Warum bitter das neue besser ist .32

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frisch
DAS KRÖSWANG MAGAZIN FEBRUAR 2015
Raw Food
WER MIT DABEI SEIN WILL, MIXT,
DÖRRT UND FERMENTIERT s.10
Helsinki
DER HOHE NORDEN KOCHT COOL
UND UNKONVENTIONELL s.16
Finanzierung
DER CHECK: BANK­KREDIT
VS. CROWDFUNDING s. 54
bit terschön
Warum bitter das
neue besser ist .32
ÖSTER
REICH
AN GESCHMACK
Alle Klaushof-Schweine sind waschechte
Österreicher.
Österreich
geboren,
schlachtet
und
Sie
werden
gemästet,
verarbeitet.
in
ge-
Heimi-
sche Qualitätsmetzger selektieren die
feinsten
Stücke.
bei KRÖSWANG.
Exklusiv
erhältlich
LÜGENDETEKTOR
Raw Food
ist Schnee
von gestern.
Klassische
Musik steigert
den Umsatz!
© KRÖSWANG, Barbara Ziegelböck, Shutterstock
Wenn Sie diese Aussagen misstrauisch machen, liegen
Sie richtig – denn eine davon ist tatsächlich falsch.
Welche das ist, wissen Sie spätestens, wenn Sie
die Artikel über Rohkost und den Einsatz von Musik
in der Gastronomie gelesen haben. Aber auch die
anderen Berichte im neuen FRISCH bringen
spannende Erkenntnisse.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr Manfred Kröswang
INHALT
32
GESCHMACK
Warum bitter
besser schmeckt,
als Sie glauben.
54
GELD
Wer finanziert mich? Wir
haben die Beispiele.
KÜCHE
& KOCHEN
KÖPFE
& KONZEPTE
6 NEWS
Meldungen & Portraits Was die Branche
bewegt, wer den Ton angibt.
10 ROHE SITTEN
Trends Sexy & gesund: Raw-Food
lässt niemanden mehr kalt.
16 CITY OF COOL
International Helsinki kocht sich zum
kulinarischen Hotspot empor.
22 F(R)ISCHFANG
Herkunft Forelle & Co. sind beliebt wie
nie und Eisvogel fischt kräftig mit.
26 NEU BEI KRÖSWANG
Produkte Frisch eingetroffen.
27 FRISCH, SAFTIG, HEIMISCH
Nahaufnahme Steirischer Almochse,
frischer Orangensaft und Thunfisch­
sashimi bringen 2015 in Schwung.
30 SAIBLING, MEIN LIEBLING
Royal Kann der Saibling noch delikater
werden? Mit Birne und Lardo allerdings!
32 BITTE MIT BITTER
Geschmack Bitter ist im Kommen und
gibt Speisen den Extra-Kick.
4 | FRISCH | FEB 15
INHALT
16
HELSINKI
Die coole Stadt im
Norden kocht auf.
22
48
FISCH
Eisvogel setzt
neue Maßstäbe
bei der Zucht.
MUSIK
Was Sie im Lokal spielen,
entscheidet über Gäste und Umsatz.
10
RAW FOOD
Beim letzten Food-Trend
bleibt der Ofen kalt.
KNOW-HOW
& KALENDER
40 KARREE ODER KARREEROSE?
46 BÜCHER, WEB-TIPPS & EVENTS
53 IN DER SOUNDFALLE
Fleischsache Zahlt es sich aus, das
billigere Karree zu kaufen?
Tipps Das sollten Sie nicht verpassen.
Kolumne Pierre Nierhaus über
schlechte Musik in guten Lokalen.
41 FETTE FISCHE
Kulinarische Physik Werner Gruber
erklärt, warum Fisch so gesund ist.
Objekt Kunstvolle Deckenelemente
verbessern die Akustik und geben
dem Raum Persönlichkeit.
42 MEER GEHT NICHT
48 GEMISCHTE PLATTE
Schnittmengen Pulpo und Steinbutt
in zwei köstlichen Varianten.
Betrieb Wie es im Restaurant klingt, ent­
scheidet, ob die Gäste wiederkommen.
47 IF DOGS RUN FREE
54 CREDIT CRUNCH
Branche Crowdinvesting oder
klassischer Bankkredit? Wir
zeigen, worauf es ankommt.
FEB 15 | FRISCH | 5
KÖPFE
& KONZEPTE
KundenNews
IN GROSSEM STIL
Nach der Neuübernahme des
Wulfenia Hotel & Spa im Herbst
2013, sperrte das 4-Sterne-­
Superior-Hotel im Nassfeld 2014
modernisiert und renoviert wieder
auf. Zum Ziel hat man sich gesetzt, vor allem der Haute Cuisine
Aufmerksamkeit zu schenken und
den Kundenkontakt intensiv zu
pflegen. www.wulfenia.at
IN NEUEM LICHT
Das ehemalige HB1 Hotel in
Villach hat einen neuen Eigentümer und einen neuen Namen –
Globo Plaza. Damit die Gäste den
Betreiberwechsel auch im Haus
spüren, wird das Hotel an der
Ossiacher Zeile umfassend
renoviert und saniert. Auch der
Service wird nun in der oberen
4-Sterne-Liga spielen. Neuer
Eigentümer ist das Kärntner
Beleuchtungsunternehmen Globo
Lighting. www.globo-lighting.com
6 | FRISCH | FEB 15
AUF TOP-NIVEAU
IN GOLD GEHÜLLT
Unter Österreichs beliebtesten
Seminarhotels, die im Schloss
Schönbrunn mit dem Goldenen
Flipchart ausgezeichnet wurden,
befinden sich gleich mehrere
KRÖSWANG Kunden: Österreichund Steiermark-Sieger wurde das
Seminar Hotel Retter in Pöllauberg
(Bild), Niederösterreich-Sieger das
Seminar- und Eventhotel Krainerhütte
in Baden und Oberösterreich-Sieger das Seminarhotel Wesenufer im
gleichnamigen Ort. www.tagen.at
AUF BERGFAHRT
Das Almresort Gerlitzen Kanzelhöhe – ehemals Hapimag – hat
einen neuen Betreiber: die Familien Hopfgartner und Malliga, die
auch die Kanzelbahn betreiben.
Geschäftsführer Hans Hopfgartner
möchte vor allem das Potenzial im
Sommer noch weiter ausnützen,
auch der Liftbetrieb soll demnächst weiter ausgebaut werden.
www.almresort-gerlitzen.jimdo.com
IN NEUER HAND
Neue Gesichter in einem der ältesten Gebäude im Stodertal: Der
Traditionsgasthof Jaidhaus in Hinterstoder hat wieder eröffnet – mit
neuem Pächter. Gernot Ramsebner,
zuvor 15 Jahre im 5-Stern-Hotel
Post in Lech, und sein Team sind
seit Dezember ein Fixpunkt in
Hinterstoder.
Das EurothermenResort Bad
Schaller­bach errichtet für seine touristischen Fachkräfte ein
Wohnheim auf Top-Niveau und
festigt damit die Attraktivität als
Top-Arbeitgeber in Oberösterreichs
größtem Tourismusbetrieb.
www.eurothermen.at
AUF VORDERMANN
Alles neu im Almgasthof Baumschlagerberg in Vorderstoder:
Almlounge, Almbar, Almstüberl
und Panoramalounge des Gasthofs Baumschlagerberg wurden
im Zuge umfangreicher Modernisierungsarbeiten seit Herbst 2014
neu gestaltet und laden
mit frischem Ambiente ein.
www.baumschlagerberg.net
© Viktor Smidt, Wulfenia | hotel & spa, RETTER Seminar Hotel Restaurant, Almresort Gerlitzen, Almgasthof Baumschlagerberg
MODERN RELAXT
ES SICH GERN
Die Betriebsküche des Halbleiterherstellers Infineon in Villach hat
einen neuen Küchenchef. Robert
Kuschina leitet ab sofort eine der
größten Küchen Kärntens. Kuschina hat in seiner Laufbahn bereits
in etlichen Top-Häusern gearbeitet
und freut sich auf die neue Herausforderung.
PORTRAIT
MESSERSCHARFER TYP
Groß und gut ist möglich: Markus Jüngert, der
Leiter der Gastronomie beim Messerhersteller WMF
im schwäbischen Geislingen bereitet täglich 1.300
Gerichte frisch zu. Von Lieferanten fordert er höchste
Qualität. „Die Leute fragen immer öfter, wo meine
Ware herkommt, da ist es schlimm, wenn man nicht
transparent ist. Billiger geht es immer, aber nicht in
der Schiene, in der wir es machen. Die Leute wissen,
bei mir kriegen sie eine gute Qualität auf den Teller,
und sind bereit, einmal 50 Cent oder einen Euro mehr
zu bezahlen.“
KÖPFE & KONZEPTE
DER MANN FÜRS FEINE
Das historische Ambiente der Orangerie Steyr macht
sich Küchenchef Gerald Zeitlhofer zunutze. In seiner Küchenlinie geben gutbürgerliche Klassiker wie
Kalbsbackerl und mediterran-leichte Küche mit vielen
Meeresfrüchten den Ton an. Die Gäste schätzen die
Kombination aus edlem Flair, zünftiger Hausmannskost und feinen Fischgerichten – die Orangerie boomt
und ist nicht umsonst ein Hochzeits-Hotspot im oberösterreichischen Zentralraum.
PORTRAIT
© Fotografie Katrin Wieser, Hans Schubert
HERR DER 1.000 GLÄSER
Seit einem Vierteljahrhundert gestaltet Harry Schindl­
egger („Wir machen Ihr Fest!“) die kulinarische Erlebnisregion Krems mit. Mithilfe seines engagierten
Teams zeichnet er etwa für das 2STEIN verantwortlich, das in unkonventionell kurzer Zeit zum über­
regionalen Hotspot avancierte. Harry’s Cateringservice
macht pro Jahr an die 900 Events zu gastronomischen
Highlights. Und der Equipmentverleih? Der hat alles,
was zwischen Kellerparty und Hochzeitsbankett je gebraucht werden könnte.
KÖPFE & KONZEPTE
KÖPFE & KONZEPTE TRENDS
ROHE
10 | FRISCH | FEB 15
SITTEN
Rohkost war einmal. Mit neuem
Namen und neuem Image präsentiert
sich nun „Raw Food“. Modern, flexibel
und vor allem lecker. Was es mit der
kulinarischen Revolution ohne Herd
auf sich hat, erfahren Sie hier.
© Daniel Esswein / Edition Fackelträger, Köln
FEB 15 | FRISCH | 11
KÖPFE & KONZEPTE TRENDS
L
ange verbanden Köche und Gour­
mets Rohkost eher mit Verzicht als
mit Genuss. Wer sich als Fan of­
fenbarte, galt schnell als WeightWatchers-­Sympathisant und war mit Mitleid
konfrontiert. Eine neue Bewegung verbannt
„Raw Food“ nun aber von den Diätseiten der
Illustrierten und bringt sie auf die Speisekar­
ten der hippsten Läden.
ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT
Die Idee hinter dem Trend ist in gewisser
Weise ein Erinnern an unsere entfernten Vor­
fahren. An jene Jäger und Sammler, die sich
durch Dschungel und Savannen kämpften und
noch kein domestiziertes Feuer kannten. Was
für sie gut genug war, sollte doch für uns auch
reichen, so die Logik der Raw-Food-Vordenker.
Die neue Küchenphilosophie verbindet diesen
Ansatz mit den Erkenntnissen der modernen
Ernährungswissenschaft. Ihnen geht es vor al­
lem um die Erhaltung von Nährstoffen und En­
zymen in der Nahrung, um das Beste aus den
Lebensmitteln herauszuholen.
Was dabei roh bedeutet, scheint auf den ers­
ten Blick offensichtlich. Doch bei genauerer
Betrachtung wird es schon komplizierter. Be­
reits Temperaturunterschiede, die natürlich
vorkommen, können die Struktur von Lebens­
mitteln verändern. Etwa beim kontrollierten
Vergären oder Fermentieren, das bei Käse und
Konsorten zur Anwendung kommt. Manch­
mal werden Lebensmittel auch leicht erhitzt
oder mit anderen Verarbeitungstechniken
behandelt und gelten trotzdem noch als Raw
Food. Bei diesen Fällen spricht man deshalb
von „pseudoroh“: nicht gar, aber auch nicht
völlig unbehandelt.
MEHR ALS NUR ROH
Die Zubereitung von Raw Food basiert auf
vielen verschiedenen Faktoren wie Inhalts­
stoffen, Zell- und Molekülstrukturen. Es geht
darum, die Nahrungsmittel und ihre wert­
vollen Inhaltsstoffe möglichst zu bewahren,
gleichzeitig aber ein schmackhaftes Gericht
zu servieren. Denn obwohl das Knabbern auf
rohem Gemüse oder Fisch die gesündeste Va­
riante ist, kulinarisch ist sie nicht immer ein
Hochgenuss.
Um Abhilfe zu schaffen, bedient sich die
Raw-Food-Küche eines weiten Spektrums an
Zubereitungsmethoden, um Geschmack auf
den Teller zu bringen. Pökeln, Marinieren,
Fermentieren oder Vakuumieren helfen dabei,
aus jedem Lebensmittel das Beste herauszu­
holen – manchmal auch die richtige Schnitt­
technik. Die richtigen Geräte sind deshalb in
Raw-Food-Küchen zentral. Dehydrator und
Vakuumierer gehören ebenso selbstverständ­
lich zum Inventar wie Herdplatten und Öfen
in der klassischen Küche.
Auch wenn der rohe Aspekt der Nahrung im
Vordergrund steht, so schränkt das in der Viel­
falt der Speisen kaum ein. Zu den zu erwarten­
den und typischen Gerichten wie Sushi oder
Gemüse und Obst in allen möglichen Varia­
tionen gesellen sich auch Lammgerichte >
© Daniel Esswein / Edition Fackelträger, Köln
Rezept auf
kroeswang.at
12 | FRISCH | FEB 15
TRENDS
KÖPFE & KONZEPTE
Viele der Informationen und Bilder in diesem
Artikel stammen aus dem Buch „Roh! Die neue
Definition von Rohkost“ von Hubertus Tzschirner
und Thomas A. Vilgis, herausgegeben vom
Verlag Fackelträger. Für die Fotografien war
Daniel Esswein verantwortlich.
SUPERFOODS
Wer über Raw Food liest, stolpert unweigerlich über den Begriff „Superfood“. Diese Super-­
Nahrungsmittel sollen besonders nährstoffreich, vitalisierend und gesund sein. Die Liste der
potenziellen Superfoods ist lang und sehr unterschiedlich. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten.
KIRSCHE: Kirschen
sind vitamin- und
mineralstoffreich, sie
enthalten viel Eisen
und Kalium. Richtig
spannend wird die
Kirsche durch ihre
sekundären Pflanzenstoffe, vor allem die
Polyphenole. Dazu
gehören die Anthocyane – Farbstoffe, die
der Kirsche ihre
leuchtend rote Farbe
verleihen. Die Polyphenole fangen freie
Radikale im Körper
ein, die etwa durch
Umweltgifte und UVStrahung entstehen.
Auch die Nebenprodukte des Kirschbaumes, wie süßer Honig
aus Kirschblüten, sind
sehr beliebt.
LÖWENZAHN: Oft als
Unkraut verkannt,
sehen nur wenige in
ihm einen kleinen
kulinarischen Schatz.
Dabei hat es der
Löwenzahn in sich,
enthalten seine Blätter doch vierzigmal
so viel Vitamin A und
neunmal so viel Vitamin C wie Kopfsalat.
Die Blüten können zu
Gelees oder Brotaufstrichen verarbeitet
werden, während die
Blätter gerne als Salat
und Zugabe zu verschiedenen Gerichten
verwendet werden.
LEINSAMEN: Die
ballaststoffreichen
Samen wirken
verdauungsfördernd
und die enthaltenen
Lignane sollen den
Hormonhaushalt
ausbalancieren und
sogar Krebs hemmen.
Leinöl ist eine hervorragende Quelle für
Omega-3-Fettsäuren.
Vor allem in Oberösterreich wird Leinöl
geschätzt, wo man
es zu verschiedenen
Gerichten, von Fisch
bis zum Vanilleeis,
serviert. Wegen der in
Leinsamen enthaltenen Blausäure und
Cadmium sollte man
max. 20 g pro Tag
konsumieren.
AVOCADO: Das
Lorbeergewächs
aus Südmexiko wird
auch „Butterfrucht“
genannt, was schon
zeigt: Avocado ist fett.
Und macht schlank.
Die ungesättigten
Fettsäuren sollen dem
Körper beim Fettabbau helfen, Grund ist
das Enzym Lipase. Die
enthaltene Ölsäure soll
den Cholesterinspiegel
senken. Darüber hinaus enthält Avocado
viel Beta­carotin und
Vitamine wie Vitamin E und K. Gesüßt,
als Brotaufstrich oder
zum Avocado-Likör
„Abacate“ verarbeitet
sind den Einsatzgebieten der Avocado
kaum Grenzen gesetzt.
Einziges Problem: Die
schnelle Verderblichkeit der Frucht.
KAKAO: Gerade in
rohem Zustand ist
die Kakaobohne ein
echtes Gesundheits­
paket. Sie enthält
wertvolle Antioxidantien wie Katechin
und Epikatechin,
die vor Herz- und
Kreislauf­erkrankungen
schützen. Kakaobohnen enthalten viel
Fett, die Kakaobutter,
doch diese wirkt sich
positiv auf den Cholesterinspiegel aus.Als
wäre das nicht genug,
enthält Kakao auch
noch Ballaststoffe,
Eisen, Magnesium,
und Kalium sowie
die „Glücklichmacher“ Serotonin und
Dopamin.
ALOE VERA: Das Blattmark der Pflanze, die
wir hauptsächlich aus
der Kosmetik kennen,
enthält über 200 verschiedene Wirkstoffe,
darunter das Poly­
saccharid Accemanan,
dem antivirale und
krebshemmende
Eigenschaften zugeschrieben werden.
Neben den vielseitigen kosmetischen
und medizinischen
Einsatzgebieten kann
die Aloe bei richtiger
Zubereitung auch auf
dem Teller landen: als
Zugabe zu alkoholischen Getränken, in
Brot oder Käse.
FEB 15 | FRISCH | 13
KÖPFE & KONZEPTE TRENDS
> oder Gänseleber. Wer etwas Mut zum Ro­
hen beweist, kommt also auf alle Fälle auf sei­
ne Kosten. Sogar Rohkost-Bäckereien haben
sich schon etabliert, so widersprüchlich sich
das anfangs auch anhört.
ZWEI LOKALE, EIN ZIEL
gibt es kleine, pikante Rohkostspeisen wie be­
legte Brote oder Zucchininudeln. Alles ohne
tierische Zutaten, ohne Zucker und ohne Ofen.
In der Bäckerei geht es viefältig zu. Je nach
benötigtem Teig dienen andere Nüsse als Ba­
sis: Cashew, wenn es leichter und weicher
werden soll, Mandeln für eine eher feste Un­
terlage. Generell wird das Endprodukt mehr
modelliert als in der klassischen Bäckerei.
Die Zutaten des Teiges sollen eher von selbst
arbeiten und nicht von der Hitze des Ofens
abhängen. Ein Trocknungsautomat, der auf
maximal 42 °C aufgeheizt wird, entzieht den
Teigen Flüssigkeit, ohne wertvolle Nährstoffe
zu zerstören, und erstellt damit die Basis für
viele leckere Kleinigkeiten.
Die beiden Lokale verbindet ein Bekenntnis zu
lokalen, frischen und hochwertigen Produk­
ten. Ein Motiv, das sich quer durch die ganze
Raw-Food-Literatur zieht und das auch von
Pongritz und Danek als eines ihrer Erfolgsga­
ranten gesehen wird. Oft, aber nicht immer le­
ben Raw-Foodies ausschließlich vegan. Ande­
re bringen bestimmte Ernährungsweisen wie
die Paleo-Diät weg vom Herd. Allen Anhän­
gern des Roh-Trends gemein ist ihre Liebe zu
und Beschäftigung mit gesunder Kost, in der
möglichst alle Inhaltsstoffe erhalten bleiben.
© Daniel Esswein / Edition Fackelträger, Köln
In der Grazer Klosterwiesgasse betreibt Da­
niela Pongritz mit dem Tilia’s so ein ambiti­
oniertes Solo-Projekt. Als Quereinsteigerin
führt sie einen veganen Rohkostladen mit
Pâtisserie und Restaurant, in dem es auch pi­
kante Rohkost zu genießen gibt. Für sie war
die Entscheidung, einen Rohkostladen zu er­
öffnen, das Ergebnis einer natürlichen persön­
lichen Entwicklung.
Ihre Kunden kommen aus allen Bevölke­
rungsschichten und sind meist schon Roh­
köstler und Veganer. Aber auch interessierte
Fleischesser sind vertreten. Für viele steht
am Anfang der Reiz, etwas Neues auszupro­
bieren. Um diese Neugier zu befriedigen,
setzt Pongritz nur auf frisch zubereitete und
hochwertige Lebensmittel. Eingefroren oder
aufgetaut wird im Tilia’s nichts. Durch diesen
Mehraufwand muss, zumindest für ein pikan­
tes Mittagessen, am Tag vorher reserviert wer­
den. Natürlich gibt es aber daneben Kuchen,
Pralinen und Säfte im Angebot, damit auch
Spontanbesucher nicht mit leeren Händen ge­
hen müssen.
Das Arbeiten mit diesen Lebensmitteln hat für
die Tilia’s-Inhaberin einen besonderen Reiz.
Man könne ihre Kuchen und Torten nicht mit
traditionellen Backwaren vergleichen, erklärt
sie. Böden bestehen beispielsweise aus ge­
keimten Nüssen oder Getreide. Und manches
wäre schlicht nicht möglich: ein flaumiger
Biskuitteig beispielsweise.
Von Einschränkungen will Gabriele Danek
trotzdem nichts wissen. In ihrer „simply raw
bakery“ in der Drahtgasse im ersten Wiener
Gemeindebezirk bietet sie vom Zitronenbus­
serl über Bananenbrot bis hin zu Muffins al­
les an, was das Nascherherz begehrt. Im Bistro
14 | FRISCH | FEB 15
Auch wenn man nicht erhitzen kann, gibt es in der Rohkostküche verschiedene Zubereitungsmethoden, um das Essen schmackhafter zu machen.
GEWUSST WIE
Ein Handwerker ist nur so gut wie sein Werkzeug. Welche Geräte für die
rohe Küche besonders wichtig sind, erfahren Sie hier:
DAS RICHTIGE WERKZEUG
TRENDS
HOCHLEISTUNGSMIXER:
Ein guter Mixer ist
in der rohen Küche
kaum wegzudenken.
Da Zutaten nicht
verkocht und weicher
gemacht werden
können, hat der Mixer
einen schwereren
Job, für den er auch
dementsprechend
ausgerüstet sein
muss. Für das beste
Resultat sollte auch
für den schnellen
Smoothie ein starker
Mixer bereitstehen.
PÖKELN: Bereits die
Römer haben Fleisch
gepökelt, um es länger
haltbar zu machen,
und diese Methode
hat sich bis heute
kaum verändert.
Fleisch wird gesalzen,
Wasser aus den Zellen
gezogen und gebunden. Das gebundene
Wasser steht Keimen
nicht mehr zur Verfügung und das Fleisch
wird somit länger
haltbar. Das Fleisch
kann so länger reifen,
ohne verkocht werden
zu müssen.
ENTSAFTER: Auch
abseits der Rohkost
sind frische Säfte
immer beliebt, deshalb versteht es sich
von selbst, dass ein
Entsafter nicht fehlen
darf. Langsam- oder
Schneckenentsafter
pressen nicht nur
Früchte und Gemüse
aus, sondern können
auch eine befriedigende Ausbeute bei Blattgemüse und Wildgräsern vorweisen.
DÖRRGERÄT/DEHYDRATOR: Der Dörrofen
entzieht Früchten,
Gemüse, Pilzen oder
Teigen langsam, aber
sicher Flüssigkeit.
Während der Back­
ofen als Alternative in
der Not nützlich sein
kann, empfiehlt sich
ein Dörrgerät, das
speziell für die Rohkost entwickelt wurde
und bei dem man das
Obst bloß noch vorbereiten und einlegen
muss.
MARINIEREN: Marinaden auf Essig-,
Zitrus- oder Weinbasis
dienen nicht nur der
geschmacklichen
Verfeinerung des
Fleisches, sondern
man kann auch die
Proteinstrukturen des
Fleisches verändern,
ohne es erhitzen zu
müssen. Bei manchen
Fischsorten kann man
diese Veränderung der
Strukturen sogar mit
freiem Auge durch
die Verfärbung des
Fleisches erkennen.
FERMENTIEREN: Unter
Fermentieren versteht
man das (Ver-)Gären
von Lebensmitteln
ohne Beteiligung
von Sauerstoff. Die
berühmtesten fermentierten Produkte sind
Bier und Sauerkraut.
Auch bei der Herstellung von Salami oder
Sojasauce spielt die
Gärung eine Rolle.
Neben der längeren
Haltbarkeit ist vor
allem ein verändertes Aroma Ziel beim
Fermentieren.
KÖPFE & KONZEPTE
KEIMER: Manche
Samen lassen sich roh
nicht verzehren, vor
allem Hülsenfrüchte
oder Getreide. Um
dem entgegenzuwirken, lässt man
diese hartnäckigen
Genossen keimen,
um sie nicht nur
essbar zu machen,
sondern auch Aromen
hervorzuholen, die
man auf keine andere
Weise bekommen
kann. Keimer oder
Keimgläser helfen
bei der Keimung der
Samen und manche
nehmen einem sogar
die Bewässerung ab.
VAKUUMIERER: Durch
das Vakuumieren
kann man verschiedene Produkte in
Geschmack und Farbe
intensivieren, ohne sie
kochen zu müssen.
Durch die Behandlung im Vakuum
wirken die Lebensmittel gekocht, sind
allerdings von Textur
und Geschmack dem
rohen Grundzustand
ähnlich. Bevorzugt
werden Kammervakuumierer, die üblichen
Haushaltsgeräte sind
für eine wirksame
Vakuumierung meist
zu schwach.
SCHNITTTECHNIKEN:
Fleisch in der Rohkost
quer zur Faser zu
schneiden hilft beim
Kauen, da sich die
Muskelfasern beim
Kauen leicht voneinander trennen. Sehr
dünn geschnitten
können auch Lebensmittel roh genossen
werden, die sonst
kaum genießbar sind.
So eignen sich dünne
Scheiben von leicht
fermentierten, rohen
Kartoffeln durchaus
als Beilage zu Fleischgerichten.
VAKUUMIEREN: Durch
das Nutzen des Vakuums können nicht
nur Geschmack und
Farbe von Lebensmitteln verstärkt,
sondern auch manche
Prozesse wie Pökeln
oder Marinieren
beschleunigt werden.
Auch durch Vakuumieren allein lassen
sich beeindruckende
Resultate erzielen.
Vakuumierte Lebensmittel wirken gekocht,
verlieren aber ihren
rohen Geschmack
nicht.
FEB 15 | FRISCH | 15
D
er Aufstieg der New
Nordic Cuisine hat
Skandinavien in den
letzten Jahren viel Auf­
merksamkeit in der Gastro-Szene
beschert. Doch wie so oft, wenn
der Norden Europas in einen Topf
geworfen wird, fallen die Finnen
auch beim Kochen ein wenig aus
dem Rahmen. Im Land des welt­
berühmten Architekten Alvar
Aalto hat selbst die Kulinarik et­
was mit Design zu tun! So nahm
Helsinki 2012, das Jahr, in dem
es „World Design Capital“ war,
gleich zum Anlass, auch seine
16 | FRISCH | FEB 15
Ernährungskultur zu erneuern.
Zu den ambitionierten Zielen der
„Food Culture Strategy“, an der
sich Stadtverwaltung und Pri­
vatunternehmen beteiligen, zählt
etwa, dass noch dieses Jahr 50 %
der Kost in Kindergärten aus or­
ganischen Produkten bestehen
soll. Urban Farming und StreetFood-Events werden ebenso ge­
fördert wie lokale Lebensmittel
und Speisen. Doch auch die Spit­
zengastronomie Helsinkis soll
angeheizt und um einige Ster­
ne-Restaurants erweitert werden.
Die vielleicht größte Anstrengung
Wie hält sich
eine Stadt wie
Helsinki, wo
im Winter die
Sonne kaum
aufgeht, bei
Laune? Sie
kocht sich
durch den
grauen Alltag
und erfindet
sich mittels
Food-CultureStrategie,
Restaurant
Days und
Sterneküche
neu.
© Teurastamo.com
KÖPFE & KONZEPTE INTERNATIONAL
gilt der Revitalisierung der Märk­
te. Für Food-Culture-Projektleiter
Timo Santala sind sie viel mehr
als nur Orte zur Lebensmittelbe­
schaffung: „Auf Märkten und in
Markthallen ist das Leben einer
Stadt am intensivsten zu spü­
ren“, erklärt er. „In unserer Stadt
stecken viele kreative Ideen – vor
allem im Kulinarikbereich. Wir
wollen Möglichkeiten schaffen,
dieses kollektive Potenzial in Ta­
ten umzusetzen.“
VOM SCHLACHTHOF ZUM
KULTURZENTRUM
Wie das gehen kann, zeigt der
Teurastamo, Helsinkis 1933 er­
bauter städtischer Schlachthof,
der Anfang der 1990er Jahre still­
gelegt und später als Großmarkt
genutzt wurde. Das weitläufige
Backstein-Areal nördlich der
Innenstadt wird gerade in ein
Kulturzentrum im Zeichen der
Kulinarik und Nachhaltigkeit
umgewandelt. Es gibt öffentliche
Urban-Gardening-Flächen, einen
frei nutzbaren Grillplatz, Fein­
kostläden, eine Kochschule und
ein halbes Dutzend Lokale, die
sich einer frischen und hochwer­
tigen Küchenlinie verschreiben.
Natürlich fehlt auch eine Sauna
nicht! „Jeder Bürger Helsinkis
kann im Innenhof ein eigenes
Event anmelden“, sagt Santala.
Der Teurastamo war bereits >
TEURASTAMO-RESTAURANTS
-Smokery: Im rohen BackB
steinambiente gibt es Slow
Food in Barbecue-Form:
Pulled Pork, Pastrami,
gehackte Leber _ bsmokery.fi
Jädelino: Die kleine Eisfabrik
stellt händisch italienisches
Gelato ohne Farbzusätze her
_ www.jadelino.fi
Kellohalli: Das Teurastamo-Flagschiff. Mo–Fr Lunch
aus marktfrischen Zutaten.
Offene Küche. Signature:
„Schlachthaus-Sandwich“
_ kellohalli.fi
Teurastamo Portti: Die traditionellen Metzger (seit 1935)
bieten Gegrilltes zum Vor­
ort-Essen oder als Take-away
_ www.roslund.fi
Ho’s Food: Fans chinesischen
Street Foods: Jiaozi, Wan
Tan, hausgemachte Nudeln
_ www.hosfood.fi
Pasta Factory Helsinki: Beste
Pasta außerhalb Italiens.
Aus frischen finnischen
Eiern! _ www.pastafactory.fi
FEB 15 | FRISCH | 17
Teurastamo
1
2
HELSINKIS KULINARISCHER
HOT-SPOT IST EIN STILLGELEGTER SCHLACHTHOF AUS DEM
JAHR 1933. IM TEURASTAMO
(1–3) GIBT ES URBAN-GARDENING-FLÄCHEN, KOCHKURSE
UND EVENTS. DIE SAUNA,
IN DER EINST DIE METZGER
SCHWITZTEN, IST EBENFALLS
SEHR BELIEBT. GESCHÄFTSRÄUME WERDEN AN (ÖKOLOGISCH DENKENDE) HÄNDLER
UND BETREIBER VERGEBEN.
EIN HALBES DUTZEND LOKALE
HABEN SICH BISHER IM
ALTEN SCHLACHTHOF EINGEMIETET – BIO-PRODUKTE,
ORIGINELLE KREATIONEN UND
LUNCH-TAUGLICHE SPEISEN
KENNZEICHNEN SÄMTLICHE
TEURASTAMO-BETRIEBE. DIE
B-SMOKERY Z. B. SERVIERT
BARBECUE-LECKERBISSEN
WIE PULLED PORK, PASTRAMI
UND GEHACKTE LEBER.
Restaurant day
3
AM RESTAURANT DAY (4) IST
JEDER, DER WILL, LOKALBETREIBER UND GANZ HELSINKI
AUF DEN BEINEN. ES GIBT
KOBE-BEEF-BURGER IM PARK
UND VEGANES IM YOGASTUDIO – CHICKEN-WINGS WERDEN SCHON MAL VOM BALKON
ABGESEILT. DAS ANGEBOTENE
ESSEN IST NICHT IMMER EIN
GAUMENKITZLER, DOCH ES
GEHT IN ERSTER LINIE UM
DEN SPASS. AUSGEDRUCKTE
PLÄNE UND EINE SPEZIELLE
SMARTPHONE-APP HELFEN
BEI DER ENTDECKUNGSTOUR.
SKURRILE BEGEGNUNGEN UND
INTERESSANTE GESPRÄCHE
ÜBERS ESSEN SIND GARANTIERT.
4
INTERNATIONAL
> Schauplatz von Massenpick­
nicks, Street-Music-Festivals und
Weihnachtsmärkten samt orga­
nischem Glühwein. Längerfristig
soll sogar alles, was auf dem Ge­
lände wächst, essbar sein.
© Teurastamo.com, Restaurant Day: Anssi Kumpula & Tuomas Saparantala
RESTAURANT DAY – HELSINKIS
KULINARISCHER KARNEVAL
Die Demokratisierung des Ko­
chens geht in Helsinki aber noch
viel weiter und sie lässt auch eine
Brise Durchgeknalltheit und An­
archie nicht vermissen. Viermal
im Jahr wird der „Restaurant Day“
begangen, an dem jeder für einen
Tag Gastgeber spielen darf. Das
Resultat ist eine Stadt im Ausnah­
mezustand. An den letzten Aus­
gaben nahmen bereits mehrere
hundert Amateur-Restaurants teil.
Gekocht und bedient wird in den
Parks, auf dem Gehsteig und in
Garageneinfahrten. Viele Locals
öffnen sogar ihre Privatwohnun­
gen, um Gäste – darunter immer
mehr Touristen – zu verköstigen.
Das Prinzip hat Schule gemacht –
mittlerweile findet der Restau­
rant Day zeitgleich in Dutzenden
internationalen Städten statt. An
Helsinki kommt aber keine he­
ran. Im Sommer 2014 stammten
von 2.700 weltweit angemeldeten
Pop-up-Restaurants 750 alleine
aus Helsinki. Die Idee zum kuli­
narischen Happening hatte Timo
Santala mit einigen gleichgesinn­
ten Freunden. Ausgabe Nr. 1 im
Jahr 2011 stellte er mit Hilfe einer
Webseite und ganz ohne behörd­
liche Genehmigungen auf die Bei­
ne – an solche zu gelangen, sah er
in seiner Stadt nämlich als hoff­
nungsloses Unterfangen an. Dass
er heute Helsinkis Food Culture
Strategy leitet, ist bezeichnend.
Der Restaurant Day hat die Men­
talität der Stadt verändert – ein
klein wenig auch jene der Behör­
den. Die Gastro-Szene sowieso –
mit dem Restaurant Day fiel auch
der Startschuss für Street Food
im Land der tausend Seen. Wo
früher nur in der Geborgenheit
des eigenen Heims oder in Gast­
stätten gespeist wurde, cruisen
heute Coffee-Rikschas und Food
Trucks durch die Straßen. Festi­
vals wie „Streat Helsinki“ bieten
ein kurzweiliges Programm mit
Diskussionen und Partys. Das
kulinarische Treiben konzen­
triert sich dabei in den neuen
Trend-Quartieren – neben dem
Teurastamo gehören dazu vor al­
lem die Tori Quarters. Helsinkis
„neue Altstadt“ zwischen Markt­
platz und Senatsplatz wird stetig
renoviert und zieht neue Cafés,
Boutiquen und originelle Bistros
an. Lunch-Restaurants, die nur
mittags geöffnet haben, liegen be­
sonders im Trend.
SPITZENGASTRONOMIE –
STRENG LOKAL
Der Spagat vom selbstgebacke­
nen Möhrenkuchen im Frisör­
laden zu Helsinkis Fine-DiningRes­taurants ist gar nicht so groß,
wie man denkt. Viele Prinzipien
der Food-Culture-Initiative wer­
den auch im Gourmetsegment
hochgehalten. In erster Linie ist
es das klare Bekenntnis zu fri­
schen, lokalen Produkten – Bee­
ren, Pilze, Rüben, Rentierfleisch,
frischer Fisch –, die bevorzugt
von Kleinproduzenten bezogen
werden. Die Nähe zur New Nor­
dic Cuisine ist unübersehbar. Als
erstes finnisches Spitzenrestau­
rant schwenkte das Nokka auf
eine streng lokale Küchenlinie
um und beeinflusste damit so­
gar Noma-Chef Claus Meyer, der
das Lokal einige Male besuch­
te. Helsinkis international wohl
bekanntester Chef heißt Hans
Välimäki. Er führte das Fine-Di­
ning-Restaurant Chez Dominique
ab 2003 in die Riege der 50 welt­
besten Restaurants und kochte
bis zu seiner Schließung 2013 auf
Zwei-Sterne-Niveau. Mit seinem
neuen Restaurant Välimäki hat er
ähnlich hochgesteckte Ziele.
VERWURZELT UND MODERN
In gewisser Weise ist die finni­
sche Gourmetküche mit Alvar
Aaltos weltberühmtem Design
vergleichbar:
naturverbunden,
aber auch modern und avant­ >
KÖPFE & KONZEPTE
SZENE-RESTAURANTS
N
okka Das Nokka hat mit
seiner streng lokalen Küchenlinie sogar Noma-Chef Claus
Meyer beeindruckt. Verarbeitet werden nur finnische
Produkte: Beeren, Rentierfleisch, Rüben, etliche Sorten
Erdäpfel. Karte: Entenleber
mit Apfel-Brioche, Waldpilze-Kroketten, finnischer Käse
_ www.ravintolanokka.fi
O
lo Nordische Zutaten treffen
auf eine moderne Küchenlinie. Das Olo gegenüber
vom Kauppatori (Marktplatz
am Hafen) hält seit 2011
einen Michelin-Stern. Karte:
Elch mit Pastinaken, Rentier mit Flechte, Ziegenmilch-Eiscreme, fermentierte
Karotten. King crab mit
weißem Rettich
_ olo-ravintola.fi/en
S
pis „Pure Nordic“ heißt die
Devise des kleinen, noch jungen Gourmet-Restaurants mit
den unverputzten Ziegelwänden. Schwerpunkt: Gemüse.
Karte: Zwergmaräne aus dem
Puruvesi-See, edle Weine von
Kleinproduzenten, Bier von
Mikrobrauereien) _ spis.fi
J uuri Die kulinarischen
Archäologen von Juuri spüren
lokalen Ess-Traditionen nach.
Spezialität: „Sapas“ – Tapas-­
ähnliche Starter. Schwerpunkt: Organic Foods. Karte:
Gebeizter Hering, organische
Kohlrüben, Pferdewürste,
Kürbis mit Ziegen-Gouda, Erdäpfel-Dumplings, marinierte
Regenbogenforelle. _ uuri.fi
FEB 15 | FRISCH | 19
KÖPFE & KONZEPTE INTERNATIONAL
> gardistisch. Restaurants wie
das Nokka, Olo oder Välimäki
kombinieren ursprüngliche fin­
nische Kost mit modernen Zu­
taten und wiederentdeckten
Techniken wie Fermentierung
oder Räuchern. Auf der Spei­
sekarte stehen – im Einklang
mit den Jahreszeiten – z. B. Zie­
genmilch-Eiscreme,
Wald­pilzTerrine, organische Kohlrüben,
Zwergmaräne aus dem Puru­
vesi-See und Blutwurstsoufflé
mit Birnensenf. Ein besonderer
Trend nennt sich „Sapas“– kleine
Starter aus heimischen Zutaten.
Zwar verbieten sich ihre Erfinder
jeden Vergleich mit den spani­
schen Tapas – als Essen, das am
besten in der Gruppe genossen
wird, haben sie aber einen ähn­
lichen Zweck. Auf der Getränke­
seite sind hochwertige Weine, da­
runter finnischer Fruchtwein aus
Kleinproduktion, und Craft-Biere
sehr angesagt.
Abgesehen von der Qualität
liegt im lokalen Bezug wohl der
größte Unterschied zwischen
der finnischen Haute Cuisine
und den Laienrestaurants am
Restaurant Day. Während die
Spitzengastronomie konsequent
auf Heimisches setzt, packen die
Amateur-Köche zum Teil ihre
exotischsten – und skurrilsten –
Fantasien aus. Und die reichen
weit: von der Thai-Reispfanne
bis zum Michael-Jackson-Burger.
Auch ein Restaurant für Hunde
wurde schon gesichtet. Bildergalerie auf
kroeswang.at
20 | FRISCH | FEB 15
» Helsinki hat
die Chance, zu
einer der faszinierendsten
Food-Destinationen Europas zu
werden. «
Timo Santala, Leiter
Food Culture Strategy
KARRIEREFACTS
Gehalt: Skandinaviens
Lohnniveau ist hoch, Finnland fällt im Vergleich zu
Dänemark, Norwegen und
Schweden aber deutlich ab.
Ein Koch verdient zwischen
2.300 und 3.000 € (Durchschnitt Männer insgesamt:
3.350 €). Rund 25 % des
Bruttogehalts entfallen auf
Steuern und Abgaben.
Wohnen: Ein Appartement im
Zentrum (ein Schlafzimmer):
ca. 950 €.
Finnisch: Im Arbeitsleben
sind Finnisch-Kenntnisse
von Vorteil – manche Arbeitgeber verlangen ein entsprechendes Zertifikat (YKI).
Kontakt: Informationen zu
Arbeit und Unternehmensgründung in Finnland.
_ www.mol.fi
Die besten Adressen:
Kellohalli _ www.kellohalli.fi
OLO _olo-ravintola.fi/en
Royal Ravintolat (Nokka u. a.):
_www.royalravintolat.com
Scandic Hotels
_www.scandichotels.fi
Hilton _www3.hilton.com
Radisson Blu Plaza
_www.radissonblu.com/
plazahotel-helsinki
1
2
3
4
Finnen
sind offener
für Neues
Interview mit Katja
Henttunen, Restaurant
Manager OLO Helsinki
(Bestes Restaurant in
Finnland 2012)
Ihr Restaurant hält seit 2011
einen Michelin-Stern. Können
Sie in aller Kürze das Konzept
des OLO beschreiben?
Es ist modern-skandinavisch, legt
Wert auf lokale Zutaten und ist
mit einer Prise Humor gewürzt.
© Teurastamo.com, A Juha Metso, Restaurant Day: Hanna Anttila & Heidi Uutela, Juha Pekka Laakio
„GERADE IM WINTER BRAUCHT
HELSINKI SPASS“, SAGT
RESTAURANT-DAY-MACHER
TIMO SANTALA (1). DESHALB
FINDEN ZWEI DER JÄHRLICH
VIER AUSGABEN BEWUSST
IN DEN DUNKLEN MONATEN
STATT. JUNG UND ALT GEHEN
DANN AUF KULINARISCHE
ENTDECKUNGSTOUR (2–4).
DIE EINNAHMEN WERDEN OFT
FÜR WOHLTÄTIGE ZWECKE
GESPENDET.
DASS FINNEN COOL SIND, IST
JA BEKANNT – JETZT GIBT ES
IN HELSINKI AUCH ERSTKLASSIGES ITALIENISCHES GELATO
OHNE KÜNSTLICHE ZUSÄTZE
(5). DIE EISFABRIK JÄDELINO
IST NUR EINER VON MEHREREN ORIGINELLEN GASTRO-­
BETRIEBEN IM TEURASTAMO.
5
Sie versprechen nordische Einflüsse. Was heißt das konkret?
Frische Produkte kommen an ers­
ter Stelle, wo es geht aus lokaler
Produktion. Wir kaufen z. B. viel
bei einheimischen Bauern. Tradi­
tionelle finnische Küche existiert
eigentlich nicht wirklich – doch
wir beziehen unsere Inspiration
aus Kindheitserinnerungen an
das Essen zu Hause. Das erklärt
auch, weshalb wir gerne alte Kon­
servierungs- und Einmachtech­
niken wie Pökeln oder Gären
verwenden. Wir fühlen uns auch
stark der „New Nordic Cuisine“
zugehörig.
Können Sie die gastronomische
Szene Helsinkis ein wenig beschreiben? Was ist an ihr besonders im Vergleich zu anderen
internationalen Städten?
In den letzten zehn Jahren hat
sich mächtig viel getan. Die Leute
gehen mehr denn je essen und es
gibt etliche kleine innovative Re­
staurants in der Stadt. Ich denke,
in der Hinsicht kommt uns das
OLOS KATJA HENTTUNEN (L.)
MIT SOMMELIÈRE MIA STJERNA
BEIM VERKOSTEN DER HAUSEIGENEN KÖSTLICHKEITEN.
WERT LEGT MAN VOR ALLEM AUF
FRISCHE, LOKALE PRODUKTE VON
EINHEIMISCHEN BAUERN.
Fehlen einer ausgeprägten kuli­
narischen Tradition in Finnland
zugute – wir sind dadurch offener
für Neues und Experimente.
Welche Art von Restaurants
kommen derzeit in Helsinki am
besten an?
Die trendigen Restaurants mit lo­
ckerer Atmosphäre sind auf der
Überholspur. Altmodische Fine­Dining-Tempel interessieren die
Leute kaum mehr.
Ist es schwierig, in Helsinki ein
neues Restaurant auf die Beine
zu stellen?
Es ist ziemlich schwierig, ein
Restaurant zu eröffnen bzw.
zu betreiben. Die Bürokratie in
Finnland ist sehr ausgeprägt und
die Ausgaben für Personal sind
hoch – das gilt auch für die Steu­
erlast. Finnisch-Kenntnisse sind
für Newcomer auch von Vorteil –
zumindest außerhalb der Küche.
Ein Tipp für ausländische Newcomer, die eine Gastro-Karriere
in Helsinki anstreben?
Geduldig sein – Finnen brauchen
ein wenig, um aufzutauen! FEB 15 | FRISCH | 21
KÖPFE & KONZEPTE HERKUNFT
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Lust auf Saibling, Forelle und Co. unge
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nicht mehr vergrößern können,
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schnitte in die Natur vorzunehmen.
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en Teichgründen um. Den hohen Stan
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von Eisvogel gerecht zu bleiben,
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einfach, aber schließlich wurde
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in Norditalien fündig. Im Naturschu
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Friaul-Julisch-Venetien herrschen
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glasklaren Gebirgswasser aus den Julis
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und Karnischen Alpen ideale
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tritt dort mit einer gleichbleibend
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ratur von 9 bis 12 °C an die Ober
le mit
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Wasser. Das glasklare
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zurück: „Das Wasser
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unsere Produktionshallen, im Wint
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Natur Hand in Hand
fang
Der Fischkonsum in Österreich wächst.
Beim größten heimischen Süßwasserfische
Produzenten Eisvogel setzt man auf naturnah
.
Zucht, um die steigende Nachfrage zu decken
» Mir ist wichtig,
dass die gesamte
Wertschöpfung in der
Region bleibt. «
Hubert Bernegger, Geschäftsführer
Un­
der Stammzucht in Molln umfasst das
itali­
Nord
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Zuch
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en und ist österreichischer Marktführ
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von 65 %.
© Shutterstock
WIRTSCHAFTSFAKTOR FISCH
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Die Eisvogel-Produktionsgebäude wurd
der
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sind
„Wir
2009 völlig erneuert.
in Eu­
modernste Fischverarbeitungsbetrieb
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Auftrag ein, schwimmen die Fische noch
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den Eisvogel-Teichen. Die Ware wird am
ben Tag bis 16 Uhr verarbeitet.
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Darüber hinaus trifft zweimal wöch
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eine Lieferung fangfrischer Meeresfisc
Sorti­
bei Eisvogel ein. Den Hauptanteil des
asser­
ments – über 60 % – macht jedoch Süßw
sowie
fisch aus. Bach- und Regenbogenforelle
alle
Saiblinge züchtet Eisvogel selbst. Da auch
eine
Fischeier selbst produziert werden, ist
Nach
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dem Schlüpfen liegen die kleinen Fisch
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die Setzlinge ins Freie gesetzt,
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tigen Speisefisch heranwachsen. Bei den
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abgeschaut: In den Zuchtbeck
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Strömung wie im Bachbett, wodurch
Natur.
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Je größer der Fisch, desto höhe
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sonders gut, sie sind stromlinie
merkt
gezogen und setzen kaum Fett an. Das
und
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man am Fleisch: fettarm, fest,
>
es zerfällt nicht.
FEB 15 | FRISCH | 23
KÖPFE & KONZEPTE HERKUNFT
> ZERTIFIZIERTE QUALITÄT
Damit die Ware in höchster Qualität beim
Kunden ankommt, wird Frischfisch im tem­
peraturgeführten Logistiksystem bei 0–4 °C,
Tiefkühlware bei -18 bis -20 °C geliefert – auf
dem schnellstmöglichen und kürzesten Weg.
Daneben spart die optimierte Kühllogistik
auch Müll: Bei der Verpackung ist man von
den voluminösen Styroporboxen auf die mo­
derne MAP (Modified Atmosphere Packa­
ging)-Technologie umgestiegen. Unter einer
speziellen Schutzatmosphäre wird die Ware
verpackt und bleibt in der Kühlung frisch.
„Dadurch ist die Zugabe von Eis hinfällig“, so
Bernegger. Für den Gastronomen hat dies ei­
nige Vorteile: Die Berge an streng riechendem
Styropormüll entfallen und die Plastikschäl­
chen der MAP-Packung erweisen sich als
24 | FRISCH | FEB 15
praktischer Helfer in der Küche: „Viele Köche
verwenden die hygienischen Plastikschalen
der MAP-Verpackungen in der Küche weiter,
zum Beispiel zum Panieren“, so Hubert Ber­
negger.
Die Qualität der Eisvogel-Fische schmeckt
man nicht nur, man sieht sie auch an den zahl­
reichen Zertifizierungen, die das Unterneh­
men bereits erreicht hat. „Eisvogel ist Vorreiter
in Sachen Gütesiegel. Wir führen sämtliche
Siegel, die man überhaupt erreichen kann“,
so Geschäftsführer Hubert Bernegger. Neben
dem MSC-Siegel für Meeresfische wurden Eis­
vogel-Produkte auch mit dem B2B-Zertifikat
Global Gap ausgezeichnet. Nachhaltige Aqua­
kultur garantiert seit Kurzem das ASC-Siegel.
„Unsere Zuchten sind seit Dezember 2014 für
Regenbogen- und Bachforelle, Lachsforelle
und Saibling. Bei Bachforelle und Saibling
Derzeit liegen bei den Süßwasserfischen
vor allem Saiblinge und Forellen im
Trend. Beide werden von Eisvogel selbst
gezüchtet. Gerade im Meeresfischbereich
gibt es auch saisonale Unterschiede. „Im
Sommer sind Goldbrasse und Wolfsbarsch angesagt, im Winter dagegen
Kabeljau und Lachsfilet“, so Geschäftsführer Hubert Bernegger.
haben wir weltweit als einziger Züchter das
ASC-Zertifikat“, so Bernegger weiter. Bei die­
ser Zertifizierung wird besonders auf die Um­
weltbedingungen, die Arbeitsbedingungen für
die Mitarbeiter und die Einhaltung der gesetz­
lichen Bedingungen geachtet. Dem gesunden
Genuss mit gutem Gewissen steht also nichts
mehr im Wege.
© Shutterstock, Helmut Lunghammer, Eisvogel
DER NATUR ZULIEBE ERWEITERTE EISVOGEL DIE
STAMMZUCHT IN MOLLN NICHT MEHR, SONDERN
BETEILIGTE SICH AN ZUCHTEN IN ITALIEN.
ENTSPRINGT
AUS REINSTER
NATUR.
FISCHZUCHT IN ZWEI GENERATIONEN: DIE
EHEPAARE BERNEGGER (L.) UND BATTIGELLI.
Die beliebtesten
Speisefische
44 %
Regenbogen- &
Lachsforelle
10 %
Bach- & Seeforelle
18 %
15 %
Karpfen
Bachsaibling
4%
Seesaibling
9%
Wels
eisvogel.at
KÜCHE &
KOCHEN
Dieses zartfasrige Teilstück vom
Kalb wird auch dickes Bugstück
genannt. Es eignet sich ideal zum
Schmoren, als Kalbsbraten oder
für Rouladen.
PULLED PORK
Dieser fertig marinierte Schweinebraten aus der Schulter wurde mithilfe des Slow-cooked-Verfahrens
so zart gegart, dass er sich mit
der Gabel auseinanderziehen lässt
(pulled = ziehen, reißen). Der feine
BBQ-Geschmack der Marinade erinnert an die Südstaaten der USA,
den Ursprung des Pulled Pork.
26 | FRISCH | FEB 15
BEEF TARTAR
Aromatisches Beef Tartar aus
Fleisch vom österreichischen Qualitätsrind, fixfertig zubereitet. Das
zarte Beef wird mit einer pikanten
Sauce verfeinert und schmeckt
herrlich frisch.
SAIBLING GRÄTENFREI
Nicht nur küchenfertig, sondern
praktisch grätenfrei wird dieser
frische Saibling von Eisvogel geliefert. Das Fleisch des Saiblings
ist eher fest, besitzt einen charakteristischen Geschmack und gehört zum Besten, was heimische
Gewässer zu bieten haben.
CRÈME BRÛLÉE MIT
WALDBEER
Ein weiteres Meisterwerk aus der
Patisserie Walter: Crème brûlée
mit dem frischen Geschmack von
ausgesuchten Waldbeeren. Selbstverständlich gekrönt von einer
perfekten Karamellkruste.
LACHSKAVIAR
Dieser Wildfang besticht durch
sein zartschaliges, oranges Korn
mit intensivem, feinem Geschmack. Mild gesalzen und frei
von Geschmacksverstärkern, Farbund Konservierungsstoffen.
LANDFRAUENKUCHEN
WILDHEIDELBEERE
TIROLER SCHÜTZENKÄSE
Leichter Fruchtgenuss und traditionelle Backrezeptur werden in
diesem Kuchen perfekt kombiniert: Einerseits die aromatischen
Wildheidelbeeren, andererseits
der feine Mürbteig mit köstlicher
Schmandmasse.
Dieser vollmundig-sahnige,
leicht säuerliche Käse ist sowohl
fürs Frühstück als auch für die
Käseplatte geeignet. Hergestellt
in naturnaher Landwirtschaft aus
silofreier Alpen-Heumilch, mit
Rotschmiere gereift.
© KRÖSWANG, fotolia.de
DICKE SCHULTER VOM
KALB
Neu bei
G
KRÖSWAN
z
ab 1. Mär
NAHAUFNAHME
KÜCHE & KOCHEN
FRISCHER ORANGENSAFT
Unser frisch gepresster Orangensaft besitzt alle Vorzüge eines täglich selbst gepressten Saftes: Farbe,
Aroma, Nährstoffe und Vitamine bleiben vollständig
erhalten, weil der Saft bei der Produktion nicht erhitzt wird. Konservierungsstoffe sind selbstverständlich tabu. Die Früchte stammen je nach Erntezeit aus
unterschiedlichen Ländern und werden von unserem
Produktionspartner täglich frisch gepresst – und an
uns geliefert. Der Orangensaft überzeugt das ganze
Jahr durch seine besondere Süße.
Zum Shop auf
kroeswang.at
FEB 15 | FRISCH | 27
KÜCHE & KOCHEN NAHAUFNAHME
THUNFISCH-SASHIMI
Zum Shop auf
kroeswang.at
28 | FRISCH | FEB 15
© KRÖSWANG, fotolia.de
Die hochwertigste Thunfisch-Qualität wird Sashimi bezeichnet. Für dieses Produkt wird ausschließlich die beste Rohware verwendet, das Stück enthält weniger Sehnen
und ist perfekt zugeputzt. Ein Filet wiegt 2–4 kg und
hat einen Durchmesser von 10 bis 15 cm. Das Fleisch
besticht durch seine intensive, dunkelrote Farbe, einen
hohen Fettanteil und einen dadurch besonders intensiven Geschmack. Deshalb wird Thunfisch-Sashimi gerne
roh verwendet, eignet sich aber auch hervorragend zum
Kurzbraten oder Grillen.
NAHAUFNAHME
KÜCHE & KOCHEN
Zum Shop auf
kroeswang.at
ALMO ALMOCHSENFLEISCH
Für viele ist es das beste Rindfleisch, das Österreich zu
bieten hat. Denn das steirische ALMO-Almochsenfleisch
von Schirnhofer ist besonders aromatisch, zart und wunderschön marmoriert. Die ALMO-Almochsen wachsen
wohlbehütet auf den Almen von über 530 steirischen
Bauern auf und ernähren sich von saftigen Gräsern und
würzigen Kräutern. Durch das hochwertige Futter und
das langsame Wachstum bekommt das ALMO-Fleisch
eine besonders schöne Marmorierung und ist zart und
kräftig im Geschmack.
KÜCHE & KOCHEN ROYAL
SAIBLING MIT LARDO,
BIRNEN-­BLUTWURST-CANNELLONI
Vier-Hauben-Koch Simon Taxacher entwickelt exklusiv für KRÖSWANG Royal raffinierte
Gourmet-Rezepte. Diesmal steht der Saibling im Mittelpunkt seiner Kreation.
» Das kross gebratene Saiblingsfilet mit Kräutern
ist für sich alleine schon ein Erlebnis. Aber
kombiniert mit der Süße der Birne, herzhafter
Blutwurst und einem Hauch von Lardo
entsteht ein echtes Geschmacksfeuerwerk.
Abgerundet wird das Ganze mit einer feinen
Hagebuttennote. Ich bin sicher, dass Ihre
Gäste dieses Gericht lieben werden. «
Simon Taxacher
SAIBLING
4 SAIBLINGSFILETS à 130 g,
küchenfertig
SALZ, WEISSER PFEFFER aus der
Mühle
OLIVENÖL UND BUTTER zum Anbraten
JE 1 ZWEIG ROSMARIN UND THYMIAN
30 | FRISCH | FEB 15
BIRNEN-BLUTWURST-CANNELLONI
1 BIRNE schnittfest
1 TL GEHACKTE SCHALOTTEN
2 cl BIRNENSAFT
40 g BLUTWURST, klein geschnitten
1 Msp. GEHACKTER MAJORAN
BUTTERSCHMALZ
SALZ UND PFEFFER aus der Mühle
BRAUNE BUTTER zum Beträufeln
4 SCHEIBEN LARDO DI CASTELLUCCHIO
HAGEBUTTENSAUCE
2 SCHALOTTEN geschält
JE 20 g CHAMPIGNONS,
STAUDENSELLERIE, FENCHEL,
LARDO DI CASTELLUCCHIO
7 g GETROCKNETE HAGEBUTTENBLÜTEN
2 ZWEIGE ESTRAGON
2 SPRITZER ESTRAGONESSIG
4 cl WEISSWEIN
½ l FISCHFOND
1 LORBEERBLATT
1 STERNANIS
20 g BUTTER
SALZ,
WEISSER PFEFFER
aus der Mühle
OLIVENÖL
Rezept auf
kroeswang-royal.at
© KRÖSWANG, Andreas Wimmer
Zutaten
ROYAL
KÜCHE & KOCHEN
Rezept von Simon Taxacher I www.rosengarten-taxacher.com
FEB 15 | FRISCH | 31
bitte mit bitter
© Starmühler Agentur & Verlag / Sofie Mayer
GESCHMACK
KÜCHE & KOCHEN
Leicht hat es der Geschmack nicht, der auf
der Zunge ganz hinten angesiedelt ist. Die Industrie entwickelt Bitterblocker und aus Obst
wie Gemüse werden sämtliche Bitterstoffe
herausgezüchtet. Uninteressant sind Bitterstoffe für Köche deswegen nicht. Im Gegenteil:
Die Bitter-Fans sind nie ausgestorben. Warum
das so ist, erklärt die kanadische Köchin und
Autorin Jennifer McLagan in einem neuen
Buch, das in den USA unter Foodies gerade
einen regelrechten Hype um die ungeliebte Geschmacksrichtung losgetreten hat. Ihr Credo:
Kochen ohne Bitterstoffe ist wie Kochen ohne
Salz. Oft nimmt man den bitteren Geschmack
von Speisen nicht bewusst wahr. Fehlt er
aber, schmeckt ein Gericht schnell fad. Auch
werden Speisen durch einen Hauch Bitterkeit
bekömmlicher. Bitter nimmt üppiger Süße die
Schwere und lässt uns gerne nochmals zugreifen. Wie überall, macht auch hier die Dosis das
Gift, und zwar wörtlich.
Bitter kann nämlich giftig bedeuten, aber auch
gesund: „Jede Geschmacksrichtung hat biologisch ihren Sinn. Süß zeigt uns Kohlehydrate an, umami Proteine. Daher wird Verzehr
süßer und herzhafter Nahrung gefördert. Bei
bitter zeigt uns der Körper an: ‚mögliche Toxine‘, daher vermeiden wir gewöhnlich die
Aufnahme“, sagt Professor Wolfgang Meyerhof
vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Mittlerweile nimmt man an, dass wir
Bitterstoffe trotzdem konsumieren, weil sie gesundheitlichen Nutzen haben. Sie sollen den
Blutzucker senken und Viren oder Krebs bekämpfen. Wahrscheinlich sind die Menschen
deshalb auf den Geschmack gekommen und
reagieren auf hunderte verschiedener Bitterstoffe. Für Köche öffnet das einen ganzen bitteren Baukasten, den sie für ihre Kompositionen
nutzen können. Auf den folgenden Seiten haben wir die Wichtigsten im Überblick zusammengestellt.
Wer denkt bei „bitter“ schon an Gutes? Doch dank der Wiederentdeckung bitterer
Getränke und gesundheitsbewusster Ernährung kehrt das Stiefkind unter den
Geschmacksrichtungen auf unsere Zungen zurück.
Kren/Meerrettich Wird roh verwendet, da sich
seine stechende Schärfe und Bitterkeit im
gekochten Zustand verflüchtigt. Die Wurzel mit
den antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften setzt ihren Geschmack erst
frei, wenn sie zerkleinert wird.
beißend bitter
Rucola In einige Kulturen wird der bittere Grüne als
Heilpflanze gegen Augeninfektionen, Nieren- und
Verdauungsbeschwerden verwendet. Gekocht tritt die
Schärfe zugunsten der Bitterkeit in den Hintergrund.
Rucola kombiniert mit Löwenzahn macht sich gut als
Raviolifüllung oder in der Pasta.
Kohlsprossen/Rosenkohl Um auch die gesunden
Kleinen bei Kohlsprossen-Hassern beliebt zu
machen, sollte man die Blätter einzeln kochen
bzw. die Sprossen ganz klein schneiden, das
reduziert die Kochzeit.
Endivie/Frisée Der Bitterstoff Inulin soll harn- und
galletreibend sowie appetitanregend wirken. Harmoniert mit üppigen Dressings mit Sardellen, Käse und
Zitronensaft. Durchaus einmal gekocht servieren,
passt zu fettem Fleisch wie Ente und Schwein.
34 | FRISCH | FEB 15
© Starmühler Agentur & Verlag / Sofie Mayer
Bei manchen Pflanzen kann man die Bitterkeit förmlich
riechen. Grund dafür sind Schwefelverbindungen, die
freigesetzt werden, wenn wir ihre Zellstruktur zerstören, die
Senfölglykoside. Sie verleihen Rettich, Kren und Kohlgemüse
den leicht bitteren Geschmack und teils eigenwilligen Geruch.
Einige Glykoside wirken stark antibakteriell und hemmen die
Entstehung von Tumoren. Auf den Teller damit!
GESCHMACK
bierig bitter
KÜCHE & KOCHEN
Die idealen Einsteiger ins Bitter-Business sind flüssig, und das
nicht nur in Form von bitteren Aperitifs. Besonders originell ist
bitteres Bier in fester Form – als würziges Bier-Gelee. Dass wir
ohne bitter schwer können, zeigt die weltweite Beliebtheit von
Kaffee und Tee wie auch die große Anzahl bitterer Spirituosen,
die ursprünglich oft als Medizin genutzt wurden.
Kaffee Schmeckt bitter dank Koffein und
Tanninen, was wir viel zu oft unter Zuckerbergen verstecken. Ein Schuss Espresso
in Saucen und Fonds verleiht eine interessante Bitterkeit, ohne dass der Kaffeegeschmack wahrnehmbar ist.
Hopfen Die teure, aber sehr ergiebige Pflanze (200 g
reichen für 100 l Bier) fügt Bier viele Aromen zu und
hilft bei der Konservierung. Durch den Craft-Bier-Trend
sind bittere, hopfige Biere auch bei uns immer gefragter.
Tipp: Mit getoastetem Brot kombinieren, es entwickelt
durch die Röstung auch eine leichte Bitterkeit.
Radicchio Der farbenprächtige Italiener sollte
nicht bloß im Salatmix enden, er entwickelt
auch gekocht oder gegrillt einen wunderbaren
Geschmack. Macht sich gut in Strudeln und seine
zarte Bitterkeit gibt Risottos eine besondere Note.
oldschool bitter
Viele Pflanzen verlieren durch Kultivierung ihre bitteren
Komponenten, Salate wie Endivie, Radicchio und Rucola haben
sie erhalten. Gerade im Winter bringen Endivie und Radicchio
köstliche Abwechslung in den tristen Wurzelgemüsealltag, vor
allem, wenn man sie einmal warm zubereitet.
KÜCHE & KOCHEN GESCHMACK
subtil bitter
Weißen Spargel und Sellerie würde man nicht sofort mit bitter
assoziieren, dennoch macht Bitterkeit einen weiten Teil ihres
Geschmacksspektrums. Phthalide, die Sellerie und Liebstöckel
ihre Bitternote verleihen, können helfen, den Blutdruck zu senken.
Gerade in subtiler Ausprägung schmeckt bitter am besten, daher
verdienen Artischocke und Sellerie mehr Platz auf den Speisekarten.
Sellerie War ursprünglich sehr bitter und
wurde als Medizin verwendet. Durch Zucht
wurden die Knollen größer und die Pflanze
weniger bitter. Nicht nur als Suppenwürze
macht er sich gut, er schmeckt auch als Salat
im Verbund mit Rucola.
Artischocke Ihren fein-herben Geschmack verdankt
die Artischocke vor allem dem Bitterstoff Cynarin, der
cholesterinsenkend und galleanregend sein soll. Bitterer
und ein echter Geheimtipp ist ihre Verwandte Cardy/Kardone, die sich sowohl im Garten als auch auf dem Teller
hervorragend macht.
sau bitter
Karamell Durch den Übergang von Zucker zu Karamell entstehen hunderte chemische Verbindungen, viele davon bitter und aromatisch. Die Antioxidantien, die beim Karamellisieren entstehen, verändern nicht nur den Geschmack,
sondern helfen auch beim Konservieren von Speisen.
36 | FRISCH | FEB 15
© Starmühler Agentur & Verlag / Sofie Mayer
Kakao/Schokolade Koffein und Therobromin machen
Kakao und Schokolade bitter. In Europa wurde sie
zunächst von Ärzten als Arznei gegen Magen- und
Verdauungsbeschwerden verschrieben. Ein Hauch
Kakao oder Bitterschokolade passt hervorragend zu
Schweinefleisch oder Lamm.
Bittermelone, das bitterste Gemüse der Welt, kommt von
Indien bis Ostasien auf den Tisch. Gegessen wird die
noppige, gurkenähnliche Frucht auch der Gesundheit wegen.
Bockshornklee, heute Bestandteil vieler Currys, war einst
auch in Europa bekannt und wurde von den Griechen als
Medizin und Tierfutter verwendet. Die leicht bitteren Blätter
lassen sich wie Spinat zubereiten und geben etwa Omelettes
oder Quiches eine interessante Note.
» Bitter muss man lieben
lernen, allerdings wird es
wohl nie wirklich Mainstream
werden, eher eine Art Kult. «
Jennifer McLagan, Köchin & Autorin
Weißer Spargel Die leichte Bitternote findet
man nur beim weißen Spargel, nicht aber im
grünen. Sie harmoniert hervorragend mit den
Blutorangen in der Sauce maltaise, der man
ruhig mal den Vortritt gegenüber der omni­
präsenten Sauce hollandaise lassen kann.
super bitter
Das meiste Obst verbinden wir mit Süße, dabei gibt es durchaus bittere Kandidaten, vor allem unter den Zitrusfrüchten.
Einige Obstsorten wie Rote Ribisel und Marillen entwickeln
durchs Kochen eine bittere Note, Grund dafür sind Tannine.
Nicht zuletzt schmeckt auch hochwertiges Olivenöl durch die
Kaltpressung grüner Oliven leicht bitter.
Grapefruit Ihre Bitterkeit verdankt diese
zufällige Kreuzung aus Orange und
Pampelmuse dem Antioxidans Naringin. Weiße Grapefruits sind wesentlich
bitterer als rote, da sie mehr Naringin
enthalten.
Zitrusschalen Die Schale und die
weiße Haut von Zitrusfrüchten
sind voll von bitteren Alkoholen
und Antioxidantien. Gerade die
weiße Haut unter der Schale
ist damit reich gesegnet, daher
sollte man sie entgegen der
Konvention auch verwenden.
Die kanadische Köchin und
Autorin Jennifer McLagan
hat mit „Bitter“ ein ganzes
Buch über die ungeliebte
Geschmacksrichtung
geschrieben. Ihre Mission:
die köstlichen Facetten des
Bitteren aufzuzeigen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein
Kochbuch über die – ich würde sagen –
unbeliebteste Geschmacksrichtung zu
schreiben?
Ich suche mir Themen aus, die nicht gerade populär sind. Unter anderem habe ich
ein Buch über Knochen und eines über
38 | FRISCH | FEB 15
tierisches Fett geschrieben. Bitter war für
mich immer interessant. Ich bin damit aufgewachsen, Grapefruit zum Frühstück zu
essen. Damals gab es weiße Grapefruits,
die richtig bitter waren. Heute haben wir
in Nordamerika nur mehr die rosa Grape­
fruits, aus denen alle bitteren Komponenten
weggezüchtet wurden, sodass sie nur mehr
süß sind. Die Leute müssen verstehen: Bitter bedeutet nicht, dass das ganze Gericht
bitter schmeckt, aber man braucht die Geschmacksrichtung, um die Aromen zu balancieren, um sie interessanter und komplexer zu machen. Bitterkeit bewirkt genau
das, wenn sie fehlt, wird ein Gericht weniger interessant. Ein weiterer Punkt ist, dass
in Amerika gerade bittere Cocktails auf dem
Vormarsch sind. Immer mehr Leute stellen
ihre eigenen Bitter her. Ich dachte, wenn die
Leute es so gerne trinken, ist der nächste
Schritt, bitter in die Küche zu bringen.
Was verbinden wir mit bitter? Welche
Emotionen rufen bittere Speisen und
Drinks hervor?
Das Interessante an bitter ist, dass es eine
wirklich erwachsene Geschmackrichtung
ist. Man mag bitter nicht von Anfang an,
sondern muss lernen, es zu mögen. Bitter
wirkt sich auf den Stoffwechsel und das
Nervensystem aus, man fühlt sich dadurch
besser.
Oft reagiert man negativ, weil bitter ein Gift
signalisieren kann. Giftige Substanzen sind
normalerweise extrem bitter. Aber die Menschen lernen, dass in großen Mengen alles
giftig ist, die Dosis macht das Gift, sagt man
in der Toxikologie. Bei Koffein ist das zum
Beispiel der Fall oder bei Chinin. In allen
Kulturen hat man gelernt, die medizinischen
Benefits von bitterem Gemüse zu schätzen.
Durchs Kochen wird Gemüse weniger bitter,
erhält aber medizinische Eigenschaften. In
einigen Ländern gibt es noch eine große Tradition des Pflanzensammelns. Wildpflanzen
wie wilder Salat ist wesentlich bitterer als
kultivierter.
Gibt es etwas, das alle bitteren Stoffe
gemeinsam haben? Wie wissen wir, dass
etwas bitter ist?
Genau das ist es, was bitter zur interessantesten Geschmacksrichtung macht: Jeder hat
dafür eine andere Definition. Einige Dinge
finden fast alle Menschen bitter, Bittermelone zum Beispiel. Hopfiges Bier empfinden
auch fast alle Menschen als bitter, ebenso
Kaffee und 99%-ige Schokolade. Bei Dingen
wie Kohlsprossen oder Sellerie sieht das
anders aus, nicht alle Leute sind sich einig,
dass diese Gemüsesorten bitter sind. „Bitter“ ist auch eine ungenaue Beschreibung,
Kren oder Rucola sind zum Beipiel eher adstringierend, Tee dagegen schmeckt bitter
wegen seines Tanningehalts.
Welche Rolle spielt die Temperatur einer
Speise oder eines Getränks bei der Wahrnehmung von Bitterem?
Man kann den Bittergeschmack abschwächen, indem man die Speisen sehr kalt serviert. Das ist natürlich nicht immer möglich, vor allem, wenn es um warme Gerichte
geht. Aber bei Cocktails wie Campari ist das
sehr praktisch. Gemüse wird weniger bitter,
wenn man es blanchiert. Dabei gehen natürlich auch Vitamine und Mineralien verloren. Der andere Weg, die Bitterkeit zu reduzieren, ist Salz. Salz und Fett reduzieren
den bitteren Geschmack.
Das heißt, wenn ein Gericht zu bitter
geworden ist, kann man einfach ein wenig
Salz hinzufügen?
Naja, wenn etwas zu bitter geworden ist,
hat man schon falsch angefangen. Wenn
die Zutaten sehr bitter sind, nimmt man
einfach weniger davon. Oder man fügt Fett
hinzu. Löwenzahnsalat mit einem warmen
Speckdressing und gebratenem Speck – das
fetthaltige Dressing macht den Löwenzahn
weniger bitter.
Glauben Sie, bitter wird den Mainstream je
erreichen wie süß oder salzig?
© Starmühler Agentur & Verlag / Sofie Mayer, Rob Fiocca
Der erwachsene
Geschmack
KÜCHE & KOCHEN GESCHMACK
Wahrscheinlich nicht, aber ich glaube, es
wird populärer, je mehr sich die Leute mit
dem Essen auseinandersetzen. Heute sind
alle verrückt nach gesunder Ernährung und
in Gemüse stecken jede Menge gesunde
Stoffe, die bitter sind – all diese Phytochemikalien und Antioxidantien. Das Bittere in
Pflanzen hält Tiere davon ab, die Pflanzen
zu fressen, gleichzeitig sind diese Antioxidantien und andere Stoffe wirklich gut für
den Körper.
Bitter muss man allerdings lieben lernen,
daher wird es wohl nie wirklich Mainstream
werden, eher eine Art Kult.
» Man mag bitter
nicht von Anfang an,
sondern muss lernen,
es zu mögen. «
Jennifer McLagan, Köchin & Autorin
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KÜCHE & KOCHEN FLEISCHSACHE
0,9 kg
Abschnitt
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Karree
2,9 kg
Karreerose
Der Preisunterschied zwischen Karree und Karreerose liegt meist um die 10 %. Lohnt
es sich deshalb, ein Karree zu kaufen und selbst zuzuputzen? In der Regel nicht.
Das Karree besitzt noch die Bauchkette und den sogenannten Deckel am Karreeanfang. Wenn Sie aus dem Karree Steaks oder Schnitzel schneiden wollen, müssen Sie
sowohl Bauchkette als auch Deckel entfernen, d. h., Sie haben zwischen 700 g und
1.000 g Abschnitt (rund 20 % vom Gesamtgewicht). Diese Abschnitte können Sie
nur mehr für Faschiertes oder für das Ansetzen von Saucen verwenden.
Die Karreerose ist von Anfang bis Ende gleichmäßig dick. Sie wurde von Bauchkette
und Deckel befreit und muss nicht mehr zugeputzt werden, d. h., Sie haben bei
der Karreerose überhaupt keine Abschnitte. Sie eignet sich perfekt zum Schneiden
gleichmäßiger Schnitzel oder hochwertiger Steaks.
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BLUTSBRÜDER
KULINARISCHE PHYSIK
KÜCHE & KOCHEN
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WERNER GRUBER ist Lektor für Experimentalphysik an der Universität
Wien und leitet die Planetarien der
Stadt Wien. Sein Steckenpferd ist
die „kulinarische Physik“, die sich
mit den physikalischen Vorgängen
beim Kochen beschäftigt.
Fette Fische
Werner Gruber über die Unterschiede beim Fett,
die dafür sorgen, dass Fisch so gesund ist.
W
arum ist Fisch gesund? Es geht dabei vor allem um die Fettsäuren.
Es gibt gesättigte und ungesättigte Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren
befinden sich z. B. in der Butter. Der wissenschaftliche Unterschied
ist: Fette bestehen wie alles andere aus Molekülen. Diese sind langgestreckt und
bestehen aus 6–26 Kohlenstoffatomen. Manche dieser Kohlenwasserstoffverbindungen haben einen Knick. So unterscheidet man zwischen ungesättigten
und gesättigten Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren sind gerade, ganz ohne Knick.
Bei den ungesättigten gibt es einfach- oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren, je
nachdem, ob die Moleküle einen oder mehrere Knicke aufweisen.
Wie erkennt man, ob eine Fettsäure ungesättigt oder gesättigt ist? Stellen Sie das
Fett einfach in den Kühlschrank. Fett mit ungesättigten Fettsäuren flockt nicht
aus. Butter ist ein Beispiel für gesättigte Fettsäuren. Da diese keinen Knick haben,
legen sich die Moleküle schön aneinander. Es kann leichter zur Kristallstruktur kommen. Dadurch wird
die Butter hart.
Fisch hat einen hohen Anteil an
ungesättigten Fettsäuren. Und die
Ernährungsphysiologie ist der AnGESÄTTIGTE FETTSÄUREN (OBEN) HABEN KEINEN KNICK,
sicht, dass wir genau diese, also vor
UNGESÄTTIGTE (UNTEN) EINEN ODER SOGAR MEHRERE.
allem Fette mit Knick in den MoleSIE SIND DIE ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCH EMPFEHLENS­
WERTEREN UND IN FISCH REICHLICH ENTHALTEN.
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Pulpo
auf TomatenFeigen-­K ompott
1x Fenchel
klein, in Scheiben
geschnitten
1 EL Fenchel­
samen
~ 800 g Oktopus
klein,
in Scheiben
geschnitten
€
+
+
+
+
+
+
3,50
pro Por t ion
1 Zwiebel (klein, in Scheiben)
5 Knoblauchzehen (angedr
1 Schuss Oliven l
0,2 l Wei wein (trocken)
1 Lorbeerblatt
1 TL Pfefferk rner
ckt)
3 EL
Pinienkerne
6x gr ne Feigen
geh utet &
geviertelt
+
+
+
+
+
Rezept auf
kroeswang.at
42 | FRISCH | FEB 15
1 EL Meersalz (grob)
1 Zwiebel (fein gehackt)
4 EL Oliven l
1 EL Balsamicoessig (alt)
Salz, Pfeffer (frisch gemahlen)
6x Strauchtomaten
reif, gehautet
SCHNITTMENGEN
KÜCHE & KOCHEN
Pulpo-Gulasch
mit Bohnen & Chorizo
1/2 Limette
200 g Chorizo
in Scheiben
geschnitten
~ 800 g Oktopus
+
+
+
+
+
+
+
+
klein,
in Scheiben
geschnitten
€
250 g wei e
Bohnen
3 Schalotten
2 Knoblauchzehen
2 EL Paprikapulver (edels )
100 ml Noilly Prat
1,5 l Fisch-/Gem sefond
Salz, Pfeffer, Kreuzk mmel
Piment, Lorbeerblatt
frischer Koriander
4,50
pro Por t ion
© Theresa Schrems
ber Nacht eingeweicht
Rezept auf
kroeswang.at
FEB 15 | FRISCH | 43
KÜCHE & KOCHEN SCHNITTMENGEN
Steinbutt
3 Tomaten
in Wei wein-Sahne-Sauce
+
+
+
+
1 Bund Petersilie (fein
20 ml Gem sebr he
3 EL Zucker
Salz, Butter
geh utet, entkernt,
fein gehackt
gehackt)
+ 250 g Butter
(kalt)
+ 1 Prise Fleur de Sel
+ wei er Pfeffer (frisch
4 Steinbuttfilets
je 180 g
3 Stangen
Lauch
in Rauten
geschnitten
200 ml
Wei wein
+ 250 ml Ol
€
Rezept auf
kroeswang.at
13,50
+
+
+
+
4 Schalotten (gew rfelt)
200 ml Fischfond
80 ml Sahne
Butter, Salz
pro Por t ion
© Theresa Schrems
2 gro e
Kartoffeln
44 | FRISCH | FEB 15
gemahlen)
SCHNITTMENGEN
KÜCHE & KOCHEN
Steinbutt
+ 2cl Pernot
+ Oliven l
unter der Prosciutto-Sesam-­K ruste
auf Rollgerste-Kokos-Risotto
100 g
Prosciutto
Sesam-­
Mix
in feine Streifen
geschnitten
100 g
Rollgerste
4 Steinbuttfilets
je 180 g
+ 1/2 Zitrone
(Saft)
+ Meersalz, Zitronenpfeffer
+ Oliven l
2 EL
Koriander
€
250 ml
Kokosmilch
+
+
+
+
+
+
+
150 ml Fischfond
1 Limone (Saft, geriebene Schale)
4 EL Oliven l
30 g Butter
1 1/2 EL geschlagene Sahne
Pfeffer (frisch gerieben)
Koriander (garnieren)
14, 50
pro Por t ion
Rezept auf
kroeswang.at
FEB 15 | FRISCH | 45
KNOW-HOW
& KALENDER
Termine, ,
Websites
Bücher
TERMIN
KRÖSWANG Akademie
BUCH
GETREIDE UND HÜLSEN­­
FRÜCHTE: WISSENS­
WERTES FÜR DEN
KÜCHENALLTAG RUND
UM DINKEL, SOJA & CO.
ROH
Vegane Ernährung ist einer der
aktuellen Megatrends – auch in
der Gastronomie. Getreide und
Hülsenfrüchte spielen für diese
Ernährungsform eine zentrale
Rolle. Ernährungsexperte und
Gesundheitswissenschaftler
Siegfried Wintgen geht auf
Geschichte, Herkunft, Inhalt
und Wirkung aller Getreidesorten
und Hülsenfrüchte ein. Großes
Augenmerk legt der Referent auf
die Verwendungsmöglichkeiten in
der Gastronomie, außerdem wird
das Thema Nahrungsmittelunverträglichkeiten angeschnitten.
Ein aktuelles Thema mit einem
hochkompetenten Referenten.
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In Roh! beleuchten Hubertus
Tzschirner und Thomas A. Vilgis
das Trend-Thema Rohkost neu,
sorgen für Aufklärung, adaptieren
Ursprüngliches für unsere heutige
Küche und bringen es somit wieder auf unsere Teller. Dabei geht
abermals die Wissenschaft Hand
in Hand mit heutiger Kulinarik.
Mit fundiertem Wissen und zeitgemäßen, eigenständigen Gerichten
entsteht so eine völlig neue Definition von roh. Zudem erfährt der Leser das nötige Hintergrundwissen
zum Vitaminerhalt, der richtigen
Ernährung, den gesundheitlichen
Unverträglichkeiten und möglichen
Risiken einer auf Rohkost basierenden Ernährungsweise.
Roh! Die neue Definition von Rohkost,
Hubertus Tzschirner, Thomas A. Vilgis,
Daniel Esswein (Fotos), 49,95 EUR,
208 Seiten, ISBN 978-3-7716-4547-2
46 | FRISCH | FEB 15
BITTER
Während Bitteres bei uns meist
zugunsten von Süßem oder Salzigem verschmäht wird, kündigt sich
in Amerika durch die steigende
Beliebtheit von Craft-Bier, Rucola
und Cocktails mit Campari und Absinth ein kleiner Bitter-­Siegeszug
an. Die Köchin Jennifer McLagan
spezialisiert sich auf wenig beliebte Lebensmittel: Nach einem Buch
über Fett, einem über Knochen
und einem über Fleischabfälle hat
sie sich nun dem Bitteren gewidmet und legt ein spannendes Buch
mit einer Vielzahl an Rezepten,
Essays und Hintergrundinformationen zum bitteren Geschmack
vor. Bisher ist das Buch nur auf
Englisch erhältlich.
Bitter: A Taste of the World’s Most
Dangerous Flavor, with Recipes,
Jennifer McLagan, 22,87 EUR,
272 Seiten, Ten Speed Press,
ISBN 978-1-60774-516-7
SUPER, SUPPER!
Supper.mx ist zugleich Online­
magazin und App für den Musikstreamingdienst Spotify. Köche,
Gastronomen und Musiker präsentieren hier ihre Rezepte und die
dazupassende Musik. Pro Rezept
der teils berühmten Chefs gibt es
zwei Playlists: eine fürs Kochen
und eine für den Gastraum. Die
Musik kann man via Spotify
gleich online streamen. Hierzulande muss man sich vorerst aufs
Hören in der Küche beschränken,
da Spotify zur Beschallung des
Gastraums noch nicht erlaubt ist.
Oder man lässt sich von den Playlists inspirieren und baut daraus
den eigenen Mix fürs Lokal nach.
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Montag, 2. März, 15–18 Uhr
KRÖSWANG, Würthstraße 5
3071 Böheimkirchen
Dienstag, 3. März, 15–18 Uhr
KRÖSWANG, Kickendorf 8
4710 Grieskirchen
Montag, 9. März 2015, 15–18 Uhr
Josefinenhof ThermenParkHotel
Kadischenallee 8
9504 Warmbad-Villach
Infos und Anmeldung unter
kroeswang.at
© Foto Stefan Zenzmaier, Verlage, Website
BUCH
OBJEKT
IF DOGS RUN FREE
In der Wiener Bar If Dogs Run Free bleibt der Blick unweigerlich an der Decke haften. Das kunstvolle Decken­
element der Architekten Gregorio Lubroth und Chieh-shu
Tzou stellt ein Gebirge dar und hat vor allem dekorative
Funktion. Dennoch verbessert die Stahlunterkonstruktion
mit Leichtschaumplatten auch die Raumakustik. Die vielen Flächen in verschiedenen Neigungen zerstreuen den
Schall, wodurch der Hall reduziert und der Geräusch­
pegel verbessert wird.
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Ohr erfreuen.
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KNOW-HOW & KALENDER BETRIEB
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48 | FRISCH | FEB 15
e
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D
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große Frage für viele
Wirte: Ruhe oder Musik
im Gastraum? Generell wird
die richtige Hintergrundmusik
von Gästen durchaus geschätzt. Daneben sollte man Besuchern aber auch
ein „Recht auf Stille“ einräumen. Eindeutig
fest steht: Zu laute Musik ist ein absolutes No
go. Niemand möchte mit Ohrenstöpseln beim
Essen sitzen oder – schlimmer noch – ohne,
wenn sie eigentlich nötig wären. Der amerikanische Branchendienst Zagat untersuchte
15.000 Restaurantbewertungen und fand heraus, dass laute Musik nach schlechtem Ser-
vice die zweithäufigste Beanstandung der Gäste war. Art und Tempo der Hintergrundmusik
im Lokal haben durchaus Einfluss auf das
Verhalten der Gäste, wie verschiedene Studien zeigen. Bei langsamer Musik bleiben Gäste
länger im Lokal und geben mehr aus, wie eine
schottische Studie zeigt. Im Schnitt verweilten die Gäste bei langsamer Musik 96 Minuten im Test-Restaurant und gaben 35 € aus, bei
schneller Musik blieben sie 82 Minuten und
gaben 28 € aus. Einer anderen, australischen
Studie zufolge saß das Geld bei Gästen eines
populären Sydneyer Restaurants am lockersten, wenn Jazz gespielt wurde, gefolgt von Pop
und Klassik. Mit Abstand am wenigsten Geld
gaben die Gäste aus, wenn gar keine Musik
lief. Natürlich hängt das auch von der Zielgruppe ab, eine feierfreudige Après-Ski-Meu-
te schlägt
man mit Miles
Davis eher in die Flucht.
IPAD DRAN UND FERTIG?
Scheinen Streamingdienste wie Spotify auf
den ersten Blick geeignet zur günstigen Beschallung des Betriebs, kehrt schnell Ernüchterung ein: Für den kommerziellen Gebrauch ist
Spotify vorerst nicht erlaubt, da es dazu keine
Lizenzvereinbarungen mit den Verwertungsgesellschaften gibt. Wer keine rechtlichen Probleme möchte, wendet sich an Anbieter wie
Reditune. Das Salzburger Unternehmen ist auf
Hintergrundbeschallung spezialisiert und vermietet Musikcomputer für Gastronomie und
Hotellerie. „Mit einem Musikcomputer >
FEB 15 | FRISCH | 49
KNOW-HOW & KALENDER BETRIEB
Die Sitzbänke und Stühle in The Room sind mit
Stoff überzogen. Sieht gut aus, absorbiert Schall
und verbessert so die Akustik.
> kann man bis zu fünf Zonen im Lokal unterschiedlich bespielen und das musikalische
Konzept über den Tag hinweg minutengenau
timen“, erklärt Jürgen Lichtmanegger von Reditune. Neben vorgefertigten Playlists bieten
Musikcomputer auch die Möglichkeit, selbst
Playlists zu erstellen. Neue Songs kommen per
Online-Update oder, wenn man keine Einbindung ins eigene Netzwerk möchte, auf einem
Datenträger per Post. Einstiegspreise für Online-Player liegen bei knapp 100 € im Monat,
Offline-Systeme kommen günstiger. Das Um
und Auf ist laut Lichtenegger, dass die Musik zum Ambiente passt. „Man muss darauf
achten, dass die Musik dezidiert die Färbung
der Möbel hat. In der Holzstube für Zigarrenraucher benützen wir heimelige, warme Musik, die wirklich erdig klingt. In einer Lobby,
die weiß gestrichen und modern gestaltet ist,
passen eher coolere elektronische Klänge. Eine
Zirbenstube bespielen wir gern einmal mit
Zither- oder Harfenmusik, während in einen
größeren Saal durchaus auch Blasmusik passt.“
Da stellt sich nur mehr die Frage, ob man in der
urigen Zirbenstube nicht gleich eine Stubnmusi auftreten lassen sollte.
VOM BAND ODER VON DER BAND?
„Livemusik kommt ganz anders rüber und ist
werbewirksamer“, ist Ralf Enseleit vom Asitzbräu in Leogang überzeugt. Das höchstgelegene
Brauhaus Europas gehört zum Hotel Krallerhof
in Leogang. Um den 2010 eröffneten Betrieb bekannter zu machen, hat man sich bewusst für
Livemusik entschieden. „An vier Tagen in der
Spezielle Wandvertäfelungen mit Filz wirken
sich positiv auf den Klang im Raum aus.
Woche gibt es bei uns Livemusik mit bekannten
Musikern und Bands aus der Region. Im ersten
Winter haben wir fast nichts oben gemacht, im
zweiten Winter haben wir mit Livemusik begonnen und die Resonanz war positiv.“ Die Musikanlage im Asitzbräu war bereits vorhanden,
für die Livemusik wird sie aber meistens nicht
benötigt. „Bei uns spielen alle unplugged, die
gehen von Tisch zu Tisch.“ Die Technik kommt
trotzdem nicht zu kurz, via Videowand kann
die Musik auf alle Etagen des Lokals übertragen werden. Bei großen Festen wie zu Silvester
wird zudem mit Verstärker gearbeitet. Enseleit
schätzt die Kosten für die Livemusik ohne
AKM-Gebühren (siehe Kasten) und Nebenkosten auf rund 20.000 € pro Winter. Eine Ausgabe,
die sich für ihn auf jeden Fall bezahlt macht:
„Die Livemusik wird bei den Bergbahnen, in
© Söhne & Partner Architekten, Shutterstock
Fließenboden wie bei The Room ist in
puncto Schall nicht die beste Lösung, aber
die insgesamt gute Akustik verkraftet es.
Bezirkszeitungen und auf Flyern und Plakaten
beworben. Der ORF hatte hier seinen Sonntags-Frühschoppen. Die Verweildauer der Gäste
ist länger und die Umsätze sind gestiegen.“
Für urbanen Dining-Sound steht dagegen The
Room in Wien-Landstraße. Seit September
2014 betreiben Lukas Grünbichler und Joachim Bankel das Restaurant samt Bar in den
wiedereröffneten Sofiensälen. Welche Musik
die junge Klientel hören möchte, wissen die
beiden, haben sie sich doch unter anderem mit
der Babenberger Passage einen Namen in der
Clubszene gemacht. „Untertags läuft bei uns
Onlinemusik von Radio Superfly, dabei können wir aus vier verschiedenen Streams – von
Easy Listening bis Club – wählen.“ Abends
wird unter der Woche mit fertigen Musikmixes von DJs gearbeitet, dabei geht es housiger
Unter der Akustikdecke befindet sich
eine abgehängte Decke mit Deckenfeldern, die mit Akustik-Spritzputz
verputzt wurden.
zu als untertags. Am Wochenende legen LiveDJs auf. „Im Lokal gibt es verschiedene Zonen,
wo wir die Lautstärke unterschiedlich regeln
können. Beim DJ-Pult und bei der Bar ist es
lauter, im Lounge-Bereich leiser“, so Grünbichler. Fast 40 Boxen verteilen den Sound im
Lokal, gespart wurde dabei nicht: „Die ganze
Tonanlage hat sicher 40.000–50.000 € gekostet.“ Dass die Macher von The Room mit ihrem Club-Background hohe Ansprüche an die
Musikanlage haben und ein durchschnittlicher Restaurantbetreiber sich nicht verschulden muss, um seinen Betrieb zu beschallen,
steht außer Frage. Ein solides Einstiegsset
zur Grundbeschallung, bestehend aus sechs
Satelliten-Lautsprechern, Subwoofer und nebengeräuschfreiem Verstärker, kostet beim
Online-Versandhändler Thomann 2.075 €,
Die Musik ist in verschiedenen Zonen
des Restaurants unterschiedlich laut.
In den Logen, wo man ungestört
reden will, ist sie leiser als an der Bar.
Beschallungsanlage
Ein Grundbeschallungssystem sollte zumindest aus sechs Lautsprechern, einem Subwoofer und einem Verstärker bestehen. Um
aus Quellen wie Laptop, Musikcomputer
oder CD-Player abzuspielen, ist auch eine
Mischeinheit nötig. Die Kosten für solide
Einstiegssets liegen hier bei 2.000–2.500 €.
eine Mischeinheit, um vom Laptop oder anderen Quellen Musik abzuspielen, 139 €. Ob
Stubnmusi, DJ oder Radio, ein Kostenfixpunkt für den Gastronomen sind AKM- und
Leistungsschutzgebühren. Sobald öffentlich,
also auch im Gastraum, Musik läuft, sind die>
se Gebühren zu bezahlen.
KNOW-HOW & KALENDER BETRIEB
» Man muss darauf
achten, dass die
Musik die Färbung
der Möbel hat. «
Jürgen Lichtmanegger, Reditune
HIT
passende Musik
FLOP
zum Stil des Lokals wählen
richtige Lizenz
der
Tageszeit
anpassen
Musik
nicht zu laut
drehen
in eine
gute Musikanlage
investieren
keine Dauerschleife
sorgen Sie für Abwechslung
Tontechniker
Kellner = DJ
zu Rate ziehen
zumindest nicht auf Dauer
MUSIKALISCHES MARKETING
Eine perfekt abgestimmte Playlist samt toller
Anlage nützt nichts, wenn es im Raum hallt
und schallt. Deckenpaneele und Absorberplatten können helfen, den richtigen Sound zu
kreieren. Bei The Room konnte man architektonisch auf die Akustik wenig Rücksicht nehmen. „Die Raumstruktur mit den Nischen, in
die wir die erhöhten Sitzlogen gebaut haben,
war durch die alten Sofiensäle schon vorhanden “, so Lukas Grünbichler. Eine Akustikdecke dient als Abgrenzung zum darüberliegenden Bereich – einer abgehängten Decke mit
Deckenfeldern, die mit Akustikspritzputz
bespritzt wurden. „Das wirkt sich wirklich
klangverbessernd aus, wobei wir auch vorher
wenig Hall hatten. Die Sitzmöbel und Bänke
sind mit Stoff überzogen, weil es uns besser
gefällt als Kunstleder. Auch das hat gute Auswirkungen auf die Akustik“, so Grünbichler.
Ein gutes musikalisches Konzept wird rasch
zum Selbstläufer. Die Musik prägt die Marke
des Lokals. Beim Café del Mar in Ibiza haben
die legendären Chill-out-compilations die
Bekanntheit des Lokals bereits überflügelt.
Auch die amerikanische Kaffeehauskette
Starbucks setzt Musik gezielt für das Marketing ein. Nicht nur hebt sie durch langsame, gemütliche Klänge die Verweildauer
der Gäste im Lokal, mittlerweile hat sie das
Konzept sogar umgedreht und bietet den
Starbucks-typischen Sound „to go“ an. Der
Kaffeehausgigant gründete 2007 gemeinsam
mit Concord Records sogar sein eigenes Label „Hear Music“, das unter anderem Paul
McCartney unter Vertrag hat. In Österreich
verbreitet unter anderem der Planters Club
in Wien sein Bar-Feeling mittels eigener
Compilations.
AKM
Autoren, Komponisten
und Musikverleger
AKM-Gebühren sind für jede öffentliche
Aufführung zu zahlen, also auch für Restaurants oder Events mit gastronomischem
Charakter. Die Höhe der Gebühren richtet
sich nach der Größe des Lokals und der
Besucherfrequenz.
Kostenbeispiel: Für ein Lokal mit durchschnittlich 80 Gästen pro Tag und einem Ruhetag
verrechnet die AKM mit allen Zusatzgebühren
76,55 € (exkl. Mwst.) pro Monat.
Detailinformationen: www.akm.at
Auch Musikanbieter wie Reditune sind bei
der AKM-Anmeldung behilflich.
© Shutterstock, Martin Joppen
> SOUNDS GOOD
PIERRE NIERHAUS
KNOW-HOW & KALENDER
PIERRE NIERHAUS ist Berater,
Konzeptentwickler, Trendexperte
und Spezialist für die Findung und
Implementierung von weltweiten
Innovationen in der Foodservice- und
Hospitality-Industrie.
In der
Soundfalle
Z
u laut, zu leise, fies klirrende Höhen oder grummelig dröhnende Bässe: Bei
Lokalbesuchen begegnet mir gerade beim Thema Musik manchmal noch eine
Wurstigkeit, die mich überrascht. Gästen ist der Sound eines Lokals weniger
egal: Da kann das Rindsschnitzel die perfekte Panade haben oder die Beilage genau
den richtigen Biss. Wenn dazu die aktuellen Dancefloor-Charts übersteuert aus den
Boxen schreien, wird das die wenigsten Gäste zum Wiederkommen animieren.
Denn Gastronomie verkauft nicht nur Essen und Getränke. Gastronomie verkauft
Lebensgefühl. Und für diese Mission ist Musik neben einem stimmigen Lichtkonzept und spannendem Design ein wesentlicher Faktor. Nicht umsonst gibt es
Lokale wie die Buddha Bar in Paris, die „ihre“ Musik als Marketinginstrument
einsetzt und eigene Compilations herausbringt. Sie schaffen mit der Musikprogrammierung eine Art Soundtrack für ihr Lokal, das die Marke stärkt und zu
einem wichtigen Wiedererkennungsfaktor wird.
Auf keinen Fall sollten also die Kellner die Anlage mit Playlists stark komprimierter MP3s aus dem Netz füttern. Die Musikprogrammierung ist Chefsache und
muss einer Strategie folgen. Sie muss zum Lokalkonzept passen und die richtige
Atmosphäre schaffen. Damit das gelingt, muss man sie auch hören können. Lokalbetreiber sollten deshalb nicht an der Musikanlage sparen. Für die richtige Einstellung wendet man sich besser an Profis. Aber ein paar einfache Faustregeln gibt
es: Eine Anlage mit großem Leistungsvolumen liefert leise gestellt besseren Sound
als eine zu schwache. Und zur besseren Sprachverständlichkeit sollte man viele
kleine Boxen und einen Subwoofer verwenden. Bei Bars und Lounges ist etwas
mehr Fingerspitzengefühl notwendig, damit die Gäste sich bei vollem Laden und
trotz heißer Musik noch unterhalten können. Wenn dieser Balanceakt aber gelingt,
werden die Gäste öfter wiederkommen und mehr konsumieren.
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15 | FRISCH | 53
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KNOW-HOW & KALENDER BRANCHE
54 | FRISCH | FEB 15
BRANCHE
KNOW-HOW & KALENDER
Credit Crunch
Die immer restriktivere Kreditvergabe der Geschäftsbanken zwingt Gastronomen zu
kreativen Finanzierungslösungen. Crowdinvesting ist nur eine davon.
D
© Shutterstock
as Geld fließt dieser Tage zäh. In keiner Branche aber wohl zäher als in
der Gastronomie. Mit Basel III gelten seit einem Jahr noch strengere
Eigenkapitalvorschriften für die heimischen
Banken. Damit ist auch die Kreditvergabe noch
restriktiver geworden. „Fragen nach den Risiken und Sicherheiten werden für die geldgebenden Banken immer bestimmender“, erklärt
DI Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer des
Austria Wirtschaftsservice (AWS), der Förderbank des Bundes, die bezeichnenderweise
keine Gastro-Finanzierungen anbietet. Und die
Risiken sind in der Gastronomie bekanntermaßen beträchtlich. „Deshalb ist ein Bankkredit
das Schwierigste überhaupt“, sagt Franz Bern­
thaler, Geschäftsführer von Culinarius, einem
führenden Unternehmensberater für Gastronomiebetriebe. Steakkönig Andreas Flatscher,
der für April seine vierte Neueröffnung plant,
konstatiert gar: „Es ist heutzutage unmöglich,
als junger Mensch in der Gastronomie einen
Kredit zu bekommen“ (siehe Interview S. 58).
ALTERNATIVEN ZUM BANKKREDIT
Wie finanziert sich ein Wirt also anno 2015?
Typischerweise mit einem Mix verschiedener
Finanzierungsformen, wobei ohne eine gehöri-
ge Portion Eigenkapital gar nichts geht, weder
bei der Existenzgründung noch bei der Expansion. Selbst Georg Loichtl, der für die Gründung von „Burger Masta“ über Crowdinvesting
124.000 € einsammelte, finanzierte den ersten
Standort letztlich zu 70 % aus Eigenmitteln.
Bei den Foodtruckern von „Wrapstars“ war es
trotz Bankkredit immer noch ein Drittel.
Für die Expansion eines bestehenden Betriebs
sieht Andreas Flatscher neben der „gescheitesten Variante“ Eigenkapital im Wesentlichen drei Möglichkeiten: Die Finanzierung
aus dem Cashflow, also dem Nettogeldzufluss
des laufenden Geschäfts, „dann steuert vielleicht auch die Hausbank etwas bei“, und last
but not least den Lieferantenkredit: Im Gegenzug für die Verpflichtung, beim Lieferanten
über einen längeren Zeitraum für eine bestimmte Summe einzukaufen, gewährt dieser
unter Umständen ein Darlehen. „Vielleicht
sogar, ohne Zinsen dafür zu verrechnen.“
Flatscher bestritt auf diese Weise immerhin
100.000 € seines 600.000 € teuren Bistrots.
Wichtigste Voraussetzung dafür ist allerdings
ein gewachsenes Vertrauensverhältnis, weshalb Start-ups an einen Lieferantenkredit nur
schwer herankommen. Besonderen Charme
hat naturgemäß die Kapitalisierung über Familie und Freunde, als definitiv unkompli-
zierteste und günstigste Option, ebenso wie
die Einbindung von Geschäftspartnern als Investoren, die für ihre Einlage eine Beteiligung
am Unternehmen erhalten. Dazu kommt ein
buntes Sammelsurium an Förderungen, Zuschüssen und Haftungen, allen voran der besicherte ERP-Kleinkredit der Österreichischen
Hotel- und Tourismusbank für Investitionen
bis zu 100.000 €.
GELDQUELLE CROWD
Stark im Kommen sind alternative Finanzierungsformen wie Crowdfunding oder Crowd­
investing. Dabei versucht der Entrepreneur
eine große Zahl von Menschen (crowd) zumeist über Internetplattformen wie conda.at
von seiner Geschäftsidee zu überzeugen und
als Geldgeber zu gewinnen. „Burger Masta“
Georg Loichtl lukrierte auf diese Weise
durchschnittlich 1.160 € von jedem seiner
107 Crowdinvestoren. Nicht eingerechnet
ist darin der exorbitant hohe Werbewert, der
die öffentlichkeitswirksame Geldbeschaffung
über die Crowd so attraktiv macht. Das ist
auch den Machern der Puls4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ nicht entgangen: Aussichtsreiche Jungunternehmer buhlen darin um die
Gunst von Investoren.
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KNOW-HOW & KALENDER BRANCHE
Vorteile
_ großer Werbewert über hohe Medienpräsenz
_ Finanzierungssicherheit durch langfristige
Kapitalbindung
Nachteile
_ hohe Finanzierungskosten
_ relativ kleine Investments
_ großer Zeit- und Administrationsaufwand
(Akquise, Offenlegungspflicht gegenüber Investoren)
Crowdinvesting
„Burger Masta“
Investitionsvolumen für die ersten
beiden Standorte: 750.000 €
Crowdinvestoren: 107
Eingesammeltes Kapital: 124.000 €
Durchschnittliches Investment: 1.160 €
Der Marketingmasta
D
er Name ist Programm. Für den
„gutesten“ Burger der Welt ist Georg Loichtl nur das Beste gut genug.
Das Rindfleisch kommt von Bauern
aus dem Waldviertel, die Hühnerbrust von
glücklichen Hendln aus Kärnten. Bei den finanziellen Zutaten für sein Restaurant in der
Währinger Straße beschritt der selbsternannte „Burger Masta“ unkonventionelle Wege.
Trotz rund 300.000 € an Eigenkapital und
vier Mitgesellschaftern gewährten die Banken
nämlich allesamt keinen Kredit. „Leider war
mein Geschäftsmodell auch nicht förderbar“,
so Loichtl über seine Odyssee. Also begab
sich der Gastro-Veteran über die Crowdinvestment-Plattform conda.at auf Investorensuche.
56 | FRISCH | FEB 15
FINANZIERUNG & MARKETING IN EINEM
Mit unzähligen Informationsveranstaltungen
und einer kulinarischen Roadshow gelang es,
107 Geldgeber auf den Geschmack zu bringen.
Kumuliert 124.000 € stellten diese zur Verfügung – etwa 30 % der Gesamtkosten für den
ersten Standort. „Ein sehr zeitaufwendiges
Unterfangen, das fast ein Jahr gedauert hat“,
wie Loichtl anmerkt. Jeder der 107 Crowd­
investoren bindet sich dabei für zehn Jahre
an das Unternehmen und erhält dafür ein
sogenanntes Substanzgenussrecht, das ihm
oder ihr eine jährliche Gewinnbeteiligung
von 4 % garantiert. Zudem kassiert conda.at
als Vermittler eine einmalige Provision in der
Höhe von 7,5 % des aufgestellten Kapitals,
in diesem Fall also satte 9.300 €. Angesichts
dieser Zahlen überrascht das Resümee des
Gastronomen auch wenig: „Crowdinvestment
ist als Finanzierungsform wesentlich teurer
als ein klassischer Bankkredit.“ Unbezahlbar
ist laut Loichtl hingegen der enorme Werbeeffekt. „Wir haben diese Methode auch ganz
bewusst als Marketing-Tool eingesetzt und
der Erfolg gibt uns Recht.“ Auch der Bürgermeister (Häupl) machte dem „Burger Masta“
schließlich schon die Aufwartung. Bereits im
ersten regulären Geschäftsjahr will Loichtl in
die Gewinnzone vorstoßen. Das Konzept ist
klar auf Wachstum ausgerichtet: Im Februar
eröffnet die zweite Filiale.
© Helge Woell, Wrapsstars, Shutterstock
Um sein Restaurant „Burger Masta“ auszufinanzieren, zapfte
Flieger-Wirt Georg Loichtl die Crowd an. Hohen Finanzierungskosten
steht ein großer Werbewert gegenüber.
DIE „WRAPSTARS“
MATTHIAS KROISZ (MI.)
UND MARKO ERTL (RE.)
MIT IHREM KOCH
DAVID WEBER (LI.)
Bankkredit
Mama’s Boys
„Wrapstars“
Investitionsvolumen Foodtruck: 60.000 €
Kredithöhe: 30.000 €
+ 10.000 € Überziehungsrahmen
Eigenkapital: 20.000 €
Ihr Traum vom eigenen Foodtruck ging für die
„Wrapstars“ Marko Ertl und Matthias Kroisz nur dank
Bankkredit in Erfüllung – besichert zu 100 %.
M
arko Ertl und Matthias Kroisz
hatten eine Vision: „Fastfood
ohne Bullshit. Geiles Essen
ohne Verarsche.“ Soll heißen,
hochwertiges Fleisch und Biogemüse, kredenzt in feinen Wraps. Um ihren Traum unter die Leute zu bringen, setzten die beiden
Studenten auf eine Branchenrevolution: den
Foodtruck. Der rollt mit rund 60.000 € zwar
vergleichsweise günstig daher. Die 20.000 €
an Erspartem reichten dafür aber nicht. Nach
einigem Hin und Her entschieden sich die
Fastfood-Revolutionäre bei der Geldbeschaffung deshalb für den guten alten Bankkredit,
besichert zu 100 % durch die Familie. Der
ERP-Kleinkredit der Österreichischen Hotel-
und Tourismusbank wäre laut Matthias Kroisz
zwar auch eine Möglichkeit gewesen. „Die Abwicklung dauert aber vier bis sechs Monate.
Somit kam für uns nur ein Bankkredit in Frage.
Ein paar Wochen, und du hast die Kohle.“
GESICHERTE LIQUIDITÄT & FEHLERTOLERANZ
Abgestottert wird der variabel verzinste Kredit über fünf Jahre, wobei die Bank aufgrund
der Besicherung keinerlei Risiko trägt. Alternative Finanzierungsformen wie Crowdfunding oder ein Investor erschienen den „Wrapstars“ zu kompliziert und zu zeitaufwendig
für ihr Projekt. Seit Oktober 2013 touren sie
nun durch Wien und sind froh, keinem Geld-
geber rechenschaftspflichtig zu sein. Die
gastronomische Selbstständigkeit hat mitunter ihre Tücken: „Wir haben uns am Anfang bei der Portionierung vertan, wodurch
der Wareneinsatz aus dem Ruder lief.“ Das
Hauptproblem ist angesichts bürokratischer
Hürden und der niedergelassenen Konkurrenz
das Finden attraktiver Standplätze. Deshalb
schwächelt das Tagesgeschäft auch. „Was uns
rettet, sind die Caterings, mit denen wir ein
Drittel unseres Umsatzes erwirtschaften.“ Im
Geschäftsjahr 2014 waren das etwa 120.000 €.
„Wir geben uns drei Jahre Zeit, um davon leben
zu können“, sagt „Wrapstar“ Kroisz bescheiden. Vielleicht bekommt die „Mama’s Boys
GmbH“ dann einen neuen Namen.
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KNOW-HOW & KALENDER BRANCHE
Wir setzen auf
Kraut-­Funding
Andreas Flatscher eröffnete
1998 sein erstes Lokal. Zum
Fix­stern am Wiener Wirts­
haushimmel avancierte er mit
seinem Steak-Restaurant in
der Kaiserstraße. Bei der
Finanzierung gibt sich der
Vollblutgastronom kreativ.
Und wie war das 2011 bei „Flatschers
Restaurant“ in der Kaiserstraße?
Ein Spießrutenlauf. Nachdem mir sieben
Banken abgesagt haben, obwohl ich mit der
„Wäscherei“ ja ziemlich erfolgreich war,
hat mir die Bawag P.S.K. dann doch noch
die dafür nötigen 100.000 € finanziert. Dazu
kamen gut 200.000 € an Eigenkapital. Es ist
heutzutage unmöglich, als junger Mensch in
der Gastronomie einen Kredit zu bekommen.
Das stellt natürlich auch eine massive Markteintrittsbarriere für Nachwuchsgastronomen
dar, die nicht aus dem Geldadel kommen –
sprich: wo der Papi zahlt. Du kannst dich
gastronomisch eigentlich fast nicht mehr
selbstständig machen, wofür in erster Linie
die Banken – Stichwort Basel II und III – verantwortlich sind.
Was würden Sie einem Jungen raten, der es
dennoch wagen möchte?
Bei einem guten Arbeitgeber drei, vier, fünf
Jahre in der Restaurantleitung mitzuarbeiten,
um das Geschäft von der Pieke auf zu lernen,
und dann, wenn mir ein gutes Konzept vorschwebt, meinen Chef eventuell zu fragen, ob
er es mit mir gemeinsam umsetzen möchte.
Zur Erschließung von alternativen Geldquellen würde ich vor allem mit meiner Familie
und Freunden reden.
Was halten Sie von Crowdfunding?
Ist, finde ich, eine großartige Idee. Für die
„Flotte Charlotte“ setzen wir allerdings auf
Kraut-Funding. Zehn Mitarbeiter werden bewaffnet mit Blechsparbüchsen durch die Mariahilfer und die Kärntner Straße spazieren.
Jeder, der uns eine Spende gibt, bekommt
einen Krautsalat und einen Gutschein für
ein Seidl und eine Currywurst. Davon erwarte ich mir ungefähr 10.000 €, auf die ich
mich wirklich freue. Wir haben im Restaurant nämlich gerade eine neue Lüftung um
125.000 € installiert, mit dem Bistrot ein
neues Lokal für 600.000 € hingebaut und expandieren auch am Hauptstandort.
Wie kann man heute als Wirt Expansion
finanzieren?
In erster Linie über den Cashflow. Wenn das
Geschäft gut läuft, steuert vielleicht auch die
Hausbank etwas bei. Grundsätzlich ist das Gescheiteste aber sicher eine Finanzierung aus
Eigenmitteln. Und dann gibt es natürlich noch
die Möglichkeit von Lieferantenkrediten. Mir
hat zum Beispiel einer meiner Hauptlieferanten
ein zinsloses Darlehen über 100.000 € gewährt,
das ich jetzt über 3 ½ Jahre in monatlichen Raten zurückzahle. Das bekommst du aber nur,
wenn dir der Lieferant auch wirklich vertraut.
Für Sie als Unternehmer, was ist das größte
Problem in der Gastronomie?
Dass du zuerst einmal ein paar Hunderttausend Euro fix investieren musst, ohne vorher
zu wissen, ob dein Konzept vom Markt aufgenommen wird. Die Chance ist immer 50:50,
egal, wie gut du bist. Alles andere ist Lüge.
Organisches Wachstum von innen heraus ist
in der Gastronomie nicht möglich. Du kannst
nicht einfach einmal fünf Tische hinstellen,
und wenn den Leuten das Essen schmeckt,
anschließend das Lokal drumherum bauen.
Und wenn das Konzept vom Markt nicht
angenommen wird?
Dann gehst du in Konkurs, und das war es
dann in Österreich. Im Gegensatz zu den USA
haben wir leider keine Kultur des Scheiterns.
In Amerika wirst du entschuldet, startest neu,
wirst vielleicht Multimilliardär. Bei uns wirst
du stigmatisiert. Wir sind
immer noch
kein Unternehmerland.
Video auf
kroeswang.at
Leider.
Impressum Medieninhaber und Herausgeber: KRÖSWANG GmbH, Kickendorf 8, 4710 Grieskirchen, T: +43 (7248) 685 94, F: +43 (7248) 685 94-4, E: grieskirchen­@kroeswang.at,
www.kroeswang.at Unternehmens­gegenstand: Lebensmittelgroßhandel Chefredaktion: Mag. Thomas Holl Grafik, Redaktion & Produktion: Starmühler Agentur & Verlag, Schellinggasse 1, 1010 Wien,
www.starmuehler.at Redakteure dieser Ausgabe: Thomas Edlinger, Sonja Fehrer-Wohlfahrt, Martin Foszczynski, Andreas Knapp, Christoph Rösch, Cornelia Wild Grafik: Sofie Mayer Lektorat: Susanne
Spreitzer Druck: DTG Druckservice, Gewerbepark Stritzing 20, 4710 St. Georgen/Grieskirchen Cover: Shutterstock
58 | FRISCH | FEB 15
© Teresa Zoetl
Herr Flatscher, wie haben Sie Ihr erstes Lokal, die legendäre „Wäscherei“, finanziert?
Damals haben die Banken noch ein bisschen
Geld vergeben. Ich konnte meinen Onkel
dazu überreden, sich mit einer Mio. Schilling
als stiller Gesellschafter mit 30 % zu beteiligen. Für diese Einlage hat mir die Bank Austria weitere 4 Mio. Schilling geliehen, für die
die BÜRGES-Förderungsbank eine Haftung
übernommen hat. Die Chuzpe dabei: Mein
Onkel hat sich diese eine Million selber bei
der Creditanstalt in Salzburg ausgeborgt, was
aber niemand wusste. Wir haben uns also zu
100 % fremdfinanziert. Ich hatte mit 22 ja
nur ein überzogenes Studentenkonto.
Genieße ein
besseres Leben!
ch
s Österrei
Reinste
Saftige Almgräser und würzige Almkräuter gehören
zur bevorzugten Ernährung der ALMO-Almochsen.
Auf den Almen von über 400 heimischen
Bauern ist dafür bestens gesorgt. Das
ALMO-Fleisch erhält so eine schöne Marmorierung, ist besonders zart und kräftig
im Geschmack.
Ohne Gentechnik erzeugt gemäß österreichischer Codex-Richtlinie „gentechnikfreie
Produktion“ - Kontrolle: agroVet GmbH
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–und das ist
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erkennen wir auf den
ersten Blick. Niemand
wählt seine Produkte
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