02/2017 - Landesbetrieb Forst Brandenburg

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Forst
Aktuelle Waldschutzsituation
Information der Hauptstelle für Waldschutz
Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
Fachbereich Waldschutz und Wildökologie
Ausgabe 02/2017 vom 24.03.2017
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 02 vom 24.03.2017
Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
Situationsbericht
zum Auftreten der Dothistroma-Nadelbräune
(Dothistroma septosporum) im Land Brandenburg
Erstmaliges Vorkommen der Dothistroma-Nadelbräune (Dothistroma septosporum) im Nordostdeutschen Tiefland
Im Jahr 2015 wurden in einem brandenburgischen Arboretum auffällige Verfärbungen an
vorjährigen Nadeln von Jeffrey-Kiefer (Pinus
jeffreyi) und Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa) beobachtet. Die Krankheit begann im unteren und
mittleren Kronenbereich (Abb. 1). Wiederholt
trat eine ziegelrote Nadelbänderung auf, welche
charakteristisch für die Dothistroma-Nadelbräune (Dothistroma septosporum) ist und zu der Be-
zeichnung „Rote-Bänder-Krankheit“ („Red band
needle blight“) geführt hat (Abb. 2). Betroffen waren jüngere Bäume in einem Geländeabschnitt
mit anhaltend hoher Luftfeuchtigkeit. Bei intensiveren Nachforschungen konnten die Symptome
später auch an Höcker-Kiefer (Pinus attenuata)
und Japanischer Schwarz-Kiefer (Pinus thunbergii) festgestellt werden (FUCHS, 2016).
Abb. 1: Symptome der Dothistroma-Nadelbräune an Pinus ponderosa (Foto: P. Heydeck)
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Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde
Abb. 2: Rote Nadelbänderung an Pinus jeffreyi (Foto: P. Heydeck)
Identifizierung des Krankheitserregers
Zur Bestimmung von Dothistroma septosporum
wurden zunächst morphologische Merkmale
herangezogen. Bereits unter dem Auflichtmikroskop waren an infizierten Nadeln die dunkelrotschwarz gefärbten ungeschlechtlichen Fruchtkörper (Conidiomata) des Pilzes gut zu erkennen
(Abb. 3). Bei mikroskopischen Untersuchungen
im Durchlicht bestätigte sich der Verdacht auf
die Dothistroma-Nadelbräune. Zur Absicherung
des Befundes wurde danach eine molekularge-
netische Analyse veranlasst. In Deutschland ist
die Dothistroma-Nadelbräune seit 1983 bekannt.
Seitdem gibt es Nachweise vor allem in Bayern
und Baden-Württemberg, vereinzelt auch in
Schleswig-Holstein und Hamburg. Meist wurde
der Erreger in Gärten und Parkanlagen gefunden – nur selten in Waldbeständen. Nun konnte
der Pilz auch im Nordostdeutschen Tiefland festgestellt werden (HEYDECK et al., 2017).
Abb. 3: Konidienlager an einer Nadel von
Pinus ponderosa (Foto: P. Heydeck)
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Gesetzliche Meldepflicht
Dothistroma septosporum ist ein Quarantäneschadorganismus der Pflanzenbeschauverordnung (PBVO) und im Anhang II Teil A Kapitel II
der Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai
2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung
von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse unter der Bezeichnung „Scirrhia
pini Funk et Parker“ gelistet. Er gehört damit zu
den Schadorganismen, deren Auftreten in der
Gemeinschaft festgestellt wurde und die für das
gesamte Gemeinschaftsgebiet von Belang sind.
Pflanzen zum Anpflanzen, außer Samen, müssen frei von diesem Erreger sein und dürfen
nur innerhalb der EU verbracht werden, wenn
durch amtliche Feststellung nachgewiesen wurde, dass weder am Ort der Erzeugung noch in
unmittelbarer Umgebung seit Beginn der letzten abgeschlossenen Vegetationsperiode Anzeichen von Scirrhia pini aufgetreten sind (vgl.
PFANNENSTILL, 2016).
Der Krankheitserreger unterliegt in Deutschland
gemäß § 59 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG)
sowie § 1a Pflanzenbeschauverordnung der
gesetzlichen Meldepflicht. Vor einigen Jahren
wurde anhand von molekulargenetischen Analysen eine besonders an Schwarz-Kiefer vorkommende Variante des Pilzes als eigene Spezies
(Dothistroma pini) von Dothistroma septosporum abgetrennt (BARNES et al., 2004). Während D. septosporum weltweit verbreitet ist, beschränkt sich das Vorkommen von D. pini derzeit
auf einige Gebiete in Nordamerika (USA) sowie
auf relativ wenige Fundorte in Russland bzw. Europa. Beide Arten sind als Erreger der Dothistroma-Nadelbräune bekannt. Dothistroma pini wird
gegenwärtig von der European and Mediterranean Plant Protection Organization (EPPO) nicht
als Quarantäneschadorganismus eingestuft.
Der Nachweis von Dothistroma septosporum
wurde umgehend an die für Quarantäneschadorganismen zuständige Behörde – der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg am
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) in Frankfurt
(Oder) – gemeldet. Von dort ging eine Mitteilung an die oberste Quarantäne-Behörde (Julius Kühn-Institut), die den Quarantänefall an die
Pflanzenschutzorganisation für Europa und den
Mittelmeerraum (EPPO) weiterleitete.
Lebensweise und wirtschaftliche Bedeutung von Dothistroma septosporum
Der weltweit verbreitete Nadelparasit ist wissenschaftlich sehr gut erforscht. Er konnte bisher als Krankheitserreger an mehr als 80 Arten
und Unterarten der Gattung Pinus nachgewiesen werden (EFSA, 2013; OEPP/EPPO, 2015).
Daneben vermag der Pilz unter günstigen klimatischen Bedingungen und bei hohem Infektionsdruck weitere Koniferen zu infizieren, so Picea
abies (Gemeine Fichte), P. omorika (OmorikaFichte), P. pungens (Stech-Fichte), P. sitchensis
(Sitka-Fichte), P. schrenkiana (Schrenk-Fichte),
Larix decidua (Europäische Lärche) und Pseudotsuga menziesii (Douglasie). DRENKHAN et
al. (2014) fanden D. septosporum erstmalig an
Tannen-Arten, darunter Abies concolor (Kolorado-Tanne) und A. alba (Weiß-Tanne). Die Dothistroma-Funde in Süddeutschland beziehen sich
überwiegend auf Schwarz-Kiefer (Pinus nigra),
Berg-Kiefer (P. mugo), Gemeine Kiefer (P. sylvestris), Weymouth-Kiefer (P. strobus), Gelb-Kiefer
(P. ponderosa) und Dreh-Kiefer (P. contorta) –
vgl. DELB et al. (2016). Darüber hinaus konnte
der Krankheitserreger dort wiederholt an verschiedenen Fichten-Arten (Picea abies, P. pungens, P. omorika) diagnostiziert werden (LANG,
1987; BLASCHKE und NANNIG, 2007; SCHUMACHER, 2014).
Früher wurde über wirtschaftlich bedeutungsvolle
Pflanzenausfälle in Verbindung mit Dothistroma septosporum hauptsächlich aus wärmeren
Klimabereichen berichtet. Auf der Südhalbkugel
zählt der Pilz zu den gefährlichsten Krankheitserregern an Kiefern. Die größte Schadwirkung
entfaltete er in Gebieten, wo er eingeschleppt
worden war bzw. auf Wirtsbaumarten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes
traf. In Neuseeland wurden Pflanzungen von
Monterey-Kiefer (Pinus radiata) zur Abwehr
der Dothistroma-Nadelbräune sogar vom Flugzeug aus mit kupferhaltigen Fungiziden behandelt (BRADSHAW, 2004; SINCLAIR und LYON,
2005).
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Seit einigen Jahren ist jedoch in weiten Teilen
der Welt eine Intensivierung des Befalls verschiedener Kiefern-Arten in den natürlichen Verbreitungsgebieten zu beobachten (vgl. KIRISITS
und CECH, 2006). Spätestens seit dem Jahr
2000 wird in Europa eine deutliche Zunahme
des Auftretens von Dothistroma septosporum
registriert. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Pilz als wärmeliebend gilt
(ANGST, 2015). Offenbar wird die Ausbreitung
des Krankheitserregers durch veränderte klimatische Bedingungen stimuliert (vgl. WOODS et
al., 2005; WELSH et al., 2014).
Die Infektion beginnt im April und erstreckt sich
bis zum Oktober (KIRISITS und CECH, 2006).
Dabei werden Konidiosporen mit dem Wind über
Regentropfen und feuchte Luft übertragen. Der
Pilz infiziert zuerst die älteren Nadeljahrgänge
(ANGST, 2015). Die Krankheit beginnt im bodennahen Bereich und dehnt sich auf den mittleren
Kronenraum aus. Bei starkem Befallsdruck kann
die gesamte Krone betroffen sein.
Einige Wochen nach der Infektion beobachtet
man auf den Nadeln gelbe bis hellgrüne Flecken.
In Abhängigkeit von der Baumart kommt es anschließend zur Ausbildung charakteristischer ziegelroter Bänder, auf denen sich die Konidienlager
von Dothistroma septosporum entwickeln. Anzumerken ist, dass die ziegelrote Nadelbänderung
durch ein möglicherweise kanzerogen wirkendes
Stoffwechselprodukt des Pilzes („Dothistromin“)
hervorgerufen wird (BRADSHAW, 2004). Über
eine unmittelbare Gefährdung von Mensch und
Tier durch den Kontakt mit infizierten Nadeln ist
bisher jedoch kaum etwas bekannt.
Risikopotenzial für Waldbestände im Nordostdeutschen Tiefland
Aus dem Vorkommen der Dothistroma-Nadelbräune resultieren ernst zu nehmende forstwirtschaftliche Risiken. Der Krankheitserreger kann
in Mitteleuropa besonders an der Schwarz-Kiefer (Pinus nigra) umfangreiche Schäden hervorrufen. Im Fokus stehen außerdem die Berg-Kiefer (P. mugo) und die Weymouth-Kiefer (Pinus
strobus). Die Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris)
– in Brandenburg gegenwärtig noch mit mehr als
70 % an der Waldfläche beteiligt – wurde bislang
als weniger empfindlich eingestuft.
Meist wird bei einem festgestellten Vorkommen
des Quarantäneschadpilzes durch die Pflanzenschutzbehörden die rasche Tilgung und sichere
Entsorgung der erkrankten Bäume angeordnet.
Um einer Verbreitung des Krankheitserregers
mit infiziertem Pflanzenmaterial vorzubeugen,
sind verstärkte Kontrollen in den Baumschulen
erforderlich. Darüber hinaus ist höchste Aufmerksamkeit in öffentlichen Grünbereichen geboten.
Häufig findet man dort Pflanzungen mit hoch
anfälligen ausländischen Koniferen. Bei einer
2016 in Brandenburg durchgeführten Inspektion
ausgewählter Waldbestände (Pinus nigra) wurde
kein Befall festgestellt.
Das Vorkommen von Dothistroma septosporum
muss angesichts der aktuellen Klimaveränderungen auch weiterhin sorgfältig analysiert werden. Verdachtsfälle sind umgehend abzuklären.
Zwischenzeitlich konnte der Pilz auch im Freistaat
Sachsen (an Pinus jeffreyi) erstmalig diagnostiziert werden.
Bearbeiter: DR. PAUL HEYDECK
CHRISTINE DAHMS
Hinweis: Das Literaturverzeichnis kann bei den Bearbeitern angefordert werden.
Titelbild: Nadelschäden an Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa), verursacht durch Dothistroma
septosporum (Foto: Paul Heydeck)
Satz & Layout: Andreas Neumann, LFB, PÖA, Alt Ruppin
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