Wiki-Prinzip – Erläuterung zur Vergleichstabelle mittel mittelhoch hoch Wiki niedrigmittel niedrigmittel mittel Nutzer Nutzerfeedback CMS Produzent, Webmaster, Experten versch. Produzenten, Experten Content-Qualität niedrig Grad der Strukturierung Kosten (Anschaffung, Schulung, lfd. Kosten) entfällt Aktualisierungs- bzw. Zeitaufwand Installationsaufwand niedrig Content-Bearbeiter Content-Herkunft Technische Voraussetzungen HTML mittel hoch hoch niedrig hoch hoch hoch niedrig niedrig niedrig niedrighoch hoch In der Tabelle zum "Wiki-Prinzip" werden wichtige Eigenschaften und Anforderungen verschiedener Systeme, die alle zum Publizieren von Informationen im Intra- bzw. Internet geeignet sind, verglichen. Dieser Vergleich beschränkt sich auf die in den Augen der Autorin wichtigsten Punkte und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die hier verwendeten Einordnungswörter wie "hoch" oder "mittel" dienen nur der relativen Vergleichbarkeit der genannten Systeme untereinander; hauptsächlich zur Identifikation einer Tendenz. Generell, aber im Besonderen im Bereich von Wiki- und CMS-Software, existieren Überschneidungen. So sind zum Beispiel die klassischen, großen Content Management Systeme kostenpflichtig, seit einigen Jahren existieren aber auch leistungsstarke und kostenlose Systeme auf OpenSource-Basis. "HTML" beschreibt die klassische Publikation von Informationen mit Hilfe von "reinem HTML" oder mit Hilfe eines Editors zur Webseitenerstellung (z. B. MSFrontpage). "CMS", "Content Management System", beschreibt die Software zur Informationsbereitstellung durch redaktionsähnliche Hierarchien: Ein Artikel durchläuft mehrere Phasen von der Idee, über den Entwurf, über diverse Korrekturstände bis hin zur Freigabe durch den Verantwortlichen. "Wiki" schließlich beschreibt die Content-Bereitstellung mittels eine WikiSoftware (z.B. DokuWiki, Media-Wiki). Bei diesem Vergleich geht es aber nicht darum, die eine oder andere Publikationsmöglichkeit zu bevorzugen. Jede der vorgestellten Systeme hat sicherlich ihre Daseinsberechtigung. Vergleichen könnte man das mit dem Problem der Fortbewegung: Ein Fahrrad, ein PKW und ein Schiff sind allesamt zum Transport von Gütern und Personen geeignet, obwohl ihre Eigenschaften wie Kosten, Effektivität, Zuladungsmasse oder Umweltverträglichkeit wohl sehr weit differieren. Ähnlich ist es mit dieser Vergleichstabelle, jedes System ist für bestimmte Aufgabenstellungen gut oder weniger gut geeignet. Informationsmanagement im Bibliotheksalltag mit Hilfe von Wiki-Software 1/4 Technische Voraussetzungen Die niedrigsten technischen Voraussetzungen benötigt die Publikation mittels reinem HTML. Neben der Hardware muss ein Webserver installiert sein (z.B. Apache, Microsoft Internet Information Server). Ein CMS benötigt nicht zwingend, aber häufig eine Datenbank zur Verwaltung der entstehenden Informationen (z.B. Oracle, MySQL, Informix). Ein Wiki befindet sich dazwischen: es existieren ebenso viele Systeme, die eine Datenbank benötigen, wie jene, die auf reine Dateiablage spezialisiert sind. Installationsaufwand Bei der Publikation mittels reinem HTML wird neben den technischen Voraussetzungen keine weitere Software benötigt. Bei CMS eben die oben genannte Datenbank und das CMS selbst. Wieder ordnet sich das Wiki zwischen den beiden anderen Systemen ein - abhängig davon, ob es auf einer Datenbank basiert oder nicht. Kosten Die Kosten gliedern sich in verschiedene Aspekte. Neben der reinen Anschaffung des Publikationssystems existieren Kosten für die Anschaffung der Umgebung (technische Voraussetzungen, Installation), laufende insbesondere Wartungskosten - und schließlich die Kosten für die Benutzerschulung. Die Kosten für die Anschaffung der technischen Voraussetzungen sind ähnlich, oft existiert die Hardware bereits oder die Bereitstellung kann von anderen Systemen mitübernommen werden. Die Anschaffungskosten für die eigentlichen Systeme schwanken zwischen kostenlos (häufig OpenSource-Systeme) bis hin zu teuer. Ebenso sieht es bei den benötigten Ergänzungsprodukten, z.B. der Datenbank aus. Die laufenden Kosten für Administration und Wartung unterscheiden sich ebenfalls. Eine HTML-Publikation benötigt weniger Aufwand als die regelmäßige Sicherung einer Datenbank und deren Kontrolle. Die Benutzerschulung ist ebenso eine schwer zu kalkulierende Größe: Im Grunde kann jeder der MS-Word bedienen kann sein erstelltes Dokument als HTML-Datei auf einem Webserver bereitstellen lassen. Ein Nutzer von CMS benötigt hingegen sehr wahrscheinlich eine Schulung, um sich in der großen und äußerst flexiblen Software zurechtzufinden. Und auch beim Einsatz von Wiki-Software wird es sicherlich Benutzer geben, die sich erst mit Hilfe von geeigneten Unterlagen oder Schulungen in die Lage versetzen lassen zu publizieren. Generell kann man jedoch sagen, dass sich Benutzer, die sich im Internet nicht vor der Nutzung von Formularen oder Katalogen und Suchmasken scheuen, schnell und mit wenig Hilfe in die Wiki-Software einarbeiten werden können. Content-Bearbeiter / Content-Herkunft Der wohl größte Unterschied zwischen Wiki-Software und HTML bzw. CMS besteht in der Persongruppe, die für die Erstellung der Inhalte und deren Pflege zuständig ist. Während bei HTML und CMS die Publikation mit einer Einbahnstraße vergleichbar ist, sind bei Wiki-Software die Nutzer Konsumenten und Produzenten in einer Person (sog. Prosumenten). Dieser Ansatz ist nicht für alle Modelle zur Informationsbereitstellung gleichermaßen geeignet; bei vorrangig kollaborativer Arbeit jedoch ausdrücklich gewünscht. Der Nutzer (als Leser) kann direkt in die dargestellten Informationen eingreifen (als Schreibender) und entweder Inhalte verändern bzw. mit seinem Wissen erweitern oder - falls dieses Wissen nicht vorhanden ist - Anmerkungen so Informationsmanagement im Bibliotheksalltag mit Hilfe von Wiki-Software 2 / 4 hinterlassen, dass andere Personen mit diesem Wissen in die Lage versetzt werden, fehlende Informationen nachzureichen. Trotz diesem generellen Prinzip der offenen Strukturen - jeder kann alles ändern - lässt sich bei Bedarf eine feine Gliederung der Schreib- und Leserechte durchsetzen. So können vertrauliche Informationen vertraulich bleiben oder bestimmte Seiten durch die Masse der Benutzer nur gelesen nicht geändert werden. Das Prinzip des Prosumenten bieten HTML und CMS systembedingt nicht an. Aktualisierungs- /Zeitaufwand Um Informationen bereitzustellen oder zu aktualisieren sind bei HTML mindestens zwei Schritte notwendig, die im Idealfall aber durch die gleiche Person veranlasst und durchgeführt werden können: Zum einen ist der gewünschte Content zu erstellen bzw. zu bearbeiten und zum anderen muss diese Datei auf dem Webserver bereitgestellt werden. Beim (klassischen) CMS durchläuft ein Artikel mehrere Instanzen bis dieser auf der Intranet- oder Internetpräsenz bereitsteht. Bei Wiki-Systemen kann ein autorisierter (im Zweifel jeder) Nutzer einen Seiteninhalt sofort im Browser editieren und nach dem Klick auf den „Speichern-Knopf“ ist die Information unmittelbar für alle anderen Besucher sichtbar. Der anfangs vermutete "Vandalismusfaktor" durch die Editierbarkeit von (nahezu) jedem hat sich in der Praxis nicht bestätigt. Die Möglichkeit jeden Unfug mittels der Versionierung von Wiki-Seiten binnen Sekunden auf die ältere und richtigere Version wieder zurückzusetzen, erstickt die Idee der Zerstörung von Wikis bereits im Keim. Ein anderes Problem ist allerdings die Richtigkeit und damit die Qualität der schnell geänderten Seiten. Grad der Strukturierung Gegenüber der Publikation mittels HTML und CMS existiert bei einem WikiSystem noch ein großer Unterschied, der besonders bei Bibliothekaren ein wenig Umdenken und Umgewöhnen erfordert: Bei HTML und CMS sind die Autoren auf eine lineare Abhängigkeit der Artikel, die sich meist in Form von hierarchischen Inhaltsverzeichnissen widerspiegelt, angewiesen. In der Regel klickt ein Nutzer also auf einen Oberpunkt und arbeitet sich dann systematisch bis zum gesuchten Dokument "in die Tiefe". Bei Wiki-Systemen wird oft mit der Hauptseite versucht, diese Struktur nachzuahmen, jedoch muss der Nutzer hier immer damit rechnen, dass große Teile der Informationen nur über die Suche oder das Anklicken von Querverweisen in den Dokumenten erreichbar sind. Zwar gibt es ein automatisch generiertes Stichwortverzeichnis, jedoch bleibt ein Wiki in seinem Inneren trotz dieser Workarounds ein unstrukturiertes Medium. Content-Qualität Die inhaltliche wie gestalterische Qualität von Publikationen ist in starkem Maße von der Bereitstellungsgeschwindigkeit abhängig. Und eben hier kann ein Problem insbesondere bei Wikis entstehen, wenn Nutzer Änderungen vornehmen, zu deren Bearbeitung sie aus Sicht ihrer Kenntnisse weniger geeignet sind. So hängt die Qualität von Daten und Inhalten ausschließlich vom Wissen der Nutzer ab und deren Fähigkeit dieses verständlich und anschaulich aufzubereiten. Bei HTML und CMS besteht dieses Problem natürlich in ähnlicher Form, jedoch handelt es sich hier in der Regel um Experten, die mit der Inhaltspflege beauftragt sind. Informationsmanagement im Bibliotheksalltag mit Hilfe von Wiki-Software 3/4 Nutzerfeedback Claude Elwood Shannon (US-amerikanischer Mathematiker, Begründer der Informationstheorie) definiert eine Information als beseitigte Unsicherheit. Demnach ist eine Inter- oder Intranetseite auch nur dann von Wert, wenn sie die Unsicherheit ihrer Nutzer beseitigt. Aber wie misst man diesen Wert? Wer bestimmt, ob die Information das Bedürfnis der Nutzer trifft, wenn nicht diese selbst. Bei den Wegen der Informationsbereitstellung per HTML und CMS ist der Nutzer bei seinem Feedback oder weiteren Fragen an den Autor auf eine "externe Kommunikationsform" z.B. per E-Mail oder auf ein Kontaktformular angewiesen. Bei Wiki-Software steht die Kommunikation mit dem Nutzer im Vordergrund. Bei vielen Wiki-Systemen besitzt jede Information eine zusätzliche Diskussionsseite, auf der man sich zum Inhalt austauschen kann. Außerdem besteht für jeden Leser natürlich auch die Möglichkeit eine Anmerkung direkt im Inhalt zu hinterlassen. Ob und wie auf die Anmerkungen eines Nutzers eingegangen wird, kann dieser leicht selbst überprüfen, indem er die "Benachrichtigung bei Änderung" aktiviert (in der Regel über E-Mail). Zusammenfassung Nicht jede Art von geplanter Informationsbereitstellung ist für Wiki-Systeme geeignet oder lässt sich durch diese verbessern. Aber ein Wiki-System verfügt bei (recht vielen) verschiedenen Problemstellungen über Werkzeuge und Methoden kleine wie große Nutzergruppen einfach und schnell gemeinsam an einem Ziel arbeiten zu lassen. Informationsmanagement im Bibliotheksalltag mit Hilfe von Wiki-Software 4 / 4