ist es hingegen von Vorteil, im Schwerpunktsystem (im folgenden mit cms [center of mass system] bezeichnet) zu rechnen, d.h. in dem System, in dem die Summe der einlaufenden (und damit natürlich auch der auslaufenden) Impulse verschwindet. Selbstverständlich hängt die Physik nicht vom System ab, wohl aber die differentiellen Zählraten. Es ist daher wichtig, den Zusammenhang zwischen Laborsystem und Schwerpunktsystem zu verstehen. Ziel dieser Übung ist es, diesen Zusammenhang zu berechnen. Wir arbeiten in nichtrelativistischer Näherung: Der Zusammenhang zwischen den Systemen wird durch eine Galilei–Transformation hergestellt. (a) Begründen Sie das Transformationsgesetz für die differentiellen Wirkungsquerschnitte dσ dσ dΩLAB = dΩcms . (1) dΩ LAB dΩ cms R dσ Wie transformiert sich also der totale Wirkungsquerschnitt σtot = dΩ dΩ ? (b) Begründen Sie, dass gilt: dσ dσ d cos(θcms ) = . dΩ LAB dΩ cms d cos(θLAB ) (2) (c) Beweisen Sie, dass für den elastischen Stoß (kein Energieübertrag) gilt: γ + cos(θcms ) , cos(θLAB ) = p 1 + γ 2 + 2γ cos(θcms ) wobei γ = m1 /m2 , mit m1 (m2 ) als Masse des Strahlteilchens (Zielteilchens). Wie lautet also das Transformationsgesetz für die differentiellen Wirkungsquerschnitte? Hinweis: Es ist sinvoll, zunächst den Zusammenhang der Geschwindigkeiten in den beiden Systemen hinzuschreiben und sich die Definition der Winkel klar zu machen. (d) Diskutieren Sie die Fälle γ > 1 und γ < 1. Welche Raumwinkelelemente können für die verschiedenen Fälle im Schwerpunktsystem/Laborsystem erreicht werden? Hinweis: Es bietet sich (auch) an, diese Aufgabe graphisch zu lösen! A.4: Residuensatz (a) Wiederholen Sie den Residuensatz. (b) Berechnen Sie mit Hilfe des Residuensatzes das Integral Z +∞ i e−i s t θ (t) = ds , > 0, t 6= 0 . 2π −∞ s + i Unterscheiden Sie dabei die Fälle t > 0 und t < 0. Welche Funktion ist durch θ(t) = lim→0 θ (t) gegeben? (c) Berechnen Sie d θ (t) , dt indem Sie formal unter dem Integralzeichen differenzieren (θ (t) ist für t 6= 0 differenzierbar). Welche Funktion erhalten Sie im Limes → 0? Abgabe am 04.11.2013 H.2: Das zeitabhängige Zwei-Zustands-Problem Es gibt nur wenige quantenmechanische Probleme mit zeitabhängigen Potentialen, die exakt lösbar sind; für gewöhnlich müssen störungstheoretische Methoden verwendet werden. Hier betrachten wir eine Ausnahme: ein System mit zwei Zuständen, das einem sinusförmig-periodischen äußeren Potential ausgesetzt wird. Wir betrachten ein System mit zwei Energieniveaus E1 < E2 . Das zeitabhängige Potential verbinde beide gemäß V11 = V22 = 0 , V12 = γ eiωt , V21 = γ e−iωt , γ∈R. Zum Zeitpunkt t = 0 sei nur das niedrigere Niveau bevölkert, d.h. c1 (0) = 1, c2 (0) = 0, wobei die ck (t) = hk |ψW (t)i die aus der Vorlesung bekannten Entwicklungskoeffizienten sind. Zu lösen ist demnach das folgende System gekoppelter Differentialgleichungen: i ċk = 2 X Vkn (t) eiωkn t cn (k = 1, 2) , ωkn = Ek − En . (3) n=1 (a) Zeigen Sie zunächst, dass für alle t gilt: |c1 (t)|2 + |c2 (t)|2 = 1 (4) (b) Lösen Sie nun das System Gl. (3). Gehen Sie dabei wie folgt vor: – Durch erneutes Ableiten und Ausnutzung von Gl. (3) reduzieren Sie diese auf ungekoppelte Differentialgleichungen zweiter Ordnung für c1 (t) und c2 (t). (Da wir uns am Ende nur für |ci (t)|2 interessieren werden, genügt es wegen Gl. (4), nur eine der Gleichungen weiter zu behandeln.) – Verwenden Sie einen Ansatz c1 (t) = eiΩt zur Lösung dieser Differentialgleichung und bestimmen Sie die möglichen Ω. – Bestimmen Sie die richtige Linearkombination der Lösungen aus den Anfangsbedingungen. – Berechnen Sie zuletzt die Betragsquadrate |ci (t)|2 . Ergebnis: r 2 (ω − ω ) γ2 21 2 2 sin γ2 + t . (5) |c2 (t)| = 2 γ + (ω − ω21 )2 /4 4 (c) Skizzieren und diskutieren Sie die Zeitabhängigkeit von |c1 (t)|2 und |c2 (t)|2 für ω = ω21 und für ω 6= ω21 . Skizzieren Sie die Abhängigkeit der Amplitude |c2 |2max von ω. (d) Lösen Sie nun dasselbe Problem in zeitabhängiger Störungstheorie zu niedrigster nicht-verschwindender Ordnung. Vergleichen Sie die beiden Resultate – für ω sehr verschieden von ω21 ; – für ω ≈ ω21 .