KOMMUTATIVE ALGEBRA Burkhard Külshammer Universität Jena

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KOMMUTATIVE ALGEBRA
Burkhard Külshammer
Universität Jena, WS 2015/16
Inhaltsverzeichnis
0.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
Geordnete Mengen und topologische Räume
Ringe
Moduln
Algebren
Primideale
Maximale Ideale
Kettenbedingungen
Spektrum und Zariski-Topologie
Quotientenringe und Quotientenmoduln
Lokalisierung
Primärzerlegungen
Artinsche Ringe
Die Krulldimension
Ganze Ringerweiterungen
Reguläre lokale Ringe
Die projektive Dimension
Die globale Dimension
Faktorielle Ringe
Noethers Normalisierungssatz und Hilberts Nullstellensatz
Literatur
Internet
0. Geordnete Mengen und topologische Räume
Eine (partielle) Ordnung auf einer Menge P ist eine Relation ≤ auf P mit folgenden
Eigenschaften:
• (Reflexivität) a ≤ a für alle a ∈ P ;
• (Antisymmetrie) a ≤ b ∧ b ≤ a =⇒ a = b;
• (Transitivität) a ≤ b ∧ b ≤ c =⇒ a ≤ c.
Ggf. nennt man das Paar (P, ≤) eine geordnete Menge. Ist ≤ aus dem Zusammenhang
klar, so sagt man auch: P ist eine geordnete Menge. Auf jeder Teilmenge Q ⊆ P induziert
≤ wieder eine Ordnung; so wird Q zu einer geordneten Teilmenge von P .
Elemente x, y einer geordneten Menge P mit x ≤ y oder y ≤ x heißen vergleichbar.
Sind je zwei Elemente in P vergleichbar, so spricht man von einer totalen Ordnung; man
nennt (P, ≤) dann auch eine Kette.
1
Ist Q eine Teilmenge einer geordneten Menge P , so heißt ein s ∈ P mit q ≤ s für alle
q ∈ Q eine obere Schranke von Q in P . (Analog definiert man untere Schranken.)
I.a. hat nicht jede Teilmenge von P eine obere Schranke, und i.a. gibt es Teilmengen von
P mit mehreren oberen Schranken.
Ein Element m ∈ P heißt maximal, falls kein p ∈ P mit m < p existiert. (Analog
definiert man minimale Elemente in P .) Wir werden verwenden:
Zorns Lemma. Sei (P, ≤) eine nichtleere geordnete Menge. Hat jede total geordnete
Teilmenge von P eine obere Schranke in P , so enthält P ein maximales Element.
Bekanntlich ist Zorns Lemma zum Auswahlaxiom der Mengenlehre äquivalent.
0.0 Satz. Für jede geordnete Menge (P, ≤) sind äquivalent:
(1) (Maximalbedingung) Jede nichtleere Teilmenge von P enthält ein maximales Element.
(2) (Aufsteigende-Ketten-Bedingung) Zu jeder aufsteigenden Kette p1 ≤ p2 ≤ p3 ≤
. . . von Elementen in P existiert ein k ∈ N mit pk = pk+1 = . . ..
Beweis. (1) =⇒ (2): Sei (1) erfüllt und p1 ≤ p2 ≤ p3 . . . eine aufsteigende Kette von
Elementen in P . Dann existiert in der Menge {p1 , p2 , p3 , . . .} ein maximales Element pk .
Folglich gilt: pk = pk+1 = . . ..
(2) =⇒ (1): Sei (2) erfüllt und ∅ =
6 Q ⊆ P . Wähle p1 ∈ Q. Ist p1 maximal, so sind wir
fertig. Andernfalls existiert ein p2 ∈ Q mit p1 < p2 . Ist p2 maximal, so sind wir fertig.
Andernfalls existiert ein p3 ∈ Q mit p1 < p2 < p3 . So fahren wir fort. Wegen (2) geht das
nicht ewig.
Analog ist die Minimalbedingung zur Absteigende-Ketten-Bedingung äquivalent.
Eine Topologie auf einer Menge M ist eine Menge T von Teilmengen von M mit
folgenden Eigenschaften:
• ∅, M ∈ T; S
• U ⊆ T =⇒ U ∈U U ∈ T;
• U1 , . . . , Un ∈ T =⇒ U1 ∩ . . . ∩ Un ∈ T.
Das bedeutet, dass T gegenüber endlichen Durchschnitten und beliebigen Vereinigungen
abgeschlossen ist. Das Paar (M, T) heißt dann topologischer Raum. Ist T aus dem
Zusammenhang klar, so sagt man auch kurz: M ist ein topologischer Raum. Ggf. heißen
die Elemente in T die offenen Teilmengen von M .
Eine Teilmenge A ⊆ M mit M \ A ∈ T heißt abgeschlossen in M (bzgl. T). Dann
gilt:
• ∅, M sind abgeschlossen in M ;
T
• Für jede (nichtleere) Menge A abgeschlossener Teilmengen von M ist auch A∈A A
abgeschlossen in M ;
• Für abgeschlossene Teilmengen A1 , . . . An von M ist auch A1 ∪ . . . ∪ An abgeschlossen
in M .
2
Für eine beliebige Teilmenge N ⊆ M ist der Durchschnitt N aller abgeschlossenen Teilmengen von M , die N enthalten, eine abgeschlossene Teilmenge von M ; diese heißt Abschluss
von N in M (bzgl. T). Im Fall N = M heißt N dicht in M .
Für jeden topologischen Raum (M, T) und jede Teilmenge N ⊆ M ist
U := {T ∩ N : T ∈ T}
eine Topologie auf N , die von T induzierte Topologie; ggf. heißt (N, U) topologischer
Unterraum von (M, T). Also ist eine Teilmenge B von N genau dann abgeschlossen in
N , wenn eine abgeschlossene Teilmenge A von M mit B = A ∩ N existiert.
Eine Abbildung f : M −→ M ′ zwischen topologischen Räumen (M, T), (M ′ , T′ ) mit
f −1 (U ′ ) ∈ T für alle U ′ ∈ T′ heißt stetig. Das bedeutet, dass Urbilder offener Mengen
wieder offen sind. Dazu ist äquivalent, dass die Urbilder abgeschlossener Mengen wieder
abgeschlossen sind.
Für jeden topologischen Unterraum N von M ist offenbar die Inklusionsabbildung
i : N −→ M stetig.
Ist in der obigen Situation f bijektiv und sind f, f −1 beide stetig, so heißt f Homöomorphismus. Ggf. gilt für jede Teilmenge X ⊆ M : X ∈ T ⇐⇒ f (X) ∈ T′ . Existiert ein
Homöomorphismus f : M −→ M ′ zwischen topologischen Räumen M, M ′ , so nennt man
M und M ′ homöomorph und schreibt: M ∼ M ′ . Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation.
Sei wieder (M, T) ein topologischer Raum. Eine Teilmenge B ⊆ T heißt Basis von
T, wenn sich jedes T ∈ T als Vereinigung von Elementen in B schreiben lässt. Sei jetzt
(N, U) auch ein topologischer Raum. Eine Abbildung f : N −→ M ist genau dann stetig,
wenn f −1 (B) ∈ U für alle B ∈ B gilt.
Ein topologischer
Raum (M, T) heißt quasikompakt, falls zu jeder Teilmenge S ⊆ T
S
mit M = S∈S S Elemente S1 , . . . , Sn ∈ S mit M = S1 ∪. . .∪Sn existieren. Das bedeutet,
dass jede offene Überdeckung von M eine endliche Teilüberdeckung hat. Man zeigt leicht,
dass jede abgeschlossene Teilmenge eines quasikompakten topologischen Raums wieder
quasikompakt (bzgl. der induzierten Topologie) ist.
Ein topologischer Raum (M, T) heißt T0 -Raum, wenn für alle x, y ∈ M mit x 6= y
gilt: {x} 6= {y}. Man nennt (M, T) einen T1 -Raum, wenn für alle x, y ∈ M mit x 6= y gilt:
∃U, V ∈ T : x ∈ U \ V, y ∈ V \ U . Man nennt (M, T) einen T2 -Raum (Hausdorff-Raum),
wenn für alle x, y ∈ M mit x 6= y gilt: ∃U, V ∈ T : x ∈ U, y ∈ V, U ∩ V = ∅. Man zeigt
leicht, dass jeder T1 -Raum ein T0 -Raum und dass jeder T2 -Raum ein T1 -Raum ist.
Ein topologischer Raum (M, T) mit M 6= ∅ heißt zusammenhängend, falls keine
echten abgeschlossenen Teilmengen M1 , M2 von M mit M = M1 ∪ M2 und M1 ∩ M2 = ∅
existieren. Er heißt irreduzibel, falls keine echten abgeschlossenen Teilmengen M1 , M2
von M mit M = M1 ∪ M2 existieren. Offenbar sind einelementige topologische Räume
stets irreduzibel. Ferner ist jeder irreduzible topologische Raum auch zusammenhängend;
die Umkehrung gilt i.a. nicht.
0.1 Satz. Für einen nichtleeren topologischen Raum (M, T) sind äquivalent:
(1) M ist irreduzibel;
(2) U, U ′ ∈ T ∧ U 6= ∅ 6= U ′ =⇒ U ∩ U ′ 6= ∅;
(3) ∅ 6= U ∈ T =⇒ U = M .
3
Beweis. (1) =⇒ (2): Sei M irreduzibel, und seien U, U ′ ∈ T mit U ∩ U ′ = ∅. Dann
ist M = M \ ∅ = M \ (U ∩ U ′ ) = (M \ U ) ∪ (M \ U ′ ) mit abgeschlossenen Teilmengen
M \ U, M \ U ′ von M . Also ist M \ U = M oder M \ U ′ = M , d.h. U = ∅ oder U ′ = ∅.
(2) =⇒ (3): Sei (2) erfüllt und U ∈ T mit U 6= M . Dann ist M \U ∈ T mit U ∩(M \U ) = ∅.
Wegen (2) und M \ U 6= ∅ folgt U = ∅.
(3) =⇒ (1): Sei (3) erfüllt und M = M1 ∪ M2 mit abgeschlossenen Teilmengen M1 , M2
von M . Dabei sei M1 6= M , d.h. ∅ 6= M \ M1 ∈ T. Wegen (3) ist dann M \ M1 = M .
Wegen M \ M1 ⊆ M2 ist also auch M = M \ M1 ⊆ M2 , d.h. M = M2 .
Die Eigenschaft (3) besagt, dass jede nichtleere offene Teilmenge von M dicht ist.
Eine Teilmenge N eines topologischen Raums M heißt irreduzibel, wenn sie als topologischer Raum mit der induzierten Topologie irreduzibel ist.
0.2 Satz. Für topologische Räume M, N und stetige Abbildungen f : M −→ N gilt: M
irreduzibel =⇒ f (M ) irreduzibel.
Beweis. Sei f (M ) = B1 ∪ B2 mit abgeschlossenen Teilmengen B1 , B2 von f (M ). Für
i = 1, 2 existiert dann eine abgeschlossene Teilmenge Ai von N mit Bi = Ai ∩ f (M ).
Also ist M = f −1 (f (M )) = f −1 (B1 ∪ B2 ) = f −1 (A1 ∪ A2 ) = f −1 (A1 ) ∪ f −1 (A2 ) mit
abgeschlossenen Teilmengen f −1 (A1 ), f −1 (A2 ) von M . Ist M irreduzibel, so existiert ein
i ∈ {1, 2} mit M = f −1 (Ai ). Daher ist f (M ) ⊆ Ai ∩ f (M ) = Bi , d.h. f (M ) = Bi .
0.3 Satz. Eine Teilmenge N eines topologischen Raums M ist genau dann irreduzibel,
wenn ihr Abschluss N in M irreduzibel ist.
Beweis. “=⇒”: Sei N = M1 ∪ M2 mit abgeschlossenen Teilmengen M1 , M2 von N . Dann
ist N = (M1 ∩ N ) ∪ (M2 ∩ N ) mit abgeschlossenen Teilmengen M1 ∩ N, M2 ∩ N von N .
Ist N irreduzibel, so folgt: N = Mi ∩ N ⊆ Mi für ein i ∈ {1, 2}. Also ist N ⊆ Mi , d.h.
Mi = N .
“⇐=”: Sei N = N1 ∪ N2 mit abgeschlossenen Teilmengen N1 , N2 von N . Für i = 1, 2
existiert dann eine abgeschlossene Teilmenge Mi von M mit Ni = Mi ∩ N . Also ist
N = N1 ∪ N2 ⊆ M1 ∪ M2 . Da M1 ∪ M2 abgeschlossen in M ist, folgt N ⊆ M1 ∪ M2 , d.h.
N = (M1 ∩ N ) ∪ (M2 ∩ N ) mit abgeschlossenen Teilmengen M1 ∩ N , M2 ∩ N von N . Ist
N irreduzibel, so folgt N = Mi ∩ N ⊆ Mi für ein i ∈ {1, 2}. Daher ist N ⊆ Mi ∩ N = Ni ,
d.h. N = Ni .
0.4 Satz. Jede irreduzible Teilmenge N eines topologischen Raums M ist in einer maximalen irreduziblen Teilmenge von M enthalten.
Beweis. Die Menge X aller irreduziblen Teilmengen von M , die N enthalten, ist nichtleer
und durch
“⊆” geordnet. Sei Y eine nichtleere total geordnete Teilmenge von X. Dann ist
S
N ⊆ Y ∈Y Y =: S. Wir zeigen, dass S irreduzibel ist. Dazu seien U, U ′ nichtleere offene
Teilmengen von S. Wir wählen u ∈ U und u′ ∈ U ′ . Wegen u, u′ ∈ S existieren Y, Y ′ ∈ Y
mit u ∈ Y und u′ ∈ Y ′ . Dabei sei o.B.d.A. Y ′ ⊆ Y , also u, u′ ∈ Y . Dann sind U ∩ Y
4
und U ′ ∩ Y nichtleere offene Teilmengen von Y . Da Y irreduzibel ist, folgt mit Satz 0.1:
U ∩ U ′ ∩ Y 6= ∅; insbesondere ist U ∩ U ′ 6= ∅.
Dies zeigt, dass S irreduzibel ist. Also ist S eine obere Schranke von Y in X. Mit Zorns
Lemma folgt, dass X maximale Elemente (bzgl. ⊆) enthält. Das bedeutet, dass N in einer
maximalen irreduziblen Teilmenge von M enthalten ist.
Die maximalen irreduziblen Teilmengen eines topologischen Raums M heißen irreduzible
Komponenten von M . Aus Satz 0.3 folgt, dass die irreduziblen Komponenten von M
stets abgeschlossene Teilmengen von M mit Vereinigung M sind.
Ein topologischer Raum M heißt noethersch, wenn er die Minimalbedingung für
abgeschlossene Teilmengen erfüllt. Das bedeutet, dass jede nichtleere Menge abgeschlossener Teilmengen von M ein minimales Element enthält. Dies ist genau dann der Fall,
wenn M die Absteigende-Ketten-Bedingung für abgeschlossene Teilmengen erfüllt.
Das bedeutet, dass zu jeder Kette A1 ⊇ A2 ⊇ A3 ⊇ . . . abgeschlossener Teilmengen von
M ein i ∈ N mit Ai = Ai+1 = . . . existiert. Natürlich ist die Minimalbedingung (bzw.
die Absteigende-Ketten-Bedingung) für abgeschlossene Teilmengen äquivalent zur Maximalbedingung (bzw. zur Aufsteigende-Ketten-Bedingung) für offene Teilmengen.
0.5 Satz. Für jeden noetherschen topologischen Raum M gilt:
(i) Jeder topologische Unterraum N von M ist noethersch.
(ii) M ist quasikompakt.
(iii) M hat nur endlich viele irreduzible Komponenten M1 , . . . Mn .
Beweis. (i) Sei B1 ⊇ B2 ⊇ B3 ⊇ . . . eine Kette abgeschlossener Teilmengen von N . Für
i ∈ N existiert dann eine abgeschlossene Teilmenge Ai von M mit Bi = Ai ∩ N . Dann ist
A1 ⊇ A1 ∩ A2 ⊇ A1 ∩ A2 ∩ A3 ⊇ . . . eine Kette abgeschlossener Teilmengen von M . Da
M noethersch ist, existiert ein i ∈ N mit A1 ∩ . . . ∩ Ai = A1 ∩ . . . ∩ Ai ∩ Ai+1 = . . .. Der
Durchschnitt mit N ergibt Bi = Bi+1 = . . . .
T
(ii) Sei U eine offene Überdeckung von M . Dann ist ∅ = U ∈U M \ U mit abgeschlossenen
Teilmengen M \ U von M . Da M noethersch ist, enthält die Menge A der Durchschnitte
von endlich vielen der Mengen M \ U mit U ∈ U ein minimales Element Z. Offensichtlich
ist Z = ∅. Also ist M eine endliche Vereinigung von Mengen in U.
(iii) Sei A die Menge aller abgeschlossenen Teilmengen von M mit unendlich vielen irreduziblen Komponenten. Wir nehmen A 6= ∅ an. Da M noethersch ist, enthält A ein minimales
Element Z. Dann ist Z nicht irreduzibel, also Z = Z1 ∪ Z2 mit echten abgeschlossenen
Teilmengen Z1 , Z2 von Z. Dabei sind Z1 , Z2 auch abgeschlossen in M . Nach Wahl von
Z haben Z1 , Z2 nur endlich viele irreduzible Komponenten. Daher sind Z1 , Z2 , Z jeweils
Vereinigungen endlich vieler irreduzibler Teilmengen. Daher ist Z eine Vereinigung endlich
vieler irreduzibler Komponenten K1 , . . . , Kn .
Ist jetzt K eine beliebige irreduzible Komponente von Z, so ist K = (K∩K1 )∪. . .∪(K∩Kn )
mit abgeschlossenen Teilmengen K ∩ K1 , . . . , K ∩ Kn . Da K irreduzibel ist, existiert ein
i ∈ {1, . . . , n} mit K = K ∩ Ki ⊆ Ki , d.h. K = Ki . Dies zeigt, dass K1 , . . . , Kn die
einzigen irreduziblen Komponenten von Z sind.
S
Bemerkung. Der Beweis zeigt, dass auch Mi 6⊆ j6=i Mj für i = 1, . . . , n gilt.
5
0.6 Satz. Eine offene Teilmenge U eines nichtleeren noetherschen topologischen Raums
M ist genau dann dicht in M , wenn sie jede irreduzible Komponente von M schneidet.
Beweis. Sei M ein nichtleerer noetherscher topologischer Raum mit irreduziblen Komponenten M1 , . . . , Mn .
“=⇒”: Sei U eine offene dichte Teilmenge von M . Im Fall U ∩ M1 = ∅ wäre U ⊆
M2 ∪ . . . ∪ Mn , also auch M1 ⊆ M = U ⊆ M2 ∪ . . . ∪ Mn . Dies steht im Widerspruch zu
der obigen Bemerkung.
“⇐=”: Sei U eine offene Teilmenge von M mit U ∩Mi 6= ∅ für i = 1, . . . , n. Für i = 1, . . . , n
ist dann U ∩ Mi abgeschlossen in Mi und U ∩ Mi ⊆ U ∩ Mi . Da U ∩ Mi offen und nach
Satz 0.1 dicht in Mi ist, folgt Mi = U ∩ Mi ⊆ U . Also ist M = M1 ∪ . . . ∪ Mn ⊆ U , d.h.
U = M.
Die Krulldimension Dim(M ) eines topologischen Raums M ist definiert als das Supremum der Längen n aller Ketten M0 ⊂ M1 ⊂ . . . ⊂ Mn irreduzibler abgeschlossener Teilmengen M0 , . . . , Mn von M . Der Fall Dim(M ) = ∞ ist möglich, auch wenn M noethersch
ist.
0.7 Satz. Für jeden topologischen Raum M ist Dim(M ) das Supremum der Krulldimensionen der irreduziblen Komponenten von M .
Beweis. Jede Kette B0 ⊂ B1 ⊂ . . . ⊂ Bn irreduzibler abgeschlossener Teilmengen einer
irreduziblen Komponente K von M ist auch eine Kette irreduzibler abgeschlossener Teilmengen von M . Daher ist n ≤ Dim(M ). Folglich ist auch Dim(K) ≤ Dim(M ).
Ist umgekehrt A0 ⊂ A1 ⊂ . . . ⊂ Am eine Kette irreduzibler abgeschlossener Teilmengen
von M , so existiert eine irreduzible Komponente C von M mit Am ⊆ C. Daher ist
A0 ⊂ A1 ⊂ . . . ⊂ Am auch eine Kette irreduzibler abgeschlossener Teilmengen von C;
insbesondere ist m ≤ Dim(C) ≤ sup{Dim(K) : K irreduzible Komponente von M }, und
die Behauptung folgt.
1. Ringe
In dieser Vorlesung sind Ringe stets kommutativ, assoziativ und unitär, d.h. sie haben
ein Einselement 1. Der Nullring {0} =: 0 ist zugelassen, aber nicht sehr aufregend.
Wichtige Beispiele für uns sind die Polynomringe Z[X1 , . . . , Xn ] und K[X1 , . . . , Xn ] für
einen Körper K sowie Ringe, die sich leicht daraus konstruieren lassen. Ziel der Vorlesung
ist u.a., Grundlagen für die Algebraische Geometrie und die Algebraische Zahlentheorie
bereitzustellen. Für Ringe R1 , . . . , Rn ist auch ihr direktes Produkt
R1 × · · · × Rn = {(r1 , . . . , rn ) : r1 ∈ R1 , . . . , rn ∈ Rn }
ein Ring mit
(a1 , . . . , an ) + (b1 , . . . , bn ) := (a1 + b1 , . . . , an + bn ),
(a1 , . . . , an ) · (b1 , . . . , bn ) := (a1 · b1 , . . . , an · bn )
6
(a1 , b1 ∈ R1 , . . . , an , bn ∈ Rn ). Eine Teilmenge S eines Rings R mit 1 ∈ S und a−b, a·b ∈ S
für alle a, b ∈ S heißt Teilring von R. Ggf. ist S selbst ein Ring, und man nennt R auch
Ringerweiterung von S. Zum Beispiel kann man den Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] und
den Potenzreihenring R[[X1 , . . . , Xn ]] als Ringerweiterungen von R ansehen.
Eine nichtleere Teilmenge I ⊆ R mit ax + by ∈ I für alle a, b ∈ R, x, y ∈ I heißt Ideal
von R. Wir schreiben I E R, im Fall I 6= R auch I ⊳ R. Für jede Teilmenge X ⊆ R ist
n
X
(X) := {
ai xi : a1 , . . . , an ∈ R, x1 , . . . , xn ∈ X, n ∈ N0 } E R;
i=1
man nennt (X) das von X erzeugte Ideal von R. Im Spezialfall X = {x1 , . . . , xn } ist
n
X
(x1 , . . . , xn ) := ({x1 , . . . , xn }) = {
ai xi : a1 , . . . , an ∈ R}.
i=1
(In der Regel wird aus dem Zusammenhang klar sein, ob mit (x1 , . . . , xn ) das n-Tupel
mit den Komponenten x1 , . . . , xn oder das von x1 , . . . , xn erzeugte Ideal gemeint ist.) Für
x ∈ R heißt (x) := {ax : a ∈ R} =: Rx das von x erzeugte Hauptideal.
T
P
Für jede nichtleere
Menge
I
von
Idealen
von
R
sind
auch
I
und
I∈I
I∈I I Ideale
P
in R; dabei besteht I∈I I aus den Elementen x1 + · · · + xn mit x1 ∈ I1 , . . . , xn ∈ In und
I1 , . . . , In ∈ I.
Pn Für Ideale I, J E R ist auch das Produkt IJ E R; dabei besteht IJ aus den Elementen
k=1 xk yk mit x1 , . . . , xn ∈ I, y1 , . . . , yn ∈ J und n ∈ N0 . I.A. ist aber
IJ 6= {xy : x ∈ I, y ∈ J}.
Für jedes weitere Ideal K E R ist (IJ)K = I(JK); man schreibt dafür auch kurz IJK.
Für n ∈ N0 definiert man die n-te Potenz I n induktiv durch I 0 := R und I n := I n−1 I für
n ∈ N.
Ist I m = 0 für ein m ∈ N, so heißt I nilpotent. Man beachte, dass genau dann
I m = 0 gilt, wenn x1 · · · xm = 0 für alle x1 , . . . , xm ∈ I gilt. Insbesondere ist dann xm = 0
für alle x ∈ I; aber i.A. ist diese Eigenschaft schwächer als die Bedingung I m = 0.
Für nilpotente Ideale I, J E R ist auch I + J nilpotent; denn sind m, n ∈ N mit I m =
0 = I n , so ist (I +J)m+n in der Summe der Ideale K1 · · · Km+n mit K1 , . . . , Km+n ∈ {I, J}
enthalten. Da jedes solche Produkt mindestens m Faktoren I oder mindestens n Faktoren
J enthält, ist es in I m = 0 oder J n = 0 enthalten. Also ist (I + J)m+n = 0.
Für I E R ist R/I := {a + I : a ∈ R}, die Menge aller Restklassen
a + I := {a + x : x ∈ I}
(a ∈ R),
ein Ring mit
(a + I) + (b + I) := (a + b) + I
und
(a + I) · (b + I) := ab + I
(a, b ∈ R); dieser heißt Restklassenring von R nach I.
7
Sind R, S Ringe, so heißt eine Abbildung f : R −→ S mit
f (1R ) = 1S
und
f (a + b) = f (a) + f (b), f (ab) = f (a)f (b)
(a, b ∈ R) (Ring-)Homomorphismus. Ggf. ist der Kern
Ker(f ) := {x ∈ R : f (x) = 0}
von f ein Ideal in R, und das Bild Bld(f ) := {f (a) : a ∈ R} = f (R) von f ist ein Teilring
von S. Wie üblich definiert man Monomorphismen, Epimorphismen, Isomorphismen, Endomorphismen und Automorphismen von Ringen. Die Isomorphie von
Ringen bezeichnen wir mit dem Symbol ∼
=. Wir setzen den Homomorphiesatz, die
Isomorphiesätze und den Chinesischen Restsatz für Ringe als bekannt voraus.
Ein Element a eines Rings R heißt Nullteiler, falls ein Element b ∈ R\{0} mit ab = 0
existiert. Die Menge aller Nullteiler in R bezeichnen wir mit Z(R) (zero-divisor). Außer
im Fall R = 0 ist also 0 ∈ Z(R). Ist Z(R) = {0} (also insbesondere R 6= 0), so heißt R
Integritätsbereich.
Ein Element u eines Rings R heißt invertierbar oder Einheit, falls ein v ∈ R mit
uv = 1 existiert. Dann ist
R× := {u ∈ R : u Einheit}
eine Gruppe bzgl. der Multiplikation, die Einheitengruppe von R.
Ein Element x ∈ R heißt nilpotent, falls ein n ∈ N mit xn = 0 existiert. Ggf. ist
1 − x ∈ R× ; denn
(1 − x)(
n
X
i
x)=
i=0
n
X
i=0
i
x −
n+1
X
i=1
xi = 1 − xn+1 = 1.
Das Nilradikal
nil(R) := {x ∈ R : x nilpotent}
von R ist ein Ideal in R; denn sind x, y ∈ R und m, n ∈ N mit xm = 0 = y n , so ist
(x + y)
m+n
=
m+n
X
i=0
m+n
i
xi y m+n−i = 0,
weil stets i ≥ m (d.h. xi = 0) oder m + n − i > n (d.h. y m+n−i = 0) ist.
Ein Ideal I E R mit I ⊆ nil(R) heißt Nilideal. Also ist nil(R) das größte Nilideal in
R. Im Fall nil(R) = 0 nennt man R reduziert. Man zeigt leicht, dass R/nil(R) für jeden
Ring R reduziert ist.
Offenbar ist jedes nilpotente Ideal auch ein Nilideal. Die Umkehrung gilt i.A. nicht.
Ein Element e eines Rings R mit e2 = e heißt idempotent (oder ein Idempotent).
Ggf. ist auch 1 − e idempotent (wegen (1 − e)2 = 1 − 2e + e2 = 1 − e), und e(1 − e) = 0.
Daher ist
R = Re ⊕ R(1 − e)
8
mit Idealen Re, R(1 − e) von R; denn einerseits ist r = r1 = r(e + 1 − e) = re + r(1 − e)
für r ∈ R, und andererseits gilt für s ∈ Re ∩ R(1 − e): s = se = se(1 − e) = s0 = 0. Ferner
sind Re und R(1 − e) selbst Ringe mit Einselementen e bzw. 1 − e (aber nach unserer
Konvention nicht unbedingt Teilringe von R), und
f : Re × R(1 − e) −→ R,
(x, y) 7−→ x + y,
ist ein Ringisomorphismus. Stets sind 0, 1 Idempotente in R. Enthält R genau zwei
Idempotente (nämlich 0 und 1), so heißt R zusammenhängend. Der Nullring ist also
nicht zusammenhängend. Dagegen ist jeder Integritätsbereich zusammenhängend.
1.1 Satz. (Heben von Idempotenten)
Zu jedem Nilideal I E R und jedem Idempotent ǫ ∈ R/I existiert genau ein Idempotent
e ∈ R mit ǫ = e + I. So erhält man eine Bijektion zwischen der Menge der Idempotente
in R und der Menge der Idempotente in R/I.
Beweis. Sei u ∈ R mit ǫ = u + I, und sei v := 1 − u. Wegen u2 + I = ǫ2 = ǫ = u + I ist
z := u − u2 ∈ I. Sei n ∈ N mit 0 = z n = (u(1 − u))n = un v n . Dann ist
2n
1=1
= (u + v)
2n
=
2n X
2n
i=0
Wir setzen e :=
P2n
j=n+1
2n
j
e(1 − e) =
i
uj v 2n−j . Dann ist 1 − e =
n 2n X
X
2n
2n
j=n+1 i=0
i
j
ui v 2n−i .
Pn
i=0
2n
i
ui v 2n−i und
uj v 2n−j ui v 2n−i = 0;
denn jeder Summand verschwindet wegen j > n und 2n − i ≥ n. Also ist e = e2 und
2n X
2n j
ǫ (1 − ǫ)2n−j = ǫ2n (1 − ǫ)0 = ǫ.
e+I =
j
j=n+1
Damit ist die Existenz gezeigt. Zum Beweis der Eindeutigkeit sei y ∈ I mit
e + y = (e + y)2 = e2 + 2ey + y 2 ,
d.h. y 2 = (1 − 2e)y und y 3 = (1 − 2e)y 2 = (1 − 2e)2 y = (1 − 4e + 4e2 )y = y. Da y nilpotent
ist, folgt: y = 0.
Bemerkung. Der Satz gilt nicht für beliebige Ideale.
Beispiel. In Z sind 0 und 1 die einzigen Idempotente; aber in Z/6Z sind 0 + 6Z, 1 + 6Z,
3 + 6Z und 4 + 6Z Idempotente.
2. Moduln
9
Sei R ein Ring. Ein R-Modul ist eine abelsche Gruppe (V, +), auf der eine Multiplikation
mit Skalaren
R × V −→ V, (a, v) 7−→ av,
mit folgenden Eigenschaften definiert ist:
• a(v + w) = av + aw
• (ab)v = a(bv)
•
(a + b)v = av + bv
• 1v = v
(a, b ∈ R, v, w ∈ V ). Für jeden Körper K sind also die K-Moduln genau die KVektorräume.
Eine nichtleere Teilmenge U eines beliebigen R-Moduls V mit au + bv ∈ U für alle
a, b ∈ R, u, v ∈ U heißt Untermodul von V . Ggf. ist U selbst ein R-Modul, und die
Menge
V /U := {v + U : v ∈ V }
der Nebenklassen v + U := {v + u : u ∈ U } (v ∈ V ) ist ein R-Modul mit
(v + U ) + (w + U ) := (v + w) + U
und
a(v + U ) = av + U
(v, w ∈ V , a ∈ R); dieser heißt Faktormodul von V nach U .
Der Nullmodul 0 := {0} ist sicher ein R-Modul. Den Ring R selbst kann man in
offensichtlicher Weise als R-Modul betrachten; dieser heißt regulärer R-Modul. Seine
Untermoduln sind genau die Ideale in R.
Für jede (nichtleere) Familie (Vi )i∈I von R-Moduln ist auch ihr direktes Produkt
Vi :=
X
i∈I
Y
i∈I
Vi := {(vi )i∈I : vi ∈ Vi für alle i ∈ I}
ein R-Modul mit
(vi )i∈I + (wi )i∈I := (vi + wi )i∈I
und
a(vi )i∈I := (avi )i∈I
Q
für (vi )i∈I , (wi )i∈I ∈ i∈I Vi , a ∈ R. Im Fall I = {1, . . . , n} schreibt man das direkte
Produkt auch in der Form
V1 × · · · × Vn = {(v1 , . . . , vn ) : v1 ∈ V1 , . . . , vn ∈ Vn }.
Ist V1 = . . . = Vn =: V , so schreibt man V n statt V × · · · × V . Insbesondere haben wir
den R-Modul Rn = R × · · · × R.
Für jede (nichtleere) Familie (Vi )i∈I `
von R-Moduln
Q bilden die Elemente (vi )i∈I mit
|{i ∈ I : vi 6= 0}| < ∞ einen Untermodul i∈I V`
von
i
i∈IQVi , den man als Koprodukt
von (Vi )i∈I bezeichnet. Ist I endlich, so ist also i∈I Vi = i∈I Vi .
Für jede (nichtleere)
Familie (Ui )i∈I von P
Untermoduln eines R-Moduls V sind auch
T
ihr
Durchschnitt
U
und
ihre
Summe
i∈I i
i∈I Ui Untermoduln von V ; dabei besteht
P
i∈I Ui aus allen Elementen der Form ui1 + · · · + uik mit i1 , . . . , ik ∈ I und ui1 ∈
10
U
Pi1 , . . . , uik ∈ Uik (k ∈ N0 ). Im Fall I = {1, . . . , n} für ein n ∈ N schreibt man statt
i∈I Ui auch
U1 + · · · + Un = {u1 + · · · + un : u1 ∈ U1 , . . . , un ∈ Un }.
Dabei sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(1) Jedes Element u ∈ U1 + · · · + Un lässt sich in der Form u = u1 + · · · + un mit eindeutig
bestimmten Elementen u1 ∈ U1 , . . . , un ∈ Un schreiben.
(2) Aus u1 + · · · + un = 0 mit Elementen u1 ∈ U1 , . . . , un ∈ Un folgt stets u1 = . . . =
un = 0.
(3) Ui ∩ (U1 + · · · + Ui−1 + Ui+1 + · · · + Un ) = 0 für i = 1, . . . , n.
(4) Ui ∩ (U1 + · · · + Ui−1 ) = 0 für i = 2, . . . , n.
Ggf. spricht man von einer direkten Summe und schreibt
U1 + · · · + Un =: U1 ⊕ · · · ⊕ Un .
Für Untermoduln U, U ′ eines R-Moduls V gilt also genau dann V = U ⊕ U ′ , wenn V =
U + U ′ und U ∩ U ′ = 0 ist. Ggf. heißt U ′ ein Komplement von U in V . (I.a. ist U ′ durch
U nicht eindeutig bestimmt.)
Oft ist Dedekinds Lemma nützlich. Dieses besagt, dass für Untermoduln A, B, C
eines R-Moduls V stets gilt:
A ⊆ C =⇒ A + (B ∩ C) = (A + B) ∩ C;
Der Beweis ist Routine.
Für jedes Ideal I E R und jeden R-Modul V ist
n
X
IV := {
xj vj : x1 , . . . , xn ∈ I; v1 , . . . , vn ∈ V ; n ∈ N0 } ⊆ V
j=1
ein Untermodul. Ggf. wird der Faktormodul V /IV zu einem R/I-Modul durch
(a + I)(v + IV ) := av + IV
(a ∈ R, v ∈ V ).
Eine Abbildung f : V −→ W zwischen R-Moduln V, W mit f (ax + by) = af (x) + bf (y)
für alle a, b ∈ R, x, y ∈ V heißt ein R-Homomorphismus (oder R-linear). Ggf. ist der
Kern
Ker(f ) := {v ∈ V : f (v) = 0}
von f ein Untermodul von V , und das Bild Bld(f ) := {f (v) : v ∈ V } = f (V ) von f ist
ein Untermodul von W .
Wie üblich definiert man R-Monomorphismen, R-Epimorphismen, R-Isomorphismen, R-Endomorphismen und R-Automorphismen. Die Isomorphie von RModuln bezeichnen wir mit dem Symbol ≃ oder genauer mit ≃R . Für R-Moduln V, W
setzen wir
HomR (V, W ) := {f : V −→ W | f R-linear} und
11
EndR (V ) := HomR (V, V ).
Dann wird HomR (V, W ) zu einem R-Modul mit
(f + g)(v) := f (v) + g(v) und
(af )(v) := af (v)
(f, g ∈ HomR (V, W ), a ∈ R, v ∈ V ).
Den Homomorphiesatz und die Isomorphiesätze für R-Moduln setzen wir als
bekannt voraus. Ein R-Modul E 6= 0 heißt einfach, falls 0 und E die einzigen Untermoduln
von E sind. Eine aufsteigende Folge
0 = U0 ⊂ U1 ⊂ . . . ⊂ Um = V
von Untermoduln U0 , . . . , Um eines R-Moduls V heißt Kompositionsreihe von V , falls
Ui /Ui−1 für i = 1, . . . , m ein einfacher R-Modul ist. Nicht jeder R-Modul hat eine Kompositionsreihe. Hat aber der R-Modul V zwei Kompositionsreihen
0 = U0 ⊂ U1 ⊂ . . . ⊂ Um = V
0 = W0 ⊂ W1 ⊂ . . . ⊂ Wn = V,
und
so besagt der bekannte Satz von Jordan-Hölder, dass m = n ist und eine Permutation
σ von {1, . . . , n} existiert mit der Eigenschaft, dass Ui /Ui−1 ≃ Wσ(i) /Wσ(i)−1 für i =
1, . . . , n ist. Die R-Moduln U1 /U0 , . . . , Un /Un−1 sind also durch V bis auf Isomorphie und
Reihenfolge eindeutig bestimmt. Sie heißen Kompositionsfaktoren von V . Ihre Anzahl
n =: ℓ(V ) ist die Kompositionslänge von V . Daher ist ℓ(0) = 0, und ℓ(V ) = 1 genau
dann, wenn V einfach ist.
f
g
Eine Folge U −→ V −→ W von R-Moduln U, V, W und R-Homomorphismen f, g mit
Bld(f ) = Ker(g) heißt exakt. Eine (endliche oder unendliche) Folge von R-Moduln und
R-Homomorphismen
fi−1
fi
· · · −→ Vi−1 −→ Vi −→ Vi+1 −→ · · ·
fi−1
fi
heißt exakt, wenn jede Teilfolge Vi−1 −→ Vi −→ Vi+1 exakt ist.
f
Zum Beispiel ist eine Folge der Form 0 −→ U −→ V genau dann exakt, wenn f injektiv
g
ist. Analog ist eine Folge der Form V −→ W −→ 0 genau dann exakt, wenn g surjektiv
f
ist. Daher ist eine Folge der Form 0 −→ U −→ V −→ 0 genau dann exakt, wenn f bijektiv
ist. Eine exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen der Form
f
g
0 −→ U −→ V −→ W −→ 0
heißt kurze exakte Folge.
f
g
2.1 Satz. Für eine kurze exakte Folge F : 0 −→ U −→ V −→ W −→ 0 von R-Moduln und
R-Homomorphismen sind äquivalent:
(1) Es existiert ein s ∈ HomR (V, U ) mit s ◦ f = idU .
(2) Es existiert ein t ∈ HomR (W, V ) mit g ◦ t = idW .
(3) Bld(f ) = Ker(g) hat ein Komplement K in V .
12
Beweis. (1) =⇒ (3): Sei (1) erfüllt. Wir zeigen: V = Bld(f ) ⊕ Ker(s).
Für v ∈ V ist s(f (s(v))) = s(v), d.h. v −f (s(v)) ∈ Ker(s) und v = f (s(v))+(v −f (s(v))) ∈
Bld(f ) + Ker(s). Also gilt: V = Bld(f ) + Ker(s).
Sei v ∈ Bld(f ) ∩ Ker(s), und sei v = f (u) mit u ∈ U . Dann ist 0 = s(v) = s(f (u)) = u,
d.h. v = f (u) = f (0) = 0. Dies zeigt: V = Bld(f ) ⊕ Ker(s).
(3) =⇒ (1): Sei (3) erfüllt. Dann kann man jedes v ∈ V in der Form v = f (u) + k mit
eindeutig bestimmten u ∈ U , k ∈ K schreiben. Wir setzen s(v) := u ∈ U und erhalten so
eine Abbildung s : V −→ U . Man sieht leicht, dass s R-linear ist.
Für u ∈ U ist f (u) ∈ Bld(f ) ⊆ V und s(f (u)) = u. Daher gilt: s ◦ f = idU .
(2) ⇐⇒ (3): Analog.
In der obigen Situation sagt man: F zerfällt.
Für jede Teilmenge X eines R-Moduls V ist
n
X
SpanR (X) := RX := {
ri xi : r1 , . . . , rn ∈ R; x1 , . . . , xn ∈ X; n ∈ N0 } ⊆ V
i=1
ein Untermodul, der von X erzeugte Untermodul. Die Elemente in RX nennt man
Linearkombinationen von X. Im Fall RX = V heißt X ein Erzeugendensystem
von V . Hat V ein endliches Erzeugendensystem, so heißt V endlich erzeugt. Ggf.
bezeichnet man die minimale Erzeugendenzahl von V mit µ(V ) := µR (V ). Ist µ(V ) ≤ 1,
d.h. V = Rx := {rx : r ∈ R} für ein x ∈ V , so heißt V zyklisch.
Eine Teilmenge X eines R-Moduls V heißt (R-)linear unabhängig, falls für paarweise verschiedene x1 , . . . , xn ∈ X stets gilt:
a1 , . . . , an ∈ R ∧ a1 x1 + · · · + an xn = 0 =⇒ a1 = . . . = an = 0.
Jedes linear unabhängige Erzeugendensystem B von V heißt (R-)Basis von V . Man
beachte aber, dass (im Gegensatz zur Situation bei Vektorräumen) nicht jeder R-Modul
eine Basis hat. (Z.B. hat der Z-Modul Z/6Z keine Basis.) Hat der R-Modul V eine Basis,
so nennt man V frei. Z.B. ist Rn für n ∈ N (im Fall R 6= 0) frei mit Standardbasis
e1 := (1, 0, . . . , 0), . . . , en := (0, . . . , 0, 1).
`
Allgemeiner ist i∈I R für jede (nichtleere) Menge I frei mit Standardbasis ei = (eij )j∈I
(i ∈ I); dabei ist eij := 1 im Fall i = j und eij := 0 sonst.
2.2 Satz. Jeder (endlich erzeugte) R-Modul V ist zu einem Faktormodul eines (endlich
erzeugten) freien R-Moduls isomorph.
`
Beweis. Sei X ein Erzeugendensystem von V (notfalls
X
=
V
).
Dann
ist
F
:=
x∈X R
P
ein freier R-Modul, und f : F −→ V , (rx )x∈X 7−→ x∈X rx x, ist ein R-Epimorphismus.
Nach dem Homomorphiesatz ist also V ≃ F/Ker(f ).
3. Algebren
13
Sei R ein Ring. Eine R-Algebra ist ein Paar (S, f ), das aus einem Ring S und einem
Ringhomomorphismus f : R −→ S besteht. Ist z.B. S eine Ringerweiterung von R und
i : R −→ S die Inklusionsabbildung, so ist (S, i) eine R-Algebra.
Ist (S, f ) eine beliebige R-Algebra, so wird jeder S-Modul W zu einem R-Modul mit
(r ∈ R, w ∈ W ).
rw := f (r)w
Insbesondere wird der reguläre S-Modul S zu einem R-Modul mit
(r ∈ R, s ∈ S).
rs := f (r)s
Dann ist f (r) = r1S für r ∈ R. Man sagt daher auch kurz: S ist eine R-Algebra. Es ist
klar, wie man Teilalgebren einer R-Algebra definiert.
Man nennt eine R-Algebra S endlich, wenn S als R-Modul endlich erzeugt ist. Analog
spricht man von einer endlichen Ringerweiterung.
Für eine beliebige R-Algebra S, ein Polynom
p=
k1
X
i1 =0
...
kn
X
in =0
ai1 ...in X1i1 . . . Xnin ∈ R[X1 , . . . , Xn ]
und Elemente s1 , . . . , sn ∈ S setzt man
p(s1 , . . . , sn ) :=
k1
X
i1 =0
...
kn
X
in =0
ai1 ...in si11 . . . sinn ∈ S.
Dann ist
R[s1 , . . . , sn ] := {p(s1 , . . . , sn ) : p ∈ R[X1 , . . . , Xn ]} ⊆ S
eine Teilalgebra. Existieren Elemente s1 , . . . , sn ∈ S mit R[s1 , . . . , sn ] = S, so nennt man
S eine endlich erzeugte R-Algebra. (Analog spricht man von einer endlich erzeugten
Ringerweiterung.) Sicher ist jede endliche R-Algebra auch endlich erzeugt; die Umkehrung
gilt i.a. nicht. Z.B. ist der Polynomring R[X] eine endlich
erzeugte R-Algebra, aber (im
√
Fall R 6= 0) keine endliche R-Algebra. Der Ring Z[ 5] ist ein Beispiel für eine endliche
Z-Algebra.
Sei wieder S eine beliebige R-Algebra. Ein Element s ∈ S heißt√ganz über R, falls
ein normiertes Polynom p ∈ R[X] mit p(s) = 0 existiert. Z.B. ist 2 ganz über Z als
Nullstelle von X 2 − 2; dagegen zeigt man leicht, dass 31 nicht ganz über Z ist (vgl. auch
Satz 3.1 unten). Ist K ein Teilkörper eines Körpers L, so ist ein Element in L genau dann
ganz über K, wenn es algebraisch über K ist.
Für eine beliebige R-Algebra S heißt
e := {s ∈ S : s ganz über R}
R
e ⊆ S. Im Fall R
e = S nennt man S ganz
ganzer Abschluss von R in S. Sicher ist R1S ⊆ R
e = R1S heißt R ganz abgeschlossen in S. Ähnliche Begriffe hat man
über R; im Fall R
14
für Ringerweiterungen. Ein Integritätsbereich heißt normal (oder ganz abgeschlossen),
wenn er in seinem Quotientenkörper ganz abgeschlossen ist.
Bekanntlich heißt ein Integritätsbereich R ein faktorieller Ring, wenn sich jedes
Element 0 6= x ∈ R \ R× als Produkt von Primelementen schreiben lässt. (Ein Element
0 6= p ∈ R \ R× heißt Primelement, wenn für alle a, b ∈ R gilt: ab ∈ pR =⇒ a ∈ pR ∨ b ∈
pR.) Aus der Algebra ist bekannt, dass für einen faktoriellen Ring R auch der Polynomring
R[X] faktoriell ist.
3.1 Satz. Jeder faktorielle Ring R ist normal.
Beweis. Sei K der Quotientenkörper von R, und sei x ∈ K ganz über R; o.B.d.A.
x 6= 0. Wir schreiben x = rs mit teilerfremden r, s ∈ R. Nach Voraussetzung existieren
a0 , . . . , an−1 ∈ R mit xn + an−1 xn−1 + · · · + a1 x + a0 = 0, d.h. rn + an−1 rn−1 s + · · · +
a1 rsn−1 +a0 sn = 0. Jeder Primteiler von s ist also auch einer von rn und damit einer von r.
Da andererseits r, s teilerfremd sind, muss s eine Einheit in R sein. Also ist x = rs−1 ∈ R.
Sei R wieder ein beliebiger Ring. Für n ∈ N und jede Matrix A = (aij ) ∈ Rn×n heißt
det(A) := |A| :=
X
σ∈Sn
sgn(σ)a1σ(1) · · · anσ(n) ∈ R
Determinante von A; dabei ist Sn die symmetrische Gruppe des Grades n, und sgn(σ)
bezeichnet das Vorzeichen einer Permutation σ. Es gelten die üblichen Rechenregeln für
Determinanten.
e := (e
Die Adjunkte A
aij ) ∈ Rn×n von A ist definiert durch
e
aij := (−1)i+j |Aji |
(i, j = 1, . . . , n);
dabei entsteht die Matrix Aji ∈ R(n−1)×(n−1) aus A durch Streichen der j-ten Zeile und
der i-ten Spalte. Wichtig ist die folgende Tatsache:
e = AA
e = |A|1n ;
AA
dabei bezeichnet 1n ∈ Rn×n die Einheitsmatrix.
e=
Zur Erläuterung: Aus der Linearen Algebra ist bekannt, dass die Gleichung AA
|A|1n gilt, falls die Koeffizienten von A aus einem Körper K stammen, z.B. aus dem
rationalen Funtionenkörper Q(X1 , . . . , Xt ). Insbesondere gilt sie, falls die Koeffizienten
aus dem Polynomring Z[X1 , . . . , Xt ] stammen. Die Koeffizienten von A dürfen also die
Unbestimmten X11 , . . . , Xnn im Polynomring Z[Xij : i, j = 1, . . . , n] sein. Man kann dann
für die Unbestimmten Xij die Elemente aij ∈ R einsetzen und erhält so die gewünschte
Formel.
Ähnlich kann man bei analogen Fragestellungen vorgehen.
Sei R[X] der Polynomring in der Variablen X über R, und sei A = (aij ) ∈ Rn×n für
ein n ∈ N. Dann heißt
χA (X) := |X · 1n − A| ∈ R[X]
15
charakteristisches Polynom von A. Dieses hat die Form
χA (X) = X n + rn−1 X n−1 + · · · + r1 X + r0
mit r0 = (−1)n |A|, r1 , . . . , rn−1 = −a11 − a22 − · · · − ann = −spur(A) ∈ R.
3.2 Satz. (Cayley-Hamilton)
In der obigen Situation gilt in Rn×n :
χA (A) := An + rn−1 An−1 + · · · + r1 A + r0 1n = 0.
Dies erhält man mit der oben skizzierten Methode.
3.3 Satz. Für jedes Ideal I E R, jeden R-Modul V mit Erzeugendensystem v1 , . . . , vn und
jedes φ ∈ EndR (V ) mit φ(V ) ⊆ IV existieren Elemente a1 ∈ I, a2 ∈ I 2 , . . ., an ∈ I n mit
φn + a1 φn−1 + · · · + an−1 φ + an idV = 0
in
EndR (V ).
Pn
Beweis. Sicher ist IV = Iv1 + · · · + Ivn . Wir schreiben φ(vj ) = i=1 aij vi mit aij ∈ I für
alle i, j und setzen A := (aij ) ∈ Rn×n . Sei B(X) := (bij (X)) ∈ R[X]n×n die Adjunkte von
X · 1n − A ∈ R[X]n×n . Nach den obigen Überlegungen ist (X · 1n − A)B(X) = χA (X)1n .
Daher gilt für i, k = 1, . . . , n in R[X]:
χA (X)δik =
n
X
j=1
(Xδij − aij )bjk (X) =
n
X
j=1
bjk (X)(Xδij − aij ).
Einsetzen von φ liefert die folgenden Gleichungen in EndR (V ):
χA (φ)δik =
n
X
j=1
Wegen 0 =
0=
n
X
j=1
Pn
i=1 (φδij
bjk (φ)
n
X
i=1
bjk (φ)(φδij − aij idV ).
− aij )vi für j = 1, . . . , n folgt:
(φδij − aij )vi =
n
X
i,j=1
bjk (φ)(φδij − aij )vi =
n
X
χA (φ)δik vi = χA (φ)vk
i=1
für k = 1, . . . , n. Also ist χA (φ)v = 0 für alle v ∈ V , d.h. χA (φ) = 0. Dies liefert die
gewünschte Gleichung.
Bemerkung. Zu jedem endlich erzeugten R-Modul V und jedem Ideal I E R mit IV = V
existiert also ein a ∈ I mit (1 + a)V = 0; zum Beweis wenden wir Satz 3.3 mit φ := idV
an und erhalten eine Gleichung
0 = idnV + a1 idn−1
+ · · · + an−1 id1V + an idV = (1 + a1 + · · · + an )idV
V
16
mit a1 , . . . , an ∈ I. Also ist (1 + a)V = 0 mit a := a1 + · · · + an ∈ I.
3.4 Satz. Für jede R-Algebra S und jedes Element s ∈ S sind äquivalent:
(1) s ist ganz über R;
(2) R[s] ist eine endliche R-Algebra;
(3) Es existiert eine endliche Unteralgebra T ⊆ S mit s ∈ T .
Beweis. (1) =⇒ (2): Sei (1) erfüllt. Dann existieren r0 , . . . , rn−1 ∈ R mit 0 = sn +
rn−1 sn−1 + · · · + r1 s + r0 1. Daher ist R[s] = R1 + Rs + · · · + Rsn−1 ein endlich erzeugter
R-Modul.
(2) =⇒ (3): Setze T := R[s].
(3) =⇒ (1): Sei (3) erfüllt. Dann ist φ : T −→ T , t 7−→ st, R-linear. Nach Satz 3.3
existieren a0 , . . . , an−1 ∈ R mit φn + an−1 φn−1 + · · · + a1 φ + a0 idV = 0. Anwendung auf
1T ergibt: sn + an−1 sn−1 + · · · + a1 s + a0 1 = 0.
Bemerkung. Jede endliche R-Algebra ist also ganz über R.
3.5 Satz. Sei S eine R-Algebra, und sei T eine S-Algebra (also auch eine R-Algebra).
(i) Ist S eine endliche R-Algebra und ist T eine endliche S-Algebra, so ist T eine endliche
R-Algebra.
(ii) Sind s1 , . . . , sm ∈ S ganz über R, so ist R[s1 , . . . , sm ] eine endliche R-Algebra; insbesondere ist die Teilalgebra R[s1 , . . . , sm ] von S ganz über R.
(iii) Ist S ganz über R und ist T ganz über S, so ist T auch ganz über R.
e von R in S ist eine R-Teilalgebra von S.
(iv) Der ganze Abschluss R
ee
e von S, so ist s ∈ R.
e Es gilt also: R
e
(v) Ist s ∈ S ganz über dem Teilring R
= R.
Pm Pn
Beweis. (i) Aus S = Rs1 + · · · + Rsm und T = St1 + · · · + Stn folgt: T = i=1 j=1 Rsi tj .
(ii) Seien s1 , . . . , sm ∈ S ganz über R. Nach Satz 3.4 ist R[s1 ] eine endliche R-Algebra.
Ferner ist s2 ganz über R[s1 ]. Nach Satz 3.4 ist R[s1 , s2 ] eine endliche R[s1 ]-Algebra.
Wegen (i) ist R[s1 , s2 ] auch eine endliche R-Algebra. Fährt man so fort, erhält man die
erste Aussage. Die zweite Aussage folgt dann aus Bemerkung 3.4.
(iii) Sei t ∈ T . Dann existieren s0 , . . . , sn−1 ∈ S mit tn + sn−1 tn−1 + · · · + s1 t + s0 1T = 0.
Daher ist t ganz über R[s0 , . . . , sn−1 ]. Nach (ii) ist R[s0 1T , . . . , sn−1 1T , t] eine endliche
R[s0 , . . . , sn−1 ]-Algebra. Wegen (ii) ist ferner R[s0 , . . . , sn−1 ] eine endliche R-Algebra.
Wegen (i) ist also R[s0 1T , . . . , sn−1 1T , t] eine endliche R-Algebra. Nach Satz 3.4 ist damit
t ganz über R.
e Seien s, t ∈ R.
e Wegen (ii) ist R[s, t] eine endliche R-Algebra. Wegen
(iv) Sicher ist 1S ∈ R.
s − t, st ∈ R[s, t] sind nach Satz 3.4 auch s − t, st ganz über R.
e Nach Satz 3.4 ist R[s]
e eine endliche R-Algebra.
e
e
(v) Sei s ∈ S ganz über R.
Daher ist R[s]
e nach Bemerkung 3.4. Wegen (iii) ist R[s]
e ganz über R. Insbesondere ist s
ganz über R
e
ganz über R, d.h. s ∈ R.
√
Beispiel. Sei d ∈ Z quadratfrei
und
R
der
ganze
Abschluss
von
Z
in
K
:=
Q(
d). Dann
√
√
1+ d
ist R = Z + Zα mit α := 2 für d ≡ 1 (mod 4) und α := d sonst.
17
√
Zum Beweis
seien
a,
b
∈
Q
mit
β
:=
a
+
b
d ∈ R. Bekanntlich ist K −→ K,
√
√
ξ = x + y d 7−→ x − y d =: ξe für x, y ∈ Q, ein Ringautomorphismus von K. Ist
e d.h. βe ∈ R. Daher ist
also f ∈ Z[X] normiert mit f (β) = 0, so ist 0 = fg
(β) = f (β),
insbesondere 2a = β + βe ∈ R ∩ Q = Z und a2 − b2 d = β βe ∈ R ∩ Q = Z nach Satz 3.1.
2
Im Fall
√ a ∈ Z ist
√ auch b d ∈ Z. Da d quadratfrei ist, folgt: b ∈ Z und damit
β = a + b d ∈ Z + Z d.
Sei also a ∈
/ Z, d.h. a1 := 2a ∈ Z ist ungerade. Wegen (2a)2 − (2b)2 d ∈ Z ist daher
analog b1 := 2b ∈ Z. Ferner ist 0 ≡ a21 − b21 d ≡ 1 −√b21 d (mod 4),
d.h. b1 ist ungerade, und
√
a1 −b1
1+ d
1+ d
d ≡ 1 (mod 4). Außerdem ist β = 2 + b1 2 ∈ Z + Z 2 .
√
√
Daher gilt: R ⊆ Z + Z 1+2 d im Fall d ≡ 1 (mod 4) und R ⊆ Z + Z d sonst. Die
√
√
Behauptung folgt, da d eine Nullstelle von X 2 − d ∈ Z[X] und 1+2 d eine Nullstelle von
X 2 − X + d−1
4 ∈ Z[X] im Fall d ≡ 1 (mod 4) ist.
4. Primideale
Sei R ein Ring.
4.1 Definition. Ein Ideal P ⊳ R heißt Primideal, falls für alle a, b ∈ R gilt:
ab ∈ P =⇒ a ∈ P ∨ b ∈ P.
Ferner heißt Spec(R) := {P E R : P Primideal} (Prim-)Spektrum von R.
Bemerkung. Bekanntlich gilt für jedes Ideal I E R:
I ∈ Spec(R) ⇐⇒ R/I Integritätsbereich.
Ist R ein Integritätsbereich und 0 6= p ∈ R, so gilt:
(p) ∈ Spec(R) ⇐⇒ p Primelement.
Beispiel. Sei R ein Hauptidealring (HIR), d.h. ein Integritätsbereich, in dem jedes Ideal
ein Hauptideal ist. Dann ist R bekanntlich faktoriell mit
Spec(R) = {(0)} ∪ {(p) : p ∈ R Primelement}.
Wichtige Beispiele für Hauptidealringe sind Z und der Polynomring K[X] für einen Körper
K.
4.2 Bemerkung. Für jeden Ring S, jeden Ringhomomorphismus f : R −→ S und jedes
Q ∈ Spec(S) ist P := f −1 (Q) ∈ Spec(R), wie man leicht nachrechnet.
Satz. (Primideal-Vermeidungs-Satz)
18
Seien P1 , . . . , Pn E R Ideale mit P3 , . . . , Pn ∈ Spec(R), und sei S ⊆ R mit s ± t, s · t ∈ S
für alle s, t ∈ S. Ist S ⊆ P1 ∪ . . . ∪ Pn , so ist S ⊆ Pj für ein j ∈ {1, . . . , n}.
Beweis. (Induktion nach n)
Im Fall n = 1 ist nichts zu tun.
Sei jetzt n = 2, d.h. S ⊆ P1 ∪ P2 mit P1 , P2 E R. Wir nehmen an: S 6⊆ P1 und S 6⊆ P2 .
Für j = 1, 2 sei aj ∈ S \ Pj , d.h. a1 ∈ P2 und a2 ∈ P1 . Wegen a1 + a2 ∈ S ⊆ P1 ∪ P2 ist
a1 +a2 ∈ P1 oder a1 +a2 ∈ P2 ; o.B.d.A. sei a1 +a2 ∈ P1 . Dann haben wir den Widerspruch
a1 = (a1 + a2 ) − a2 ∈ P1 .
Sei schließlich n ≥ 3 und die Behauptung
für n − 1 schonSbewiesen. Wir können dann für
Sn
n
j = 1, . . . , n annehmen: S 6⊆ i=1,i6=j Pi , etwa aj ∈ S \ i=1,i6=j Pi , also aj ∈ Pj . Wegen
Sn−1
Tn−1
Pn ∈ Spec(R) ist a1 · · · an−1 ∈
/ Pn , d.h. a1 · · · an−1 ∈ i=1 Pi \ Pn und an ∈ Pn \ i=1 Pi .
Also ist b := a1 · · · an−1 +an ∈ S. Im Fall b ∈ Pn hätte man den Widerspruch a1 · · · an−1 =
b − an ∈ Pn . Also ist b ∈ Pj für ein j ∈ {1, . . . , n − 1}. Dann haben wir aber den
Widerspruch an = b − a1 · · · an−1 ∈ Pj .
4.3 Definition. Eine Teilmenge A ⊆ R mit 1 ∈ A und ab ∈ A für alle a, b ∈ A heißt
multiplikativ.
Beispiele. Für a ∈ R ist {1, a, a2 , . . .} ⊆ R multiplikativ. Für P ∈ Spec(R) ist R \ P ⊆ R
multiplikativ. Ferner ist R \ Z(R) ⊆ R multiplikativ.
4.4 Satz. (i) Sei A ⊆ R eine multiplikative Teilmenge, und sei I E R mit I ∩ A = ∅.
Dann existiert ein P ∈ Spec(R) mit I ⊆ P und P ∩ A = ∅.
(ii) Für P ∈ Spec(R) existiert ein minimales Primideal Q E R mit Q ⊆ P .
Bemerkung. Ein Q ∈ Spec(R) heißt minimal, falls kein I ∈ Spec(R) mit I ⊂ Q existiert.
Die Menge aller minimalen Primideale in R bezeichnen wir mit Min(R).
Beweis. (i) M := {P E R : I ⊆ P, P ∩ A = ∅} ist durch ⊆ geordnet undSwegen I ∈ M
nichtleer. Ist N eine nichtleere total geordnete Teilmenge von M, so ist S := N ∈N N ∈ M,
wie man sich leicht überlegt. Damit ist S eine obere Schranke von N in M. Nach Zorns
Lemma enthält M ein maximales Element P ; insbesondere ist I ⊆ P E R und P ∩ A = ∅,
also P 6= R. Wir zeigen: P ∈ Spec(R).
Dazu seien a1 , a2 ∈ R \ P . Für i = 1, 2 ist dann P < P + (ai ) E R. Daher ist P + (ai ) ∈
/M
nach Wahl von P . Also ist (P + (ai )) ∩ A 6= ∅. Wähle pi ∈ P , ri ∈ R mit pi + ri ai ∈ A.
Dann enthält A auch (p1 + r1 a1 )(p2 + r2 a2 ) = p1 p2 + p1 r2 a2 + r1 a1 p2 + r1 r2 a1 a2 =: b.
Wegen P ∩ A = ∅ ist b ∈
/ P , also r1 r2 a1 a2 ∈
/ P ; insbesondere ist a1 a2 ∈
/ P.
(ii) M := {Q ∈ Spec(R) : Q ⊆ P } ist durch ⊆ geordnet und nichtleer
wegen P ∈ M. Ist
T
N eine nichtleere total geordnete Teilmenge von M, so ist S := N ∈N N E R und S ⊆ P .
Wir zeigen: S ∈ Spec(R).
Dazu seien a1 , a2 ∈ R \ S. Für i = 1, 2 existiert dann ein Ni ∈ N mit ai ∈
/ Ni . O.B.d.A.
sei N1 ⊆ N2 . Dann gilt: a1 , a2 ∈
/ N1 , also auch a1 a2 ∈
/ N1 und damit a1 a2 ∈
/ S.
Dies zeigt, dass S eine untere Schranke von N in M ist. Nach Zorns Lemma enthält
M ein minimales Element Q. Damit ist Q ∈ Min(R).
19
T
T
S
4.5 Satz. Stets ist nil(R) = P ∈Spec(R) P = Q∈Min(R) Q und Q∈Min(R) Q ⊆ Z(R). Ist
S
R reduziert, so ist Q∈Min(R) Q = Z(R).
Beweis.TSei x ∈ nil(R), d.h. xn = 0 für ein n ∈ N. Für P ∈ Spec(R) ist dann x ∈ P . Also
ist x ∈ P ∈Spec(R) P .
Sei x ∈ R \ nil(R). Dann ist A := {1, x, x2 , . . .} eine multiplikative Teilmenge von R.
Nach Satz 4.4 (i) (mit T
I := 0) existiert ein M ∈ Spec(R) mit M ∩ A = ∅. Insbesondere ist
x∈
/ M , also auch x ∈
/ P ∈Spec(R) P .
T
T
Nach Satz 4.4 (ii) ist P ∈Spec(R) P = P ∈Min(R) P .
Sei Q ∈ Min(R). Dann ist A := {ab : a ∈ R \ Q, b ∈ R \ Z(R)} ⊆ R multiplikativ
mit 0 ∈
/ A. Nach Satz 4.4 existiert ein P ∈ Spec(R) mit P ∩ A = ∅; insbesondere ist
P ⊆ Q ∩ Z(R). Wegen Q ∈ Min(R) folgt Q =TP ⊆ Z(R).
Sei jetzt R reduziert, d.h. 0 = nil(R) = P ∈Min(R) P , und sei x ∈ Z(R), d.h. xy = 0
für ein y ∈ R \ {0}. Wegen y 6= 0 existiert ein P ∈ Min(R) mit y ∈
/ P . Wegen xy ∈ P ist
also x ∈ P .
4.6 Definition. Für I E R heißt rad(I) := {a ∈ R : ∃n ∈ N : an ∈ I} Radikal von I.
Bemerkung. (i) Für a ∈ R gilt offenbar: a ∈ rad(I) ⇐⇒ a + I ∈ nil(R/I).
(ii) Daher ist rad(I) E R mit I ⊆ rad(I) = rad(rad(I)) und rad(I)/I = nil(R/I).
(iii) Für I, J E R mit I ⊆ J ist sicher rad(I) ⊆ rad(J).
(iv) Für I, J E R ist rad(IJ) = rad(I ∩ J) = rad(I) ∩ rad(J).
[Denn wegen IJ ⊆ I ∩ J ⊆ I folgt aus (iii): rad(IJ) ⊆ rad(I ∩ J) ⊆ rad(I). Analog
ist rad(I ∩ J) ⊆ rad(J), also rad(I ∩ J) ⊆ rad(I) ∩ rad(J). Umgekehrt existieren für
x ∈ rad(I) ∩ rad(J) Zahlen m, n ∈ N mit xm ∈ I und xn ∈ J, d.h. xm+n ∈ IJ. Daher ist
x ∈ rad(IJ).]
(v) Für I E R und n ∈ N ist rad(I n ) = rad(I)
nach (iv).
T
T
(vi) Aus Satz 4.5 folgt leicht: rad(I) = I⊆P ∈Spec(R) P = Q∈X Q; dabei ist X die
Menge der minimalen Elemente (bzgl. ⊆) in {P ∈ Spec(R) : I ⊆ P }.
(vii) Für I E R gilt: I = rad(I) ⇐⇒ ∃J E R : I = rad(J). Ggf. heißt I Radikalideal
in R. Offenbar ist jedes Primideal in R auch ein Radikalideal in R. Ferner ist jeder
Durchschnitt einer nichtleeren Familie von Radikalidealen wieder ein Radikalideal.
Beispiel. Für R = Z und I = (12) ist rad(I) = (6).
5. Maximale Ideale
Sei R ein Ring.
5.1 Definition. Ein Ideal M ⊳ R heißt maximal, wenn kein Ideal I ⊳ R mit M ⊂ I
existiert. Die Menge Max(R) aller maximalen Ideale von R heißt Maximalspektrum
von R.
Bemerkung. (i) Bekanntlich gilt für alle I E R: I ∈ Max(R) ⇐⇒ R/I Körper. Insbesondere ist Max(R) ⊆ Spec(R).
20
(ii) Aus dem Beweis von Satz 4.4 (i) folgt leicht, dass jedes echte Ideal von R in einem
maximalen Ideal von R enthalten ist. Insbesondere
S ist Max(R) 6= ∅ für R 6= 0.
×
(iii) Aus Satz 4.4 (i) folgt auch leicht: R \ R = M ∈Max(R) M .
Beispiel. Ist R ein HIR, aber kein Körper, so ist Max(R) = {(p) : p ∈ R Primelement}.
5.2 Definition. Das Ideal J(R) :=
R.
T
M ∈Max(R)
M von R heißt (Jacobson-)Radikal von
Satz. Stets ist nil(R) ⊆ J(R) = {a ∈ R : 1 + ab ∈ R× für alle b ∈R}.
Beweis. Die erste Inklusion folgt aus Satz 4.5.
Seien a ∈ J(R) und b ∈ R. Für M ∈ Max(R) ist dann 1 + S
ab ∈
/ M ; denn sonst wäre auch
1 = (1 + ab) − ab ∈ M wegen a ∈ M . Also ist 1 + ab ∈
/ M ∈Max(R) M = R \ R× , d.h.
1 + ab ∈ R× .
Sei a ∈ R \ J(R), also a ∈
/ M für ein M ∈ Max(R). Dann ist 0 6= a + M ∈ R/M . Da
R/M ein Körper ist, existiert ein b ∈ R mit 1 = (a + M )(b + M ) = ab + M . Folglich ist
1 − ab ∈ M , d.h. 1 − ab ∈
/ R× .
Beispiel. Da P := {p ∈ Z : p Primzahl} unendlich ist, ist J(Z) = 0.
5.3 Satz. Es gilt: |Max(R)| = 1 ⇐⇒ R \ R× E R.
Beweis. “=⇒”: Ist Max(R) = {M }, so gilt nach Bemerkung 5.1 (iii): R \ R× = M E R.
“⇐=”: Sei M := R \ R× E R. Dann ist M ∈ Max(R). Für N ∈ Max(R) ist ferner
N ⊆ R \ R× = M , d.h. N = M . Also ist Max(R) = {M }.
Definition. Ggf. heißt R lokal.
Beispiele. (i) Jeder Körper ist ein lokaler Ring, der Nullring nicht.
(ii) Für jeden Körper K ist der Potenzreihenring K[[X]] ein lokaler Ring, und (X) ∈
Max(K[[X]]).
Bemerkung. (i) In der Kommutativen Algebra versucht man häufig, Fragen über beliebige Ringe auf Fragen über lokale Ringe zurückzuführen.
(ii) Ist R lokal, so ist R zusammenhängend, und Max(R) = {J(R)}.
[Zum Beweis sei e = e2 ∈ R. Im Fall e ∈ J(R) ist 1 − e ∈ R× nach Satz 5.2. Wegen
e(1 − e) = 0 folgt also e = 0. Im Fall e ∈
/ J(R) ist e ∈ R× . Wegen e2 = e folgt also e = 1.
Daher sind 0 und 1 die einzigen Idempotente in R. Wegen R 6= 0 folgt 1 6= 0.]
5.4 Satz. (Nakayamas Lemma)
Sei I E R mit 1 + I ⊆ R× (z.B. I = J(R)), und sei V ein endlich erzeugter R-Modul mit
V = IV . Dann ist V = 0.
Beweis. Dies folgt sofort aus Bemerkung 3.3.
Bemerkung. Für jeden Untermodul U eines endlich erzeugten R-Moduls V mit V =
U + J(R)V ist also U = V . Dies folgt nämlich, indem man Satz 5.4 auf den R-Modul V /U
anwendet.
21
Beispiel. Sei R lokal und M := J(R), also Max(R) = {M }. Für jeden endlich erzeugten
R-Modul V ist dann V /M V auch ein endlich erzeugter R-Modul. Wie in §2 können wir
V /M V auch als (endlich erzeugten) Modul über dem Körper K := R/M , d.h. als endlichdimensionalen K-Vektorraum auffassen. Für jede K-Basis b1 + M V, . . . , bn + M V von
V /M V ist dann V = SpanR (b1 , . . . , bn ) nach Nakayamas Lemma. Daher gilt: µR (V ) =
dimK V /M V . So kann man manchmal Fragen der Kommutativen Algebra auf Fragen der
Linearen Algebra zurückführen.
5.5 Satz. Sei R 6= 0 und V ein endlich erzeugter freier R-Modul. Dann ist jede Basis von
V endlich, und je zwei Basen von V haben die gleiche Anzahl von Elementen.
Beweis. Seien B eine Basis und E ein endliches Erzeugendensystem von V . Dann kann
man jedes e ∈ E als endliche Linearkombination von Elementen in B schreiben. Die dabei
auftretenden Elemente in B bilden eine endliche Teilmenge C von B. Dann ist C ein linear
unabhängiges Erzeugendensystem von V . Folglich ist B = C; insbesondere ist B endlich.
Nach Bemerkung 5.1 existiert ein M ∈ Max(R). Ferner ist V /M V ein Vektorraum über
dem Körper K := R/M , und die Elemente b + M V (b ∈ B) erzeugen den K-Vektorraum
V /M V . Zum Beweis der linearen Unabhängigkeit dieser Elemente sei
0=
X
(rb + M )(b + M V ) =
b∈B
X
rb b + M V
b∈B
P
P
P
mit rb ∈ R für b ∈ B. Wegen V = b∈B Rb ist b∈B rb b ∈ M V = b∈B M b, d.h. rb ∈ M
und damit rb + M = 0 für b ∈ B. Dies zeigt, dass die Elemente b + M V (b ∈ B) eine
K-Basis von V /M V bilden. Also ist |B| = dimK V /M V . Da dies für jede R-Basis von V
gilt, folgt die Behauptung.
Definition. Die Anzahl n der Elemente in jeder Basis von V heißt Rang von V . Man
schreibt: n = rg(V ) = rgR (V ).
Beispiel. Sei R := C(X) der Ring der stetigen Funktionen f : X −→ R auf dem kompakten Intervall X := [0, 1] in R. Für a ∈ X ist dann R −→ R, f −
7 → f (a) ein Ringepimorphismus mit Kern
Ma := {f ∈ R : f (a) = 0}.
Nach dem Homomorphiesatz ist R/Ma ∼
= R ein Körper, d.h. Ma ∈ Max(R). Wir behaupten:
Max(R) = {Ma : a ∈ X}.
Zum Beweis nehmen wir an, dass ein M ∈ Max(R) mit M 6= Ma , also auch M 6⊆ Ma für
alle a ∈ X existiert. Für a ∈ X sei fa ∈ M \ Ma , d.h. fa (a) 6= 0. Da fa stetig ist, existiert
auch eineSoffene Teilmenge Ua ⊆ X mit a ∈ Ua und fa (x) 6= 0 für alle x ∈ Ua . Offenbar
ist X = a∈X Ua . Da X kompakt ist, existieren a1 , . . . , an ∈ X mit X = Ua1 ∪ . . . ∪ Uan .
Dann ist f := fa21 + · · · + fa2n ∈ M und f (a) 6= 0 für alle a ∈ X. Damit haben wir den
Widerspruch f ∈ R× .
Sicher ist A := R \ Z(R) ⊆ R multiplikativ mit {0} ∩ A = ∅. Nach Satz 4.4 existiert
ein P ∈ Spec(R) mit P ∩ A = ∅, d.h. P ⊆ Z(R). Wir nehmen an: P = Ma für ein a ∈ X.
22
Sicher existiert ein ga ∈ Ma mit ga (b) 6= 0 für alle a 6= b ∈ X. Wegen ga ∈ Ma = P ⊆ Z(R)
existiert auch ein 0 6= ha ∈ R mit ga ha = 0. Dann ist ha (b) = 0 für alle a 6= b ∈ X, also
auch ha (a) = 0, da ha stetig ist. Damit haben wir den Widerspruch ha = 0.
Dieser Widerspruch zeigt: Spec(R) 6= Max(R).
6. Kettenbedingungen
Sei R ein Ring.
6.1 Satz. Für jeden R-Modul V sind äquivalent:
(1) Jede nichtleere Menge von Untermoduln von V enthält ein maximales Element (bzgl.
⊆).
(2) Zu jeder aufsteigenden Kette U1 ⊆ U2 ⊆ U3 ⊆ . . . von Untermoduln von V existiert
ein k ∈ N mit Uk = Uk+1 = . . ..
(3) Jeder Untermodul U von V ist endlich erzeugt.
Beweis. (1) ⇐⇒ (2): Dies folgt aus Satz 0.0.
(1) =⇒ (3): Sei (1) erfüllt. Dann ist die Menge U aller endlich erzeugten Untermoduln
von U nichtleer wegen 0 ∈ U. Wegen (1) enthält U ein maximales Element W . Im Fall
W 6= U könnte man ein Element u ∈ U \ W wählen. Dann wäre W < W + Ru ∈ U im
Widerspruch zur Wahl von W . Also ist U = W endlich erzeugt.
(3) =⇒ (2):S Sei (3) erfüllt und U1 ⊆ U2 ⊆ U3 ⊆ . . . wie in (2). Man zeigt leicht,
∞
dass U := k=1 Uk ein Untermodul von V ist. Wegen (3) ist U endlich erzeugt, etwa
U = Ru1 + · · · + Run . Jedes ui ist in einem Uki enthalten. Sei k := max{k1 , . . . , kn }. Dann
gilt: u1 , . . . , un ∈ Uk , d.h. U ⊆ Uk ⊆ Uk+1 ⊆ . . . ⊆ U . Insbesondere ist Uk = Uk+1 = . . ..
Definition. Ggf. heißt V noethersch.
Bemerkung. Analog sind für jeden R-Modul V äquivalent:
(1) Jede nichtleere Menge von Untermoduln von V enthält ein minimales Element.
(2) Zu jeder absteigenden Kette U1 ⊇ U2 ⊇ U3 ⊇ . . . von Untermoduln von V existiert
ein k ∈ N mit Uk = Uk+1 = . . . .
Ggf. heißt V artinsch.
6.2 Satz. Für jeden Untermodul U eines R-Moduls V gilt:
V noethersch (bzw. artinsch) ⇐⇒ U und V /U noethersch (bzw. artinsch).
Beweis. Wir zeigen nur die Aussage über noethersche Moduln; der Rest geht analog.
“=⇒”: Sei V noethersch. Dann ist jede nichtleere Menge von Untermoduln von U auch
eine nichtleere Menge von Untermoduln von V , enthält also ein maximales Element. Daher
ist U noethersch.
Sei W1 /U ⊆ W2 /U ⊆ W3 /U ⊆ . . . eine aufsteigende Folge von Untermoduln von V /U .
Dann ist W1 ⊆ W2 ⊆ W3 ⊆ . . . eine aufsteigende Folge von Untermoduln von V . Also
23
existiert ein k ∈ N mit Wk = Wk+1 = . . .. Dann ist auch Wk /U = Wk+1 /U = . . .. Daher
ist V /U noethersch.
“⇐=”: Seien U und V /U noethersch, und sei W1 ⊆ W2 ⊆ W3 ⊆ . . . eine aufsteigende
Folge von Untermoduln von V . Dann ist W1 + U/U ⊆ W2 + U/U ⊆ W3 + U/U ⊆ . . . eine
aufsteigende Folge von Untermoduln von V /U . Daher existiert ein k ∈ N mit Wk + U/U =
Wk+1 + U/U = . . ., d.h. Wk + U = Wk+1 + U = . . ..
Analog ist W1 ∩ U ⊆ W2 ∩ U ⊆ W3 ∩ U ⊆ . . . eine aufsteigende Folge von Untermoduln
von U . Daher existiert ein l ∈ N mit Wl ∩ U = Wl+1 ∩ U = . . .. Mit Dedekinds Lemma
folgt für n ≥ max{k, l}:
Wn = Wn +(U ∩Wn ) = Wn +(U ∩Wn+1 ) = (Wn +U )∩Wn+1 = (Wn+1 +U )∩Wn+1 = Wn+1 .
Bemerkung. (i) Für noethersche (bzw. artinsche) Untermoduln U, U ′ eines beliebigen
R-Moduls ist auch U + U ′ noethersch (bzw. artinsch); denn der Untermodul U ′ von U + U ′
ist noethersch (bzw. artinsch), und der Faktormodul U + U ′ /U ′ ≃ U/U ∩ U ′ ist auch
noethersch (bzw. artinsch).
(ii) Induktiv folgt: Für noethersche (bzw. artinsche) Untermoduln U1 , . . . , Un eines beliebigen R-Moduls ist auch U1 + · · · + Un noethersch (bzw. artinsch).
6.3 Definition. Ist der reguläre R-Modul R noethersch (bzw. artinsch), so heißt R ein
noetherscher (bzw. artinscher) Ring.
Bemerkung. (i) Ggf. ist auch R/I noethersch (bzw. artinsch) für jedes Ideal I E R; denn
jeder R/I-Untermodul von R/I hat die Form U/I mit einem R-Untermodul U von R, der
I enthält.
(ii) Wir werden später zeigen, dass jeder artinsche Ring auch noethersch ist.
Satz. Ist R noethersch, so ist jeder endlich erzeugte R-Modul V noethersch; insbesondere
ist jeder Untermodul von V endlich erzeugt.
Beweis. Wir schreiben V = Rv1 + · · · + Rvn mit v1 , . . . , vn ∈ V . Für i = 1, . . . , n ist
dann fi : R −→ Rvi , a 7−→ avi , ein R-Epimorphismus; insbesondere ist Rvi ≃ R/Ker(fi )
noethersch. Daher ist auch V = Rv1 + · · · + Rvn noethersch.
Beispiel. Jeder HIR ist noethersch; insbesondere sind Z und jeder Körper noethersch.
6.4 Satz. (Hilberts Basissatz)
Ist R ein noetherscher Ring, so ist auch R[X] ein noetherscher Ring.
Beweis. Wir nehmen an, dass R[X] nicht noethersch ist. Dann enthält R[X] ein Ideal
I, das nicht endlich erzeugt ist; insbesondere ist I 6= 0. Wir wählen ein Polynom f1
minimalen Grades in I \ {0}. Dann ist I 6= (f1 ). Wir wählen ein Polynom f2 minimalen
Grades in I \ (f1 ). Dann ist I 6= (f1 , f2 ). Wir wählen ein Polynom f3 minimalen Grades
in I \ (f1 , f2 ), usw. Wir erhalten so Polynome f1 , f2 , f3 , . . . ∈ I. Für k ∈ N sei nk der
Grad und ak der höchste Koeffizient von fk . Dann ist n1 ≤ n2 ≤ n3 ≤ . . . und (a1 ) ⊆
24
(a1 , a2 ) ⊆ (a1 , a2 , a3 ) ⊆ . . .. Da R noethersch ist, existiert ein k ∈ N mit (a1 , . . . , ak ) =
Pk
(a1 , . . . , ak , ak+1 ). Es existieren also b1 , . . . , bk ∈ R mit ak+1 = i=1 bi ai . Daher ist
g := fk+1 −
k
X
i=1
bi X nk+1 −ni fi ∈ I \ (f1 , . . . , fk )
und deg(g) < deg(fk+1 ) im Widerspruch zur Wahl von fk+1 .
Bemerkung. (i) Induktiv folgt, dass mit R auch der Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] in
endlich vielen Variablen X1 , . . . , Xn noethersch ist. Insbesondere sind Z[X1 , . . . , Xn ] und
K[X1 , . . . , Xn ] für jeden Körper K noethersche Ringe. Dagegen ist der Polynomring
Z[X1 , X2 , . . .] in unendlich vielen Variablen X1 , X2 , . . . nicht noethersch. (Warum?)
(ii) Ist R ein noetherscher Ring, so ist auch jede endlich erzeugte R-Algebra S ein noetherscher Ring; denn S ist zu einem Restklassenring eines Polynomrings in endlich vielen
Variablen über R isomorph.
6.5 Bemerkung. Für jedes Ideal I E R und jedes Element a ∈ R ist f : R −→ R/I,
r 7−→ ra + I, R-linear mit Bild Ra + I/I und Kern {r ∈ R : ra ∈ I} =: (I : a);
insbesondere ist I ⊆ (I : a) E R, und f induziert eine exakte Folge von R-Moduln und
R-Homomorphismen 0 −→ R/(I : a) −→ R/I −→ R/I + Ra −→ 0.
Satz. Sind in dieser Situation (I : a) und I + Ra endlich erzeugt, so ist auch I endlich
erzeugt.
Beweis. Wir schreiben (I : a) = (c1 , . . . , ct ) und I + Ra = (b1 , . . . , bn , a) mit c1 , . . . , ct ,
b1 , . . . , bn ∈ R; dabei seien o.B.d.A. b1 , . . . , bn ∈ I. Dann ist J := (c1 a, . . . , ct a, b1 , . . . , bn )
⊆ I.
Pn
Sei x ∈ I ⊆ I + Ra. Wir schreiben x = i=1 ri bi + ra mit r1 , . . . , rn , r ∈ R. Dann ist
Pn
Pt
ra = x − i=1 ri bi ∈ I, d.h. r ∈ (I : a). Wir schreiben r = j=1 sj cj mit s1 , . . . , st ∈ R.
Pn
Pt
Dann ist x = i=1 ri bi + j=1 sj cj a ∈ J. Dies zeigt: I = J; insbesondere ist I endlich
erzeugt.
6.6 Satz. (Cohen)
Genau dann ist R noethersch, wenn alle P ∈ Spec(R) endlich erzeugt sind.
Beweis. Sei R nichtnoethersch. Dann ist die Menge A aller nicht endlich erzeugten Ideale
von R nichtleer und durch
⊆ geordnet.
Sei B eine nichtleere total geordnete Teilmenge
S
P
von A. Dann ist S := B∈B B = B∈B B E R. Ferner ist S nicht endlich erzeugt; denn
ein endliches Erzeugendensystem X von S wäre bereits in einem B ∈ B enthalten. Also
wäre B ⊆ S = RX ⊆ B, d.h. B = S wäre endlich erzeugt.
Also ist S eine obere Schranke von B in A. Nach Zorns Lemma enthält A ein maximales
Element P . Wir nehmen P ∈
/ Spec(R) an. Dann existieren a, b ∈ R \ P mit ab ∈ P . Also
ist P < P + Ra und P < (P : a) wegen b ∈ (P : a). Nach Wahl von P sind P + Ra und
(P : a) endlich erzeugt. Nach Satz 6.5 ist auch P endlich erzeugt. Damit haben wir einen
Widerspruch.
Dies zeigt, dass R ein nicht endlich erzeugtes Primideal enthält.
25
6.7 Satz. Sei R[[X]] der Potenzreihenring über R. Dann ist
φ : R[[X]] −→ R,
∞
X
i=0
ai X i 7−→ a0 ,
ein Ringepimorphismus. Für I E R[[X]] ist also φ(I) E R. Für P ∈ Spec(R[[X]]) gilt
dabei: P endlich erzeugt ⇐⇒ φ(P ) endlich erzeugt.
Beweis. Sicher ist φ ein Epimorphismus, Für jedes Ideal I von R[[X]] ist also φ(I) E R,
und aus I = (f1 , . . . , fr ) folgt φ(I) = (φ(f1 ), . . . , φ(fr )).
Sei jetzt umgekehrt P ∈ Spec(R[[X]]) und φ(P ) = (a1 , . . . , ar ) mit a1 , . . . , ar ∈ R. Für
i = 1, . . . , r enthält also P ein Element der Form fi = ai + bi1 X + bi2 X 2 + · · ·.
Im Fall X ∈ P ist dann P = (X, f1 , . . . , fr ); denn ist f = a + b1 X + b2 X 2 + · · · ∈ P , so ist
a ∈ φ(PP
) = (a1 , . . . , ar ). Daher existieren c1 , . . . , cr ∈ R mit a = c1 a1 + · · · + cr ar . Dann
r
ist f − i=1 ci fi ∈ Ker(φ) = (X), d.h. f ∈ (X, f1 , . . . , fr ).
Im Fall X ∈
/ P ist P = (f1 , . . . , fr ); denn ist f = a + b1 X + b2 X 2 + · · · ∈ P , so ist wieder
a ∈ φ(P
∈ R mit a = c1 a1 +· · ·+cr ar . Dann ist
Pr ) = (a1 , . . . , ar ). Daher existieren c1 , . . . , cr P
r
f − i=1 ci fi ∈ Ker(φ) = (X). Wir schreiben f − i=1 ci fi = Xg mit g ∈ R[[X]]. Dann
ist Xg
/ P . Analog existieren d1 , . . . , dP
r ∈ R und h ∈ R[[X]] mit
Pr∈ P , also g ∈ P wegen X ∈
r
g − i=1 di fi = Xh. Fährt man so fort, so ist schließlich f = i=1 (ci + di X + · · ·)fi ∈
(f1 , . . . , fr ).
Bemerkung. Aus Satz 6.7 folgt also: R noethersch ⇐⇒ R[[X]] noethersch.
7. Spektrum und Zariski-Topologie
Sei R ein Ring.
7.1 Definition. Für T ⊆ R sei
V(T ) := VR (T ) := {P ∈ Spec(R) : T ⊆ P } ⊆ Spec(R).
Bemerkung. (i) Für I := (T ) ist dann V(T ) = V(I) = V(rad(I)). Der Buchstabe V steht
für Varietät, einen Begriff aus der Algebraischen Geometrie.
(ii) Offenbar ist V(∅) = Spec(R) und V(R) = ∅.
(iii) Für jede nichtleere Familie (Iγ )γ∈Γ von Idealen in R ist
V(
X
Iγ ) =
γ∈Γ
\
γ∈Γ
V(Iγ ).
(iv) Für I, J E R mit I ⊆ J ist offenbar V(J) ⊆ V(I).
(v) Für I, J E R ist ferner V(I) ∪ V(J) = V(I ∩ J) = V(IJ); denn wegen IJ ⊆ I ∩ J ⊆ I
ist einerseits V(I) ⊆ V(I ∩ J) ⊆ V(IJ) und analog V(J) ⊆ V(I ∩ J) ⊆ V(IJ), d.h.
V(I) ∪ V(J) ⊆ V(I ∩ J) ⊆ V(IJ). Andererseits gilt für P ∈ Spec(R) mit P ∈
/ V(I) ∪ V(J):
I 6⊆ P und J 6⊆ P . Daher ist IJ 6⊆ P und damit P ∈
/ V(IJ).
26
(vi) Daher existiert genau eine Topologie Z, die Zariski-Topologie, auf Spec(R) mit der
Eigenschaft, dass die Mengen V(I) (I E R) genau die abgeschlossenen Mengen bzgl. Z
sind.
(vii) Der topologische Raum (Spec(R), Z) ist quasikompakt.
[Zum Beweis sei eine Überdeckung von Spec(R) mit offenen Mengen Spec(R)
\ V(I)
T
gegeben;
dabei
durchläuft
I
eine
Menge
I
von
Idealen
von
R.
Dann
ist
∅
=
V(I)
=
P
P
PI∈I
V( I∈I I), d.h. es gibt kein Primideal von R, das I∈I I enthält. Daher ist I∈I I = R.
Folglich existieren I1 , . . . , In ∈ I mit 1 ∈ I1 + · · · + In . Daher ist
∅ = V(R) = V(I1 + · · · + In ) =
und Spec(R) =
Sn
j=1 (Spec(R)
n
\
j=1
V(Ij )
\ V(Ij )). ]
Beispiel. In Spec(Z) sind genau Spec(Z) selbst und die Mengen {(p1 ), . . . , (pr )} mit
p1 , . . . , pr ∈ P und r ∈ N0 abgeschlossen. Daher ist die einelementige Menge {(0)} nicht
abgeschlossen in Spec(Z). Daher ist Spec(Z) kein T1 -Raum, also auch kein T2 -Raum
(Hausdorff-Raum).
Satz. (i) Jeder Ringhomomorphismus f : R −→ S induziert eine stetige Abbildung
f ∗ : Spec(S) −→ Spec(R),
Q 7−→ f −1 (Q).
(ii) Ist I E R und f : R −→ S := R/I kanonisch, so ist
f ′ : Spec(R/I) −→ V(I),
Q 7−→ f −1 (Q),
ein Homöomorphismus; dabei fasst man V(I) als topologischen Unterraum von Spec(R)
auf.
(iii) Insbesondere ist Spec(R/I) ∼ Spec(R) für I := nil(R).
Beweis. (i) Für Q ∈ Spec(S) ist f −1 (Q) ∈ Spec(R) nach Bemerkung 4.2, und für I E R
gilt:
Q ∈ (f ∗ )−1 (V(I)) ⇐⇒ f ∗ (Q) ∈ V(I) ⇐⇒ I ⊆ f −1 (Q) ⇐⇒ f (I) ⊆ Q.
Daher ist (f ∗ )−1 (V(I)) = V(f (I)) ⊆ Spec(S) abgeschlossen. Also sind Urbilder abgeschlossener Teilmengen wieder abgeschlossen. Folglich ist f ∗ stetig.
(ii) Seien I, S, f wie oben. Dann ist f ∗ injektiv mit Bild V(I), d.h. f ′ ist bijektiv
und stetig. Ist A ⊆ Spec(R/I) abgeschlossen, so existiert ein J E R mit I ⊆ J und
A = V(J/I). Dann ist f ′ (A) = V(J) abgeschlossen in Spec(R) und V(I). Dies zeigt, dass
f ′ ein Homöomorphismus ist.
(iii) ist ein Spezialfall von (ii).
T
7.2 Bemerkung. (i) Für Q ⊆ Spec(R) ist I(Q) := P ∈Q P E R ein Radikalideal nach
Bemerkung 4.6 (vii). Man nennt IQ das Verschwindungsideal von Q.
(ii) Für P ⊆ Q ⊆ Spec(R) ist I(Q) ⊆ I(P).
27
(iii) Für I E R ist
I(V(I)) =
\
P ∈V(I)
\
P =
P = rad(I).
I⊆P ∈Spec(R)
(iv) Für Q ⊆ Spec(R)
T ist umgekehrt V(I(Q)) der Abschluss Q von Q in Spec(R); denn für
Q ∈ Q ist I(Q) = P ∈Q P ⊆ Q, d.h. Q ∈ V(I(Q)). Daher ist Q in der abgeschlossenen
Teilmenge V(I(Q)) von Spec(R) enthalten. Also gilt auch Q ⊆ V(I(Q)). Ist I E R mit
Q = V(I), so ist I ⊆ rad(I) = I(V(I)) = I(Q) ⊆ I(Q) und damit Q = V(I) ⊇ V(I(Q)).
(v) Durch V und I erhält man zueinander inverse Bijektionen
{Radikalideale von R} ←→ {abgeschlossene Teilmengen von Spec(R)};
denn für jedes Radikalideal J E R ist V(J) ⊆ Spec(R) abgeschlossen, und für jede
abgeschlossene Teilmenge Q ⊆ Spec(R) existiert ein Ideal I E R mit Q = V(I). Daher ist I(Q) = I(V(I)) = rad(I) E R ein Radikalideal. Dabei ist I(V(J)) = rad(J) = J
und V(I(Q)) = Q = Q.
(vi) Für P ∈ Spec(R) ist I({P }) = P , also {P } = V(I({P })) = V(P ) = {Q ∈ Spec(R) :
P ⊆ Q}; insbesondere ist P das kleinste Element in {P }. Dies zeigt, dass Spec(R) ein
T0 -Raum ist.
7.3 Satz. Für jede abgeschlossene Teilmenge A ⊆ Spec(R) gilt: A irreduzibel ⇐⇒ I(A) ∈
Spec(R).
Beweis. “=⇒”: Sei I(A) ∈
/ Spec(R). Dann existieren a, b ∈ R \ I(A) mit ab ∈ I(A). Wir
setzen I := I(A) + Ra und J := I(A) + Rb. Wegen I(A) ⊆ I ist V(I) ⊆ V(I(A)) = A.
Analog ist V(J) ⊆ A. Andererseits ist IJ ⊆ I(A), d.h.
A = V(I(A)) ⊆ V(IJ) = V(I) ∪ V(J) ⊆ A.
Insgesamt ist also A = V(I) ∪ V(J). Im Fall A = V(I) hätte man den Widerspruch
a ∈ I ⊆ I(V(I)) = I(A). Daher ist A 6= V(I) und analog A 6= V(J). Also ist A nicht
irreduzibel.
“⇐=”: Sei A = A1 ∪ A2 mit echten abgeschlossenen Teilmengen A1 , A2 . Dann ist
V(I(A)) = A = A1 ∪ A2 = V(I(A1 )) ∪ V(I(A2 )) = V(I(A1 ) ∩ I(A2 ));
dabei ist I(A1 )∩I(A2 ) = I(A1 ∪A2 ) E R ein Radikalideal. Also ist I(A) = I(A1 )∩I(A2 ) ⊇
I(A1 )I(A2 ). Wegen I(A1 ) ⊃ I(A) ⊂ I(A2 ) folgt : I(A) ∈
/ Spec(R).
Bemerkung. Die Bijektionen aus Bemerkung 7.2 (iv) liefern also Bijektionen
Spec(R) ←→ {irreduzible abgeschlossene Teilmengen von Spec(R)}.
Diese induzieren offenbar Bijektionen
Min(R) ←→ {irreduzible Komponenten von Spec(R)}.
28
7.4 Satz. Die Abbildung
α: {e ∈ R: e2 = e} −→ {Q ⊆ Spec(R): Q offen und abgeschlossen}, e 7−→ V(e) := V(Re),
ist bijektiv.
Beweis. Für jedes Idempotent e ∈ R ist Spec(R) = V(0) = V(e(1 − e)) = V(e) ∪ V(1 − e)
und V(e) ∩ V(1 − e) ⊆ V(1) = ∅, d.h. Spec(R) ist die disjunkte Vereinigung von V(e) und
V(1 − e); insbesondere ist V(e) ⊆ Spec(R) offen und abgeschlossen.
Sei N := nil(R). Satz 1.1 liefert eine Bijektion e 7−→ e+N zwischen den Idempotenten
e := {P/N : P ∈ Q}
von R und denen von R/N , und Satz 7.1 liefert eine Bijektion Q 7−→ Q
zwischen den offenen abgeschlossenen Teilmengen von Spec(R) und denen von Spec(R/N ).
g wie man leicht nachrechnet. Daher genügt es, die Aussage
Dabei gilt: V(e + N ) = V(e),
für R/N statt R zu zeigen. Wir können also o.B.d.A. N = 0 annehmen.
Für jedes Idempotent e ∈ R ist Re ⊆ rad(Re) = I(V(Re)) = I(V(e)) =: I. Analog
ist R(1 − e) ⊆ I(V(1 − e)) =: J, und
IJ ⊆ I ∩ J =
\
P ∈V(e)
P∩
\
P ∈V(1−e)
P =
\
P = N = 0,
P ∈Spec(R)
also I ⊆ Ie + I(1 − e) = Ie ⊆ Re. Folglich ist I(V(e)) = I = Re; insbesondere ist e das
Einselement von I(V(e)). Dies zeigt die Injektivität von α.
Zum Beweis der Surjektivität sei Q ⊆ Spec(R) offen und abgeschlossen. Dann
T ist auch
′
Q := Spec(R)
\ Q ⊆ Spec(R) offen und abgeschlossen. Ferner sind
T I(Q) = P ∈Q P und
T
I(Q′ ) = P ∈Q′ P Ideale in R mit I(Q)I(Q′ ) ⊆ I(Q) ∩ I(Q′ ) = P ∈Spec(R) P = N = 0.
Andererseits ist V(I(Q) + I(Q′ )) = V(I(Q)) ∩ V(I(Q′ )) = Q ∩ Q′ = ∅, d.h. R =
I(Q) + I(Q′ ) = I(Q) ⊕ I(Q′ ). Daher existieren e ∈ I(Q), f ∈ I(Q′ ) mit 1 = e + f .
Wegen e(1 − e) = ef ∈ I(Q)I(Q′ ) = 0 ist e2 = e. Wegen Re ⊆ I(Q) ⊆ I(Q)e + I(Q)f =
I(Q)e ⊆ Re ist I(Q) = Re und damit Q = V(I(Q)) = V(Re) = V(e). Damit ist die
Surjektivität von α gezeigt.
Bemerkung. (i) Für Idempotente e, f ∈ R ist auch ef ein Idempotent. Dabei gilt:
V(ef ) = V(e) ∪ V(f ).
(ii) Der Beweis von Satz 7.4 zeigt: V(1 − e) = Spec(R) \ V(e).
(iii) Für Idempotente e, f ∈ R ist auch e ∨ f := e + f − ef ein Idempotent mit V(e ∨ f ) =
V(e) ∩ V(f ); dies rechnet man leicht nach.
7.5 Satz. Ist R 6= 0, so gilt: R zusammenhängend ⇐⇒ Spec(R) zusammenhängend.
Beweis. Enthält R ein Idempotent e mit 0 6= e 6= 1, so ist Spec(R) nach Satz 7.4
die disjunkte Vereinigung der abgeschlossenen Teilmengen V(e) und Spec(R) \ V(e) mit
Spec(R) = V(0) 6= V(e) 6= V(1) = ∅. Die Umkehrung zeigt man analog.
7.6 Bemerkung. Die Mengen
D(a) := DR (a) := {P ∈ Spec(R) : a ∈
/ P } = Spec(R) \ V(a)
29
(a ∈ R) bilden eine Basis der Zariski-Topologie auf Spec(R); denn für I E R gilt:
Spec(R) \ V(I) = {P ∈ Spec(R) : I 6⊆ P } =
[
a∈I
{P ∈ Spec(R) : a ∈
/ P} =
[
a∈I
D(a).
Satz. Für a, b ∈ R gilt:
(i) D(ab) = D(a) ∩ D(b);
(ii) D(a) = ∅ ⇐⇒ a ∈ nil(R);
(iii) D(a) = Spec(R) ⇐⇒ a ∈ R× .
Beweis. (i) Für P ∈ Spec(R) gilt: P ∈ D(ab) ⇐⇒ ab ∈
/ P ⇐⇒ a ∈
/ P ∧b ∈
/ P ⇐⇒ P ∈
D(a) ∧ P ∈ D(b) ⇐⇒ P ∈ D(a) ∩ D(b).
T
(ii) D(a) = ∅ ⇐⇒ a ∈ P für alle P ∈ Spec(R) ⇐⇒ a = P ∈Spec(R) P = nil(R).
(iii) D(a) = Spec(R) ⇐⇒ a ∈
/ P für alle P ∈ Spec(R) ⇐⇒ a ∈ R× .
7.7 Satz. Ist R ein noetherscher Ring, so ist Spec(R) ein noetherscher topologischer
Raum. Insbesondere ist jede Teilmenge von Spec(R) quasikompakt (in der induzierten
Topologie).
Beweis. Sei R noethersch und A1 ⊇ A2 ⊇ A3 ⊇ . . . eine Folge abgeschlossener Teilmengen
von Spec(R). Dann ist I(A1 ) ⊆ I(A2 ) ⊆ I(A3 ) ⊆ . . . eine Folge von Idealen in R.
Also existiert ein k ∈ N mit I(Ak ) = I(Ak+1 ) = . . .. Anwendung von V liefert dann
Ak = Ak+1 = . . .. Dies zeigt, dass Spec(R) noethersch ist. Der Rest folgt aus Satz 0.5.
Beispiel. Sei R ein HIR (z.B. R = Z), und sei 0 6= r ∈ R mit Primfaktorzerlegung
r = pt11 · · · ptss . Dann ist
V(r) := V({r}) = {(p1 ), . . . , (ps )} = {(p1 )} ∪ . . . ∪ {(ps )}
mit abgeschlossenen Teilmengen {(p1 )}, . . . , {(ps )} ⊆ Spec(R). Daher sind {(p1 )}, . . . ,
{(ps )} die irreduziblen Komponenten von V(r).
7.8 Satz. Sei R noethersch und I E R, und seien A1 , . . . , Ak die irreduziblen Komponenten
von V(I). Dann sind P1 := I(A1 ), . . . , Pk := I(Ak ) genau die minimalen Elemente in
V(I), und es gilt: rad(I) = P1 ∩ . . . ∩ Pk . Dabei kann man kein Pi weglassen.
Beweis. Nach Satz 7.7 ist V(I) ein noetherscher topologischer Raum. Nach Satz 0.5 hat
V(I) nur endlich viele irreduzible Komponenten A1 , . . . , Ak . Diese sind abgeschlossen und
irreduzibel in Spec(R). Nach Bemerkung 7.3 gilt für i = 1, . . . , k: Pi := I(Ai ) ∈ Spec(R).
Wegen V(I) = A1 ∪ · · · ∪ Ak ist I ⊆ rad(I) = I(V(I)) = I(A1 ) ∩ · · · ∩ I(Ak ) = P1 ∩ · · · ∩ Pk .
Insbesondere gilt für i = 1, . . . , k: Pi ∈ V(I).
Ist Q ∈ V(I) mit Q ⊆ Pi , so ist Ai = V(Pi ) ⊆ V(Q) ⊆ V(I). Da V(Q) abgeschlossen
und irreduzibel in Spec(R) und V(I) ist, folgt: Ai = V(Q) und damit Pi = I(Ai ) =
I(V(Q)) = Q. Also ist Pi minimal in V(I).
Sei jetzt P ∈ V(I) beliebig. Wegen I ⊆ P ist dann V(P ) eine irreduzible abgeschlossene Teilmenge von Spec(R) und V(I). Folglich ist V(P ) ⊆ Aj für ein j ∈ {1, . . . , k}. Daher
30
ist Pj = I(Aj ) ⊆ I(V(P )) = P . Dies zeigt, dass P1 , . . . , Pk genau die minimalen Elemente
in V(I) sind.
Im Fall rad(I) = P2 ∩ · · · ∩ Pk wäre V(I) = V(rad(I)) = V(P2 ) ∪ · · · ∪ V(Pk ) =
A2 ∪ · · · ∪ Ak im Widerspruch zu Bemerkung 0.5.
7.9 Satz. Sei R noethersch. Dann enthält R nur endlich viele minimale Primideale
P1 , . . . , Ps . Dabei ist P1 ∪· · ·∪Ps ⊆ Z(R). Ist R auch reduziert, so gilt sogar: P1 ∪· · ·∪Ps =
Z(R).
Beweis. Dies folgt aus Satz 7.8 (mit I := 0) und aus Satz 4.5.
8. Quotientenringe und Quotientenmoduln
Sei A eine multiplikative Teilmenge eines Rings R.
8.1 Bemerkung. (i) Für jeden R-Modul V erhält man eine Äquivalenzrelation ∼ auf
V × A durch:
(v, a) ∼ (w, b) :⇐⇒ ∃c ∈ A : caw = cbv :
Reflexivität: Für v ∈ V , a ∈ A ist (v, a) ∼ (v, a) wegen 1 · av = 1 · av.
Symmetrie: Seien (v, a), (w, b) ∈ V × A mit (v, a) ∼ (w, b). Dann existiert ein c ∈ A
mit caw = cbv, d.h. (w, b) ∼ (v, a).
Transitivität: Seien (u, a), (v, b), (w, c) ∈ V × A mit (u, a) ∼ (v, b) und (v, b) ∼ (w, c).
Dann existieren d, e ∈ A mit dav = dbu und ebw = ecv. Daher ist bde ∈ A und bdecu =
ecdav = daebw = bdeaw, d.h. (u, a) ∼ (w, c).
(ii) Für v ∈ V und a ∈ A sei av die Äquivalenzklasse von (v, a) bzgl. ∼. Für b ∈ A ist dann
bv
v
a = ba ; denn wegen 1bav = 1abv ist (v, a) ∼ (bv, ba). Man kann so Brüche erweitern und
kürzen.
(iii) A−1 V := { av : v ∈ V, a ∈ A} wird zu einer abelschen Gruppe durch
w
bv + aw
v
+ :=
a
b
ab
Wohldefiniertheit: Sei
v
a
=
v′
a′ .
(v, w ∈ V ; a, b ∈ A) :
Dann existiert ein c ∈ A mit ca′ v = cav ′ . Daher gilt:
bv + aw
ca′ bv + ca′ aw
cabv ′ + ca′ aw
bv ′ + a′ w
=
=
=
.
ab
ca′ ab
ca′ ab
a′ b
′
Analog argumentiert man im Fall wb = wb′ .
= av+bu
= vb + ua .
Kommutativität: ua + vb = bu+av
ab
ba
+ wc = cbu+cav+abw
=
Assoziativität: ( ua + vb ) + wc = bu+av
ab
abc
u
Neutrales Element: ua + 10 = 1u+a0
=
.
a1
a
2
au+a(−u)
u
−u
0
Negative Elemente: a + a =
= a02 = 0a
a2
a2 = 1 .
31
u
a
+
cv+bw
bc
=
u
a
+ ( vb +
w
c ).
(iv) A−1 V wird zu einem R-Modul mit
r·
rv
v
:=
a
a
(r ∈ R, v ∈ V, a ∈ A) :
′
Wohldefiniertheit: Sei av = av′ . Dann existiert ein b ∈ A mit ba′ v = bav ′ . Daher gilt:
rv
ba′ rv
barv ′
rv ′
a = ba′ a = ba′ a = a′ .
r·sv
rs·v
v
Assoziativität: r(s av ) = r sv
a = a = a = (rs) a .
rw
v
w
v
Distributivität: r( av + wb ) = r bv+aw
= rbv+raw
= rv
ab
ab
a + b = r a + r b und (r + s) a =
(r+s)v
sv
v
v
= a(r+s)v
= arv+asv
= rv
a
a2
a2
a + a = ra + sa.
v
Neutrales Element: 1 · av = 1v
a = a.
−1
Der R-Modul A V heißt Quotientenmodul von V bzgl. A.
(v) Die kanonische Abbildung λ : V −→ A−1 V , v 7−→ v1 , ist ein R-Homomorphismus;
denn für v, w ∈ V , r, s ∈ R gilt:
λ(rv + sw) =
rv + sw
rv sw
v
w
=
+
= r + s = rλ(v) + sλ(w).
1
1
1
1
1
(vi) Für v ∈ V , a ∈ A gilt in A−1 V :
v
= 0 ⇐⇒ ∃b ∈ A : b1v = ba0 ⇐⇒ ∃b ∈ A : bv = 0.
a
Daher ist TA (V ) := {v ∈ V : ∃b ∈ A : bv = 0} = Ker(λ); man nennt TA (V ) den
A-Torsionsmodul von V . Dann gilt:
A−1 V = 0 ⇐⇒ ∀v ∈ V ∃b ∈ A : bv = 0 ⇐⇒ TA (V ) = V.
(vii) Für a ∈ A ist die Multiplikationsabbildung µa : A−1 V −→ A−1 V , vb 7−→ a vb ,
bijektiv; denn im Fall 0 = µa ( vb ) = av
b existiert ein c ∈ A mit cav = 0. Nach (vi) ist also
v
=
0.
Daher
ist
µ
injektiv.
a
b
w
w
w
) = a ad
= aw
Für w ∈ V und d ∈ A ist ferner µa ( ad
ad = d . Daher ist µa auch surjektiv.
Satz. (Universelle Eigenschaft des Quotientenmoduls)
Sei V ein R-Modul, und sei λ : V −→ A−1 V kanonisch. Dann existiert zu jedem R-Modul
W mit der Eigenschaft, dass µa : W −→ W , w 7−→ aw, für a ∈ A bijektiv ist, und zu
jedem f ∈ HomR (V, W ) genau ein F ∈ HomR (A−1 V, W ) mit F ◦ λ = f .
Beweis. Zum Beweis der Eindeutigkeit sei F ∈ HomR (A−1 V, W ) mit F ◦ λ = f . Für
v ∈ V , a ∈ A gilt dann:
v
v
v
av
v
µa (F ( )) = aF ( ) = F (a ) = F ( ) = F ( ) = F (λ(v)) = f (v),
a
a
a
a
1
d.h. F ( av ) = µ−1
a (f (v)).
Zum Beweis der Existenz definieren wir F : A−1 V −→ W durch F ( av ) = µ−1
a (f (v))
′
für v ∈ V , a ∈ A. Dann ist F wohldefiniert; denn im Fall av = av ′ existiert ein b ∈ A mit
32
ba′ v = bav ′ . Daher ist ba′ f (v) = f (ba′ v) = f (bav ′ ) = baf (v ′ ). Also ist a′ f (v) = af (v ′ ),
−1
−1
′
′
−1
′
d.h. f (v) = µ−1
a′ (af (v )) = aµa′ (f (v )) und damit µa (f (v)) = µa′ (f (v )).
Ferner ist F ein R-Homomorphismus; denn für u, v ∈ V , a, b ∈ A, r ∈ R gilt:
F(
und
bu + av
u v
−1 −1
+ ) = F(
) = µ−1
ab (f (bu + av)) = µa (µb (bf (u) + af (v)))
a
b
ab
u
v
−1
−1
−1
= µ−1
a (f (u) + aµb (f (v))) = µa (f (u)) + µb (f (v)) = F ( ) + F ( )
a
b
ru
u
u
−1
F (r ) = F ( ) = µ−1
a (f (ru)) = rµa (f (u)) = rF ( ).
a
a
a
Schließlich ist F ◦ λ = f wegen F (λ(v)) = F ( v1 ) = µ−1
1 (f (v)) = f (v) für v ∈ V .
8.2 Bemerkung. (i) A−1 R wird zu einem Ring durch
r s
rs
· :=
a b
ab
(r, s ∈ R; a, b ∈ A)
′
rs
ab
Wohldefiniertheit: Ist ar = ar ′ , so existiert ein c ∈ A mit ca′ r = car′ . Daher gilt:
ca′ rs
car ′ s
r′ s
s
s′
= ca
′ ab = ca′ ab = a′ b . Analog argumentiert man im Fall b = b′ .
Assoziativität: Für r, s, t ∈ R, a, b, c ∈ A gilt:
r s t
rs t
rst
r st
r s t
( · )· =
· =
= ·
= · ( · ).
a b c
ab c
abc
a bc
a b c
rs
sr
= ba
= sb ar .
Kommutativität: ar sb = ab
t
r cs+bt
rs
rt
r s
= acrs+abrt
= ab
+ ac
= ar sb + ar ct .
Distributivität: a ( b + c ) = a bc = rcs+rbt
abc
a2 bc
1r
Neutrales Element: 11 ar = 1a
= ar .
Man nennt A−1 R Quotientenring von R bzgl. A.
(ii) Die kanonische Abbildung ρ : R −→ A−1 R, r 7−→ 1r , ist ein Ringhomomorphismus;
denn für r, s ∈ R gilt:
ρ(rs) =
rs
rs
=
= ρ(r)ρ(s) und
1
11
ρ(1) =
1
= 1A−1 R .
1
Wir können also A−1 R als R-Algebra auffassen. Dabei ist ρ(A) ⊆ (A−1 R)× wegen ρ(a) a1 =
a1
a
1
1 a = a = 1 für a ∈ A.
Satz. (Universelle Eigenschaft des Quotientenrings)
Sei ρ : R −→ A−1 R kanonisch. Dann existiert zu jedem Ring S und jedem Ringhomomorphismus g : R −→ S mit g(A) ⊆ S × genau ein Ringhomomorphismus G : A−1 R −→ S
mit G ◦ ρ = g.
Beweis. Eindeutigkeit: Sei G : A−1 R −→ S ein Ringhomomorphismus mit G ◦ ρ = g. Für
r ∈ R, a ∈ A gilt dann:
r
a
r
ar
r
r
) = G( ) = G(ρ(r)) = g(r),
g(a)G( ) = G(ρ(a))G( ) = G( )G( ) = G(
a
a
1
a
1a
1
33
d.h. G( ar ) = g(a)−1 g(r).
Existenz: Wir setzen G( ar ) := g(a)−1 g(r) für r ∈ R, a ∈ A. Dies ist wohldefiniert;
′
denn im Fall ar = ar ′ existiert ein b ∈ A mit ba′ r = bar′ . Dann ist g(b)g(a′ )g(r) =
g(b)g(a)g(r′ ) und damit g(a)−1 g(r) = g(a′ )−1 g(r′ ).
Ferner ist G ein Ringhomomorphismus, da für r, s ∈ R, a, b ∈ A gilt:
s
br + as
r
) = g(ab)−1 g(br + as) = g(a)−1 g(b)−1 (g(b)g(r) + g(a)g(s))
G( + ) = G(
a b
ab
r
b
= g(a)−1 g(r) + g(b)−1 g(s) = G( ) + G( ),
a
s
rs
r
s
rs
G( ) = G( ) = g(ab)−1 g(rs) = g(a)−1 g(b)−1 g(r)g(s) = G( )G( ),
ab
ab
a
b
1
−1
−1
und G( 1 ) = g(1) g(1) = 1 1 = 1.
Schließlich ist G ◦ ρ = g wegen G(ρ(r)) = G( 1r ) = g(1)−1 g(r) = g(r) für r ∈ R.
Beispiel. Nach Bemerkung 8.1 (vi) gilt: A−1 R = 0 ⇐⇒ R = TA (R) ⇐⇒ ∀r ∈ R∃a ∈ A :
ar = 0 ⇐⇒ 0 ∈ A ⇐⇒ A enthält ein nilpotentes Element ⇐⇒ A ∩ nil(R) 6= ∅.
8.3 Bemerkung. Sei W ein R-Modul derart, dass µa : W −→ W , w 7−→ aw, für a ∈ A
bijektiv ist.
(i) Dann wird W zu einem A−1 R-Modul mit
r
w := µ−1
a (rw)
a
(r ∈ R, a ∈ A, w ∈ W ).
′
Wohldefiniertheit: Ist ar = ar ′ , so existiert ein b ∈ A mit ba′ r = bar′ , d.h. ba′ rw =
−1 ′
−1
′
′
′ −1 ′
bar′ w. Daher ist aa′ µ−1
a (rw) = a rw = ar w = aa µa′ (r w), d.h. µa (rw) = µa′ (r w).
−1
−1
−1
rs
−1
Assoziativität: ar ( sb w) = µ−1
a (rµb (sw)) = µa (µb (rsw)) = µab (rsw) = ab w =
r s
( a b )w.
−1
−1 −1
Distributivität: ( ar + sb )w = br+as
ab w = µab ((br + as)w) = µa (µb (brw + asw)) =
−1
−1
r
s
r
−1
−1
µ−1
a (rw + aµb (sw)) = µa (rw) + µb (sw) = a w + b w und a (v + w) = µa (r(v + w)) =
r
r
−1
−1
µ−1
a (rv + rw) = µa (rv) + µa (rw) = a v + a w.
−1
Neutrales Element: 11 w = µ1 (1w) = w.
(ii) Für jeden R-Modul V wird also insbesondere A−1 V zu einem A−1 R-Modul mit
r v
v
rv
· := µ−1
a (r ) =
a b
b
ab
(r ∈ R; a, b ∈ A; v ∈ V ).
Dann wird auch die Abbildung F aus Satz 8.1 zu einem A−1 R-Homomorphismus; denn
für r ∈ R, a, b ∈ A, v ∈ V gilt:
F(
rv
r v
rv
−1
−1 −1
−1
) = F ( ) = µ−1
ab (f (rv)) = µa (µb (rf (v))) = µa (rµb (f (v))) = F ( ).
ab
ab
a b
8.4 Bemerkung. (i) Für R-Moduln V, W und f ∈ HomR (V, W ) ist
A−1 f : A−1 V −→ A−1 W,
34
f (v)
v
7−→
,
a
a
A−1 R-linear; denn sind λV : V −→ A−1 V und λW : W −→ A−1 W kanonisch, so
existiert zu λW ◦ f ∈ HomR (V, A−1 W ) nach Satz 8.1 ein F ∈ HomR (A−1 V, A−1 W )
mit F ◦ λV = λW ◦ f , d.h. F ( v1 ) = f (v)
für v ∈ V . Nach Bemerkung 8.3 (ii) ist
1
−1
−1
F ∈ HomA−1 R (A V, A W ), d.h. für v ∈ V , a ∈ A gilt:
1v
1 v
1 f (v)
f (v)
v
) = F( ) =
=
.
F( ) = F(
a
a1
a 1
a 1
a
Also ist A−1 f := F wohldefiniert und A−1 R-linear.
(ii) Für f, g ∈ HomR (V, W ) und r, s ∈ R gilt ferner:
A−1 (rf + sg) = r(A−1 f ) + s(A−1 g);
dies rechnet man leicht nach. Daher ist
HomR (V, W ) −→ HomA−1 R (A−1 V, A−1 W ),
f 7−→ A−1 f,
ein R-Homomorphismus.
(iii) Für R-Moduln U, V, W und f ∈ HomR (U, V ), g ∈ HomR (V, W ) gilt auch:
A−1 (g ◦ f ) = (A−1 g) ◦ (A−1 f )
und
A−1 (idV ) = idA−1 V ;
dies rechnet man wieder schnell nach.
f
g
Satz. Für jede exakte Folge U −→ V −→ W von R-Moduln und R-Homomorphismen ist
A−1 f
A−1 g
A−1 U −→ A−1 V −→ A−1 W
eine exakte Folge von A−1 R-Moduln und A−1 R-Homomorphismen.
Beweis. Wegen Bld(f ) ⊆ Ker(g) ist g ◦ f = 0, d.h.
0 = A−1 0 = A−1 (g ◦ f ) = (A−1 g) ◦ (A−1 f ).
Daher gilt: Bld(A−1 f ) ⊆ Ker(A−1 g).
Sei umgekehrt av ∈ Ker(A−1 g), d.h. 0 = (A−1 g)( av ) = g(v)
a . Daher existiert ein b ∈ A
mit 0 = bg(v) = g(bv). Also ist bv ∈ Ker(g) = Bld(f ), d.h. bv = f (u) für ein u ∈ U .
Folglich gilt:
v
bv
f (u)
u
=
=
= (A−1 f )( ) ∈ Bld(A−1 f ).
a
ba
ba
ba
f
Beispiel. Für jeden R-Monomorphismus f : U −→ V ist 0 −→ U −→ V exakt. Daher ist
A−1 f
auch 0 = A−1 0 −→ A−1 U −→ A−1 V exakt, d.h. A−1 f ist ein A−1 R-Monomorphismus.
Für jeden R-Epimorphismus g : V −→ W ist analog A−1 g : A−1 V −→ A−1 W ein
A−1 R-Epimorphismus.
35
8.5 Bemerkung. Sei U ein Untermodul eines R-Moduls V mit Inklusionsabbildung
i : U −→ V . Dann ist
A−1 i : A−1 U −→ A−1 V,
i(u)
u
u
7−→
= ,
a
a
a
injektiv. Man kann so A−1 U mit seinem Bild in A−1 V identifizieren und als Untermodul
von A−1 V auffassen.
Satz. Für Untermoduln U, U ′ eines R-Moduls V gilt:
(i) U ⊆ U ′ =⇒ A−1 U ⊆ A−1 U ′ ;
(ii) A−1 (U + U ′ ) = A−1 U + A−1 U ′ ;
(iii) A−1 (U ∩ U ′ ) = A−1 U ∩ A−1 U ′ ;
(iv) A−1 (V /U ) ≃A−1 R A−1 V /A−1 U .
Beweis. (i) Klar!
′
′
′
∈ A−1 (U + U ′ ) und
(ii) Für a, a′ ∈ A, u ∈ U , u′ ∈ U ′ gilt: ua + ua′ = a u+au
aa′
′
′
u+u
= ua + ua ∈ A−1 U + A−1 U ′ .
a
(iii) Wegen U ∩ U ′ ⊆ U und (i) ist A−1 (U ∩ U ′ ) ⊆ A−1 U . Analog ist A−1 (U ∩ U ′ ) ⊆
A−1 U ′ , also auch A−1 (U ∩ U ′ ) ⊆ A−1 U ∩ A−1 U ′ .
′
Seien umgekehrt a, a′ ∈ A, u ∈ U , u′ ∈ U ′ mit ua = ua′ . Dann existiert ein b ∈ A mit
′
u
−1
ba′ u = bau′ ∈ U ∩ U ′ . Also ist ua = ba
(U ∩ U ′ ).
ba′ a ∈ A
(iv) Seien i : U −→ V und f : V −→ V /U kanonisch. Dann ist
f
i
0 −→ U −→ V −→ V /U −→ 0
exakt. Daher ist auch
A−1 i
A−1 f
0 −→ A−1 U −→ A−1 V −→ A−1 (V /U ) −→ 0
exakt. Insbesondere gilt:
A−1 (V /U ) = Bld(A−1 f ) ≃ A−1 V /Ker(A−1 f ) = A−1 V /Bld(A−1 i) = A−1 V /A−1 U.
8.6 Bemerkung. Sei V ein R-Modul und λ : V −→ A−1 V kanonisch. Wir untersuchen
Beziehungen zwischen den Untermoduln von V und A−1 V .
(i) Jeder A−1 R-Untermodul W ⊆ A−1 V ist auch ein R-Untermodul. Daher ist λ−1 (W ) ⊆
V ein R-Untermodul.
Für v ∈ λ−1 (W ) und a ∈ A ist v1 = λ(v) ∈ W und damit av = a1 v1 ∈ W .
Für v ∈ V und a ∈ A mit av ∈ W ist umgekehrt λ(v) = v1 = a1 av ∈ W , d.h. v ∈ λ−1 (W )
und av ∈ A−1 (λ−1 (W )). Dies zeigt: A−1 (λ−1 (W )) = W .
Außerdem ist TA (V /λ−1 (W )) = 0; denn sind v ∈ V und a ∈ A mit
0 = a(v + λ−1 (W )) = av + λ−1 (W ),
so ist av ∈ λ−1 (W ), d.h. λ(av) ∈ W . Also ist auch λ(v) = a1 λ(av) ∈ W , d.h. v ∈ λ−1 (W )
und v + λ−1 (W ) = 0.
36
(ii) Für jeden R-Untermodul U ⊆ V ist A−1 U ⊆ A−1 V ein A−1 R-Untermodul mit
λ−1 (A−1 U ) = {v ∈ V : ∃a ∈ A : av ∈ U } ⊇ U ;
−1
U , d.h. v ∈ λ−1 (A−1 U ).
denn sind v ∈ V und a ∈ A mit av ∈ U , so ist λ(v) = v1 = av
a ∈A
v
−1
−1
−1
Ist umgekehrt v ∈ λ (A U ), so ist 1 = λ(v) ∈ A U , d.h. v1 = ub mit u ∈ U und
b ∈ A. Dann existiert ein c ∈ A mit cbv = c1u ∈ U .
(iii) Die Abbildungen U 7−→ A−1 U und W 7−→ λ−1 (W ) liefern daher zueinander inverse
Bijektionen
{U ⊆ V : U R-Untermodul mit TA (V /U ) = 0} ↔ {W ⊆ A−1 V : W A−1 R-Untermodul};
denn für jeden R-Untermodul U ⊆ V mit TA (V /U ) = 0 gilt:
λ−1 (A−1 U ) = {v ∈ V : ∃a ∈ A : av ∈ U } = {v ∈ V : ∃a ∈ A : a(v + U ) = 0}
= {v ∈ V : v + U ∈ TA (V /U )} = {v ∈ V : v + U = 0} = U.
(iv) Aus (iii) folgt, dass mit V auch A−1 V noethersch (bzw. artinsch) ist.
8.7 Satz. Für I, J E R gilt:
(i) A−1 (IJ) = (A−1 I)(A−1 J);
(ii) A−1 (rad(I)) = rad(A−1 I);
(iii) A−1 I = A−1 R ⇐⇒ A ∩ I 6= ∅.
(iv) Betrachtet man P := {P ∈ Spec(R) : A ∩ P = ∅} als topologischen Unterraum von
Spec(R), so ist P −→ Spec(A−1 R), P 7−→ A−1 P , ein Homöomorphismus.
(v) R noethersch (bzw. artinsch) =⇒ A−1 R noethersch (bzw. artinsch).
Beweis. (i) Sei z ∈ A−1 (IJ). Dann existieren r ∈ IJ, a ∈ A mit z = ar . Ferner existieren
x1 , . . . , xn ∈ I, y1 , . . . , yn ∈ J mit r = x1 y1 + · · · + xn yn . Daher ist z = x11 ya1 + · · · + x1n yan ∈
(A−1 I)(A−1 J).
−1
(IJ). Dies zeigt:
Seien umgekehrt x ∈ I, y ∈ J, a, b ∈ A. Dann ist xa yb = xy
ab ∈ A
−1
−1
−1
(A I)(A J) ⊆ A (IJ).
n
(ii) Seien a ∈ A, r ∈ rad(I) und n ∈ N mit rn ∈ I. Dann ist ( ar )n = ar n ∈ A−1 I, d.h.
r
−1
I).
a ∈ rad(A
Seien umgekehrt r ∈ R und a ∈ A mit ar ∈ rad(A−1 I). Dann existiert ein n ∈ N
n
n
mit ar n ∈ A−1 I. Also existieren x ∈ I, b ∈ A mit ar n = xb , d.h. es existiert ein c ∈ A mit
cbr
cbrn = can x ∈ I. Wegen cn bn rn ∈ I ist also cbr ∈ rad(I), d.h. ar = cba
∈ A−1 (rad(I)).
(iii) “=⇒”: Sei A−1 I = A−1 R, d.h. 11 ∈ A−1 I. Dann existieren a ∈ A, x ∈ I mit
x
1
1 = a . Also existiert ein b ∈ A mit ba1 = b1x ∈ A ∩ I.
“⇐=”: Sei a ∈ A ∩ I. Dann ist 11 = aa ∈ A−1 I, d.h. A−1 I = A−1 R.
(iv) Sei λ : R −→ A−1 R kanonisch. Nach Satz 7.1 ist dann
λ∗ : Spec(A−1 R) −→ Spec(R),
Q 7−→ λ−1 (Q),
stetig. Nach Bemerkung 8.6 (i) gilt für Q ∈ Spec(A−1 R) auch: Q = A−1 (λ−1 (Q)), d.h. λ∗
ist injektiv. Ferner ist A ∩ λ−1 (Q) = ∅ wegen (iii), d.h. λ∗ (Q) = λ−1 (Q) ∈ P.
37
Sei umgekehrt P ∈ P. Dann ist A−1 P ⊳ A−1 R nach (iii). Seien a, b ∈ A, r, s ∈ R mit
r s
rs
−1
P . Dann existieren p ∈ P , c ∈ A mit ab
= pc . Daher existiert ein d ∈ A mit
ab ∈ A
dcrs = dabp ∈ P . Wegen c, d ∈
/ P ist rs ∈ P , also r ∈ P oder s ∈ P . Daher ist ar ∈ A−1 P
s
−1
oder b ∈ A P . Dies zeigt: A−1 P ∈ Spec(A−1 R). Ferner gilt:
λ−1 (A−1 P ) = {x ∈ R : ∃a ∈ A : ax ∈ P } = P.
Also ist Bld(λ∗ ) = P, und wir haben eine stetige Bijektion
λ′ : Spec(A−1 R) −→ P,
Q 7−→ λ−1 (Q),
mit Umkehrabbildung P 7−→ A−1 P . Für J E A−1 R gilt:
λ′ (V(J)) = {λ−1 (Q) : Q ∈ V(J)} = {λ−1 (Q) : J ⊆ Q ∈ Spec(A−1 R)}
⊆ {P ∈ P : λ−1 (J) ⊆ P }.
Ist umgekehrt P ∈ P mit λ−1 (J) ⊆ P , so ist J = A−1 (λ−1 (J)) ⊆ A−1 P ∈ Spec(A−1 R)
und λ−1 (A−1 P ) = P . Dies zeigt, dass λ′ (V(J)) = P ∩ V(λ−1 (J)) abgeschlossen in P ist.
Also ist λ′ ein Homöomorphismus, und die Behauptung folgt.
(v) folgt aus Bemerkung 8.6 (iv).
8.8 Satz. Für jede nichtleere Familie (Vi )i∈I von R-Moduln gilt:
A−1 (
a
i∈I
Vi ) ≃A−1 R
a
(A−1 Vi ).
i∈I
`
Beweis. Sei V := i∈I Vi mit Projektoren pj : V −→ Vj (j ∈ I). Dann ist A−1 pj ∈
HomA−1 R (A−1 V, A−1 Vj ) für j ∈ I, d.h.
f : A−1 V −→
Y
(A−1 Vj ),
j∈I
x 7−→ ((A−1 pj )(x))j∈I ,
ist A−1 R-linear. Für v = (vi )i∈I ∈ V und a ∈ A gilt:
a
v
v
pj (v)
vj
f ( ) = ((A−1 pj )( ))j∈I = (
)j∈I = ( )j∈I ∈
(A−1 Vj ).
a
a
a
a
j∈I
`
Daher können wir f auch als Abbildung A−1 V −→ j∈I (A−1 Vj ) auffassen.
v
Ist av ∈ Ker(f ), `
so ist aj = 0 für j ∈ I. Für j ∈ I existiert also ein bj ∈ A mit
bj vj = 0. Wegen v ∈ i∈I Vi existiert sogar ein b ∈ A mit bvi = 0 für alle i ∈ I. Dann ist
bv = 0, d.h. av = 0. Dies zeigt: f injektiv.
`
Zum Beweis der Surjektivität von f sei y = (yj )j∈I ∈ j∈I (A−1 Vj ). Für j ∈ I
v
existieren also vj ∈ Vj , aj ∈ A mit yj = ajj . Dabei sei o.B.d.A. |{j ∈ I : vj 6= 0}| < ∞ und
aj = a für alle j ∈ I. Dann ist v := (vi )i∈I ∈ V , also av ∈ A−1 V und f ( av ) = y.
38
`
`
Bemerkung. Für jede nichtleere Menge I ist also A−1 ( i∈I R) ≃A−1 R i∈I (A−1 R). Für
jeden freien R-Modul F ist also A−1 F ein freier A−1 R-Modul vom gleichen Rang.
8.9 Satz. Für I E R ist A := A + I/I eine multiplikative Teilmenge von R := R/I mit
−1
A R∼
= A−1 R/A−1 I.
−1
Beweis. Sicher ist A ⊆ R multiplikativ. Ferner ist f : A−1 R −→ A
′
R,
r
a
7−→
r+I
a+I ,
wohldefiniert; denn im Fall ar = ar ′ existiert ein b ∈ A mit ba′ r = bar′ . Daher ist (b +
′
r+I
= ar ′+I
I)(a′ + I)(r + I) = (b + I)(a + I)(r′ + I), d.h. a+I
+I .
Ferner ist f sicher ein Ringepimorphismus, und für x ∈ I, a ∈ A gilt: f ( xa ) = x+I
a+I =
0
−1
I ⊆ Ker(f ).
a+I = 0. Dies zeigt: A
r+I
r
. Dann existiert ein b ∈ A mit
Sei umgekehrt a ∈ Ker(f ), d.h. 0 = f ( ar ) = a+I
r
br
0 = (b + I)(r + I) = br + I, d.h. br ∈ I. Also ist a = ba ∈ A−1 I.
Dies zeigt: Ker(f ) = A−1 I. Die Behauptung folgt also aus dem Homomorphiesatz.
8.10 Satz. Sei B eine multiplikative Teilmenge von R mit A ⊆ B, und sei ρ : R −→
e kanonisch. Dann ist B
e := ρ(B) ⊆ R
e eine multiplikative Teilmenge mit
A−1 R =: R
−1
−1
e R
e∼
B
= B R.
e ⊆ R
e multiplikativ. Seien ρe : R
e −→ B
e −1 R
e und σ : R −→ B −1 R
Beweis. Sicher ist B
−1
e −→ B
e R
e ein Ringhomomorphismus mit (e
kanonisch. Dann ist ρe ◦ ρ : R −→ R
ρ ◦ ρ)(B) =
−1
×
−1
e ⊆ (B
e R)
e , induziert also einen Ringhomomorphismus τ : B R −→ B
e −1 R
e mit
ρe(B)
τ ◦ σ = ρe ◦ ρ, d.h.
Sei
r
b
r
r
τ ( ) = τ (σ(r)) = ρe(ρ(r)) = ρe( ) =
1
1
∈ Ker(τ ), also auch
r
1
=
br
1b
r
1
1
1
für
r ∈ R.
∈ Ker(τ ), d.h.
r
0 = τ( ) =
1
r
1
1
1
e −1 R.
e
∈B
e mit 0 = eb r ∈ R
e = A−1 R. Wir schreiben eb = ρ(b′ ) = b′ mit
Daher existiert ein eb ∈ B
1
1
′
′
b′ ∈ B. Dann ist 0 = b1 1r = b1r ∈ A−1 R. Daher existiert ein a ∈ A mit 0 = ab′ r ∈ R.
Folglich ist
r
ab′ r
0
=
=
= 0 ∈ B −1 R.
′
′
b
abb
abb
e −1 R
e die Form
Dies zeigt, dass τ injektiv ist. Andererseits hat jedes Element in B
r
a
b
1
=
a
1
a
1
r
a
b
1
=
r
1
ab
1
=
ab
1
1
1
!−1 r
1
1
1
= (e
ρ ◦ ρ)(ab)−1 (e
ρ ◦ ρ)(r)
= (τ ◦ σ)(ab)−1 (τ ◦ σ)(r) = τ (σ(ab)−1 )τ (σ(r)) = τ (σ(ab)−1 σ(r)) ∈ Bld(τ )
39
mit a ∈ A, b ∈ B. Also ist τ bijektiv.
9. Lokalisierung
Sei R ein Ring.
9.1 Bemerkung. Für P ∈ Spec(R) ist A := R \ P ⊆ R eine multiplikative Teilmenge.
Man nennt RP := A−1 R Lokalisierung von R an P . Für jeden R-Modul V heißt analog
VP := A−1 V Lokalisierung von V an P . Für jeden weiteren R-Modul W und f ∈
HomR (V, W ) schreibt man fP := A−1 f : VP −→ WP .
Satz. Dann ist RP ein lokaler Ring mit maximalem Ideal PP := A−1 P , und RP /PP ist
zum Quotientenkörper Quot(R/P ) von R/P isomorph.
Beweis. Satz 8.7 (iv) liefert eine inklusionserhaltende Bijektion
{Q ∈ Spec(R) : Q ⊆ P } −→ Spec(RP ),
Q 7−→ A−1 Q = QP .
Daher gilt: Max(RP ) = {PP }. Nach Satz 8.9 ist A := A+P/P = R\{0} eine multiplikative
Teilmenge des Integritätsbereichs R := R/P mit
−1
Quot(R) = A
R∼
= A−1 R/A−1 P = RP /PP .
Beispiel. Ist R = Z und P = (p) für ein p ∈ P, so ist
Z(p) = {
a
: a, b ∈ Z, b 6≡ 0
b
(mod p)}
ein lokaler Ring mit maximalem Ideal
{
a
: a, b ∈ Z, a ≡ 0 6≡ b
b
(mod p)} = pZ(p) ,
′
und Z(p) /pZ(p) ∼
= Quot(Z/(p)) = Z/(p) = Fp . In Z(p) gilt: ab = ab′ ⇐⇒ ∃b′′ ∈ Z \ (p) :
′
b′′ b′ a = b′′ ba′ ⇐⇒ b′ a = ba′ ⇐⇒ ab = ab′ ∈ Q. Man kann also Z(p) als Teilring von Q
auffassen.
9.2 Satz. Für jeden R-Modul V gilt:
V = 0 ⇐⇒ ∀P ∈ Spec(R) : VP = 0 ⇐⇒ ∀M ∈ Max(R) : VM = 0.
Beweis. Sei V 6= 0 und 0 6= v ∈ V . Dann ist I := {r ∈ R : rv = 0} ⊳ R. Sei I ⊆ M ∈
Max(R). Dann ist 0 6= v1 ∈ VM ; denn sonst gäbe es ein a ∈ R \ M mit av = 0, d.h. wir
hätten den Widerspruch a ∈ I ⊆ M .
40
Definition. Supp(V ) := SuppR (V ) := {P ∈ Spec(R) : VP 6= 0} heißt Träger (support)
von V .
Bemerkung. Ist P ∈ Supp(V ) und Q ∈ V(P ), so ist auch Q ∈ Supp(V ); denn wegen
VP 6= 0 existiert ein v ∈ V mit av 6= 0 für alle a ∈ R \ P , also auch für alle a ∈ R \ Q.
Daher ist VQ 6= 0.
Es gilt also: P ∈ Supp(V ) =⇒ V(P ) ⊆ Supp(V ).
9.3 Satz. Für R-Moduln U, V und f ∈ HomR (U, V ) sind äquivalent:
(1) f injektiv (bzw. surjektiv);
(2) ∀P ∈ Spec(R) : fP : UP −→ VP injektiv (bzw. surjektiv);
(3) ∀M ∈ Max(R) : fM : UM −→ VM injektiv (bzw. surjektiv).
Beweis. Wir zeigen nur die Aussage über die Injektivität; der Rest geht analog. Ist f
injektiv, so auch fP für P ∈ Spec(R) (vgl. Beispiel 8.4).
Sei umgekehrt fM injektiv für alle M ∈ Max(R). Dann ist
f
i
0 −→ K := Ker(f ) −→ U −→ V
exakt, wobei i die Inklusionsabbildung bezeichnet. Für M ∈ Max(R) ist also auch
fM
i
M
UM −→ VM
0 −→ KM −→
exakt. Da fM injektiv ist, folgt 0 = Ker(fM ) = Bld(iM ). Da iM injektiv ist, folgt KM = 0.
Nach Satz 9.2 ist also K = 0, d.h. f ist injektiv.
Bemerkung. Aus Satz 9.2 folgt leicht, dass für Untermoduln U, V eines R-Moduls W
gilt:
(i) U ⊆ V ⇐⇒ ∀P ∈ Spec(R) : UP ⊆ VP ⇐⇒ ∀M ∈ Max(R) : UM ⊆ VM ;
(ii) U = V ⇐⇒ ∀P ∈ Spec(R) : UP = VP ⇐⇒ ∀M ∈ Max(R) : UM = VM .
[Wir zeigen nur (i). Aus U ⊆ V folgt natürlich UP ⊆ VP für P ∈ Spec(R). Sei umgekehrt
UM ⊆ VM für alle M ∈ Max(R). Dann ist
(U + V /V )M ≃ (U + V )M /VM = UM + VM /VM = 0
für alle M ∈ Max(R), also U + V /V = 0 und damit U ⊆ V .]
9.4 Bemerkung. Für jede Teilmenge T eines R-Moduls V ist
Ann(T ) := AnnR (T ) := {r ∈ R : rT = 0}
ein Ideal in R, der Annullator von T . Dann ist Ann(T ) = Ann(RT ). Im Fall T = {t}
schreibt man Ann(T ) =: Ann(t) =: AnnR (t).
Satz. Für jeden R-Modul V gilt:
41
(i) Ist V =
P
j∈J
Vj mit einer Familie (Vj )j∈J von Untermoduln von V , so ist
Supp(V ) =
[
Supp(Vj ).
j∈J
(ii) Ist V endlich erzeugt, so ist Supp(V ) = V(Ann(V )).
(iii) Für jeden Untermodul U ⊆ V ist Supp(V ) = Supp(U ) ∪ Supp(V /U ).
Beweis. (i) Sei P ∈ Supp(V ), d.h. VP 6= 0, und sei 0 6= av ∈ VP . Wir schreiben v =
v1 + · · · + vn mit v1 ∈ Vj1 , . . . , vn ∈ Vjn und j1 , . . . , jn ∈ J. Dann ist 0 6=Sav = va1 + · · · + van ,
d.h. 0 6= vai ∈ (Vji )P für ein i ∈ {1, . . . , n}. Daher ist P ∈ Supp(Vji ) ⊆ j∈J Supp(Vj ).
Sei umgekehrt P ∈ Spec(R) \ Supp(VS
), d.h. VP = 0. Für j ∈ J ist dann auch
(Vj )P = 0, d.h. P ∈
/ Supp(Vj ). Also ist P ∈
/ j∈J Supp(Vj ).
(ii) Zunächst sei V zyklisch, d.h. V = Rv für ein v ∈ V . Für P ∈ Spec(R) ist dann
VP = {
rv
v
x
: x ∈ V, a ∈ R \ P } = {
: r ∈ R, a ∈ R \ P } = RP .
a
a
1
Daher gilt: VP = 0 ⇐⇒ v1 = 0 ∈ VP ⇐⇒ ∃a ∈ R \ P : av = 0 ⇐⇒ (R \ P ) ∩ Ann(v) 6= ∅.
Folglich gilt: P ∈ Supp(V ) ⇐⇒ VP 6= 0 ⇐⇒ Ann(v) ⊆ P ⇐⇒ P ∈ V(Ann(v)). Damit ist
die Aussage für zyklische Moduln bewiesen.
Sei jetzt V = Rv1 + · · · + Rvn . Dann gilt nach (i):
Supp(V ) =
n
[
i=1
Supp(Rvi ) =
n
[
i=1
V(Ann(vi )) = V(
n
\
i=1
Ann(vi )) = V(Ann(V )).
f
g
(iii) Wir betrachten die kurze exakte Folge 0 −→ U −→ V −→ V /U −→ 0, wobei f
fP
gP
und g kanonisch sind. Für P ∈ Spec(R) ist dann auch 0 −→ UP −→ VP −→(V /U )P −→ 0
exakt. Daher gilt: P ∈ Supp(V ) ⇐⇒ VP 6= 0 ⇐⇒ UP 6= 0 ∨ (V /U )P 6= 0 ⇐⇒ P ∈
Supp(U ) ∨ P ∈ Supp(V /U ) ⇐⇒ P ∈ Supp(U ) ∪ Supp(V /U ).
9.5 Satz. Für P ∈ Spec(R) und jeden R-Modul V sind äquivalent:
(1) V hat einen zu R/P isomorphen Untermodul U ;
(2) P = Ann(v) für ein v ∈ V .
Beweis. “(1) =⇒ (2)”: Sei (1) erfüllt, sei f : R/P −→ U ein R-Isomorphismus, und sei
v := f (1 + P ) ∈ U . Für r ∈ R gilt dann: r ∈ Ann(v) ⇐⇒ 0 = rv = rf (1 + P ) =
f (r + P ) ⇐⇒ r + P = 0 ⇐⇒ r ∈ P .
“(2) =⇒ (1)”: Sei (2) erfüllt. Dann ist f : R −→ V , r 7−→ rv, R-linear mit Bild Rv
und Kern Ann(v) = P . Daher gilt: R/P ≃ Rv ⊆ V .
Definition. Ggf. heißt P ein zu V assoziiertes Primideal. Die Menge aller zu V assoziierten Primideale von R bezeichnen wir mit Ass(V ) = AssR (V ).
Bemerkung. Ist P ∈ Ass(V ) und ist v ∈ V mit P = Ann(v), so ist auch P = Ann(w)
für alle w ∈ Rv \ {0}.
42
[Zum Beweis sei r ∈ R mit w = rv. Für y ∈ Ann(w) ist dann 0 = yw = yrv, d.h.
yr ∈ Ann(v) = P . Wegen 0 6= w = rv ist r ∈
/ Ann(v) = P ∈ Spec(R), also y ∈ P .
Für p ∈ P ist umgekehrt pw = rpv = r0 = 0, d.h. p ∈ Ann(w).]
Beispiel. Im Fall R = Z und V = Z/6Z ist Ass(V ) = {(2), (3)}.
9.6 Satz. Für jeden R-Modul V gilt:
(i) P ∈ {Ann(v) : 0 6= v ∈ V } maximal =⇒ P ∈ Ass(V );
(ii) R noethersch und V 6= 0 =⇒ Ass(V ) 6= ∅.
(iii) U ⊆ V Untermodul =⇒ Ass(U ) ⊆ Ass(V ) ⊆ Ass(U ) ∪ Ass(V /U ).
Beweis. (i) Sei P ∈ {Ann(v) : 0 6= v ∈ V } maximal, und sei 0 6= x ∈ V mit P = Ann(x).
Dann ist P ⊳R. Seien a, b ∈ R mit ab ∈ P , d.h. abx = 0. Im Fall bx = 0 ist b ∈ Ann(x) = P .
Sei also bx 6= 0. Wegen Ann(x) ⊆ Ann(bx) folgt aus der Wahl von P : P = Ann(x) =
Ann(bx) enthält a.
(ii) folgt aus (i).
(iii) Sicher ist Ass(U ) ⊆ Ass(V ).
Sei P ∈ Ass(V ), und sei v ∈ V mit P = Ann(v). Dann ist f : R −→ V , r 7−→ rv, Rlinear mit Bild Rv und Kern Ann(v) = P ; insbesondere ist R/P ≃ Rv. Im Fall Rv ∩ U = 0
ist R/P ≃ Rv/Rv ∩ U ≃ Rv + U/U ⊆ V /U , also P ∈ Ass(V /U ). Im Fall Rv ∩ U 6= 0 sei
0 6= u ∈ Rv ∩ U . Nach Bemerkung 9.5 ist dann P = Ann(u) ∈ Ass(U ).
Beispiel. Für R := Z, V := Z und U := 2Z ist Ass(V ) = {(0)}, aber (2) ∈ Ass(V /U ),
also Ass(V ) 6= Ass(U ) ∪ Ass(V /U ).
Bemerkung. Ist R noethersch und V beliebig, so folgt aus (i):
[
[
P =
Ann(v) = {r ∈ R : ∃v ∈ V : rv = 0 6= v}.
P ∈Ass(V )
06=v∈V
Die
S Elemente in dieser Menge heißen Nullteiler für V in R. Insbesondere ist also Z(R) =
P ∈Ass(R) P .
9.7 Satz. Für jeden R-Modul V ist Ass(V ) ⊆ Supp(V ). Ist R noethersch, so gehört
umgekehrt jedes minimale Element in Supp(V ) zu Ass(V ).
Beweis. (i) Sei P ∈ Ass(V ), und sei U ⊆ V ein Untermodul mit U ≃ R/P . Dann ist
P ∈ Supp(V ) wegen VP ⊇ UP ≃ (R/P )P ≃ RP /PP ≃ Quot(R/P ) 6= 0.
(ii) Sei R noethersch und P = (f1 , . . . , fk ) ∈ Supp(V ) minimal. Dann ist RP noethersch und VP 6= 0. Nach Satz 9.6 (ii) ist
∅ 6= AssRP (VP ) ⊆ SuppRP (VP ) ⊆ Spec(RP ) = {QP : P ⊇ Q ∈ Spec(R)}.
Sei P ⊇ Q ∈ Spec(R) mit QP ∈ AssRP (VP ). Im Fall Q 6= P wäre VQ = 0, also auch
(VP )QP = 0; denn sind v ∈ V und a ∈ R \ P , so existiert ein b ∈ R \ Q mit bv = 0. Dann
0
b
/ QP ; denn sonst gäbe es q ∈ Q, c ∈ R \ P mit 1b = qc .
ist 1b av = bv
a = a = 0 und 1 ∈
Dann gäbe es ein d ∈ R \ P mit dcb = d1q ∈ Q. Wegen b, c, d ∈
/ Q hätte man dann einen
Widerspruch.
43
Also wäre QP ∈
/ SuppRP (VP ) und damit QP ∈
/ AssRP (VP ). Dieser Widerspruch zeigt:
AssRP (VP ) = {PP }.
Sei av ∈ VP mit PP = AnnRP ( av ). Für i = 1, . . . , k ist dann 0 = f1i av = fai v . Daher
existiert ein ti ∈ R \ P mit ti fi v = 0. Also ist tfi v = 0 mit t := t1 · · · tk ∈ R \ P , d.h.
P ⊆ Ann(tv).
u t v
Für u ∈ Ann(tv) ist umgekehrt utv = 0, also auch 0 = utv
a = 1 1 a . Daher ist u ∈ P ;
denn sonst wäre u1 , 1t ∈ (RP )× , d.h. av = 0. Also gilt: P = Ann(tv) ∈ Ass(V ).
9.8 Satz. Sei R noethersch, sei V ein endlich erzeugter R-Modul, und seien P1 , . . . , Pk
die endlich vielen minimalen Elemente in V(Ann(V )). Dann gilt:
Supp(V ) =
k
[
i=1
V(Pi )
und
P1 , . . . , Pk ∈ Ass(V ).
Beweis. Nach Bemerkung 4.6 (vi) ist rad(Ann(V )) =
Tk
i=1
Pi . Nach Satz 9.4 (ii) gilt also:
Supp(V ) = V(Ann(V )) = V(rad(Ann(V ))) = V(
k
\
Pi ) =
i=1
k
[
i=1
V(Pi ).
Jedes Pi ist minimal in Supp(V ). Nach Satz 9.7 gilt also: Pi ∈ Ass(V ).
9.9 Satz. Sei R noethersch und V ein endlich erzeugter R-Modul. Dann existieren
P1 , . . . , Pn ∈ Spec(R) und Untermoduln V0 , . . . , Vn mit 0 = V0 ⊆ V1 ⊆ . . . ⊆ Vn = V
und Vi /Vi−1 ≃ R/Pi für i = 1, . . . , n. Daher ist Ass(V ) ⊆ {P1 , . . . , Pn } endlich.
Beweis. Wir zeigen zunächst die erste Aussage. O.B.d.A. sei dabei V 6= 0. Nach Satz
9.6 (ii) existiert dann ein P1 ∈ Ass(V ). Sei R/P1 ≃ V1 ⊆ V . Im Fall V1 = V sind
wir fertig. Sei also V1 6= V . Nach Satz 9.6 (ii) existiert dann ein P2 ∈ Ass(V /V1 ). Sei
R/P2 ≃ V2 /V1 ⊆ V /V1 . So fahren wir fort. Da V noethersch ist, existiert ein n ∈ N mit
Vn = V . Damit ist die erste Aussage bewiesen.
Mit Satz 9.6 (iii) folgt:
Ass(V ) ⊆ Ass(V1 ) ∪ Ass(V /V1 ) ⊆ {P1 } ∪ Ass(V2 /V1 ) ∪ Ass(V /V2 )
⊆ {P1 , P2 } ∪ Ass(V /V2 ) ⊆ . . . ⊆ {P1 , . . . , Pn }.
10. Primärzerlegungen
Sei R ein Ring.
10.1 Definition. (E. Lasker, 1868-1941)
Ein Ideal Q ⊳ R heißt primär (oder Primärideal), falls für alle a, b ∈ R gilt: ab ∈ Q =⇒
a ∈ Q ∨ b ∈ rad(Q) [d.h. bn ∈ Q für ein n ∈ N].
44
Bemerkung. (i) Für Q ⊳ R gilt: Q primär ⇐⇒ jeder Nullteiler in R/Q ist nilpotent.
[Denn ist Q primär und b + Q ∈ Z(R/Q), so existiert ein a ∈ R \ Q mit 0 = (a +
Q)(b + Q) = ab + Q, d.h. ab ∈ Q. Wegen a ∈
/ Q existiert also ein n ∈ N mit bn ∈ Q, d.h.
n
n
0 = b + Q = (b + Q) .
Sei umgekehrt Z(R/Q) ⊆ nil(R/Q), und seien a, b ∈ R mit ab ∈ Q, aber a ∈
/ Q. Dann
ist 0 = ab + Q = (a + Q)(b + Q) und 0 6= a + Q, d.h. b + Q ∈ Z(R/Q). Daher existiert ein
n ∈ N mit 0 = (b + Q)n = bn + Q, d.h. bn ∈ Q.]
(ii) Ist Q ⊳ R primär, so ist P := rad(Q) ∈ Spec(R). Man sagt dann: Q ist P -primär.
[Denn sind a, b ∈ R mit ab ∈ P , so existiert ein n ∈ N mit an bn = (ab)n ∈ Q. Also ist
an ∈ Q oder bnm ∈ Q für ein m ∈ N. Daher ist a ∈ rad(Q) = P oder b ∈ rad(Q) = P .]
(iii) Für P ∈ Spec(R) und P -primäre Q1 , Q2 ⊳ R ist auch Q1 ∩ Q2 ⊳ R ein P -Primärideal.
[Denn nach Bemerkung 4.6 gilt zunächst: rad(Q1 ∩Q2 ) = rad(Q1 )∩rad(Q2 ) = P ∩P =
P.
Seien jetzt a, b ∈ R mit ab ∈ Q1 ∩ Q2 , aber a ∈
/ Q1 ∩ Q2 ; o.B.d.A. sei a ∈
/ Q1 . Wegen
n
ab ∈ Q1 ist b ∈ Q1 für ein n ∈ N, also b ∈ rad(Q1 ) = P = rad(Q1 ∩ Q2 ).]
(iv) Ist Q ⊳ R ein P -Primärideal und ist P endlich erzeugt, so existiert ein n ∈ N mit
P n ⊆ Q.
[Denn ist P = (a1 , . . . , ak ), so existiert für i = 1, . . . , k ein ni ∈ N mit ani i ∈ Q. Setzt
man n := n1 + · · · + nk , so gilt nach der binomischen Formel: P n ⊆ Q ⊆ P .]
Beispiel. (i) In Z ist (pk ) primär für k ∈ N und p ∈ P; denn aus ab ∈ (pk ) und a ∈
/ (pk )
folgt b ∈ (p), also bk ∈ (pk ).
(ii) Sei K ein Körper, sei R := K[X, Y ], und sei I := (X 2 , XY ). Dann ist rad(I) =
(X) ∈ Spec(R) und (X)2 = (X 2 ) ⊆ I. Aber I ist nicht primär in R wegen XY ∈ I, aber
X ∈
/ I und Y n ∈
/ I für alle n ∈ N. Die Bedingung in Bemerkung 10.1 (iv) ist also nicht
hinreichend dafür, dass Q ⊳ R primär ist.
Satz. Sei Q E R und M := rad(Q) ∈ Max(R). Dann ist Q primär.
Beweis. Seien a, b ∈ R mit ab ∈ Q, aber a ∈
/ Q. Dann ist Q ⊆ I := {c ∈ R : ac ∈ Q} ⊳ R.
Sei I ⊆ N ∈ Max(R). Dann ist Q ⊆ N , also auch M = rad(Q) ⊆ N , d.h. M = N ;
insbesondere ist b ∈ I ⊆ N = M = rad(Q).
10.2 Satz. Ist R noethersch, so gilt für Q E R und P ∈ Spec(R):
Q ist P -primär ⇐⇒ Ass(R/Q) = {P }.
Beweis. “=⇒”: Sei Q P -primär, d.h. sicher Q 6= R. Nach Satz 9.6 ist Ass(R/Q) 6= ∅.
Sei P0 ∈ Ass(R/Q), und sei a ∈ R mit P0 = Ann(a + Q) ⊇ Q. Dann ist a ∈
/ Q und
P0 ⊇ rad(Q) = P . Für b ∈ P0 ist andererseits 0 = b(a + Q) = ba + Q, d.h. ba ∈ Q. Daher
ist b ∈ rad(Q) = P . Dies zeigt: P0 = P .
“⇐=”: Sei Ass(R/Q) = {P }, also auch Q 6= R. Wir behaupten, dass für jeden
Untermodul 0 6= V ⊆ R/Q gilt: rad(Ann(V )) = P .
Zum Beweis dieser Behauptung seien P1 , . . . , Pk die endlich vielen minimalen Elemente
in V(Ann(V )). Nach Satz 9.8 gilt dann: P1 , . . . , Pk ∈ Ass(V ) ⊆ Ass(R/Q) = {P }. Daher
ist rad(Ann(V )) = P1 ∩ . . . ∩ Pk = P , und unsere Behauptung ist bewiesen.
45
Wegen Q = Ann(R/Q) ist also insbesondere rad(Q) = rad(Ann(R/Q)) = P . Seien
jetzt a, b ∈ R mit ab ∈ Q, aber a ∈
/ Q. Mit a := a + Q ∈ R/Q gilt dann nach unserer
Behauptung:: b ∈ Ann(Ra) ⊆ rad(Ann(Ra)) = P = rad(Q).
10.3 Definition. Ein Ideal I ⊳ R heißt unzerlegbar, falls gilt:
Sind J, K E R mit I = J ∩ K, so ist I = J oder I = K.
Beispiel. Jedes P ∈ Spec(R) ist unzerlegbar; denn sind J, K E R mit P = J ∩ K ⊇ JK,
so ist J ⊆ P oder K ⊆ P , d.h. J = P oder K = P .
Satz. Ist R noethersch, so ist jedes unzerlegbare Ideal Q ⊳ R primär.
Beweis. Für R := R/Q gilt:
(i) Q unzerlegbar in R ⇐⇒ 0 unzerlegbar in R.
(ii) Q primär in R ⇐⇒ 0 primär in R.
Daher kann man R durch R ersetzen und Q = 0 annehmen. Seien jetzt x, y ∈ R mit
xy = 0, d.h. y ∈ Ann(x) ⊆ Ann(x2 ) ⊆ . . .. Da R noethersch ist, existiert ein n ∈ N mit
Ann(xn ) = Ann(xn+1 ) = . . ..
Für a ∈ (xn ) ∩ (y) existiert ein b ∈ R mit a = bxn . Wegen yx = 0 ist andererseits 0 =
ax = bxn+1 , d.h. b ∈ Ann(xn+1 ) = Ann(xn ), also a = bxn = 0. Dies zeigt: (xn ) ∩ (y) = 0.
Da 0 unzerlegbar ist, folgt: xn = 0 oder y = 0.
10.4 Definition. Sei I E R. Sind Q1 , . . . , Qn ⊳ R primär mit I = Q1 ∩ . . . ∩ Qn , so spricht
man von
T einer Primärzerlegung von I. Diese heißt unverkürzbar, falls gilt:
(i) I 6= i6=j Qi für j = 1, . . . , n;
(ii) rad(Q1 ), . . . , rad(Qn ) sind paarweise verschieden.
Bemerkung. Man kann jede Primärzerlegung unverkürzbar machen, indem man überflüssige Qi ’s streicht und Qi ’s mit dem gleichen Radikal zusammenfasst.
Satz. Ist R noethersch, so hat jedes Ideal I E R eine (unverkürzbare) Primärzerlegung.
Beweis. Nach Satz 10.3 genügt zu zeigen, dass sich jedes Ideal von R als Durchschnitt
endlich vieler unzerlegbarer Ideale schreiben lässt. Nehmen wir also an, dass die Menge
I aller Ideale von R, die sich nicht so schreiben lassen, nichtleer ist. Da R noethersch
ist, enthält I ein maximales Element I. Dann ist I 6= R, und I ist nicht unzerlegbar.
Daher ist I = J ∩ K mit echt größeren Idealen J, K E R. Wegen J, K ∈
/ I sind J und
K Durchschnitte endlich vieler unzerlegbarer Ideale. Folglich ist auch I ein Durchschnitt
endlich vieler unzerlegbarer Ideale, im Widerspruch zu I ∈ I.
10.5 Satz. (Erster Eindeutigkeitssatz)
Sei R noethersch, sei I E R mit unverkürzbarer Primärzerlegung I = Q1 ∩ . . . ∩ Qk , und
sei Pi := rad(Qi ) für i = 1, . . . , k. Dann ist Ass(R/I) = {P1 , . . . , Pk }; insbesondere sind
P1 , . . . , Pk bis auf die Reihenfolge eindeutig bestimmt.
Beweis. Da f : R/I −→ R/Q1 × · · · × R/Qk , a + I 7−→ (a + Q1 , . . . , a + Qk ), ein RMonomorphismus ist, gilt nach Satz 10.2:
Ass(R/I) ⊆ Ass(R/Q1 × · · · × R/Qk ) ⊆ Ass(R/Q1 ) ∪ . . . ∪ Ass(R/Qk ) = {P1 , . . . , Pk }.
46
Sei umgekehrt j ∈ {1, . . . , k} und N :=
N=
\
i6=j
Qi /(
\
i6=j
T
i6=j
Qi /I, also 0 6= N ⊆ R/I. Dann gilt:
Qi ) ∩ Qj ≃ (
\
i6=j
Qi ) + Qj /Qj ⊆ R/Qj ,
d.h. ∅ 6= Ass(N ) ⊆ Ass(R/Qj ) = {Pj }. Daher ist {Pj } = Ass(N ) ⊆ Ass(R/I).
10.6 Satz. Sei A ⊆ R eine multiplikative Teilmenge, und sei ρ : R −→ A−1 R kanonisch.
Sei P ∈ Spec(R) mit P ∩ A = ∅, und sei Q ⊳ R ein P -Primärideal. Dann ist A−1 Q ⊳ A−1 R
ein A−1 P -Primärideal mit ρ−1 (A−1 Q) = Q.
Beweis. Nach Satz 8.7 ist A−1 Q E A−1 R mit rad(A−1 Q) = A−1 (rad(Q)) = A−1 P ∈
Spec(A−1 R). Wir zeigen jetzt, dass A−1 Q primär in A−1 R ist. Dazu seien xa , yb ∈ A−1 R
z
mit xa yb ∈ A−1 Q, aber xa ∈
/ A−1 Q. Wir schreiben xy
ab = c mit z ∈ Q, c ∈ A. Dann existiert
ein d ∈ A mit dcxy = dabz ∈ Q. Wegen x ∈
/ Q ist also cdy ∈ rad(Q) = P , und wegen
c, d ∈
/ P folgt y ∈ P . Daher ist yb ∈ A−1 P = rad(A−1 Q).
Zum Schluss zeigen wir: Q = ρ−1 (A−1 Q). Sicher ist Q ⊆ ρ−1 (A−1 Q). Sei umgekehrt
x ∈ ρ−1 (A−1 Q), d.h. x1 = ρ(x) ∈ A−1 Q. Wir schreiben x1 = ay mit y ∈ Q, a ∈ A. Dann
existiert ein b ∈ A mit bax = b1y ∈ Q. Im Fall x ∈
/ Q wäre ab ∈ rad(Q) = P , und man
hätte den Widerspruch a ∈ P oder b ∈ P . Also gilt: x ∈ Q.
10.7 Satz. Sei A ⊆ R eine multiplikative Teilmenge, und sei ρ : R −→ A−1 R kanonisch.
Sei I E R mit unverkürzbarer Primärzerlegung I = Q1 ∩. . .∩Qn , und sei Pi := rad(Qi ) für
i = 1, . . . , n. Dabei sei A∩Pi = ∅ für i = 1, . . . , m und A∩Pi 6= ∅ für i = m+1, . . . , n. Dann
ist A−1 I = A−1 Q1 ∩ . . . ∩ A−1 Qm eine unverkürzbare Primärzerlegung, und ρ−1 (A−1 I) =
Q1 ∩ . . . ∩ Qm .
Beweis. Für i = m + 1, . . . , n existiert ein ai ∈ A ∩ Pi . Also existiert ein ki ∈ N mit
aki i ∈ A∩Qi . Daher ist A∩Qi 6= ∅, also A−1 Qi = A−1 R nach Satz 8.7. Aus I = Q1 ∩. . .∩Qn
folgt mit Satz 8.5:
A−1 I = A−1 Q1 ∩ . . . ∩ A−1 Qn = A−1 Q1 ∩ . . . ∩ A−1 Qm ;
dabei ist A−1 Qi für i = 1, . . . , m ein A−1 Pi -Primärideal in A−1 R nach Satz 10.6. Ferner
sind A−1 P1 , . . . , A−1 Pm nach Satz 8.7 paarweise verschieden.
Wir nehmen an: A−1 Q2 ∩ . . . ∩ A−1 Qm ⊆ A−1 Q1 . Wegen Q2 ∩ ... ∩ Qm 6⊆ Q1 existiert
ein x ∈ (Q2 ∩ . . . ∩ Qm ) \ Q1 . Dann ist
x
∈ A−1 (Q2 ∩ . . . ∩ Qm ) = A−1 Q2 ∩ . . . ∩ A−1 Qm ⊆ A−1 Q1 .
1
Wir schreiben x1 = ay mit y ∈ Q1 , a ∈ A. Dann existiert ein b ∈ A mit bax = b1y ∈ Q1 ,
d.h. ba ∈ P1 . Damit haben wir den Widerspruch a ∈ P1 oder b ∈ P1 .
Dieser Widerspruch zeigt, dass A−1 I = A−1 Q1 ∩ . . . ∩ A−1 Qm eine unverkürzbare
Primärzerlegung ist. Zum Schluss zeigen wir: ρ−1 (A−1 I) = Q1 ∩ . . . ∩ Qm . Für x ∈
Q1 ∩ . . . ∩ Qm ist sicher ρ(x) = x1 ∈ A−1 (Q1 ∩ . . . ∩ Qm ) = A−1 Q1 ∩ . . . ∩ A−1 Qm = A−1 I,
d.h. x ∈ ρ−1 (A−1 I).
47
Sei umgekehrt x ∈ ρ−1 (A−1 I), d.h. x1 = ρ(x) ∈ A−1 I = A−1 (Q1 ∩ . . . ∩ Qm ). Wir
schreiben x1 = ay mit y ∈ Q1 ∩ . . . ∩ Qm , a ∈ A. Dann existiert ein b ∈ A mit bax =
b1y ∈ Q1 ∩ . . . ∩ Qm . Im Fall x ∈
/ Q1 ∩ . . . ∩ Qm wäre x ∈
/ Qi für ein i ∈ {1, . . . , m}, d.h.
ba ∈ Pi , und wir hätten den Widerspruch a ∈ Pi oder b ∈ Pi . Dieser Widerspruch zeigt:
x ∈ Q1 ∩ . . . ∩ Qm .
10.8 Satz (Zweiter Eindeutigkeitssatz)
Sei R noethersch, sei I E R mit unverkürzbarer Primärzerlegung I = Q1 ∩ . . . ∩ Qn , und
sei Pi := rad(Qi ) für i = 1, . . . , n. Ist Pi minimal in {P1 , . . . , Pn }, A := R \ Pi und
ρ : R −→ A−1 R kanonisch, so ist Qi = ρ−1 (A−1 I); insbesondere ist Qi durch I und Pi
eindeutig bestimmt.
Beweis. Für j 6= i ist Pj 6⊆ Pi , d.h. Pj ∩ A = Pj ∩ (R \ Pi ) 6= ∅. Nach Satz 10.7 ist also
A−1 I = A−1 Qi und Qi = ρ−1 (A−1 I).
Beispiel. Sei K ein Körper, sei R := K[X, Y ], und sei I := (X 2 , XY ). Dann ist
I = (X) ∩ (X, Y )2
eine unverkürzbare Primärzerlegung mit rad((X, Y )2 ) = (X, Y ) ∈ Max(R) und rad((X)) =
(X). Für α ∈ K ist auch
I = (X) ∩ (X 2 , Y − αX)
eine unverkürzbare Primärzerlegung mit rad((X 2 , Y − αX)) = (X, Y ) ∈ Max(R). Daher
sind unverkürzbare Primärzerlegungen i.a. nicht eindeutig.
11. Artinsche Ringe
Sei R ein Ring.
11.1 Satz. Ist R artinsch, so gilt:
(i) J := J(R) ist nilpotent;
(ii) J(R) ist Durchschnitt von endlich vielen maximalen Idealen in R;
(iii) Jeder endlich erzeugte R-Modul V hat eine Kompositionsreihe; insbesondere ist V
noethersch.
(iv) R ist noethersch;
(v) Spec(R) = Max(R).
Beweis. (i) Zu der absteigenden Folge J ⊇ J 2 ⊇ . . . existiert ein n ∈ N mit J n = J n+1 =
. . .. Wir nehmen an: J n 6= 0. Dann ist I := {I E R : IJ n 6= 0} 6= ∅. Da R artinsch
ist, existiert ein minimales Element I ∈ I. Wegen IJ n 6= 0 existiert ferner ein x ∈ I mit
0 6= xJ n E R. Wegen xJ n J n = xJ 2n = xJ n 6= 0 ist xJ n ∈ I und xJ n ⊆ I. Nach Wahl
von I ist I = xJ n . Wir schreiben x = xy mit y ∈ J n ⊆ J. Dann ist 0 = x(1 − y), und wir
haben wegen 1 − y ∈ R× den Widerspruch x = 0.
(ii) Wir nehmen das Gegenteil an. Sei M1 ∈ Max(R) beliebig. Dann ist J 6= M1 . Also
existiert ein M2 ∈ Max(R) mit M1 ∩ M2 ⊂ M1 . Dann ist J 6= M1 ∩ M2 . Also existiert
48
ein M3 ∈ Max(R) mit M1 ∩ M2 ∩ M3 ⊂ M1 ∩ M2 . So fährt man fort und erhält einen
Widerspruch, da R artinsch ist.
(iii) Seien M1 , . . . , Mr ∈ Max(R) mit J = M1 ∩ . . . ∩ Mr , und sei n ∈ N mit J n = 0.
Jeder Faktor der Folge
V ⊇ M1 V ⊇ M12 V ⊇ . . . ⊇ (M1 · · · Mr )n V = 0
hat die Form U/M U mit einem Untermodul U ⊆ V und einem M ∈ Max(R). Nach Voraussetzung ist V artinsch. Daher sind auch U und U/M U artinsch. Man kann U/M U
auch als Vektorraum über dem Körper R/M auffassen. Als solcher ist er ebenfalls artinsch, d.h. endlich-dimensional. Daher hat U/M U als R/M -Modul und als R-Modul eine
Kompositionsreihe. Also hat auch V eine Kompositionsreihe.
(iv) Wir setzen V := R in (iii).
(v) Für P ∈ Spec(R) ist S := R/P ein artinscher Integritätsbereich. Für 0 6= a ∈ S ist
ferner Sa ⊇ Sa2 ⊇ . . .. Daher existiert ein n ∈ N mit San = San+1 = . . .. Wir schreiben
an = an+1 x mit x ∈ S. Dann ist ax = 1. Dies zeigt, dass S ein Körper ist. Also ist
P ∈ Max(R).
Bemerkung. Da jeder noethersche Ring nur endlich viele minimale Primideale hat, besitzt jeder artinsche Ring R nur endlich viele Primideale (maximale Ideale) M1 , . . . , Mk .
Für i = 1, . . . , k ist V(Mi ) = {Mi } ⊆ Spec(R) abgeschlossen. Daher ist jede Teilmenge
von Spec(R) offen und abgeschlossen. Da Spec(R) genau 2k Teilmengen hat, enthält R
genau 2k Idempotente. Für jedes Idempotent e ∈ R ist
R = Re ⊕ R(1 − e) ∼
= Re × R(1 − e)
mit artinschen Ringen Re, R(1 − e). Induktiv folgt, dass
R∼
= R1 × · · · × Rk
mit lokalen artinschen Ringen R1 , . . . , Rk ist.
Beispiel. Für n ∈ N mit Primfaktorzerlegung n = pa1 1 · · · par r ist Z/nZ ∼
= Z/pa1 1 × · · · ×
Z/par r Z.
11.2 Satz. Sei R noethersch und Spec(R) = Max(R). Dann ist R artinsch.
Beweis. Wir nehmen das Gegenteil an. Dann ist die Menge aller Ideale I E R mit der
Eigenschaft, dass R/I nichtartinsch ist, nichtleer, enthält also ein maximales Element M .
Sicher ist M 6= R.
Hat man Elemente a, b ∈ R \ M mit ab ∈ M , so gilt: M 6= M + Ra und M 6= (M : a).
Daher sind R/M +Ra und R/(M : a) artinsch. Bemerkung 6.5 liefert eine exakte Folge von
R-Moduln und R-Homomorphismen 0 −→ R/(M : a) −→ R/M −→ R/M +Ra −→ 0. Also
ist auch R/M artinsch, und wir haben einen Widerspruch. Dieser zeigt: M ∈ Spec(R) =
Max(R). Dann ist aber R/M artinsch, und wir haben einen Widerspruch.
49
11.3 Satz. Sei R noethersch, sei I E R, und sei U ein Untermodul eines endlich erzeugten
R-Moduls V . Dann existiert ein Untermodul W ⊆ V , der maximal bzgl. W ∩ U = IU ist,
und es existiert ein k ∈ N mit I k V ⊆ W .
Beweis. Da V noethersch ist, existiert W . Da I endlich erzeugt ist, genügt zu zeigen, dass
für a ∈ I ein n ∈ N mit an V ⊆ W existiert. Sei also a ∈ I fest und Vr := {v ∈ V : ar v ∈ W }
für r ∈ N. Dann sind V1 , V2 , . . . ⊆ V Untermoduln mit V1 ⊆ V2 ⊆ . . .. Daher existiert
ein n ∈ N mit Vn = Vn+1 = . . .. Wegen der Maximalität von W genügt zu zeigen:
(an V + W ) ∩ U = IU ; denn dann ist an V ⊆ an V + W = W .
Sicher ist IU ⊆ (an V + W ) ∩ U . Sei umgekehrt u ∈ (an V + W ) ∩ U , und seien v ∈ V ,
w ∈ W mit u = an v + w. Dann ist an+1 v = au − aw ∈ IU + W = W , d.h. v ∈ Vn+1 = Vn .
Folglich ist an v ∈ W und damit u = an v + w ∈ W ∩ U = IU .
11.4 Satz. (Krulls Durchschnittssatz)
Sei
T R nnoethersch, sei I E R, und sei V ein endlich erzeugter R-Modul. Für U :=
n∈N I V gilt dann: IU = U .
Beweis. Wir wählen W und k wie oben. Dann ist U ⊆ I k V ⊆ W , d.h. U = W ∩ U = IU .
T
Bemerkung. Insbesondere folgt für I ∞ := n∈N I n , indem man V := R setzt: I · I ∞ =
I ∞.
11.5
Satz. Sei R noethersch, und seiTV ein endlich erzeugter R-Modul. Dann ist
T
n
J(R)
V = 0. Insbesondere ist also n∈N J(R)n = 0.
n∈N
T
Beweis. Sei U := n∈N J(R)n V . Nach Satz 11.4 ist J(R)U = U . Da U endlich erzeugt ist,
folgt aus Nakayamas Lemma: U = 0.
12. Die Krulldimension
Sei R ein Ring.
12.1 Satz. (i) Für u ∈ R \ Z(R) und y ∈ R gilt: Ry + Ru/Ru ≃ Ruy + Ru2 /Ru2 .
(ii) Für u, y ∈ R \ Z(R) mit (Ry : u) = (Ry : u2 ) gilt: Ry + Ru2 /Ruy + Ru2 ≃ Ru/Ru2 .
(iii) Sind u, y ∈ R \ Z(R) mit (Ry : u) = (Ry : u2 ) und hat der R-Modul Ru + Ry/Ru2
eine Kompositionsreihe, so ist Ru + Ry = Ru2 + Ry.
Beweis. (i) Sicher ist f : Ry + Ru −→ Ruy + Ru2 /Ru2 , x 7−→ ux + Ru2 , ein REpimorphismus mit Ru ⊆ Ker(f ). Sei umgekehrt x ∈ Ker(f ), d.h. 0 = f (x) = ux + Ru2 .
Dann ist ux ∈ Ru2 , also ux = ru2 für ein r ∈ R. Daher ist u(x − ru) = 0, d.h. x = ru.
Dies zeigt: Ker(f ) = Ru. Die Aussage folgt also aus dem Homomorphiesatz.
(ii) Sicher ist g : R −→ Ry + Ru2 /Ruy + Ru2 , x 7−→ xy + Ruy + Ru2 , ein REpimorphismus mit Ru ⊆ Ker(g). Sei umgekehrt x ∈ Ker(g), d.h. 0 = g(x) = xy +
Ruy + Ru2 . Dann ist xy ∈ Ruy + Ru2 . Daher existieren a, b ∈ R mit xy = auy + bu2 .
Also ist b ∈ (Ry : u2 ) = (Ry : u). Daher existiert ein c ∈ R mit bu = cy. Dann ist
xy = auy + cuy ∈ Ruy. Wegen y ∈
/ Z(R) folgt: x ∈ Ru. Dies zeigt: Ker(g) = Ru. Der
50
Homomorphiesatz impliziert also: R/Ru ≃ Ry + Ru2 /Ruy + Ru2 . Aus (i) (mit y := 1)
folgt außerdem: R/Ru ≃ Ru/Ru2 .
(iii) Wir berechnen die Kompositionslänge von V := Ru + Ry/Ru2 auf zwei Arten.
Einerseits ist ℓ(V ) = ℓ(Ru + Ry/Ru) + ℓ(Ru/Ru2 ). Andererseits ist
ℓ(V ) = ℓ(Ru + Ry/Ru2 + Ry) + ℓ(Ru2 + Ry/Ru2 + Ruy) + ℓ(Ru2 + Ruy/Ru2 ).
Wegen Ru + Ry/Ru ≃ Ru2 + Ruy/Ru2 und Ru/Ru2 ≃ Ru2 + Ry/Ru2 + Ruy folgt:
0 = ℓ(Ru + Ry/Ru2 + Ry), und die Behauptung ist bewiesen.
12.2 Definition. Man nennt die Krulldimension des topologischen Raums Spec(R) auch
Krulldimension von R: Dim(R) := Dim(Spec(R)).
Bemerkung. Nach Satz 7.3 ist also Dim(R) das Supremum der Längen s von Primidealketten P0 ⊃ P1 ⊃ . . . ⊃ Ps in Spec(R). Für P ∈ Spec(R) heißt das Supremum ht(P )
der Längen s von Primidealketten der Form P = P0 ⊃ P1 ⊃ . . . ⊃ Ps in Spec(R) Höhe
(height) von P . Nach Satz 8.7 ist also ht(P ) = Dim(RP ) und
Dim(R) = sup{ht(P ) : P ∈ Spec(R)} = sup{ht(M ) : M ∈ Max(R)}.
Satz. (Krulls Hauptidealsatz)
Sei R noethersch, sei x ∈ R, und sei P ∈ V(Rx) minimal. Dann ist ht(P ) ≤ 1. Im Fall
x∈
/ Z(R) ist sogar ht(P ) = 1.
Beweis. Wir nehmen zunächst ht(P ) > 1 an. Dann existiert in Spec(R) eine Kette
P ⊃ P ′ ⊃ P ′′ . Nach Übergang zu R/P ′′ können wir o.B.d.A. P ′′ = 0 annehmen. Analog
können wir nach Übergang zu RP annehmen: Max(R) = {P }. Also ist jetzt R ein lokaler
noetherscher Integritätsbereich mit x 6= 0; denn sonst wäre P = 0.
Sei 0 6= y ∈ P ′ und Ik := (Ry : xk ) für k ∈ N. Wegen I1 ⊆ I2 ⊆ . . . existiert
ein n ∈ N mit In = In+1 = . . .. Für u := xn ist also (Ry : u) = (Ry : u2 ). Ferner
ist R/Ru2 ein lokaler Ring mit Spec(R/Ru2 ) = {P/Ru2 }; denn jedes Primideal zwischen
P und Ru2 würde mit u2 = x2n auch x enthalten. Nach Satz 11.2 ist R/Ru2 artinsch,
hat also eine Kompositionsreihe. Folglich hat jeder endlich erzeugte R/Ru2 -Modul eine
Kompositionsreihe, insbesondere Ru + Ry/Ru2 . Da R ein Integritätsbereich ist, folgt aus
Satz 12.1: Ru + Ry = Ru2 + Ry. Daher existieren c, d ∈ R mit u = cu2 + dy, d.h.
u(1 − cu) = dy ∈ Ry. Wegen 1 − cu ∈ R× folgt u ∈ Ry ⊆ P ′ . Damit haben wir den
Widerspruch x ∈ P ′ .
Im Fall ht(P ) = 0 ist P ∈ Min(R), also x ∈ Z(R) nach Satz 4.5.
Beispiel. Der Nullring erhält die Krulldimension −1. Jeder von 0 verschiedene artinsche
Ring hat Krulldimension 0. Jeder Hauptidealring, der kein Körper ist, hat Krulldimension
1.
12.3 Satz. (Krulls verallgemeinerter Hauptidealsatz)
Sei R noethersch und I = (a1 , . . . , an ) E R. Dann ist ht(P ) ≤ n für jedes minimale
Element P ∈ V(I).
51
Beweis. Wir nehmen das Gegenteil an und wählen ein Gegenbeispiel mit möglichst kleinem
n. Nach Satz 12.2 ist n ≥ 2. Also existiert in Spec(R) eine Kette P = P0 ⊃ P1 ⊃ . . . ⊃
Pn+1 . O.B.d.A. sei dabei P1 maximal in der Menge der Primideale von R, die echt in P0
enthalten sind. Nach Übergang zu RP können wir annehmen, dass R lokal und Max(R) =
{P } ist. Wegen I 6⊆ P1 existiert ein i ∈ {1, . . . , n} mit ai ∈
/ P1 ; o.B.d.A. sei a1 ∈
/ P1 . Dann
ist P das einzige Primideal in R, das Ra1 + P1 enthält, d.h. P = rad(Ra1 + P1 ). Daher
existiert ein t ∈ N mit P t ⊆ Ra1 + P1 . Für i = 2, . . . , n sei ati = ci a1 + pi mit ci ∈ R und
pi ∈ P1 . Dann ist J := (p2 , . . . , pn ) ⊆ P1 .
Wäre P1 minimal in V(J), so hätten wir nach Induktion den Widerspruch n ≤
ht(P1 ) ≤ n − 1. Folglich existiert ein Q ∈ Spec(R) mit J ⊆ Q ⊂ P1 .
Sei P ′ ∈ Spec(R) mit Ra1 + Q ⊆ P ′ . Für i = 2, . . . , n ist dann ati ∈ Ra1 + J ⊆
Ra1 + Q ⊆ P ′ , also auch ai ∈ P ′ . Wegen I = (a1 , . . . , an ) folgt: P ′ = P .
Dies zeigt, dass P das einzige Primideal in R ist, das Ra1 + Q enthält. Setzt man
R := R/Q und a1 := a1 + Q, so ist also P/Q minimal in V(Ra1 ), und P/Q ⊃ P1 /Q ⊃
Q/Q = 0 ist eine Primidealkette in R. Dies widerspricht Satz 12.2.
Bemerkung. In einem noetherschen Ring hat also jedes Primideal P endliche Höhe.
Genauer gilt: ht(P ) ≤ µ(P ). Es gibt aber auch noethersche Ringe unendlicher Krulldimension.
Beispiel. Ist R ein faktorieller Ring (nicht unbedingt noethersch), so gilt:
{P ∈ Spec(R) : ht(P ) = 1} = {(p) : p ∈ R Primelement}.
Zum Beweis sei P ∈ Spec(R) mit ht(P ) = 1, d.h. P 6= 0. Sei 0 6= x ∈ P , und sei
x = p1 · · · pr mit Primelementen p1 , . . . , pr ∈ R. Dann existiert ein i ∈ {1, . . . , r} mit
pi ∈ P . Wegen 0 6= (pi ) ∈ Spec(R) folgt: (pi ) = P .
Sei umgekehrt p ∈ R ein Primelement, also 0 6= (p) ∈ Spec(R). Ist P ∈ Spec(R) mit
P ⊂ (p), so existiert für x ∈ P ein y ∈ R mit x = py. Wegen py ∈ P und p ∈
/ P folgt
y ∈ P . Also existiert analog ein z ∈ P mit y = pz, d.h. x = p2 z. So fährt man fort und
erhält, dass x für k ∈ N durch pk teilbar ist. Also ist x = 0. Dies zeigt: P = 0, d.h.
ht(Rp) = 1.
Man kann auch zeigen, dass ein noetherscher Integritätsbereich R genau dann faktoriell ist, wenn jedes Primideal in R der Höhe 1 ein Hauptideal ist.
12.4 Satz. Sei R noethersch und I = (a1 , . . . , an ) E R. Für P ∈ V(I) gilt dann:
ht(P ) ≤ ht(P/I) + n.
Beweis. (Induktion nach k := ht(P/I))
Im Fall k = 0 ist P minimal in V(I), und die Behauptung folgt aus Satz 12.3. Sei also
k > 0, und seien P1 , . . . , Ps die minimalen Elemente in V(I). Wegen P ∈
/ {P1 , . . . , Ps } ist
P 6⊆ P1 ∪. . .∪Ps nach Satz 4.2. Sei y ∈ P \(P1 ∪. . .∪Ps ). Dann ist J := I +Ry ⊆ P . Wegen
J 6⊆ P1 ∪ . . . ∪ Ps ist ht(P/J) ≤ k − 1. Nach Induktion ist also ht(P ) ≤ ht(P/J) + (n + 1) ≤
k + n.
52
12.5 Satz. Sei R noethersch, und seien I, J E R mit J ⊆ I und
Ss V(I) = V(J). Ferner
sei m := µ(I/J), und es seien P1 , . . . , Ps ∈ Spec(R) mit I ⊆
6
j=1 Pj . Dann existieren
a1 , . . . , am ∈ I mit folgenden Eigenschaften:
(i) I = (aS1 , . . . , am ) + J;
s
(ii) ai ∈
/ j=1 Pj für j = 1, . . . , m;
(iii) ht(P ) ≥ m für alle P ∈ V((a1 , . . . , am )) \ V(I).
Ss
Beweis. Wir konstruieren induktiv Elemente a1 , . . . , ar ∈ I \ j=1 Pj derart, dass a1 +
J, . . . , ar + J zu einem m-elementigen Erzeugendensystem von I/J gehören und ht(P ) ≥ r
für alle P ∈ V((a1 , . . . , r)) \ V(I) gilt.
Im Fall r = 0 ist nichts zu tun. Sei also 0 ≤ r < m, und seien bereits a1 , . . . , ar
mit den gewünschten Eigenschaften konstruiert. Zunächst wählen wir a ∈ I so, dass a1 +
J, . . . , ar + J, a + J zu einem m-elementigen Erzeugendensystem von I/J gehören. Ferner
seien Q1 , . . . , Qt die minimalen Elemente in V((a1 , . . . , ar )), die nicht zu V(I) gehören, und
X sei die Menge der maximalen Elemente in {P1 , . . . , Ps , Q1 , . . . , Qt }. Dann ist X = X1 ∪X2
mit X1 := {P ∈ XS: a ∈ P } und X2 := {P ∈ X : a ∈
/ P }.
Im Fall J ⊆ P ∈X P wäre J ⊆ P für ein P ∈ X nach Satz 4.2, d.h. P ∈ V(J) = V(I).
Also
Ss wäre I ⊆ P = Pi für ein i ∈ {1, . . . , s}. Damit hätten wir den Widerspruch I ⊆
j=1 Pj .
S
Dieser Widerspruch
zeigt,
dass
ein
Element
b
∈
J
\
P ∈X P existiert.
T
S
Q
T
Wir nehmen an: P ∈X2 P ⊆ P ∈X1 P . Nach Satz 4.2 ist dann P ∈X2 P ⊆ P ∈X2 P
⊆ Q für ein Q ∈ X1 , d.h. P ⊆ Q für ein P ∈ X2 . Damit haben wir den Widerspruch
P = Q ∈ X2 ∩ X1 = ∅.
T
S
Dieser Widerspruch zeigt, dass ein Element c ∈ P ∈X2 P \ P ∈X1 P existiert. Dann
ist ar+1 := a + bc ∈ I.
Wir nehmen an: ar+1 ∈ P für ein P ∈ X. Im Fall P ∈ X2 ist c ∈ P , und wir haben
den Widerspruch a ∈ P . Im Fall P ∈ X1 ist a ∈ P . Dann ist bc ∈ P , also c ∈ P wegen
b∈
/ P . Damit haben wir auch in diesem Fall einen Widerspruch.
Also ist ar+1 ∈
/ P für alle P ∈ X; insbesondere ist ar+1 ∈
/ Pj für j = 1, . . . , s.
Wegen ar+1 + J = a + J gehören a1 + J, . . . , ar + J, ar+1 + J zu einem m-elementigen
Erzeugendensystem von I/J.
Sei jetzt P ∈ V((a1 , . . . , ar , ar+1 )) \ V(I). Wegen P ∈ V((a1 , . . . , ar )) ist dann P ⊇ Qi
für ein i ∈ {1, . . . , t}. Wegen ar+1 ∈ P , aber ar+1 ∈
/ Qi ist P 6= Qi , also ht(P ) > ht(Qi ) ≥ r
wegen Qi ∈ V((a1 , . . . , ar )) \ V(I). Daher ist ht(P ) ≥ r + 1. Damit ist der Satz bewiesen.
12.6 Satz. Sei R noethersch, sei P ∈ Spec(R), und sei m := ht(P ). Dann existieren
a1 , . . . , am ∈ P derart, dass P minimal in V((a1 , . . . , am )) ist.
Bemerkung. Dies ist eine Umkehrung des verallgemeinerten Hauptidealsatzes.
Beweis. Wir setzen I := P und J := P 2 . Dann ist V(I) = V(J) und µ(P/P 2 ) ≥
µ(PP /PP2 ) = µ(PP ) ≥ ht(PP ) = ht(P ) = m. Im Beweis des vorigen Satzes wurden
Elemente a1 , . . . , am ∈ P mit ht(Q) ≥ m für alle Q ∈ V((a1 , . . . , am )) \ V(P ) konstruiert.
Dann ist P minimal in V((a1 , . . . , am )); denn sonst würde ein Q ∈ V((a1 , . . . , am )) mit
Q ⊂ P existieren. Dann wäre Q ∈ V((a1 , . . . , am ))\V(P ), und wir hätten den Widerspruch
ht(P ) > ht(Q) ≥ m.
53
12.7 Satz. Seien Q, Q′ ∈ Spec(R[X]) mit Q ⊂ Q′ und Q ∩ R = Q′ ∩ R =: P . Dann ist
Q = P · R[X] =: P [X].
Beweis. Wir setzen R := R/P . Dann ist R[X]/P [X] ∼
= R[X] ein Integritätsbereich, also
′
P [X] ∈ Spec(R[X]) und P [X] ⊆ Q ⊂ Q . Wir nehmen P [X] ⊂ Q ⊂ Q′ an. Damit haben
wir eine Primidealkette der Länge 2 in R[X]. Übergang zu R[X]/P [X] ∼
= R[X] liefert eine
′
′
Primidealkette 0 ⊂ Q ⊂ Q in R[X] mit Q ∩ R = Q ∩ R = 0. Setzt man A := R \ {0},
′
so ist also Q ∩ A = Q ∩ A = ∅. Daher erhält man eine Primidealkette der Länge 2 in
−1
−1
−1
−1
A (R[X]) ∼
= (A R)[X]. Da A R ein Körper, also (A R)[X] ein Hauptidealring ist,
haben wir einen Widerspruch.
Beispiel. Seien R ein HIR (z.B. R = Z oder R = k[Y ] für einen Körper k) und K :=
Quot(R). Bekanntlich ist S := R[X] faktoriell und noethersch, aber i.a. kein HIR. Da S
ein Integritätsbereich ist, ist Min(S) = {0}. Nach Beispiel 12.3 sind die Primideale der
Höhe 1 in S genau die von Primelementen in S erzeugten Hauptideale.
Sei also Q ∈ Spec(S) mit ht(Q) ≥ 2. Dann existiert ein Q′ ∈ Spec(S) mit Q ⊃ Q′ ⊃ 0.
Im Fall Q∩R = 0 wäre auch Q′ ∩R = 0. Mit Satz 12.7 hätten wir also den Widerspruch
′
Q = 0 · S = 0.
Also ist 0 6= Q∩R ∈ Spec(R). Daher existiert ein Primelement p in R mit Q∩R = Rp.
Ferner ist F := R/Rp ein Körper. Sei φ : R[X] −→ F [X] kanonisch, also Ker(φ) =
pR[X] ⊆ Q. Dann ist φ(Q) ∈ Spec(F [X]). Da F [X] ein HIR ist, existiert ein irreduzibles
Polynom h in F [X] mit φ(Q) = (h). Sei h ∈ R[X] mit h = φ(h). Dann ist Q = (p, h).
Nach Satz 12.3 ist ht(Q) = 2 und Q ∈ Max(S). Insbesondere ist Dim(S) ≤ 2.
12.8 Satz. Ist R noethersch und P ∈ Spec(R), so ist htR (P ) = htR[X] (P [X]).
Beweis. Sei n := htR (P ). Nach Satz 12.6 existieren dann a1 , . . . , an ∈ P derart, dass P
minimal in V((a1 , . . . , an )) ist. Wir setzen I := (a1 , . . . , an ). Dann ist I[X] := I · R[X] =
a1 R[X] + · · · + an R[X].
Wir nehmen an, dass ein P ′ ∈ Spec(R[X]) mit P [X] ⊃ P ′ ⊇ I[X] existiert. Dann ist
P = P [X] ∩ R ⊇ P ′ ∩ R ⊇ I mit P ′ ∩ R ∈ Spec(R), also P ′ ∩ R = P . Aus Satz 12.7 folgt
daher der Widerspruch P ′ = P R[X] = P [X].
Dieser Widerspruch zeigt, dass P [X] minimal in V(I[X]) ist. Aus dem verallgemeinerten Hauptidealsatz folgt also: htR[X] (P [X]) ≤ n.
Andererseits existiert eine Kette P0 ⊂ P1 ⊂ . . . ⊂ Pn = P in Spec(R). Daher ist P0 [X] ⊂ P1 [X] ⊂ . . . ⊂ Pn [X] = P [X] eine Kette in Spec(R[X]). Also gilt:
htR[X] (P [X]) ≥ n.
12.9 Satz. Ist R noethersch, so ist Dim(R[X]) = Dim(R) + 1.
Beweis. Ist P0 ⊂ . . . ⊂ Pn eine Kette in Spec(R), so ist
P0 [X] ⊂ . . . ⊂ Pn [X] ⊂ Pn [X] + XR[X]
eine Kette in Spec(R[X]). Daher ist Dim(R[X]) ≥ Dim(R) + 1.
Sei umgekehrt Q0 ⊂ . . . ⊂ Qr eine Kette in Spec(R[X]). Wir werden zeigen, dass
Dim(R) ≥ r − 1 gilt. Dazu sei Pi := Qi ∩ R für i = 1, . . . , r. Dann ist P0 ⊆ . . . ⊆ Pr . Im
54
Fall P0 ⊂ . . . ⊂ Pr ist sogar Dim(R) ≥ r. Sei also Pj = Pj+1 für ein j ∈ {0, . . . , r − 1};
dabei sei j möglichst groß gewählt. Aus Satz 12.7 folgt dann: Qj = Pj [X]. Nach Satz
12.8 ist also htR (Pj ) = htR[X] (Qj ) ≥ j. Nach Wahl von j ist außerdem Pj+1 ⊂ . . . ⊂ Pr .
Daher gilt: Dim(R) ≥ htR (Pr ) ≥ r − j − 1 + htR (Pj ) ≥ r − 1.
Bemerkung. Induktiv folgt: Dim(R[X1 , . . . , Xn ]) = Dim(R) + n für n ∈ N.
Beispiel. Dim(K[X1 , . . . , Xn ]) = n für jeden Körper K, und Dim(Z[X1 , . . . , Xn ]) = n+1.
13. Ganze Ringerweiterungen
Sei R ⊆ S eine Ringerweiterung.
13.1 Satz. Sei S Integritätsbereich und ganz über R. Dann ist R auch ein Integritätsbereich, und es gilt: R Körper ⇐⇒ S Körper.
Beweis. “=⇒”: Sei R Körper und 0 6= s ∈ S. Dann existieren r0 , . . . , rn−1 ∈ R mit
0 = sn + rn−1 sn−1 + · · · + r1 s + r0 = 0. Dabei sei o.B.d.A. r0 6= 0; denn sonst können wir
s kürzen. Dann ist 1 = r0−1 s(−sn−1 − rn−1 sn−1 − · · · − r1 ), d.h. s ∈ S × .
“⇐=”: Sei S Körper und 0 6= r ∈ R ⊆ S, d.h. r−1 ∈ S. Dann existieren a0 , . . . , an−1 ∈
R mit (r−1 )n + an−1 (r−1 )n−1 + · · · + a1 r−1 + a0 = 0. Multiplikation mit rn−1 ∈ R ergibt:
r−1 = −an−1 − · · · − a1 rn−2 − a0 rn−1 ∈ R.
13.2 Satz. Ist S ganz über R, so gilt für Q ∈ Spec(S) und P := Q ∩ R: Q ∈ Max(S) ⇐⇒
P ∈ Max(R).
Beweis. Nach Bemerkung 4.2 ist P ∈ Spec(R). Ferner ist f : R/P −→ S/Q, a + P 7−→
a + Q, ein Ringmonomorphismus. So kann man R/P als Teilring des Integritätsbereichs
S/Q auffassen. Offenbar ist S/Q ganz über R/P . Nach Satz 13.1 gilt also: R/P Körper
⇐⇒ S/Q Körper. Daraus folgt die Behauptung.
13.3 Satz. Sei S ganz über R.
(i) Für jede multiplikative Teilmenge A ⊆ R ist dann A−1 S eine ganze Ringerweiterung
von A−1 R.
(ii) Sind Q, Q′ ∈ Spec(S) mit Q ⊆ Q′ und R ∩ Q = R ∩ Q′ =: P , so ist Q = Q′ .
Beweis. (i) Seien s ∈ S und a ∈ A. Dann existieren r0 , . . . , rn−1 ∈ R mit sn + rn−1 sn−1 +
· · · + r1 s + r0 = 0. Dann sind arn0 , . . . , rn−1
∈ A−1 R mit
a
s
rn−1 s n−1
r1 s
r0
( )n +
( )
+ · · · + n−1 + n = 0.
a
a a
a
a a
(ii) Nach Bemerkung 4.2 ist P ∈ Spec(R). Daher ist A := R \ P ⊆ R multiplikativ. Nach
(i) ist also A−1 S ganz über A−1 R = RP ; dabei ist RP lokal und A−1 P = PP ∈ Max(RP ).
Nach Satz 8.7 sind A−1 Q, A−1 Q′ ∈ Spec(A−1 S) mit A−1 Q ⊆ A−1 Q′ . Nach Bemerkung
4.2 sind A−1 Q ∩ A−1 R, A−1 Q′ ∩ A−1 R ∈ Spec(A−1 R) mit A−1 P ⊆ A−1 Q ∩ A−1 R ⊆
55
A−1 Q′ ∩ A−1 R. Daher gilt: A−1 P = A−1 Q ∩ A−1 R = A−1 Q′ ∩ A−1 R. Nach Satz 13.2 ist
A−1 Q ∈ Max(A−1 S), also A−1 Q = A−1 Q′ und damit Q = Q′ nach Satz 8.7.
Bemerkung. In dieser Situation liefert jede Kette Q0 ⊃ Q1 ⊃ . . . ⊃ Qs in Spec(S) eine
Kette Q0 ∩ R ⊃ Q1 ∩ R ⊃ . . . ⊃ Qs ∩ R in Spec(R). Daher ist Dim(S) ≤ Dim(R). Wir
werden Gleichheit zeigen.
13.4 Satz. (Lying-over)
Sei S ganz über R. Dann existiert zu jedem P ∈ Spec(R) ein Q ∈ Spec(S) mit P = Q ∩ R.
Beweis. Da A := R \ P ⊆ R eine multiplikative Teilmenge ist, ist A−1 S ganz über A−1 R =
RP ; dabei ist RP lokal und A−1 P = PP ∈ Max(RP ). Sei M ∈ Max(A−1 S). Nach Satz
13.2 ist M ∩A−1 R ∈ Max(A−1 R), d.h. M ∩A−1 R = A−1 P . Sei σ : S −→ A−1 S kanonisch.
Dann ist σ −1 (M ) ∈ Spec(S) und σ −1 (M ) ∩ A = ∅. Daher ist R ∩ σ −1 (M ) ∈ Spec(R) und
R ∩ σ −1 (M ) ∩ A = ∅, d.h. R ∩ σ −1 (M ) ⊆ P . Andererseits ist P ⊆ R und P ⊆ σ −1 (M )
wegen σ(P ) ⊆ A−1 P ⊆ M . Also gilt: P = R ∩ σ −1 (M ).
Bemerkung. In der obigen Situation ist f : Spec(S) −→ Spec(R), Q 7−→ Q ∩ R, nicht
nur stetig, sondern auch abgeschlossen; das bedeutet, dass f (B) für jede abgeschlossene
Teilmenge B ⊆ Spec(S) abgeschlossen in Spec(R) ist.
Zum Beweis sei J E S. Dann ist
f (VS (J)) = {Q ∩ R : J ⊆ Q ∈ Spec(S)} ⊆ {P ∈ Spec(R) : J ∩ R ⊆ P } = VR (J ∩ R).
Ist umgekehrt P ∈ Spec(R) mit J ∩ R ⊆ P , so ist P/J ∩ R ∈ Spec(R/J ∩ R). Da
R/J ∩ R −→ R + J/J, a + (J ∩ R) 7−→ a + J, ein Ringisomorphismus ist, ist P + J/J ∈
Spec(R/J). Da S/J ganz über R + J/J ist, existiert ein Q ∈ Spec(S) mit J ⊆ Q und
(Q/J)∩(R +J/J) = P +J/J. Dann ist P +J = Q∩(R +J) = (Q∩R)+J nach Dedekinds
Lemma. Also ist P = Q ∩ R ∈ f (VS (J)). Dies zeigt: f (VS (J)) = VR (J ∩ R).
13.5 Satz. (Going-up)
Sei S ganz über R. Seien ferner P1 ⊂ P2 ⊂ . . . ⊂ Pm und Q1 ⊂ Q2 ⊂ . . . ⊂ Qn Ketten
in Spec(R) bzw. Spec(S) mit n < m und Pi = Qi ∩ R für i = 1, . . . , n. Dann existieren
Qn+1 , . . . , Qm ∈ Spec(S) mit Q1 ⊂ Q2 ⊂ . . . ⊂ Qn ⊂ Qn+1 ⊂ . . . ⊂ Qm und Pi = Qi ∩ R
für i = 1, . . . , m.
Beweis. O.B.d.A. sei m = 2 und n = 1, d.h. P1 ⊂ P2 ⊂ R, Q1 ⊂ S und Q1 ∩ R = P1 . Da
f : R := R/P1 −→ S := S/Q1 ,
a + P1 7−→ a + Q1 ,
ein Ringmonomorphismus ist, können wir R als Teilring von S auffassen. Offenbar ist
S ganz über R und P 2 := P2 /P1 ∈ Spec(R), d.h. f (P 2 ) ∈ Spec(f (R)). Nach Satz 13.4
existiert ein Q2 = Q2 /Q1 ∈ Spec(S) mit Q2 ∩ f (R) = f (P2 ), d.h. P2 + Q1 = Q2 ∩
(R + Q1 ) = (Q2 ∩ R) + Q1 mit Q2 ∈ Spec(S). Also ist f (Q2 ∩ R/P1 ) = f (P2 /P1 ), d.h.
Q2 ∩ R/P1 = P2 /P1 und damit Q2 ∩ R = P2 .
Bemerkung. Ist S ganz über R, so ist also Dim(S) = Dim(R).
56
Beispiel. Sei Q ⊆ K eine Körpererweiterung und R der ganze Abschluss von Z in K.
Dann ist Dim(R) = Dim(Z) = 1, d.h. Spec(R) = {0} ∪ Max(R).
13.6 Definition. Sei I E R. Ein Element s ∈ S heißt ganz über I, falls a0 , . . . , an−1 ∈ I
mit sn + an−1 sn−1 + · · · + a1 s + a0 = 0 existieren.
Satz. Sei R der ganze Abschluss von R in S. Sei ferner I E R und I := {s ∈ S :
s ganz über I}, also I ⊆ R. Dann ist I = rad(I · R); dabei bezeichnet I · R das von I
erzeugte Ideal von R.
Beweis. Zu s ∈ I ⊆ R existieren a0 , . . . , an−1 ∈ I mit sn + an−1 sn−1 + · · · + a1 s + a0 = 0.
Also ist sn ∈ IR, d.h. s ∈ rad(IR).
Sei umgekehrt s ∈ rad(IR) und n ∈ N mit sn ∈ IR. Dann existieren a1 , . . . , am ∈ I
und x1 , . . . , xm ∈ R mit sn = a1 x1 + · · · + am xm . Daher ist M := R[x1 , . . . , xm ] ein endlich
Pk
erzeugter R-Modul. Wir schreiben M = Ry1 +· · ·+Ryk und sn yj = i=1 aij yi mit aij ∈ I
Pk
für alle i, j. Dann ist i=1 (sn δij − aij )yi = 0 für j = 1, . . . , k. Sei (bij ) die Adjunkte von
(sn δij − aij ). Dann ist (sn δij − aij )(bij ) = (δij ∆) mit ∆ := det(sn δij − aij ). Also gilt:
k
X
(sn δij − aij )bjl = δil ∆
(i, l = 1, . . . , k)
j=1
und
0=
k
X
j=1
k
k
k
X
X
X
n
n
bjl
(s δij − aij )yi =
(s δij − aij )bjl yi =
δil ∆yi = ∆yl
i=1
i,j=1
i=1
für l = 1, . . . , k. Wegen 1 ∈ M folgt: ∆ = 0. Daher ist s ganz über I.
13.7 Satz. Sei S ein Integritätsbereich (also auch R). Ferner seien K bzw. L die Quotientenkörper von R bzw. S. (Dann ist also K ⊆ L.) Sei ferner R normal, I E R und
s ∈ S ganz über I (also auch algebraisch über K). Dann hat das Minimalpolynom f von s
über K die Form f = X n + an−1 X n−1 + · · · + a1 X + a0 mit a0 , . . . , an−1 ∈ rad(I).
Beweis. Seien a0 , . . . , an−1 ∈ K und b0 , . . . , br−1 ∈ I mit f = X n + an−1 X n−1 + · · · +
a1 X + a0 und sr + br−1 sr−1 + · · · + b1 s + b0 = 0. Sei ferner L der algebraische Abschluss
von L und f = (X − t1 ) · · · (X − tn ) mit t1 = s, t2 , . . . , tn ∈ L. Da f ein Teiler von
X r +br−1 X r−1 +· · ·+b1 X +b0 in K[X] ist, sind t1 , . . . , tn ganz über I. Nach Satz 13.6 sind
daher auch a0 , . . . , an−1 ganz über I. Wiederum mit Satz 13.6 folgt: a0 , . . . , an−1 ∈ rad(I).
13.8 Bemerkung. Sei R ein Integritätsbereich, und sei A ⊆ R eine multiplikative Teilmenge mit 0 ∈
/ A. Dann kann man A−1 R = { ar : r ∈ R, a ∈ A} als Teilring des
Quotientenkörpers K von R auffassen. Wir haben also: R ⊆ A−1 R ⊆ K.
Satz. (Going-down)
Sei S ein Integritätsbereich (also auch R) und ganz über R. Ferner sei R normal. Sind
P1 ⊃ P2 ⊃ . . . ⊃ Pm und Q1 ⊃ Q2 ⊃ . . . ⊃ Qn Ketten in Spec(R) bzw. Spec(S) mit
57
n < m und Qi ∩ R = Pi für i = 1, . . . , n, so existieren Qn+1 , . . . , Qm ∈ Spec(S) mit
Q1 ⊃ Q2 ⊃ . . . ⊃ Qn ⊃ Qn+1 ⊃ . . . ⊃ Qm und Qi ∩ R = Pi für i = 1, . . . , m.
Beweis. O.B.d.A. sei m = 2 und n = 1, d.h. R ⊃ P1 ⊃ P2 , S ⊃ Q1 und Q1 ∩ R = P1 . Wir
setzen K := Quot(R), L := Quot(S) und können annehmen: R ⊆ S ⊆ SQ1 ⊆ L. Dann ist
(P2 S)Q1 = { ys : y ∈ P2 S, s ∈ S \ Q1 } E SQ1 . Wir behaupten: (P2 S)Q1 ∩ R = P2 .
Sicher ist P2 ⊆ (P2 S)Q1 ∩ R. Sei umgekehrt x ∈ (P2 S)Q1 ∩ R; o.B.d.A. x 6= 0.
Wir schreiben x = ys mit y ∈ P2 S ⊆ rad(P2 S) und s ∈ S \ Q1 . Nach Satz 13.6 ist
y ganz über P2 . Nach Satz 13.7 hat das Minimalpolynom f von y über K die Form
ui
f = X n + un−1 X n−1 + · · · + u1 X + u0 mit u0 , . . . , un−1 ∈ P2 . Wir setzen vi := xn−i
für
y
n
n−1
+ · · · + v1 s + v0 = 0.
i = 0, . . . , n − 1. Wegen s = x und f (y) = 0 ist dann s + vn−1 s
Offenbar ist X n + vn−1 X n−1 + · · · + v1 X + v0 das Minimalpolynom von s über K. Da R
normal ist, folgt aus Satz 13.7: v0 , . . . , vn−1 ∈ R.
Im Fall v0 , . . . , vn−1 ∈ P2 wäre sn = −vn−1 sn−1 − · · · − v1 s − v0 ∈ P2 S ⊆ P1 S ⊆ Q1 ,
und wir hätten den Widerspruch s ∈ Q1 .
Daher existiert ein i ∈ {0, . . . , n−1} mit vi ∈ R\P2 . Andererseits ist xn−i vi = ui ∈ P2 ,
d.h. x ∈ P2 . Damit ist unsere Behauptung gezeigt.
Folglich ist (P2 S)Q1 ∩ (R \ P2 ) = ∅. Nach Satz 4.4 existiert ein Q′2 ∈ Spec(SQ1 )
mit (P2 S)Q1 ⊆ Q′2 und Q′2 ∩ (R \ P2 ) = ∅. Daher ist Q2 := Q′2 ∩ S ∈ Spec(S) mit
P2 ⊆ (P2 S)Q1 ∩ R ⊆ Q′2 ∩ R = Q2 ∩ R und Q2 ∩ (R \ P2 ) = ∅, d.h. Q2 ∩ R = P2 . Ferner
gilt: Q2 ⊆ Q1 .
14. Reguläre lokale Ringe
Sei R ein Ring.
14.1 Bemerkung. Sei R lokal und noethersch, und sei M := J(R), d.h. Max(R) =
{M }. Dann ist M/M 2 ein Vektorraum über dem Körper K := R/M , und aus dem
verallgemeinerten Hauptidealsatz folgt:
Dim(R) = ht(M ) ≤ µ(M ) = dimK (M/M 2 ) < ∞.
Man betrachtet manchmal den R/M -Vektorraum M/M 2 als Analogon des Tangentialraums aus der Differentialgeometrie.
Satz. In der obigen Situation sei c ∈ M \M 2 . Dann ist R := R/Rc ein lokaler noetherscher
Ring mit M := M/Rc = J(R) und
2
dimR/M M/M 2 = dimR/M M /M + 1.
Beweis. Nach dem Homomorphiesatz ist R ein lokaler noetherscher Ring und M = J(R).
2
2
2
Sei a1 + M , . . . , an + M eine R/M -Basis von M /M . Für i = 1, . . . , n sei ai ∈ M mit
ai = ai + Rc. Dann erzeugen a1 , . . . , an den R-Modul M , d.h.
M/Rc = M = Ra1 + · · · + Ran = Ra1 + · · · + Ran + Rc/Rc.
58
Also ist M = Ra1 + · · · + Ran + Rc und
2
M/M =
n
X
2
2
Rai + Rc + M /M =
i=1
n
X
(R/M )(ai + M 2 ) + (R/M )(c + M 2 ).
i=1
Daher genügt zu zeigen, dass a1 + M 2 , . . . , an + M 2 , c + M 2 linear unabhängig über R/M
sind. Dazu seien r1 , . . . , rn , s ∈ R mit
0=
n
X
(ri + M )(ai + M 2 ) + (s + M )(c + M 2 ) =
i=1
n
X
ri ai + sc + M 2 ,
i=1
Pn
d.h. i=1 ri ai + sc ∈ M 2 . Wir setzen ri := ri + Rc für i = 1, . . . , n und s := s + Rc. Dann
Pn
Pn
Pn
2
2
ist i=1 ri ai = i=1 ri ai + sc ∈ M , d.h. i=1 (ri + M )(ai + M ) = 0. Da a1 , . . . , an
linear unabhängig über R/M sind, folgt für i = 1, . . . , n: ri + M = 0, d.h. ri ∈ M , ri ∈ M
und damit ri + M = 0. Daher ist sc + M 2 = 0.
Im Fall s ∈
/ M wäre s ∈ R× , also auch c + M 2 = 0, und wir hätten den Widerspruch
c ∈ M 2.
Dies zeigt: s ∈ M , d.h. s + M = 0.
14.2 Definition. Sei R lokal und noethersch, und sei M := J(R). Ist Dim(R) =
dimR/M M/M 2 , so heißt R regulär.
Bemerkung. In der Algebraischen Geometrie beschreiben reguläre lokale Ringe reguläre
Punkte. Diese stehen im Gegensatz zu singulären Punkten (Singularitäten).
Satz. Sei R ein regulärer lokaler Ring und M := J(R). Für c ∈ M \ M 2 ist dann auch
R := R/Rc ein regulärer lokaler Ring mit Dim(R) = Dim(R) − 1.
Beweis. Nach Voraussetzung ist Dim(R) = dimR/M (M/M 2 ) ≥ 1. Nach Satz 14.1 ist R
lokal und noethersch mit M := M/Rc = J(R) und
2
dimR/M (M /M ) = dimR/M (M/M 2 ) − 1.
Aus Satz 12.3 und Satz 12.4 folgt also:
2
dimR/M (M /M ) = µR (M ) ≥ ht(M ) ≥ ht(M ) − 1 = Dim(R) − 1
2
= dimR/M (M/M 2 ) − 1 = dimR/M (M /M ),
2
d.h. Dim(R) = ht(M ) = dimR/M (M /M ) = Dim(R) − 1; insbesondere ist R ein regulärer
lokaler Ring.
14.3 Satz. Sei R lokal und noethersch, aber kein Integritätsbereich, und sei p ∈ R mit
P := Rp ∈ Spec(R). Dann ist ht(P ) = 0, d.h. P ∈ Min(R).
Beweis. Wir nehmen ht(P ) > 0 an. Dann existiert ein Q ∈ Spec(R) mit Q ⊂ P = Rp.
Also ist p ∈
/ Q. Für a ∈ Q existiert dann ein b ∈ R mit a = bp. Wegen bp ∈ Q und p ∈
/Q
59
ist dann b ∈ Q, d.h. a ∈ Qp. Daher ist Q = QP , und aus Nakayamas Lemma folgt der
Widerspruch Q = 0.
14.4 Satz. Jeder reguläre lokale Ring R ist ein Integritätsbereich.
Beweis. (Induktion nach d := Dim(R))
Sei M := J(R). Im Fall d = 0 ist µ(M ) = 0, d.h. M = 0. Daher ist R sogar ein
Körper.
Sei also 0 < d = dimR/M (M/M 2 ), d.h. M ⊃ M 2 , und sei c ∈ M \ M 2 . Nach Satz 14.2
ist R/Rc ein regulärer lokaler Ring mit Dim(R/Rc) = d − 1. Nach Induktion ist R/Rc ein
Integritätsbereich, d.h. Rc ∈ Spec(R). Wir nehmen an, dass R kein Integritätsbereich ist.
Nach Satz 14.3 ist dann Rc ∈ Min(R).
Da R noethersch ist, hat R nur endlich viele minimale Primideale P1 , . . . , Ps . Das
obige Argument zeigt: M \ M 2 ⊆ P1 ∪ . . . ∪ Ps , d.h. M ⊆ M 2 ∪ P1 ∪ . . . ∪ Ps . Aus dem
Primideal-Vermeidungssatz folgt also: M ⊆ M 2 (was nicht der Fall ist) oder M ⊆ Pi für
ein i ∈ {1, . . . , s}. Damit haben wir den Widerspruch d = Dim(R) = ht(M ) ≤ ht(Pi ) = 0.
Bemerkung. (i) Wir werden später zeigen, dass für jeden regulären lokalen Ring R und
jedes P ∈ Spec(R) auch RP ein regulärer lokaler Ring ist.
(ii) Man kann auch zeigen, dass jeder reguläre lokale Ring faktoriell (und damit normal)
ist.
Beispiel. (i) Sei R noethersch, und sei P = (a1 , . . . , an ) ∈ Spec(R) mit ht(P ) = n.
Dann ist RP ein lokaler noetherscher Ring mit J(RP ) = PP = ( a11 , . . . , a1n ). Ferner ist
Dim(RP ) = ht(PP ) = ht(P ) = n. Daher ist RP ein regulärer lokaler Ring.
(ii) Sei R noethersch und faktoriell, und sei p ∈ R ein Primelement. Dann ist P = (p) ∈
Spec(R) und ht(P ) = 1 (nach Beispiel 12.3). Wegen (i) ist
RP = {
a
: a, b ∈ R, b 6≡ 0
b
(mod p)}
ein regulärer lokaler Ring.
(iii) Für p ∈ P ist Z(p) = { ab : a, b ∈ Z, b 6≡ 0 (mod p)} nach (ii) ein regulärer lokaler
Ring.
(iv) Jeder Körper ist ein regulärer lokaler Ring der Krulldimension 0.
14.5 Bemerkung. Sei R lokal mit M := J(R). Für jeden endlich erzeugten R-Modul
V kann man V /M V als Vektorraum über dem Körper K := R/M auffassen (vgl. Beispiel
5.4). Dabei ist s := µR (V ) = dimK V /M V < ∞.
Satz. In der obigen Situation existiert ein R-Epimorphismus φ : Rs −→ V mit Ker(φ) ⊆
M s = M · Rs .
Beweis. Sei v1 + M V, . . . , vs + M V eine R/M -Basis von V /M V . Dann ist
φ : Rs −→ V,
(r1 , . . . , rs ) 7−→ r1 v1 + · · · + rn vn ,
R-linear. Nach Nakayamas Lemma ist Bld(φ) P
= Rv1 + · · · + Rvs P
= V . Sei (r1 , . . . , rs ) ∈
s
s
Ker(φ), d.h. 0 = r1 v1 +· · ·+rs vs und damit 0 = i=1 ri vi +M V = i=1 (ri +M )(vi +M V ).
Für i = 1, . . . , s ist also ri + M = 0, d.h. ri ∈ M . Dies zeigt: Ker(φ) ⊆ M s = M · Rs .
60
14.6 Bemerkung. Sei R ein regulärer lokaler Ring mit M := J(R) und d := Dim(R).
Dann existiert eine (R/M )-Basis a1 + M 2 , . . . , ad + M 2 von M/M 2 . Nach Satz 14.2 ist
R := R/(a1 ) ein regulärer lokaler Ring mit J(R) = M := M/(a1 ) und Dim(R) = d − 1.
2
2
2
Ferner bilden a2 + M , . . . , ad + M eine (R/M )-Basis von M /M ; dabei ist ai := ai + (a1 )
für i = 2, . . . , d. Induktiv folgt, dass R/(a1 , . . . , ai ) für i = 0, . . . , d ein regulärer lokaler
Ring der Krulldimension d − i ist. Insbesondere ist R/(a1 , . . . , ai ) ein Integritätsbereich,
d.h. (a1 , . . . , ai ) ∈ Spec(R). Wir erhalten so eine Kette
(0) ⊂ (a1 ) ⊂ (a1 , a2 ) ⊂ . . . ⊂ (a1 , . . . , ad ) = M
der Länge d = Dim(R) in Spec(R).
14.7 Satz. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:
(1) R ist ein regulärer lokaler Ring der Krulldimension 1.
(2) R ist ein lokaler HIR, aber kein Körper.
(3) R ist noethersch und normal mit Spec(R) = {0, M } und 0 6= M .
Beweis. “(1) =⇒ (2)”: Sei (1) erfüllt und M := J(R). Dann ist R ein Integritätsbereich,
aber kein Körper, und µ(M ) = µ(M/M 2 ) = Dim(R) = 1. Also ist M = Rp für ein p ∈ R.
Sei 0 6= I E R. Nach Krulls Durchschnittssatz existiert ein n ∈ N mit I ⊆ M n = Rpn ,
aber I 6⊆ M n+1 . Sei a ∈ I \ M n+1 , und sei b ∈ R mit a = bpn . Dann ist b ∈
/ Rp = M , d.h.
×
n
n
b ∈ R . Daher ist Rp = Ra ⊆ I, d.h. I = Rp .
“(2) =⇒ (3)”: Das ist klar.
“(3) =⇒ (1)”: Sei (3) erfüllt. Dann ist R lokal mit Dim(R) = 1. Nach Nakayamas
Lemma ist M 6= M 2 . Sei x ∈ M \ M 2 . Im Fall M = Rx ist R ein regulärer lokaler Ring.
Sei also M 6= Rx. Dann ist Ass(M/Rx) 6= ∅ nach Satz 9.6. Wegen 0 6= x ∈ Ann(M/Rx)
folgt: Ass(M/Rx) = {M }. Sei y ∈ M mit M = Ann(y + Rx), d.h. M y ⊆ Rx. Dann ist
0 6= x ∈ Quot(R) =: K und M yx−1 E R. Im Fall M yx−1 = R ist M = Rxy −1 , d.h. R ist
ein regulärer lokaler Ring. Sei also M yx−1 ⊆ M . Dann folgt: M (yx−1 )2 ⊆ M yx−1 ⊆ M ,
usw. Daher gilt für n ∈ N: x(yx−1 )n ∈ R, d.h. (yx−1 )n ⊆ Rx−1 . Folglich ist R[yx−1 ] ⊆
Rx−1 ; insbesondere ist R[yx−1 ] ein endlich erzeugter R-Modul. Folglich ist yx−1 ganz
über R. Da R normal ist, folgt: yx−1 ∈ R, d.h. y ∈ Rx. Das ergibt den Widerspruch
y + Rx = 0.
Definition. Ggf. heißt R diskreter Bewertungsring (DBR).
Bemerkung. Sei R ein DBR und M := J(R). Dann ist M = (p) für ein Primelement
p ∈ R, und p ist im Wesentlichen das einzige Primelement in R. Die Primfaktorzerlegung
eines Elements a ∈ R \ {0} hat also die Form a = upn mit u ∈ R× und n ∈ N0 . Daher
kann man jedes Element x ∈ Quot(R) \ {0} in der Form x = vpk mit v ∈ R× und k ∈ Z
schreiben.
Beispiel. Ist R faktoriell und noethersch, so ist R(p) für jedes Primelement p ∈ R nach
Beispiel 14.4 ein DBR. Insbesondere ist Z(p) := { ab : a, b ∈ Z, b 6≡ 0 (mod p)} für p ∈ P
ein DBR.
15. Die projektive Dimension
61
Sei R ein Ring.
15.1 Satz. Für einen R-Modul W sind äquivalent:
(1) W ist zu einem direkten Summanden eines freien R-Moduls F isomorph.
(2) Sind U, V R-Moduln und ist g : U −→ V ein R-Epimorphismus, so existiert zu
jedem h ∈ HomR (W, V ) ein H ∈ HomR (W, U ) mit g ◦ H = h.
α
β
(3) Jede kurze exakte Folge 0 −→ U −→ V −→ W −→ 0 von R-Moduln und RHomomorphismen zerfällt.
Beweis. (1) =⇒ (2): Sei F ein freier R-Modul mit Basis B, und sei F = W ⊕ W ′ mit
Untermoduln W, W ′ und Projektoren p, p′ . Seien ferner U, V, g, h wie in (2). Da g surjektiv
ist,
P existiert zuPjedem b ∈ B ein ub ∈ U mit g(ub ) = h(p(b)). Dann ist G : F −→ U ,
b∈B rb b 7−→
b∈B rb ub , R-linear mit
g(G(
X
b∈B
rb b)) = g(
X
rb ub ) =
b∈B
X
rb g(ub ) =
b∈B
X
rb h(p(b)) = h(p(
b∈B
X
rb b))
b∈B
P
für alle b∈B rb b ∈ F . Daher ist die Einschränkung H : W −→ U von G R-linear mit
g(H(w)) = g(G(w)) = h(p(w)) = h(w) für alle w ∈ W .
α
β
(2) =⇒ (3): Sei (2) erfüllt und (∗) 0 −→ U −→ V −→ W −→ 0 wie in (3). Dann
existiert ein H ∈ HomR (W, V ) mit β ◦ H = idW . Daher zerfällt (∗).
(3) =⇒ (1): Sei (3) erfüllt. Nach Satz 2.2 existieren ein freier R-Modul F und ein Rg
Epimorphismus g : F −→ W . Dann ist 0 −→ K := Ker(g) −→ F −→ W −→ 0 eine kurze
exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen. Daher existiert ein Untermodul
K ′ ⊆ F mit F = K ⊕ K ′ . Also induziert g einen R-Isomorphismus K ′ −→ W .
Definition. Ggf. heißt W projektiv.
Bemerkung. (i) Ist W endlich erzeugt, so kann man F in (1) auch endlich erzeugt wählen
(vgl. Satz 2.2).
(ii) Jeder freie R-Modul ist nach (1) projektiv; i.A. gilt die Umkehrung nicht.
(iii) Direkte Summanden von projektiven R-Moduln sind wieder projektiv.
(iv) Da Koprodukte von freien R-Moduln wieder frei sind, sind Koprodukte von projektiven R-Moduln wieder projektiv.
15.2 Satz. Sei R lokal. Dann ist jeder endlich erzeugte projektive R-Modul V frei.
Beweis. Sei M := J(R) und n := µ(V ). Nach Satz 14.5 existiert dann ein R-Epimorphismus g : Rn −→ V mit K := Ker(g) ⊆ M · Rn . Dann ist 0 −→ K −→ Rn −→ V −→ 0
eine kurze exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen. Da V projektiv ist,
zerfällt diese. Daher existiert ein Untermodul L ⊆ Rn mit Rn = K ⊕ L. Dann ist
M · Rn = M K ⊕ M L, d.h. K = M K. Aus Nakayamas Lemma folgt also: K = 0. Daher
ist V ≃ Rn frei.
Bemerkung. Die Aussage gilt auch, falls V nicht endlich erzeugt ist, ist dann aber
schwerer zu beweisen.
62
Beispiel. (i) Ist R ein HIR, so ist jeder endlich erzeugte projektive R-Modul V ebenfalls
frei; denn jeder endlich erzeugte freie (und damit jeder projektive) R-Modul ist torsionsfrei,
und jeder endlich erzeugte torsionsfreie R-Modul ist frei.
(ii) Quillen und Suslin haben 1976 gezeigt, dass auch für jeden Körper K endlich
erzeugte projektive K[X1 , . . . , Xn ]-Moduln wieder frei sind (Serre’s problem).
(iii) Andererseits kann man zeigen, dass jedes Ideal eines Ganzheitsrings R eines algebraischen Zahlkörpers K ein projektiver R-Modul ist. Dabei ist I genau dann frei, wenn
I ein Hauptideal ist. Dies liefert also viele Beispiele für projektive Moduln, die nicht frei
sind.
15.3 Satz. (Schanuels Lemma)
f
g′
f′
g
Seien 0 −→ U −→ F −→ V −→ 0 und 0 −→ U ′ −→ F ′ −→ V −→ 0 kurze exakte Folgen
von R-Moduln und R-Homomorphismen, wobei F, F ′ projektiv sind. Dann gilt: U × F ′ ≃
U′ × F.
Beweis. Da h : F × F ′ −→ V , (x, x′ ) 7−→ g(x) + g ′ (x′ ), R-linear ist, ist
K := Ker(h) = {(x, x′ ) ∈ F × F ′ : g ′ (x′ ) = −g(x)} ⊆ F × F ′
ein Untermodul, und die Projektion F × F ′ −→ F liefert eine kurze exakte Folge
0 −→ U ′ −→ K −→ F −→ 0
von R-Moduln und R-Homomorphismen. Da F projektiv ist, zerfällt diese. Folglich gilt:
K ≃ U ′ × F . Analog ist K ≃ U × F ′ .
Definition. Man nennt R-Moduln V, V ′ projektiv äquivalent (V ∼p V ′ ), falls projektive R-Moduln F, F ′ mit V × F ≃ V ′ × F ′ existieren.
Bemerkung. (i) Man zeigt leicht, dass ∼p eine Äquivalenzrelation ist. Die Äquivalenzklasse von V bezeichnet man mit [V ]p . Insbesondere besteht [0]p genau aus den projektiven
R-Moduln.
(ii) In Schanuels Lemma setzt man ΩV := [U ]p ; das ist wohldefiniert.
(iii) Für R-Moduln V.V ′ gilt dann: V ∼p V ′ =⇒ ΩV = ΩV ′ . Daher kann man
definieren: Ω[V ]p := ΩV . Induktiv erhält man auch: Ω2 [V ]p , Ω3 [V ]p , . . .. Zusätzlich setzt
man Ω0 [V ]p := [V ]p .
(iv) Sei I eine nichtleere Indexmenge. Hat man für jedes i ∈ I eine kurze exakte Folge
0 −→ Ui −→ Fi −→ Vi −→ 0 von R-Moduln und R-Homomorphismen, wobei jedes Fi
projektiv ist, so ist
a
a
a
0 −→
Ui −→
Fi −→
Vi −→ 0
i∈I
i∈I
i∈I
eine kurze exakte Folge
von R-Moduln
und R-Homomorphismen, wobei
`
`
ist. Daher gilt: Ω[ i∈I Vi ]p = [ i∈I Ui ]p .
`
i∈I
Fi projektiv
15.4 Definition. Die projektive Dimension eines R-Moduls V definiert man durch
pd(V ) := pdR (V ) := inf{n ∈ N0 : Ωn [V ]p = [0]p }.
63
Beispiel. (i) pd(V ) = 0 ⇐⇒ V projektiv.
(ii) pd(V ) ≤ 1 ⇐⇒ es gibt projektive R-Moduln F, F ′ mit F ′ ⊆ F und V ≃ F/F ′ .
Bemerkung. (i) I.A. ist pd(V ) ein Maß für die Abweichung von der Projektivität.
(ii) Oft ist pd(V ) = ∞.
(iii) Für jede nichtleere Familie (Vi )i∈I von R-Moduln Vi gilt:
pd(
a
i∈I
Vi ) = sup{pd(Vi ) : i ∈ I}.
f
g
Satz. Für jede kurze exakte Folge 0 −→ U −→ V −→ W −→ 0 von R-Moduln und RHomomorphismen gilt:
(i) Sind zwei der Zahlen pd(U ), pd(V ), pd(W ) endlich, so auch die dritte.
(ii) pd(U ) < pd(V ) =⇒ pd(W ) = pd(V ).
(iii) pd(U ) > pd(V ) =⇒ pd(W ) = pd(U ) + 1.
(iv) pd(U ) = pd(V ) =⇒ pd(W ) ≤ pd(U ) + 1.
Beweis. (I) Wir betrachten zunächst den Fall, dass W projektiv ist. Dann zerfällt unsere
kurze exakte Folge, d.h. V ≃ U × W . Daher gilt: pd(U ) = pd(V ). Die Aussagen (i)-(iv)
sind also trivial.
(II) Jetzt betrachten wir den Fall, dass V projektiv ist, W aber nicht. Dann ist
pd(V ) = 0 < pd(W ) und [U ]p = ΩW . Wir müssen zeigen:
(i) pd(U ) < ∞ ⇐⇒ pd(W ) < ∞.
(iii) pd(U ) > 0 =⇒ pd(W ) = pd(U ) + 1.
(iv) U projektiv =⇒ pd(W ) ≤ 1.
Diese Aussagen sind wieder trivial.
(III) Schließlich betrachten wir den Fall, dass weder V noch W projektiv ist. Wegen
U ≃ Bld(f ) ⊆ V und W ≃ V /Ker(g) = V /Bld(f ) können wir annehmen, dass U ⊆ V ein
Untermodul und W = V /U ist. Ferner können wir annehmen, dass V = F/G für einen
Untermodul G eines freien R-Moduls F ist. Dann ist U = H/G für einen Untermodul
H ⊆ F mit G ⊆ H, und W = V /U = (F/G)/(H/G) ≃ F/H. Ferner haben wir eine kurze
exakte Folge
0 −→ G −→ H −→ U −→ 0
von R-Moduln und R-Homomorphismen mit pd(V ) = pd(G) + 1 und pd(W ) = pd(H) + 1.
Zum Beweis von (i) argumentieren wir mit Induktion nach der Summe s der beiden
endlichen projektiven Dimensionen. Im Fall s = 0 sind zwei der Moduln U, V, W projektiv.
Also ist V oder W projektiv, und wir haben einen Widerspruch.
Sei also s > 0. Dann sind auch zwei der Zahlen pd(G), pd(H), pd(U ) endlich, und die
Summe dieser beiden Zahlen ist kleiner als s. Nach Induktion sind daher pd(G), pd(H)
und pd(U ) endlich. Damit folgt (i).
Für den Rest des Beweises können wir annehmen, dass pd(U ), pd(V ) und pd(W )
endlich sind. Wir argumentieren dann mit Induktion nach s := pd(U ) + pd(V ) + pd(W ).
Die Fälle s ∈ {0, 1} werden durch (I) und (II) erledigt. Sei also s > 1. Aus der Induktionsvoraussetzung folgt dann:
64
(ii’) Ist pd(G) < pd(H), also auch pd(V ) < pd(W ), so ist
pd(U ) = pd(H) = pd(W ) − 1 ≥ pd(V ).
(iii’) Ist pd(G) > pd(H), also auch pd(V ) > pd(W ), so ist
pd(U ) = pd(G) + 1 = pd(V ).
(iv’) Ist pd(G) = pd(H), also auch pd(V ) = pd(W ), so ist
pd(U ) ≤ pd(G) + 1 = pd(V ).
Zum Beweis von (ii) sei jetzt pd(U ) < pd(V ). Dann muss Fall (iv’) vorliegen. Insbesondere ist pd(W ) = pd(V ).
Zum Beweis von (iii) sei pd(U ) > pd(V ). Dann muss Fall (ii’) vorliegen. Insbesondere
ist pd(W ) = pd(U ) + 1.
Zum Beweis von (iv) sei schließlich pd(U ) = pd(V ). Wir wollen zeigen: pd(W ) ≤
pd(U ) + 1. Im Fall (ii’) ist sogar pd(W ) = pd(U ) + 1. Im Fall (iii’) ist sogar pd(W ) <
pd(V ) = pd(U ). Im Fall (iv’) ist sogar pd(W ) = pd(V ) = pd(U ).
15.5 Satz. Sei x ∈ R \ Z(R) und R := R/Rx. Für jeden R-Modul V 6= 0 mit n :=
pdR (V ) < ∞ gilt dann: pdR (V ) = n + 1.
Beweis. (Induktion nach n)
O.B.d.A. sei R 6= 0. Dann ist 0 −→ R ≃ Rx −→ R −→ R −→ 0 eine kurze exakte Folge
von R-Moduln und R-Homomorphismen; insbesondere ist ΩR R = [Rx]p = [R]p = [0]p ,
d.h. pdR (R) ≤ 1.
Im Fall pdR (R) = 0 wäre R ein projektiver R-Modul, d.h. unsere kurze exakte Folge
würde zerfallen. Also gäbe es ein Ideal I E R mit R = Rx ⊕ I. Dann wäre aber Ix ⊆
I ∩ Rx = 0, d.h. I = 0 wegen x ∈
/ Z(R). Also wäre R = Rx, und wir hätten den
Widerspruch R = 0.
Also ist pdR (R) = 1. Ferner existiert ein Untermodul U eines freien R-Moduls F mit
V ≃ F /U . Wegen F 6= 0 ist dann pdR (F ) = 1, und wir haben eine kurze exakte Folge
(∗) 0 −→ U −→ F −→ V −→ 0 von R-Moduln und R-Homomorphismen.
Im Fall n = 0 ist V projektiv, d.h. (∗) zerfällt. Insbesondere ist pdR (V ) ≤ pdR (F ) = 1.
Wäre pdR (V ) = 0, so wäre V ein projektiver R-Modul, d.h. zu einem direkten Summanden eines freien R-Moduls F isomorph. Wegen xV = 0 gäbe es dann ein f ∈ F \ {0}
mit xf = 0. Wir hätten also einen Widerspruch.
Also ist pdR (V ) = 1 = n + 1.
Jetzt sei n ≥ 1. Wegen ΩR V = [U ]p ist pdR (U ) = n − 1. Wegen U 6= 0 folgt aus der
Induktionsvoraussetzung: pdR (U ) = n.
Im Fall n ≥ 2 ist also pdR (U ) = n > 1 = pdR (F ). Aus Satz 15.4 folgt daher:
pdR (V ) = pdR (U ) + 1 = n + 1.
Sei also n = 1, d.h. pdR (U ) = pdR (F ). Aus Satz 15.4 folgt dann: pdR (V ) ≤ 2. Wir
nehmen an: pdR (V ) ≤ 1. Sei T ein Untermodul eines freien R-Moduls F mit F/T ≃ V .
65
Wegen xV = 0 ist xF ⊆ T . Die kurze exakte Folge 0 −→ T −→ F −→ V −→ 0 von
R-Moduln und R-Homomorphismen induziert also eine kurze exakte Folge
0 −→ T /xF −→ F/xF −→ V −→ 0
von R-Moduln und R-Homomorphismen. Dabei ist F/xF ein freier R-Modul. Daher ist
pdR (T /xF ) ≤ pdR (V ) − 1 = 0, d.h. der R-Modul T /xF ist projektiv. Daher zerfällt
die kurze exakte Folge 0 −→ xF/xT −→ T /xT −→ T /xF −→ 0 von R-Moduln und RHomomorphismen. Daher ist V ≃ F/T ≃ xF/xT zu einem direkten Summanden von
T /xT isomorph, also ein projektiver R-Modul. Wegen pdR (V ) = n = 1 ist das ein
Widerspruch.
15.6 Satz. Sei x ∈ R \ Z(R) und R := R/Rx. Für jeden R-Modul V mit {v ∈ V : xv =
0} = 0 gilt dann: pdR (V /xV ) ≤ pdR (V ).
Beweis. O.B.d.A. sei n := pdR (V ) < ∞. Wir argumentieren mit Induktion nach n.
Im Fall n = 0 ist V ein projektiver R-Modul. Daher ist V /xV ein projektiver R-Modul,
d.h. pdR (V /xV ) = 0 = pdR (V ).
Sei also n > 0. Dann existiert ein Untermodul U eines freien R-Moduls F mit F/U ≃
V . Daher haben wir eine kurze exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen
f
0 −→ U −→ F −→ V −→ 0
mit pdR (U ) = n−1 und {u ∈ U : xu = 0} = 0. Nach Induktion ist also pdR (U/xU ) ≤ n−1.
Ferner gilt:
V /xV ≃ (F/U )/x(F/U ) = (F/U )/(xF + U/U ) ≃ F/xF + U ≃ (F/xF )/(U + xF/xF ).
Wir haben also eine kurze exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen
0 −→ U + xF/xF −→ F/xF −→ V /xV −→ 0.
Sicher ist xU ⊆ U ∩ xF . Sei umgekehrt u ∈ U ∩ xF , d.h. u = xy für ein y ∈ F . Dann
ist 0 = f (u) = f (xy) = xf (y) mit f (y) ∈ V , d.h. f (y) = 0 nach Voraussetzung. Also ist
y ∈ U und damit u ∈ xU .
Dies zeigt: U ∩ xF = xU . Folglich ist U + xF/xF ≃ U/U ∩ xF ≃ U/xU . Wir haben
also eine kurze exakte Folge 0 −→ U/xU −→ F/xF −→ V /xV −→ 0 von R-Moduln und
R-Homomorphismen, wobei F/xF frei ist. Daher ist pdR (V /xV ) ≤ pdR (U/xU ) + 1 ≤ n.
15.7 Satz. Seien R noethersch, x ∈ J(R) \ Z(R) und R := R/Rx. Dann gilt für jeden
endlich erzeugten R-Modul V mit {v ∈ V : xv = 0} = 0: pdR (V /xV ) = pdR (V ).
Beweis. Im Fall n := pdR (V /xV ) = ∞ folgt die Behauptung aus Satz 15.6. Sei also
n < ∞. Wir argumentieren mit Induktion nach n. Sicher existiert ein (endlich erzeugter)
Untermodul U eines endlich erzeugten freien R-Moduls F mit F/U ≃ V . Wie oben ist
66
V /xV ≃ . . . ≃ (F/xF )/(U + xF/xF ) und U + xF/xF ≃ U/U ∩ xF = U/xU . Wir haben
also wieder eine kurze exakte Folge
F : 0 −→ U/xU −→ F/xF −→ V /xV −→ 0
von R-Moduln und R-Homomorphismen, wobei F/xF frei ist.
Zunächst sei n = 0, d.h. V /xV ist ein projektiver R-Modul. Wir müssen zeigen: V
ist ein projektiver R-Modul.
Zum Beweis sei zuerst V /xV ein freier R-Modul. Wir werden zeigen, dass dann V ein
freier R-Modul ist. Dazu sei u1 + xV, . . . , ut + xV eine R-Basis von V /xV . Dann ist
V /xV = R(u1 + xV ) + · · · + R(ut + xV ) = Ru1 + · · · + Rut + xV /xV,
d.h. V = Ru1 +· · ·+Rut +xV und damit V /Ru1 +· · ·+Rut = x(V /Ru1 +· · ·+Rut ). Wegen
x ∈ J(R) folgt mit Nakayamas Lemma: V /Ru1 + · · · + Rut = 0, d.h. V = Ru1 + · · · + Rut .
Seien jetzt a1 , . . . , at ∈ R mit a1 u1 + · · · + at ut = 0. Dann gilt auch:
(a1 + Rx)(u1 + xV ) + · · · + (at + Rx)(ut + xV ) = 0.
Für i = 1, . . . , t ist also ai + Rx = 0, d.h. ai ∈ Rx. Daher existiert ein bi ∈ R mit
ai = bi x. Also ist 0 = x(b1 u1 + · · · + bt ut ). Nach Voraussetzung folgt: 0 = b1 u1 + · · · + bt ut .
Dieses Argument kann man mit b1 , .T
. . , bt statt a1 , . . . , at wiederholen. So erhält man:
∞
2
ai = xbi = x ci = . . .. Daher ist ai ∈ j=1 J(R)j = 0 nach Krulls Durchschnittssatz. Dies
zeigt, dass u1 , . . . , ut eine R-Basis von V bilden. Also ist V in der Tat ein freier R-Modul.
Damit ist der Fall erledigt, dass V /xV ein freier R-Modul ist.
Jetzt betrachten wir den Fall, dass V /xV ein projektiver R-Modul ist. Dann zerfällt
F. Für den endlich erzeugten R-Modul W := U × V gilt also: {w ∈ W : xw = 0} = 0 und
W/xW ≃ (U × V )/x(U × V ) = (U × V )/(xU × xV ) ≃ U/xU × V /xV ≃ F/xF.
Da wir den “freien” Fall schon erledigt haben, folgt: W ist ein freier R-Modul. Daher ist
V ein projektiver R-Modul. Damit ist der Fall n = 0 geschafft.
Sei also jetzt n > 0. Dann ist pdR (U/xU ) = pdR (V /xV ) − 1 = n − 1. Nach Induktion
ist daher pdR (U ) = n − 1; denn U erfüllt die Voraussetzungen des Satzes. Wir haben jetzt
die kurze exakte Folge von R-Moduln und R-Homomorphismen 0 −→ U −→ F −→ V −→
0.
Im Fall n 6= 1 folgt: pdR (V ) = n, wie gewünscht.
Sei also n = 1. Dann ist U ein projektiver R-Modul. Folglich ist pdR (V ) ≤ 1. Im Fall
pdR (V ) = 0 wäre V projektiv. Dann wäre aber V /xV ein projektiver R-Modul, und wir
hätten einen Widerspruch.
Also ist pdR (V ) = 1 = n, und die Behauptung ist bewiesen.
16. Die globale Dimension
Sei R ein Ring.
67
16.1 Definition. Man nennt gld(R) := sup{pd(V ) : V endlich erzeugter R−Modul} die
globale Dimension von R.
Bemerkung. (i) Man kann zeigen: gld(R) = sup{pd(V ) : V beliebiger R−Modul}. Dazu
bleibt hier aber keine Zeit.
(ii) Oft ist gld(R) = ∞.
Beispiel. Für jeden Körper K ist gld(K) = 0. Außerdem ist gld(Z) = 1.
Satz. Sei x ∈ R\Z(R) mit R := R/Rx 6= 0 und n := gld(R) < ∞. Dann ist gld(R) ≥ n+1.
Beweis. Wegen R 6= 0 existiert ein endlich erzeugter R-Modul V 6= 0 mit pdR (V ) = n.
Wegen Satz 15.5 ist also n + 1 = pdR (V ) ≤ gld(R).
16.2 Satz. Sei R noethersch, und sei x ∈ J(R) \ Z(R) mit R := R/Rx 6= 0 und n :=
gld(R) < ∞. Dann ist gld(R) = n + 1.
Beweis. Nach Satz 16.1 ist gld(R) ≥ n + 1. Zum Beweis von gld(R) ≤ n + 1 sei V ein
endlich erzeugter R-Modul. Wir müssen zeigen: k := pdR (V ) ≤ n + 1. Dabei können
wir k > 0 annehmen. Sicher existiert ein Untermodul U eines endlich erzeugten freien RModuls F 6= 0 mit F/U ≃ V . Dabei ist U endlich erzeugt mit {u ∈ U : xu = 0} = 0 und
pdR (U ) = k − 1. Aus Satz 15.7 folgt also: k − 1 = pdR (U ) = pdR (U/xU ) ≤ gld(R) = n,
d.h. k ≤ n + 1.
16.3 Satz. Sei R noethersch und A ⊆ R eine multiplikative Teilmenge.
gld(A−1 R) ≤ gld(R).
Dann ist
Beweis. Sei V ein endlich erzeugter A−1 R-Modul. Dann existieren v1 , . . . , vt ∈ V mit
V = A−1 Rv1 + · · · + A−1 Rvt . Wir können V auch als R-Modul ansehen. Dann ist
U := Rv1 + · · · + Rvt ein endlich erzeugter R-Untermodul von V . Nach Satz 8.1 und
Bemerkung 8.3 induziert die Inklusionsabbildung U −→ V ein f ∈ HomA−1 R (A−1 U, V )
mit f ( u1 ) = u für u ∈ U .
Für i = 1, . . . , t ist vi = f ( v1i ) ∈ Bld(f ), d.h. f ist surjektiv. Sind a ∈ A und u ∈ U
mit 0 = f ( ua ) = a1 f ( u1 ) = a1 u, so ist auch 0 = a1 ( a1 u) = u. Dies zeigt, dass f bijektiv ist.
Also ist A−1 U ≃A−1 R V .
Jetzt genügt zu zeigen: pdA−1 R (A−1 U ) ≤ pdR (U ) =: k. Zum Beweis schreiben wir
U ≃ F/W mit einem Untermodul W eines endlich erzeugten freien R-Moduls F . Nach
Bemerkung 8.8 ist A−1 F ein endlich erzeugter freier A−1 R-Modul. Ferner ist A−1 W ein
A−1 R-Untermodul von A−1 F mit A−1 F/A−1 W ≃ A−1 (F/W ) ≃ A−1 U .
Wir argumentieren jetzt mit Induktion nach k. Im Fall k = 0 ist U projektiv. Daher
zerfällt die kurze exakte Folge 0 −→ W −→ F −→ U −→ 0 von R-Moduln und RHomomorphismen; insbesondere ist F ≃ U × W . Daher gilt auch: A−1 F ≃ (A−1 U ) ×
(A−1 W ). Also ist A−1 U ein projektiver A−1 R-Modul, d.h. pdA−1 R (A−1 U ) = 0 = k.
Sei schließlich k > 0, d.h. pdR (W ) = k − 1. Da W endlich erzeugt ist, gilt nach
Induktion: pdA−1 R (A−1 W ) ≤ pdR (W ) = k − 1, d.h. pdA−1 R (A−1 U ) ≤ pdA−1 R (A−1 W ) +
1 ≤ k.
16.4 Satz. Sei R noethersch und lokal mit M := J(R) und M \ M 2 ⊆ Z(R). Dann gilt:
68
(i) Es existiert ein a ∈ R \ {0} mit aM = 0.
(ii) Für jeden endlich erzeugten R-Modul V gilt: pd(V ) ∈ {0, ∞}.
Beweis. (i) Nach Satz 9.9 ist Ass(R) endlich, etwa Ass(R) = {P1 , . . . , Pt }. Nach Bemerkung 9.6 ist also P1 ∪ . . . ∪ Pt = {r ∈ R : ∃s ∈ R : rs = 0 6= s} = Z(R) ⊇ M \ M 2 , d.h.
M ⊆ M 2 ∪P1 ∪. . .∪Pt . O.B.d.A. sei M 6= 0; sonst setzt man a := 1. Wegen M 6⊆ M 2 folgt
also aus dem Primidealvermeidungssatz: M ⊆ Pj für ein j ∈ {1, . . . , t}. Ferner existiert
ein sj ∈ R mit Pj = Ann(sj ). Daher ist sj 6= 0 und M sj = 0.
(ii) Wir nehmen das Gegenteil an. Dann existiert ein endlich erzeugter R-Modul V
mit pd(V ) = 1. Nach Satz 14.5 existiert ein R-Epimorphismus φ : Rs −→ V mit s := µ(V )
und U := Ker(φ) ⊆ M · Rs . Nach (i) existiert ein a ∈ R \ {0} mit aM = 0, also auch
φ
aU = 0. Da 0 −→ U −→ Rs −→ V −→ 0 eine kurze exakte Folge von R-Moduln und
R-Homomorphismen ist, ist pd(U ) = 0. Daher ist U ein projektiver R-Modul, also sogar
frei. Wegen aU = 0 folgt: U = 0. Daher ist V ≃ Rs , und wir haben den Widerspruch
pd(V ) = 0.
16.5 Satz. Sei R ein regulärer lokaler Ring. Dann ist gld(R) = Dim(R) < ∞.
Beweis. Sei M := J(R). Im Fall M = M 2 ist M = 0 nach Nakayamas Lemma, d.h. R ist
ein Körper. Also ist Dim(R) = 0 und gld(R) = 0.
Sei also M 6= M 2 und x ∈ M \M 2 . Da R ein Integritätsbereich ist, ist x ∈
/ Z(R). Nach
Satz 14.2 ist R := R/Rx ein regulärer lokaler Ring mit Dim(R) = Dim(R) − 1. Induktiv
können wir annehmen: gld(R) = Dim(R) < ∞. Aus Satz 16.2 folgt also: gld(R) =
gld(R) + 1 = Dim(R) + 1 = Dim(R).
16.6 Satz. Sei R noethersch und lokal, aber kein Körper. Sei außerdem M := J(R) und
n := pd(M ) < ∞. Dann ist R ein regulärer lokaler Ring und Dim(R) = n + 1.
Beweis. (I) Zunächst sei n = 0, d.h. M ist projektiv. Nach Satz 15.2 ist dann M sogar
frei. Sei b1 , . . . , bt eine R-Basis von M , d.h. M = Rb1 ⊕ · · · ⊕ Rbt . Für i = 2, . . . , t ist dann
bi b1 ∈ Rbi ∩ Rb1 = 0, d.h. bi b1 = 0. Da b1 linear unabhängig ist, folgt: bi = 0. Dies zeigt:
t = 1, d.h. M = Rb1 . Ferner ist b1 ∈
/ Z(R). Nach Satz 12.2 ist also Dim(R) = ht(M ) =
1 = dimR/M (M/M 2 ); insbesondere ist R ein regulärer lokaler Ring.
(II) Jetzt sei M \ M 2 ⊆ Z(R). Nach Satz 16.4 ist dann n = 0, und wir sind wieder im
Fall (I).
(III) Im allgemeinen Fall argumentieren wir mit Induktion nach k := Dim(R). Im
Fall k = 0 ist R artinsch, d.h. M = J(R) ist nilpotent. Insbesondere ist M ⊆ Z(R), und
wir sind in Fall (II).
Sei also k > 0. Wegen (II) sei o.B.d.A. M \M 2 6⊆ Z(R). Sei x ∈ M \M 2 mit x ∈
/ Z(R).
Dann ist R := R/Rx noethersch und lokal mit M := M/Rx = J(R). Nach Satz 12.2 gilt
für jedes minimale P ∈ V(Rx): ht(P ) = 1. Daher ist Dim(R) ≤ Dim(R) − 1.
Wir behaupten, dass M zu einem direkten Summanden von M/M x isomorph ist.
Zum Beweis wählen wir eine R/M -Basis x + M 2 , y1 + M 2 , . . . , yr + M 2 von M/M 2 . Nach
Nakayamas Lemma ist dann M = Rx + S mit S := M x + Ry1 + · · · + Ryr . Ferner ist
M x ⊆ Rx ∩ S. Sei umgekehrt z ∈ Rx ∩ S. Dann existieren a, b1 , . . . , br ∈ R und c ∈ M
69
mit z = ax = cx + b1 y1 + · · · + br yr . Also ist ax − b1 y1 − · · · − br yr = cx ∈ M 2 , d.h.
0 = (a + M )(x + M 2 ) − (b1 + M )(y1 + M 2 ) − · · · − (br + M )(yr + M 2 ) ∈ M/M 2 .
Nach Wahl von x, y1 , . . . , yr folgt a + M = 0. Also ist a ∈ M und damit z ∈ M x. Damit
ist gezeigt: M = Rx + S und Rx ∩ S = M x, d.h. M/M x = (Rx/M x) ⊕ (S/M x) mit
S/M x ≃ (M/M x)/(Rx/M x) ≃ M/Rx = M . Damit ist unsere Behauptung bewiesen.
Aus Satz 15.7 folgt also: pdR (M ) ≤ pdR (M/M x) = pdR (M ) = n < ∞. Wir haben
die kurze exakte Folge 0 −→ Rx −→ M −→ M −→ 0 von R-Moduln und R-Homomorphismen; dabei ist Rx ≃ R projektiv, M aber o.B.d.A. nicht (wegen (I)). Aus Satz 15.4 (ii)
folgt: pdR (M ) = pdR (M ) = n. Nach Satz 15.5 ist also pdR (M ) = n − 1.
Wäre R ein Körper, so wäre M = Rx ≃ R, d.h. M wäre doch projektiv, und wir
wären in Fall (I).
Daher ist R kein Körper. Dann folgt aus der Induktionsvoraussetzung, dass R ein
regulärer lokaler Ring und Dim(R) = n ist. Nach Bemerkung 14.6 ist also Dim(R) =
2
dimR/M (M /M ) = dimR/M (M/M 2 ) − 1. Also gilt:
Dim(R) ≥ Dim(R) + 1 = µR (M ) ≥ ht(M ) = Dim(R),
d.h. R ist ein regulärer lokaler Ring mit Dim(R) = n + 1.
16.7 Satz. (Auslander-Buchsbaum 1957)
Sei R noethersch und lokal mit M := J(R). Dann sind äquivalent:
(1) R ist ein regulärer lokaler Ring.
(2) gld(R) < ∞.
(3) pdR (R/M ) < ∞.
Ggf. ist pdR (R/M ) = gld(R) = Dim(R) = dimR/M (M/M 2 ).
Beweis. (1) =⇒ (2): Satz 16.5.
(2) =⇒ (3): Trivial.
(3) =⇒ (1): Sei pdR (R/M ) < ∞. Nach Beispiel 14.4 können wir annehmen, dass R
kein Körper ist. Da wir eine kurze exakte Folge 0 −→ M −→ R −→ R/M −→ 0 von
R-Moduln und R-Homomorphismen haben, ist auch pdR (M ) < ∞. Nach Satz 16.6 ist
also R ein regulärer lokaler Ring.
Seien jetzt (1), (2) und (3) erfüllt. Ist R ein Körper, so verschwindet jede der Zahlen
pdR (R/M ), gld(R), Dim(R), dimR/M (M/M 2 ).
Ist R kein Körper, so gilt:
dimR/M (M/M 2 ) = Dim(R) = gld(R) ≥ pdR (R/M ) = pdR (M ) + 1 = Dim(R).
16.8 Satz. Sei R ein regulärer lokaler Ring. Für P ∈ Spec(R) ist dann auch RP ein
regulärer lokaler Ring.
Beweis. Sicher ist RP lokal und noethersch. Nach Satz 16.3 und Satz 16.5 ist gld(RP ) ≤
gld(R) < ∞. Aus Satz 16.7 folgt also die Behauptung.
70
Bemerkung. Man kennt bis heute keinen ganz elementaren Beweis für Satz 16.8. Auch
der Beweis der Aussage, dass reguläre lokale Ringe faktoriell sind, verwendet die obigen
Methoden.
17. Faktorielle Ringe
Sei R ein Ring.
17.1 Satz. Ein noetherscher Integritätsbereich R ist genau dann faktoriell, wenn jedes
Primideal der Höhe 1 in R ein Hauptideal ist.
Beweis. “=⇒”: Sei R ein faktorieller Ring und P ∈ Spec(R) mit ht(P ) = 1. Sei ferner
0 6= a ∈ P , und sei a = p1 . . . pr mit Primelementen p1 , . . . , pr ∈ R. Dann ist pi ∈ P für
ein i ∈ {1, . . . , r}. Wegen Rpi ∈ Spec(R) und 0 ⊂ Rpi ⊆ P folgt: P = Rpi .
“⇐=”: Da R noethersch ist, kann man jedes Element 0 6= a ∈ R \ R× als Produkt
irreduzibler Elemente schreiben. Daher genügt zu zeigen, dass jedes irreduzible Element
a ∈ R ein Primelement ist. Sei P ∈ V(Ra) minimal. Nach Satz 12.2 ist ht(P ) = 1. Daher
ist P = Rb für ein b ∈ R. Sei c ∈ R mit a = bc. Da a irreduzibel ist, folgt: c ∈ R× . Also
ist Ra = Rb = P ∈ Spec(R), d.h. a ist ein Primelement in R.
17.2 Satz. Seien R ein noetherscher Integritätsbereich, a ∈ R ein Primelement und
A := {1, a, a2 , . . . , }. Ist A−1 R faktoriell, so auch R.
Bemerkung. Natürlich ist A−1 R ein noetherscher Integritätsbereich.
Beweis. Sei A−1 R faktoriell, und sei P ∈ Spec(R) mit ht(P ) = 1. Nach Satz 17.1 genügt
zu zeigen, dass P ein Hauptideal in R ist.
Im Fall P ∩ A 6= ∅ ist a ∈ P . Wegen Ra ∈ Spec(R) und 0 ⊂ Ra ⊆ P folgt: P = Ra.
Sei also P ∩ A = ∅. Dann ist A−1 P ∈ Spec(A−1 R) und ht(A−1 P ) = ht(P ) = 1. Nach
Satz 17.1 existieren p ∈ P , b ∈ A mit A−1 P = (A−1 R) pb ; o.B.d.A. b = 1. Ferner sei p so
gewählt, dass Rp maximal ist. Dann gilt: a 6 | p.
Für x ∈ P ist x1 ∈ A−1 P . Daher existieren r ∈ R, n ∈ N0 mit x1 = arn p1 = arpn , d.h.
an x = rp. Daraus folgt leicht: an |r, d.h. x ∈ Rp. Dies zeigt: P = Rp.
17.3 Satz. Sei R ein Integritätsbereich, und sei I E R mit I × Rn ≃ Rn+1 . Dann ist I
ein Hauptideal in R.
Beweis. Wir fassen I × Rn als Untermodul von R × Rn = Rn+1 auf und bezeichnen die
n+1
Standardbasis von
mit e0 , e1 , . . . , en . Sei φ : Rn+1 −→ I × Rn ein R-Isomorphismus,
PnR
und sei φ(ej ) = i=0 aij ei mit aij ∈ R für i, j = 0, . . . , n. Da φ injektiv ist,Pist d := |aij | 6=
n
ak0 ek gilt
0. Sei (e
ajk ) die Adjunkte von (aij ), d.h. (aij )(e
ajk ) = d1n+1 . Für e′0 := k=0 e
dann:
φ(e′0 )
=
n
X
k=0
e
ak0 φ(ek ) =
n
X
k=0
e
ak0
n
X
i=0
n X
n
n
X
X
aik ei =
(
aik e
ak0 )ei =
dδi0 ei = de0 .
i=0 k=0
71
i=0
Für j = 1, . . . , n ist ej ∈ Bld(φ), d.h. ej = φ(e′j ) für ein e′j ∈ Rn+1 . Wir schreiben
Pn
e′j = k=0 bkj ek mit bkj ∈ R für j, k = 0, . . . , n. Dann ist bk0 = e
ak0 für k = 0, . . . , n, und
für j = 1, . . . , n gilt:
ej =
φ(e′j )
=
n
X
bkj φ(ek ) =
k=0
d.h.
Pn
k=0
n
X
bkj
k=0
n
X
i=0
n X
n
X
aik ei =
(
aik bkj )ei ,
i=0 k=0
aik bkj = δij für i = 0, . . . , n. Das bedeutet:

d
0
(aik )(bkj ) = 
 ...
0
0
1
..
.
...
0
..
.
...
0

0
...
.
.. 
. 
1
Ein Vergleich der Determinanten ergibt: |bkj | = 1. Daher bilden auch e′0 , e′1 , . . . , e′n eine
Basis von Rn+1 . Für die Projektion π : Rn+1 −→ R auf die 0-te Koordinate gilt also:
I = π(I × Rn ) = π(φ(Rn+1 )) = π(φ(Re′0 + Re′1 + . . . + Re′n )
= π(Rde0 + Re1 + . . . + Ren ) = Rd.
17.4 Bemerkung. Seien V, W R-Moduln, P ∈ Spec(R) und
λ : HomR (V, W ) −→ HomR (V, W )P
kanonisch. Nach Bemerkung 8.4 ist h : HomR (V, W ) −→ HomRP (VP , WP ), f 7−→ fP ,
R-linear. Nach Satz 8.2 existiert genau ein R-Homomorphismus
H : HomR (V, W )P −→ HomRP (VP , WP )
mit H ◦ λ = h, und nach Bemerkung 8.4 ist H auch RP -linear.
Satz. Sei R noethersch und P ∈ Spec(R). Seien außerdem V, W R-Moduln, wobei V
endlich erzeugt ist. Dann ist die Abbildung H : HomR (V, W )P −→ HomRP (VP , WP ) aus
Bemerkung 17.4 ein RP -Isomorphismus.
Beweis. Zunächst sei V = Rn für ein n ∈ N0 . Dann ist HomR (Rn , W ) ≃ W n , also
HomR (Rn , W )P ≃ (W n )P ≃ (WP )n . Ferner ist VP = (Rn )P ≃ (RP )n , also auch
HomRP ((Rn )P , WP ) ≃ (WP )n . Man zeigt leicht, dass das folgende Diagramm kommutiert:
HomR (Rn , W )P −→ HomRP ((Rn )P , WP )
↓
↓
(WP )n
−→
(WP )n
Also ist H auch ein RP -Isomorphismus.
72
Jetzt sei V beliebig. Dann existieren ein n ∈ N0 und ein (endlich erzeugter) Untermodul U ⊆ Rn mit V ≃ Rn /U . Analog existieren ein m ∈ N0 und ein R-Epimorphismus
Rm −→ U . Wir erhalten so eine exakte Folge von R-Moduln
F : Rm −→ Rn −→ V −→ 0.
Diese induziert eine exakte Folge von R-Moduln
0 −→ HomR (V, W ) −→ HomR (Rn , W ) −→ HomR (Rm , W ).
Durch Lokalisieren erhalten wir eine exakte Folge von RP -Moduln
0 −→ HomR (V, W )P −→ HomR (Rn , W )P −→ HomR (Rm , W )P .
Wegen (Rm )P ≃ (RP )m und (Rn )P ≃ (RP )n liefert F auch eine exakte Folge von RP Moduln
(RP )m −→ (RP )n −→ VP −→ 0.
Diese induziert eine exakte Folge von RP -Moduln
0 −→ HomRP (VP , WP ) −→ HomRP ((RP )n , WP ) −→ HomRP ((RP )m , WP ).
Durch mehrfache Anwendung von Bemerkung 17.4 erhalten wir das Diagramm
0 −→
0 −→
HomR (V, W )P
↓
HomRP (VP , WP )
−→
−→
HomR (Rn , W )P
↓
HomRP ((Rn )P , WP )
−→
−→
HomR (Rm , W )P
↓
HomRP ((Rm )P , WP ).
Man rechnet leicht nach, dass dieses Diagramm kommutiert. Nach dem ersten Teil des
Beweises sind die senkrechten Abbildungen rechts und in der Mitte bijekiv. Mit Diagrammjagd folgt daraus leicht, dass auch H bijektiv ist.
17.5 Satz. Sei R noethersch. Für einen endlich erzeugten R-Modul W sind äquivalent:
(1) W ist ein projektiver R-Modul.
(2) WP ist ein projektiver (d.h. freier) RP -Modul für jedes P ∈ Spec(R).
(3) WM ist ein projektiver (d.h. freier) RM -Modul für jedes M ∈ Max(R).
Beweis. (1) =⇒ (2): Sei (1) erfüllt und P ∈ Spec(R). Dann existiert eine zerfallende kurze
exakte Folge von R-Moduln
0 −→ U −→ F −→ W −→ 0,
wobei F ein freier R-Modul ist. Daher ist
0 −→ UP −→ FP −→ WP −→ 0
eine zerfallende kurze exakte Folge von RP -Moduln, wobei FP ein freier RP -Modul ist.
Also ist WP ein projektiver RP -Modul.
73
(2) =⇒ (3): Trivial.
(3) =⇒ (1): Sei (3) erfüllt, und sei f : U −→ V ein R-Epimorphismus zwischen
R-Moduln U, V . Dann ist
f∗ : HomR (W, U ) −→ HomR (W, V ),
h 7−→ h ◦ f,
R-linear. Wir müssen zeigen, dass f∗ surjektiv ist. Dazu sei M ∈ Max(R). Nach Satz 9.5
genügt zu zeigen, dass (f∗ )M : HomR (W, U )M −→ HomR (W, V )M surjektiv ist. Man zeigt
leicht, dass das folgende Diagramm kommutiert:
HomR (W, U )M
↓
HomRM (WM , UM )
−→
−→
HomR (W, V )M
↓
HomRM (WM , VM ).
Dabei sind die senkrechten Abbildungen die Isomorphismen aus Satz 17.4. Daher genügt
zu zeigen, dass (fM )∗ : HomRM (WM , UM ) −→ HomRM (WM , VM ) surjektiv ist. Da fM :
UM −→ VM surjektiv ist, folgt dies aus der Projektivität von WM .
Bemerkung. Sei W ein endlich erzeugter projektiver R-Modul. Für P ∈ Spec(R) ist
dann WP ein endlich erzeugter freier RP -Modul. Man kann zeigen, dass
rW : Spec(R) −→ Z,
P 7−→ rgRP (WP ),
eine stetige Abbildung ist, wobei man Z als topologischen Unterraum von R auffasst.
17.6 Definition. Eine endliche freie Auflösung eines R-Moduls V ist eine exakte Folge
von R-Moduln der Form
0 −→ Fn −→ Fn−1 −→ . . . −→ F1 −→ F0 −→ V −→ 0,
wobei F0 , . . . , Fn endlich erzeugt und frei sind.
Bemerkung. (i) Ggf. ist auch V endlich erzeugt.
(ii) Sei R ein noetherscher lokaler Ring und V ein endlich erzeugter R-Modul mit
n := pd(V ) < ∞. Dann existiert eine kurze exakte Folge von R-Moduln
0 −→ V1 −→ F0 −→ V0 := V −→ 0,
wobei F0 endlich erzeugt und frei ist. Dabei ist pd(V1 ) = n − 1 (im Fall n > 0), und V1 ist
auch endlich erzeugt. Daher erhält man analog eine kurze exakte Folge von R-Moduln
0 −→ V2 −→ F1 −→ V1 −→ 0,
wobei F1 endlich erzeugt und frei ist. Dabei ist pd(V2 ) = n − 2 (im Fall n > 1), und V2
ist endlich erzeugt. So fahren wir fort und erhalten schließlich eine kurze exakte Folge von
R-Moduln
0 −→ Vn −→ Fn−1 −→ Vn−1 −→ 0,
74
wobei Fn−1 endlich erzeugt und frei ist. Ferner ist pd(Vn ) = 0, d.h. Vn ist projektiv und
endlich erzeugt und damit frei. Setzt man diese kurzen exakten Folgen zusammen, so
ergibt sich eine endliche freie Auflösung
0 −→ Vn −→ Fn −→ Fn−1 −→ . . . −→ F1 −→ F0 −→ V −→ 0.
17.7 Definition. Ein R-Modul V heißt stabil-frei, falls m, n ∈ N0 mit V × Rm ≃ Rn
existieren.
Beispiel. Jeder endlich erzeugte freie R-Modul ist stabil-frei.
Bemerkung. (i) Jeder stabil-freie R-Modul V ist endlich erzeugt und projektiv. Ferner
ist (in der obigen Situation) 0 −→ Rm −→ Rn −→ V −→ 0 eine endliche freie Auflösung
von V .
(ii) Vgl. Satz 17.3.
Satz. Sei V ein projektiver R-Modul mit einer endlichen freien Auflösung
f1
fn
f0
0 −→ Fn −→ Fn−1 −→ . . . −→ F1 −→ F0 −→ V −→ 0.
Dann ist V stabil-frei.
Beweis. (Induktion nach n)
Im Fall n = 0 ist 0 −→ F0 −→ V −→ 0 eine kurze exakte Folge von R-Moduln. Also ist
V ≃ F0 sogar endlich erzeugt und frei.
f0
Sei n > 0. Da 0 −→ Ker(f0 ) −→ F0 −→ V −→ 0 eine kurze exakte Folge von RModuln ist, gilt: F0 ≃ V × Ker(f0 ). Daher ist Bld(f0 ) = Ker(f0 ) auch projektiv, und wir
haben eine endliche freie Auflösung
0 −→ Fn −→ Fn−1 −→ . . . −→ F1 −→ Bld(f1 ) −→ 0.
Nach Induktion ist also Bld(f1 ) = Ker(f0 ) stabil-frei, d.h. es gibt m, n ∈ N0 mit Ker(f0 ) ×
Rm ≃ Rn . Daher gilt:
V × Rn ≃ V × Ker(f0 ) × Rm ≃ F0 × Rm ≃ Rk
für ein k ∈ N0 . Also ist V stabil-frei.
17.8 Satz. (Auslander-Buchsbaum 1959)
Jeder reguläre lokale Ring R ist faktoriell.
Beweis. (Induktion nach d := DimR)
Sei M := J(R). Im Fall d = 0 ist R ein Körper und damit ein faktorieller Ring. Im Fall
d = 1 ist R ein DBR und damit ein faktorieller Ring. Sei also d > 1 und x ∈ M \ M 2 ,
d.h. Rx ∈ Spec(R). Sei A := {1, x, x2 , . . .}, d.h. R ⊆ A−1 R ⊆ K := Quot(R). Nach
Satz 17.2 genügt zu zeigen, dass A−1 R faktoriell ist. Sei Q ∈ Spec(A−1 R) mit ht(P ) = 1.
Nach Satz 17.1 genügt zu zeigen, dass Q ein Hauptideal in A−1 R ist. Bekanntlich ist
75
P := Q ∩ R ∈ Spec(R) und Q = A−1 P . Da R ein regulärer lokaler Ring ist, hat der
R-Modul P eine endliche freie Auflösung
0 −→ Fn −→ Fn−1 −→ . . . −→ F0 −→ P −→ 0.
Daher ist
0 −→ A−1 Fn −→ A−1 Fn−1 −→ . . . −→ A−1 F1 −→ A−1 F0 −→ A−1 P −→ 0
eine endliche freie Auflösung des A−1 R-Moduls A−1 P = Q. Wir zeigen, dass Q ein projektiver A−1 R-Modul ist.
[Dazu sei Q′ ∈ Spec(A−1 R). Dann ist P ′ := Q′ ∩ R ∈ Spec(R) mit A ∩ P ′ = ∅ und
A−1 P ′ = Q′ . Man zeigt leicht, dass (A−1 R)Q′ = RP ′ gilt. Dabei ist RP ′ nach Satz 16.8
ein regulärer lokaler Ring. Wegen x ∈ M ist A−1 M = A−1 R, d.h. DimRP ′ < d. Nach
Induktion ist also (A−1 R)Q′ = RP ′ faktoriell.
Entweder ist QQ′ = (A−1 R)Q′ , oder es ist QQ′ ∈ Spec((A−1 R)Q′ ) und ht(QQ′ ) ≤ 1.
Nach Satz 17.1 ist also QQ′ ein Hauptideal, d.h. QQ′ ≃ (A−1 R)Q′ . In jedem Fall ist also
QQ′ ein freier (A−1 R)Q′ -Modul. Daher ist Q ein projektiver A−1 R-Modul.]
Aus Satz 17.7 folgt jetzt, dass Q ein stabil-freier A−1 R-Modul ist. Daher existieren
m, n ∈ N0 mit Q × (A−1 R)m ≃ (A−1 R)n . Lokalisierung am Nullideal ergibt: K m+1 ≃ K n ,
d.h. n = m + 1. Also ist Q × (A−1 R)m ≃ (A−1 R)m+1 . Damit folgt aus Satz 17.3, dass Q
ein Hauptideal in A−1 R ist.
18. Noethers Normalisierungssatz und Hilberts Nullstellensatz
Sei K ein Körper.
18.1 Satz. Sei n ∈ N, und sei M ⊆ Nn0 endlich. Dann existieren Gewichte w1 =
1, w2 , . . . , wn ∈ N derart, dass die Zahlen
w1 m1 + w2 m2 + · · · + wn mn ∈ N0
((m1 , . . . , mn ) ∈ M ) paarweise verschieden sind.
Beweis. (Induktion nach n)
Im Fall n = 1 ist M ⊆ N0 , und man kann w1 := 1 nehmen. Sei also n > 1 und die
Behauptung für n − 1 schon gezeigt. Dann ist
L := {(m1 , . . . , mn−1 ) : ∃mn ∈ N0 : (m1 , . . . , mn−1 , mn ) ∈ M } ⊆ Nn−1
0
endlich. Nach Induktion existieren w1 = 1, w2 , . . . , wn−1 ∈ N derart, dass die Zahlen
w1 m1 + · · · + wn−1 mn−1 ∈ N0
((m1 , . . . , mn−1 ) ∈ L) paarweise verschieden sind. Wir wählen wn ∈ N mit
wn > max{w1 m1 + · · · + wn−1 mn−1 : (m1 , . . . , mn−1 ) ∈ L}.
76
Seien jetzt (m1 , . . . , mn ), (m′1 , . . . , m′n ) ∈ M mit
w1 m1 + · · · + wn mn = w1 m′1 + · · · + wn m′n .
Im Fall mn 6= m′n (also o.B.d.A. mn < m′n ) hätte man den Widerspruch
w1 m1 + · · · + wn−1 mn−1 + wn mn < wn (1 + mn ) ≤ wn m′n
≤ w1 m′1 + · · · + wn m′n = w1 m1 + · · · + wn mn .
Also ist mn = m′n und w1 m1 +· · ·+wn−1 mn−1 = w1 m′1 +· · ·+wn−1 m′n−1 . Nach Induktion
ist also (m1 , . . . , mn−1 ) = (m′1 , . . . , m′n−1 ), d.h. (m1 , . . . , mn ) = (m′1 , . . . , m′n ).
18.2 Satz. Sei R eine K-Algebra, und seien y1 , . . . , yn ∈ R mit R = K[y1 , . . . , yn ].
Ferner gebe es ein Polynom 0 6= F ∈ K[Y1 , . . . , Yn ] mit F (y1 , . . . , yn ) = 0. Dann existieren
∗
∗
y1∗ , . . . , yn−1
∈ R derart, dass yn ganz über R∗ := K[y1∗ , . . . , yn−1
] und R = R∗ [yn ] ist.
Beweis. Wir schreiben
F =
X
(m1 ,...,mn )∈M
α(m1 ,...,mn ) Y1m1 · · · Ynmn ,
wobei M eine endliche Teilmenge von Nn0 und 0 6= α(m1 ,...,mn ) ∈ K für alle (m1 , . . . , mn ) ∈
M ist. Nach Satz 18.1 existieren Gewichte w1 , . . . , wn−1 ∈ N, wn = 1 derart, dass die
Zahlen
w1 m1 + · · · + wn mn ∈ N0
((m1 , . . . , mn ) ∈ M ) paarweise verschieden sind. Dann ist
X
∗
+ Ynwn−1 )mn−1 Ynmn
F =
α(m1 ,...,mn ) (Y1∗ + Ynw1 )m1 · · · (Yn−1
(m1 ,...,mn )∈M
mit Yi∗ := Yi − Ynwi für i = 1, . . . , n − 1. Wir multiplizieren jeden Summanden einzeln
∗
aus und schreiben das Resultat als Polynom in Yn mit Koeffizienten in K[Y1∗ , . . . , Yn−1
].
Dies ergibt jeweils ein Polynom vom Grad w1 m1 + · · · + wn mn mit höchstem Koeffizienten
α(m1 ,...,mn ) 6= 0. Dann ist
t
X
F =
Aj Ynj ,
j=0
∗
] für j = 0, . . . , t und 0 6= At ∈ K. Daher gilt:
mit Aj ∈ K[Y1∗ , . . . , Yn−1
0 = F (y1 , . . . , yn ) =
t−1
X
∗
Aj (y1∗ , . . . , yn−1
)ynj + At ynt
j=0
mit yi∗ := yi − ynwi für i = 1, . . . , n − 1. Division durch At zeigt, dass yn ganz über
∗
R∗ := K[y1∗ , . . . , yn−1
] ist. Ferner gilt:
∗
R = K[y1 , . . . , yn ] = K[y1∗ , . . . , yn−1
, yn ] = R∗ [yn ].
77
18.3 Definition. Elemente y1 , . . . , yn in einer K-Algebra R heißen algebraisch abhängig (über K), falls ein Polynom 0 6= F ∈ K[Y1 , . . . , Yn ] mit F (y1 , . . . , yn ) = 0 existiert.
Andernfalls heißen sie algebraisch unabhängig (über K).
Satz. (Noethers Normalisierungssatz)
Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra. Dann existieren z1 , . . . , zm ∈ R derart, dass
z1 , . . . , zm algebraisch unabhängig über K sind und R eine endliche K[z1 , . . . , zm ]-Algebra
ist.
Beweis. (Induktion nach der Anzahl n der Erzeugenden von R)
Im Fall n = 0 ist nichts zu tun. Sei also n > 0 und R = K[y1 , . . . , yn ]. Sind y1 , . . . , yn
algebraisch unabhängig über K, so ist auch nichts zu tun. Andernfalls existiert ein Polynom
∗
0 6= F ∈ K[Y1 , . . . , Yn ] mit F (y1 , . . . , yn ) = 0. Nach Satz 18.2 existieren y1∗ , . . . , yn−1
∈R
∗
∗
∗
∗
derart, dass yn ganz über R := K[y1 , . . . , yn−1 ] und R = R [yn ] ist. Nach Induktion
existieren dann z1 , . . . , zm ∈ R∗ derart, dass z1 , . . . , zm algebraisch unabhängig über K
und R∗ eine endliche K[z1 , . . . , zm ]-Algebra ist. Da R eine endliche R∗ -Algebra ist, ist R
auch eine endliche K[z1 , . . . , zm ]-Algebra.
Bemerkung. In der obigen Situation haben wir also einen Isomorphismus von K-Algebren
K[Z1 , . . . , Zm ] −→ K[z1 , . . . , zm ],
F 7−→ F (z1 , . . . , zm ).
Daraus folgt leicht, dass R Krulldimension m hat. Man kann sogar zeigen, dass alle maximalen Primidealketten in R Länge m haben; dabei heißt eine Primidealkette maximal,
wenn man sie nicht durch Einschieben weiterer Primideale verlängern kann. Dagegen gibt
es noethersche Ringe mit maximalen Primidealketten unterschiedlicher Länge.
18.4 Satz. (Schwacher Nullstellensatz)
Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra. Ist R ein Körper, so ist dimK R < ∞. (Man kann
R also als endliche Körpererweiterung von K auffassen.)
Beweis. Nach Satz 18.3 existieren z1 , . . . , zm ∈ R derart, dass z1 , . . . , zm algebraisch
unabhängig über K sind und R eine endliche K[z1 , . . . , zm ]-Algebra ist. Nach Satz 13.1
ist K[z1 , . . . , zm ] ein Körper. Also folgt: m = 0. Daher ist R eine endliche K-Algebra.
Bemerkung. Sei M ∈ Max(K[X1 , . . . , Xn ]), und sei L := K[X1 , . . . , Xn ]/M . Dann ist
L ein Körper, und f : K −→ L, a 7−→ a + M , ist ein Körpermonomorphismus. Wir
identifizieren K mit seinem Bild in L und fassen K so als Teilkörper von L auf. Für
i = 1, . . . , n sei xi := Xi +M , Dann ist L = K[x1 , . . . , xn ] eine endlich erzeugte K-Algebra.
Aus Satz 18.4 folgt, dass L eine endliche Körpererweiterung von K ist.
18.5 Satz. (Hilberts Nullstellensatz)
Sei K algebraisch abgeschlossen und M ∈ Max(K[X1 , . . . , Xn ]). Dann existieren Elemente
a1 , . . . , an ∈ K mit M = (X1 − a1 , . . . , Xn − an ).
Beweis. R := K[X1 , . . . , Xn ]/M ist ein Körper und eine endlich erzeugte K-Algebra.
Nach Satz 18.4 ist dimK (R) < ∞, d.h. wir können K ⊆ R als endliche Körpererweiterung
auffassen. Da K algebraisch abgeschlossen ist, folgt: dimK (R) = 1, d.h. R = K1R . Für
78
i = 1, . . . , n existiert also ein ai ∈ K mit Xi + M = ai 1R = ai + M . Daher gilt: I :=
(X1 − a1 , . . . , Xn − an ) ⊆ M . Wegen K[X1 , . . . , Xn ]/I = K + I/I ∼
=K
= K/K ∩ I = K/0 ∼
ist I ∈ Max(K[X1 , . . . , Xn ]), d.h. I = M .
Bemerkung. (i) Sei R ein noetherscher Ring der Krulldimension d, und sei I E R[X].
Der Satz von Storch und Eisenbud-Evans (1972/73) besagt, dass Elemente f1 , . . . , fd+1 ∈ I
existieren mit rad(I) = rad((f1 , . . . , fd+1 )).
(ii) Daraus folgt, dass für n ∈ N und I E K[X1 , . . . , Xn ] Polynome f1 , . . . , fn ∈ I mit
rad(I) = rad((f1 , . . . , fn )) existieren.
Literatur
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2. S. Bosch, Algebraic Geometry and Commutative Algebra
3. R. Brüske-F. Ischebeck-F. Vogel, Kommutative Algebra
4. D. Eisenbud, Commutative Algebra
5. I. Kaplansky, Fields and Rings
6. I. Kaplansky, Commutative Rings
7. G. Kemper, A Course in Commutative Algebra
8. E. Kunz, Introduction to Commutative Algebra and Algebraic Geometry
9. H. Matsumura, Commutative Algebra
10. H. Matsumura, Commutative Ring Theory
11. M. Reid, Undergraduate Commutative Algebra
Internet
• The CRings Project
• The Stacks Project
79
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